E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils HG130105: Handelsgericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall ging es um eine arbeitsrechtliche Forderung zwischen einem Beklagten und Beschwerdeführer und einer Klägerin und Beschwerdegegnerin. Die Klägerin hatte für den Beklagten als Haushälterin gearbeitet und forderte eine bestimmte Summe. Nach mehreren Verhandlungen und einem Urteil wurde der Beklagte zur Zahlung eines Betrags an die Klägerin verpflichtet. Der Beklagte erhob Beschwerde, jedoch wurde darauf nicht eingetreten, da er sich nicht ausreichend geäussert hatte. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben, da der Streitwert unter 30'000 CHF lag. Der Beklagte musste keine Parteientschädigung zahlen, da er im Beschwerdeverfahren unterlag.

Urteilsdetails des Kantongerichts HG130105

Kanton:ZH
Fallnummer:HG130105
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HG130105 vom 17.04.2014 (ZH)
Datum:17.04.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Einhaltung von Fristen, Widerklage am Handelsgericht des Kantons Zürich gegen einen nicht im Handelsregister eingetragenen Kläger
Schlagwörter : Widerklage; Handel; Handelsgericht; Klage; Zuständigkeit; Gericht; Recht; Partei; Beklagten; Parteien; Hauptklage; Handelsgerichts; Handelsregister; Klagen; Darlehen; Zusammenhang; Eingabe; Verfahren; Voraussetzung; Kanton; Über; Konnexität; Regelung; Streitigkeit; Frist; Darlehens
Rechtsnorm:Art. 107 OR ;Art. 14 ZPO ;Art. 143 ZPO ;Art. 224 ZPO ;Art. 229 ZPO ;Art. 30 ZPO ;Art. 31 ZPO ;Art. 4 ZPO ;Art. 48 BGG ;Art. 59 BV ;Art. 59 ZPO ;Art. 6 ZPO ;Art. 60 ZPO ;Art. 63 ZPO ;Art. 71 ZPO ;Art. 75 BGG ;Art. 8 IPRG ;Art. 94 ZPO ;Art. 96 ZPO ;
Referenz BGE:123 III 35; 129 III 230; 138 III 471; 138 III 694;
Kommentar:
-, GOG Zü- rich, Basel, Genf, 2012
-, Art. 224 N. 13; , Art. 224 ZPO SR, 2012
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts HG130105

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr.: HG130105-O U01/dz

Mitwirkend: Oberrichter Dr. George Daetwyler, Vizepräsident, und Oberrichterin Dr. Helen Kneubühler, die Handelsrichter Werner Furrer, Ulrich Ritter und Hans Moser sowie der Gerichtsschreiber Zeno Schönmann

Beschluss vom 17. April 2014

in Sachen

  1. ,

    Kläger und Widerbeklagter

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

    gegen

  2. AG,

    Beklagte und Widerklägerin vertreten durch Fürsprecher Y.

    betreffend Forderung

    Rechtsbegehren der Klage:

    (act. 1 S. 2)

    • 1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger einen Betrag von Fr. 259'910.75 zuzüglich Zins zu 5 % seit 6. Februar 2013 auf

      sein Konto bei der Bank AG, [Filiale], IBAN CH zu bezahlen.

      1. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.

        Rechtsbegehren der Klageantwort und Widerklage:

        (act. 12 S. 2)

    • 1. Die Klage vom 25. Juni 2013 sei abzuweisen;

      1. Der Kläger/Widerbeklagte sei zu verurteilen der Beklagten/Widerklägerin den Betrag von CHF 310'699.zu bezahlen, inkl. Zinsen zu 5 % seit dem 1. Juli 2013.

alles unter Kostenund Entschädigungsfolge.

Das Gericht zieht in Erwägung:

1. Prozessgeschichte

Mit Eingabe vom 25. Juni 2013 (Datum Poststempel) samt Beilagen machte der Kläger und Widerbeklagte (fortan Kläger) das vorliegende Verfahren mit den oben genannten Rechtsbegehren anhängig (act. 1-3). Nach Eingang des verlangten Kostenvorschusses (Prot. S. 2 f.; act. 4; act. 7) wurde der Beklagten und Widerklägerin (fortan Beklagten) mit Verfügung vom 3. September 2013 Frist zur Einreichung der Klageantwort angesetzt (Prot. S. 4; act. 9). Am 14. November 2013 reichte die Beklagte die Klageantwort ein und erhob eine Widerklage mit den ebenfalls oben genannten Rechtsbegehren (act. 12-14). Mit Verfügung vom

19. November 2013 wurde der Beklagten die Leistung eines Vorschusses auferlegt und den Parteien Frist angesetzt, um sich zur sachlichen Zuständigkeit des Handelsgerichts bezüglich der Widerklage zu äussern (Prot. S. 5 f.; act. 15). Innert Frist leistete die Beklagte den Vorschuss (act. 17) und reichte ihre Stellungnahme zur sachlichen Zuständigkeit des Handelsgerichts ein (act. 20). Der Kläger sandte seine entsprechende Stellungnahme vom 9. Januar 2014 jedoch versehentlich an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich, worauf er sie mit Eingabe vom 14. Januar 2014 (Datum Poststempel; vorab per Fax) auch noch hierorts einreichte und deren Annahme als fristwahrende Eingabe sowie eventualiter die Fristwiederherstellung beantragte (act. 24-26). Die irrtümlicherweise an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich gerichtete klägerische Eingabe vom 9. Januar 2014 wurde inklusive des Original-Barcodes der Sendung an das hiesige Gericht übermittelt und ging am 16. Januar 2014 ein (act. 27-30). Mit Verfügung vom

16. Januar 2014 wurde der Beklagten Frist zur Einreichung einer Stellungnahme betreffend die erwähnten prozessualen Anträge des Klägers angesetzt

(Prot. S. 8 f.; act. 31), welche am 13. Februar 2014 einging (act. 34) und in der Folge dem Kläger zugestellt wurde (Prot. S. 10; act. 35).

  1. Parteien und Streitgegenstände

    1. Beim Kläger handelt es sich um eine natürliche Person mit Wohnsitz in C. . Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in D. . Sie bezweckt u.a. den Bau und Handel sowie die Verwaltung von Liegenschaften (act. 3/2).

    2. Der Kläger verlangt mit der Klage die Rückzahlung eines von ihm an die Beklagte gewährten Darlehens von CHF 250'000.-. Unbestrittenermassen haben die Parteien am 25. Oktober 2010 einen Darlehensvertrag über diese Summe abgeschlossen und hat die Beklagte das Darlehen erhalten. Als Rückzahlungstermin wurde der 30. September 2015 vereinbart (act. 1 Rz. 4 und 12; act. 12 S. 4;

      act. 3/4).

      Ziffer 3 des Darlehensvertrags sieht hinsichtlich der Darlehensverzinsung vor:

      Der Jahreszins beträgt CHF 9'910.75 und basiert auf einem Jahreszins von

      3.91 % (365/360). Das Darlehen wird per 31.12.2011 zinslos gestellt. (act. 3/4). Während sich der Kläger u.a. unter Berufung auf ein nicht unterzeichnetes Besprechungsprotokoll vom 08.08.2010 [ ] und 22.08.2010 [ ] vom 26. August

      2010 (act. 3/11 S. 3) auf den Standpunkt stellt, nach dem Willen der Parteien habe der Kläger (nur) für das erste Geschäftsjahr bis Ende 2011 auf die Verzinsung verzichtet (act. 1 Rz. 8 und 10), geht die Beklagte umgekehrt davon aus, dass die Parteien ab dem zweiten Darlehensjahr auf eine Verzinsung verzichtet hätten (act. 12 S. 4).

      Mit Schreiben vom 1. Oktober 2012 sowie 11. und 25. Januar 2013 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm den Jahreszins von CHF 9'910.75 für das Jahr 2012 zu bezahlen (act. 3/5-6; act. 14/3-5). Nachdem keine Zahlung erfolgt war, teilte er der Beklagten mit Schreiben vom 6. Februar 2013 mit, er trete in Ausübung seines Wahlrechts gestützt auf Art. 107 OR unverzüglich vom Vertrag zurück und fordere den damit fällig werdenden Gesamtbetrag von CHF 259'910.75 von der Beklagten (act. 3/7; act. 14/6). Mit Schreiben vom 7. Februar 2013 stellte sich diese auf den Standpunkt, sie befinde sich nicht in Verzug und ein Vertragsrücktritt sei nicht zulässig bzw. die Kündigung vom 6. Februar 2013 werde nicht akzeptiert, weil der Kläger in seinen Schreiben einen Jahreszins für das Jahr 2012 geltend mache, für welches kein Zins geschuldet sei (act. 3/8; act. 14/7). Auf ein entsprechendes Schreiben des Klägers vom 19. Februar 2013 hin (act. 3/9;

      act. 14/8) stellte die Beklagte sodann mit Schreiben vom 28. Februar 2013 in Abrede, dass die klägerischen Schreiben im Januar 2013 auch Gültigkeit für allfällige Zinsen für das Jahr 2011 hätten, da unmissverständlich die Zinsen für das Jahr 2012 in Verzug gesetzt worden seien (act. 3/10; act. 14/9).

      Strittig ist in diesem Prozess demnach, ob die Darlehensvaluta sowie ein Jahreszins zur (Rück-)Zahlung an den Kläger fällig geworden sind.

    3. Im Rahmen der Widerklage führt die Beklagte aus, sie sei eigens im Zusammenhang mit dem Erwerb der Grundstücke an der E. -Strasse 1..., 2... und 3... in F. und dem damit zusammenhängenden Gesamtprojekt Umbau und Sanierung E. -Strasse im September 2010 gegründet worden. Mit Kaufvertrag vom 23. September 2010 habe sie vom Kläger das Grundstück an der E. -Strasse 1 in F. erworben, wobei der Betrag von

      CHF 250'000.als Kaufpreisrestanz vom Kläger stehen gelassen und ihr, der Beklagten, als Darlehen übergeben worden sei. Die Parteien seien sich einig gewe-

      sen, dass der Kläger im Rahmen des Gesamtprojektes E. -Strasse die Bauleitung und Bauplanung sowie die Ausführung diverser Arbeiten als Einzelunternehmer übernehmen würde (act. 12 S. 7). Im Rahmen des Gesamtprojekts

      E. -Strasse (Bauphase 1-3) hätten u.a. die Liegenschaft 2 und 3 saniert und in Wohneinheiten (Mietwohnungen) umgebaut werden sollen. Es sei geplant gewesen, dass der Kläger die Bauphase 1 (E. -Strasse 3 ) spätestens per 30. April 2012 erfolgreich abschliessen würde, wobei ihm ein Kostendach von CHF 100'000.zur Verfügung gestanden sei. Für die Einhaltung des Kostenrahmens und der Zeitvorgaben habe der Kläger verantwortlich gezeichnet, weshalb er als Nichtaktionär und Nichtgründungsmitglied trotzdem in den beklagtischen Verwaltungsrat gewählt worden sei (act. 12 S. 7 f.).

      Die Bauarbeiten im Jahr 2011 seien planmässig und innerhalb der Kostenvorgaben der Beklagten erfolgt. Zwischen Januar bis April 2012 habe die Beklagte jedoch festgestellt, dass die Kosten wie auch die Zeitvorgabe vom Kläger massiv überschritten worden seien. Auf die entsprechenden Abklärungen und Fragen innerhalb des Verwaltungsrates habe der Kläger ausweichend und mit Schuldzuweisungen an Dritte reagiert, worauf die Beklagte als Sofortmassnahme die einstweilige Einstellung der persönlichen Zahlungen an den Kläger sowie die Einführung eines verschärften Controllings beschlossen habe (act. 12 S. 8).

      Ende Juni 2012 habe der Kläger ohne vorangehende Kontaktaufnahme mit der Beklagten und im Widerspruch zu seiner Zusicherung anlässlich der Geschäftsleitungssitzung vom 4. Juni 2012 sowohl seine Tätigkeiten in der Bauplanung und Bauleitung wie auch seine Tätigkeiten in der Ausführung diverser Bauarbeiten per sofort eingestellt. Sämtliche Versuche der Kontaktaufnahme durch die Beklagte seien vom Kläger unbeantwortet geblieben. Rückwirkend per Ende Juni 2012 habe der Kläger mit E-Mail vom 28. August 2012 überraschend sämtliche Tätigkeiten zugunsten der Beklagten gekündigt (act. 12 S. 8 f.).

      Zwischen Juli 2012 und Mai 2013 habe der Verwaltungsrat der Beklagten,

      G. , die Verantwortung für die Bauleitung und Bauplanung übernommen. In dieser Zeit sei die Beklagte mit diversen Gerichtsverfahren z.B. auf Eintragung von Bauhandwerkerpfandrechten sowie diverser Mietrechtsstreitigkeiten konfrontiert gewesen. Diese seien darin begründet gewesen, dass einerseits die Handwerker (Unterakkordanten) vom Kläger nicht bezahlt worden seien und andererseits bestehende Mieter aufgrund der massiven Bauzeitüberschreitung und aufgrund von Lärmund Geruchsemissionen entsprechende Mietverfahren gegen die Beklagte eingeleitet hätten. Einige dieser Prozesse seien noch hängig, und deren Ausgang beeinflusse die Schadenssumme (act. 12 S. 9).

      Zusätzlich habe sich die Beklagte zunehmend mit massiven Baumängeln und Wertverminderungen in der Bausubstanz konfrontiert gesehen. Ein durch die Beklagte in Auftrag gegebenes Gutachten (act. 14/13) komme zum Schluss, neben den Restumbaukosten würden Zusatzkosten von CHF 95'604.entstehen, die bei einem fachmännisch geleiteten Projekt nicht entstanden wären. Diese würden sich ergeben durch Informationsverlust und Reorganisation in der Folge der Niederlegung des Bauleitungsmandates in der kritischen Endfertigungsphase, Mängelbeseitigungsarbeiten in Folge Akzeptanz von unfachmännischer Planung und Arbeitsausführung durch die Bauleitung, Arbeitserschwernis in Folge erschwerter Fertigstellungsarbeiten durch unfachmännische Organisation der Arbeitsabläufe durch die Bauleitung sowie schliesslich Wertminderung in Folge grober Planungsund Ausführungsfehler und Akzeptanz durch die Bauleitung, die zu erhöhten Unterhaltskosten und früherer Erneuerung führen würden (act. 12 S. 9 f.).

      Hinzu kämen diverse Mehraufwendungen der Beklagten, welche aus dem mangelhaften Bauplanungsund Bauleitungsauftrag und den mangelhaften Umbauund Sanierungsarbeiten resultiert seien. Diese würden auf CHF 215'085.beziffert (act. 12 S. 10 ff.).

      Der Kläger konnte sich in materieller Hinsicht noch nicht zur Widerklage äussern.

    4. In prozessualer Hinsicht ist unter den Parteien die ohnehin von Amtes wegen zu prüfende Frage der Zulässigkeit der Widerklage streitig. Über diese Zulässigkeit ist im Folgenden zu entscheiden.

  2. Prozessuale Anträge betreffend die klägerische Stellungnahme zur sachlichen Zuständigkeit des Handelsgerichts bezüglich der Widerklage

Die Beklagte beantragt mit ihrer Eingabe vom 12. Februar 2014, der Kläger sei bezüglich seiner Stellungnahme vom 9. Januar 2014 als säumig zu erklären, sein Fristwiederherstellungsgesuch vom 14. Januar 2014 sei abzuweisen und die klägerische Stellungnahme vom 9. Januar 2014 sei aus dem Recht zu weisen

(act. 34 S. 3).

Gemäss Art. 143 Abs. 1 ZPO müssen Eingaben spätestens am letzten Tag der Frist beim Gericht eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer schweizerischen diplomatischen konsularischen Vertretung übergeben werden. Der Kläger reichte seine Eingabe vom 9. Januar 2014 erwähntermassen beim Handelsregisteramt des Kantons Zürich anstatt beim Handelsgericht ein (act. 28), wobei seine Frist bis 10. Januar 2014 erstreckt worden war (Prot. S. 6).

Entgegen der beklagtischen Ansicht ist eine fristwahrende Wirkung indessen nicht nur bei rechtzeitig, aber irrtümlich gegenüber einem unzuständigen Gericht erfolgter Prozesshandlung anzunehmen, sondern auch bei einer anderen Behörde, wie zum Beispiel einem kantonalen Amt. Ein sachlicher Grund für die Unterscheidung zwischen einem unzuständigen Gericht und einer anderen unzuständigen Behör- de ist nicht ersichtlich und entspricht auch nicht den von der Beklagten zitierten Lehrmeinungen von FREI und HOFFMANN-NOWOTNY (vgl. dazu den nächsten Abschnitt).

Zwar fehlt der Schweizerischen Zivilprozessordnung eine Art. 48 Abs. 3 BGG nachgebildete Bestimmung, wonach eine Frist auch dann gewahrt ist, wenn die Eingabe rechtzeitig bei einer unzuständigen Behörde eingereicht worden ist. Die ZPO geht indessen vom Bestreben aus, Fristwahrungen möglichst zu retten

(vgl. Art. 63 ZPO). Verschiedene Autoren verneinen ein qualifiziertes Schweigen, wobei sie für die Anwendung von Art. 48 Abs. 3 BGG als allgemeiner Rechtsgrundsatz plädieren (MERZ, in: DIKE-Komm-ZPO, Art. 143 N. 5; HOFFMANNNOVOTNY, in: KUKO ZPO, Art. 143 N. 4; BENN, in: BSK ZPO, Art. 143 N. 3; FREI,

in: BK ZPO, Art. 143 N. 16 mit weiteren Hinweisen auf die Lehre). Die Recht suchende Person soll nicht ohne Not aus übertriebener Formstrenge um die Beurteilung ihres Rechtsbegehrens durch die zuständige Instanz gebracht werden (AMSTUTZ/ARNOLD, in: BSK BGG, Art. 48 N. 21), und ihr dürfen auch anderweitig keine unverhältnismässigen Nachteile erwachsen. Dieser Auffassung ist zu folgen.

Hinsichtlich der rechtlichen Ausführungen des Klägers in seiner Eingabe vom

9. Januar 2014 (act. 28) ist im Übrigen daran zu erinnern, dass das Gericht das Recht von Amtes wegen anzuwenden hat (iura novit curia). Soweit der Kläger Tatsachen vorträgt, ist die Beklagte ferner darauf hinzuweisen, dass die prozessualen Voraussetzungen der Widerklage von Amtes wegen geprüft werden (vgl. Art. 60 ZPO; KILLIAS, in: BK ZPO, Art. 224 N. 43), weshalb das Vorbringen neuer Tatsachen bis zur Urteilsberatung möglich ist (vgl. Art. 229 Abs. 3 ZPO).

Schliesslich ist festzuhalten, dass die Nichtberücksichtigung der klägerischen Eingabe vom 9. Januar 2014 (act. 28) am hiermit vorweggenommenen Ergebnis der Nichtzulässigkeit der Widerklage ohnehin nichts ändern würde.

Der mit Eingabe vom 14. Januar 2014 gestellte klägerische prozessuale Antrag betreffend die Annahme der irrtümlicherweise beim Handelsregisteramt des Kantons Zürich eingereichten Stellungnahme hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit des Handelsgerichts als fristwahrende Eingabe ist damit gutzuheissen, und der Eventualantrag bezüglich der Fristwiederherstellung erweist sich als gegenstandslos (act. 25). Die mit Eingabe vom 12. Februar 2014 gestellten beklagtischen prozessualen Anträge sind abzuweisen (act. 34).

  1. Widerklage

    1. Parteistandpunkte

      1. Beklagte

        Mit ihrer Stellungnahme zur Frage der sachlichen Zuständigkeit des Handelsgerichts Zürich bezüglich der Widerklage vom 10. Dezember 2013 beantragt die Beklagte, diese Frage sei erst nach der Vergleichsverhandlung vom 26. Februar

        2014 zu beurteilen. Im Eventualstandpunkt beantragt sie, das Handelsgericht Zürich sei auch für die Widerklage als sachlich zuständig zu erklären.

        Die Beklagte hält dazu fest, der Kläger habe verschiedene Verfahren vor dem Handelsgericht Zürich eingeleitet (act. 20 Rz. 1). Eine gütliche Einigung mache nur Sinn, wenn alle Forderungen und Gegenforderungen der Parteien Gegenstand der Vergleichsverhandlungen seien (act. 20 Rz. 3). Durch die Erhebung der Widerklage werde dies ermöglicht (act. 20 Rz. 4). Ein Trennen der Widerklage von der Hauptklage hätte zur Folge, dass kein Vergleich im Sinne einer Gesamtlösung möglich wäre, die einzelnen Verfahren ohne vorgängige Vergleichsverhandlung beurteilt werden müssten, die Forderungen der Widerklage in einem weiteren, separaten Prozess behandelt würden und die Parteien unter entsprechenden Zeitund Kostenfolgen weitere Jahre nicht zur Ruhe kommen würden. Diese Konsequenzen könnten weder im Interesse der Parteien noch in jenem der betroffenen Gerichte sein (act. 20 Rz. 6).

        Die Voraussetzungen des Art. 224 ZPO seien erfüllt, namentlich sei die Identität der Parteien und das Erfordernis des sachlichen Zusammenhangs (Konnexität) der Widerklage mit der Hauptklage gegeben, da alle Forderungen und Gegenforderungen aus dem gleichen Lebenssachverhalt, nämlich aus dem Überbauungsprojekt E. -Strasse in F. , resultieren würden. Schliesslich werde der widerklageweise geltend gemachte Anspruch auch in der gleichen Verfahrensart wie die Hauptklage (im ordentlichen Verfahren gemäss Art. 219 ff. ZPO) beurteilt (act. 20 Rz. 7).

        Nach herrschender Lehre sei die gleiche sachliche Zuständigkeit für Hauptund Widerklage nicht erforderlich. Die herrschende Lehre halte zu Recht fest, dass eine im Handelsregister eingetragene Person, die in Ausübung ihres Wahlrechtes (Art. 6 Abs. 3 ZPO) eine Aktiengesellschaft beim Handelsgericht einklage, damit rechnen müsse, dort mit einer Widerklage ins Recht gefasst zu werden (act. 20 Rz. 8).

      2. Kläger

        Der Kläger beantragt mit seiner Stellungnahme zur Frage der sachlichen Zustän- digkeit des Handelsgerichts Zürich bezüglich der Widerklage vom 9. Januar 2014, es sei die Nichtzuständigkeit des Handelsgerichts Zürich festzustellen und auf die Widerklage mangels sachlicher und örtlicher Zuständigkeit des Handelsgerichts Zürich unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten nicht einzutreten (act. 28 Rz. 1-3).

        Zur Begründung verweist der Kläger im Wesentlichen auf den Umstand, dass er eine natürliche Person und daher nicht im schweizerischen Handelsregister eingetragen sei, weshalb die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 2 lit. c und Abs. 3 ZPO für die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts zur Behandlung der beklagtischen Widerklage gegen ihn nicht erfüllt seien (act. 28 Rz. B.2). Ein Abweichen vom Doppelinstanzenprinzip sei nur für handelsgerichtliche Streitsachen vorgesehen (act. 28 Rz. B.3).

        Zumindest mit Blick auf Art. 14 ZPO (Gerichtsstand der Widerklage) müsse ein hinreichender sachlicher Zusammenhang zwischen Klage und Widerklage (Konnexität) gefordert werden, zumal der ordentliche Gerichtsstand für die Widerklage gemäss Art. 31 ZPO vom Gerichtsstand für die Klage abweiche (act. 28 Rz. B.5). Falls das Handelsgericht als Kriterium für die Beurteilung der sachlichen Zustän- digkeit betreffend die Widerklage auf die Konnexität zwischen Klage und Widerklage abstellen sollte, sei Konnexität vorliegend zu verneinen (act. 28 Rz. B.6.1).

        Der Kläger habe der Beklagten das Darlehen als Privatperson gewährt, während die Widerklage Arbeiten der früher noch existierenden Einzelunternehmung

        H. betreffe. Seit dem 21. Dezember 2012 sei die I. GmbH mit Sitz in J. Rechtsnachfolgerin dieser Einzelunternehmung, weshalb das Erfordernis der Identität der Parteien nicht erfüllt sei (act. 28 Rz. B.6.3).

        Das vom Kläger der Beklagten gewährte Darlehen habe im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag betreffend die Liegenschaft an der E. -Strasse 1 in

        F. gestanden; der Kläger habe [als Verkäufer] den Restkaufpreis von

        CHF 200'000.- der Beklagten als Darlehen stehen gelassen. Am 25. Oktober 2010 hätten die Parteien den Darlehensvertrag abgeschlossen, wobei der Kläger und dessen Mutter für dieses Darlehen weitere CHF 50'000.beigesteuert hätten. Der Beklagten habe es 2010 einerseits an Liquidität gemangelt, andererseits hätten die weiteren der Beklagten als Darlehen gewährten CHF 50'000.- dieser für die Bereitstellung von Eigenkapital für den Kauf der Liegenschaft E. - Strasse 2 /3 in F. gedient (act. 28 Rz. B.6.4).

        Die Klage stütze sich auf einen zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag. Mit der Widerklage berufe sich die Beklagte auf mangelhafte Arbeitsleistungen des Klägers im Zusammenhang mit einem zwischen ihr und der H. geschlossenen Werkvertrag Auftrag. Bei der Klage gehe es um die Rückzahlung des der Beklagten vom Kläger gewährten Darlehens, das in einem Zusammenhang mit dem Kaufvertrag betreffend die Liegenschaft E. -Strasse 1 in F. stehe. Mit der Widerklage mache die Beklagte mangelhafte, ungehörige nicht erbrachte Arbeitsleistungen der H. betreffend die Liegenschaften 2 /3 in F. geltend. Klage und Widerklage seien auch nicht Ausfluss eines gemeinsamen Rechtsverhältnisses würden in einer engen rechtlichen Beziehung zueinander stehen (act. 28 Rz. B.6.6).

    2. Rechtliches

      1. Wesen und Zweck einer Widerklage

        Mit einer Widerklage macht die beklagte Partei gegen die klagende Partei einen von der bereits rechtshängigen Hauptklage nicht erfassten, unabhängigen Gegenanspruch geltend (PAHUD, in: DIKE-Komm-ZPO, Art. 224 N. 1). Die Widerklage ist somit eine selbständige Klage im Rahmen eines anderen Prozesses und mithin weder Angriffsnoch Verteidigungsmittel, sondern eine Klage wie die Vorklage bzw. ein gegen den Angriff geführter Gegenangriff, mit welchem die Beklagtenseite ein selbständiges Ziel verfolgt (BGE 123 III 35 E. 3.b).

        Die Selbständigkeit der Widerklage bedeutet, dass sie nur insoweit eigenen Verfahrensregeln untersteht, als es der Verbindungszusammenhang mit der Hauptklage rechtfertigt (kein Schlichtungsgesuch; Gesamtstreitwert massgebend für die Prozesskosten gemäss Art. 94 Abs. 2 ZPO; besonderer Widerklagegerichtsstand gemäss Art. 14 ZPO), und im Übrigen verfahrensrechtlich wie eine Hauptklage zu behandeln ist (WILLISEGGER, in: BSK ZPO, Art. 224 N. 15 ff.).

        Das Institut der Widerklage dient der Prozessökonomie, indem Ansprüche und Gegenansprüche der Parteien in einem einzigen Prozess behandelt werden kön- nen. Dies ermöglicht eine gesamthafte Erledigung von miteinander zusammenhängenden Streitsachen, wodurch widersprüchliche Urteile verhindert werden.

      2. Voraussetzungen

        1. Im Allgemeinen

          Neben den allgemeinen Prozessvoraussetzungen wie zum Beispiel der Parteiund Prozessfähigkeit (vgl. Art. 59 ZPO) bildet zunächst die Rechtshängigkeit einer Hauptklage Voraussetzung für die Erhebung einer Widerklage. Weiter müssen die Parteien der Hauptund der Widerklage identisch sein. Ist eine Einzelfirma am Prozess beteiligt, ist nicht sie selbst, sondern deren Inhaber, d.h. die physische Einzelperson, als Partei aufzuführen (HRUBESCH-MILLAUER, in: DIKE-Komm-ZPO, Art. 66 N. 22). Art. 224 Abs. 1 ZPO statuiert sodann, dass eine Widerklage nur zulässig ist, wenn für sie die gleiche Verfahrensart wie für die Hauptklage anwendbar ist (KILLIAS, a.a.O., Art. 224 N. 19 ff.).

        2. Gleiche örtliche Zuständigkeit

          Auf die Widerklage ist nur einzutreten, falls das mit der Hauptklage befasste Gericht auch für die Widerklage örtlich zuständig ist. Ist kein Gerichtsstand für die Widerklage gegeben, fehlt eine Prozessvoraussetzung (vgl. wiederum Art. 59 ZPO).

          Gemäss Art. 14 Abs. 1 ZPO kann beim für die Hauptklage örtlich zuständigen Gericht Widerklage erhoben werden, wenn die Widerklage mit der Hauptklage in einem sachlichen Zusammenhang steht. Dieses Erfordernis der Konnexität ergibt sich aus der Garantie des Wohnsitzgerichtsstands (Art. 30 Abs. 2 ZPO; LEUEN-

          BERGER, in: SUTTER-SOMM/HASENBÖHLER/LEUENBERGER, ZPO Komm., Art. 224 N. 12).

          Die Praxis und Lehre zu Art. 59 aBV, Art. 8 IPRG sowie Art. 6 GestG in Bezug auf die Frage des sachlichen Zusammenhangs zwischen Hauptund Widerklage ist auch für die Anwendung von Art. 14 ZPO massgebend. Konnexität in diesem Sinne liegt demnach vor, wenn die beiden Klagen a) auf dem gleichen (vertraglichen ausservertraglichen) Rechtsverhältnis beruhen b) aus dem gleichen Lebenssachverhalt hervorgehen dasselbe Objekt zum Gegenstand haben c) Ausfluss eines gemeinsamen Rechtsverhältnisses sind sonst eine enge rechtliche Beziehung zueinander haben (FÜLLEMANN, in: DIKE-Komm-ZPO, Art. 14 N. 8 f.).

          Ein Zusammenhang tatsächlicher rechtlicher Art besteht nicht bereits, wenn die streitigen Vertragsbeziehungen der Parteien in einen gewissen Zusammenhang gebracht werden können. Für die Annahme von Konnexität genügt somit nicht, dass die in Klage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche auf Rechtsverhältnissen beruhen, die ihrerseits in weiterem Sinne auf personellen Verflechtungen gründen, dass die Beteiligten anderweitig in Geschäftsbeziehung stehen. Das Vorliegen desselben Sachverhalts ist zu verneinen, wenn es ohne Weiteres möglich ist, den für die Beurteilung der Klage massgebenden Sachverhalt ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Grundlagen der Widerklage abzuklären. Bedarf es für die Beurteilung der Widerklage zusätzlicher und anderer Sachverhaltselemente als für die Entscheidung der Klage, fehlt es somit an der Voraussetzung eines gemeinsamen rechtserheblichen Sachverhalts

          (BGE 129 III 230 E. 3.3 und 3.3.1).

          Eine rechtlich enge Beziehung wurde beispielsweise schon bejaht bei einer Forderungsklage nach dahingefallenem Arrest und der Widerklage auf Schadenersatz aus demselben, als ungerechtfertigt behauptetem Arrest, bei Ansprüchen aus verschiedenen Verträgen, die nach dem Willen der Parteien eine Einheit bilden sollten (BGer. 5C.260/2006 E. 3.1 mit Verweisungen auf ältere Bundesgerichtsentscheide). Eine solche Beziehung, welche bei separater Behandlung die Gefahr widersprüchlicher Beurteilung bergen würde, liegt indessen nicht vor,

          wenn die Ansprüche aus Klage und Widerklage verschiedene Entstehungsgründe haben bzw. weder aus demselben Vertrag abgeleitet werden noch indirekt etwa in der Weise zusammenhängen, dass sie auf einem umfassenderen Rechtsverhältnis wie einem Rahmenvertrag beruhen (BGE 129 III 230 E. 3.3.2). Blosse Verrechenbarkeit genügt für die Annahme von Konnexität ebenso wenig wie die prozessökonomische Absicht, sämtliche streitigen Rechtsbeziehungen unter den Parteien möglichst umfassend zu bereinigen (BGE 129 III 230 E. 3.3.3).

          Ergibt sich ein Gerichtsstand der Widerklage jedoch aus einer anderen Gerichtsstandsnorm (z.B. aus dem Wohnsitzgerichtsstand) etwa aus einer Gerichtsstandsklausel, ist ein sachlicher Zusammenhang zwischen Hauptund Widerklage zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit nicht notwendig bzw. es dürfen beim Hauptklagegericht mit der Widerklage auch Ansprüche geltend gemacht werden, die nicht konnex sind (LEUENBERGER, a.a.O., Art. 224 N. 13; Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7339 Ziff.

          5.15).

        3. Sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts für die Widerklage und Bedeutung der Konnexität

          1. Keine explizite Regelung in der ZPO bei der Zuständigkeit eines Spezialgerichts für nur eine der beiden Klagen

            Die sachliche Zuständigkeit des Hauptklagegerichts für die Widerklage bildet gemäss dem Wortlaut von Art. 224 ZPO und Art. 14 ZPO keine Voraussetzung für die Erhebung einer Widerklage. Richtet sich die sachliche Zuständigkeit nach dem Streitwert und übersteigt der Streitwert der Widerklage die sachliche Zustän- digkeit des Gerichts, sieht Art. 224 Abs. 2 ZPO zwar eine Prozessüberweisung beider Klagen an das Gericht mit der höheren sachlichen Zuständigkeit vor. Die ZPO hält indessen nicht ausdrücklich fest, wie es sich verhält, wenn sich die Zuständigkeit nach der Natur der Streitsache bestimmt (PAHUD, a.a.O., Art. 224

            N. 20). Art. 224 Abs. 2 ZPO regelt mit anderen Worten diejenigen Fälle nicht, bei denen für (lediglich) eine der beiden Klagen eine spezialgerichtliche Zuständigkeit

            besteht (SOGO, Widerklage in handelsrechtlichen Streitigkeiten; Kernpunkttheorie und Erfordernis der gleichen sachlichen Zuständigkeit, in: ZBJV 147/2011 942).

          2. Regelung durch Bundesrecht

            Es stellt sich die Frage, ob das Erfordernis der gleichen sachlichen Zuständigkeit in Art. 224 und Art. 14 ZPO nicht aufgeführt wird, weil der Bundesgesetzgeber es aufgrund seiner Nähe zum Gerichtsorganisationsrecht kantonaler Regelung überlassen wollte (vgl. Art. 4 Abs. 1 ZPO; SOGO, a.a.O., 940).

            Im Zusammenhang mit der Widerklage sah der Begleitbericht zum Vorentwurf der ZPO, welcher noch keine Art. 224 Abs. 2 ZPO entsprechende Bestimmung kannte, die Anwendung von kantonalem Recht vor. Nachdem verschiedene Vernehmlassungsteilnehmer ihre Bedenken gegen eine kantonale Restkompetenz geäussert und eine abschliessende bundesrechtliche Regelung gefordert hatten, wurde als Ergebnis Art. 224 Abs. 2 ZPO eingefügt. In der Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung kommt sodann ebenfalls zum Ausdruck, dass gewisse besondere Instrumente des Zivilprozesses, wie zum Beispiel die Widerklage, einheitliche Zuordnungen bzw. bundesrechtliche Regelungen verlangten. Hinsichtlich der Handelsgerichtsbarkeit fehlt den Kantonen zudem ohnehin weitgehend (bzw. vorbehältlich des durch Art. 6 Abs. 4 ZPO gewährten Spielraums) die Kompetenz zur Regelung der sachlichen Zuständigkeit. Der sachliche Zuständigkeitsbereich der Widerklage generell und insbesondere im Bereich der Handelsgerichtsbarkeit ist somit grundsätzlich dem Bundesrecht zu entnehmen (vgl. SOGO, a.a.O., 942 f. u.a. mit Verweisen auf die entsprechenden Vernehmlassungen; BBl 2006 7259 Ziff. 5.2.1).

            Mit Entscheid vom 29. Mai 2012 hat das Bundesgericht zwar eine kantonale Be- schränkung der handelsgerichtlichen Zuständigkeit zugunsten der ordentlichen Gerichte für zulässig erachtet. Demnach müsse es den Kantonen im Rahmen ihrer Kompetenz zur Regelung der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte (Art. 4 ZPO) erlaubt sein, aus prozessökonomischen Gründen und zur Vermeidung widersprüchlicher Urteile eine einheitliche sachliche Zuständigkeit für eine passive Streitgenossenschaft vorzusehen. Wäre für gewisse Streitgenossen das Handelsgericht sachlich zuständig und für andere das ordentliche Gericht, könnten sie die Zuständigkeit zwar nicht gesamthaft dem Handelsgericht übertragen; denn dessen Zuständigkeit sei durch das Bundesrecht begrenzt und könne nicht auf weitere Fälle (insbesondere auf beklagte Personen, die nicht im Handelsregister eingetragen sind) ausgedehnt werden. Hingegen spreche nichts dagegen, die Zuständigkeit des Handelsgerichts für solche Fälle aufzuheben und das ordentliche Gericht für alle Klagen zuständig zu erklären. Die Regelung der handelsgerichtlichen Zuständigkeit nach Art. 6 ZPO bezwecke nicht, in ihrem Anwendungsbereich die einfache Streitgenossenschaft zu verhindern. Es sei dem Kanton, dem es freistehe, die Handelsgerichtsbarkeit überhaupt einzuführen, zuzugestehen, mit seiner Regelung der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte zu ermöglichen, Streitgenossen vor dem gleichen Gericht einzuklagen (BGE 138 III 471 E. 5.1; vgl. auch BGer. 4A_239/2013 E. 3.3 und 3.4).

            Im Bereich des Instituts der Widerklage verhält es sich indessen anders, weil die gleiche sachliche Zuständigkeit anders als nach herrschender Lehre bei der passiven Streitgenossenschaft gemäss Art. 71 ZPO gar nicht in jedem Fall erforderlich ist, wie zu zeigen sein wird (a.A. in Bezug auf eine kantonale Kompetenz WILLISEGGER, a.a.O., Art. 224 N. 51 mit Verweis auf die Botschaft und den soeben erwähnten BGE 138 III 471). Die Möglichkeit der Überweisung an von einem Spezialgericht ist zudem von Bundesrechts wegen ausgeschlossen (Art. 224 Abs. 2 ZPO e contrario; vgl. auch dazu weiter unten).

          3. Botschaft und Doktrin

            In der Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung wird im Zusammenhang mit der Überweisung beider Klagen an das Gericht mit der höheren Spruchkompetenz (Art. 224 Abs. 2 ZPO) ausgeführt, dass diese Überweisung selbstverständlich nur stattfinden könne, wenn die Klägerin dadurch keine Instanz verliere. So dürfe in einem Prozess, der bei einem unteren kantonalen Gericht hängig sei, keine Widerklage erhoben werden, die in die sachliche Zuständigkeit der einzigen kantonalen Instanz etwa des Handelsgerichts falle (BBI 2006 7340 Ziff. 5.15). Zu diesem Punkt herrscht auch in der Lehre Einigkeit. Die Botschaft äussert sich indessen nicht zum umgekehrten Fall, in dem die

            Hauptklage vor Handelsgericht rechtshängig ist und die Widerklage grundsätzlich vor Bezirksgericht erhoben werden müsste. Diese Konstellation wird in der Lehre kontrovers beurteilt.

            Verschiedene Autoren vertreten die Auffassung, wonach im Rahmen eines Prozesses am Handelsgericht die Möglichkeit einer Widerklage über eine Streitigkeit, die nicht unter Art. 6 Abs. 2 und 3 ZPO fällt, nicht gegeben ist. PAHUD begründet dies damit, dass nur für diese bestimmten Streitsachen ein Abweichen vom Doppelinstanzenprinzip vorgesehen sei (PAHUD, a.a.O. Rz. 24; LERCH, in: GEHRI/KRAMER, ZPO Kommentar, Art. 224 N. 13; STAEHELIN/STAEHELIN/GROLI-

            MUND, Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Basel 2012, § 14 N. 33; BRÖNNIMANN, in: recht 2009, 88 f.). Gemäss FÜLLEMANN soll der nicht im Handelsregister eingetragenen Klägerin immerhin bei konnexen Widerklagen die Möglichkeit der vorbehaltlosen (sachlichen und funktionellen) Einlassung anheim gestellt sein. Ein striktes Festhalten am Doppelinstanzenprinzip sei hier wenig überzeugend, da die Einlassungsmöglichkeit bei der Widerklage nur die konsequente Fortsetzung des durch die ZPO eröffneten Wahlrechts und damit verbundenen ermöglichten Instanzenverzichts darstelle (FÜLLEMANN, a.a.O., Art. 14 Rz. 21 und Art. 18 Rz. 5).

            LEUENBERGER hält zwar im Allgemeinen ebenfalls dafür, dass eine Widerklage vor dem Handelsgericht unzulässig sei, wenn nicht auch sie in die Zuständigkeit des Handelsgerichts falle. Habe aber eine klagende Partei, die nicht im Handelsregister eingetragen sei, das Handelsgericht aufgrund ihres Wahlrechts gemäss Art. 6 Abs. 3 ZPO angerufen, müsse sie damit rechnen, dass sie vor Handelsgericht mit einer Widerklage konfrontiert werde (LEUENBERGER, a.a.O., Art. 224 Rz. 16 gestützt auf MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, Zürich/Basel/Genf 2010, 71; beipflichtend auch NAEGELI, in: KUKO ZPO, Art. 224 N. 10). Zum gleichen Ergebnis kommen HAUSER/SCHWERI/LIEBER. Aus dem Umstand, dass gemäss Art. 14 ZPO bei gegebenem sachlichen Zusammenhang am Gericht, das für die Hauptklage örtlich zuständig ist, Widerklage erhoben werden kann, leiten sie ab, dass auch die Widerklage eines Unternehmers gegen einen Privaten, der vor Handelsgericht geklagt hat, zulässig sei. Ein Privater müsse demnach mit einer Widerklage rechnen, wenn er für seinen Prozess das Handelsgericht wähle, sofern das

            Gesetz nichts anderes vorsehe (HAUSER/SCHWERI/LIEBER, GOG Kommentar, Zürich/Basel/Genf 2012, § 45 N. 73).

            KILLIAS lässt eine Widerklage vor Handelsgericht gegen einen nicht im Handelsregister eingetragenen Kläger der Hauptklage unter der einschränkenden Voraussetzung zu, dass es sich bei der Widerklage um einen Anspruch handelt, der die geschäftliche Tätigkeit zwischen den Parteien betrifft (KILLIAS, a.a.O., Rz. 41). Eine differenzierte Lösung schlägt auch SOGO vor, gemäss welchem auf das gleiche sachliche Zuständigkeitserfordernis zumindest immer dann zu verzichten ist, wenn die Widerklage wegen der Sperrwirkung der Rechtshängigkeit gemäss Kernpunktetheorie bis zur Erledigung der Hauptklage von keinem anderen als dem mit der Hauptklage befassten Gericht behandelt werden darf (SOGO, a.a.O., 968). Weitergehend sprechen für RAPOLD/FERRARI-VISCA insbesondere prozess- ökonomische Überlegungen für die Zulassung von Widerklagen vor Fachgerichten, auch wenn sie nicht dieselbe Streitsache wie die Hauptklage betreffen. Bei Klagen vor Handelsgericht sei dabei jedoch die Konnexität der Widerklage zur Hauptklage zwingende Voraussetzung (RAPOLD/FERRARI-VISCA, Die Widerklage nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung, in: AJP 2013 403).

          4. Kompetenzattraktion anstatt Erfordernis der gleichen sachlichen Zuständigkeit bei konnexen Widerklagen vor Handelsgericht

            1. Ausgangslage

              Art. 224 Abs. 2 ZPO enthält zwar keine Möglichkeit der Überweisung von einem ordentlichen Gericht an ein Spezialgericht und eine Auslegung e contrario legt auch die Unzulässigkeit einer solchen Überweisung nahe. Daraus kann aber nicht bereits der Schluss gezogen werden, eine Widerklage, die nicht in dieselbe Spezialgerichtsbarkeit wie die Hauptklage falle, sei deshalb und per se ausgeschlossen. Denn erwähntermassen ist Regelungsgegenstand von Art. 224 Abs. 2 ZPO die Prozessüberweisung bei sich lediglich im Streitwert unterscheidenden Klagen. Aus dem Umstand, dass eine Überweisung nicht infrage kommt, weil sich die Klagen in der Natur der Streitsache unterscheiden, lässt sich nicht automatisch auf die Unzulässigkeit der Widerklage schliessen. Denn neben der Möglichkeit

              der Unzulässigkeit als Alternative zur Überweisung kommt als weitere Möglichkeit auch eine Kompetenzattraktion in Betracht, bei welcher das mit der Hauptklage befasste Gericht zugleich über die Widerklage entscheidet, selbst wenn es sachlich an sich nicht für sie zuständig wäre (SOGO, a.a.O., 957).

              Im Folgenden ist durch Auslegung zu ermitteln, ob und in welchen Fällen eine Kompetenzattraktion anzunehmen ist.

            2. Grammatikalische Auslegung

              Der Wortlaut von Art. 224 Abs. 1 ZPO setzt nach dem Gesagten für die Zulässigkeit der Widerklage nicht dieselbe sachliche Zuständigkeit für Hauptund Widerklage voraus. Eine Kompetenzattraktion des Handelsgerichts für die Widerklage gegen die nicht im Handelsregister eingetragene Widerbeklagte lässt sich somit mit dem Wortlaut vereinbaren.

            3. Systematische Auslegung

              In systematischer Hinsicht liegt auf den ersten Blick die Annahme einer impliziten Verweisung auf die Grundregel von Art. 59 Abs. 2 lit. b ZPO nahe. Nach dieser Bestimmung ist die sachliche Zuständigkeit nämlich Prozessvoraussetzung, und ihre Nennung bei den besonderen Voraussetzungen der Widerklage (als grundsätzlich eigenständige Klage) könnte als unnötige Wiederholung interpretiert werden. Gegen diese Auslegung spricht indessen, dass der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der objektiven Klagenhäufung gemäss Art. 90 lit. a ZPO u.a. explizit die gleiche sachliche Zuständigkeit zwischen den verschiedenen Ansprüchen verlangt (bei anderen Instituten wie zum Beispiel der subjektiven Klagenhäufung gemäss Art. 71 ZPO tut er dies allerdings wiederum nicht; vgl. SOGO, a.a.O., 945; RAPOLD/FERRARI-VISCA, a.a.O., 399; vgl. BGer. 4A_658/2012 E. 2.3 vom 15. April 2013).

              Aus dem Rechtsmittelsystem (Art. 308 ff. ZPO) sowie Art. 75 Abs. 2 BGG ergibt sich sodann das Doppelinstanzenprinzip. Danach ist der Instanzenzug grundsätzlich so zu gestalten, dass eine Streitigkeit erst durch zwei kantonale Instanzen zu beurteilen ist, bevor sie ans Bundesgericht weitergezogen wird. Ausnahmen sind

              gemäss Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG - die weiteren Ausnahmen gemäss lit. a und c interessieren vorliegend nicht in Fällen möglich, in denen ein Handelsgericht handelsrechtliche Streitigkeiten als einzige kantonale Instanz entscheidet. Eine (Wider-)Klage gegen eine nicht im Handelsregister eingetragene Person ist keine handelsrechtliche Streitigkeit gemäss Art. 6 Abs. 2 und 3 ZPO (vgl. zur Definition der handelsgerichtlichen Streitigkeit BGE 138 III 694 E. 2.3 und 2.7), weshalb man sich auf den Standpunkt stellen könnte, eine Durchbrechung des Doppelinstanzenprinzips sei für diesen Fall nicht möglich. In der Botschaft vom

              28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung wird die Wichtigkeit des Doppelinstanzenprinzips zum Ausdruck gebracht. So sollen davon nur wenige Ausnahmen gemacht werden (BBl 2006 7241 Ziff. 3.2.1), und im Rahmen der Widerklage ist eine Überweisung an das Gericht mit der höheren Spruchkompetenz

              wie erwähnt selbstverständlich nur vorgesehen, wenn die Klägerin keine Instanz verliert (BBl 2006 7339 Ziff. 5.15).

              In der Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung bzw. in jener zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001 findet allerdings ebenfalls Erwähnung, dass Entscheide des Handelsgerichts ohne Bezugnahme auf eine handelsgerichtliche Streitigkeit künftig unmittelbar der Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht unterliegen sollen. Als Rechtfertigung für die Abkürzung des Instanzenzugs wird neben der Fachkompetenz des Spezialgerichts und der Beschleunigung der Prozesse auch die Entlastung des Bundesgerichts dank der hohen vergleichsweisen Erledigungsquote genannt (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7261 Ziff. 5.2.1; Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom

              28. Februar 2001, BBl 2001 4311 Ziff. 4.1.3.1). Bei einer konnexen Widerklage auf eine Hauptklage sind diese Vorteile des Handelsgerichts weiterhin gegeben bzw. eine vergleichsweise Erledigung im Sinne einer umfassenden Lösung wird

              u.U. sogar noch gefördert, auch wenn die Widerklage für sich genommen keine handelsgerichtliche Streitigkeit darstellt, falls der Widerbeklagte nicht im Handelsregister eingetragen ist. Das Doppelinstanzenprinzip schliesst die Zulässigkeit einer Widerklage, die den Voraussetzungen einer handelsrechtlichen Streitigkeit nicht vollumfänglich genügt, somit nicht per se aus. Die Durchbrechung des Doppelinstanzenprinzips bedeutet aber eine unfreiwillige Schmälerung des Rechtsschutzes für den nicht im Handelsregister eingetragenen Kläger, welcher nach seiner Klageeinreichung am Handelsgericht mit einer Widerklage konfrontiert wird, was eine Einschränkung der Widerklagemöglichkeit nahe legt (RAPOLD/FERRARI-VISCA, a.a.O., 399 f.; SOGO, a.a.O., 960).

              Eine Kompetenzattraktion des Handelsgerichts für die Widerklage gegen die nicht im Handelsregister eingetragene Widerbeklagte ist somit in systematischer Hinsicht ebenfalls nicht ausgeschlossen, jedoch insbesondere vor dem Hintergrund des Doppelinstanzenprinzips - nur zurückhaltend anzunehmen.

            4. Historische und teleologische Auslegung

              Unter dem Gesichtspunkt der historischen Auslegung ist festzuhalten, dass während des Gesetzgebungsverfahrens nie beabsichtigt war, die Widerklage von Bundesrechts wegen an die gleiche sachliche Zuständigkeit zu binden. Erwähntermassen stand lediglich zur Diskussion, den Kantonen die Möglichkeit zu lassen, eine solche Voraussetzung zusätzlich vorzusehen (SOGO, a.a.O., 945). Das Erfordernis der Konnexität zwischen Klage und Widerklage bestand schon unter Geltung der kantonalen Zivilprozessordnungen, soweit wie zum Beispiel im Kanton Aargau - Widerklagen gegen nicht im Handelsregister eingetragene Personen vor Handelsgericht überhaupt zugelassen wurden (verneinend der Kanton Zürich; BGer. 4A_504/2011 vom 24. Februar 2012; vgl. die Übersicht zu den kantonalen Regelungen bei RAPOLD/FERRARI-VISCA, a.a.O., 400 f.). Die Fortführung der schweizerischen Rechtstradition war eine wesentliche Leitlinie der Expertenkommission beim Ausarbeiten des Vorentwurfs der Schweizerischen ZPO. Ein zentrales Anliegen bestand darin, dass konnexe Verfahren nach Möglichkeit unter der Leitung eines einzigen Gerichts erledigt werden können. Damit ist die teleologische Auslegung angesprochen. Aus der Verbindung von Art. 14 ZPO und

              Art. 224 ZPO wird die ratio legis der zivilprozessualen Regelungen zur Widerklage ersichtlich, welche darin besteht, sachlich zusammenhängende Widerklagen rasch, effizient, einheitlich und widerspruchsfrei durch dasselbe Gericht beurteilen zu lassen (RAPOLD/FERRARI-VISCA, a.a.O., 402).

              Auch die Auslegung nach historischen und teleologischen Gesichtspunkten schliesst somit eine Kompetenzattraktion des Handelsgerichts für die Widerklage gegen die nicht im Handelsregister eingetragene Widerbeklagte nicht aus, sondern legt sie für gewisse konnexe - Fälle nahe.

            5. Ergebnis

Die Auffassung, wonach eine nicht im Handelsregister eingetragene Klägerin, welche in Ausübung ihres Wahlrechts gemäss Art. 6 Abs. 3 ZPO das Handelsgericht anruft, damit rechnen muss, vor Handelsgericht mit irgend einer Widerklage konfrontiert zu werden, erscheint nach dem Gesagten als zu weitgehend, jedenfalls nicht zwingend. So darf vom Hauptkläger zwar erwartet werden, dass er sich mit der Klageanhebung der umfassenden Beilegung der mit der Klage definierten Streitsache stellt, und damit zusammenhängende Widerklagen sind ihm zuzumuten. Seine Wahl des Handelsgerichts gemäss Art. 6 Abs. 3 ZPO und der damit einhergehende freiwillige Instanzenverzicht für den Streitgegenstand der Hauptklage rechtfertigen mithin den Entzug einer Instanz für gewisse weitere Streitigkeiten. Er muss indessen nicht damit rechnen, dass das Verfahren vor dem Spezialgericht auf nicht mehr mit der eigentlichen Streitigkeit eng verbundene, sachfremde Klagen ausgeweitet wird, die problemlos bzw. ohne die Gefahr sich widersprechender Urteile in einem selbständigen Verfahren behandelt werden könnten. Liegen Hauptund Widerklage weit auseinander, drängen sich weder Koordinationsmassnahmen auf noch sind Effizienzgewinne naheliegend. Bei nicht zumindest zusammenhängenden Klagen ist deshalb von einer Durchbrechung des Doppelinstanzenprinzips abzusehen bzw. am Erfordernis der gleichen sachlichen Zuständigkeit festzuhalten. Bei konnexen Widerklagen auf eine Hauptklage am Handelsgericht ist aufgrund der engen Beziehung zur Streitsache indessen vom gleichen Zuständigkeitserfordernis abzusehen (vgl. SOGO, a.a.O., 961 und 965 ff.) und auf die Widerklage einzutreten, sofern die übrigen Voraussetzungen, insbesondere jene der gleichen Verfahrensart, erfüllt sind.

4.3. Subsumtion und Schlussfolgerung

Der beklagtische Antrag, es sei die Frage der (sachlichen) Zuständigkeit des Handelsgerichts Zürich bezüglich der Widerklage erst nach der Vergleichsverhandlung vom 26. Februar 2014 zu beurteilen, erweist sich als gegenstandslos, nachdem den Parteien die Ladung für diese Vergleichsverhandlung mit Verfügung vom 19. Dezember 2013 im Verfahren mit Prozess Nr. HG120239 abgenommen worden ist (act. 22). Auch wäre dieser Antrag nicht gerechtfertigt. Zudem können im Rahmen einer Vergleichsverhandlung auch nicht prozessrelevante Themen zum Gegenstand einer Vereinbarung gemacht werden.

Vorbehältlich der Zuständigkeitsfrage (vgl. dazu sogleich) sind die allgemeinen Prozessvoraussetzungen gemäss Art. 59 Abs. 2 ZPO betreffend die Widerklage erfüllt. Weiter ist mit der klägerischen Eingabe vom 25. Juni 2013 (act. 1) das Erfordernis einer rechtshängigen Hauptklage gegeben, und sowohl für die Hauptals auch für die Widerklage ist das ordentliche Verfahren, mithin die gleiche Verfahrensart, vorgesehen. Entgegen der Ansicht des Klägers (act. 28 Rz. B.6.3) fehlt es auch nicht an der Identität der Parteien, da nach dem Gesagten nicht die geltend gemachte (offenbar aber nie im Handelsregister eingetragene) Einzelunternehmung H. , sondern deren Inhaber, der Kläger, als Partei im Prozess aufzuführen ist. Nicht dargelegt wurde sodann, dass bzw. inwiefern dessen Verbindlichkeiten durch eine Schuldübernahme von der I. GmbH übernommen worden wären.

Abgesehen von Art. 14 ZPO ist keine Zuständigkeitsnorm zur Begründung der zürcherischen Zuständigkeit für die Widerklage ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger seinen Wohnsitz nicht in Zürich (Art. 10 Abs. 1 lit. a ZPO), sondern im Kanton Bern. Zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit von Zürich für die Widerklage bedarf es demnach eines sachlichen Zusammenhangs zwischen Klage und Widerklage im Sinne von Art. 14 ZPO. Konnexität zwischen den beiden Klagen bedürfte es indessen nach dem Gesagten auch aufgrund der unterschiedlichen Natur von Hauptund Widerklage, welche aus dem Umstand resultiert, dass der Kläger nicht im Handelsregister eingetragen und deshalb lediglich die Hauptklage als handelsrechtliche Streitigkeit zu qualifizieren ist.

Während sich der Kläger bei der (Haupt-)Klage auf einen Darlehensvertrag stützt, macht die Beklagte mit ihrer Widerklage eine Schadenersatzforderung aus Werkvertragsund/oder Auftragsrecht geltend. Die beiden Klagen beruhen somit nicht auf dem gleichen vertraglichen ausservertraglichen Rechtsverhältnis, was im Übrigen auch nicht geltend gemacht wird.

Dass gemäss der Beklagten alle Forderungen und Gegenforderungen aus dem Überbauungsprojekt E. -Strasse in F. resultieren (act. 20 Rz. 7), reicht nach dem Gesagten nicht aus, um vom gleichen Lebenssachverhalt auszugehen. Dieser kann nicht beliebig weit gefasst werden. Das Bestehen von personellen Verflechtungen bzw. der Umstand, dass die Parteien anderweitig in Geschäftsbeziehungen stehen standen, genügt nicht. So ist es vorliegend ohne Weiteres möglich, den für die Klage massgebenden Sachverhalt betreffend die Darlehensproblematik abzuklären, ohne die tatsächlichen Grundlagen der Widerklage zu berücksichtigen. Im Gegenteil bedarf es für die Beurteilung der mit der Widerklage geltend gemachten Schadenersatzforderungen zusätzlicher und völliger anderer Sachverhaltselemente (zum Beispiel in Bezug auf einen allfälligen Schaden), weshalb es an der Voraussetzung eines gemeinsamen rechtserheblichen Sachverhalts fehlt. Nachdem sich die Parteien mit ihren Klagen auf verschiedene Entstehungsgründe und nicht etwa auf einen gemeinsamen Rahmenvertrag stützen, ist entsprechend auch nicht ersichtlich, inwiefern bei separater Behandlung von Klage und Widerklage die Gefahr widersprechender Urteile bestehen sollte. Blosse Verrechenbarkeit und prozessökomische Gründe genügen erwähntermassen nicht, um die Klagen als Ausfluss eines gemeinsamen Rechtsverhältnisses zu qualifizieren bzw. eine enge rechtliche Beziehung der beiden Klagen anzunehmen.

Aufgrund der unterschiedlichen Sachund Rechtsfragen, welche sich bei den beiden Klagen jeweils stellen, erscheint der prozessökonomische Vorteil ohnehin fraglich. Mit der Beklagten ist zwar davon auszugehen, dass eine vergleichsweise Erledigung eher möglich erscheint und Sinn macht, wenn sämtliche Forderungen und Gegenforderungen diskutiert werden können (vgl. act. 20). Zu diesem Zweck wäre indessen nicht eine Widerklage erforderlich gewesen, sondern die Beklagte

hätte Verrechnung erklären können. Zudem können, wie erwähnt, auch nicht prozessrelevante bzw. andere Themen / Streitpunkte zum Inhalt einer vergleichsweisen Einigung gemacht werden.

Ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Hauptklage des Klägers und der Widerklage der Beklagten ist somit zu verneinen. Nach dem Gesagten bedeutet dies, dass das Handelsgericht Zürich örtlich und sachlich unzuständig ist für die Behandlung der Widerklage.

5. Prozesskosten

Ausgangsgemäss wird die Beklagte für diesen Unzuständigkeitsentscheid betreffend ihre Widerklage kostenund entschädigungspflichtig (Art. 106 Abs. 1).

Die Höhe der Gerichtsgebühr wird nach der obergerichtlichen Gebührenverordnung (GebV OG) und jene der Parteientschädigung nach der obergerichtlichen Verordnung über die Anwaltsgebühren (AnwGebV) bestimmt (Art. 96 ZPO i.V.m.

§ 199 Abs. 1 GOG bzw. §48 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 des zürcherischen Anwaltsgesetzes) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem tatsächlichen Streitinteresse (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG bzw. AnwGebV).

Zur Bestimmung der Prozesskosten werden die Streitwerte zusammengerechnet, sofern sich Klage und Widerklage nicht gegenseitig ausschliessen. Ein solcher Ausschluss liegt nur vor, wenn nicht beide Klagen begründet sein können (DIGGELMANN, DIKE-Komm-ZPO, Art. 94 N. 5). Vorliegend würde eine Gutheissung der Klage eine Gutheissung der Widerklage nicht ausschliessen (eine allfällige Verrechnung würde die Gutheissung von Hauptund Widerklage nur formell ausschliessen; vgl. DIGGELMANN, a.a.O. Rz. 9), weshalb die Streitwerte zu addieren sind. Vorliegend beträgt der Streitwert somit CHF 570'609.75 (CHF 259'910.75 gemäss act. 1 plus CHF 310'699.gemäss act. 12). Die ordentliche Gerichtsgebühr beträgt demnach CHF 22'162.-. Im Umfang von 54.45 % bzw.

CHF 12'067.21 ist sie der Beklagten aufzuerlegen, wobei sie in Anwendung von

§ 4 Abs. 1 und 2 und § 10 Abs. 1 GebV OG angemessen zu reduzieren und auf CHF 6'000.festzusetzen ist.

Dem Kläger ist antragsgemäss (act. 28 S. 2) eine (reduzierte) Parteientschädigung zuzusprechen, wobei die Gebühr in analoger Anwendung von § 11 Abs. 2 AnwGebV ebenfalls auf CHF 6'000.festzusetzen ist.

Das Gericht beschliesst:
  1. Die durch den Kläger fristgerecht beim unzuständigen Handelsregisteramt des Kantons Zürich eingereichte Stellungnahme vom 9. Januar 2014 betreffend die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts Zürich für die Widerklage der Beklagten wird als fristwahrende Eingabe entgegengenommen. Die gegenteiligen beklagtischen Anträge werden abgewiesen.

  2. Auf die Widerklage vom 14. November 2013 wird nicht eingetreten.

  3. Die Gerichtsgebühr für diesen Nichteintretensentscheid wird festgesetzt auf CHF 6'000.-.

  4. Die Kosten werden der Beklagten auferlegt und aus dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.

  5. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine reduzierte Parteientschädigung von CHF 6'000.zu bezahlen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien.

  7. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 310'699.-.

Zürich, 17. April 2014

Handelsgericht des Kantons Zürich Gerichtsschreiber:

Zeno Schönmann

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.