Zusammenfassung des Urteils HG160030: Handelsgericht des Kantons Zürich
Ein Konkursit hat Beschwerde gegen die Einstellung seines Konkursverfahrens eingereicht, da nicht genügend Aktiven vorhanden waren, um die Kosten zu decken. Das Obergericht des Kantons Zürich hat die Beschwerde abgewiesen, da die gesetzlichen Voraussetzungen zur Einstellung des Konkurses mangels Aktiven gegeben waren. Der Beschwerdeführer hatte keinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, da seine Beschwerde als aussichtslos galt. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wurde auf Fr. 300.- festgesetzt, und keine Parteientschädigung wurde zugesprochen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG160030 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 31.08.2017 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Anfechtung eines Generalversammlungsbeschlusses |
Schlagwörter : | Beklagten; Statuten; Recht; Aktionär; Aktien; Klage; Generalversammlung; Stimm; Vertretung; Handelsgericht; Handelsregister; Parteien; Kanton; Kantons; Aktionäre; Streitwert; Urteil; Anfechtung; Generalversammlungsbeschluss; Verwaltung; Gesellschaft; Interesse; Richter; Verwaltungsrat; Aktionärs; Absatz; Verfügung |
Rechtsnorm: | Art. 105 ZPO ;Art. 106 ZPO ;Art. 111 ZPO ;Art. 236 ZPO ;Art. 292 StGB ;Art. 689 OR ;Art. 689c OR ;Art. 706a OR ;Art. 91 ZPO ;Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | 133 III 368; 140 III 571; 142 I 93; 143 III 120; |
Kommentar: | - |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG160030-O U/ei
Mitwirkend: Oberrichter Roland Schmid, Vizepräsident, und Oberrichter Prof. Dr. Alexander Brunner, die Handelsrichter Dr. Martin Liebi, Dr. Thomas Lörtscher und Dr. Felix Graber sowie der Gerichtsschreiber Dr. Moritz Vischer
in Sachen
,
Kläger
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X2.
gegen
Beklagte
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.
betreffend Anfechtung eines Generalversammlungsbeschlusses
(act. 1 S. 2)
1. Der Generalversammlungsbeschluss vom 8. Dezember 2015 über Artikel 8 Absatz 2 der Statuten der Beklagten und infolgedessen der mit diesem Beschluss neu eingeführte Artikel 8 Absatz 2 der Statuten der Beklagten seien aufzuheben;
Es sei der Handelsregisterführer des Handelsregisteramts am Sitz der Beklagten anzuweisen, innerhalb von einem Monat ab Eröffnung des Dispositives des infolge der vorliegenden Klage ergehenden Urteils das Handelsregister durch Streichung des Artikels 8 Absatz 2 der Statuten der Beklagten und Eintragung der korrigierten Statuten der Beklagten zu berichtigen;
Eventualiter sei die Beklagte unter Androhung der Überweisung ihrer verantwortlichen Organe an den Strafrichter wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 292 StGB (Bestrafung mit Busse) für den Fall der Zuwiderhandlung zu verpflichten, beim Handelsregisteramt am Sitz der Beklagten innerhalb von einem Monat ab Eröffnung des Dispositives des infolge der vorliegenden Klage ergehenden Urteils eine Handelsregisteranmeldung mitsamt erforderlichen Unterlagen (Urteil und beglaubigtes Statutenexemplar) zur Streichung des mit Generalversammlungsbeschluss vom 8. Dezember 2015 neu eingeführten Artikel 8 Absatz 2 der Statuten der Beklagten einzureichen und innerhalb derselben Frist in das Handelsregister eintragen zu lassen;
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.
Sachverhaltsübersicht
Parteien und ihre Stellung
Der Kläger ist mit 133 gehaltenen Aktien ein Minderheitsaktionär der Beklagten. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Holding-Aktiengesellschaft, die insbe-
sondere den Erwerb und die dauernde Verwaltung von Beteiligungen an - Unternehmen im Kanton Zürich bezweckt.
Prozessgegenstand
Mit der vorliegenden Klage ficht der Kläger einen Generalversammlungsbeschluss vom 8. Dezember 2015 hinsichtlich des neu in die beklagtischen Statuten eingeführten Art. 8 Abs. 2 an:
( )
Stellvertretung der Aktionäre ist gestattet. Der Stellvertreter bedarf einer besonderen Vollmacht und muss seinerseits Aktionär der Gesellschaft sein. Der Verwaltungsrat entscheidet über deren Anerkennung.
Prozessverlauf
Am 8. Februar 2016 reichte der Kläger die Klage samt Beilagen mit obigen Rechtsbegehren hierorts ein (act. 1; act. 2; act. 3/2-25). Den ihm mit Verfügung vom 10. Februar 2016 (act. 4) auferlegten Gerichtskostenvorschuss leistete er fristgerecht (act. 6). Mit Verfügung vom 19. Februar 2016 (act. 7) wurde der Beklagten Frist zur Einreichung der Klageantwort angesetzt. Deren Erstattung samt Beilagen erfolgte am 9. Mai 2016 (act. 11; act. 12; act. 13/2-5). Nachdem die Vergleichsverhandlung vom 29. September 2016 scheiterte (Prot. S. 6 ff.), wurde mit Verfügung vom 3. Oktober 2016 ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet (act. 19). Die Replik datiert vom 6. Dezember 2016 (act. 21; act. 22/26-40). Die Beklagte reichte in der Folge keine Duplik ein, wobei androhungsgemäss Verzicht auf eine weitere Rechtsschrift anzunehmen ist (vgl. act. 23). Mit Eingaben vom
Mai 2017 (act. 29) und vom 2. August 2017 (act. 33; act. 34) verzichteten die
Parteien auf die Durchführung einer Hauptverhandlung. Das Verfahren erweist sich damit als spruchreif, weshalb ein Urteil zu ergehen hat (Art. 236 Abs. 1 ZPO). Auf die Parteivorbringen ist im Folgenden nur soweit für die Entscheidfindung notwendig einzugehen. An der Vergleichsverhandlung vom 29. September 2016 wirkte im Übrigen noch Handelsrichter Alexander Pfeifer mit (Prot. S. 6), welcher für längere Zeit auslandabwesend ist und damit für das Handelsgericht bis auf weiteres nicht mehr zur Verfügung steht. An seiner Stelle wirkt Handelsrichter Dr. Martin Liebi am vorliegenden Entscheid mit. Eine solche personelle Veränderung ist, weil begründet, zulässig (vgl. BGE 142 I 93 E. 8.2).
Formelles
Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürich blieben zu Recht unbestritten (act. 1 N 3 f.; act. 11 N 14; Art. 10 Abs. 1 lit. b ZPO, Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO i.V.m. § 44 lit. b GOG).
Das Vorliegen der weiteren formellen Voraussetzungen für die Anfechtung eines Generalversammlungsbeschlusses, wie insbesondere die Wahrung der zweimonatigen Frist gemäss Art. 706a Abs. 1 OR, gibt zu keinen Bemerkungen Anlass.
Zusammenfassend ist auf die Klage einzutreten.
Zulässigkeit von Art. 8 Abs. 2 der beklagtischen Statuten
Unbestrittener Sachverhalt
Mangels Einreichung einer zweiten Rechtsschrift seitens der Beklagten gilt folgender, in der Replik neu vorgetragener Sachverhalt als unbestritten:
In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass dem Protokoll des Klägers der letzten ordentlichen Generalversammlung der Beklagten entnommen werden kann, dass nur Herr C. , eine nahestehende Person der Hauptaktionäre, mit 15 (eigenen und/oder vertretenen) Stimmen für die Gewährung der Entlastung des Verwaltungsrates gestimmt hat. Der Kläger hat mit
133 Stimmen dagegen gestimmt. ( ) Dieses Abstimmungsergebnis legt die
Einsicht nahe, dass bis auf den Kläger und (zumindest) Herr C. (mit bis zu 15 Aktien) alle übrigen Aktionäre auch Mitglieder des Verwaltungsrates der Beklagten sind ( ).
Somit ist erstellt, dass sich die Aktionäre der Beklagten in zwei Gruppen, eine nur aus dem Kläger bestehend und die andere nur aus Mitgliedern des Verwaltungsrats sowie diesen nahestehenden Personen bestehend, aufteilen lassen. Eine Edition des beklagtischen Aktienbuches wird so entbehrlich. Zwischen den beiden Aktionärsgruppen der Beklagten bestehen massive Spannungen, was wiederum mangels Einreichung einer Duplik als unbestritten zu gelten hat:
Überhaupt lassen die Hauptaktionäre, die als Organe der Beklagten handeln, keine Gelegenheit aus, um dem Kläger die Ausübung seiner Aktionärsrechte zu erschweren. Aus reiner Schikane haben sie dem Kläger jahrelang die Bestätigung der Eintragung seiner Aktien im Aktienbuch der Gesellschaft verweigert.
Auch die übrigen an den Verwaltungsrat der Beklagten gerichteten Fragen wurden nicht beantwortet. Dies ist nur ein weiteres Zeichen für das gestörte Vertrauensverhältnis zwischen den Aktionären der Beklagten und dem Kläger, bzw. für die Inexistenz eines solchen Vertrauensverhältnisses.
Zusammenfassend stehen sich bei der Beklagten zwei konträre Gruppen von Aktionären gegenüber; eine besteht nur aus dem Kläger und die andere aus Mitgliedern des Verwaltungsrats sowie diesen nahestehenden Personen.
Streitpunkte
Der Kläger führt aus, für die Einführung der vorgenannten, statutarischen Vertretungsbeschränkung bestünden keine sachlichen Gründe (act. 1 N 45). Jedenfalls sei das Gesellschaftsinteresse der Beklagten auf Einführung einer solchen Vertretungsbeschränkung nicht höher zu werten als das Interesse des Klägers an der Beibehaltung des bisherigen Zustands (act. 1 N 46). Schliesslich sei auch der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre verletzt (act. 1 N 47).
Die Beklagte hält dem unter Hinweis auf Art. 689 Abs. 2 OR entgegen, dass die neu eingeführte Statutenbestimmung nicht rechtswidrig sei (act. 11 N 48). Für deren Erlass bestünden sachliche Gründe, habe sich doch der Kläger durch ein Organ einer direkten Konkurrentin schon einmal vertreten lassen, was es in Zukunft zu verhindern gälte (act. 11 N 11, N 48). Überhaupt würde der neu eingeführte Art. 8 Abs. 2 der Statuten lediglich eine Konkretisierung der bislang bestehenden Regelung in Art. 4 darstellen (act. 11 N 47). Eine Ungleichbehandlung der Aktionäre liege nicht vor (act. 11 N 39).
Rechtliches und Würdigung
Nach Art. 689 Abs. 2 OR kann der Aktionär seine Aktien in der Generalversammlung selbst vertreten durch einen Dritten vertreten lassen, der unter Vorbe-
halt abweichender statutarischer Bestimmungen nicht Aktionär zu sein braucht. Auch Art. 627 Ziff. 10 OR erwähnt die Möglichkeit einer Beschränkung des Vertretungsrechts. Einigkeit besteht in der schweizerischen Lehre, dass eine Vertretungsbeschränkung unzulässig ist, die faktisch einem Stimmrechtsausschluss gleichkommt die Stimmrechtsausübung übermässig erschwert (HIRSCHLE/VON DER CRONE, SZW 2008, S. 112; VON SALIS, Die Gestaltung des Stimmund des Vertretungsrechts im schweizerischen Aktienrecht, Diss., Zürich 1996,
S. 329 f.). So erachtet die herrschende Lehre Beschränkungen des Vertretungsrechts nur auf andere Aktionäre in Gesellschaften mit engem Aktionärskreis für unzulässig (BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl., Zürich 2009, § 12 N 139; KUKO-CARBONARA, Art. 689 OR N 12; HARDER SCHULER, Corporate Governance in nicht kotierten Aktiengesellschaften: gesellschaftsund schuldrechtliche Ausgestaltung von KMU, Diss., Zürich 2013, S. 158; HIRSCHLE/VON DER CRONE, SZW 2008, S. 112 f., MEYER, Der unabhängige Stimmrechtsvertreter im schweizerischen Aktienrecht, Diss., Zürich 2006, S. 18 f.; BSK-PÖSCHEL, Art. 689b OR N 24 f.; CHK-RAEMY/GABRIEL, Art. 689 OR N 16; VON SALIS, a.a.O., S. 361 ff.
m.w.H.). Derartige statutarische Beschränkungen können nämlich dazu führen, dass ein Aktionär sich vor die Wahl gestellt sieht, entweder eine zu ihm in Opposition stehende Person mit seiner Vertretung zu betrauen seine Aktien unvertreten zu lassen (statt vieler: BÖCKLI, a.a.O., § 12 N 139). In derartigen Fällen ist zwingend ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter zu bezeichnen (Art. 689c OR analog; statt vieler: BÖCKLI, a.a.O., § 12 N 140). Dieser herrschenden Lehrmeinung ist auch das Handelsgericht des Kantons Aargau gefolgt (Urteil des Handelsgericht des Kantons Aargau vom 26. Januar 2001 = ZBGR 83/2002, S. 367 ff.).
Unbestrittenermassen handelt es sich bei der Beklagten um eine Gesellschaft mit geschlossenem Aktionärskreis, der in casu nur aus zwei gegensätzlichen Gruppen besteht. Der Kläger, der alleine eine eigene Gruppe bildet, sieht sich so vor die Wahl gestellt, eine zu ihm in Opposition stehende Person mit der Vertretung zu betrauen aber seine Aktien unvertreten zu lassen. Im Einklang mit der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung des Handelsgerichts des Kantons Aargau erweist sich die in Art. 8 Abs. 2 der beklagtischen Statuten neu eingeführ-
te Vertretungsbeschränkung damit als unzulässig. Die Beklagte hat zumindest einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter zu bezeichnen.
Die gegenteiligen Argumente der Beklagten vermögen nicht zu überzeugen. Zwar mag durchaus ein Interesse der Beklagten an der Geheimhaltung vertraulicher Informationen bestehen. Dieses Interesse kann aber aufgrund der fehlenden Treuepflicht des Aktionärs gesellschaftsrechtlich nicht durchgesetzt werden (H IRSCHLE/VON DER CRONE, SZW 2008, S. 113) und wäre insofern den berechtigten Interessen des Klägers als Minderheitsaktionär der Beklagten an möglichst freier Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte unterzuordnen. Diese Überlegungen zeigen gleichzeitig auf, dass die Einführung von Art. 8 Abs. 2 der Statuten auf sachfremden Kriterien basiert, ist die genannte Bestimmung doch zur Erreichung der gesellschaftsrechtlichen Ziele schlicht nicht erforderlich. Im Übrigen widerspricht die neue Statutenbestimmung auch dem Gebot der schonenden Rechtsaus- übung, könnte doch als weniger einschneidendes Mittel seitens der Beklagten, wie dies auch in der Lehre postuliert wird, ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter bestellt werden. Diese Argumentation wird auch durch einen aktuellen Entscheid des Bundesgerichts bestätigt, hat dieses doch erneut entschieden, dass statutarische Beschränkungen der Einflussmöglichkeiten von Minderheitsaktionären unzulässig sind (BGE 143 III 120 E. 4.3).
Die Beklagte beruft sich schliesslich darauf, dass eine Vertretungsbeschränkung bereits aufgrund von Art. 4 der Statuten möglich sei und die Einführung von Art. 8 Abs. 2 der Statuten insofern nichts an der geltenden Rechtslage ändere (act. 11 N 2.3). Dieses Argument verfängt bereits aus rein formallogischen Gründen nicht. Denn in diesem Prozess gilt es einzig und alleine über die Zulässigkeit des neu eingeführten Art. 8 Abs. 2 der Statuten zu befinden. Nur diese Bestimmung bildet Streitgegenstand. Die Argumentation der Beklagten ist im Übrigen was der Kläger zu Recht hervorhebt (act. 21 N 16) - nicht widerspruchsfrei, reagierte sie doch gerade mit der Neueinführung des Art. 8 Abs. 2 auf den Umstand, dass sich der Kläger durch ein Organ einer Konkurrentin vertreten liess in ihren Worten:
Die Beklagte nahm dies zum Anlass für eine Präzisierung von Art. 4 Abs. 1 Satz 2 der Statuten, was letztlich zum Vorschlag und der Einführung der neuen Statutenbestimmung in Art. 8 Abs. 2 führte.
Mit anderen Worten geht selbst die Beklagte nicht davon aus, dass sie aufgrund von Art. 4 bereits eine genügende Handhabe gehabt hätte, um inskünftige Anlässe zu verhindern. Die zitierten Ausführungen der Beklagten zeigen gleichzeitig, dass diese die neue Statutenbestimmung systematisch nicht etwa unter Art. 4 Vinkulierung sondern unter Art. 8 Beschlussfassung der GV einführen wollte. Auch in systematischer Hinsicht kann deshalb nicht von einer blossen Präzisierung gesprochen werden.
Fazit
Zusammenfassend erweist sich der neu eingeführte Art. 8 Abs. 2 der Statuten der Beklagten als rechtswidrig. Dies führt zur Gutheissung der Anfechtungsklage (Art. 706 Abs. 2 Ziff. 1 und Ziff. 2 OR).
Da es sich bei der Anfechtungsklage um eine Gestaltungsklage mit unmittelbar rechtsgestaltender Wirkung handelt (SCHENKER, Die Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen bei der Aktiengesellschaft, in: KUNZ/JÖRG/ARTER [Hrsg.], Entwicklungen im Gesellschaftsrecht X, Bern 2015, S. 39; vgl. Art. 103 Abs. 2 lit. a BGG bzw. BGE 143 III 120, Sachverhalt C.e. [nicht publiziert]), erübrigt sich eine Anweisung des Handelsregisterführers, wie dies der Kläger fordert. Dieses Urteil ist daher dem zuständigen Handelsregisteramt nach Ablauf der Rechtsmittelfrist lediglich mitzuteilen (vgl. Art. 19 HRegV).
Zusammenfassung der Tatund Rechtsfragen
Durch die neu eingeführte Statutenbestimmung, d.h. Art. 8 Abs. 2, sieht sich der Kläger als Minderheitsaktionär vor die Wahl gestellt, seine Stimmen entweder durch das gegnerische Lager vertreten sie gar unvertreten zu lassen. Der neu eingeführte Absatz 2 erweist sich damit im Einklang mit der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung des Handelsgerichts des Kantons Aargau als unzulässig. Ausserdem fusst Art. 8 Abs. 2 auf sachfremden Motiven und widerspricht dem Gebot der schonenden Rechtsausübung. Die Anfechtungsklage ist daher gutzuheissen.
Kostenund Entschä digungsfolgen
Gerichtskosten
Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG; Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem tatsächlichen Streitinteresse (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Bei der Klage auf Anfechtung eines Generalversammlungsbeschlusses handelt es sich, wie der Kläger zutreffend ausführt (act. 1 N 5), um eine vermögensrechtliche Klage (BGE 133 III 368
E. 1.3.2). Der massgebliche Streitwert entspricht dem Interesse der Gesellschaft
an der Aufrechterhaltung der angefochtenen Beschlüsse, ein Interesse, dessen Wert grundsätzlich grösser ist als jener des persönlichen Interesses des klagenden Aktionärs (BGE 75 II 149 E. 1; BGE 92 II 243 E. 1 b; BGE 133 III 368
E. 1.3.2). Ferner ist bei zwischen den Parteien bestehender Uneinigkeit über den Streitwert in der Regel auf den höheren Betrag bzw. die klägerische Streitwertberechnung abzustellen (STEIN-WIGGER, ZPO-Kommentar, Art. 91 ZPO N 26 m.w.H.; in diesem Sinne auch BGE 140 III 571 E. 1.4).
Die klägerische Annahme eines Streitwertes von CHF 100'000.erscheint nach diesen Ausführungen entgegen den nicht weiter spezifizierten Einwendungen der Beklagten als angemessen. Daraus resultiert eine ordentliche Gerichtsgebühr von CHF 8'750.-. Sie ist ausgangsgemäss der Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und vorab aus dem vom Kläger geleisteten Kostenvorschuss zu beziehen (Art. 111 Abs. 1 ZPO).
Parteientschädigungen
Die Höhe der Parteientschädigung ist nach der Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 zu bemessen (AnwGebV; Art. 105 Abs. 2 ZPO). Grundlage ist auch hier der Streitwert (§ 2 Abs. 1 lit. a AnwGebV). Bei einem Streitwert von CHF 100'000.beträgt die Grundgebühr rund CHF 10'900.-. Sie ist
mit der Begründung bzw. Beantwortung der Klage verdient. Für weitere notwendige Rechtsschriften wird ein Zuschlag von je höchstens der Hälfte der Grundgebühr berechnet (§ 11 Abs. 1 und 2 AnwGebV i.V.m. § 4 Abs. 1 AnwGebV). Bei der Festsetzung der Parteientschädigung ist vorliegend zu berücksichtigen, dass ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet wurde. Dies führt in Anwendung von
§§ 4 und 11 AnwGebV zu einer Parteientschädigung in der Höhe von
CHF 14'500.- (rund 4/3 der Grundgebühr). Mangels Antrags ist keine Mehrwertsteuer geschuldet.
In Gutheissung der Klage wird der Generalversammlungsbeschluss der Beklagten vom 8. Dezember 2015 über den neu eingeführten Art. 8 Abs. 2 der Statuten der Beklagten aufgehoben.
Demzufolge gilt der bisherige Art. 8 der beklagtischen Statuten, d.h. ohne
Abs. 2, in der Fassung vom 31. Juli 2013 unverändert fort.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 8'750.-.
Die Kosten werden der Beklagten auferlegt und vorab aus dem vom Kläger geleisteten Kostenvorschuss gedeckt. Für die der Beklagten auferlegten Kosten wird dem Kläger das Rückgriffsrecht auf die Beklagte eingeräumt.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Parteientschädigung in der Höhe von CHF 14'500.zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beklagte unter Beilage eines Doppels von act. 35, sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder
Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 100'000.-.
Zürich, 31. August 2017
Handelsgericht des Kantons Zürich
Vizepräsident:
Roland Schmid
Gerichtsschreiber:
Dr. Moritz Vischer
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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