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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HG130049
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HG130049 vom 08.04.2013 (ZH)
Datum:08.04.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Beklagten; Klage; Recht; Verfahren; Lager; Gericht; Garantie; Konsignationslager; Verfügung; Entscheid; Parteien; Bundesgericht; Kantons; Urteil; Frist; Prot; Verfahrens; Handelsgericht; Rechnung; Erhob; Beschwerde; Kaufrecht; Klageantwort; Zustellung; Kaufpreis; Wiener; Kostenfrei; Eingabe; Abgewiesen
Rechtsnorm: Art. 104 OR ; Art. 184 OR ; Art. 2 ZGB ; Art. 211 OR ; Art. 292 StGB ; Art. 404 ZPO ; Art. 405 ZPO ; Art. 82 OR ;
Referenz BGE:110 II 148;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr.: HG130049-O U/dz

Mitwirkend: Die Oberrichter Dr. Heinrich Andreas Müller, Vizepräsident, und Dr. Alexander Brunner, die Handelsrichter Dr. Alexander Müller, Dr. Thomas Lörtscher und Patrik Howald sowie die Gerichtsschreiberin Mirjam Münger

Urteil vom 8. April 2013

in Sachen

  1. GmbH,

    Klägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X2.

    gegen

  2. Kft.,

    Beklagte

    betreffend Forderung

    Rechtsbegehren:

    (act. 2S. 2)

    1. Es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin den Betrag von EUR 230'991.20 nebst Zins zu 5 % seit dem 9. Dezember 2008 zu bezahlen.

    1. Eventualiter sei die Beklagte zu verpflichten, innert 10 Tagen nach Rechtskraft des Urteils der Klägerin das gesamte Konsignationslager gemäss Klagebeilagen 11/1-11/12 (Anhänge zur Rechnung Nr. der Klägerin vom 21. November 2008) vollständig und kostenfrei zurückzugeben, wobei das genannte Konsignationslager in einwandfreiem Zustand und in der Originalverpackung befindlich, unter einer die einzelnen Objekte aufführenden Packliste, an die folgende Adresse zu liefern ist : A. GmbH, [Adresse]; alles unter Androhung, im Unterlassungsfall die verantwortlichen Organe der Beklagten mit Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung zu bestrafen (Art. 292 StGB).

    2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge zulasten der Beklagten.

Das Gericht zieht in Erwägung:
    1. Am 30. Juni 2009 reichte die Klägerin die Klageschrift mit dem oben zitierten Rechtsbegehren ein (act. 2). Die mit Verfügung vom 2. Juli 2009 der Klägerin auferlegte Kaution von CHF 47'400.- leistete sie innert Frist (HG090147 Prot. S. 2 f.; act. 6), worauf der Beklagten mit Verfügung vom 1. September 2009 Frist angesetzt wurde, um den von der Klägerin genannten Zustellungsempfänger der Beklagten zu bestätigen und eine Klageantwort einzureichen (HG090147 Prot. S. 4 f.). Mit Eingabe vom 22. September 2009 bestätigte die Beklagte den erwähnten Zustellungsempfänger, reichte indessen weder eine Klageantwort noch ein Gesuch um Erstreckung der Frist zur Beantwortung der Klage ein (act. 8). Ihr wurde daher mit Verfügung vom 24. September 2009 eine einmalige Frist bis zum 19. Oktober 2009 angesetzt, um die Klage zu beantworten - unter der Androhung, dass bei Säumnis Anerkennung der tatsächlichen Klagegründe und Verzicht auf Einreden angenommen würde (HG090147 Prot. S. 6). Innert Frist reichte die Beklagte keine Klageantwort ein, sondern bat mit ihrem Schreiben vom 16. Oktober 2009 darum, die angesetzte Frist zu erstrecken (act. 10). Mit Verfügung vom 19. Oktober 2009 wurde das Fristerstreckungsgesuch unter Hinweis auf die fehlenden Begründung einer Erstreckung und den einmaligen Charakter der Frist abgewiesen (HG090147 Prot. S. 7). Daraufhin ersuchte die Beklagte das Gericht am 2. November 2009 schriftlich, seine Verfügung vom 19. Oktober 2009 in Wiedererwägung zu ziehen (act. 12 und HG090147 Prot. S. 8). Da die Beklagte in ihrer Eingabe keine zureichenden Gründe für eine Wiedererwä- gung anführte, wurde auch dieses Gesuch der Beklagten abgewiesen (Verfügung vom 5. November 2009, HG090147 Prot. S. 8). Mit Eingabe vom 16. November 2009 erhob die Beklagte schliesslich sinngemäss Einsprache gegen die (Präsidial-)Verfügung vom 5. November 2009 (act. 14). Der mit der Einsprache verbundene Antrag, es sei ihr eine Nachfrist zu gewähren, wurde zusammen mit der Einsprache mit Beschluss vom 27. November 2009 abgewiesen (act. 15). Da somit die Beklagte mit der Einreichung einer Klageantwort säumig blieb, erging am

      17. Dezember 2009 ein peremptorisches Urteil (act. 17).

    2. In der Folge erhob die Beklagte gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht des Kantons Zürich (vgl. act. 21), welche indes mit Zirkulationsbeschluss vom 21. Dezember 2010 abgewiesen wurde (act. 24). Daraufhin erhob die Beklagte Beschwerde beim Bundesgericht (vgl. act. 25). Mit Verfügung vom 3. März 2011 wies das Bundesgericht das beklagtische Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung ab (act. 28). Mit Eingabe vom 8. März 2011 beantragte die Klägerin hierorts die Ausstellung einer Vollstreckbarerklärung (act. 29), welche mit Datum vom 15. März 2011 erstellt wurde (act. 30). Mit Urteil vom

26. Mai 2011 hiess das Bundesgericht die Beschwerde der Beklagten gut, hob den Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom

21. Dezember 2009 auf, und wies die Sache an das Kassationsgericht des Kantons Zürich zu neuer Entscheidung über die Kostenund Entschädigungsfolgen des kassationsgerichtlichen Verfahrens zurück (act. 31). Im Übrigen wies das Bundesgericht die Sache an das Handelsgericht zur Fortsetzung des Verfahrens zurück, wobei es festhielt, der Beschwerdeführerin (der Beklagten) laufe eine einmalige, nicht erstreckbare Notfrist von fünf Tagen ab Mitteilung des Dispositivs des bundesgerichtlichen Urteils, um dem Handelsgericht des Kantons Zürich eine

Klageantwort einzureichen unter der Androhung, dass bei Säumnis Anerkennung der tatsächlichen Klagegründe und Verzicht auf Einreden angenommen werde (act. 31; act. 32). Die Zustellung des Dispositivs an die Beklagte wurde auf dem Rechtshilfeweg veranlasst (vgl. act. 31; act. 33+34; act. 36-38). Mit Beschluss vom 24. Januar 2012 wurden die Kostenund Entschädigungsfolgen des kassationsgerichtlichen Verfahrens neu geregelt (act. 35). Mit Schreiben vom 18. März 2013 teilte das Bundesgericht, unter Beilage einer Kopie der Bestätigung, die durch Übergabe am 24. Januar 2013 erfolgte rechtshilfeweise Zustellung des Dispositivs des bundesgerichtlichen Entscheides in Ungarn mit (act. 39; act. 40).

  1. Am 1. Januar 2011 ist die eidgenössische Zivilprozessordnung (ZPO) in Kraft getreten. Nach deren Art. 404 Abs. 1 gilt für Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtshängig sind, das bisherige Verfahrensrecht bis zum Abschluss vor der betroffenen Instanz. Das Verfahren vor einer Instanz wird durch einen rechtskräftigen Endentscheid abgeschlossen. Wird ein Entscheid in einem Verfahren durch eine Rechtsmittelinstanz aufgehoben und zum Neuentscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen, wird damit das Verfahren vor dieser Instanz nicht abgeschlossen, sondern in den Stand zurückversetzt, in welchem es sich vor der Ausfällung des angefochtenen Entscheids befunden hat. Demnach muss gemäss dem Grundsatz der Einheit der Instanz bei der Wiederaufnahme des Verfahrens nach einem Rückweisungsentscheid das bisherige Verfahrensrecht weiterhin Anwendung finden (Urteil des Bundesgericht 4A_471/2011 vom 17. Januar 2012, E.3.3, mit weiteren Hinweisen). Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem neuen Recht, wobei eine bestehende Zuständigkeit nach dem alten Recht erhalten bleibt (Art. 404 Abs. 2 ZPO). Für das vorliegende Verfahren ist demnach das frühere kantonale Prozessrecht (ZPO/ZH und GVG) massgebend. Das Rechtsmittel richtet sich hingegen nach dem Recht, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist, mithin nach dem neuen Prozessrecht (Art. 405 Abs. 1 ZPO).

  2. Die Beklagte hat die Klage innert der zweimal angesetzten Frist sowie der vom Bundesgericht angesetzten Notfrist nicht beantwortet (HG090147 Prot. S. 4 und S. 6; act. 31; act. 32). Deshalb ist aufgrund der Androhung Anerkennung der tatsächlichen Klagegründe und Verzicht auf Einreden anzunehmen (§ 130

    ZPO/ZH). Die tatsächlichen Behauptungen der Klägerin gelten als zugestanden. Der Prozess erweist sich als spruchreif, weshalb das Urteil zu fällen ist (§ 188 Abs. 1 ZPO).

  3. Die Klägerin als Verkäuferin schloss mit der Beklagten als Käuferin am

22. Juni 2005 einen Kaufvertrag über die Lieferung, Installierung und Inbetriebnahme einer Aerosoldosen-Herstellungslinie namens C. bei der Beklagten in Ungarn zu einem Kaufpreis von EUR 8'000'000.- (act. 2 Rz. 11). Dabei vereinbarten die Parteien Zürich als Gerichtsstand (act. 4/3 Ziff. 16; act. 2 Rz. 2) und die Beklagte liess sich auf das Verfahren vor dem angerufenen Handelsgericht ein. Das Handelsgericht des Kantons Zürich ist daher sowohl örtlich (Art. 17 und 18 aLugÜ, denn gemäss Art. 63 des revidierten Lugano-Übereinkommens vom

30. Oktober 2007 (LugÜ) ist dieses nicht anwendbar, weil die Klage vor dessen Inkrafttreten für die Schweiz am 1. Januar 2011 erhoben wurde.) als auch - in Anwendung von § 63 Ziff. 2 GVG - sachlich zuständig. Überdies einigten sich die Parteien auf die Anwendbarkeit des schweizerischen Rechts (act. 4/3 Ziff. 16; act. 2 Rz. 2), welches grundsätzlich auch das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (Wiener Kaufrecht / CISG) umfasst. Dieses Übereinkommen ist indessen dispositives Recht und kann daher im Rahmen der Privatautonomie wegbedungen werden. Ob die Parteien mit ihrem Verweis auf schweizerisches Recht das Wiener Kaufrecht wegbedungen haben wollten, ist nicht eindeutig erkennbar. Die Anwendbarkeit des Wiener Kaufrechts hätte nämlich einfacher herbeigeführt werden können, als mit einem Verweis auf Schweizer Recht, wenn weder die Parteien noch der Kaufvertrag einen Bezug zur Schweiz aufweisen (SZIER 2006 S. 193 ff., S. 194 f.; Entscheid des Federal District Court of Rhode Island (USA) vom 30. Januar 2006, Geschäfts-Nr. C.A. 05-321-T, http://cisgw3.law.pace.edu/cases/060130u1.html (zuletzt besucht am 27. März 2013); Entscheid des Oberlandesgerichts Linz (Österreich) vom 23. Januar 2006, Geschäfts-Nr. 6 R 160/05z, Erw. 2.2, http://cisgw3.law.pace.edu/cases/ 060123a3.html (zuletzt besucht am 27. März 2013); FERRARI, in: SCHLECHTRIEM / SCHWENZER, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 5. Aufl. 2008, N 22 zu Art. 6). Einer abschliessenden Klärung dieser Frage bedarf es aber nicht, da sowohl die Anwendung der schweizerischen

Sachnormen als auch die Anwendung des Wiener Kaufrechts zu demselben Ergebnis führt, wie nachfolgend zu zeigen sein wird.

  1. Im erwähnten Kaufvertrag einigten sich die Parteien unter anderem auf einen Termin für die definitive Übergabe des Kaufgegenstandes an die Beklagte (act. 2 Rz. 12). Mit den Vereinbarungen vom 27. April 2007 hielten die Parteien fest, dass sich die definitive Übergabe aufgrund von unbestrittenen Fehlern verzögere. Diese Fehler wurden bis am 8. Juni 2007 behoben, weshalb zu diesem Zeitpunkt die definitive Übergabe als erfolgt galt und dies in der gleichentags unterzeichneten Vereinbarung festgehalten wurde (act. 2 Rz. 13 f.). Damit begann die vereinbarte Garantiezeit von 18 Monaten zu laufen, sodass sie konsequenterweise am 8. Dezember 2008 ihr Ende nahm (act. 2 Rz. 14 und 27).

  2. Bereits in der Vereinbarung vom 22. Juni 2005 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin bei der Beklagten während der Garantiezeit ein Konsignationslager halte (act. 2 Rz. 16). Da die Parteien die Einzelheiten betreffend das Lager nicht geregelt hatten, hielt die Klägerin diese im Schreiben vom März 2006 an die Beklagte fest und legte diesem eine Excel-Tabelle mit allen für das Lager vorgesehenen Teilen und ihren Verkaufspreisen bei (act. 2 Rz. 18 und 20). Die Klägerin hielt dabei unter anderem fest, dass das Lager während der Garantiedauer kostenfrei zur Verfügung gestellt werde und das Eigentum bei der Klägerin verbleibe (act. 2 Rz. 21). Eine Entnahme von Teilen aus dem Lager habe die Beklagte umgehend der Klägerin zu melden. Die Klägerin würde danach entscheiden, ob es sich bei der Entnahme um eine kostenfreie Garantieleistung oder um eine kostenpflichtige Ersatzoder Verschleissteil-Lieferung handle (act. 2 Rz. 22). Für die Aufhebung des Konsignationslagers sah die Klägerin schliesslich alternativ die Übernahme sämtlicher noch vorhandener Teile durch die Beklagte gegen Bezahlung oder aber die Retournierung nicht gewollter Teile vor (act. 2 Rz. 23).

  3. Gegen dieses im klägerischen Schreiben ausformulierte Vorgehen erhob die Beklagte keine Einwände, sondern nahm die für das Lager gelieferten Ersatzund Verschleissteile im Gegenwert von insgesamt EUR 230'991.20 in Empfang und führte das Lager während der Garantiezeit (act. 2 Rz. 24 f.). Da die Beklagte keine Lagerentnahmen meldete, lagen folglich auch keine Garantiefälle vor, welche eine kostenfreie Entnahme rechtfertigen würden (act. 2 Rz. 27).

  4. Am 21. November 2008 stellte die Klägerin deshalb Rechnung im Gesamtbetrag von EUR 231'291.20. Dabei unterliefen ihr zwei Fehler. Zum einen verrechnete sie versehentlich EUR 300.- zu viel und zum anderen wurde das Datum auf der Rechnung falsch mit 28. August 2006 vermerkt (act. 2 Rz. 29). Auf diese Rechnung reagierte die Beklagte nicht, weshalb die Klägerin ihr anlässlich einer Unterredung am 4. Februar 2009 und in deren Nachgang per Post eine korrigierte und nun auf den 21. November 2008 datierte Rechnung übergab (act. 2 Rz. 31 f.).

  5. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit, sie werde die Rechnung nicht begleichen, da die Klägerin noch ausstehende Garantieverpflichtungen zu erfüllen habe (act. 2 Rz. 33). Die Klägerin wies die Beklagte in der Folge nochmals darauf hin, dass sie nicht gewollte Lagerbestände der Klägerin zurücksenden könne; sollte die Beklagte von diesem Wahlrecht indessen nicht bis zum 15. April 2009 Gebrauch machen, würde die Klägerin diese Wahl ersatzweise treffen (act. 2 Rz. 35). Wie diese Entscheidung ausfallen werde, kündigte die Klägerin der Beklagten gleichzeitig an, indem sie ihr mitteilte, dass bei Säumnis sämtliche Lagerbestände zu übernehmen seien (act. 2 Rz. 35). Die Beklagte bekräftigte daraufhin am

15. April 2009 ihren Standpunkt, wonach eine Abrechnung nicht vorzunehmen sei, solange noch Garantiearbeiten ausstehend seien, da das Konsignationslager mit der Garantie in Zusammenhang stehen würde (act. 2 Rz. 36).

  1. Die Klägerin macht vorliegend - neben einem ebenfalls noch ausstehenden Teil des Kaufpreises, welcher Gegenstand eines Parallelverfahrens ist (act. 1 und 2 Rz. 15) - die Kosten für das zu übernehmende bzw. übernommene Konsignationslager geltend.

  2. Die von der Klägerin vorgelegten Vereinbarungen und das von ihr geäusserte Vorgehen hinsichtlich des Konsignationslagers blieben unbestritten, weshalb darauf abzustellen ist. Der aus den Umständen und dem Verhalten der Beklagten gezogene Schluss, sie habe sich mit dem Vorgehen einverstanden erklärt, ist angesichts der zwischen den Parteien damals bestehenden Geschäftsbeziehung,

    dem explizit vereinbarten Konsignationslager und der Entgegennahme und Verwaltung der Lagerbestände durch die Beklagte mit Blick auf die Grundsätze von Treu und Glauben nicht zu beanstanden (Art. 8 und 18 CISG; Art. 2 ZGB). Folglich war die Beklagte gehalten, eine Auswahl derjenigen Teile zu treffen, welche sie der Klägerin retournieren und damit nicht bezahlen wollte.

  3. Nach den Ausführungen der Klägerin weigerte sich die Beklagte im vorprozessualen Schriftverkehr zur Vornahme dieser Auswahl in der Meinung, die eigene Leistung bis zur Durchführung der angeblich noch durchzuführenden Garantiearbeiten zurückhalten zu können (act. 2 Rz. 33). Wie bereits erwähnt, hat die Beklagte darauf verzichtet, diese Einrede auch vor Gericht zu erheben. Doch selbst wenn dieser Einwand rechtzeitig und formgerecht erhoben worden wäre, hätte es an den materiellen Voraussetzungen einer Leistungsverweigerung gefehlt, da die Garantieleistungen und die Abrechnung über das Konsignationslager nicht in einem Austauschverhältnis zueinander stehen (Art. 82 OR). Dasselbe gilt im Anwendungsbereich des Wiener Kaufrechts. Aufgrund des von der Klägerin geltend gemachten und von der Beklagten anerkannten Kaufpreisausstands über EUR 330'000.- kann sich die Beklagte auf eine allfällige Nichterfüllung durch die Klägerin nicht berufen und verliert damit ihr Leistungsverweigerungsrecht (act. 2 Rz. 15; Art. 80 CISG).

  4. Die von der Klägerin angedrohte und schliesslich vorgenommene Ersatzwahl war sodann ebenfalls rechtens (BGE 110 II 148, Erw.1.b., S. 151 f.; Art. 65 Abs. 1 CISG). Somit war die Beklagte verpflichtet, die noch im Lager befindlichen Teile zu deren vorbezeichnetem Verkaufspreis zu übernehmen. Wie bereits erwähnt, wurden während des rechtmässigen Bestands des Konsignationslagers keine Waren entnommen, weshalb der von der Klägerin vorgelegten Aufstellung gefolgt werden kann, womit sich Ersatzund Verschleissteile im Gegenwert von EUR 230'991.20 im Lager befanden und die Beklagte als Käuferin des Lagers diesen Betrag als Kaufpreis zu begleichen hat (Art. 184 Abs. 1 OR i.V.m. Art. 211 Abs. 1 OR; Art. 53 CISG).

  5. Neben dem Kaufpreis fordert die Klägerin Verzugszinsen von 5 % seit dem

9. Dezember 2008 (act. 2 S. 2). Dazu ist zu beachten, dass die Höhe des verlang ten Verzugszinses dem gesetzlich vorgeschriebenen Zins entspricht bzw. in der Spannweite des nach CISG einforderbaren Zinses liegt (Art. 104 Abs. 1 OR; Art. 78 CISG, Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern vom 17. August 2009, Erw.13, S. 6, http://www.globalsaleslaw.org/content/api/cisg/urteile/1995. pdf (zuletzt besucht am 27. März 2013), Art 3 Abs. 1 lit. a der Zahlungsverzugsrichtlinie der EU) und der Beginn des Zinsenlaufes unstreitig blieb (act. 2 Rz. 41).

  1. Die Klage ist dementsprechend vollumfänglich gutzuheissen.

  2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beklagte kostenund entschä- digungspflichtig (§§ 64 Abs. 2 und 68 Abs. 1 ZPO/ZH). Der Streitwert beträgt

CHF 352'261.58 (EUR 230'991.20 zum Kurs von 1.5250 am 30. Juni 2009,

www.oanda.com (zuletzt besucht am 27. März 2013)). Unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 1 und 2 sowie § 10 Abs. 1 der Verordnung des Obergerichts über die Gerichtsgebühren vom 4. April 2007 ist die Gerichtsgebühr auf neun Achtel der Grundgebühr festzusetzen. Dabei ist die Gerichtsgebühr aus der von der Klägerin geleisteten Kaution zu beziehen, unter Einräumung des Rückgriffsrechts gegen- über der Beklagten. In Anwendung von § 3 Abs. 1 und 2 sowie § 6 Abs. 1 lit. a der Verordnung des Obergerichts über die Anwaltsgebühren vom 21. Juni 2006 (AnwGebV) ist der Klägerin eine volle Grundgebühr als Prozessentschädigung zuzusprechen.

Das Gericht erkennt:
  1. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin EUR 230'991.20 nebst Zins zu 5 % seit dem 9. Dezember 2008 zu bezahlen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 20'000.-.

  3. Die Kosten werden der Beklagten auferlegt und aus der von der Klägerin geleisteten Kaution bezogen, wofür der Klägerin gegenüber der Beklagten das Rückgriffsrecht eingeräumt wird.

  4. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Prozessentschädigung von CHF 20'500.- zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien.

  6. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 352'261.58.

Zürich, 8. April 2013

Handelsgericht des Kantons Zürich

Der Vizepräsident:

Oberrichter Dr. Heinrich Andreas Müller

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. Mirjam Münger

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