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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HG130082
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HG130082 vom 14.01.2015 (ZH)
Datum:14.01.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Anfechtung GV-Beschlüsse
Schlagwörter : Beklagten; Aktien; Darlehen; Darlehens; Pfandvertrag; Verwaltung; Verwaltungsrat; Recht; Klage; Generalversammlung; Stimmrechte; Selbsteintritt; Partei; Darlehensvertrag; Parteien; Zession; Universalversammlung; Vertrete; Namenaktien; Verzug; Gesellschaft; Pfandgläubiger; Streitwert; Anlässlich; Verfügung; Generalversammlungen; Worden; Vorschuss; Vollzogen
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 141 ZPO ; Art. 164 OR ; Art. 234 ZPO ; Art. 6 ZPO ; Art. 684 OR ; Art. 701 OR ; Art. 706b OR ; Art. 91 ZPO ; Art. 967 OR ; Art. 98 ZPO ;
Referenz BGE:119 II 344; 133 III 372; 137 III 460; 66 II 48; 75 II 152; 92 II 246;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr. HG130082-O U/ei

Mitwirkend: die Oberrichter Peter Helm, Präsident, und Roland Schmid, die Handelsrichter Jean-Gaspard Comtesse, Paul Josef Geisser und Ivo Eltschinger sowie die Gerichtsschreiberin Susanna Schneider

Urteil vom 14. Januar 2015

in Sachen

  1. AG,

    Klägerin

    gegen

  2. AG, (vormals: C. AG)

    Beklagte

    vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. X.

    betreffend Anfechtung GV-Beschlüsse

    Rechtsbegehren:

    (act. 1 S. 2)

    1. a) Es sei festzustellen, dass die Abberufung von Herrn

    D. als Verwaltungsrat anlässlich der a.o. GV der Beklagten vom 13. März 2013 nichtig ist;

    b) eventualiter sei die Abberufung von Herrn D. als Verwaltungsrat anlässlich der a.o. GV der Beklagten vom 13. März 2013 für ungültig zu erklären.

    1. a) Es sei festzustellen, dass die Wahl von Herrn E. als Verwaltungsrat anlässlich der a.o. GV der Beklagten vom

      19. März 2013 nichtig ist;

      b) eventualiter sei die Wahl von Herrn E. als Verwaltungsrat anlässlich der a.o. GV der Beklagten vom 19. März 2013 für ungültig zu erklären.

    2. Unter o/e-Kostenfolge zulasten der Beklagten.

Erwägungen:
    1. Mit Klageschrift vom 13. Mai 2013 (Datum Poststempel) machte die Klägerin ein Begehren um Erlass vorsorglicher Massnahmen, teils superprovisorisch, anhängig (act. 1 S. 3). Das gleichentags anhängig gemachte Rechtsbegehren der (Haupt-)Klage weist einen analogen Wortlaut auf (vgl. act. 1 S. 2). Das Begehren betreffend Anordnung von superprovisorischen Massnahmen wurde mit Verfügung vom 17. Mai 2013 abgewiesen und der Klägerin Frist zur Vorschussleistung sowie der Beklagten eine solche zur Beantwortung der Massnahmebegehren angesetzt (act. 4). Diese Antwort datiert vom 10. Juni 2013, wobei die Beklagte die Abweisung der Begehren verlangt (act. 9). Mit Verfügung vom 27. Juni 2013 wurde der Klägerin die Massnahmeantwort zugestellt und eine Nachfrist für den Vorschuss angesetzt (act. 12). Der Vorschuss wurde am 12. Juli 2013 geleistet (act. 17). Nachdem die Klägerin mit Eingabe vom 22. Juli 2013 auf unter den Parteien aufgenommene Vergleichsgespräche hingewiesen und die Sistierung des Prozesses beantragt hatte, womit die Beklagte einverstanden war, erfolgte

      mit Verfügung vom 25. Juli 2013 die einstweilige Verfahrenseinstellung (act. 24). Die Parteien bzw. vorab die Klägerin verlangten in der Folge wiederholt die Verlängerung der Sistierung, zuletzt bis 31. August 2014. Nach Ablauf dieser Frist meldete sich keine der Parteien. Der (damalige) klägerische Rechtsvertreter teilte bereits am 30. Juni 2014 mit, dass er die Interessen der Klägerin nicht mehr vertrete (act. 40).

    2. Mit Verfügung vom 25. September 2014 wurde das Verfahren wieder aufgenommen und der Beklagten Frist zur Klageantwort bis 26. November 2014 angesetzt (act. 41). Die Verfügung konnte der Klägerin an ihrem Gesellschaftssitz nicht zugestellt werden; gemäss Post konnte sie (die Klägerin) unter dieser Adresse nicht ermittelt werden (act. 42/1). Dieser Umstand wurde der Beklagten mit Verfügung vom 1. Oktober 2014 mitgeteilt (act. 43). Mit Beschluss vom 24. Oktober 2014 wurde das Begehren um Erlass vorsorglicher Massnahmen abgewiesen (act. 45). Mit Eingabe vom 3. November 2014 wies die Rechtsvertreterin der Beklagten darauf hin, dass die Beklagte ihre Firma von (bisher) C. AG in (neu)

B.

geändert habe, wovon Vormerk zu nehmen sei (act. 47). Diese Firmenänderung wurde mit Präsidialverfügung vom 4. November 2014 vorgemerkt und das Rubrum entsprechend angepasst (Prot. S. 17). Am 26. November 2014 ging die Klageantwortschrift vom 25. November 2014 samt Beilagen ein (act. 51 und act. 52/2-7).

In der Folge wurden die Parteien zur heutigen Hauptverhandlung vorgeladen, die Klägerin - da Zustellungen per Post nicht mehr möglich waren und weitere Nachforschungen ergebnislos geblieben sind (vgl. Prot. S. 15 und 18) - durch öffentliche Publikation (vgl. act. 53). Die Klägerin blieb der Hauptverhandlung trotz rechtsgenügender Vorladung unentschuldigt fern (vgl. Prot. S. 19 sowie Art. 141 ZPO), weshalb der Entscheid in Anwendung von Art. 234 ZPO androhungsgemäss aufgrund der Akten sowie der Vorbringen der anwesenden Partei zu fällen ist. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.

2. Die Zuständigkeit zur materiellrechtlichen Beurteilung der vorliegenden Streitsache ist sowohl in örtlicher als auch in sachlicher und funktioneller Hinsicht gegeben (Art. 10 Abs. 1 lit. b ZPO, Art. 6 Abs. 2 ZPO).

3.1. Die Klägerin ist eine in Zürich domizilierte und auf den Erwerb, das Halten und die Verwaltung von Unternehmen im Inund Ausland spezialisierte Aktiengesellschaft (act. 3/4). Bei der Beklagten handelt es sich um eine Aktiengesellschaft mit ebenfalls Sitz in Zürich, welche insbesondere das Management, die Planung und die Realisierung von Softwareprojekten im Auftrag Dritter bezweckt; ihr Aktienkapital beträgt CHF 155'000.--, welches eingeteilt ist in 1'550 Namenaktien zu je nominal CHF 100.-- (act. 3/5).

      1. Grundlage des vorliegenden Verfahrens ist ein am 14. November

        2012 abgeschlossener Darlehensvertrag zwischen der F.

        AG (nachfolgend

        F. ) und der Beklagten im Betrag von EUR 10 Mio (act. 3/13). Zur Sicherung

        dieser Darlehensforderung wurde zwischen der Klägerin und der F.

        am 4.

        Dezember 2012 ein Drittpfandvertrag über 930 Namenaktien der Beklagten vereinbart (act. 3/15). Der Darlehensvertrag wurde mit einer ordentlichen Kündigungsfrist von drei Monaten auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Gemäss Ziff. 6 des Darlehensvertrages ist die Darlehensgeberin, also die F. , berechtigt, das Darlehen aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zur sofortigen Rückzahlung fällig zu stellen, insbesondere wenn eine erhebliche Verschlechterung in den wirtschaftlichen oder Vermögensverhältnissen der Darlehensnehmerin, d.h. in casu der Beklagten, oder eine Vermögensgefährdung eintritt.

      2. Mit Schreiben vom 4. März 2013 kündigte die F. gegenüber der Beklagten das Darlehen mit sofortiger Wirkung und dem Hinweis, dass sich die finanzielle Lage der Beklagten aufgrund von massiven Verfehlungen des Verwaltungsratspräsidenten, der dieser (der Beklagten) zur Bestreitung privater Aufwendungen massive Mittel entzogen habe, dramatisch verschlechtert habe; gleichzeitig wurde die Beklagte aufgefordert, das Darlehen und sämtliche aufgelaufenen Zinsen bis 6. März 2013 zurück zu bezahlen (act. 3/18). Am 7. März 2013 infor-

mierte die F.

die Klägerin über den Umstand, dass der Darlehensvertrag

vom 14. November 2012 am 4. März 2013 gekündigt worden sei. Im Weiteren wies die F. darauf hin, dass sich die Beklagte im Verzug befinde, nachdem die Rückzahlung des Darlehens nicht fristgemäss erfolgt sei. Sie, die F. ,

übe daher die ihr im Pfandvertrag eingeräumten Rechte aus. Dies bedeute, dass die Stimmrechte umgehend von ihr, der F. , ausgeübt würden. Zusätzlich übernehme sie auch sämtliche bislang von der Klägerin gehaltenen Aktien durch

Selbsteintritt (act. 3/19). Demgemäss wurde die F.

am 10. März 2013 als

Aktionärin der Beklagten in deren Aktienbuch eingetragen (act. 52/3). In der Folge wurden am 13. März und 19. März 2013 zwei ausserordentliche Generalversammlungen als Universalversammlungen im Sinne von Art. 701 OR durchge-

führt, anlässlich welchen der bisherige Verwaltungsrat Herr D.

abberufen

und neu E. act. 3/7).

als Verwaltungsrat der Beklagten gewählt wurde (act. 3/6 und

3.3.1. Die Klägerin stellt sich vorliegend auf den Standpunkt, sie sei nach wie vor Eigentümerin und damit Mehrheitsaktionärin von 930 der 1'550 Aktien der Beklagten, während die übrigen Aktien im Eigentum der Minderheitsaktionärin

F.

stünden. Zur Absicherung des seitens der F.

an die Beklagte ge-

leisteten Darlehens in der Höhe von Euro 10 Mio. habe sich die Klägerin im Rah-

men eines Pfandvertrages vom 4. Dezember 2012 verpflichtet, der F.

ihre

930 Aktien der Beklagten als Sicherheit für dieses Darlehen zu verpfänden und als Faustpfand zu übergeben. Die Beklagte bzw. ihr Verwaltungsrat habe Ende 2012 zwar der Verpfändung der Aktien zugestimmt und diese im Aktienbuch eingetragen, doch seien weder Aktien physisch herausgegeben noch blanko indossierte Aktienzertifikate übergeben worden, weshalb der Pfandvertrag nicht vollzogen worden und die 930 Aktien nie in den Besitz der F. übergegangen seien. Anfang März 2013 habe die F. das Darlehen aufgekündigt und der Klä- gerin am 7. März 2013 mitgeteilt, sie werde - wie im Pfandvertrag vom 4. Dezember 2012 vorgesehen - die verpfändeten Aktien selber übernehmen (Selbsteintritt) und ab sofort die Stimmrechte ausüben. Da das Faustpfand jedoch zu keinem Zeitpunkt bestellt bzw. der Pfandvertrag nicht vollzogen worden sei, seien entsprechend weder ein Selbsteintritt noch die angekündigte Ausübung der Stimmrechte möglich bzw. zulässig gewesen. Am 13. und 19. März 2013 habe die Beklagte zwei ausserordentliche Generalversammlungen abgehalten. Am 13. März 2013 sei der von der Klägerin eingesetzte Verwaltungsratspräsident D. abgewählt und am 19. März 2013 E. in den Verwaltungsrat der Beklagten gewählt worden. Letzterer stamme aus den Reihen der F. . Auf diese Weise sei es der Minderheitsaktionärin gelungen, die Kontrolle über die Gesellschaft zu

erlangen. Diese feindliche Übernahme durch die F.

sei jedoch nur möglich

gewesen, weil diese sich in unrechtmässiger Art und Weise als Universalaktionärin bzw. Inhaberin der Stimmrechte der 930 Aktien der Klägerin gebärdet habe. Zu den beiden Generalversammlungen sei die Klägerin nicht ordentlich eingeladen worden. Mangels Kenntnis habe sie daran auch nicht teilnehmen kön- nen. Auch habe sie die F. nicht bevollmächtigt, sie an den beiden Generalversammlungen zu vertreten und ihre Stimmrechte auszuüben. Die Generalversammlungsbeschlüsse vom 13. März und vom 19. März 2013 seien daher im Sinne von Art. 706 ff. OR nichtig bzw. eventualiter anfechtbar (act. 1 S. 4 ff.).

3.2.2. Die Beklagte bestreitet die Unrechtmässigkeit der Generalversammlungsbeschlüsse vom 13. März und vom 19. März 2013. Sämtliche 930 Namenaktien der Beklagten seien durch Zession rechtswirksam von der Klägerin auf die

F.

übertragen worden. Die entsprechende Zessionserklärung sei von der

Klägerin in der Klagebegründung gänzlich unterschlagen worden. Nach Abschluss des Pfandvertrags und Abgabe der Zessionserklärung sei die Verpfän- dung der Aktien vom Verwaltungsrat der Beklagten genehmigt und am 24. Dezember 2012 im Aktienbuch vermerkt worden. Es erscheine aus heutiger Sicht geradezu rechtsmissbräuchlich, dass sich die Klägerin nun nachträglich auf einen angeblich unzureichenden Vollzug des Pfandvertrages berufe. Ebenso unzutref-

fend erweise sich der klägerische Vorwurf, dass die F.

mit dem Pfandvertrag in erster Linie eine feindliche Übernahme der sich im Eigentum der Klägerin befindenden Aktien der Beklagten beabsichtigt habe. Dafür gebe es überhaupt keinen Grund. Wäre die F. davon überzeugt gewesen, dass die Darlehenssumme von EUR 10 Mio. nicht zurück bezahlt würde, hätte sie mit Bestimmtheit nicht den Darlehensvertrag abgeschlossen, nur um an die Aktien der Beklagten zu gelangen. Ein solches Vorgehen stelle nicht nur ökonomisch einen absoluten Nonsens dar. Der seitens der F. vorgenommene Selbsteintritt sei in Ziffer

5.2 des Pfandvertrages ausdrücklich so vorgesehen worden. Demnach sei diese (F. ) entsprechend Alleinaktionärin geworden und habe als solche das Recht gehabt, die erwähnten Universalversammlungen abzuhalten. Aber selbst wenn es

an einer gültigen Pfandbestellung fehlen würde, müsse von korrekt durchgeführ-

ten Universalversammlungen ausgegangen werden, da die F.

aufgrund von

Ziffer 2.2 im Pfandvertrag in jedem Fall zur Stimmrechtsausübung all jener Aktien ermächtig gewesen wäre, welche nicht bereits in ihrem Eigentum gewesen seien. In Ziff. 2.2. werde geregelt, dass die mit den verpfändeten Aktien verbundenen Stimmrechte solange beim Pfandschuldner (Klägerin) verbleiben würden, als die Beklagte mit ihren Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nicht im Verzug sei. Sobald ein solcher Verzug jedoch vorhanden sei, habe dies automatisch einen Übergang der Stimmrechte auf den Pfandgläubiger (F. ) zur Folge. Als das Darlehen nach der ausserordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund seitens der Beklagten nicht wie eingefordert bis zum 6. März 2013 zurückbezahlt worden sei, habe diese sich entsprechend in Verzug befunden, womit - unabhängig vom Selbsteintritt - in jedem Fall die Stimmrechte auf die F. übergegangen und die von der Klägerin ursprünglich gehaltenen Aktien, wenn nicht persönlich anwesend, zumindest vertreten gewesen seien. Demgemäss seien sämtliche Aktien der Beklagten an den beiden Generalversammlungen persönlich anwesend oder zumindest vertreten gewesen, womit die Voraussetzungen zur Abhaltung einer Universalversammlung gemäss Art. 701 OR sowohl für die Generalversammlung vom 13. wie auch vom 19. März 2013 gegeben gewesen seien und somit kein Anwendungsfall für eine Nichtigkeitsklage gemäss Art. 706b OR vorliege. Die Klage sei daher vollumfänglich abzuweisen (act. 51 S. 3 ff.).

4.1. Anlass für die vorliegende Klage bildet die unstreitige Tatsache, dass die Beklagte am 13. und 19. März 2013 je eine Universalversammlung abgehalten hat, ohne die Klägerin vorher zu benachrichtigen. Das Bundesgericht hat in einem neuen Entscheid unter Hinweis auf die gewichtigsten Stimmen der Aktienrechtsliteratur entschieden, dass die Durchführung einer Universalversammlung in Abwesenheit auch nur eines Aktionärs oder seiner Vertretung einen schwerwiegenden formellen Mangel darstellt, der zur Nichtigkeit der anlässlich dieser Versammlung getroffenen Beschlüsse führen muss. Das Bundesgericht hat dabei die Rechtsfolge der Nichtigkeit ausdrücklich als angemessen bezeichnet und ausserdem festgehalten, dass es für diese Rechtsfolge nicht darauf ankomme, ob der nicht eingeladene Teil des Aktionariats in der Lage gewesen wäre, mit seiner

Stimmkraft die gefassten Beschlüsse in eine andere Richtung zu lenken (BGE 137 III 460 S. 465 ff. E. 3.3.2). Vor diesem Hintergrund stellt sich hier im Wesentlichen die Frage, ob die Klägerin damals überhaupt noch Eigentümerin der Aktien der Beklagten war.

      1. Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass sich der Standpunkt der Klägerin, wonach der Pfandvertrag nicht vollzogen worden sei, als unzutreffend erweist. Bei den streitgegenständlichen Aktien 1 bis 930 der Beklagten handelt es sich um Namenaktien. Namenaktien sind gesetzliche Ordrepapiere; die Übertragung durch Rechtsgeschäft erfolgt grundsätzlich durch Übergabe des indossierten Aktientitels an den Erwerber (Art. 684 Abs. 2 OR; Art. 967 Abs. 2 OR). Ist das Ordrepapier allerdings durch Blankoindossament übertragen worden, so kann der Inhaber das Papier - wie ein Inhaberpapier - weiterbegeben, ohne das Blankoindossament auszufüllen und ohne es zu indossieren (Art. 1004 Abs. 2 Ziff. 3 für den Wechsel). Anstelle einer Indossierung können die Aktien aber auch Gegenstand einer schriftlichen Zession bilden (Art. 164 OR; vgl. dazu auch BSK OR IIMATTHIAS OERTLE/SHELBY DU PASQUIER, Art. 684 N 5 sowie ARTHUR MEIERHAYOZ/PETER FORSTMOSER, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 10. Aufl., Bern 2007, § 16 N 304).

        Eine solche Zessionserklärung liegt - was von der Klägerin in der Klagebegründung vollends ausgeblendet wurde - vor, indem die Klägerin bzw. deren Vertreter mit Datum vom 4. Dezember 2012 unbestrittenermassen eigenhändig die

        Zession unterzeichnete und der F.

        übergab (act. 52/2). Demgemäss wurde

        denn auch nach Abschluss des Pfandvertrags und Abgabe der Zessionserklärung die Verpfändung der Aktien vom Verwaltungsrat der Beklagten entsprechend genehmigt und am 24. Dezember 2012 im Aktienbuch vermerkt (act. 3/17). Durch die Zessionserklärung vom 4. Dezember 2012 wurde somit der Pfandvertrag rechtsgenügend vollzogen und die 930 Namenaktien an die F. abgetreten.

      2. Bezüglich der Verwertung der Pfandrechte wurde in Ziff. 5.2. des Pfandvertrages folgendes festgehalten: Der Pfandgläubiger kann die verpfändeten Aktien verwerten durch freihändigen Verkauf an Dritte oder durch einen Selbsteintritt des Pfandgläubigers oder einer mit ihm verbundenen Gesellschaft

zum Marktwert der verpfändeten Aktien (vgl. act. 3/15 S. 4). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist es bereits ausreichend, einen freihändigen Verkauf zu vereinbaren, um dem Pfandgläubiger die Möglichkeit eines Selbsteintrittes zu gewähren (vgl. dazu auch BGE 119 II 344). Das Recht eines Selbsteintrittes wurde im Pfandvertrag ausdrücklich vorgesehen und gilt ohne Weiteres als zulässige Verwertungsmethode im Pfandrecht, indem der Pfandgläubiger den Pfandgegenstand als Eigentum übernimmt (vgl. dazu BSK ZGB II-THOMAS BAUER, N 13 ff. zu Art. 894). Ist davon auszugehen, dass die Verpfändung der Aktien korrekt vollzogen wurde, war auch ein Selbsteintritt durch die F.

möglich,

nachdem der Darlehensvertrag gemäss Ziffer 6 desselben vor dem Hintergrund krimineller Machenschaften von D. , dem ehemaligen Verwaltungsratspräsidenten der Beklagten, am 4. März 2013 gekündigt worden war und die Beklagte in der Folge in Verzug geriet. Die massive Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten blieben ebenso unbestritten wie das Vorbringen der

Beklagten, wonach D.

erstinstanzlich wegen seinen betrügerischen Machenschaften vom Landgericht Mannheim zu 5 Jahre und 3 Monate Haft verurteilt wurde (act. 51 S. 13 und S. 14). Es ist evident, dass die F. der Beklagten bei Kenntnis dieser Umstände wohl nie ein Darlehen gewährt hätte und nunmehr bestrebt war, die ihr von der Klägerin überlassenen Sicherheiten (Namenaktien 1 bis 930 der Beklagten zur Sicherung der Darlehensforderung im Umfang von EUR 10 Mio.) via Selbsteintritt zu realisieren. Seitens der Beklagten wurde im Übrigen auch nie angezweifelt, dass die Rückzahlung des Darlehens per 6. März 2013 fäl- lig war (act. 51. S. 11). Aufgrund der prekären finanziellen Situation war es ihr aber offenbar schlichtweg nicht möglich, ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen.

Durch die Pfandrechtsausübung wurde die F.

demnach zur alleinigen Eigentümerin sämtlicher Aktien der Beklagten und war damit auch zur Ausübung sämtlicher Aktionärsrechte, mithin auch zur Durchführung der beiden Universalversammlungen vom 13. und 19 März 2013 befugt.

    1. Aber selbst wenn das Faustpfand nicht gültig errichtet respektive die Aktien nicht rechtwirksam übertragen worden wären, hätte die F. - wie seitens der Beklagten zutreffend ausgeführt wird (act. 51 S. 7 ff.) - aufgrund von Ziffer 2.2. im Pfandvertrag vom 4. Dezember 2012 in jedem Fall das Recht zur Stimm-

      rechtsausübung gehabt. Ziffer 2.2 lautet wie folgt: Die mit den verpfändeten Aktien verbundenen Stimmrechte verbleiben beim Pfandschuldner. Sie gehen dann auf den Pfandgläubiger über, wenn die C. mit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag in Verzug gerät oder den Darlehensvertrag sonst verletzt (vgl. act. 3/15 S. 3). Nachdem die Beklagte - wie vorstehend ausgeführt - in Verzug geraten war, gingen die Stimmrechte entsprechend auf die

      F.

      als Pfandgläubigerin über. Die F.

      wäre somit auch unter diesem

      Blickwinkel (als teilweise Vertreterin der betreffenden Aktien) zur Abhaltung einer Universalversammlung gemäss Art. 701 OR bzw. der beiden ausserordentlichen Generalversammlungen vom 13. und 19. März 2013 legitimiert gewesen.

    2. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Klage vollumfänglich abzuweisen ist.

5.1. Bei Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft ist mit Bezug auf den Streitwert auf das Interesse der Gesellschaft,

d.h. der Gesamtheit der Aktionäre am Prozessausgang und nicht auf das des klagenden Aktionärs abzustellen (vgl. dazu insbesondere PETER DIGGELMANN, DIKEKomm-ZPO, Art. 91 N 53 mit Verweis auf BGE 66 II 48). Bei Klagen auf Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen einer Aktiengesellschaft ist daher für den Streitwert vom Interesse der Gesellschaft am Ausgang des Prozesses auszugehen (vgl. dazu auch BGE 133 III 372, BGE 4A_461/2009 vom 1. März 2010, BGE 92 II 246; BGE 75 II 152; ZR 90 Nr. 61). Die Klägerin bezeichnete den Streitwert mit CHF 155'000.--, was der Höhe des Aktienkapitals der Beklagten entspricht und von dieser letztlich unwidersprochen bleibt (vgl. act. 1 S. 10 und act. 51 S. 12). In Anwendung von Art. 91 Abs. 2 ZPO und unter Berücksichtigung des Interesses der betreffenden Gesellschaft rechtfertigt es sich daher insgesamt, von einem Streitwert von CHF 155'000.-- auszugehen.

      1. Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts (GebV OG) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem tatsächlichen Streitinteresse, dem Zeitaufwand des Gerichts sowie der Schwierigkeit des Falles. Unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 1 und 2 GebV OG ist eine volle Gerichtsgebühr geschuldet. Ausgangsgemäss sind

        die Gerichtskosten der Klägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Klägerin leistete in Anwendung von Art. 98 ZPO einen Vorschuss für die Gerichtskosten. Die Gerichtskosten sind aus diesem Vorschuss zu beziehen.

      2. Die Parteientschädigung für die Kosten der berufsmässigen Vertretung ist nach der Verordnung über die Anwaltsgebühren zu bemessen. Grundlage ist auch hier der Streitwert (§ 2 Abs. 1 lit. a AnwGebV). Die Grundgebühr ist mit der Begründung bzw. Beantwortung der Klage verdient und deckt auch den Aufwand für die Teilnahme an der Hauptverhandlung ab (§ 11 Abs. 1 und 2 AnwGebV). Hinzu kommt ein Zuschlag gemäss § 11 Abs. 2 AnwGebV für das Massnahmeverfahren. Ausgangsgemäss ist der Beklagten eine Parteientschädigung von sechs Fünfteln der Grundgebühr zuzusprechen.

Das Handelsgericht erkennt:
  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 11'000.-.

  3. Die Kosten werden der Klägerin auferlegt und aus dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.

  4. Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 17'000.- zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien; an die Klägerin durch Publikation im kantonalen Amtsblatt.

  6. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und

90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 155'000.--.

Zürich, 14. Januar 2015

Handelsgericht des Kantons Zürich

Vorsitzender:

Oberrichter Peter Helm

Gerichtsschreiberin:

Susanna Schneider

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