Zusammenfassung des Urteils HG170016: Handelsgericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall betreffend Konkurseröffnung entschieden. Der Schuldner hatte gegen die Konkurseröffnung durch das Bezirksgericht Uster Beschwerde eingelegt. Es stellte sich heraus, dass die Forderung der Gläubigerin bereits vor der Konkurseröffnung beglichen worden war. Der Schuldner konnte dies belegen und somit wurde der Konkurs aufgehoben. Allerdings wurde dem Schuldner vorgeworfen, die erfolgte Tilgung der Konkursforderung nicht rechtzeitig mitgeteilt zu haben. Er muss daher die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Das Urteil des Konkursgerichts wurde aufgehoben und die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wurde dem Schuldner auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG170016 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 03.07.2017 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Mieter; Ersatzmieter; Beklagten; Klage; Parteien; Ersatzmieterin; Handel; Mietobjekt; Handelsgericht; Sinne; Recht; Kinderkrippe; Mietzins; Büro; Gerichtsgebühr; Mietvertrag; Verfahren; Rückgabe; Sachverhalt; Klageantwort; Mieter; Betrieb; Parteientschädigung; Eingabe; AnwGebV; Parkplätze; ückgegeben |
Rechtsnorm: | Art. 105 OR ;Art. 105 ZPO ;Art. 111 ZPO ;Art. 153 ZPO ;Art. 221 ZPO ;Art. 223 ZPO ;Art. 263 OR ;Art. 264 OR ;Art. 33 ZPO ;Art. 6 ZPO ;Art. 60 ZPO ;Art. 8 ZG ;Art. 91 ZPO ;Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | 139 III 457; |
Kommentar: | Sutter-Somm, Hasenböhler, Leuenberger, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung ZPO, Art. 223 OR ZPO, 2016 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG170016-O U/ei
Mitwirkend: Oberrichter Roland Schmid, Vizepräsident, und Ersatzoberrichterin Nicole Klausner, die Handelsrichter Dr. Alexander Müller,
Dr. Thomas Lörtscher und Handelsrichterin Verena Preisig sowie Gerichtsschreiber Silvan Sdzuy
Urteil vom 3. Juli 2017
in Sachen
Stiftung,
Klägerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X2.
gegen
AG,
Beklagte
betreffend Forderung
Rechtsbegehren:
(act. 1 S. 2)
1. Es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin CHF 63'554.80 zuzüglich Zins zu 5% seit Klageeinleitung zu bezahlen.
2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.
Mietobjekt:
Büroraum (2. OG) und Lagerraum (UG), inkl. Parkplätze Nr. ... und ... (Tiefgarage), C. -Strasse ..., ... Zürich
Inhaltsverz eichnis:
Sachverhalt und Verfahren: 3
Sachverhaltsübersicht 3
Prozessverlauf 3
Erwägungen 4
Formelles 4
Unbestrittener Sachverhalt 5
Rechtliches 9
Zusammenfassung/Fazit 12
Kostenund Entschädigungsfolgen 12
Urteilsdispositiv 13
Sachverhalt und Verfahren:
Sachverhaltsübersicht
Parteien und ihre Stellung
Die Klägerin ist eine Stiftung mit Sitz in Zürich und bezweckt die gemeinsame Anlage der von den Anlegern eingebrachten Gelder der zweiten und dritten Säule in Immobilien sowie die Verwaltung der eingebrachten Gelder und der getätigten Anlagen (act. 3/II).
Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich und bezweckt die Entwicklung und Fabrikation von bzw. den Handel mit Computersoftund Hardware sowie die Erbringung sämtlicher damit zusammenhängender Beratungsdienstleistungen einschliesslich Schulung und Support (act. 3/III).
Prozessgegenstand
Gegenstand der vorliegenden Klage bildet eine Forderung der Klägerin gegen- über der Beklagten aus einem Mietvertrag betreffend Geschäftsräume. Die Beklagte hat das Mietobjekt vorzeitig zurückgegeben und nach Ansicht der Klägerin keinen tauglichen Ersatzmieter angeboten.
Prozessverlauf
Am 31. Januar 2017 (Datum Poststempel) reichte die Klägerin hierorts die Klage ein (act. 1). Mit Verfügung vom 1. Februar 2017 wurde der Klägerin Frist angesetzt, um für die Gerichtskosten einen Vorschuss von CHF 6'500.zu leisten (act. 5). Nachdem die Klägerin den Gerichtskostenvorschuss rechtzeitig geleistet hatte (act. 7), wurde der Beklagten mit Verfügung vom 17. Februar 2017 Frist angesetzt, um die Klageantwort einzureichen (act. 8). Mit Eingabe vom 8. Mai 2017 (Datum Poststempel) teilte die Beklagte durch ihre damalige Rechtsvertreterin dem Handelsgericht mit, auf eine ausführliche Stellungnahme zu verzichten. Sie werde in den nächsten Tagen die Überschuldungsanzeige beim zuständigen Ge-
richt einreichen, womit das vorliegende Verfahren voraussichtlich sistiert werden müsse. Aufgrund der Überschuldung werde auch das Mandatsverhältnis zu ihrer Rechtsvertreterin per sofort beendet. Die weitere Korrespondenz in der vorliegenden Angelegenheit sei direkt an die Beklagte bzw. deren Verwaltungsrat, D. (siehe rubrizierte Zustelladresse), zu richten (act. 10). Mit Verfügung vom 9. Mai 2017 wurde der Beklagten persönlich unter Säumnisandrohung eine Nachfrist zur Einreichung der Klageantwort angesetzt (act. 13). Die Beklagte reichte auch innert der Nachfrist keine Klageantwort ein.
Erwägungen:
Formelles
Zuständigkeit und Verfahrensart
Das Handelsgericht ist als einzige kantonale Instanz für die Beurteilung von handelsrechtlichen Streitigkeiten zuständig (Art. 6 Abs. 1 ZPO). Die Voraussetzungen der handelsrechtlichen Streitigkeit (vgl. Art. 6 Abs. 2 lit. a-c ZPO) sind vorliegend gegeben: (a) die Streitigkeit betrifft die geschäftliche Tätigkeit beider Parteien (Mietvertrag betreffend Geschäftsräume der Beklagten, BGE 139 III 457, E. 3.2; act. 1 Rz. 4), (b) beide Parteien sind im schweizerischen Handelsregister eingetragen (act. 3/II-III) und (c) der behauptete vermögensrechtliche Anspruch hat einen Streitwert von CHF 63'554.80, weshalb ein Entscheid des Handelsgerichts mittels Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht weitergezogen werden kann. Das hiesige Handelsgericht ist somit gestützt auf Bundesrecht sachlich zuständig. Sodann fällt der behauptete vermögensrechtliche Anspruch nicht in den Kernbereich des Mietrechts, weshalb aufgrund des genannten Streitwerts das ordentliche Verfahren zur Anwendung gelangt (Art. 243 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c ZPO, je e contrario). Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aufgrund einer zwischen den Parteien geschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung (Art. 17 ZPO; act. 3/1 Ziff. 13.6), welche sich mit der gesetzlichen Regelung deckt (Art. 33 ZPO).
Übrige Prozessvoraussetzungen
Auch die übrigen Prozessvoraussetzungen, welche von Amtes wegen zu prüfen sind (Art. 59 i.V.m. Art. 60 ZPO), erweisen sich als erfüllt und geben zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass; insbesondere ist über eine Überschuldungsanzeige und/oder Konkurseröffnung betreffend die Beklagte nichts bekannt. Damit ist die vorliegende Streitigkeit durch das hiesige Handelsgericht zu beurteilen.
Versäumte Klageantwort
Die Beklagte hat wie erwähnt bis heute keine Klageantwort im Sinne von Art. 222 Abs. 2 i.V.m. Art. 221 ZPO eingereicht. Weil sie sich damit zu den Vorbringen der Klägerin nicht geäussert hat, gelten die Tatsachenbehauptungen der Klägerin als unbestritten und können dem Entscheid zugrunde gelegt werden (L EUENBERGER, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), 3. Aufl., Zürich 2016, Art. 223 N 5, m.w.H.). Das Verfahren erweist sich als spruchreif, weshalb in Anwendung von Art. 223 Abs. 2 ZPO androhungsgemäss ein Endentscheid zu treffen ist.
Unbestrittener Sachverhalt
Die Sachdarstellung der Klägerin (act. 1 Rz. 11-28) blieb aufgrund der versäumten Klageantwort unbestritten. Die beklagtische Eingabe vom 8. Mai 2017 vermag daran nichts zu ändern, zumal sie keine substantiierten Bestreitungen der klägerischen Tatsachenbehauptungen enthält und im Übrigen lediglich auf Beilagen verweist, ohne deren (behauptete) Relevanz genauer darzutun (act. 10 und 12/2-6). Es besteht zudem kein Anlass, an der Richtigkeit der klägerischen Sachdarstellung zu zweifeln (Art. 153 Abs. 2 ZPO). Gestützt auf die klägerische Sachdarstellung und die dazu eingereichten Urkunden (act. 3/1-17) ist soweit entscheidrelevant von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Datum vom 1. bzw. 8. Juli 2009 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen bis zum 30. September 2019 (echt) befristeten Mietvertrag betreffend einen Büroraum (ca. 333 m 2) im 2. Obergeschoss, einen Lagerraum (ca. 53 m2) im Untergeschoss sowie vier Parkplätze im Untergeschoss der Liegenschaft C. Strasse ... in ... Zürich ab. Als Verwendungszweck wurde im Vertrag die Büronutzung für einen Dienstleistungsbetrieb (recte: Büros für Dienstleistungsbetrieb) festgehalten und als Mietbeginn der 1. Oktober 2009 vereinbart (act. 3/1 Ziff. 2.1 und Ziff. 3.1.1). ln Ziffer 3.3 des Mietvertrags wurde der Beklagten ungeachtet der befristeten Mietdauer das einseitige Recht eingeräumt, das Mietverhältnis mit jeweils neunmonatiger Kündigungsfrist per 30. September 2012, 30. September 2014 sowie 30. September 2017 aufzulösen. Von der Möglichkeit der vorzeitigen Vertragsauflösung auf einen dieser Termine hat die Beklagte keinen Gebrauch gemacht (act. 1 Rz. 11, act. 3/1).
Mittels Nachtrag Nr. 1 zum Mietvertrag, datiert 3. Februar 2010, vereinbarten die Parteien die Rückgabe der vier gemieteten Parkplätze per 31. Januar 2010 sowie eine entsprechende Reduktion des geschuldeten Mietzinses. Die Rückgabe dieser Parkplätze ist fristgerecht erfolgt (act. 1 Rz. 12, act. 3/2).
Später mietete die Beklagte erneut zwei Parkbzw. Einstellplätze (Nr. ... und
...) in der Tiefgarage der streitgegenständlichen Liegenschaft hinzu. Mittels Nachtrag Nr. 2 zum Mietvertrag, datiert 22. Oktober 2015, hielten die Parteien fest, wie sich der monatlich geschuldete Bruttomietzins für die folgenden Objekte ab 1. Oktober 2015 zusammensetzt (act. 1 Rz. 13, act. 3/3):
Weiter hielten die Parteien im erwähnten Nachtrag Nr. 2 fest, dass sich die Beklagte in einer finanziell schwierigen Situation befindet und sie die gemieteten Flächen als überdimensioniert betrachtet. Die Klägerin nahm weiter zur Kenntnis, dass die Beklagte Suchbemühungen für einen Nachfolgemieter tätigt(e), welche zu einer vorzeitigen Rückgabe des Mietobjekts führen könnten (konkret: [ ] es wird zur Kenntnis genommen, dass der Mieter [die Beklagte] Vermietungstätigkeiten für die Flächen tätigt und entsprechend bereit wäre, die Flächen frühzeitig abzugeben., act. 3/3 Ziff. 1 [Präambel]). Zudem gewährte die Klägerin der Beklag-
ten bis am 1. März 2016 eine Stundung der Mietzinszahlungen für die Monate Oktober 2015 bis Februar 2016 (act. 1 Rz. 14, act. 3/3 Ziff. 1 und 2).
Mittels E-Mail vom 22. Februar 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie eine Mietinteressentin für das Mietobjekt gefunden habe, und bat darum, diese potenzielle Ersatzmieterin wohlwollend zu prüfen. Der Finanzplan sei fundiert und die Interessentin als solvent einzuschätzen. Bei der vorgeschlagenen Ersatzmieterin handelte es sich um die am 18. Februar 2016 ins Handelsregister
eingetragene Gesellschaft E.
GmbH (fortan: Ersatzmieterin), welche in
den Räumlichkeiten der Beklagten eine Kinderkrippe mit dem Namen F. zu betreiben beabsichtigte. Zwecks Prüfung der vorgeschlagenen Ersatzmieterin stellte die Beklagte der Klägerin die folgenden Unterlagen zu (act. 1 Rz. 16, act. 3/5/1-7):
Anmeldeformular für Mietinteressenten
Auszug aus der Gründungsurkunde der E. 2016
GmbH vom 15. Februar
Auszug aus dem Betreibungsregister von G.
(Gesellschafterin und
Vorsitzende der Geschäftsführung der E. GmbH mit )
Grobkonzept Krippe F.
E-Mail der Krippenaufsicht der Stadt Zürich vom 10. Februar 2016
Finanzplan Kinderkrippe F. , bestehend aus:
Kapitalbedarfsplanung - Kickoff Februar/März 2016
Budget Erfolgsrechnung 2016
Liquiditätsplan 2016
Nach Prüfung der vorgeschlagenen Ersatzmieterin teilte die Klägerin der Beklagten am 24. März 2016 mit, dass die vorgeschlagene Ersatzmieterin mit dem beabsichtigten Betrieb einer Kinderkrippe nicht berücksichtigt werden könne und die Beklagte dementsprechend auch nicht aus der Mietzinshaftung entlassen werde (act. 1 Rz. 17, act. 3/6).
Mittels Einschreiben vom 29. März 2016 erwiderte die Beklagte, dass sie die Ablehnung der vorgeschlagenen Ersatzmieterin nicht akzeptiere. Die Ersatzmieterin erfülle mit dem Betrieb der geplanten Kinderkippe sämtliche gemäss Art. 264 OR vorgeschriebenen Kriterien, um als tauglich zu gelten. Die Mietzinszahlungen
würden deshalb per 1. Mai 2016 - dem von Seiten der Ersatzmieterin vorgeschlagenen Übernahmetermin eingestellt (act. 1 Rz. 18, act. 3/7).
Daraufhin teilte die Klägerin der Beklagten am 13. April 2016 mit, dass die vorgeschlagene Ersatzmieterin mit dem Betrieb einer Kinderkrippe nicht als zumutbare Ersatzmieterin akzeptiert werden könne, weil der Betrieb einer Kinderkrippe nicht unter den vertraglich vereinbarten Verwendungszweck der Büronutzung zu subsumieren sei (act. 1 Rz. 19, act. 3/8).
Mit E-Mail vom 3. Juni 2016 schlug die Beklagte der Klägerin einen weiteren potenziellen Ersatzmieter vor, nämlich die H. . Gleichentags teilte die Kläge-
rin der Beklagten mit, dass auch die H.
nicht als Ersatzmieter akzeptiert
werden könne, da der vertraglich vereinbarte Nutzungszweck durch deren Tätigkeit ebenfalls nicht eingehalten würde (act. 1 Rz. 20, act. 3/9).
Die beiden Autoeinstellplätze Nr. ... und ... in der Tiefgarage der streitgegenständlichen Liegenschaft wurden von der Beklagten bereits mit Wirkung per
31. Juli 2016 gekündigt (und mutmasslich auch per 31. Juli 2016 zurückgegeben; vgl. dazu act. 3/12, worin die Parkplätze Nr. ... und ... nicht erwähnt werden). Die Klägerin akzeptierte diese Kündigung gemäss eigenen Angaben (act. 1 Rz. 27).
Im Beisein von D. , damals noch Verwaltungsratspräsident der Beklagten mit Einzelunterschrift, und I. , Vertreter der Klägerin, fand nach einem Briefwechsel zwischen den Parteien am 4. Oktober 2016 schliesslich die Rückgabe des Mietobjekts statt. Dabei erstellte I. im Beisein von D. ein Mängel-/Abnahme-/Übergabeprotokoll. Von den insgesamt 20 der Beklagten bei Mietbeginn übergebenen Schlüsseln wurden bis und mit 31. Januar 2017 insgesamt 14 retourniert. Im gegenseitigen Einverständnis wurde vorerst auf einen Rückbau des Mieterausbaus durch die Beklagte verzichtet, damit dieser allenfalls von einem Ersatzbzw. Nachmieter übernommen werden könnte. Die Parteien vereinbarten, dass der Rückbau des Mieterausbaus auf erstes Verlangen der Klägerin nachzuholen sei (act. 1 Rz. 21 ff., act. 3/10-13).
Rechtliche s
Die Klägerin stützt ihre Forderung auf Art. 264 Abs. 1 und 2 OR (act. 1 Rz. 30). Die Beklagte bejaht die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen zumindest sinngemäss (act. 3/10 S. 2 und act. 10 S. 1). Vorliegend ist die Rückgabe des Mietobjekts am 4. Oktober 2016 erfolgt und es wurde ein entsprechendes Mängel-/Abnahme-/Übergabeprotokoll unterzeichnet (act. 1 Rz. 21 ff., act. 3/10-13). Dass (einzig) die Schlüssel zum Mietobjekt der Klägerin nicht vollständig zurückgegeben wurden, steht der Rückgabe des Mietobjekts nicht entgegen (mp 4/2013,
S. 302 ff.). Es ist sodann unbestritten, dass die Beklagte das Mietverhältnis bereits per 30. April 2016 (bzw. 1. Mai 2016) beenden wollte bzw. sich ab diesem Zeitpunkt als von der Mietzinszahlungspflicht befreit erachtete. Damit ist vorliegend von einer vorzeitigen Rückgabe des Mietobjekts im Sinne von Art. 264 OR auszugehen (und nicht etwa von einer Übertragung der Geschäftsraummiete auf einen Dritten im Sinne von Art. 263 OR).
Gibt der Mieter das Mietobjekt zurück, ohne Kündigungsfrist -termin einzuhalten, so ist er von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter nur befreit, wenn er einen für den Vermieter zumutbaren neuen Mieter vorschlägt; dieser muss zahlungsfähig und bereit sein, den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen. Andernfalls muss er den Mietzins bis zu dem Zeitpunkt leisten, in dem das Mietverhältnis gemäss Vertrag Gesetz endet beendet werden kann. Der Vermieter muss sich anrechnen lassen, was er (a) an Auslagen erspart und (b) durch anderweitige Verwendung der Sache gewinnt absichtlich zu gewinnen unterlässt (Art. 264 OR).
Die Beweislast für alle Voraussetzungen von Art. 264 Abs. 1 OR (Rückgabe der Sache, ausreichendes Angebot eines tauglichen Ersatzmieters) trägt die Beklagte als Mieterin gestützt auf Art. 8 ZG B. Gleichermassen trägt die Beklagte als Mieterin die Beweislast für allfällige Schadenminderungsgründe aus dem Verhalten des Vermieters und für den Umfang der Schadenminderung gemäss Art. 264 Abs. 3 OR (ZK-HIGI, 3. Aufl., Zürich 1994, Art. 264 N 67, m.w.H.). Der Beweislast vorgelagert ist jedoch die Behauptungslast, wobei sich Letztere aus Ersterer ergibt. Mangels einer Klageantwort ist die Beklagte ihrer Behauptungslast betreffend das Angebot eines tauglichen Ersatzmieters nicht nachgekommen. Aus der beklagtischen Eingabe vom 8. Mai 2017 ergibt sich lediglich, dass die Beklagte die Kinderkrippe F. als valable Ersatzmieterin im Sinne von Art. 264 OR ansieht (act. 10 S. 1). Weshalb sie dieser Auffassung ist, ergibt sich hingegen aus der Eingabe vom 8. Mai 2017 gerade nicht; insbesondere kann sich die - damals noch anwaltlich vertretene Beklagte nicht mit einem blossen Verweis auf die von ihr eingereichten Beilagen (act. 12/2-6) begnügen. Ebenso wenig geht aus der Eingabe vom 8. Mai 2017 hervor, inwiefern die klägerische Begründung der Ablehnung der Kinderkrippe F.
nicht stimmig sein soll bzw. inwiefern sie sich
nicht mit den Voraussetzungen von Art. 264 OR auseinandersetzt. Abgesehen davon, dass die Begründungspflicht bei Ablehnung eines Ersatzmieters im Sinne von Art. 264 Abs. 1 OR an sich umstritten ist (FERTIG, in: Müller [Hrsg.], Wohnund Geschäftsraummiete - Beraten und Prozessieren im Immobiliarmietrecht, Basel 2016, Rz. 9.125, m.w.H.), wird aus dem klägerischen Schreiben vom
13. April 2016 ersichtlich, dass die Klägerin die vorgeschlagene Ersatzmieterin als nicht mit dem vertraglich vereinbarten Nutzungszweck (Büros für Dienstleistungsbetrieb) kompatibel erachtet (act. 3/8). Dem ist ohne Weiteres zuzustimmen: Zwar mag es sich bei einer Kinderkrippe um einen Dienstleistungsbetrieb handeln, jedoch ist es offensichtlich, dass der Betrieb von Büros nicht annähernd mit dem Betrieb einer (in der Regel lärmintensiven) Kinderkrippe vergleichbar ist. Die Ersatzmieterin muss jedoch bereit sein, den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen, worunter auch der vertraglich vereinbarte Nutzungszweck -
d.h. Büros für einen Dienstleistungsbetrieb fällt (ZK-HIGI, a.a.O., Art. 264 N 34 f.,
39 und 42). Bereits an dieser Stelle ist deshalb festzuhalten, dass die Klägerin die seitens der Beklagten angebotene Ersatzmieterin zu Recht als untauglich erachtet. Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, die weiteren Ausführungen der Klägerin (act. 1 Rz. 30-47) eingehend abzuhandeln.
Der Vollständigkeit halber sei noch Folgendes erwähnt: Es mag zutreffen, dass die Klägerin erstmals mit ihrer Klageschrift vom 31. Januar 2017 Zweifel an der Zahlungsfähigkeit und der Geschäftserfahrenheit der vorgeschlagenen Ersatzmieterin äusserte (act. 10 S. 1). Aber auch hier kann sich die Beklagte nicht darauf beschränken, ihr Erstaunen zum Ausdruck zu bringen, ohne diese Vor-
bringen (substantiiert) zu bestreiten. Wie ausgeführt wäre es vielmehr an der Beklagten gewesen, (substantiiert) darzulegen und mit Beweismitteln zu untermauern, weshalb die vorgeschlagene Ersatzmieterin tauglich im Sinne von Art. 264 Abs. 1 OR (gewesen) sein soll. Zu allfälligen weiteren Ersatzmietern (z.B. der H. ) finden sich in der Eingabe vom 8. Mai 2017 keine Ausführungen seitens der Beklagten. Im Übrigen verlangte die Beklagte auch keine Vorteilsanrechnung im Sinne von Art. 264 Abs. 3 OR, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.
Damit bleibt es bei der klägerischen Sachdarstellung, wonach die Beklagte das Mietobjekt vorzeitig zurückgegeben hat, ohne einen tauglichen Ersatzmieter im Sinne von Art. 264 Abs. 1 OR anzubieten. Entsprechend hat die Beklagte die finanziellen Folgen gemäss Art. 264 Abs. 2 OR zu tragen, wobei die Klägerin nur die bis und mit Januar 2017 bestehenden Kostenausstände einfordert.
Die Klageforderung beläuft sich gemäss Angaben der Klägerin per 31. Januar 2017 auf insgesamt CHF 63'554.80 und setzt sich zusammen aus (act. 1 Rz. 29, act. 3/15-16):
den offenen Mietzinsen betreffend Büround Lagerraum (CHF 6'955.00 + CHF 287.10 = CHF 7'242.10 pro Monat)
für die Monate Mai 2016 bis Januar 2017 CHF 65'178.90
den offenen Mietzinsen betreffend PP Nrn. ... und ... (CHF 180.00 + CHF 180.00 = CHF 360.00 pro Monat)
für die Monate Mai bis Juli 2016 CHF 1'080.00
den offenen erst mit Datum vom 01.07.2016 in den Kontoauszug eingebuchten, da vorher vergessen gegangenen - Mietzinsen betreffend PP Nr. (CHF 180.00 pro Monat) für die Monate Februar und
März 2016 CHF 360.00
dem offenen Saldo der Heizund Betriebskostenabrechnung der Periode 2015/2016 CHF 80.80
abzüglich eines beklagtischen Guthabens (Überschuss
aus der Depotauflösung) per Ende März 2016 - CHF 2'604.90
abzüglich einer Teilzahlung vom 18. Juli 2016 - CHF 540.00
Total Klageforderung CHF 63'554.80
Die Beklagte hat diese Berechnung nicht beanstandet und es besteht auch von Amtes wegen kein Anlass, dies zu tun. Der beantragte Zins zu 5 % entspricht zudem der gesetzlichen Regelung (Art. 104 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 1 OR).
Nach dem Gesagten ist die Klage vollumfänglich gutzuheissen und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin CHF 63'554.80 zuzüglich Zins zu 5% seit Klageeinleitung (31. Januar 2017) zu bezahlen.
Zus ammenfassung /Fazit
Die Beklagte hat das Mietobjekt vorzeitig zurückgegeben, ohne einen tauglichen Ersatzmieter im Sinne von Art. 264 Abs. 1 OR anzubieten (bzw. ohne ein solches Angebot im vorliegenden Verfahren substantiiert vorzubringen und entsprechende Beweismittel zu offerieren). Deshalb hat die Beklagte die finanziellen Folgen gemäss Art. 264 Abs. 2 OR zu tragen.
Demgemäss ist die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin CHF 63'554.80 zuzüglich Zins zu 5% seit Klageeinleitung (31. Januar 2017) zu bezahlen.
Kostenund Entschädigungsfolgen
Die Prozesskosten, bestehend aus Gerichtskosten und Parteientschädigung, sind der unterliegenden Partei, mithin der Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 ZPO).
Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG; Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG), während die Höhe der Parteientschädigung gemäss der Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 (AnwGebV) festzusetzen ist (Art. 96 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 Anwaltsgesetz/ZH). Sowohl die Gerichtsgebühr als auch die Parteientschädigung richten sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem Streitinteresse (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG; § 2 Abs. 1 lit. a AnwGebV).
Der Streitwert wird gemäss Art. 91 Abs. 1 ZPO durch das Rechtsbegehren bestimmt und beträgt vorliegend wie erwähnt CHF 63'554.80 (act. 1 S. 2).
Zur Gerichtsgebühr: Die Grundgebühr beträgt rund CHF 6'700.- (§ 4 Abs. 1 GebV OG). Vorliegend erscheint es insbesondere unter Berücksichtigung des Zeitaufwandes des Handelsgerichts angemessen, die Gerichtsgebühr in Anwendung von § 4 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 GebV OG auf rund drei Viertel der Grundgebühr, mithin auf CHF 5'000.festzusetzen und ausgangsgemäss der Beklagten aufzuerlegen. Die Gerichtsgebühr ist aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss zu decken. Für die der Beklagten auferlegte Gerichtsgebühr ist der Klägerin das Rückgriffsrecht auf die Beklagte einzuräumen (Art. 111 ZPO).
Zur Parteientschädigung: Die Grundgebühr beträgt rund CHF 8'300.- (§ 4 Abs. 1 AnwGebV). Der Anspruch auf die Gebühr entsteht unter anderem mit der Erarbeitung der Klagebegründung (§ 11 Abs. 1 AnwGebV). Die Grundgebühr deckt auch den Aufwand für die Teilnahme an der Hauptverhandlung ab (§ 4 Abs. 1 AnwGebV). Vorliegend fand keine Hauptverhandlung statt und das Verfahren endet mit einem Säumnisurteil. In analoger Anwendung von § 11 Abs. 4 AnwGebV ist die Parteientschädigung um rund einen Viertel auf CHF 6'200.zu reduzieren. Die Klägerin macht keinen Mehrwertsteuerzuschlag geltend, weshalb ihr auch kein solcher zuzusprechen ist. Dementsprechend ist die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Parteientschädigung in der Höhe von CHF 6'200.zu bezahlen.
Das Handelsgericht erkennt:
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin CHF 63'554.80 zuzüglich Zins zu 5 % seit Klageeinleitung (31. Januar 2017) zu bezahlen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 5'000.-.
Die Gerichtsgebühr wird der Beklagten auferlegt und vorab aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss gedeckt. Für die der Beklagten auferlegte Gerichtsgebühr (CHF 5'000.-) wird der Klägerin das Rückgriffsrecht auf die Beklagte eingeräumt.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Parteientschädigung von CHF 6'200.zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 63'554.80.
Zürich, 3. Juli 2017
Handelsgericht des Kantons Zürich
Der Vorsitzende:
Roland Schmid
Der Gerichtsschreiber:
Silvan Sdzuy
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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