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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils HG140135: Handelsgericht des Kantons Zürich

Die Schuldnerin, Inhaberin eines Einzelunternehmens, wurde vom Konkursgericht des Bezirksgerichts Zürich für Forderungen der Gläubigerin in Höhe von insgesamt Fr. 2'568.60 in den Konkurs geschickt. Die Schuldnerin legte rechtzeitig Beschwerde ein und machte im Beschwerdeverfahren ihre Zahlungsfähigkeit glaubhaft, indem sie die offenen Forderungen hinterlegte und einen Kostenvorschuss leistete. Trotz versäumtem Einreichen eines Betreibungsregisterauszugs wurde ihre Zahlungsfähigkeit aufgrund vorhandener Liquidität und Vermögenswerte als glaubhaft angesehen. Die Beschwerde wurde gutgeheissen, der Konkurs aufgehoben und die Gerichtsgebühren der Schuldnerin auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts HG140135

Kanton:ZH
Fallnummer:HG140135
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HG140135 vom 26.04.2016 (ZH)
Datum:26.04.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Vorsteuer; Gruppe; Gesellschaft; Vorsteuerguthaben; Gesellschaften; Beklagte; Beklagten; Mehrwertsteuer; -Gesellschaft; -Gesellschaften; Verzicht; Mehrwertsteuergruppe; Forderung; Bundes; Verrechnung; Vertrag; Recht; Parteien; Verzichts; Gruppenmitglied; Forderungen; Verzichtserklärung; Gruppenmitglieder; Bundesgericht; Liquidation; Auflösung; ürde
Rechtsnorm:Art. 105 ZPO ;Art. 106 ZPO ;Art. 111 OR ;Art. 112 OR ;Art. 115 OR ;Art. 120 OR ;Art. 18 OR ;Art. 2 ZGB ;Art. 22 MWSTG ;Art. 22a MWSTG ;Art. 32 MWSTG ;Art. 337 ZPO ;Art. 401 OR ;Art. 46 MWSTG ;Art. 550 OR ;Art. 6 OR ;Art. 6 ZPO ;Art. 96 ZPO ;
Referenz BGE:126 III 361;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts HG140135

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr.: HG140135-O U/dz

Mitwirkend: Oberrichter Dr. George Daetwyler, Präsident, und Ersatzoberrichterin Prof. Dr. Ingrid Jent-Sørensen, die Handelsrichter Fabio Oetterli und Markus Koch, die Handelsrichterin Ursula Suter sowie der Gerichtsschreiber Dr. Thomas Steininger

Urteil vom 26. April 2016

in Sachen

A. GmbH,

Klägerin

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.

gegen

B1. AG (in Nachlassliquidation),

Beklagte

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

betreffend Forderung

Rechtsbegehren:

(act. 1 S. 2)

Es sei der Liquidationsanteil der Klägerin aus der Auflösung der Mehrwertsteuergruppe B. Nr. in Höhe von CHF 4'393'193.45 zuzüglich anteiligem Zins von CHF 1'950'463.10, auf insgesamt CHF 6'343'656.55 zuzüglich Zins zu 5% auf CHF 4'393'193.45 seit dem 18.

März 2014 und Zins zu 5% auf CHF 1'950'463.10 seit dem 24. Juni 2014 festzustellen und zu Lasten des von den Parteienvertretern eingerichteten Gemeinschaftskontos Nr. bei der C._ AG [Bank], an die Klägerin auszuzahlen und die gemeinsam verfügungsberechtigten Rechtsanwälte anzuweisen, die Zahlung dementsprechend auszuführen,

alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich 8% MwSt.) zu Lasten der Beklagten.

Sachverhalt und Verfahren
  1. Sachverhaltsübersicht

    1. Parteien und ihre Stellung

      Die Klägerin ist eine im Handelsregister eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die in domiziliert ist. Sie bezweckt gemäss Handelsregisterauszug im Wesentlichen den Erwerb, die Verwaltung und die Veräusserung von Beteiligungen; die Führung und die Unterstützung von Flugverpflegungsbetrieben im Inund Ausland etc.

      Die Beklagte ist eine sich in Nachlassliquidation befindliche Aktiengesellschaft mit Sitz in .

    2. Prozessgegenstand

Die Klägerin und die Beklagte bildeten zusammen mit den anderen Konzernge-

sellschaften seit 1. Januar 1999 die Mehrwertsteuergruppe B.

Nr. gemäss Art. 22a MWSTG, und die Beklagte hatte die Funktion der sog. Gruppenträgerin. Die Gruppenbildung bewirkte, dass sämtliche B. -Konzerngesellschaften von der EStV als einziges Steuersubjekt behandelt wurden. Der

Verkehr zwischen der Gruppe und der EStV erfolgte über die Gruppenträgerin, welche Deklarationen vornahm sowie Zahlungen leistete, Rückerstattungszahlungen entgegennahm und intern mit den einzelnen Konzerngesellschaften abrechnete, sei es durch Weiterleitung, sei es durch Verrechnung mit eigenen Guthaben gegen die jeweiligen Konzerngesellschaften. Per Ende März 2002 wurde die Mehrwertsteuergruppe aufgelöst. In jenem Zeitpunkt lagen bei der EStV noch rund CHF 55 Mio. aus der Zeit vor der Aufhebung der Gruppe (2. Quartal 2001 bis

1. Quartal 2002). Die EStV verweigerte jegliche Auszahlung, weil sie der Ansicht

war, sie könne das der B2.

AG (damals in Nachlassstundung) nach dem

Grounding am 2. Oktober 2001 gewährte Darlehen mit dem Mehrwertsteuerguthaben der B. verrechnen.

Im Rahmen der Nachlassstundung der B1.

(provisorisch: 5. Oktober 2001;

definitiv: 3. Dezember 2001) kam es unter anderem zum Verkauf der Aktien der schweizerischen A. -Gesellschaften. Im zweiten Anlauf wurde am

  1. August 2002 das „restated and amended share and loan purchase agree-

    ment“ zwischen C.

    GmbH (Käuferin) und der B3. , B1. ,

    B2. AG etc. (Verkäuferin), im Folgenden als Akquisitionsvertrag bezeichnet, geschlossen. Aus dem äusserst umfangreichen Vertragswerk ist im vorliegenden Zusammenhang Ziff. 4.3.2 (a) (i) von Bedeutung, womit die Vertragsparteien vereinbarten, dass die Beklagte und die A. -Gesellschaften bestimmte Verzichtserklärungen abzugeben hätten.

    Weil die Schweizerische Eidgenossenschaft schliesslich ankündigungsgemäss verrechnete, erhob die Beklagte des heutigen Verfahrens Einsprache, was schliesslich zu einem Verfahren beim Schweizerischen Bundesverwaltungsgericht und anschliessend beim Schweizerischen Bundesgericht führte. Im Bundesgerichtsurteil vom 10. März 2010 wurde bestätigt, dass die vom Bund erklärte Verrechnung des Darlehens mit dem Vorsteuerguthaben mangels Gegenseitigkeit unzulässig sei. Das Vorsteuerguthaben stehe nicht der Beklagten, welche nur ehemalige Gruppenträgerin sei, sondern sämtlichen Mitgliedern der aufgelösten

    Mehrwertsteuergruppe B.

    Nr. gesamthänderisch zu. Die Mehrwertsteu-

    ergruppe sei in analoger Anwendung von Art. 530 ff. OR eine einfache Gesellschaft, die es nunmehr zu liquidieren gelte. Die EStV habe das Vorsteuerguthaben an die ehemaligen Gruppenmitglieder gesamthaft an eine von diesen gemeinsam bezeichneten Vertretung herauszugeben und die Durchführung der Liquidation sei in der Folge Sache der einfachen Gesellschafter.

    Damit lag es bei den Mitgliedern der ehemaligen Mehrwertsteuergruppe, sich im Rahmen der Liquidation der aufgelösten Mehrwertsteuergruppe auseinanderzusetzen, was unstrittig bis auf die Auseinandersetzung zwischen der Klägerin (als Rechtsnachfolgerin der schweizerischen A. -Gesellschaften) und der Beklagten möglich war. Diese einigten sich, das Vorsteuerguthaben im Betrag von rund CHF 6 Mio. (inkl. Zinsen) von der EStV auf ein Gemeinschaftskonto bei der

    C.

    AG, [nachfolgend C. ] ]überweisen zu lassen. Ausserdem wurde

    vereinbart, dass sofern keine aussergerichtliche Einigung erfolge - A. beim Handelsgericht des Kantons Zürich klagen müsse. Strittig und zu entscheiden sei, ob der Anspruch der A.

    am Vorsteuerguthaben zwischenzeitlich

    auf die B1. überund/oder untergegangen sei.

    B. Prozessverlauf

    Mit Datum vom 25. Juli 2014 (Poststempel) reichte die Klägerin die Klage beim hiesigen Gericht ein (act. 1). Mit Verfügung vom 28. Juli 2015 wurde ein Kostenvorschuss von CHF 84'000.erhoben (act. 4), der geleistet wurde (act. 7 und act. 8). Mit Verfügung vom 28. August 2014 (act. 9) wurde der Beklagten Frist zur Klageantwort angesetzt, welche diese mit Datum vom 3. Dezember erstattete (Poststempel; act. 12). In der Klageantwort stellte die Beklagte ihrerseits folgende Anträge:

    1. Die Klage sei abzuweisen. Die Klägerin sei zu verpflichten, einer Auszahlung des Vorsteuerguthabens von CHF 4'393'193.45 sowie des dazu gehörenden Vergütungszinses von CHF 1'950'463.10 vom Gemeinschaftskonto bei der C. , Bankkonto-Nr. , an die Beklagte zuzustimmen.

    1. Für den Fall, dass die Klägerin ihre Zustimmung nicht innert zehn Tagen nach Vollstreckbarkeit eines entsprechenden Urteils erteilen sollte, sei die Beklagte für berechtigt zu erklären, an deren Stelle die C. , entsprechend zur Auszahlung vom Gemeinschaftskonto, Bankkonto-Nr. anzuweisen.

    2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzüglich Mehrwertsteuer) zu Lasten der Klägerin.

Mit Verfügung vom 23. Dezember 2014 wurde der Klägerin die Klageschrift zugestellt und die Prozessleitung delegiert (act. 15). Am 27. Februar 2015 wurde eine Vergleichsverhandlung durchgeführt; am 18. März 2015 (Poststempel) teilte die Klägerin mit, dass sie das Vergleichsangebot der Beklagten ablehne (act. 17). Die Klägerin reichte am 14. Juli 2015 (Poststempel, act. 24), die Replik ein, gefolgt von der am 19. Oktober 2015 (Poststempel) eingereichten Duplik der Beklagten (act. 28). Mit Verfügung vom 26. Oktober 2015 ging das Doppel der Duplik an die Klägerin und es wurde der Eintritt des Aktenschlusses festgestellt (act. 30). Eine weitere Eingabe (auch im Rahmen eines Replikrechts) ging nicht mehr ein.

Am 26. April 2016 fand die Hauptverhandlung statt, im Rahmen derer die Parteien keine Noven vorbrachten und an ihren Anträgen festhielten (vgl. Prot. S. 14 f.).

Der Prozess erweist sich als spruchreif.

  1. Formelles

    1. Zuständigkeit

      Die Klägerin verlangt, dass der Liquidationsanteil aus der Auflösung der Mehr-

      wertsteuergruppe B.

      im Betrage von CHF 6'343'193.45 nebst Zinsen festzustellen sei. Das Bundesgericht hat im Urteil 2C_124/2009 vom 10. März 2010,

      E. 3.4 festgehalten, dass die Auszahlung des Vorsteuerguthabens nur an alle (ehemaligen) Gruppengesellschaften zur gesamten Hand an einen durch diese bestellten Vertreter erfolgen kann. Zu erwähnen ist, dass der öffentlichrechtliche Vorsteueranspruch nur Ausgangspunkt des vorliegenden Rechtsstreites ist, dass es hier jedoch darum geht, den auf einem Bankkonto hinterlegten Betrag unter Berücksichtigung privatrechtlicher Verträge aufzuteilen. Das ist Zivilrecht.

      Das Handelsgericht entscheidet Streitigkeiten gemäss Art. 6 ZPO. Die im Kanton Zürich domizilierten Parteien haben im Hinblick auf das vorliegende Verfahren eine Vereinbarung geschlossen (act. 3/6): Für den Fall, dass keine aussergerichtli-

      che Einigung erzielt werden könne, verpflichtete sich die Klägerin, gegen die Beklagte ein ordentliches Gerichtsverfahren zur Regelung der rechtlichen Folgen

      des Ausscheidens von A.

      aus der Mehrwertsteuergruppe B. einzuleiten (act. 3/6 S. 5 Ziff. 3). Für diesen Fall bestimmten sie gemeinsam das Handelsgericht Zürich (act. 3/6 S. 5 Ziff. 4). Die örtliche und sachliche Zuständigkeit ist gegeben. Sie wird seitens der Parteien auch nicht bestritten.

    2. Anwendbares Recht

      Die Parteien haben vertraglich die Anwendbarkeit des schweizerischen materiellen Rechts vorgesehen und die Schweizerische Zivilprozessordnung für anwendbar erklärt (act. 3/6 S. 5 Ziff. 4), die ohnehin anwendbar wären. Unter dem Titel Beweislast und Beweiswürdigung (act. 3/6 S. 6 Ziff. 5.4) haben die Parteien, soweit dies die ZPO zulasse, eine verfahrensrechtliche Vereinbarung getroffen, welche den Bestimmungen der ZPO vorgehe: Die Parteien stellen fest, dass auf

      der Grundlage der von A.

      eingereichten Mehrwertsteuerabrechnungen für

      die Periode zwischen 1. April 2001 und 31. März 2002 ein auf A. entfallen-

      des Vorsteuerguthaben der Mehrwertsteuergruppe B.

      im Umfang von CHF

      4'393'193.45 zuzüglich anteiligem Zins resultiert hat. Darüber sind keine Beweise

      abzunehmen. Strittig ist jedoch, ob der Anspruch der A.

      an diesem Vor-

      steuerguthaben zwischenzeitlich auf B1.

      übergegangen und/oder unterge-

      gangen ist (nicht abschliessende Aufzählung). Diesbezüglich trägt B1.

      die

      Behauptungsund Beweislast. Dabei handelt es sich um einen sog. Beweislastvertrag, der nach h.A. gültig ist (vgl. dazu Olivia Pelli, Beweisverträge im Zivilprozessrecht, Schriften zum Schweizerischen Zivilprozessrecht, Band 14, Zürich/St. Gallen 2012, S. 92 ff.).

  2. Parteivorbringen

    1. Klage

      Unbestritten sei die Höhe des eingeklagten Betrages, des Liquidationsanteils der Klägerin an der aufgelösten Mehrwertsteuergruppe B. , und die Tatsache, dass er grundsätzlich der Klägerin zustehe (act. 1 Rz 5 f., Rz 14, Rz 18). Nach

      Auflösung der Mehrwertsteuergruppe B.

      sei die Zulässigkeit der Verrech-

      nung der Vorsteuerguthaben der ehemaligen Gruppengesellschaften der B.

      mit Darlehensforderungen des Bundes an die B1.

      strittig gewesen. Das

      Bundesverwaltungsund das Bundesgericht hätten in den Jahren 2009 und 2010 entschieden, dass die Verrechnung mangels Gegenseitigkeit unzulässig sei (act. 1 Rz 7) und dass die Mehrwertsteuergruppe nach den Regeln über die einfache Gesellschaft aufzulösen sei. Das Vorsteuerguthaben sei so die gerichtlichen Instanzen entweder zu gesamter Hand an die ehemaligen Gruppengläubiger auszuzahlen an eine gemeinsam bestellte Vertretung (act. 1 Rz 8). Alle ehemaligen Gruppengläubiger hätten sich mit der Beklagten über die Aufteilung geeinigt, ausser die Klägerin (act. 1 Rz 9). Der Mehrwertsteuerrückerstattungsbetrag sei

      vereinbarungsgemäss auf ein Gemeinschaftskonto bei der C.

      einbezahlt

      worden, von wo er gemäss gemeinsamer schriftlicher Instruktion gemäss einem rechtskräftigen Gerichtsentscheid ausbezahlt werden müsse (act. 1 Rz 10). Strittig sei, ob das Vorsteuerguthaben überoder untergegangen sei, was die Beklagte beweisen müsse (act. 1 Rz 16). Die Beklagte behaupte zum einen eine Verrechnung der Mehrwertsteuerrückforderung mit von der Beklagten für die Klägerin übernommenen Lohnzahlungen. Der andere Grund sei nach der Ansicht der Beklagten der Akquisitionsvertrag vom 30. August 2002 betreffend den Verkauf

      der A. -Gesellschaften zwischen D.

      GmbH. als Käuferin und der

      B3. , B1. , B2. AG etc. als Verkäuferinnen (act. 1 Rz 22). An-

      fangs 2009 habe die A.

      Gruppe von ihrer Anspruchsberechtigung auf

      Rückerstattung der Vorsteuer gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung (EStV) erfahren (act. 1 Rz 23). Schuldnerin der Forderung auf Rückerstattung sei die EStV und nicht die verrechnungswillige Beklagte, so dass es an der Gegenseitigkeit gemäss Art. 120 Abs. 1 OR fehle (act. 1 Rz 26). Ausserdem fehle eine ausdrückliche Verrechnungserklärung (act. 1 Rz 27). Die Beklagte stütze sich auch auf die Forderungsanmeldungen der Klägerin im Nachlassverfahren der

      B1.

      und die dazugehörigen internen Abrechnungsbelege, auf welchen sich

      ein Zusammenzug von Forderungen der A.

      Switzerland finde. Die Erwäh-

      nung der Salärzahlungen in genau derselben Höhe wie das Total der angemeldeten Forderungen sei keine Verrechnungserklärung (act. 1 Rz 29 f., Rz 32) und die Reziprozität fehle ohnehin (act. 1 Rz 31).

      Im Akquisitionsvertrag vom August 2002 hätten sich die Vertragspartner geeinigt,

      dass die A.

      Group ihre Gruppengesellschaften dazu veranlassen müsse,

      Verzichtserklärungen gemäss Ziff. 4.3.2. (a) (i) abzugeben, was bewirken solle, dass die A. -Gruppe «unwiderruflich und bedingungslos auf allfällige noch

      bestehende Ansprüche gegenüber der B1.

      sowie deren Konzerngesellschaften der B. -Gruppe verzichten würden» (act. 1 Rz 37). Was die Beklagte daraus ableiten wolle, sei nicht ersichtlich, da die Klägerin nicht Partei sei;

      Käufer sei D.

      und die den A. -Gruppen-Gesellschaften auferlegten

      Pflichten würden diese nicht binden (act. 1 Rz 38). Es sei nicht ersichtlich, wie der Rückerstattungsanspruch betreffend Vorsteueren auf die Beklagte übergegangen sein solle (act. 1 Rz 44).

    2. Klageantwort

      Die Mehrwertsteuergruppe-B. , gemäss Art. 22 aMWStG konstituiert per

      1. Januar 1999 (act. 12 Rz 42), habe aus den Schweizer B. -Gesellschaften bestanden, so auch der A. -Gruppe (act. 12 Rz 2). Die B1. sei Gruppenträgerin (act. 12 Rz 42) und gegenüber der EStV Bevollmächtigte gewesen (act. 12 Rz 46), verantwortlich für die Kommunikation mit der EStV, für die Abrechnung der Mehrwertsteuer, für die Bezahlung derselben resp. für das Inkasso der Vorsteuerguthaben (act. 12 Rz 3). Innerhalb der Gruppe habe die B1. als Zahlstelle fungiert, habe Steuerschulden der Mitglieder eingefordert und die Vorsteuerguthaben an die Gruppenmitglieder bezahlt (act. 12 Rz 4, Rz 46). Im In-

      nenverhältnis hätten die Gruppengesellschaften der B1.

      jeweils quartalsweise eine Mehrwertsteuerabrechnung eingereicht, welche diese konsolidiert und an die EStV weitergereicht habe. Die Tilgung der Schulden und das Inkasso der

      Guthaben sei ausschliesslich durch die B1.

      erfolgt (act. 12 Rz 47 f.). Intern

      hätten die Gruppenmitglieder ihre Steuerschulden durch Verrechnung mit Gegen-

      forderungen gegenüber der B1.

      oder Zahlungen an letztere ausgeglichen.

      Die B1.

      habe ihrerseits Vorsteuerguthaben an Gruppenmitglieder bezahlt

      oder diese mit Gegenforderungen verrechnet (act. 12 Rz 48). Die Zahlungen seien über ein Konto bei der E. AG [Bank] abgewickelt worden (act. 12 Rz 49).

      Nach dem Grounding der B.

      sei die Gruppe zuerst weitergeführt worden,

      die EStV habe allerdings die Auszahlung der Vorsteuerguthaben verweigert (act. 12 Rz 6, Rz 60). Sie sei per 31. März 2002 aufgelöst worden (act. 12 Rz 62); vom Gesamtguthaben von CHF 55'274'446.50 hätten CHF 4'393'193.45 den A. - Mitgliedern zugestanden (act. 12 Rz 7, Rz 70). Die EStV habe in der Folge die Verrechnung mit Gegenforderungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft erklärt (act. 12 Rz 8, Rz 13). Am 9. Januar 2002 sei der Schuldenruf publiziert worden und verschiedene A. -Gesellschaften hätten ihre Vorsteuerrückforderungen für das 2.-4. Quartal 2001 zur Kollokation angemeldet. Gleichzeitig hätten

      sie teilweise Verrechnung mit Gegenforderungen der B1.

      aus diversen

      Rechtsgründen angemeldet. Die Beklagte habe ihrerseits Forderungen von insgesamt CHF 10'977'255.gegen A._ -Gesellschaften gehabt (act. 12 Rz 10). Am 30. August 2002 sei ein Kaufvertrag mit D. GmbH (act. 12 Rz 31) über den Verkauf der A. -Gruppe abgeschlossen worden, worin vereinbart worden sei, dass zwischen A. -Gesellschaften und der Beklagten gegenseitig auf Forderungen verzichtet werde. Beim Vollzug des Kaufvertrages hätten alle A. -Gesellschaften gegenüber der Beklagten auf alle Forderungen, auch auf jene von deren Konzerngesellschaften, verzichtet und die Beklagte hätte den Verzicht auf alle Forderungen gegenüber den A. -Gesellschaften erklärt (act. 12

      Rz 11). Die von A.

      zur Kollokation angemeldeten Steuerrückerstattungsguthaben (act. 12 Rz 72 ff.) seien im Oktober 2006 mit Hinweis auf diesen Verzicht abgewiesen worden. Die Klägerin sowie die F. AG hätten in der Folge Kollokationsklage eingeleitet, diese bezüglich der Vorsteuerguthaben aber wieder zurückgezogen (act. 12 Rz 109-111).

      Das Bundesverwaltungsund danach das Bundesgericht hätten die Zulässigkeit der Verrechnung der Vorsteuerguthaben der Mehrwertsteuergruppe mit dem Bundesdarlehen verneint und angeordnet, dass die Mehrwertsteuergruppe in analoger Anwendung der Bestimmungen über die einfache Gesellschaft aufgelöst werden müsste (act. 12 Rz 14). Das Bundesgericht habe festgehalten, dass die

      EStV die Vorsteuerguthaben nur an alle Gruppenmitglieder an eine gemeinsam bestimmte Vertretung auszahlen könne (act. 12 Rz 15). Die Beklagte habe dann eine Vereinbarung zur Verteilung der Vorsteuerguthaben ausgearbeitet und habe überall dort, wo Vorsteuerguthaben durch Verrechnung Zahlung abgegolten worden seien, die Vorsteuerguthaben für sich beansprucht, auch im Verhältnis zur Klägerin (act. 12 Rz 16). Der Vorschlag sei nur von der Klägerin nicht akzeptiert worden.

      Die vorliegende gehöre zu den doppelseitigen Klagen, so dass Ziff. 2 und 3 des Rechtsbegehrens keine Widerklagen seien. Beide Parteien würden den Streitgegenstand für sich beanspruchen (act. 12 Rz 21). Die beantragte Vollstreckungsmassnahme sei gemäss Art. 236 Abs. 3 i.V.m. Art. 337 ZPO zulässig (act. 12 Rz 24).

      Die B1.

      habe seinerzeit innerhalb der B. -Gruppe als Beauftragte der

      Gruppengesellschaften entgeltlich zentrale Dienstleistungsfunktionen wahrgenommen wie Human Ressources, Recht, (Mehrwert-)Steuern und Finanzen, für den hier interessierenden Fall geregelt im Management Agreement von 1997 zwi-

      schen der B1.

      und der A.

      International AG. Das Entgelt habe 0.3 %

      betragen (act. 12 Rz 34 f.). Die B1.

      habe auch zentral die Lohnzahlungen

      an die Angestellten der B. -Gruppe ausgeführt und die Sozialversicherungsbeiträge abgerechnet (act. 12 Rz 36), was die Gruppengesellschaften hätten vergüten müssen (act. 12 Rz 36). Im Zusammenhang mit dem Verkauf von B. - Gesellschaften seien die Forderungsverhältnisse betreffend die Mehrwertsteuergruppe-B.

      und den zu verkaufenden Gesellschaften bereinigt worden (act.

      12 Rz 60). Die abschliessende Bereinigung sei schliesslich mit der Vereinbarung von 2013 erfolgt (act. 12 Rz 61). Bei den Verkäufen von Gesellschaften seien die

      Forderungsverhältnisse betreffend die Mehrwertsteuergruppe-B.

      regelmässig ein Thema gewesen (act. 12 Rz 65, 85). Bis zum Entscheid des Bundesgerichts vom 10. März 2010 sei von Forderungsverhältnissen zwischen den jeweiligen B. -Gesellschaften und der B1. 65).

      ausgegangen worden (act. 12 Rz

      Im Rahmen des ersten Kaufvertrages vom 21. März 2002 sei geregelt worden,

      wie sich der definitive Preis für den Verkauf von A.

      berechne (act. 12 Rz

      88). Die Situation betreffend Mehrwertsteuergruppe-B.

      sei Ende März noch

      nicht geklärt gewesen, vor allem sei wegen Äusserungen der EStV offen gewesen, ob die Vorsteuerguthaben ausbezahlt würden, so dass eine aufschiebende Bedingung vereinbart worden sei (Ziff. 4.2.2. [i]), nämlich dass die Abrechnung der gruppeninternen Mehrwertsteuerguthaben vor dem Vollzug der Transaktion abgeschlossen sein müsse (act. 12 Rz 90). Wegen Problemen mit der Aufteilung des Kaufpreises habe schliesslich mit der Käuferin ein Kaufpreis ohne Anpassungsmechanismus ausgehandelt werden müssen, so dass alle gegenseitigen Forderungsverhältnisse zwischen den A. -Gesellschaften und den übrigen Gesellschaften der B. -Gruppe (auch die Vorsteuerguthaben) bereinigt sein mussten (act. 12 Rz 95). Deshalb sei der Kaufpreis auf CHF 1'092'500'000.erhöht und gleichzeitig per Vollzugsdatum gegenseitig auf alle Forderungen zwischen den B. -Vertragsparteien und deren Konzerngesellschaften und den Gesellschaften der A. Gruppe verzichtet worden (act. 12 Rz 96). Der Klägerin sei klar gewesen, dass das Thema Mehrwertsteuergruppe-B. /Vorsteuerguthaben im August 2002 nicht gelöst gewesen sei (act. 12 Rz 97). Am 30. August 2002 sei der Vertrag Restated Share Purchase Agreement unterzeichnet worden (act. 12 Rz 98). Ziff. 4.3.2. (a) (i) sei eine Saldovereinbarung (act. 12 Rz 100). Beim Vollzug am 19. Dezember 2002 hätten der Beklagten die Verzichtserklärungen aller A. -Gesellschaften vorgelegen (act. 12 Rz 101) und die Beklagte habe der Käuferin am 19. Dezember 2002 beim Vollzug der Transaktion ihre eigene Verzichtserklärung übergeben (act. 12 Rz 102). Alle Mitglieder der

      Mehrwertsteuergruppe-B.

      seien B.

      Konzerngesellschaften gewesen,

      so dass der Verzicht der A. -Gesellschaften auch gegenüber diesen wirke (act. 12 Rz 103).

      Am 21. Dezember 2004 habe die EStV in einer Verfügung das Vorsteuerguthaben

      der Mehrwertsteuergruppe B.

      grundsätzlich anerkannt, habe aber Verrechnung mit dem Bundesdarlehen erklärt, was zur Einsprache der Beklagten am 31. Januar 2005 und dann zu den Beschwerden, zuletzt beim Bundesgericht, geführt habe (act. 12 Rz 112-119). Die ergangenen Urteile hätten die Rechtslage für die

      an der Mehrwertsteuergruppe B.

      beteiligten Gesellschaften im Aussenverhältnis verändert; anstelle der Beklagten als Gruppenträgerin hätten alle Mitglieder der Gruppe das Guthaben gemeinsam einfordern müssen. Die zwischen einzelnen Gruppenmitgliedern und der Beklagten betreffend Mehrwertsteuerverpflichtung respektive Vorsteuerguthaben getroffenen Vereinbarungen seien davon unberührt geblieben (act. 12 Rz 120 f.). Im Zusammenhang mit der Auflösung der Gruppe hätte die Beklagte im Dezember 2010 einen Vorschlag für die Auflösung ausgearbeitet (act. 12 Rz 124), den die Klägerin abgelehnt habe. Deshalb sei mit der Klägerin die erwähnte besondere Regelung getroffen worden (act. 12 Rz 126).

      Die Gesamtaufrechnungsvereinbarung vom Dezember 2002 wirke auch zu Guns-

      ten der Mitglieder der Mehrwertsteuergruppe-B.

      und auch die Beklagte habe gegenüber der A. -Gruppe auf ihre Ansprüche verzichtet (act. 12 Rz 132). Das sei die Folge davon gewesen, dass der Kaufpreis für die A. -Gruppe definitiv und verbindlich habe festgesetzt werden müssen (act. 12 Rz 133). Die Bereinigung sei im Wissen um eine Vielzahl gegenseitiger Forderungen erfolgt. Die Nettoschuld der A. -Gesellschaften blende die Klägerin völlig aus, wenn sie heute die einseitige Erstattung der Vorsteuerguthaben verlange (act. 12 Rz 134).

      Ein Teil des Vorsteuerguthabens sei im Übrigen bereits zuvor durch gegenseitige Verrechnung getilgt worden, und zwar bei den Forderungsanmeldungen zur Kollokation im Januar 2002. Zum damaligen Zeitpunkt seien die Parteien davon ausgegangen, dass sich die Forderung direkt gegen die B1. richten würde (act. 12 Rz 139 f.). Die Inkassotätigkeit der B1. sei typischerweise als Auftrag zu qualifizieren, auf Grund eines bilateralen Vertragsverhältnisses zwischen der Beklagten und den Schweizer Gesellschaften der Klägerin (act. 12 Rz 141). Der Bundesgerichtsentscheid gehe für das Aussenverhältnis von einer einfachen Gesellschaft aus. Im Innenverhältnis seien die Gruppenmitglieder nicht gegenseitig verbunden gewesen, sondern geprägt durch das bilaterale Verhältnis zur B1. , das im Innenverhältnis auftragsrechtlich zu qualifizieren sei und die Tilgung von gegenseitigen Forderungen durch Übertragung des Vorsteuerguthabens an die Beklagte gegen Verzicht auf Lohnforderungen der B1. sei daher möglich und zulässig gewesen. Das klägerische Vorsteuerguthaben sei damit

      auf die B1.

      übergegangen (act. 12 Rz 142). Auch wenn die Mehrwertsteuergruppe auch im Innenverhältnis als einfache Gesellschaft betrachtet würde, habe die Beklagte zum Zeitpunkt der klägerischen Verrechnungserklärung im Januar 2002 über die formelle Geschäftsführungsbefugnis für sämtliche Gesellschafter der Mehrwertsteuergruppe verfügt; diese sei damals nicht aufgelöst gewesen und die Beklagte habe die Gruppe als Geschäftsführerin mit sämtlichen Rechten und Kompetenzen vertreten (BGer 2C_24/2009 E. 3.3), so dass sie die Verrechnungserklärung gültig entgegennehmen konnte (act. 12 Rz 143). Da mit den von den A. -Gesellschaften erklärten Verrechnungen Forderungen der B1. gegenüber den A. -Gesellschaften getilgt worden seien, sei der Anspruch

      auf das Vorsteuerguthaben im Umfang der Verrechnung auf die B1.

      übergegangen (act. 12 Rz 144). Selbst bei der Annahme, dass der auf die Klägerin entfallende und von ihr verrechnete Anteil am Mehrwertsteuerguthaben zuerst den übrigen Mitgliedern der Gruppe angewachsen wäre, verbliebe dieser Anteil nach der formellen Auseinandersetzung aller Mitglieder der ehemaligen Mehrwertsteuergruppe mittels Auflösungsvereinbarung vom April/Mai 2013 und aufgrund der Saldoerklärung in Ziff. 6 gleichwohl der Beklagten (act. 12 Rz 145). Die Klägerin habe nach eigenen Angaben bis ins Jahr 2009 nicht damit gerechnet, über die Berechtigung an den Vorsteuerguthaben zu verfügen (act. 1 Rz 23; act.

      12 Rz 146). Es sei auch eine Verrechnungsvereinbarung als gegenseitiger Erlassvertrag im Sinne von Art. 115 OR als Tilgung durch Vereinbarung möglich, so z.B. BGer 4C.374/2001 E. 2.2 etc. (act. 12 Rz 147), so dass auch nicht fällige, erst zukünftig entstehende nicht gegenseitige Forderungen verrechnet werden könnten (act. 12 Rz 148 ff.; BGE 126 III 361, S. 368), z.B. bei enger wirtschaftlicher Verflechtung, typischerweise im Konzern. Die durch die

      A. -Gesellschaften erklärte Verrechnung sei durch die B1.

      entgegengenommen und umgesetzt worden, so dass auf die Eintreibung der zur Verrechnung gestellten (Salär-)Forderungen verzichtet worden sei. Damit habe eine Einigung vorgelegen und die Klägerin müsse sich dies heute anrechnen lassen (act. 12 Rz 152).

      Die A. -Gesellschaften hätten beim Verkauf auf alle Forderungen gegenüber der Beklagten und ihren Konzerngesellschaften verzichtet. Im Gegenzug habe die Beklagte auf ihre Forderungen gegen die A. -Gesellschaften verzichtet. Damit sei ein Schlussstrich unter die gegenseitigen Beziehungen zwischen B. - Gruppe und A. -Gruppe gezogen worden (act. 12 Rz 166). A. -Gruppe habe im Dezember 2002 auf CHF 4'393'193.44 verzichtet, die Beklagten auf über CHF 10 Mio.

    3. Replik

      Das Handelsgericht habe einzig zu klären, ob der Anspruch auf das Vorsteuerguthaben zwischenzeitlich entweder auf die Beklagte überoder untergegangen sei (act. 24 Rz 8). Alle anderen expliziten impliziten Rechtsbegehren seien für den Prozessausgang unerheblich und könnten unberücksichtigt bleiben (act. 24 Rz 9). Ebenfalls sei in Ziff. 5.4 die Beweislastverteilung geregelt worden (act. 24 Rz 11). Bei dieser Ausgangslage dringe die vorliegende Klage durch, wenn es der Beklagten nicht gelinge darzutun, dass die Klägerin mit den von der Beklagten so genannten Verzichtserklärungen (act. 12 Rz 101) entgegen deren Wortlaut auf die Durchsetzung ihrer Rechte auf die Vorsteuerguthaben verzichten diese trotz mangelnder Gegenseitigkeit zur Verrechnung zulassen wollte (act. 24 Rz 1115). Bis 31. März 2002 habe die Beklagte als Gruppenführerin über Vorsteuerguthaben, welche ihr die EStV vergütet habe, abgerechnet (act. 24 Rz 16). Mit der Beendigung der Mehrwertsteuergruppe per 31. März 2002 gemäss Schreiben der EStV vom 4. März 2002 (act. 29/75) sei die Beklagte nicht mehr Gruppenführerin gewesen. Die zwischen dem 1.4.2001 und dem 31.3.2002 anfallenden Vorsteuerguthaben seien bei der Auflösung der Gruppe noch nicht abgerechnet gewesen (act. 24 Rz 17). Bei der Beendigung der Gruppe sei der Klägerin nicht bekannt gewesen, in welchem Ausmass sie mit der Rückerstattung rechnen konnte (act. 24 Rz 18). Der Anspruch habe sich erst am 14. Januar 2009 konkretisiert (act. 24 Rz 19). Die Umsetzung der Auflösung sei erst nach dem Bundesgerichtsurteil vom 10. März 2010 möglich gewesen. Die Auflösung nach den Regeln der einfachen Gesellschaft habe zur Zuordnung des Liquidationsergebnisses an die einzelnen ehemaligen Gruppenmitglieder geführt (act. 24 Rz 22). Die Klägerin hätte

      sich gegenüber der Beklagten verpflichtet, diese zu entlassen und zu befreien (act. 24 Rz 23), allerdings sei von einem Verzicht auf die Vorsteuerguthaben nirgends die Rede. Die Rückerstattungsforderung habe sich gegenüber der EStV gerichtet und könne allein schon deshalb nicht Gegenstand des eines Forderungsverzichts gegenüber der Beklagten sein (act. 24 Rz 24). Die Gesamtaufrechnungsvereinbarung, die die Beklagte behaupte, solle trotz des Fehlens von Reziprozität Fälligkeit wirken, was nicht zutreffe (act. 24 Rz 27).

      Das zweite Argument seien die angeblich vorgängig abgegebenen Verrechnungserklärungen (act. 24 Rz 28). Die Beklagte müsse sich für die Gesamtaufrechnung für die Verrechnung entscheiden (act. 24 Rz 32). Das Verrechnungsargument beziehe sich insbesondere auf die Forderungsanmeldungen der

      A.

      (act. 24 Rz 34). Die Hauptforderung figuriere als Forderung der Klägerin

      aus Mehrwertsteuerabrechnung, der die Verpflichtung der Klägerin aus Salärabrechnungen als Verrechnungsforderung gegenüberstünde. Das Ergebnis sei 0 (act. 24 Rz 36), so dass es nichts zu verrechnen gebe und es an einer Verrechnungserklärung und der Verrechnungswirkung fehle (act. 24 Rz 37). Es werde versucht glauben zu machen, dass das streitige Vorsteuerguthaben als bei der Beklagten belegen zu betrachten sei (act. 24 Rz 39). Die Klägerin habe im Zeitpunkt der Anmeldung damit rechnen müssen, dass die Guthaben im Gewahrsam der Beklagten seien, so dass die Anmeldung für die Rechtswahrung unerlässlich gewesen sei (act. 24 Rz 40, Rz 42). Die Anmeldungen zur Kollokation seien fast ausschliesslich vor der Beendigung der Mehrwertsteuergruppe erfolgt. Die Beklagte habe nach Beendigung der Gruppe keine naturgegebene Führeroder Vertretereigenschaft gehabt (act. 24 Rz 44). Bei den Anmeldungen zur Kollokation sei kein Verrechnungswille erkennbar (act. 24 Rz 46 f.). Das behauptete auftragsrechtliche Innenverhältnis bestehe nicht und die Beklagte sei auch nicht gemäss Auftragsrecht ermächtigt gewesen, die Vorsteuerguthaben der Klägerin auf sich zu übertragen (act. 24 Rz 49). Es gebe keinen Übergang der Forderung infolge Verrechnung auf die Beklagte; es gebe keine Subrogation (act. 24 Rz 50 ff.). Mangels Subrogation fehle es auch an der Voraussetzung der Gegenseitigkeit (act. 24 Rz 55). Die Klägerin hätte bis 2009 keinen Anlass zur Annahme gehabt, dass die Verrechnung mit den Darlehen des Bundes nicht greifen würde (act. 24

      Rz 59 f.). Die Behauptung, die Klägerin übertrage fälschlicherweise die bundesgerichtlichen Erwägungen betreffend einfache Gesellschaft auf das Innenverhältnis, sei unverständlich (act. 24 Rz 61). Wenn die Beklagte meine, dass die Anwendung der Regeln der einfachen Gesellschaft auf die Gruppenmitglieder untereinander nicht stichhaltig sei, hätte sie das klären müssen (act. 24 Rz 62). Unklar sei weiter, wie der Verrechnungsvertrag zustande gekommen sein solle (act. 24 Rz 63). Die Klägerin hätte bis anfangs 2009 von den ihr zustehenden Vorsteuerguthaben nichts gewusst und habe sich dann um die Beiladung zum bundesgerichtlichen Verfahren bemüht (act. 24 Rz 69). Verrechnungsabreden unter Parteien mit nicht konnexen Forderungen könnten als gegenseitiger Erlassvertrag qualifiziert werden und gegebenenfalls als Erlassvertrag gemäss Art. 115 OR als Tilgung durch Vereinbarung (act. 24 Rz 70). Es sei allerdings keine derartige vertragliche Regelung ausdrücklich implizit getroffen worden (act. 24 Rz 71). Die Behauptungen, dass die so genannten Erklärungen entgegen genommen und umgesetzt worden seien, indem die Beklagte gegenüber der erklärenden A._ —Gruppengesellschaften auf die Eintreibung der zur Verrechnung gestellten Salärforderungen verzichtet habe und diese daher als untergegangen zu betrachten seien, seien unsubstanziiert (act. 24 Rz 71). Der Verrechnungsvertrag stehe im Widerspruch zur Begründung der Beklagten hinsichtlich der Abweisung der Forderung der Klägerin im Kollokationsplan (act. 24 Rz 72). Bezüglich der behaupteten Gesamtaufrechnungsvereinbarung habe die Beklagte darzulegen, in welcher Weise die ehemaligen A. Gesellschaften gegenüber der Beklagten und ihren Konzerngesellschaften auf die noch offenen Forderungen verzichtet haben sollen. Dazu sei eine Verweisung auf die Beilagen sowie eine globale Verweisungen auf alle Forderungen nicht ausreichend (act. 24 Rz 74). Zu den zur Verrechnung gebrachten Forderungen würden sich nur summarische tatsächliche Behauptungen finden (act. 24 Rz 74). Zu den gegenseitigen Verzichtserklärungen werde einzig behauptet, diese seien klar und entsprächen dem Willen der am Verkauf der A. -Gruppe beteiligten Parteien (act. 24 Rz 75). Das Verhalten der Klägerin nach Abschluss der Transaktion sei nicht massgeblich. Die Beklagte lege nicht dar, inwiefern sich der Vollzug des Akquisitionsvertrages der Aktien der A. -Gruppe auf die Vorsteuerguthaben der Beklagten auswirken könnte, sehe man von der Behauptung ab, mit dem Vollzug des Vertrages hätten die A. -Gesellschaften gegenüber der Beklagten und ihren Konzerngesellschaften unwiderruflich auf allfällige noch bestehende Ansprüche verzichtet (act. 24 Rz 77). Die Übersetzung der Klausel durch die Anwälte der Beklagten enthalte sinnentstellende Übersetzungsfehler und sollte richtigerweise anders lauten. Der Wortlaut sei klar und nicht erklärungsbedürftig (act. 24 Rz 78 f.) und enthalte keinen Verzicht auf irgendwelche Rechte. Wäre ein Verzicht beabsichtigt gewesen, hätte der Text dies zum Ausdruck bringen und nicht von einer einvernehmlichen Aufhebung bestehender Verträge reden müssen, sondern von einem Verzicht. Auch im Übrigen gebe es keinen Verzicht, sondern die Wendung we hereby irrevocably release and aquit heisse, dass die Verkäufer aus jedwelcher Verpflichtung entlassen würden (act. 24 Rz 80). Wäre ein Verzicht auf die Geltendmachung von Rechten gewollt gewesen, hätte dies gesagt werden müssen (act. 24 Rz 81). Was den mutmasslichen Parteiwillen anbelange, fehle es an einer substanziierten Behauptung, worin die Gesamtaufrechnungsvereinbarung bestehen solle (act. 24 Rz 82). Der Forderungsverzicht könne sich nur auf Forderungen auswirken, die im Jahre 2002 gegenüber der Beklagten bestanden hätten, allenfalls in Unkenntnis der Klägerin. Die Mehrwertsteuergruppe habe seit dem 1. April 2002 nicht mehr bestanden. Vorsteuern, die nie an die Beklagte ausbezahlt worden seine, könnten nicht Gegenstand einer Verzichtserklärung sein. Das von der Beklagten konstruierte Szenario sei nur dann denkbar, wenn sich die Parteien im Dezember 2002 einig gewesen wären, dass die noch ausstehenden Vorsteuerguthaben über die Beklagte abgerechnet werden sollten, was nicht der Fall gewesen sei (vgl. Rz 24). Die Klägerin hätte im Dezember 2002 nicht damit rechnen müssen, dass über die Beklagte abgerechnet werde. Die Mehrwertsteuergruppe habe seit dem 1. April 2002 nicht mehr bestanden und die Mehrwertsteuerguthaben seien nicht an die Beklagte als ehemalige Gruppenführerin ausbezahlt worden, so dass sie nicht Gegenstand der vorliegenden Verzichtserklärungen sein konnten. Wäre bei Beendigung der Gruppe per 1. April 2002 seitens der Klägerin ein (stillschweigender) Auftrag an die Beklagte zur Eintreibung und Abrechnung der Vorsteuerguthaben erteilt worden, was bestritten sei, so wäre dieser Auftrag mit Abgabe der Verzichtserklärung im Dezember 2002 geendet. Die Auszahlung

      des Vorsteuerguthabens an die Beklagte (zur Weiterleitung an die Klägerin) wäre eine Grundvoraussetzung für das Konstrukt der Beklagten gewesen. Dass die Abrechnung nicht über die ehemalige Gruppenführerin zu erfolgen habe, habe das Bundesgericht in seinem Entscheid vom 10. März 2010, E. 2.4., 3.1 und 3.2 festgehalten. Die Verzichtserklärung im Akquisitionsvertrag vom 30. August 2002 sei nicht zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossen worden. Adressat der Verzichtserklärungen sei die Beklagte, welche nie über die umstrittene Vorsteuerrückforderung verfügt habe. Sie bestand gegenüber der EStV, was bereits zur Gutheissung der Klage führe (act. 24 Rz 87). Allerdings gebe es dafür auch andere Gründe: Bundesverwaltungsund Bundesgericht seien zum Schluss gekommen, dass es keine gesetzliche Regelung einschlägige Praxisanweisung betreffend Auflösung der Mehrwertsteuergruppe gebe. Es sei deshalb nicht erklärbar, warum es den Parteien klar gewesen sein sollte, dass die Klägerin auf das Vorsteuerguthaben verzichtet haben solle und warum es der Beklagten zu Gute gekommen sein solle, ohne dass hierüber ein Wort verloren worden sei. Erforderlich wäre eine Vereinbarung gewesen, dass die Beklagte Vertreterin für die Abrechnung ausstehender Vorsteuerguthaben sei und dass die Klägerin auf die Weiterleitung von Vorsteuerguthaben verzichtet hätte (act. 24 Rz 88). Angesichts dieser Ausgangslage hätte es nahe gelegen, dies auch in der Verzichtserklärung zu erwähnen (act. 24 Rz 89). Eine Zession der klägerischen Forderung an die Beklagte habe nicht stattgefunden, was zudem die Voraussetzung für den Fluss des Vorsteuerguthabens an die Beklagte gewesen wäre. Einen Auftrag sowie eine Vollmacht zur Eintreibung der Forderung hätte die Beklagte nicht gehabt (act. 24 Rz 90).

      Die Beklagte habe mit ihrem Verhalten nach Ende der Gruppenbesteuerung gegenüber der Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass die EStV keine ausstehenden Vorsteuerguthaben ausbezahlt habe, was sich auch bis Dezember 2002 und damit bis zur Abgabe der Verzichtserklärung nicht geändert habe (act. 24 Rz 91). Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Akquisitionsvertrags solle so die Beklagte - der Klägerin bekannt gewesen sein, dass das Thema Mehrwertsteuergruppe B. /Vorsteuerguthaben nicht habe gelöst werden können. Das sei

      bestritten, da die Kadermitarbeiter von A.

      nicht an den Verhandlungen teilgenommen hätten, sondern die leitenden Angestellten nur zur Sammlung von Akten einbezogen worden seien. Vom Wortlaut des Agreements vom 30. August 2002, insbes. der Saldoklausel Ziff. 4.3.2 (a) (i), hätten sie keine Kenntnis gehabt, was mit zwei Zeugen bewiesen werden könne (act. 24 Rz 93). Selbst bei einem (bestrittenen) Forderungsverzicht würde die Vorsteuer nicht erfasst, da dieser Anspruch nicht gegenüber den Gruppengesellschaften bestanden habe, sondern gegenüber der EStV (act. 24 Rz 94).

      Die Abrechnung über die Beklagte hätte nach Ende der Gruppenbesteuerung so das Bundesgericht eine Vereinbarung (Inkassovertrag) vorausgesetzt. Das Fehlen einer solchen Vereinbarung sei der Grund dafür gewesen, dass die Vorsteuerguthaben nicht ausbezahlt worden seien; ein weiterführendes Mandat über den 1. April 2002 hinaus habe es nicht gegeben (act. 24 Rz 95). Die Beklagte behaupte, dass sich die Klägerin im Dezember 2002 vorgestellt habe, dass allfällige Vorsteuerguthaben über die Beklagte hätten abgerechnet werden müssen. Ob es eine Usanz einen courant normal gegeben hatte, wie abzurechnen sei, sei eine Rechtsfrage; dass es einen courant normal nicht gegeben habe, habe auch das Bundesgericht festgehalten (act. 24 Rz 96). Einen Verzicht der Klägerin auf das Vorsteuerguthaben habe es nicht gegeben, andernfalls dies erklärt worden wäre, zumal die Beklagte selber geltend mache, die Zuweisung der Vorsteuerguthaben sei im Laufe des Akquisitionsprozesses ungelöst geblieben (act. 24 Rz 97). Die Vertragsklausel 4.3.2 (a) (i) sei auch schon im Kaufvertrag vom 21. März 2002 als Ziff. 4.3.2 (a) enthalten gewesen, gefehlt habe hingegen die Klausel Ziff. 4.2.2 (i). In Akquisitionsverträgen würden Positionen, die streitig werden könnten, bei der Preisbildung berücksichtigt. Bei kaufpreisrelevanten Wertschwankungen käme es dann zu nachträglichen Kaufpreisanpassungen, worauf hier offenbar verzichtet worden sei. Dafür sei der Kaufpreis um CHF 17.5 Mio. erhöht worden. Angesicht der 2002 ungewissen Vorsteuerguthaben illustriere dies die Abgeltung durch den Kaufpreis. Die Beklagte erkläre nicht, warum ein Verzicht auf eine Kaufpreisanpassung unter gleichzeitiger Kaufpreiserhöhung dazu führe, dass die Vorsteuerguthaben an die Beklagte als Verkäuferin gehe (act. 24 Rz 97). Eine Abgeltung der Vorsteuern durch den Kaufpreis führe zu ihrem Verbleib bei der Klägerin. Im Übrigen betreffe der Vertrag und die Vertragsklauseln das Verhältnis zwischen den Vertragsparteien, d.h. D.

      und die Beklagte (act. 24

      Rz 97). Das klägerische Verhalten habe auch sonst nicht auf Verzicht hingedeutet. Die plötzlich evozierte Passivität der Klägerin in den Jahren 2002-2009 liesse sich mit der im März 2002 gemachten Äusserungen der EStV bzw. der Eidgenössischen Finanzverwaltung erklären, die nicht hatten vermuten lassen, dass die Klägerin noch etwas zurückerhalten würde, schon deshalb, weil auf das der

      B1.

      gewährte Überbrückungsdarlehen von CHF 1.45 Mrd. sowie auf die

      Eingabe dieses Betrags aufgrund des Schuldenrufs hingewiesen worden sei (act. 24 Rz 98).

      Was den Inhalt der sog. Verzichtserklärungen anbelangt, sei das vorherrschende Thema des Prozesses, ob die Beklagte diese so verstanden habe bzw. so verstehen durfte, dass damit ein stillschweigender Mandatsvertrag geschlossen, wonach die Beklagte mit dem Inkasso der Vorsteuer für Rechnung und Gefahr der Klägerin betraut worden sei (act. 24 Rz 100). Beim tatsächlichen Konsens handle es sich um den Normalfall, bei dem jede Partei die andere tatsächlich richtig verstanden habe (act. 24 Rz 101). Die Beklagte halte den Wortlaut der sog. Verzichtserklärung für klar. Die Entlassung habe die Verpflichtungen gegenüber der Klägerin im Zeitpunkt der Abgabe der vorstehenden Erklärung im Dezember 2002 betroffen. Es falle daher schwer zu glauben, dass die Beklagte verstanden haben solle, dass unter Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin auch Forderungen zu zählen seien, die seitens der Klägerin gegenüber einer Drittperson (der EStV) bestanden hätten. Sei der Wortlaut klar, so werde das Vertrauensprinzip nicht angewendet (act. 24 Rz 103). Es sei davon die Rede, die Verkäuferin und ihre Gruppengesellschaften aus allen irgendwie gearteten Verpflichtungen

      gegenüber A.

      zu entlassen und zu befreien. Ferner würden danach alle

      Verträge und Vereinbarungen zwischen den A. -Gesellschaften und dem Verkäufer per Vollzugstag aufgehoben. Die Beklagte wolle trotz des klaren Wortlautes das Vertrauensprinzip zur Anwendung bringen. Der Vertragsinhalt bestimme sich in erster Linie nach Art. 18 Abs. 1 OR und damit nach übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien und nur in zweiter Linie nach dem mutmasslichen Parteiwillen, d.h. danach, was sie nach Wortlaut und Zusammenhang sowie den ganzen Umständen verstehen durften und mussten (act. 24 Rz 106). Es gehe

      nicht um den Verzicht auf irgendwelche Rechte, sondern bestehende Verträge werden im gegenseitigen Einvernahmen aufgehoben (act. 24 Rz 104). Wenn die Beklagte die Verzichtserklärungen einen klaren Wortlaut zugestehe, komme das Vertrauensprinzip nicht zur Anwendung (act. 24 Rz 106 f.). Mit der Gesamtaufrechnungsvereinbarung werde geltend gemacht, dass die Klägerin nicht nur auf Forderungen gegenüber der Beklagten verzichtet habe, sondern auch dass die Vorsteuerguthaben an die Beklagte auszubezahlen seien und die Klägerin auf die Weiterleitung der Vorsteuerguthaben verzichtet habe (act. 24 Rz 108). Zur Auslegung der Verzichtserklärung seien die damaligen tatsächlichen Umstände in Betracht zu ziehen, nämlich (-) dass die EStV das Vorsteuerguthaben nicht an die Beklagte (zur Weiterleitung an die Klägerin) ausbezahlt habe und eine Auszahlung auch nicht zur Diskussion stand, worüber sich die Beklagte auch bewusst gewesen sei, (-) dass die Mehrwertsteuergruppe seit dem 1. April 2002 beendet und die Beklagte von der Gruppe danach nie zur Vertreterin gemacht worden sei, (-) dass die Rechtslage betreffend Auflösungsmodalitäten unklar gewesen sei, (-) dass das Vorsteuerguthaben nie an die Beklagte abgeliefert worden seien und dass (-) keine Zession stattgefunden habe (act. 24 Rz 109). Das Vorsteuerguthaben falle nicht unter Verpflichtungen gegenüber der Klägerin (act. 24 Rz 110), weil die Beklagte keine Vollmacht gehabt habe, diese bei der EStV einzutreiben und die Klägerin auch nicht auf die Weiterleitung verzichtete (act. 24 Rz 110). Es gehe somit lediglich um Forderungen der Klägerin, die im Dezember 2002 gegen- über der Beklagten bestanden hätten und es gebe keinen Rechtsgrund für den Übergang der Vorsteuerguthaben ohne Zession Auflösungsvereinbarung. Die Tatsache, dass die EStV nicht gegenüber der Beklagten abgerechnet und kein Mittelfluss von der EStV an die Beklagte stattgefunden habe, habe nichts mit der Nachlassstundung zu tun, sondern mit den Abrechnungsgewohnheiten der EStV und dem Umstand, dass das Ende der Mehrwertsteuergruppe kurz bevorstand (act. 24 Rz 116). Die Klägerin habe keine Verrechnung geltend gemacht und nur ihre Forderungen in der Nachlassstundung angemeldet (act. 24 Rz 117). Die Beklagte habe das Schreiben der EStV vom 4. März 2002 nicht eingereicht, wo möglicherweise die Folgen des Wegfalls der Gruppenbesteuerung bereits erwähnt worden sein könnten (act. 24 Rz 127). Gegebenenfalls werde die Verjährung der von der Beklagten gegenüber der Klägerin geltend gemachten Forderungen angerufen (act. 24 Rz 133). Bezüglich der Gesamtforderung der Beklagten gegen A. in der Höhe von CHF 10,9 Mio. sei nicht erklärt, wie sich diese zusammensetze und welche Forderungen auf Vorsteuerguthaben der Klägerin entfallen würden (act. 24 Rz 134;). Der Grund für den Rückzug der Kollokationsklage sei gewesen, dass im Januar 2007 klar wurde, dass die EStV die Vorsteuerguthaben nie an die Beklagte ausbezahlt hatte, während darüber 2002 Unklarheit bestanden hatte (act. 24 Rz 146). Die Rechtslage habe sich durch die Urteile nicht verändert, sondern es sei lediglich präzisiert worden, wie die Auflösung der Mehrwertsteuergruppe erfolgen müsse (act. 24 Rz 147).

    4. Duplik

Die Klägerin gehe erst seit dem 14. Januar 2009 davon aus, dass sie nicht zu Gunsten der Beklagten verzichtet habe und wende ausserdem eine unzulässige ex-post Betrachtung an (act. 28 Rz 4 f.). Die Klägerin habe Folgendes nicht nur unzulänglich bestritten: Die Gruppenträgerin sei verantwortlich gewesen u.a. für Mehrwertsteuerabrechnung und deren Bezahlung und die Weiterleitung der Guthaben an die Mitglieder (act. 28 Rz 7). Es habe eine bilaterale Bevollmächtigung in allen administrativen Belangen gegenüber der EStV auf der Basis des

Management Agreements gegeben, welches auch mit der A.

abgeschlossen worden sei (act. 28 Rz 8) mit ausschliesslichen Zahlungen der EStV an die Beklagte über ein Bankkonto, über das auch andere Transaktionen abgewickelt worden seien, habe zur Vermischung geführt (act. 28 Rz 9). Am 11. März 2002 habe die Eidgenössische Finanzverwaltung mitgeteilt, dass die Gruppenmitglieder keine direkten Rückerstattungsansprüche hätten und dass sie befugt sei, mit den vom Bund gewährten Darlehen zu verrechnen (act. 28 Rz 12). Die A. -Gesellschaften hätten gegenüber der Beklagten Vorsteuerguthaben in der Höhe von insgesamt CHF 4'393'193.45 deklariert und dann im Januar 2002 in der Nachlassstundung der Beklagten angemeldet, die G. AG auch noch nachher (act. 28 Rz 16 ff.). Die Beklagte habe Gegenforderungen für diverse Dienstleistungen gegenüber A. Gesellschaften in der Höhe von CHF 10'977'255.00 gehabt (act. 28 Rz 19). Der Treasurer der A. International habe sich am 21. August 2002 erkundigt, wann von der Beklagten mit der Überweisung der Vorsteuerguthaben gerechnet werden könne; die Beklagte habe ihm geantwortet, dass noch nichts bekannt sei (act. 28 Rz 20). Nach dem Verkauf im Dezember 2002 hätten sich die A. -Gesellschaften nicht mehr nach den Vorsteuerguthaben erkundigt (act. 28 Rz 21). Die angemeldeten Vorsteuerguthaben seien im Oktober 2006 mit Hinweis auf die abgegebenen Verzichtserklärungen abgewiesen worden, was die Klägerin akzeptiert habe (act. 28 Rz 23). Im zweiten Kaufvertrag betreffend die A. -Gesellschaften von 30. August 2002 sei gegenseitig auf alle offenen Ansprüche zwischen den B. -Vertragsparteien und deren Konzerngesellschaften einerseits und den A. -Gesellschaften andererseits verzichtet worden (act. 28 Rz 28). Es sei ihnen beim Abschluss des Kaufvertrages vom 30. August 2002 klar gewesen, dass das Thema Vorsteuerguthaben noch nicht gelöst gewesen sei (act. 28 Rz 29). Im Dezember 2002, beim Vollzug des Kaufvertrages zwischen D. -und der Beklagten, hätten sämtliche A. -Gesellschaften gegenüber allen Konzerngesellschaften und damit gleichzeitig auch gegenüber sämtlichen Gruppenmitgliedern der Mehrwertsteuergruppe eine Verzichtserklärung abgegeben (act. 28 Rz 30, Rz 34). Den Beteiligten sei bei Vertragsschluss im August 2002 klar gewesen, dass die Gruppenmitglieder gegenüber der EStV keinen Direktanspruch auf Rückerstattung des Vorsteuerguthabens hatten und dass diese über die Beklagte als Gruppenträgerin mit Weiterleitungspflicht abrechnen würde (act. 28 Rz 31 ff.). Die A. -Gesellschaften hätten damit zugunsten der Beklagten auf die Weiterleitung ihrer Vorsteuerguthaben verzichtet, sobald diese von der EStV an die Beklagte erstattet sein würden; dies im Gegenzug für den Verzicht auf offene Gegenforderungen in der Höhe von rund CHF 11 Mio. Für die Steuerperiode bis und mit 1. Quartal 2002 sei die Beklagte verantwortlich geblieben und habe die Gruppenmitglieder weiterhin gegenüber der EStV vertreten, etwa durch Einreichung der Mehrwertsteuerabrechnung am 19. Juli 2002 auf Grund der ihr von den Gruppenmitgliedern eingereichten Abrechnungen (act. 28 Rz 38 ff.). Kein Gruppenmitglied habe der Beklagten das Mandat gegenüber der EStV entzogen (act. 28 Rz 41). Mit Mail vom 21. August 2002 sei auch ihr Treasurer gleich wie die EStV selber - davon ausgegangen, dass die Vertretung der Beklagten bis Ende des 1. Quartals 2002 bestehen geblieben sei (act. 28 Rz 46 ff. mit Hinweis auf das Schreiben der EStV vom 4. März 2002). Die EStV habe denn auch ein Ersuchen eines Gruppenmitglieds auf direkte Auszahlung am 28. Mai 2002 abschlägig beantwortet (act. 28 Rz 48 ff.). Die EStV habe sich auch nach dem 31. März 2002 stets an die Beklagte gewendet (act. 28 Rz 52). Erst vor Bundesgericht seien die ehemaligen Gruppenmitglieder miteinbezogen worden (act. 28 Rz 52). Im Dezember 2002 sei den Beteiligten klar gewesen, dass der Bund nach wie vor die Beklagte als Ansprechpartnerin betrachtet habe (act. 28 Rz 53). Die Klägerin behaupte, der Rückerstattungsanspruch habe direkt gegenüber der EStV, welche die Auszahlung verweigert habe, bestanden (act. 28 Rz 56 f.). Bis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Januar 2009 habe die EStV die Beklagte als am Vorsteuerguthaben berechtigt betrachtet (act. 28 Rz 58; Schreiben vom

28. Januar 2002, vom 13. Februar 2002, vom 30. Oktober 2002 und vom 31. Oktober 2002: act. 28 Rz 59-61). Den Parteien sei wegen der Haltung der EStV klar gewesen, dass die Vorsteuerguthaben, wenn überhaupt, ausschliesslich über die Beklagte fliessen würden, so dass die Verzichtserklärungen (auch) die Weiterleitung von Guthaben durch die Beklagte umfasse (act. 28 Rz 62). Dass die Klägerin in den Folgejahren nicht von einem Direktanspruch gegenüber der EStV ausgegangen sei, ergebe sich (-) aus der Anmeldung der Vorsteuerguthaben im Nachlassverfahren der Beklagten, (-) aus der Tatsache der unterlassenen direkten Geltendmachung sowie (-) aus der Tatsache, dass sich der Treasurer der A. -Gesellschaften am 21. August 2002 bei der Beklagten - und nicht bei der EStV - nach der Auszahlung der Vorsteuerguthaben erkundigt habe (act. 28 Rz 63). Nach Abweisung der Vorsteuerguthaben aus dem Kollokationsplan der Beklagten seien sie auch nicht bei der EStV geltend gemacht worden. Und die Klägerin habe nach eigenen Angaben erst am 14. Januar 2009 erfahren, dass ihr (angeblich) noch Vorsteuerguthaben aus der Phase der Gruppenbesteuerung zustünden (act. 28 Rz 64). Bei Abgabe ihrer Verzichtserklärung hätten die A. -Gesellschaften nur einen Anspruch gegen die Beklagte auf Weiterleitung der Guthaben gehabt (und nicht gegenüber der EStV auf Direktzahlung) (act. 28 Rz 65). Der direkte Anspruch gegenüber der EStV habe ohnehin nicht bestanden,

da die Mehrwertsteuergruppe B.

nur gemeinsam anspruchsberechtigt sei.

Mit ihrer Erklärung habe die Klägerin nicht nur gegenüber der Beklagten, sondern auch gegenüber allen Gruppenmitgliedern verzichtet (act. 28 Rz 66). Die Klägerin behaupte, dass sie wegen der Verrechnungsankündigung des Bundes (bis 2009) nicht mehr mit einer Rückerstattung habe rechnen können, was ein Eingeständnis sei, dass im Dezember 2002 den A. -Gesellschaften die geplante Verrechnung bekannt gewesen sei (act. 28 Rz 68 f.). Den A. -Gesellschaften sei somit auch bewusst gewesen, dass ihr Anteil am Vorsteuerguthaben ebenfalls zur Verrechnung herangezogen werden sollte (act. 28 Rz 70). Im Dezember 2002 sei das Vorsteuerguthaben der Gruppe nicht infolge Verrechnung untergegangen, so dass eine Weiterleitung möglich geblieben sie. Darauf hätten die A. - Gesellschaften verzichtet. Im Gegenzug habe die Beklagte auf ausgewiesene Forderungen verzichtet (act. 28 Rz 71). Nicht zutreffend sei, dass die Entscheidungsträger der A. -Gesellschaften nicht in den Verkaufsprozess eingebunden gewesen seien (act. 28 Rz 72). Richtig sei, dass die oberste Geschäftsleitung aktiv mitgewirkt habe, wofür Zeugen genannt würden (act. 28 Rz 73 f.). Die Verzichtsvereinbarungen vom Dezember 2002 habe ausserdem auf diese Ziffer ausdrücklich Bezug genommen (act. 28 Rz 75). Die Klägerin habe sich in anderem Zusammenhang, als es ihr genützt habe, denn auch selber auf diese Vertragsziffer berufen (act. 28 Rz 76). Die beiden von der Klägerin genannten Zeugen seien nicht in der obersten Führung der A. -Gesellschaften tätig gewesen (act. 28 Rz 77). Die Behauptung der Klägerin, dass die Vorsteuerguthaben im Zusammenhang mit dem Verkauf nicht zur Sprache gekommen und von einem Verzicht auf die Vorsteuerguthaben sei nicht die Rede gewesen sei, sei unzutreffend und auch die Klägerin sei von einer Auszahlung über die Beklagte ausgegangen (act. 28 Rz 80): Die A. -Gesellschaften hätten die Vorsteuerguthaben bei der Beklagten deklariert, sie hätten sie im Nachlassverfahren angemeldet und hätten sich wenige Tage vor Abschluss des Kaufvertrages über den Verbleib des Vorsteuerguthabens erkundigt. Die A. -Gesellschaften seien in den Verkaufsprozess einbezogen worden und hätten um die Saldoerklärung im Ziff. 4.3.2.(a)(i) gewusst. Mit der Verzichtserklärung vom Dezember 2002 hätten die A. -Gesellschaften gegenüber der Beklagten und den übrigen Gruppengesellschaften auf alle bestehenden und künftigen Ansprüche umfassend verzichtet

(act. 28 Rz 81 ff.). Der Standpunkt der Klägerin, sie hätte im Rahmen ihrer Forderungsanmeldung keine Verrechnung erklärt, sondern es sei lediglich um die Anmeldung der Forderungen gegangen, sei offensichtlich falsch und widerspreche den Eingaben (act. 28 Rz 84-91). Die A. -Gesellschaften seien damals offensichtlich von einem Weiterleitungsanspruch ausgegangen. Mit der Verrechnung hätten sie unter gleichzeitiger Tilgung eigener Verpflichtungen auf die Weiterleitung durch die Beklagte verzichtet, was von der Weiterleitung entbunden habe (act. 28 Rz 93). Wenn die Klägerin die Anmeldungen im Nachlassverfahren der Beklagten als reine Vorsichtsmassnahme darstelle, sei dies eine unzutreffende ex-post-Interpretation der damaligen Situation. Die im Dezember 2002 abgegebenen Verzichtserklärungen seien zutreffend übersetzt worden und würden nicht nur die Verpflichtung zur Abgabe eines Verzichts enthalten, welcher nie abgegeben worden sei, wie die Klägerin behaupte (act. 28 Rz 104). Dass es sich dabei um einen umfassenden Verzicht handle, habe die Klägerin in anderem Zusammenhang auch geäussert (act. 28 Rz 106). Mit der Vereinbarung sei sogar auf noch nicht entstandene bzw. nicht bekannte Ansprüche verzichtet worden, was der Zweck einer Saldovereinbarung sei (act. 28 Rz 107). Eine Auszahlung des Vorsteuerguthabens an die Klägerin könne heute nicht erfolgen, weil die A. -Gesellschaften im Dezember 2002 auf eine Auszahlung verzichtet hätten (act. 28 Rz 113). Die Gegenforderung der Beklagten sei in act. 12 Rz 72-74 und 80-82 genügend substantiiert und belegt, von der Klägerin hingegen nicht genügend substantiiert bestritten worden (act. 28 Rz 115).

  1. Erwägungen

    1. Öffentlich-rechtliche Entscheidungen hinsichtlich der Mehrwertsteuergruppe B. und Rückerstattung der Vorsteuerabzüge

      1. Ausgangspunkt ist das Bundesgerichtsurteil 2C_124/2009 vom 10. März 2010, das infolge Weiterzuges des Bundesverwaltungsgerichtsentscheides vom

        14. Januar 2009 erging. Darin war die Verrechnung der Vorsteuerguthaben der

        Mehrwertsteuergruppe B.

        mit den Darlehensforderungen des Bundes mangels Gegenseitigkeit ausgeschlossen worden (das Darlehen des Bundes war der B2. AG [damals in Nachlassstundung] gewährt worden [E. 6.2 des genannten Entscheides]). Die Rückerstattung der Vorsteuerguthaben der Gruppe an die Beklagte hatte das Bundesverwaltungsgericht abgelehnt, weil es seit der Auflösung der Gruppe keine Gruppenträgerin mehr gebe und hatte angeordnet, dass die EStV unter Einbezug aller am 31. März 2002 bestehenden Gruppenmitglieder in neuen Verfahren darüber zu befinden habe, wem welches Vorsteuerguthaben zustehe (BGer 2C_2009 vom 10. März 2010, E. C.). Das in der Folge angerufene Bundesgericht bestätigte diese Sichtweise grundsätzlich, war dann allerdings bezüglich der Liquidation der aufgehobenen Gruppe anderer Meinung als seine Vorinstanz (E. 2). Eine Mehrwertsteuergruppe (gemäss Art. 22 aMWSTG) werde als eine einzige steuerpflichtige Person behandelt und durch eine der Gesellschaften, die sog. Gruppenträgerin, gegenüber der EStV vertreten. Das Recht zum Vorsteuerabzug komme der gesamten Unternehmensgruppe zu und nicht der Gruppenträgerin, welche lediglich die Verantwortung für die Abrechnung mit der EStV und für die Vertretung der Gruppe trage (E 2.2). Wie die Gruppe aufzulösen sei, sei dem Gesetz und den Praxisanweisungen der EStV nicht zu entnehmen (E. 2.3). Dem (schweizerischen) Gruppenträger komme anders als in Deutschland und in Österreich keine Gläubigerstellung für allfällige Vorsteuerguthaben zu; dieses Recht habe allein die Mehrwertsteuergruppe insgesamt (E. 2.4). Nach der Gruppenauflösung per 1. April 2002 stelle sich die Frage, wem die diesbezüglichen Beträge auszuzahlen seien. Das Bundesverwaltungsgericht habe erwogen, dass mit der Bewilligung der Gruppenbesteuerung auf Antrag der Gesellschaften ein Zusammenschluss erfolgt sei, auf den die Bestimmungen von Art. 530 ff. OR analog anwendbar seien, so dass die Vorsteuerforderung den Gruppenmitgliedern zur gesamten Hand zustünden (E. 3.1). Nach Auflösung der Mehrwertsteuergruppe bestünden (auch steuerrechtlich) wiederum einzelne Gesellschaften. Wie die Auflösung der Gruppe zu geschehen und an wen die Auszahlung zu erfolgen habe, sei durch richterliche Lückenfüllung zu entscheiden. Die analoge Anwendung der Bestimmungen über die Auflösung einer einfachen Gesellschaft erscheine zweckmässig, auch wenn derart zusammengeschlossenen Gesellschaften keinen für einen Gesellschaftsvertrag charakteristischen animus societatis hätten. Immerhin sei der Zusammenschluss aufgrund eines übereinstimmenden Antrages an die Verwaltung zu einem gemeinsamen Zweck, nämlich der

        Ausnahme der Innenumsätze von der Steuer, erfolgt. Das sei schon deshalb geboten, weil den Gruppenmitgliedern gleich wie Teilhabern anderer privatrechtlicher Rechtsgemeinschaften - der Vorsteuerabzug zur gesamten Hand zustehe und sie zudem für die Steuern solidarisch haften würden (E. 3.2). Bei (analoger) Anwendung der Bestimmungen über die einfache Gesellschaft hätten die Gesellschafter die Auflösung unter sich vorzunehmen (Art. 550 Abs. 1 OR), was deshalb analog für die Gruppenauflösung gelte. Die Gruppengesellschaften seien zur gesamten Hand berechtigt und die Vorsteueransprüche stünden ihnen ungeteilt gemeinschaftlich zu, was zur Folge habe, dass sich die EStV als Schuldnerin der Vorsteuern nur durch Leistung an alle Gläubiger zusammen allenfalls an eine gemeinsam bestimmte Vertretung befreien könne, umso mehr, als es nach der Auflösung lediglich noch den auf die Liquidation beschränkten Zweck gebe (E. 3.3). Die EStV habe daher nicht über die den ehemaligen Gruppenmitglieder zustehenden Vorsteuerguthaben zu befinden (E. 3.4).

        Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass sich die einzelnen (ehemaligen) Gruppenmitglieder für ihren Liquidationsanteil nicht an die EStV halten können. Diese musste das Vorsteuerguthaben an die einfache Gesellschaft ausbezahlen, welche im Rahmen der Liquidation um die Zuweisung an die einzelnen Gesellschafter besorgt sein musste bzw. muss. Der wiederholte Hinweis der Klägerin, Gläubigerin ihres Vorsteuerguthabens sei die EStV (recte: der Bund) (act. 24 Rz 24: Vorsteuerguthaben bestand gegenüber der EStV; act. 24 Rz 87: Vorsteuerrückerstattungsforderungen bestanden gegenüber der EStV; vgl. auch act. 24 Rz 94 und act. 24 Rz 102) steht klar im Widerspruch zur vom Bundesgericht vertretenen Sichtweise.

        3.1.2 Die vom Bundesgericht geäusserte Rechtsauffassung, wie eine Mehrwertsteuergruppe aufzulösen ist, betrifft die Rechtsfrage an sich und sie gilt nicht erst seit Erlass des Entscheides aus dem Jahr 2010. Das erwähnt auch die Klägerin; es sei lediglich präzisiert worden, wie genau die Auflösung zu erfolgen habe (act. 24 Rz 147). Einzuräumen ist, dass es bis zu diesem Zeitpunkt durchaus Unsicherheiten über die Abwicklung einer Gruppenliquidation gegeben hat, was der Bundesgerichtsentscheid auch erwähnt (so auch die Klägerin in act. 24 Rz 147).

        Unzutreffend ist, wenn die Klägerin behauptet, aus dem Schreiben der EStV vom

        4. März 2002 ergebe sich, dass die Beklagte nicht mehr Gruppenführerin gewesen sei (act. 24 Rz 17). Letzteres behauptet die Beklagte in act. 12 Rz 62 nicht und aus dem zitierten Schreiben (act. 29 Rz 62) ergibt sich das auch nicht eindeutig. Dort wird nämlich neben der Auflösung der Mehrwertsteuergruppe mit Wirkung ab 31. März 2002 festgehalten, dass bis zu diesem Zeitpunkt [ ] die Abrechnungen sämtlicher Umsätze sowie die Geltendmachung allfälliger Vorsteuerguthaben der Gruppenmitglieder weiterhin über den Gruppenträger erfolgen [müssen], was nichts darüber sagt, ob die Gruppenträgerin auch danach allerdings nur bezogen auf die zurückliegenden Perioden vor 31. März 2002 - Ansprechpartnerin bleiben werde. Soweit diese Unsicherheit eine Rolle spielt, ist sie durchaus beachtlich.

    2. Privatrechtliche Regeln betreffend die Liquidation einfacher Gesellschaften

      Die einfache Gesellschaft hat nach der Auflösung lediglich noch einen auf die Liquidation beschränkten Zweck (ZK OR-Handschin/Vonzun [4. Auflage 2009],

      N. 22 zu Art. 548-551), worauf auch das Bundesgericht im Zusammenhang mit

      der Mehrwertsteuergruppe hingewiesen hat. Die (innere bzw. interne) Liquidation umfasst die Verteilung des noch vorhandenen Gesellschaftsvermögens (ZK ORHandschin/Vonzun [4. Auflage 2009], N. 14 zu Art. 548-551). Die Gesellschaft bleibt bis zur vollständigen inneren und äusseren Liquidation bestehen, d.h. bis zum Abschluss der Abwicklung des Gesamthandvermögens (ZK OR-Handschin/Vonzun [4. Auflage 2009], N. 14 zu Art. 548-551). Gesamthandschaften sind prozessual notwendige Streitgenossenschaften. Auch bei Auseinandersetzungen innerhalb der Gemeinschaft, wozu die Liquidation zweifellos gehört, ist darauf zu achten, dass sämtliche Gesamthänder am Prozess auf der einen auf der anderen Seite teilnehmen (vgl. z.B. Max Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Auflage 1979, S. 296 f. sowie Anm. 3). Aktivlegitimiert sind diejenigen Gesellschafter, die Ansprüche stellen, passivlegitimiert diejenigen, die sich der Liquidation der vom Kläger gewünschten Teilungsart widersetzen. Gesamthänder, die sich vorab dem Prozessergebnis unterwerfen, brauchen am Verfahren nicht teilzunehmen (KuKo ZPO-Domej [2. Auflage 2014], N. 11 zu

      Art. 70; ZK OR-Handschin/Vonzun [4. Auflage 2009], N. 50 zu Art. 548-551). Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Liquidation der einfachen Gesellschaft bezüglich der übrigen ehemaligen Gruppenmitglieder im Rahmen der entsprechenden Vereinbarung vom April 2013 (act. 3/8) stattgefunden hat und dass die Liquidation nur noch zwischen der Klägerin und der Beklagten durchgeführt werden muss; es geht mithin um die Liquidation der einfachen (Rest)-Gesellschaft (Ziff. 2.6 [S. 15]: Die A. Switzerland konnte sich mit der B1. über die Zuweisung der Vorsteuerguthaben der Gesellschaften der A. -Gruppe vorliegend nicht einigen. Um jedoch das Zustandekommen der Vereinbarung insgesamt nicht zu blockieren, sind die Parteien übereingekommen, die Vorsteuerguthaben der A. Switzerland von CHF 4'393'193.45 auf ein Gemeinschaftskon-

      to überweisen zu lassen. A.

      Switzerland wird sich mit der B1.

      ohne

      Auswirkung auf die übrigen Parteien gesondert auseinandersetzen. Die diesbezüglichen Einzelheiten werden in einer separaten Auflösungsvereinbarung zwischen A. Switzerland und B1. geregelt). Die Legitimation der beiden verbleibenden Gesellschafter zur Durchführung der abschliessenden Liquidation der einfachen Gesellschaft ist daher gegeben.

    3. Restated and amended share and loan purchase agreement (Akquisitionsvertrag) vom 30. August 2002

      Von Bedeutung ist Ziffer 4.3.2 (a) (i) des restated and amended share and loan purchase agreement vom 30. August 2002 (act. 14/50), als Akquisitionsvertrag

      bzw. Kaufvertrag bezeichnet. Der Vertrag ist zwischen B3. , B1.

      und

      B2.

      AG (Sellers) und B1.

      Finance (USA) Inc. sowie B1.

      Finance (NL) B.V. (Finance Companies) einerseits sowie der D. GmbH (Buyer) geschlossen worden. Die A._ -Gesellschaften waren nicht Vertragspartei; sie genauer gesagt ihre Aktien waren der Verkaufsgegenstand (so auch die Klägerin in act. 24 Rz 110).

      1. Die Klägerin weist darauf hin, dass der Kaufvertrag vom 30. August 2002 sie nicht binden könne, weil sie nicht Vertragspartei sei. Wird von einem Vertrag zu Lasten Dritter ausgegangen (Art. 111 OR), so ist das richtig. Wird die Leistung eines Dritten in eigenem Namen und auf eigene Rechnung versprochen, erzeugt

        dies nur Rechtswirkungen zwischen den Vertragsparteien, hier zwischen der Käuferin und den Verkäuferinnen. Ob der Dritte der einen anderen der Vertragsparteien aus einem anderen Rechtsverhältnis etwas schuldet, ist hier nicht von Bedeutung; so so wird er aus dem zwischen anderen Parteien geschlossenen Vertrag nicht verpflichtet (vgl. BSK OR I-Pestalozzi [6. Auflage 2015], N. 2 zu Art. 111). Zweifellos kann aber der Dritte dem, was der sog. Promittent versprochen hat, entsprechen. Versprochen wurde im Akquisitionsvertrag konkret, dass die A. -Gesellschaften gegenüber der Beklagten eine (noch näher zu analysierende) Verzichtserklärung abgeben würden, was sie im Dezember 2002 dann auch getan haben (act. 14/51-57 und act. 3/15). Wenn die Klägerin erwähnt, dass es zwischen dem Akquisitionsvertrag und seinen Parteien und den sog. Verzichtserklärungen zu unterscheiden gelte, trifft dies zweifellos zu.

      2. Die Verkäuferinnen (B1. , B3. und B2. AG haben sich ihrerseits gegenüber der Käuferin D. verpflichtet, eine Erklärung gemäss Ziff.

        4.3.2 (a) (i) des Akquisitionsvertrages abzugeben, was ebenfalls geschehen ist (act. 14/58). Diesbezüglich ist an einen Vertrag zu Gunsten Dritter zu denken (Art. 112 OR), weil die Verkäuferinnen der Käuferin versprochen hat, die nicht am Vertrag beteiligte A.

        aus jedwelchen Verpflichtungen gegenüber den Verkäufe-

        rinnen (und ihren Gruppengesellschaften) zu entlassen.

        Ziffer 4.3.2 (a) (i) des Akquisitionsvertrages (act. 14/50) lautet im Original wie folgt:

        4.3.2 Actions by the Sellers and the Finance Companies

        At the Closing (but on the basis that no party shall have any obligation or liability with respect to obligations to be performed by any other party),

        (a) (i)

        B3.

        shall deliver to Buyer a declaration, in a form reasonably acceptable to

        Buyer, executed by each of the Sellers and their Affiliates (other than the Finance

        Companies and members of the A.

        Group) irrevocably and unconditionally

        releasing and acquitting, as of the Closing Date, the A. Group from any and all obligations (other than the lntercompany Loans) to the Sellers and the Sellers' Affiliates (but excluding the Finance Companie's and the A. Group), save as

        set forth in Annex 4.3.2(a)(i), and procure that the relevant A.

        Companies

        deliver to B3.

        a declaration, in a form reasonably acceptable to B3.

        and the Buyer, irrevocably and unconditional!y releasing and acquitting, as of the Closing Date the Sellers and the Sellers' Affiliates (but excludilig the Finance

        Companies and the A.

        Group) from any and all obligations to the A.

        Companies, save as set forth in Annex 4.3.2 (a) (i).

        Dazu führt die Beklagte (in act. 12 Rz 100) aus: Der Kaufvertrag vom 30. August 2002 enthält eine Saldovereinbarung zwischen der Beklagten und ihren Konzerngesellschaften mit der A. -Gruppe. D'.

        (die Käuferin, auch D.

        genannt) verpflichtete sich darin, dass die A. -Gesellschaften im Zeitpunkt des Vollzugs der Transaktion eine Erklärung abgeben werde, wonach sie unwiderruflich auf allfällige, noch bestehende Ansprüche gegenüber der Beklagten sowie deren Konzerngesellschaften («the Sellers and the Sellers' Affiliates») verzichteten. Die Beklagte verpflichtete sich ihrerseits, einen gleichlautenden Verzicht gegenüber den Gesellschaften der A. -Gruppe zu erklären. Diese Vereinbarung wurde im Wissen darum getroffen, dass gegenseitige Forderungen (darunter z.B. Vorsteuerguthaben der A. -Gruppe, Forderungen der B1. aus geleisteten Lohnzahlungen und Forderungen aus Management Agreement, siehe Rz 84) bestanden. Die Parteien wollten und mussten mit dem Vollzug des Verkaufs der A. -Gruppe einen endgültigen Schlussstrich unter die Beziehungen zwischen der A. -Gruppe und der B. -Gruppe ziehen.

        Weiter erwähnt die Beklagte den Vollzug des Kaufvertrages vom 30. August 2002 per 19. Dezember 2002, anlässlich desselben der Beklagten alle Verzichtserklärungen von allen A. -Gesellschaften gemäss Ziffer 4.3.2. (a) (i) des Kaufvertrages vom 30. August 2002 übergeben worden seien. Diese Erklärungen der

        A.

        Gesellschaften hatten folgenden Wortlaut (act. 12 Rz 101; act. 14/5157): Save as set forth in Annex 4.3.2.(a)(i) of the Agreement, all agreements and contracts between us and the Sellers and the Sellers' Affiliates (...) shall be terminated as of the Closing Date and we hereby irrevocably and unconditionally release and acquit, as of the Closing Date, the Sellers and the Sellers' Affiliates (...) from any and all Obligations to [name of A. company].

        Diesen Erklärungstext übersetzt die Beklagte frei wie folgt (act. 12 Rz 101): Mit Ausnahme des in Anhang 4.3.2 (a) (i) Vorgesehenen werden alle Vereinbarungen

        und Verträge zwischen uns und den Verkäufern und deren Konzerngesellschaften per Vollzugstag der Transaktion beendet und wir verpflichten uns, unwiderruflich und bedingungslos, die Verkäufer und ihre Konzerngesellschaften von jeder Verpflichtung gegenüber den A.

        Gesellschaften zu befreien und zu entbinden.

        Die Klägerin kritisiert die Übersetzung der Beklagten als unvollständig und mit sinnenstellenden Übersetzungsfehlern und hält ihrerseits eine Übersetzung mit folgendem Wortlaut für zutreffend (act. 24 Rz 78, wo sie gegebenenfalls eine fachkundige Übersetzung beantragt): Mit Ausnahme der in Annex 4.3.2 (a)(i) zum Vertrag getroffenen Regelung gelten alle Verträge und Vereinbarungen zwischen uns und den Verkäufern und den Gruppengesellschaften der Verkäufer (ausser den Finanzgesellschaften und der A. -Gruppe) als zum Vollzugstag aufgehoben und wir erklären hiermit unwiderruflich und bedingungslos, die Verkäufer und deren Gruppengesellschaften (ausser den Finanzgesellschaften und der A. -Gruppe) mit Wirkung ab Vollzugstag aus allen ihren irgendwie gearteten Verpflichtungen gegenüber der A. freien.

        Schweiz zu entlassen und zu beEine direkte Gegenüberstellung der beiden Übersetzungen zeigt folgendes Bild (linke Spalte: Übersetzung der Beklagten; rechte Spalte: Übersetzung der Klägerin):

        Mit Ausnahme des in Anhang 4.3.2 (a)

        (i) Vorgesehenen

        werden alle Vereinbarungen und Verträge zwischen uns und den Verkäufern und deren Konzerngesellschaften

        per Vollzugstag der Transaktion beendet und wir verpflichten uns, unwiderruflich und bedingungslos, die Verkäufer und ihre Konzerngesellschaften

        Mit Ausnahme der in Annex 4.3.2 (a)(i) zum Vertrag getroffenen Regelung

        gelten alle Verträge und Vereinbarungen zwischen uns und den Verkäufern und den Gruppengesellschaften der Verkäufer (ausser den Finanzgesellschaften und der A. -Gruppe)

        als zum Vollzugstag aufgehoben und wir erklären hiermit unwiderruflich und bedingungslos, die Verkäufer und deren Gruppengesellschaften (ausser den Finanzgesellschaften und der

        A. -Gruppe) mit Wirkung ab Vollzugstag

        von jeder Verpflichtung gegenüber den

        aus allen ihren irgendwie gearteten Verpflichtungen gegenüber der A.

        A. Gesellschaften zu befreien

        Schweiz zu entlassen und zu befreien.

        und zu entbinden.

        Unabhängig von der Detailtreue und von hier nicht entscheidenden Auslassungen in der Übersetzung der Beklagten ergibt sich insgesamt, was gemeint ist bzw. war, nämlich dass alle Verträge und Vereinbarungen zwischen den A. -Gesellschaften und den Verkäuferinnen (samt ihren Gruppengesellschaften) beendet/aufgehoben seien und von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - die A. -Gesellschaften gegenüber den Verkäufern samt deren Gruppengesellschaften unwiderruflich und bedingungslos erklärten, diese allesamt aus ihren Verpflichtungen gegenüber den A. -Gesellschaften zu entlassen und zu befreien. Sinnentstellende Übersetzungsfehler, wie sie die Klägerin moniert (act. 24 Rz 78), sind nicht auszumachen. Die von ihr beantragte Expertenübersetzung (act. 28 Rz 79) ist überflüssig.

      3. Auch die Verkäuferinnen (B1. , B3.

        und B2. AG) haben

        am 5. Dezember 2002 gegenüber der Käuferin D.

        eine Erklärung abgegeben (act. 14/58). Der massgebliche Teil heisst (im Original): To the exclusion of the lntercompany Loans and the agreements set forth in Annex 4.3.2(a)(i) of the Agreement, all agreements and contracts between the Sellers and their Affiliates (other than the Finance Companies and the members of the A. Group) and the A. Group shall be terminated as of the Closing Date and the Sellers and their Affiliates (other than the Finance companies and the members of the

        A.

        Group) hereby irrevocably and unconditionally release and acquit, as of

        the Closing Date, the A.

        Group from any and all obligations (other than the

        lntercompany Loans) to the Sellers and their Affiliates, save as set forth in Annex

        4.3.2 (a) (i) of the Agreement. Auf das Wesentliche gekürzt heisst das spiegelbildlich -, dass alle Verträge und Vereinbarungen zwischen den Verkäufern samt

        ihren Gruppengesellschaften einerseits und der A.

        Gruppe andererseits als

        zum Vollzugstag aufgehoben gelten und die Verkäufer und ihre Gruppengesellschaften die A. -Gruppe unwiderruflich und unbedingt aus sämtlichen Verpflichtungen (ausser betreffend Intercompany Loans und betreffend Annex 4.3.2[a] [i]) entlassen.

    4. Die Verzichtserklärungen

      1. Was die Rechtsnatur der Erklärungen sowohl der A.

        als auch der

        B1.

        etc. anbelangt, dürfte der Ausdruck Verzicht, soweit es sich um Forderungen handelt, nicht genau zutreffen, da für einen Forderungserlass gemäss Art. 115 OR eine Übereinkunft erforderlich ist (vgl. Andreas von Tuhr/Arnold Escher, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, Band II, 3. Auflage, Zürich 1974, S. 174). Die gleichen Autoren weisen (a.a.O., S. 175) allerdings darauf hin, dass die Zustimmung auch stillschweigend erteilt werden könne. Geht die Erklärung des Gläubigers beim Schuldner ein, gelangt sie zu seiner Kenntnis und erhebt derjenige, der vom Erlass profitiert, binnen angemessener Frist keinen Widerspruch, so ist gemäss Art. 6 OR von einer Zustimmung zum Erlass auszugehen. Auf diese Frage muss daher nicht weiter eingegangen werden und mit dieser Präzisierung wird der Ausdruck Verzichtserklärung im Folgenden weiter verwendet.

        Die Klägerin kritisiert die Folgerungen, die die Beklagten aus der behaupteten Gesamtaufrechnungsvereinbarung ziehe. Diese verstehe darunter offenbar eine die gesamte Beziehung unter den Parteien umfassende Vereinbarung über die Verrechenbarkeit von Forderungen [...], die auch eine Verrechenbarkeit von Forderungen beispielsweise trotz Fehlens von Reziprozität ohne Fälligkeit umfasst (act. 24 Rz 27). Anzumerken ist, dass bei Erlassen der vorliegenden Art Forderungen und Gegenforderungen nicht gegeneinander verrechnet werden, was häufig schon an der fehlenden Fälligkeit (Art. 120 Abs. 1 OR) scheitern würde, sondern dass sich die Tatsache, dass der einen Partei mehr verbleibt als der anderen, bei der Kaufpreisbildung niederschlägt. Wenn die Klägerin davon ausgeht, die Auszahlung des Vorsteuerguthabens (zur Weiterleitung an die Klägerin) wäre eine Grundvoraussetzung für das Konstrukt, wie es die Beklagte angewendet wissen wolle (act. 24 Rz 85), widerspricht dem die Beklagte zu Recht (act. 28 Rz 107). Von einem Erlass von Ansprüchen werden nicht nur gegenwärtige und fällige Ansprüche erfasst (vgl. E. 3.7.1.).

      2. Zu erwähnen ist weiter das Konstruktive der abgegebenen Verzichtserklärungen. Vertragsparteien des Akquisitionsvertrages sind von den Finanzgesellschaften abgesehen - die B3. , die B1. und die B2. AG als Verkäuferinnen und D. GmbH als Käuferin (act. 14/50). Die Klägerin macht geltend, dass Vereinbarungen, welche im Akquisitionsvertrag vom 30. August 2002

        getroffen worden seien, A.

        nicht binden würden, da sie nicht Partei dieses

        Vertrages sei (act. 1 Rz 38) und verweist auf BK-Weber, N. 156 zu Art. 111 OR. In der zitierten Kommentarstelle verweist der genannte Autor darauf, dass ein zwischen dem Promittenten und dem Promissar abgeschlossener Garantievertrag keine rechtlichen Verpflichtungen zu Lasten eines Dritten begründen können; dieser sei insbesondere nicht zur Erfüllung der versprochenen Leistung verpflichtet. Diese sich aus dem gesunden Menschenverstand (a.a.O., N. 156) ergebende Konsequenz leuchtet ein und entspricht auch der herrschenden Ansicht (z.B. OR BSK OR I-Pestalozzi [6. Auflage 2015] N. 2 zu Art. 111; KuKo OR-Lardi/Vanotti,

        N. 3 zu Art. 111). Art. 111 OR verpflichtet nicht den Dritten, sondern gewährt dem Promissar lediglich einen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Promittenten für den Fall, dass der Dritte die (vom Promittenten versprochene) Leistung nicht erbringt (OR BSK OR I-Pestalozzi [6. Auflage 2015] N. 1 zu Art. 111). Tut der Dritte hingegen aus welchen Gründen auch immer - das, was der Promittent versprochen hat, so ist Art. 111 OR nicht einschlägig. Sämtliche A. — Gruppenmitglieder (act. 12 Rz 11) haben mit der Ausstellung der Erklärungen gemäss Ziff. 4.3.2. (a) (i) das getan, was im Akquisitionsvertrag versprochen wurde. Sie haben sich nicht durch den Akquisitionsvertrag, sondern durch ihre Erklärungen vom Dezember 2002 verpflichtet.

      3. Was die Erklärung der B3. , die B1. und die B2. AG als Verkäuferschaft gemäss Ziff. 4.3.2. (a) (i) anbelangt, ist zu bemerken, dass sie diese an die Käuferin D. als Vertragspartnerin zu richten hatte und auch an diese gerichtet wurde (act. 14/58), so dass es sich gemäss Art. 112 OR um einen Vertrag zu Gunsten Dritter handelt. Dabei gibt es die Unterscheidung zwischen sog. echten und unechten Verträgen zu Gunsten Dritter. Diese besteht darin, dass beim echten Vertrag zu Gunsten Dritter ein originäres und selbständiges Forderungsrecht entsteht (BSK OR I-Zellweger-Gutknecht [6. Auflage 2015], N.

        15 zu Art. 111). Dazu haben sich die Parteien nicht explizit geäussert, wobei allerdings die Beklagte darauf hinweist, dass ein fester Kaufpreis vereinbart und damit bezweckt worden sei, darüber hinausgehende Anpassungsmechanismen zu vermeiden (act. 12 Rz 95). Dieser Zweck lässt sich nur dann erreichen, wenn sich auch die A. -Gesellschaften auf den Verzicht der Verkäuferschaft berufen können.

      4. Die Klägerin bestreitet, dass die A. -Gesellschaften im Dezember 2002 umfassende Verzichtserklärungen abgegeben hätten, wie die Beklagte dies geltend mache (act. 24 Rz 78 ff., Rz 118). Die Erklärungen enthielten keinen Verzicht auf irgendwelche Rechte. Wäre das beabsichtigt gewesen, hätte der Text dies zum Ausdruck bringen und nicht von einer einvernehmlichen Aufhebung bestehender Verträge reden müssen. Die Wendung we hereby irrevocably release and acquit beinhalte ebenfalls keinen Verzicht auf Rechte, sondern heisse, dass die Verkäufer aus jedweden Verpflichtung entlassen und befreit würden (act. 24 Rz 80).

        Richtig ist, dass in den Erklärungen von der Aufhebung von Verträgen sowie von der Befreiung von Pflichten die Rede ist. Wenn die A. -Gesellschaften der

        B1.

        etc. Pflichten erlassen haben, dann hat dies auch eine Kehrseite: Was

        die B1. etc. nicht mehr leisten muss, kann die A. ihr gegenüber auch nicht mehr erfolgreich durchsetzen, was faktisch zu einem Verzicht auf das entsprechende Recht führt.

    5. Rückerstattung noch ausstehender Vorsteuerguthaben aus der Zeit vor der Auflösung der Mehrwertsteuergruppe

      1. Nach Ansicht der Klägerin (act. 12 Rz 120) kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass die Klägerin im Dezember 2002 - und damit nach Beendigung der Mehrwertsteuergruppe - davon ausgegangen sei, dass allfällige ausstehende Vorsteuerguthaben über die Beklagte abgerechnet werden müssten. Zwischen den einzelnen Mitgliedern der Mehrwertsteuergruppe und der Beklagten habe es

        • so die Klägerin im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Verzichtserklärung keine Vereinbarung des Inhalts gegeben, dass die Vorsteuerguthaben trotz Beendigung

          der Mehrwertsteuergruppe weiterhin über die Beklagte abgerechnet würden. Ebenso wenig habe es eine allgemein bekannte Usanz für den Fall der Abrechnung der Vorsteuerguthaben nach Auflösung der Mehrwertsteuergruppe gegeben, was das Bundesgericht in seinem Urteil 2C_124/2009 vom 10. März 2010,

          E. 2.3, festgehalten habe (act. 24 Rz 96).

      2. Unstrittig ist, dass die Vorsteuerguthaben sämtlicher Konzerngesellschaften während der Dauer der Mehrwertsteuergruppe über die Beklagte abgerechnet und von dieser allenfalls nach Verrechnung mit eigenen Ansprüchen an die berechtigten Gruppenmitglieder weitergeleitet wurden (act. 12 Rz 16). Die Beklagte bringt vor, dass sie für die Zeit nach dem 31. März 2002 habe damit rechnen können und müssen, dass die (ausstehenden) Vorsteuerguthaben aus der Zeit der bestehenden Mehrwertsteuergruppe noch über sie abgerechnet würden. Bei den Verkäufen der Gesellschaften aus der B. -Gruppe seien die Forde-

rungsverhältnisse betreffend die Mehrwertsteuergruppe-B.

regelmässig ein

Thema gewesen. In den jeweiligen Kaufverträgen respektive im Zusammenhang mit der Abwicklung der Transaktionen seien die Vorsteuerguthaben respektive die Mehrwertsteuerschulden bereinigt worden. Dabei seien die Parteien der jeweiligen Verträge vor dem Entscheid des Bundesgerichts von 2010 davon ausgegangen, dass es sich um Forderungsverhältnisse zwischen der jeweiligen B. gesellschaft und der B1. handle (act. 12 Rz 65). Dies hinwiederum bestreitet die Klägerin: Das Vorsteuerguthaben sei keineswegs durch Verrechnung Zahlung abgegolten worden, so dass die Beklagte dieses unter keinem Titel beanspruchen könne (act. 24 Rz 120). Die Beklagte ihrerseits erwähnt als bestehende interne Vereinbarung das Management und Service Agreement vom September 1997 (act. 14/8): Zu den von der B1. an die Klägerin zu erbringenden Dienstleistungen habe auch der Bereich Mehrwertsteuer gehört, wofür die Beklagte als Entgelt eine Management bzw. Service Fee in der Höhe von 0.3% des jährlichen Gruppenumsatzes, welche vierteljährlich in Rechnung gestellt worden sei (act. 12 Rz 35; vgl. act. 14/9 und /10), verrechnet habe. Das erwähnte Agreement von 1997 liegt bei den Akten und es enthält den Abschnitt 5. Tax Service, der allerdings sehr allgemein gehalten ist (act. 14/8 S. 4). Unabhängig davon ist zu erwähnen, dass dieses Management und Administrative Service Agreement

als Vertrag bzw. als Vereinbarung zwischen den A.

und B1.

infolge

der Erklärungen vom Dezember 2002 aufgehoben worden sein muss.

    1. Verrechnung der Vorsteuerguthaben mit Darlehensforderungen des Bundes

      1. Nach den Darlegungen der Beklagten (act. 12 Rz 64) hat die EStV (recte: Eidgenössische Finanzverwaltung EFV) im Schreiben vom 11. März 2002 (act. 14/23) angekündigt, dass der Bund zur Verrechnung von Vorsteuerguthaben

        gegenüber der B1.

        oder einzelnen Konzerngesellschaften zu Darlehensrückforderungen des Bundes von insgesamt CHF 1.45 Mrd. berechtigt sei. Angesichts dieser Ausgangslage so die Klägerin (act. 24 Rz 128) habe sie nicht annehmen können, dass sie künftig von den Vorsteuern noch etwas erhalten werde. Das sei der Grund, warum sie zunächst eine passive Haltung eingenommen habe, was ihren Anspruch allerdings nicht erlöschen lasse (act. 12 Rz 98).

      2. Richtig daran ist, dass im Laufe des Jahres 2002 davon ausgegangen werden musste, dass der Bund seine Ankündigung wahr machen würde. Die Verrechnung wurde dann auch förmlich erklärt, was schliesslich in den Jahren 2009/10 zu den bereits mehrfach erwähnten gerichtlichen Entscheidungen geführt hat, mit denen die Zulässigkeit der Verrechnung verneint wurde. Diskutabel ist allerdings, dass wäre die Verrechnung von Vorsteuerguthaben und Bundesdarlehen zulässig gewesen - die Klägerin notwendigerweise nichts erhalten hätte. Gemäss Art. 401 Abs. 1 OR hat der Beauftragte das, was ihm im Zusammenhang mit dem Auftrag zugekommen ist, zu erstatten. Hätte rechtsgültig verrechnet werden können, so wären die Vorsteuerguthaben zwar nicht an die B1. geflossen, jedoch wäre diese im Gegenzug und im entsprechenden Umfang von Schulden befreit worden. Ohne dass dazu auf publizierte Meinungen abgestellt werden kann, sollte diese Konstellation nicht von der Weitergabe des Vorteils entbinden, auch wenn keine Zahlung erfolgte. Wäre dies nicht so, so hätte es der Beauftragte bei Gegenforderungen gegen den Dritten, der ihm Gelder (zur Weiterleitung an den Auftraggeber) abliefern müsste, in der Hand (und auch umgekehrt), mit der Abgabe von Verrechnungserklärungen dafür zu sorgen, dass nichts übergeht, das (in anderer Form) weitergegeben werden müsste. Zumindest unter dem Ge-

sichtswinkel des Rechtsmissbrauches (Art. 2 Abs. 2 ZGB) dürfte dies kaum haltbar sein.

    1. Vertragsverhandlungen und Abschluss des Akquisitionsvertrages vom

      30. August 2002

      1. Die Beklagte behauptet, dass die Mehrwertsteuer in den Verkaufsverhandlungen betreffend den Akquisitionsvertrag ein wiederkehrendes Thema gewesen sei (act. 12 Rz 65, 85). Die Parteien der jeweiligen Verkaufsverträge seien bis zum Entscheid des Bundesgerichts - davon ausgegangen, dass es sich um Forderungsverhältnisse zwischen den jeweiligen B. -Gesellschaften und der B1. handle (act. 12 Rz 65).

        Die Klägerin wendet dagegen ein, sie sei in die Verkaufsverhandlungen nicht einbezogen worden; sie wisse nicht, was das Bestreben der Vertragsparteien des Akquisitionsvertrages gewesen seien (act. 24 Rz 150). Das Thema Mehrwertsteuer sei - und das sei für den vorliegenden Prozess entscheidend - nicht in die der A. -Gesellschaften vorgelegten sog. Verzichtserklärungen eingeflossen, welche diese im Dezember 2002 unterzeichnet hätten. Das sei umso erstaunlicher, als der Beklagten die Problematik der Mehrwertsteuer, wie sich aus act. 14/44 ergebe, sehr wohl bewusst gewesen sei, was eine solche Unterlassung unverständlich mache (act. 24 Rz 135). Soweit die Beklagte geltend mache, dass im August 2002 bekannt gewesen sei, dass das Thema Mehrwertsteuergruppe/Vorsteuerguthaben nicht habe gelöst werden können (gemeint ist im Verhältnis zur EStV) , treffe dies hinsichtlich der Klägerin nicht zu (act. 24 Rz 92 f.). Die Beklagte vermische die Beziehungen zwischen den Parteien des Akquisitionsvertrages und die Beziehung zwischen der Klägerin und der Beklagten. Dass die gegenseitigen Verhältnisse bereinigt worden seien, treffe für die Beziehung der Klägerin zur Beklagten nicht zu (act. 24 Rz 150). Die Unterstellung, dass Kadermitar-

        beiter von A.

        an den Vertragsverhandlungen mitgewirkt hätten, sei falsch;

        die leitenden Angestellten seien nur für die Sammlung von Akten, insbesondere Buchhaltungsmaterial, Prüfung von Buchhaltungsunterlagen im Rahmen der Due Diligence für die Kaufpreisgestaltung beigezogen worden, wofür die Klägerin zwei Zeugen nennt (act. 24 Rz 93). Den geschäftsführenden Organen der

        A. -Gesellschaften sei auch die Saldo-Klausel im Akquisitionsvertrag vom

        30. August 2002, Ziff. 4.3.2 (a) (i) nicht bekannt gewesen (act. 24 Rz 94). Auch bei einer von der Klägerin bestrittenen Gültigkeit des Forderungsverzichtes würde dieser die Vorsteuerrückerstattung nicht erfassen, weil sie gegenüber der EStV bestanden hätte (act. 24 Rz 94). Die Klägerin weist darauf in, dass im ersten Kaufvertrag die Abrechnung der gruppeninternen Mehrwertsteuern als aufschiebende Bedingung formuliert worden war, was dann im überarbeiteten (zweiten) Kaufvertrag vom 30. August 2002 nicht mehr der Fall gewesen sei (act. 24 Rz 137). Es sei nicht ersichtlich, wie der Umstand, dass die Vorsteuerguthaben im August 2002 nicht bereinigt werden konnten und eine Bereinigung auch nicht in Aussicht stand, zu einem Verzicht der Klägerin zu Gunsten der Beklagten geführt haben solle (act. 24 Rz 140), zumal die Klägerin nicht Vertragspartei gewesen sei und die Hintergründe für die Vertragsgestaltung nicht gekannt habe (act. 24 Rz

        141). Von Forderungen, die der A.

        allenfalls gegenüber Dritten (z.B. der

        EStV) zugestanden hätten, sei offensichtlich nie die Rede gewesen (act. 24 Rz 141). Wenn die Beklagte im Prozess zugestehe, dass der Wortlaut der Verzichte klar sei, falle es schwer nachzuvollziehen, dass die Beklagte verstanden haben soll, dass unter Verpflichtungen der Beklagten gegenüber der Klägerin auch Forderungen zu zählen seien, die seitens der Klägerin bzw. der ehemaligen Gruppenmitglieder gegenüber einer Drittperson (der EStV) bestanden hätten (act. 24 Rz 102). Der Beklagten (und den übrigen Beteiligten) sei die Unsicherheit klar gewesen, so dass sich ein Einbezug der Vorsteuerguthaben aufgedrängt hätte (act. 24 Rz 141, 143).

      2. Dem widerspricht die Beklagte: Nach Auflösung der Gruppe per 31. März 2002 habe die Beklagte ihre Aufgaben als Gruppenträgerin gegenüber der EStV weiterhin wahrgenommen, soweit es sich um Steuern aus der Zeit der noch bestehenden Gruppe gehandelt habe, z.B. die konsoliderte Mehrwertsteuerabrechnung für das 1. Quartal vom 19. Juli 2002 (act. 28 Rz 40; act. 14 Rz 74). Mit der

Behauptung, beim Ende der Mehrwertsteuergruppe-B.

habe sie keine

Kenntnis davon gehabt, ob und in welchem Umfang sie noch Vorsteuerguthaben erhalte, was sich erst infolge des Urteils von 2009 konkretisiert habe (act. 28 Rz 67 f.), räume die Klägerin ein, über die Verrechnungsankündigung des Bundes

informiert gewesen zu sein (act. 28 Rz 69 f.). Sei das Vorsteuerguthaben infolge Verrechnung des Bundes nicht untergegangen, so seien die Weiterleitung möglich und damit der Weiterleitungsanspruch bestehen geblieben, so dass auch auf die Weiterleitung verzichtet werden konnte. Im Gegenzug und weil sie davon ausgegangen sei, dass das Vorsteuerguthaben über sie fliesse, habe die Beklagte (im Zusammenhang mit dem Abschluss des Akquisitionsvertrages) auf ausgewie-

sene Gegenforderungen bei A.

verzichtet (act. 28 Rz 71). Die Entschei-

dungsträger von A.

seien sehr eng in den Verkaufsprozess eingebunden

gewesen, insbes. durch Mitwirkung der obersten Geschäftsleitung, die als Zeugen

genannten CEO H.

und CFO I. , und diese hätten auch den Akquisitionsvertrag und Ziff. 4.3.2. (a) (i) gekannt (act. 28 Rz 73 f.). Auf diese Ziffer werde ausserdem im Text der Verzichtserklärungen von Dezember 2002 ausdrücklich verwiesen. Die Unterzeichnung ohne Kenntnis vom Inhalt der genannten Ziffer sei lebensfremd und unzutreffend (act. 28 Rz 75). Der Bestand der Vorsteuerguthaben und die Auszahlungsmodalitäten über die Beklagte sei allen, der A. und den anderen Mitgliedern der Gruppe, bekannt gewesen (act. 28 Rz 80). Die Klägerin habe ihre Vorsteuerguthaben bis und mit 1. Quartal 2002 bei der Beklagten deklariert, im Nachlassverfahren angemeldet und sich am 21. August 2002 bei der Beklagten (und nicht bei der EStV) nach dem Guthaben erkundigt; damit sei sie von einen Weiterleitungsanspruch gegenüber der Beklagten ausgegangen und habe die Saldoerklärung mit dem Verzicht auf sämtliche gegenseitigen Ansprüche gekannt. Dafür habe auch die Beklagte ihrerseits verzichtet (act. 28 Rz 81). Es sei gerade umgekehrt als die Klägerin geltend mache: Wenn die Vorsteuerguthaben vom Verzicht hätten ausgenommen werden wollen, hätte das einer ausdrücklichen Erwähnung bedurft (act. 28 Rz 83). Dass es sich beim Vorsteuerguthaben um einen Direktanspruch gegenüber der EStV gehandelt habe, sei durch die bezüglichen Gerichtsentscheidungen widerlegt (act. 28 Rz 57).

    1. Wortlaut und Tragweite der Verzichtserklärungen der A. - Gesellschaften

      Richtig ist die Behauptung der Klägerin, dass im Akquisitionsvertrag vom 30. August 2002 und den von den A. -Gesellschaften unterzeichneten Erklärungen

      vom Dezember 2002 die Vorsteuerguthaben nicht ausdrücklich erwähnt sind (act. 24 Rz 23). Dass die Klägerin keinen Grund zur Annahme hatte bzw. haben konnte, dass die Erklärung vom Dezember 2002 einen Verzicht auf Vorsteuerguthaben beinhalten (act. 24 Rz 24), ist bei näherer Betrachtung aus verschiedenen Grün- den unzutreffend.

      1. Das Bundesgericht hat in einem anderen Fall betreffend die Tragweite einer Saldoklausel (Urteil des Bundesgerichts 4A_596/2014 vom 18. März 2015, E. 3.4) Folgendes ausgeführt: Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer ist die Tatsache, dass die Parteien beim Abschluss des Vergleichs nicht an die Arbeitsgerichtsprozesse gedacht haben, nicht gleichbedeutend mit einer Willensäusserung des Inhalts, diese nicht in den Vergleich und mithin in die Saldoerklärung einzubeziehen. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner mit dem Vergleich sämtliche Rechtsbeziehungen und Streitigkeiten mit den Beschwerdeführern hat erledigen und danach von diesen nichts mehr hat hören wollen. Diese Erklärung mussten die Beschwerdeführer nach dem Vertrauensprinzip so verstehen, dass die Saldoerklärung sämtliche bestehenden und möglichen zukünftigen Ansprüche gegen den Beschwerdegegner ohne Ausnahmen erfassen sollte.

        Diese Erwägungen treffen für den vorliegenden Fall in ähnlicher Weise zu. Die

        Beklagte macht geltend, dass D.

        als Käuferin und die vertragsschliessenden B. -Gesellschaften als Verkäuferinnen und damit als Parteien des Akquisitionsvertrages vom August 2002 anders noch als im ursprünglichen Vertrag

        • einen klaren Schnitt machten und damit einen Festpreis ohne Anpassungsmöglichkeit vereinbarten (act. 12 Rz 87-100). Sie erklärt dies damit, dass es im zweiten Vertrag das Ziel gewesen, den Kaufpreis definitiv und verbindlich festzusetzen. Offenbar hatte dies mit der Verteilung des Verkaufserlöses unter die Darlehensgeber der A. -Gruppe zu tun. Ohne Einigung über die Aufteilung des Kaufpreises sei eine Zustimmung der Finanzgesellschaften nicht erhältlich gewesen (act. 12 Rz 94). Angesichts der Publizität, die die B. -Insolvenzen erlangt haben, ist allgemein bekannt und damit auch gerichtsnotorisch, dass die grosse Zahl der zum B. -Konzern verbundenen Gesellschaften sehr eng und nur schwer überschaubar miteinander verflochten waren und dass es was die

        Beklagte verschiedentlich erwähnt eine Unzahl gegenseitiger Forderungen gab, die mit einem klarer Schnitt und einem definitiven Kaufpreis mit Verzicht auf spätere Anpassungen bereinigt werden konnten. Denn es ist klar: Hätte die Beklagte noch von den A. -Gesellschaften fordern können, hätte dies den Kaufpreis indirekt erhöht; hätten die A. -Gesellschaften noch von der Beklagten fordern können, hätte dies den Kaufpreis indirekt ermässigt. Um dies zu verhindern, waren die umfassenden Verzichtserklärungen der A. -Gesellschaften unerlässlich.

        Die Klägerin bestreitet die Tatsache, dass eine definitive Regelung, eine Bereinigung und ein endgültiger Schlussstrich zwischen den Akquisitionsvertragsparteien beabsichtigt waren (act. 12 Rz 100, Rz 133), nicht, führt jedoch an, dass sie davon keine Kenntnis gehabt hätte (act. 24 Rz 150). Dass die Parteien völlig auseinandergesetzt sein wollten, ergibt sich auch aus dem Wortlaut von Ziff. 4.3.2 (a)

        (i) des Akquisitionsvertrages und den darauf basierenden Erklärungen, die gemäss der Übersetzung der Klägerin die Entlassung und die Befreiung aus allen ihren irgendwie gearteten Verpflichtungen vorsehen. Das entspricht hinwiederum der Intention zur völligen Auseinandersetzung im zitierten Urteil 4A_596/2014 vom 18. März 2015 des Bundesgerichts, wonach eine vor diesem Hintergrund abgegebene Erklärung sämtliche bestehenden und möglichen zukünftigen Ansprüche ausnahmslos erfassen solle.

      2. Die Beklagte macht geltend, dass die Parteien der verschiedenen Verkaufsverträge bis zum Entscheid des Bundesgerichts - davon ausgegangen seien, dass es sich um Forderungsverhältnisse zwischen den jeweiligen B. - Gesellschaften und der B1. handelte (act. 12 Rz 65; vgl. E. 3.6.1.), was auf der Annahme basiert habe, dass die Rest-Abwicklung aus den Perioden vor dem Ende der Mehrwertsteuergruppe wie bis anhin durchgeführt werde. Dass die Parteien von einem Forderungsverhältnis zwischen den jeweiligen B. - Gesellschaften, hier der A. -Gesellschaften, und der B1. ausgegangen seien, lässt die Klägerin nicht gelten. Sie wendet diesbezüglich ein, dass eine solche Annahme ein rechtlich unrichtiger Schluss gewesen wäre, insbesondere weil die Rückerstattungsforderungen (nach Auflösung der Gruppe) nicht mehr gegenüber der B1. , sondern gegenüber der EStV bestanden hätten (act. 24 Rz 94; wobei das Bundesgericht gerade nicht von der Zuständigkeit der EStV ausgegangen ist.). Unabhängig davon, wie es sich mit der Rechtslage verhält, wurde der Akquisitionsvertrag zwischen den Verkäuferinnen und der Käuferin D. geschlossen und es ist deshalb massgeblich, wovon diese Vertragsparteien ausgingen (E. 3.3.), weil zwischen ihnen auch übereinstimmende falsche Annahmen Verbindlichkeit haben.

        Die Klägerin konstatiert ausserdem, dass der Kaufpreis im zweiten Vertrag gegenüber dem ersten um CHF 17.5 Mio. angehoben worden sei, woraus geschlossen werden müsse, dass die Vertragsparteien nicht angenommen haben könnten, dass das Vorsteuerguthaben über die Beklagte abgewickelt werde, so dass es der Klägerin zustehe. Denn nur wenn die Parteien im Rahmen der Vertragsverhandlungen und der Festsetzung des Kaufpreises angenommen hätten, dass die Beklagte die Vorsteuerguthaben nicht für sich beanspruchen könne, mache eine Kaufpreiserhöhung Sinn (act. 24 Rz 97, Rz 102), was die Beklagte als wirtschaftlich unsinnig bestreitet (act. 28 Rz 110). Aus gerichtlicher Sicht lässt sich ein Rückschluss auf die bestrittene Annahme der Vertragsparteien einzig anhand der Höhe des Kaufpreises nicht ziehen. Angesichts der Tatsache, dass es 2002 um ein Vorsteuerguthaben von rund 4 Mio. ging und die Klägerin eine Kaufpreiserhöhung von CHF 17.5 Mio. namhaft macht, ist die Preisveränderung für die Haltung der Parteien hinsichtlich dieser einen Forderung schon rein rechnerisch nicht aussagekräftig, ging es doch unbestrittenermassen um eine Vielzahl gegenseitiger Forderungen (act. 12 Rz 72-84, Rz 134: erwähnt werden weitere Forderungen der

        A.

        Gesellschaften gegen die B1.

        sowie der B1. gegenüber diversen A. -Gesellschaften aus Salärzahlungen, Management Fees, Lizenzen, Druckkosten etc. Unter dem Strich hätten die A. -Gesellschaften der Beklagten noch mehr als CHF 6.1 Mio. geschuldet).

      3. Die Klägerin macht geltend, dass die leitenden A. -Angestellten im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss nur am Rande als Lieferanten von Akten und Buchhaltungsunterlagen etc. einbezogen worden seien (act. 24 Rz 93), wofür sie Zeugen nennt (act. 24 Rz 97) und dass die geschäftsführenden Organen die

        Saldoklausel nicht gekannt hätten (act. 24 Rz 94). Die Beklagte bestreitet dies:

        Die A.

        sei während des gesamten Verkaufsprozesses involviert und bestens im Bild gewesen, wofür ebenfalls Zeugen offeriert werden (act. 28 Rz 73 f.).

        Die angerufenen Zeugen wären zur (umstrittenen) Frage, inwieweit die A. -Gesellschaften bei den Vertragsverhandlungen und beim Vertragsschluss einbezogen und worüber sie informiert waren, zu befragen, wenn es darauf ankäme. Das ist hier allerdings nicht klärungsbedürftig, weil es nicht auf das Wissen und Wollen der A. -Gesellschaften bzw. der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ankommt, sondern weil das Wissen und Wollen der Vertragsparteien des Akquisitionsvertrages massgeblich ist. Anzumerken ist, dass sich der zwischen den Parteien vereinbarte klare Schnitt (fester Preis ohne Anpassungsklauseln im Gegensatz zum ersten Vertrag) nicht hätte bewerkstelligen lassen doch höchst unsicher gewesen wäre, wenn von Bedeutung wäre, was jede der die Erklärung abgebenden A. -Gesellschaften verstanden hat. Dass sie sich um Informationen bemüht hätte und solche nicht erhältlich gewesen seien, behaupten sie nicht, wobei auch das nicht massgeblich ist. Die A. -Gesellschaften hatten als Nicht-Vertragsparteien des Akquisitionsvertrages die im Vertrag vorformulierten Erklärungen wörtlich abzugeben und müssen sich hinsichtlich ihrer Tragweite das Wissen und Wollen der Vertragsparteien anrechnen lassen. Hätten sie dies nicht gewollt, wäre es ihnen freigestanden, die Unterzeichnung zu verweigern sie hätte in der Erklärung gemäss Ziff. 4.3.2.

        (a) (i) einen Vorbehalt anbringen können.

      4. Nach dem vorstehend Gesagten (E. 3.7.2.) ist nicht auf das Wissen und Wollen der A. -Gesellschaften abzustellen. Die Beklagte bringt allerdings auch verschiedene Argumente vor, warum die Klägerin gleich wie die Beklagte selber und die anderen Beteiligten - davon ausgegangen seien bzw. sein mussten, dass die Vorsteuerguthaben über sie und nicht über die Gruppengesellschaften abgewickelt würden: Der Klägerin sei August 2002 bekannt gewesen, dass das Problem Mehrwertsteuergruppe/Vorsteuerguthaben mit der EStV nicht habe gelöst werden können, was sich auch aus den eingereichten Emails vom 21. resp. 22. August 2002 (act. 14/48 und 14/49) ergebe (act. 12 Rz 97; act. 28 Rz 20, 29).

        Es sei für alle Beteiligten im Dezember 2002 festgestanden, dass die einzelnen

        Gruppenmitglieder der Mehrwertsteuergruppe-B.

        keinen Direktanspruch

        gegen die EStV auf Rückerstattung ihrer Vorsteuerguthaben besessen hätten, sondern dass die Vorsteuer über die Gruppenträgerin abgerechnet würden. Die

        A. -Gesellschaften seien von einem Anspruch gegenüber der B1.

        auf

        Weiterleitung des Vorsteuerguthabens ausgegangen, jedenfalls sobald dieses der Beklagten erstattet würde, und es sei ihnen auch klar gewesen, dass es sich um einen definitiven Kaufpreis ohne Anpassungsmechanismus gehandelt habe. In Kenntnis dieser Umstände hätten die A. -Gesellschaften im Dezember 2002 ihren umfassenden Verzicht erklärt (act. 28 Rz 31-34). Tatsache sei, dass die Beklagte nach Auflösung der Gruppe die Aufgaben der Gruppenträgerin weiterhin wahrgenommen habe (act. 28 Rz 40). Keines der Gruppenmitglieder habe der Beklagten das Mandat, sie gegenüber der EStV zu vertreten, entzogen, und die Abrechnungen des 1. Quartals 2002, die noch in die (inzwischen beendete) Gruppenzeit gehören hätten, seien noch von der Beklagten eingereicht worden

        (act. 28 Rz 41 f.). J.

        von der A.

        International habe sich im August

        2002 bei der Beklagten (und nicht etwa bei der Steuerverwaltung) nach dem Vorsteuerguthaben erkundigt und angefragt, bis wann mit der Überweisung gerechnet werden könne (act. 12 Rz 97; act. 28 Rz 44 f.). Eine der anderen A. -Gesellschaften habe ihr Vorsteuerguthaben erst im Juli 2002, als die Mehrwertsteuergruppe längst beendet gewesen sei, im Nachlassverfahren der Beklagten angemeldet (act. 28 Rz 44). Die EStV habe im Schreiben vom 4. März 2002 mitgeteilt, dass bis zum Ende der Gruppe sämtliche Umsätze sowie die Geltendmachung allfälliger Vorsteuerguthaben über den Gruppenträger erfolgen müsse (act. 28 Rz 48). Einem anderen Mitglied der Gruppe habe die EStV am 28. Mai 2002 (act. 14/77), und damit deutlich nach dem Ende der Gruppe, mitgeteilt, dass sie ihm keine Vorsteuerüberhänge ausbezahlen könne, weil die gruppeninternen Angelegenheiten über die Gruppenträgerin abgewickelt werden müssten (act. 28 Rz 50). Die Verrechnung sei durch den Bund bzw. die EStV einzig der Beklagten gegenüber (und nicht der ganzen Gruppe gegenüber) erklärt worden (act. 12 Rz 64). Die A. -Gesellschaften hätten nicht nur die Vorsteuerguthaben zur Kollokation angemeldet (act. 12 Rz 71 ff.), sondern es habe auch Forderungen der Beklagten gegenüber A. gegeben (act. 12 Rz 79 ff.), welche im Umfang von rund CHF 2.1 Mio. mit Anmeldungen im Zusammenhang mit der Kollokation zur Verrechnung gebracht worden seien (act. 12 Rz 84, Rz 72-74; Rz 138 ff.). Bezüglich der Vorsteuer hätten die A. -Gesellschaften - nachdem ihre Anmeldungen am 10. Oktober 2006 mit Hinweis auf die Verzichtserklärungen vom Dezember 2002 abgewiesen worden waren am 31. Oktober 2006 Kollokationsklagen eingereicht (act. 14/66), die am 30. Januar 2007 allerdings zurückgezogen worden seien (act. 14/68; act. 12 Rz 107 ff.).

        Die Klägerin wendet ein, für die Weiterleitung der Vorsteuerguthaben nach Ende der Mehrwertsteuer gebe es keinen courant normal, was das Bundesgericht auch festgestellt habe (act. 24 Rz 96). Dass es sich mit der Anmeldung um eine Verrechnung gehandelt habe, bestreitet sie (act. 24 Rz 36). Die Anmeldungen der Vorsteuerguthaben seien lediglich zur Wahrung der Rechte erfolgt, weil die A. -Gesellschaften damals nicht gewusst hätten, wo die Vorsteuerguthaben belegen gewesen seien. Daraus könne nicht abgeleitet werden, dass sie die Beklagte nach Beendigung der Mehrwertsteuergruppe als Vertreterin betrachtet hätten (act. 24 Rz 43). Die meisten Anmeldungen seien ohnehin im Januar 2002 während noch bestehender Mehrwertsteuergruppe erfolgt (act. 24 Rz 34, Rz 40). Die Anmeldung der G. AG sei im Juli 2002 und damit nach dem Ende der Gruppe erfolgt. Genau betrachtet sei aber auch diese Anmeldung nur erfolgt, weil auch damals immer noch unklar gewesen sei, ob sich die Vorsteuern bei der Beklagen befänden (act. 24 Rz 43). Im Innenverhältnis habe es den von der Beklagten behaupteten Auftrag nicht gegeben (act. 12 Rz 48).

      5. Im vorliegenden Zusammenhang geht es nur um die Behauptung der Beklagten, dass die A. -Gesellschaften ihrerseits davon ausgegangen seien, dass die Vorsteuer auch nach der Auflösung der Gruppe über die Beklagte abgewickelt werde. Aus den Ausführungen der Beklagten ist ersichtlich, dass sie die Funktion der Gruppenträgerin verschiedentlich auch nach Gruppenende wahrgenommen hat, wobei ausschlaggebend ist, inwieweit die A. -Gruppe davon Kenntnis hatte.

Was die Anmeldungen zur Kollokation anbelangt, wird an dieser Stelle nicht untersucht, ob diese eine (diskutable) Verrechnung zur Folge hatten (diskutabel, weil die Vorsteuer noch nicht an die Beklagte ausbezahlt worden war), sondern welche Schlüsse aus der Tatsache der Anmeldung im Nachlassverfahren gezogen werden können. Richtig ist, dass die Anmeldungen der A. - Gesellschaften zur Kollokation im Januar 2002 nichts besagen, weil die Beklagte damals unzweifelhaft noch Gruppenträgerin war. Relevanter ist die Tatsache,

dass A.

die Abweisung der angemeldeten Vorsteuerguthaben im Oktober

2006, die mit Hinweis auf die Verzichtserklärungen vom Dezember 2002 erfolgte, nicht hinnahm, sondern Kollokationsklagen einleitete. Beachtlich ist dabei, dass sie den späteren Rückzug dieser Klagen im Januar 2007 nicht etwa damit begründete, dass die Beklagte die Zuständigkeit zur Abwicklung der Rückerstattungen auch für die zurückliegenden Perioden verloren habe, sondern mit ihrer Einschätzung, dass den A. -Gesellschaften wegen der Verrechnung des Bundes ohnehin nichts zukommen werde (vgl. dazu bereits oben E. 3.5.2.). Der Hinweis der Klägerin, dass es für die Rückerstattungsfrage keinen courant normal gegeben habe, ist an sich zutreffend. Hingegen ist damit noch nicht gesagt, dass die Gruppenträgereigenschaft notwendigerweise auch für die zurückliegenden Zeiträume verloren ging; gibt es keine Regel, so sind beide Varianten (Erhalt wie Verlust) denkbar. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch der bereits mehrfach erwähnte BGer 2C_124/2009, wo das Bundesgericht in E. 3.4 ausführt: Nachdem es sich bei der Mehrwertsteuer um eine Selbstveranlagungssteuer handelt (Art. 46 MWSTG), obliegt es dem Steuerpflichtigen, hier der Mehrwertsteuergruppe, selbst durch einen bestellten Vertreter über seine Vorsteuern mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung abzurechnen (...). Dass die Mehrwertsteuergruppe längst aufgehoben und beendet ist, ändert daran nichts, weil die Abrechnungspflicht gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung über die Steuerpflicht hinaus bestehen bleibt, und zwar solange, als über Steuerperioden nicht nicht vollständig abgerechnet worden ist (s. auch Art. 58 Abs. 2

aMWSTG). Die von der Beklagten erwähnte Anfrage von J.

von

A. International bei der Beklagten hinsichtlich des Verbleibs der Vorsteuerrückerstattung (act. 12 Rz 97) übergeht die Klägerin und erklärt nicht, warum diese Anfrage trotz entfallener Gruppenträgerschaft bei der Beklagten (statt bei

der Steuerverwaltung) erfolgte. Dass die A.

von der Haltung der ESTV

wusste, ergibt sich aus einem Schreiben an die K

AG (eine Gesellschaft

von A. ) vom 28. Mai 2002 (act. 29/77 worin ausgeführt wird: Keinesfalls kann die EStV einem einzelnen Gruppenmitglied Vorsteuerüberhänge ausbezahlen. Vielmehr ist das eine gruppeninterne Angelegenheit, die über die Gruppenträgerin abgewickelt werden muss. Zur Tatsache, dass sich die EStV im Steuerstreit einzig an die B1. in Nachlassliquidation hielt, äussert sich die Klägerin soweit ersichtlich nicht.

Für die Zeit nach der Aufhebung der Mehrwertsteuer macht die Beklagte geltend, dass sie davon ausgegangen sei, dass die Restabwicklung aus der Zeit vor dem Gruppenende über sie erfolgen würde. Dafür, dass die A. -Gesellschaften das auch taten, deutet Einiges hin, nicht zuletzt auch ihr Verhalten nach der Transaktion im Dezember 2002. Wenn die Klägerin geltend macht, dass solche Rückschlüsse aus der Zeit nach den Verzichtserklärungen unzulässig seien (act.

24 Rz 76), kann dem nicht zugestimmt werden, wird doch etwa im Zusammenhang mit der Vertragsauslegung das Verhalten der Parteien nach einem Vertragsschluss als ergänzendes Auslegungsmittel herangezogen (Peter Gauch/Walter R. Schluep/Jörg Schmid, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band I, 10. Auflage, Zürich 2014, Rz 1215).

  1. Liquidation der einfachen Gesellschaft

    Zum gleichen Ergebnis führt die Liquidation der einfachen Gesellschaft. Dies aus folgenden Gründen:

    1. Die Klägerin macht geltend, dass die A. -Gruppe anfangs 2009 von ihrer Rechtsstellung als anspruchsberechtigte Gesellschaft auf Rückerstattung der Vorsteuer gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung erfahren habe (act. 1 Rz 23). Das ist insofern unzutreffend, als im Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Januar 2009 in E. 6.3 (act. 25/1) ausgeführt wird: Streitig ist in diesem Zusammenhang die Frage, wem die Gläubigerstellung für dieses (Vorsteuer-)Guthaben (zwischen dem 1. Januar 1999 und 1. April 2002) zukommt.

      Der Vorsteuerabzug stand [ ] und steht [ ] nur dem Steuerpflichtigen zu. Gemäss dem klaren Wortlaut von Art. 17 Abs. 3 MWSTV bzw. Art. 22 MWSTG bilden bei antragsgemäss bewilligter Gruppenbesteuerung die beteiligten Gruppenmitglieder zusammen eine einzige steuerpflichtige Person. Steuerpflichtige Person und damit Vorsteuerabzugsberechtigter ist demnach die Mehrwertsteuergruppe als solche. Art. 22 MWSTG begründet somit weder allgemein für die Gruppenmitglieder noch für den Gruppenträger im Besonderen eine von der Gruppe zu trennende - Stellung als steuerpflichtige Person und damit auch keine gesonderte Gläubigerstellung für das Vorsteuerguthaben. Im Gegensatz zur deutschen Rechtsordnung enthält das schweizerische Mehrwertsteuergesetz keine Bestimmung, wonach die Konzernleistungsgesellschaft als Gruppenträgerin [ ] und demnach folgerichtig der Vorsteuerabzug nur dem Gruppenträger als steuerpflichtige Person zustände (E. 6.3.1). Eine Gläubigerstellung für das Vorsteuerguthaben der einzelnen Gruppenmitglieder allgemein des Gruppenträgers im Besonderen lässt sich auch nicht aus Art. 32 Abs. 4 MWSTG ableiten (E. 6.3.3). Diese Forderung stehe für die Abrechnungsperiode 2. Quartal 2001 bis 1. Quartal 2002 den Mitgliedern dieser Gruppe zur gesamten Hand zu (E. 7.2). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich mehrere Mitglieder der vormaligen Mehrwertsteuergruppe [ ] zum aktuellen Zeitpunkt in Zwangsverwertung befinden. Eine Auszahlung des gesamten Vorsteuerguthabens an die Beschwerdeführerin (die heutige Beklagte) kommt angesichts der allenfalls divergierenden Interessen der ehemaligen Konzerngesellschaften und dem Vorrang der schuldbetreibungsund konkursrechtlichen Vertretungsregelung betreffend diejenigen Mitglieder, die sich in Zwangsvollstreckungsverfahren befinden - nicht in Frage. Die Vorinstanz wird vielmehr - unter Einbezug sämtlicher bestehender Gruppenmitglieder in einem neuen Verfahren darüber zu befinden haben, wem welches Vorsteuerguthaben zusteht (E. 8 S. 26). Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht der Meinung war, die EStV hätte die Auszahlung durchzuführen, kann das auf Grund der Erwägungen zur Gesamthandsberechtigung der Gruppenmitglieder nicht heissen, dass sich der Anspruch gegen die EStV richtet. Das hat das Bundesgericht dann auch folgerichtig korrigiert und die Ausrichtung der Betreffnisse im Zusammenhang mit der Liquidation der einfachen Gesellschaft systemgerecht

      den Gruppenmitgliedern als einfache Gesellschafter überlassen. Die EStV war demnach lediglich verpflichtet, das Vorsteuerguthaben an die ehemaligen Mitglieder der Mehrwertsteuergruppe insgesamt weiterzuleiten, während sich der Anspruch der ehemaligen Gruppemitglieder gegen die Gesamthandschaft richtete. Die Behauptung, die EStV sei gegenüber der Klägerin Schuldnerin der Rückerstattungsforderung (act. 1 Rz 26), trifft demnach nicht zu.

    2. Nach Auflösung einer einfachen Gesellschaft hat jeder Gesellschafter das Recht, die Durchführung der Liquidation zu verlangen (ZK OR-Handschin/Vonzun [4. Auflage 2009], N. 11 zu Art. 548-551). Die (innere bzw. interne) Liquidation umfasst (unter anderem) die Verteilung des noch vorhandenen Gesellschaftsvermögens (ZK OR-Handschin/Vonzun [4. Auflage 2009], N. 14 zu Art. 548-551). Die Gesellschaft besteht bis zur vollständigen inneren und äusseren Liquidation, also bis zum Abschluss der Abwicklung des Gesamthandvermögens (ZK OR-Handschin/Vonzun [4. Auflage 2009], N. 14 zu Art. 548-551). Die Gesellschafter haben Anspruch darauf, dass die Liquidation durchgeführt wird (ZK OR-Handschin/Vonzun [4. Auflage 2009], N. 49 zu Art. 548-551). Aktivlegitimiert sind diejenigen Gesellschafter, die Ansprüche stellen, passivlegitimiert diejenigen, die sich der Liquidation der vom Kläger gewünschten Teilungsart widersetzen, die nicht erklären, dass sie das Urteil unabhängig vom Prozessausgang gegen sich gelten lassen am Verfahren nicht als Kläger teilnehmen. Jeder Gesellschafter muss also richtigerweise an diesem Verfahren auf der Aktivoder Passivseite teilnehmen sich durch Erklärung seinem Ausgang unterordnen (ZK OR-Handschin/Vonzun [4. Auflage 2009], N. 50 zu Art. 548-551).

    3. Ausgangspunkt ist, dass die B.

      Konzerngesellschaften Mitglieder der

      Mehrwertsteuergruppe gewesen sind (act. 28 Rz 30, Rz 34), was unbestritten ist. Haben die A. -Gesellschaften die Beklagte und sämtliche Konzernbzw. Tochtergesellschaften und damit sämtliche (anderen) Mitglieder der Mehrwertsteuergruppe von jedwelchen Verpflichtungen ihr/ihnen gegenüber entbunden, so muss dies notwendigerweise auch ihren Liquidationsanteil an der Mehrwertsteuergruppe betreffen, der der Klägerin ohne diesen Verzicht gegenüber den gleichen Beteiligten zugestanden hätte.

    4. Die Liquidation der Mehrwertsteuergruppe B.

      ist weitestgehend durchgeführt worden (vgl. die Vereinbarung betreffend die Auflösung der Mehrwertsteuergruppe vom April 2013; act. 3/8): Hinsichtlich der Klägerin wird darin festgehalten, dass sich diese mit der Beklagten über die Zuweisung des Vorsteuerguthabens nicht einigen könnten. Um das Zustandekommen der Vereinbarung insgesamt nicht zu blockieren, sind die Parteien übereingekommen, das Vorsteuerguthaben auf ein Gemeinschaftskonto überweisen zu lassen. A. wird sich mit der Beklagten ohne Auswirkungen auf die anderen Parteien gesondert auseinandersetzen. Die diesbezüglichen Einzelheiten werden in einer separaten Auflö-

      sungsvereinbarung zwischen A.

      und der Beklagten geregelt (act. 3/8 S. 15

      Ziff. 2.6; für die aufgelaufenen Zinsen vgl. S. 25 Ziff. 3). Die Modalitäten der Liquidation zwischen den letzten verbliebenen beiden Gesellschaftern, der Klägerin und der Beklagten, wurde in einer besonderen Auflösungsvereinbarung zwischen

      der B1.

      AG in Nachlassliquidation, A.

      GmbH, Y.

      und X.

      vom April/Mai 2013 geregelt (act. 3/6 S. 3). Für den Fall der Unmöglichkeit einer

      gütlichen Einigung ist vorgesehen, dass A.

      beim Handelsgericht Zürich zu

      klagen habe (act. 3/6 S. 5 Ziff. 3), was geschehen ist. Die Säumnisfolgen für den Unterlassungsfall kommen daher nicht zur Anwendung (act. 3/6 S. 6 Rz 5.3).

    5. Auch wenn sich die einfache Gesellschaft Mehrwertsteuergruppe im vorliegenden Verfahren auf zwei Parteien reduziert hat, ist es nach dem Ausscheiden der anderen Gesellschafter (act. 3/8) dabei geblieben, dass es sich um eine (Rest-)Liquidation der einfachen Gesellschaft handelt. Diejenigen Gruppenmitglieder, die ausgeschieden sind und aus der Liquidation der Gruppe nichts (mehr) fordern können, können keine Ansprüche mehr erheben und haben dies unbestrittenermassen auch nicht getan. Aus der Logik der einfachen Gesellschaft und aus deren Liquidation folgt, dass die Gesellschaft mit dem Ausscheiden des zweitletzten Gesellschafters untergeht, weil Einmanngesellschaften bei Personengesellschaften begrifflich ausgeschlossen sind (ZK OR-Handschin/Vonzun (4. Auflage 2009), N. 222 zu Art. 545-547). Das, was die Ausscheidenden nicht für sich beansprucht haben bzw. nicht beanspruchen können, bleibt - notwendigerweise - dem verbleibenden Gesellschafter (ZK OR-Handschin/Vonzun (4. Auflage 2009),

      N. 223 zu Art. 545-547). Wird die Gesellschaft mit der Auflösung zugleich beendet, wie des beim Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters der Fall ist, wandelt sich das Gesamthandsvermögen in Alleineigentum um, und es kommt zu einer Anwachsung beim verbleibenden letzten Gesamthänder (BK-Fellmann/Müller,

      N. 32 zu Art. 544). Das ist die Beklagte.

  2. Fazit

    1. Hinsichtlich der Vorsteuerguthaben ist das nicht eingetreten, wovon die Parteien des Akquisitionsvertrages ausgegangen sind, nämlich dass die Auszahlung des Vorsteuerguthabens aller Gruppenmitglieder, darunter A. , durch die EStV an die Beklagte mit Weiterleitungspflicht an die (ehemaligen) Gruppenmitglieder, darunter die Klägerin (act. 28 Rz 109) erfolgen werde. Hätte es im Akquisitionsvertrag Anpassungsklauseln gegeben, dann müsste dies nachträglich den Preis verändern. Gab es diese Anpassungsklauseln nicht, so wirkte sich dies auf die Tragweite der Verzichtserklärungen aus. Darin haben die A. -Gesellschaften der Beklagten zugesagt, dass sie diese aus jedwelcher Verpflichtung entlassen würden. Das musste die Meinung haben, dass die Beklagte die von der EStV überwiesenen Vorsteuerguthaben nicht an die A. — Gesellschaften weiterzuleiten hatte. Nun ist das Vorsteuerguthaben der A. -Gesellschaften nicht über die EStV an die Beklagte gelangt, sondern auf

      einem anderen Weg auf das gemeinsame Konto X. /Y.

      bei der

      C.

      und es ist im vorliegenden Verfahren zu entscheiden, wem der dort hin-

      terlegte Betrag zusteht. Geht man davon aus, dass die A.

      gegenüber der

      Beklagten auf die erwartete Weiterleitung verzichtet hatte, so kann der von den seinerzeitigen Annahmen abweichende Weg - über die einfache Gesellschaft (anstatt von der ESTV an die Beklagte) - nicht dazu führen, dass das Vorsteuerguthaben der verzichtenden A. -Gesellschaften nun doch der Klägerin zusteht. Das würde den Verzichtserklärungen widersprechen und auch vor Treu und Glauben nicht standhalten, so dass die Klage abzuweisen ist.

    2. Die A. -Gesellschaften haben mit der Abgabe der Verzichtserklärungen vom Dezember 2002 die Beklagte und alle weiteren Konzern-/Gruppenmitglieder von jeglichen Verpflichtungen ihr gegenüber befreit. Das befreit auch von der Ausrichtung des Liquidationsanteils an der einfachen Gesellschaft Mehrwertsteuergruppe an die Klägerin. Das, was die Klägerin nicht beanspruchen kann, verbleibt nach den Regeln betreffend die Liquidation einfacher Gesellschaften der Beklagten, so dass die Klage auch aus diesem Grund abzuweisen ist.

  3. Anträge der Beklagten

    1. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass sie bei einer doppelseitigen Klage ihrerseits berechtigt ist, selbständige Anträge zu stellen, ohne Widerklage erheben zu müssen (act. 12 Rz 21). Die actio duplex bezieht sich typischerweise auf gemeinsame Rechtsverhältnisse, die auf die einzelnen Rechte der vormaligen Mitglieder aufgeteilt werden (Miguel Sogo (Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile des materiellen Rechts und ihre Auswirkungen auf das Verfahren, Zürcher Studien zum Verfahrensrecht, Band 152, Zürich 2007, S. 57 f.; KuKo ZPONägeli/Richers [2. Auflage 2014], N. 12 zu Art. 221).

    2. Die Parteien haben sich in Ziff. 5.2 der Auflösungsvereinbarung (act. 3/6) verpflichtet, den der jeweiligen Partei durch rechtskräftiges Urteil zugesprochenen Betrag des Steuerguthabens zu Lasten des Gemeinschaftskontos auszubezahlen

      und die C.

      entsprechend schriftlich innert 10 Tagen nach Eintritt der

      Rechtskraft eines entsprechenden Urteils anzuweisen.

      Die Beklagte hat im Verfahren beantragt, die Klägerin zu verpflichten, einer Aus-

      zahlung des Vorsteuerguthabens samt Zins ab dem Bankkonto der C.

      zuzustimmen. Sie verlangt damit eine autoritative Anordnung dessen, wozu sich die Klägerin in der Auflösungsvereinbarung für den Fall des Unterliegens verpflichtet hat. Weiter verlangt die Beklagte, dass sie gerichtlich ermächtigt werde, die

      C.

      an Stelle der Klägerin zur Auszahlung des ihr zukommenden Betrages

      des Vorsteuerguthabens von CHF 4'393'193.45 sowie des dazu gehörenden Vergütungszinses von CHF 1'950'463.10 vom Gemeinschaftskonto bei der C. , Bankkonto-Nr. , an sich selber anzuweisen, sofern die Zustimmung nicht innert 10 Tagen erteilt sein sollte. Dazu führt sie aus, dass Vollstreckungsmassnahmen angeordnet werden könnten, wenn ein Antrag gestellt werde (act. 12 Rz 24). Vorliegendenfalls solle vermieden werden, dass im Weigerungsfall ein weiteres Verfahren eingeleitet werden müsse (act. 12 Rz 25).

    3. In der einschlägigen Literatur wird bezüglich der vom Erkenntnisgericht anzuordnenden Vollstreckungsmassnahmen vertreten, dass bei Anordnungen, bei denen indirekter Zwang nicht erforderlich sei, von der obsiegenden Partei nicht glaubhaft gemacht werden müsse, dass Anhaltspunkte für die Nichterfüllung bestünden dass die obsiegende Partei an einer Erfüllung ein besonderes Interesse hätte. Es genüge, dass die unterliegende Partei eine angemessene Frist zur Erfüllung habe bzw. dass ihr eine solche gesetzt werde (KuKo ZPOOberhammer [2. Auflage 2014], N. 18 zu Art. 236; DIKE-Komm-ZPO-Kriech [Stand 20.10.2013], N. 19; zurückhaltend Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 2. Auflage, 2013, Rz 31 zu 28: ohne diesbezügliche Äusserung ZK

      ZPO-Staehelin [2. Auflage 2013], N. 25 ff. zu Art. 236; BK ZPO-Killias, N. 37 ff. zu

      Art. 236 ff.). Bei einem Gemeinschaftskonto wie dem vorliegenden, mit dem ein bestimmter Betrag für die Auszahlung an die eine andere Partei bereits bereitgestellt ist, ist allerdings nicht ersichtlich, wofür es die zusätzliche Erfüllungsfrist braucht.

    4. Die Beklagte obsiegt. Das führt dazu, dass ihr das Vorsteuerguthaben von CHF 4'393'193.45 sowie die dazu gehörenden Vergütungszinsen von CHF 1'950'463.10 vom Gemeinschaftskonto bei der C. , Bankkonto-Nr. auszuzahlen sind. Ist eine Vollstreckungsanordnung zu erlassen, wie die Beklagte dies für den Fall, dass die Klägerin einer Auszahlung nicht zustimmen sollte, verlangt, so ist nicht ersichtlich, was gegen eine direkte Anweisung an die C. spricht, der Beklagten den ihr zustehenden Betrag auf ein von ihr zu bezeichnendes Konto zu überweisen, allerdings erst nach Ablauf der 30-tägigen Beschwerdefrist ans Bundesgericht.

  4. Kostenund Entschädigungsfolgen

    1. Gerichtskosten

      Die Höhe der Gerichtskosten bestimmt sich nach der Gerichtsgebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 [GebV OG] (Art. 96 ZPO i.V.m.

      § 199 Abs. 1 GOG). Der Streitwert beträgt vorliegend CHF 6'343'656.55. In Anbetracht der komplexen Verhältnisse, der Komplexität der Rechtsfragen, des Umfangs der Akten und des grossen Aufwands sowie unter Berücksichtigung, dass sowohl eine Vergleichsverhandlung (vgl. Prot. S. 6 f.) als auch eine Hauptverhandlung (vgl. Prot. S. 14 f.) vorbereitet und durchgeführt wurden, ist ein Zuschlag von 50 % auf die Grundgebühr zu erheben. Die Gerichtsgebühr ist somit in Anwendung von § 4 GebV OG auf CHF 126'000.-festzusetzen. Die Gerichtskosten sind der Klägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und aus dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss zu beziehen bzw. von der Klägerin nachzufordern im Umfang des nichtgedeckten Betrags.

    2. Parteientschädigungen

Die Höhe der Parteientschädigung ist nach der Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 [AnwGebV] zu bemessen (Art. 105 Abs. 2 ZPO). Grundlage bildet ebenfalls der Streitwert (§ 2 Abs. 1 lit. a AnwGebV). Die Grundgebühr ist für die Begründung bzw. die Beantwortung einer Klage geschuldet und deckt die Teilnahme an einer allfälligen Hauptverhandlung. Für die Teilnahme an zusätzlichen Verhandlungen sowie für jede weitere Rechtsschrift ist ein Zuschlag zu gewähren (§ 11 Abs. 1 u. 2 AnwGebV). Die Klägerin ist demnach zu verpflichten, der Beklagten eine Parteientschädigung in Höhe von 200 % der Grundentschädigung, d.h. CHF 170'000.-- (inkl. MWST), zu bezahlen (§ 4 i.V.m. § 11 Abs. 2).

Das Handelsgericht erkennt:
  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die C. , wird angewiesen, der Beklagten nach unbenützter Ablauf der Frist für die Beschwerde in Zivilsachen ans Bundesgericht das Vorsteuerguthaben von CHF 4'393'193.45 sowie den Vergütungszins von

    CHF 1'950'463.10 ab dem Gemeinschaftskonto, Bankkonto-Nr. , auf ein

    von der Beklagten zu bezeichnendes Konto zu überweisen.

  3. Die Gerichtskosten werden auf CHF 126'000.-festgesetzt.

  4. Die Gerichtskosten gemäss Dispositiv-Ziff. 3 werden der Klägerin auferlegt und teilweise aus dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss gedeckt. Im nicht gedeckten Betrag werden die Kosten von der Klägerin nachgefordert.

  5. Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 170'000.-- (inkl. MWST) zu bezahlen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie nach Ablauf der Beschwerdefrist für die Beschwerde in Zivilsachen ans Bundesgericht (Dispositiv-Ziff. 2 und 6 im Auszug) an die C. , betreffend Bankkonto-Nr. .

  7. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 6'343'656.55.

Zürich, 26. April 2016

Handelsgericht des Kantons Zürich

Vorsitzender:

Dr. George Daetwyler

Gerichtsschreiber:

Dr. Thomas Steininger

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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