Zusammenfassung des Urteils HG120071: Handelsgericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 2. Juli 2018 ein Urteil in einem Rechtsöffnungsverfahren gefällt. Die Beschwerdegegnerin, B. ag, erhielt aufgrund eines Urteils des Friedensrichteramts C. vom 3. Januar 2018 definitive Rechtsöffnung für Fr. 240.-, wobei die Kosten von der Gesuchsgegnerin, A., zu tragen sind. A. hat fristgerecht Beschwerde erhoben, jedoch wurde diese als unbegründet abgewiesen. Das Bezirksgericht Dietikon entschied, dass die Rechtsöffnung zu Recht erteilt wurde, und es wurden keine Gerichtskosten oder Parteientschädigungen für das Beschwerdeverfahren erhoben. Das Urteil wurde am 2. Juli 2018 vom Obergericht des Kantons Zürich gefällt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG120071 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 08.07.2014 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Marke / UWG |
Schlagwörter : | Marke; BOTOX; Produkt; Produkte; Zeichen; Marken; Schweiz; Botulinum; Beklagte; Beklagten; BOTOCARE; Recht; MSchG; Botulinumtoxin; Sachbezeichnung; Wirkstoff; Falten; Produkten; Verkehr; Kennzeichnung; Gebrauch; Verwechslung; Erwägung; Schweizer; Verwendung |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 109 IPRG ;Art. 110 IPRG ;Art. 128 IPRG ;Art. 129 IPRG ;Art. 133 IPRG ;Art. 136 IPRG ;Art. 159 ZPO ;Art. 233 ZPO ;Art. 292 StGB ;Art. 6 IPRG ;Art. 6 ZPO ;Art. 8a IPRG ;Art. 91 ZPO ;Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | 122 III 382; 130 III 113; 130 III 748; 135 III 446; |
Kommentar: | - |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG120071-O U/dz
Mitwirkend: Oberrichter Dr. George Daetwyler, Vizepräsident, und Ersatzoberrichterin Flurina Schorta, die Handelsrichter Dr. Jacques Troesch, Dr. Samuel Gernet und Dr. med. Daniel Hüssy sowie der Gerichtsschreiber Dr. Thomas Steininger
Urteil vom 8. Juli 2014
in Sachen
, Inc.,
Klägerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwältin MLaw X2.
gegen
Products AG,
Beklagte
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y1. vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y2.
betreffend Marke / UWG
Rechtsbegehren 3
Sachverhalt und Verfahren 4
Sachverhaltsübersicht 4
Parteien und ihre Stellung 4
Prozessgegenstand 4
Prozessverlauf 5
Erwägungen 5
Formelles 5
Zuständigkeit 5
Anwendbares Recht 7
Unterlassungsund Feststellungsanspruch nach MSchG 7
Übersicht über den unbestrittenen Sachverhalt 7
Parteistandpunkte 9
Ausgangslage 14
Rechtsbeständigkeit der Marke BOTOX 14
Verletzung der klägerischen Marken 24
Priorität der Marke BOTOX 24
Keine berühmte Marke 24
Tatsächlicher Gebrauch der Marke 31
Verwechslungsgefahr 36
Zwischenfazit 47
Unterlassungsund Beseitigungsanspruch nach UWG 47
Konkurrenz zwischen Markenrecht und UWG 47
Parteistandpunkte 47
Rechtliches 49
Subsumtion 49
Zwischenfazit 53
Reparatorische Ansprüche 53
Zusammenfassung 53
Kostenund Entschädigungsfolgen 53
Erkenntnis 55
Rechtsbegehren:
(act. 1 S. 2 f.)
1. Es sei der Beklagten unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Busse nach Art. 292 StGB im Widerhandlungsfall sowie unter Androhung einer Ordnungsbusse für jeden Tag der Nichterfüllung gemäss Art. 343 Abs. 1 lit. c ZPO zu verbieten,
Kosmetika mit dem Zeichen BOTOCARE zu kennzeichnen;
Kosmetika mit dem Zeichen BOTOCARE herzustellen, zu importieren, zu exportieren zu lagern;
Kosmetika mit dem Zeichen BOTOCARE zu bewerben, anzubieten, zu verkaufen sonst wie in Verkehr zu setzen;
Das Zeichen BOTOCARE im Zusammenhang mit dem Anbieten, Vertreiben und Inverkehrbringen von Kosmetika in der Firma, in der Werbung, auf Geschäftspapieren, im Internet, als Domainname sonst in irgendeiner Form im Geschäftsverkehr zu gebrauchen;
Handlungen gemäss den vorstehenden lit. a) bis d) durch Dritte vornehmen zu lassen.
2. Es sei die ins Schweizer Markenregister eingetragene Marke Nr. B. BOTOCARE für ungültig zu erklären und das Institut für Geistiges Eigentum anzuweisen, die Marke aus dem Register zu löschen.
Es sei die Beklagte zu verpflichten, innert angemessener, vom Gericht anzusetzender Frist dem Gericht zuhanden der Klägerin unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe im Widerhandlungsfall Auskunft zu erteilen
über die Art und Menge der kosmetischen Produkte, welche die Beklagte unter dem Zeichen BOTOCARE an Dritte verkauft hat
und zwar durch Erstellen einer schriftlichen, chronologischen Aufstellung, aus der die verkauften mit dem Zeichen BOTOCARE gekennzeichneten Produkte, der Zeitpunkt des Verkaufs, die Einstandspreise, die einzelnen Verwaltungs-, Vertriebsund Gemeinkosten und die dem Abnehmer verrechneten Preise sowie die durch den Verkauf dieser Produkte erzielten Gewinne hervorgehen;
alles unter Beilage der entsprechenden Rechnungen, Finanzund Betriebsbuchhaltungsunterlagen, Bankbelege sowie weiteren einschlägigen Belegen.
Es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen Betrag zuzüglich Zins zu 5% seit Datum des Eintritts des Schadens, des Gewinns der Bereicherung zu bezahlen, der nach Auskunftserteilung gemäss vorstehender Ziff. 3.a) von der Klägerin zu beziffern ist und dem bei ihr eingetretenen Schaden, dem von der Beklagten erzielten Gewinn der Bereicherung der Beklagten aus den Handlungen gemäss vorstehender Ziff. 1 lit. a-e entspricht.
Alles unter Kosten und Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.
Sachverhalt und Verfahren
Sachverhaltsübersicht
Parteien und ihre Stellung
Die Klägerin ist eine Gesellschaft amerikanischen Rechts mit Sitz in C. , Kalifornien. Sie ist über ein Netz von Tochtergesellschaften in mehr als 100 Ländern präsent und tätig und beschäftigt weltweit rund 10'000 Arbeitnehmer. In der
Schweiz ist die Klägerin mit ihrer Tochtergesellschaft A.
AG mit Sitz in
D. vertreten. Sie ist weltweit in der Herstellung und Entwicklung sowie im Vertrieb von Arzneimitteln und im Bereich der ästhetischen Medizin tätig. Schwerpunkte ihrer Produktepalette bilden die Augenpflege, Neurologie, Hautpflege und Urologie (act. 1 Rz. 8; von der Beklagten mit Nichtwissen bestritten: act. 15 Rz. 12).
Die Beklagte ist eine in E. domizilierte Aktiengesellschaft, welche sich seit 1997 in der Entwicklung, Herstellung und im Vertrieb von kosmetischen Produkten für den Bereich der Hautpflege engagiert. Sie ist Teil der B. Unternehmensgruppe. Die Beklagte tritt am Markt mit den Produktelinien F. und BOTOCARE auf. Bei den Produkten beider Linien handelt es sich um kosmetische Produkte für die Schönheitspflege (act. 1 Rz. 10 ff; act. 15 Rz. 13).
Prozessgegenstand
Die Klägerin ist Inhaberin der Marke BOTOX. Sie wehrt sich mit der vorliegenden Klage gegen die Verwendung des Zeichens BOTOCARE in Zusammenhang mit Kosmetika und verlangt die Löschung der Marke B. BOTOCARE. Zur Begründung stützt sie sich auf die Bestimmungen des Markenrechts und des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb. Zwecks Erhebung reparatorischer Ansprüche verlangt sie ausserdem Auskunft über Verkaufsund Gewinnzahlen der Beklagten.
Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, dass BOTOX eine reine Sachbezeichnung sei. Sollte das Zeichen überhaupt je originäre Unterscheidungskraft
beansprucht haben, sei der Begriff BOTOX in der Zwischenzeit zum Freizeichen degeneriert. Im Übrigen könne die behauptete Marke BOTOX im Kosmetikbereich überhaupt nicht rechtserhaltend benutzt werden. Schliesslich bestehe keine markenund/oder lauterkeitsrechtlich relevante Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen BOTOX und BOTOCARE bzw. B. BOTOCARE.
B. Prozessverlauf
Mit Eingabe der Klageschrift vom 29. März 2012 machte die Klägerin das Verfahren rechtshängig (act. 1). Nach fristgerechter Bezahlung des mit Verfügung vom
2. April 2012 verlangten Gerichtskostenvorschusses (Prot. S. 2; act. 7) und Eingang der Klageantwort vom 31. August 2012 (act. 15) wurde den Parteien mit Verfügung vom 4. September 2012 Frist zur Bereinigung diverser Mängel angesetzt (act. 17). Nachdem die Parteien die Mängel behoben hatten (act. 20, 21, 23, 27 und 28), fand am 26. Februar 2013 eine Vergleichsverhandlung statt, an der indes keine Einigung gefunden werden konnte (Prot. S. 13 f.). Deshalb wurde mit Verfügung vom 8. März 2013 ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet. Die Replik erging am 29. Mai 2013 (act. 33) und die Duplik am 30. August 2013 (act. 38); sie wurde der Klägerin am 3. September 2013 zugestellt (act. 40).
Da die Parteien in Anwendung von Art. 233 ZPO auf die Durchführung einer Hauptverhandlung verzichtet haben (act. 44 und 45), erweist sich das Verfahren als spruchreif.
Erwägungen
Formelles
Zuständigkeit
Örtliche Zuständigkeit
Die Klägerin hat Sitz in C. , Kalifornien, USA. Damit liegt ein internationaler Sachverhalt vor. Anwendbar zur Bestimmung der örtliche Zuständigkeit sind deshalb das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember
1987 (IPRG, SR 291) sowie die einschlägigen Staatsverträge, namentlich das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (LugÜ, SR 0.275.12), welches für die Schweiz am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist.
Gemäss Art. 2 Abs. 1 LugÜ in Verbindung mit Art. 109 Abs. 2 IPRG sind für Klagen betreffend Verletzung von Immaterialgüterrechten die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten oder, wenn ein solcher fehlt, diejenigen an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständig. Überdies sind die schweizerischen Gerichte am Handlungsund Erfolgsort sowie für Klagen aufgrund der Tätigkeit einer Niederlassung in der Schweiz die Gerichte am Ort der Niederlassung zuständig. Selbiges gilt für Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb (Art. 2 Abs. 1 LugÜ in Verbindung mit Art. 129 Abs. 1 IPRG). Stehen mehrere Ansprüche gegen eine beklagte Partei, die nach diesem Gesetz in der Schweiz eingeklagt werden können, in einem sachlichen Zusammenhang, so ist jedes schweizerische Gericht zuständig, das für einen der Ansprüche zuständig ist (Art. 8a Abs. 2 IPRG).
Die Beklagte hat ihren Sitz in E. . Die Klägerin erhebt ihre Klage dennoch in Zürich mit der Begründung, dass sie in Zürich ein Produkt der Beklagten, das mit BOTOCARE gekennzeichnet gewesen sei, gekauft habe (act. 1 Rz. 2). Die Klägerin nimmt mithin das Forum am Handlungsund Erfolgsort in Anspruch. Im Lichte der genannten einschlägigen Gesetzesbestimmungen ist dies zulässig, nachdem die Beklagte den der Qualifikation als Handlungsund Erfolgsort zugrunde liegenden Kauf eines ihrer Produkte nicht bestreitet. Ausserdem hat sie sich soweit dies gemäss Art. 24 LugÜ resp. Art. 6 IPRG möglich ist auf die Streitigkeit eingelassen.
Die Gerichte in Zürich erweisen sich damit als örtlich zuständig.
Sachliche Zuständigkeit
Gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a und b sowie Art. 6 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 44 lit. a und b GOG ist das Handelsgericht des Kantons Zürich sachlich zuständig.
1.2. Anwendbares Recht
Immaterialgüterrechte unterstehen dem Recht des Staates, für den der Schutz der Immaterialgüter beansprucht wird (Art. 110 Abs. 1 IPRG). Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb unterstehen dem Recht des Staates, auf dessen Markt die unlautere Handlung ihre Wirkung entfaltet (Art. 136 Abs. 1 IPRG). Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung unterstehen dem Recht des Staates, in dem die Bereicherung eingetreten ist, wenn kein Rechtsverhältnis besteht (Art. 128 Abs. 2 IPRG). Schadenersatzansprüche sind wenn Schädiger und Geschädigter ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im gleichen Staat haben - nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die unerlaubte Handlung begangen worden ist (Art. 133 Abs. 2 IPRG). Bei Ansprüchen aus unechter (angemasster) Geschäftsführung ohne Auftrag muss schliesslich auf die Kollisionsnormen des verletzten Rechtsgutes abgestellt werden (siehe SCHNYDER/DOSS, Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2. Aufl. 2012, N 22 zu Art. 117).
Sämtliche von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche (siehe dazu act. 1 Rz. 54 ff.) sind demzufolge nach Schweizer Recht zu beurteilen. Dies wird von den Parteien nicht in Abrede gestellt.
Unterlassungsund Feststellungsanspruch nach MSchG
Übersicht über den unbestrittenen Sachverhalt
Gemäss übereinstimmender Parteidarstellung ist BOTOX zugunsten der Klägerin seit wenigstens dem 12. März 1991 geschützt. Die Klägerin ist namentlich Inhaberin der folgenden Marken (act. 1 Rz. 18):
Ausserdem hält sie die Marke CH BOTOLIFT, die seit tt. September 2003 für Kosmetika und Make-Up der Klasse 3 eingetragen ist, und die Marke CH G. , die seit dem tt. November 2001 für Waren und Dienstleistungen der Klasse 5 hinterlegt ist.
Unter der Marke BOTOX vertreibt die Klägerin ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff Clostridium botulinum Typ A Neurotoxinkomplex (auch: Botulinumtoxin Typ A), einem Nervengift, welches seit Anfang der 80er Jahre in der Neurologie bei der Behandlung von Bewegungsstörungen (Dystonien), Muskelerkrankungen übermässigem Schwitzen (Hyperhidrose) eingesetzt wird und für diese Anwendungen auch in der Schweiz als Arzneimittel zugelassen ist (act. 1 Rz. 15 und 23; act. 33 Rz. 13). Sie verfügt über drei Swissmedic-Zulassungen, die alle der Abgabekategorie A (einmalige Abgabe auf eine ärztliche Verschreibung hin) unterliegen (act. 15 Rz. 14). Der gleiche Wirkstoff wie in BOTOX wird auch für sogenannte kosmetische Anwendungen - namentlich für die Behandlung von mimisch bedingten Falten zwischen den Augenbrauen (sog. Zornesoder Glabellafalten) eingesetzt. Weil in der Schweiz wie auch in verschiedenen anderen Staaten Arzneimittel, die für kosmetische und andere medizinische Anwendungen zugelassen sind und den gleichen Wirkstoff wie ein anderes Pharmazeutikum enthalten (und daher für die nämlichen Zwecke eingesetzt werden könnten), nicht identisch gekennzeichnet werden dürfen, damit keine Verwechslungen und Anwendungsfehler auftreten, werden die für kosmetische Anwendungen bestimmten Produkte der Klägerin daher nicht unter der Bezeichnung BOTOX COSMETIC (wie in den USA und Kanada), sondern unter der Bezeichnung G. vertrieben. Das Produkt G. ist in der Schweiz für die Behandlung von mittelschweren bis schweren Glabellafalten bei Erwachsenen zugelassen (act. 1 Rz. 16 f.; act. 15 Rz. 15 f.; act. 33 Rz. 14).
Die Beklagte bietet eine BOTOCARE Creme, ein BOTOCARE Serum und eine BOTOCARE Mask an. Die Produkte ihrer BOTOCARE Linie bezeichnet sie als
solche einer neue[n] Generation der Faltenbekämpfung; es handle sich um geradezu revolutionäre Produkte. Bei Anwendung der Produkte könne eine Botulinähnliche Wirkung ohne Nadel erzielt werden (act. 1 Rz. 35 f.). Der Wirkstoff in den BOTOCARE Produkten ist Hexapeptid. Dabei handelt es sich um ein synthetisch hergestelltes Peptid, das in Crèmeform gegen Falten eingesetzt werden können soll. Medizinische Studien Langzeitstudien über den Wirkstoff gibt es
soweit ersichtlich bisher keine (act. 1 Rz. 37). Die Marke B.
BOTOCARE
hat die Beklagte am 22. August 2011 zur Registrierung angemeldet (act. 1 Rz. 42). Ihre Produkte kennzeichnet die Beklagte nur mit dem zweiten Markenbestandteil BOTOCARE (act. 1 Rz. 43).
Parteistandpunkte
Standpunkt der Klägerin
Die Klägerin fühlt sich durch die Verwendung des Zeichen BOTOCARE für Kosmetika in ihren Markenrechten verletzt. In ihren Ausführungen verwahrt sie sich zunächst vehement gegen die Behauptung, dass es sich bei der Marke BOTOX um eine Sachbezeichnung handle. Das Zeichen BOTOX stelle keinen Bezug zu dem im Produkt enthaltenen Wirkstoff her (act. 1 Rz. 66; act. 33 Rz. 78). Die Gesamtbevölkerung in der Schweiz erkenne im Zeichen BOTOX eine unterscheidungskräftige und kennzeichnungskräftige Marke für ein Produkt der Klägerin. Sie schliesse daraus weder auf den im Produkt enthaltenen Wirkstoff noch verstehe sie die Marke sonst beschreibend, im Sinne einer Sachbezeichnung einer Beschaffenheitsangabe (act. 1 Rz. 70). Sie - die Klägerin gebrauche ihre Zeichen konsequent mit einem Schutzrechtsvermerk und signalisiere damit, dass es sich um eine Marke handle (act. 1 Rz. 72; siehe auch act 33. Rz. 63 ff.). Für den rechtserhaltenden Gebrauch der Marke sei nicht entscheidend, in welcher Darbietungsform (Pulver, Lösung, vakuumgetrocknet nicht) ein Produkt angeboten wird, sondern für welche Verwendungen es eingesetzt wird (act. 33 Rz. 57). Des weiteren sei das Zeichen BOTOX seit seiner Eintragung ins Schweizer Markenregister nicht zum Freizeichen degeneriert. Ein solches liege erst dann vor, wenn alle beteiligten Verkehrskreise das Zeichen nicht mehr als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb als Produktekennzeichen sondern als gemeinfreie Sachbezeichnung verstehen würden (act. 1 Rz. 75). Wenigstens die Fachkreise seien sich bestens bewusst, dass es sich bei BOTOX um eine Marke handle und würden dieses Zeichen nicht als Freizeichen verstehen (act. 1 Rz. 80; siehe auch act. 33 Rz. 69 ff.).
BOTOX sei gar eine berühmte Marke. Sie sei weltweit wie in der Schweiz bei einem breiten Publikum bekannt. BOTOX geniesse auch im Ausland eine überragende Verkehrsgeltung, was auf intensive Verkaufsförderungsmassnahmen zurückzuführen sei und sich im weltweiten Umsatz von BOTOX in der Höhe von USD 1'419 Mio. für 2010 niederschlage. Diese Verkehrsgeltung im Ausland wirke sich effektiv auch auf die Bekanntheit der Marke BOTOX in der Schweiz aus (act. 1 Rz. 87 f.). Für das Ausland gelte, dass wenn das Produkt für kosmetische Anwendungen mit G. markiert werden muss (wie in der Schweiz), die anwendenden Ärzte, die Patienten und die Gesamtbevölkerung dennoch (in unzutreffender Weise) vom Produkt BOTOX sprechen und die G. Produkte unter dieser Marke wahrnehmen würden. Zudem finde auch im Ausland ein weitergehender kosmetischer Gebrauch von BOTOX statt, sei es, dass die Zulassung für das Produkt weiter gefasst sei dass es sich dabei um einen off-label use handle (act.1 Rz. 88). Der Marke BOTOX ähnliche Drittmarken (einschliesslich derjenigen der Beklagten) seien dem Publikum praktisch unbekannt (act. 1 Rz. 95). Der Marke BOTOX komme weltweit wie in der Schweiz überragende Verkehrsgeltung zu, sie geniesse allgemeine Wertschätzung und nehme eine Alleinstellung ein (act. 1 Rz. 96). Die Marke erreiche damit die quantitative und die qualitative Schwelle, um sich auch in der Schweiz als berühmte Marke zu qualifizieren (act. 1 Rz. 106).
Die Verletzung ihrer Marke erkennt die Klägerin zum einen in der Zeichenähnlichkeit zwischen BOTOX und BOTOCARE. Dem Wortstamm BOTO und damit der klägerischen Marke BOTOX komme eine starke Kennzeichnungskraft zu. Es handle sich dabei um eine fantasievolle Neuentwicklung der Klägerin (act. 1 Rz. 109). Der Wortanfang BOTO mithin die Hälfte der Zeichen der Beklagten stimme mit dem Wortstamm BOTO der Klägerin überein. Der Anfang sei für ein Wortzeichen grundsätzlich stärker prägend als nachfolgende Wortteile. Ausserdem verwende die Beklagte als zweiten Zeichenbestandteil CARE, bei welchem es sich um den englischen Ausdruck für Pflege handle. Dieser zweite Teil sei nicht kennzeichnungskräftig. Daran ändere auch die Voranstellung des Zeichens B. zur Marke B. BOTOCARE nichts. Dieser Zusatz sei ebenfalls nicht kennzeichnungskräftig (act. 1 Rz. 110 ff.). Zum andern handle es sich bei den BOTOX Produkten der Klägerin als auch bei der BOTOCARE Produktelinie der Beklagten um Produkte zur Körperpflege, namentlich zur Behandlung von Falten. Zur Glättung von Falten würden heute sowohl mehrere Pharmazeutika als auch eine Vielzahl von Kosmetika angeboten, ohne dass der Durchschnittsabnehmer diese Produkte nach ihrer Warenklasse unterscheiden würde. Die Gleichartigkeit zwischen diesen Produkten sei somit zu bejahen. Die Beklagte habe demnach ihre Marke für keine Waren und Dienstleistungen hinterlegt, die nicht mit den von der Beklagten für BOTOX beanspruchten Waren gleich gleichartig seien (act. 1 Rz. 199; siehe auch act. 33 Rz. 83 ff.). Aufgrund der Zeichenähnlichkeit (siehe dazu auch act. 33 Rz. 90 ff.) und Warengleichartigkeit zwischen den BOTOX Produkten der Klägerin und der B. BOTOCARE Produktelinie der Beklagten entstehe eine Verwechslungsgefahr. Es werde der Eindruck erweckt,
bei den B.
BOTOCARE Produkten handle es sich um Produkte aus der
BOTOX Linie der Klägerin bzw. die beklagtischen Produkte seien von derselben Herstellerin wie die BOTOX Produkte produziert worden zwischen der Klägerin und der Beklagten würden rechtliche wirtschaftliche Beziehungen bestehen (act. 1 Rz. 121 f.; act. 33 Rz. 119). Entgegen der Darstellung der Beklagten sei BOTOX keine schwache Marke. Auch könnten die lange Aufbauarbeit und die konstanten Forschungswie Verkaufsförderungsanstrengungen nicht zur Folge haben, dass der Marke nunmehr ein geringer Schutzumfang zuerkannt werde (act. 33 Rz. 114). Da die Marke BOTOX stattdessen als berühmte Marke zu qualifizieren sei, geniesse sie sodann einen erweiterten Schutzbereich, unabhängig von Warenund Dienstleistungen (act. 1 Rz. 125). Die Beklagte nutze den Ruf, den sie - die Klägerinsich mit ihrer Marke aufgebaut habe, um diesen zu ihren Gunsten auszubeuten (act. 1 Rz. 127 ff.; act. 33 Rz. 10, 12, 98).
Standpunkt der Beklagten
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass der Begriff BOTOX bloss als Sachbezeichnung anzusehen sei. Sogar von Fachleuten werde BOTOX als Sachbezeichnung verwendet (act. 15 Rz. 55; act. 38 Rz. 33 ff.). Soweit BOTOX zu Beginn schutzfähig gewesen sein sollte, sei das Zeichen zumindest zum heutigen Zeitpunkt zum Freizeichen degeneriert (act. 15 Rz. 8; act. 38 Rz. 44, 49 f.).
Die Beklagte verweist alsdann darauf, dass sich die klägerischen Marken allesamt nicht mehr in der fünfjährigen Gebrauchsschonfrist befänden. Entsprechend müssten sie für sämtliche registrierten Waren rechtserhaltend gebraucht werden, um den erlangten Markenschutz aufrecht zu erhalten (act. 15 Rz. 18). Der Gebrauch der Marke Botox sei indessen nur für die Bezeichnung von vakuumgetrocknetem Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung zugelassen. Darüber hinaus, für alle anderen Implikationen, seien die Marken wegen Nichtgebrauchs anfechtbar und in diesem Umfang denn auch nichtig. Sie - die Beklagte erkläre gegenüber der Klägerin formell den Nichtgebrauch und erhebe die Einrede des Nichtgebrauchs (act. 15 Rz. 19 f.; siehe auch act. 38 Rz. 52 ff.). Die Bekanntheit der Marke BOTOX werde bestritten. Aufgrund der vorgenannten regulatorischen Bestimmungen dürfe die Marke gar nicht für eine kosmetische Anwendung benutzt werden. Eine entsprechende Bekanntheit in der Schweiz könne somit gar nicht vorliegen (act. 15 Rz. 22). Dass der im Medikament BOTOX enthaltene Wirkstoff auch zur Behandlung von mimischen Falten um die Augen, Nase-LippeFalten, Stirnund Lachfalten eingesetzt wird, möge zwar zutreffen, jedoch sei eine solche kosmetische Verwendung durch Swissmedic nicht zugelassen und daher entsprechend verboten. Diese Behandlung dürfe somit weder unter der Bezeich-
nung BOTOX noch unter der Bezeichnung G.
erfolgen. Eine Bekanntheit
des Zeichens BOTOX durch einen allfälligen off-label use sei damit nicht möglich (act. 15 Rz. 28; siehe zudem act. 38 Rz. 19 ff.).
Sämtliche Produkte der Produktelinie Botocare der Beklagten würden unter der
Dachmarke F.
auf dem Markt und im Handel angeboten. Es handle sich
dabei um spezielle Hautcremen, die ausschliesslich im Kosmetikbereich zur An wendung kämen. Ein Vergleich zu den G. -Produkten der Klägerin sei nie angestrebt worden (act. 15 Rz. 29).
Beim Vergleich zwischen den BOTOX-Marken der Klägerin und der beklagtischen Marke falle auf, dass die angefochtene Marke auch für kosmetische Produkte geschützt sei, welche von den BOTOX-Marken nicht erfasst seien bzw. gar nicht erfasst sein dürften (heilmittelrechtliches Täuschungsverbot). Entsprechend sei eine Gleichartigkeit diesbezüglich zu verneinen und der vorliegende Löschungsanspruch in diesem Umfang bereits mangels Gleichartigkeit der Waren unbegründet (act. 15 Rz. 42; act. 38 Rz. 55 ff.). Im Übrigen bestehe auch im Rahmen der Warenklasse 5 keine Gleichartigkeit der Waren, da die BOTOX-Marken nur für einen ganz spezifischen Bereich gebraucht werden dürften bzw. geschützt seien. Zu dem mit der Marke BOTOX geschützten Nervengift seien die Produkte jedenfalls nicht gleichartig. Auch diesbezüglich sei der Löschungsanspruch mangels Gleichartigkeit der Waren unbegründet (act. 15 Rz. 43).
Des Weiteren sei das Wortelement BOTOX mit der Marke der Beklagten nicht ähnlich. Die Vergleichszeichen würden über einen unterschiedlichen Wortanfang, ein deutlich unterschiedliches Schriftbild, einen unterschiedlichen Klang sowie einen unterschiedlichen Sinngehalt verfügen (act. 15 Rz. 44 ff). Schliesslich führe auch die Kennzeichnungsschwäche des Begriffs BOTOX zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr. So würden die vorliegend zu beurteilenden Zeichen einzig im Bestandteil BOTO- übereinstimmen. Dieser sei jedoch als Wortanfang von Botulinumtoxin bzw. Botulismus nicht monopolisierbar (act. 15 Rz. 62; siehe auch act. 38 Rz. 57 ff.).
Aufgrund der fehlenden Verwechslungsgefahr und damit der nicht vorhandenen Rechtsverletzung bestehe kein Anspruch auf Schadenersatz (act. 15 Rz. 70).
Auf die weiteren Parteivorbringen wird nachfolgend soweit von Bedeutung im Einzelnen eingegangen.
Ausgangslage
Wer in seinem Recht an der Marke an einer Herkunftsangabe verletzt gefährdet wird, kann vom Richter verlangen: (a) eine drohende Verletzung zu verbieten; (b) eine bestehende Verletzung zu beseitigen; (c) den Beklagten zu verpflichten, Herkunft und Menge der in seinem Besitz befindlichen Gegenstände, die widerrechtlich mit der Marke der Herkunftsangabe versehen sind, anzugeben und Adressaten sowie Ausmass einer Weitergabe an gewerbliche Abnehmer zu nennen (Art. 55 Abs. 1 MSchG).
Rechtsbeständigkeit der Marke BOTOX
Rechtliches
Die Marke ist ein Zeichen, das geeignet ist, Waren Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Art. 1 Abs. 1 MSchG). Zeichen, die dem Gemeingut angehören, können nicht als Marke eingetragen werden und geniessen den gesetzlichen Schutz nicht (Art. 2 lit. a MSchG). Nach herkömmlicher Einteilung gehören zum Gemeingut im Sinne von Art. 2 lit. a MSchG elementare Zeichen, Herkunftsangaben, beschreibende Angaben über die Beschaffenheit der gekennzeichneten Waren Dienstleistungen sowie Freizeichen (Urteil des Bundesgerichts 4A_619/2012 vom 7. März 2013, E. 2 m.w.H.).
Freizeichen sind Zeichen, die an sich kennzeichnende Kraft hätten und Marken sein könnten es einmal waren, eine Kennzeichnungskraft aber nicht mehr besitzen und daher Gemeingut sind. Sie entstehen namentlich, wenn auch nicht ausschliesslich dadurch, dass sie von mehreren unter sich unabhängigen Unternehmen frei zur Kennzeichnung gleichartiger Waren Dienstleistungen verwendet werden und daher ihre Unterscheidungsund Individualisierungsfunktion einbüssen. Sie werden von den massgebenden Verkehrskreisen nicht mehr als spezifische Herkunftsoder Produktebezeichnungen verstanden, sondern sind in deren Verständnis zu reinen Sachoder Gattungsbezeichnungen degeneriert (BGE 130 III 113 E. 3.1 m.w.H.). Als Sachbezeichnungen werden Begriffe bezeichnet, welche dem Verkehr gleich auf welcher Sprachebene zur gattungsmässigen Umschreibung von Produkten dienen. Sie können im gleichen Zusammenhang nicht als Marke beansprucht werden. Solchen Zeichen fehlt nicht nur die Unterscheidungskraft, sondern sie sind dem Verkehr regelmässig freihaltebedürftig (EUGEN MARBACH, Markenrecht, in: von Büren/David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüterund Wettbewerbsrecht, Bd. III, Kennzeichenrecht, Basel 2009, N 277). Ob ein Zeichen Gemeingut geworden ist, beurteilt sich, soweit nicht Herkunftsangaben in Frage stehen, nach der Sachlage in der Schweiz (BGE 130 III 113 E. 3.2 m.w. H.). Bei der Beurteilung der Entartung eines markenfähigen Zeichens zum Freizeichen differenziert die Rechtsprechung zwischen registrierten und nicht registrierten Zeichen: Bei registrierten Zeichen ist die Umwandlung einer Marke in ein Freizeichen erst abgeschlossen, wenn alle an der Herstellung, dem Vertrieb und dem Erwerb der Ware bzw. der Inanspruchnahme der Dienstleistung beteiligten Kreise das Zeichen nicht mehr als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb bzw. eine spezifische Ware Dienstleistung, sondern als Gemeingut, d.h. als Warenoder Gattungsname ansehen. Demgegenüber ist ein nicht als Marke geschütztes Zeichen schon dann Gemeingut, wenn nur ein bestimmter Kreis, z.B. die Fachleute die Abnehmer, es allgemein als Gattungsbezeichnung verwenden (BGE 130 III 113 E. 3.3 m.w.H.).
Die Feststellungen über die in den massgebenden Kreisen herrschenden Auffassungen sind tatsächlicher Natur. Beweispflichtig für den umfassenden Verständniswandel ist die Beklagte, wobei an den Beweis strenge Anforderungen zu stellen sind, weil die Umwandlung einer eingetragenen Marke in ein Freizeichen etwas Aussergewöhnliches bedeutet. Eine Beweisführung erübrigt sich bloss, soweit das umfassende Verständnis einer Bezeichnung als Gattungsbegriff gerichtsnotorisch ist, da über allgemein bekannte Tatsachen kein Beweis geführt werden muss (BGE 130 III 113 E. 3.4 m.w.H.).
Subsumtion
Die Beklagte macht zunächst geltend, dass der Begriff BOTOX gar nie originäre Unterscheidungskraft gehabt habe und deshalb stets eine reine Sachbezeichnung darstellte. Für den Fall, dass man dem Begriff BOTOX zumindest im Zeitpunkt der
Markenregistrierung originäre Unterscheidungskraft zurechnen wollte, sei der Begriff in der Zwischenzeit zum Freizeichen degeneriert (act. 15 Rz. 8). Es ist deshalb nachfolgend zunächst zu prüfen, ob der Begriff BOTOX im Zeitpunkt der Markenregistrierung (1991) über originäre Unterscheidungskraft verfügte. In einem zweiten Schritt ist zu klären, ob der Begriff diese (allfällige) Unterscheidungskraft zwischenzeitlich verloren hat.
BOTOX originär als Sachbezeichnung
Die Klägerin legt dar, dass die Marke BOTOX aus einem Zusammenzug von zwei Buchstabengruppen aus Clostridium botulinum Typ A Neurotoxinkomplex entstanden sei, oder, wenn auf die populärwissenschaftliche Bezeichnung des Wirkstoffs abgestellt werde, aus dem Zusammenzug der Anfangsbuchstaben der Worte Botulinum und Toxin (act. 1 Rz 67). Es handelt sich somit ursprünglich um eine Fantasiebezeichnung; auch die Beklagte macht im Übrigen nicht geltend, dass BOTOX von Beginn an als Sachbezeichnung für den Wirkstoff Verwendung fand.
Massgebend ist im vorliegenden Zusammenhang jedoch der Zeitpunkt der ersten Eintragung der Marke. Gemäss unbestrittener Sachdarstellung wurde die Marke BOTOX erstmals am 12. März 1991 hinterlegt (act. 1 Rz. 18). Als Arzneimittel wird BOTOX seit Anfang der 80er Jahre eingesetzt (act. 1 Rz. 15). Öffentliche Aufmerksamkeit erlangte das unter dieser Marke vertriebene Produkt aber vor allem seit dem Einsatz in der ästhetischen Chirurgie zur Faltenglättung. Dieser Einsatz des Produktes begann mit der Veröffentlichung einer Arbeit von J. und A. Carruthers über den glättenden Effekt von Botulinustoxin A auf Hautfalten im Jahre 1992 (act. 3/26 S. 2; act. 39/5 S. 2). Zugelassen für diese Indikation wurden die Produkte der Klägerin im Herkunftsland (USA) gar erst im Jahre 2002 von der
U.S. Food and Drug Administration (act. 3/53; act. 39/5 S. 2). In der Folge unternahm die Klägerin erhebliche Verkaufsförderungsmassnahmen, namentlich die Vervielfältigung von Werbeund Dokumentationsmaterial in Fachkreisen (act. 1 Rz. 27 ff.; act. 33 Rz. 41 und 115; von der Beklagten nur substantiiert bestritten in Zusammenhang mit Publikumswerbung: act. 15 Rz. 22; act. 38 Rz. 14 f.). Auch den von den Parteien zahlreich eingereichten Artikeln kann entnommen werden,
dass die Verbreitung und damit der Bekanntheitsgrad des Produktes erst in den vergangenen rund 15-20 Jahren Einzug nahm (act. 3/58, 3/66, 3/68, 39/9). Damit erscheint erstellt, dass das unter der Marke BOTOX vertriebene Produkt im Zeitpunkt der Markenhinterlegung der breiten Bevölkerung noch kaum bekannt war. Genau in Bezug auf diesen Adressatenkreis, den massgebenden Durchschnittskonsumenten, stellt die Beklagte mit ihrer Behauptung, BOTOX werde als Sachbezeichnung erkannt, ab (act. 15 Rz. 49; act. 39 Rz. 5). War das Produkt im Zeitpunkt der Markenhinterlegung der breiten Masse aber noch gar nicht bekannt, konnte es von dieser auch nicht als Sachbezeichnung wahrgenommen werden. Dass es auch in Fachkreisen, über die das Produkt seine Verbreitung letztlich gefunden hat, 1991 bereits als Sachbezeichnung verwendet wurde, hat die Beklagte
wohl zu Recht - nicht behauptet. Diese Adressatenkreise sind es denn auch, die mit dem Produkt seit Beginn weg unmittelbar in Berührung kommen, sei es durch das Informations-/Werbematerial der Klägerin durch den direkten Bezug der Produkte. Wie die Klägerin dargelegt hat (act. 1 Rz. 72 ff.), verwendet sie bei der Vermarktung konsequent das Schutzzeichen ®. Diese Behauptung wurde von der Beklagten nicht bestritten. Unter diesen Umständen musste es für die Fachpersonen, von denen ohnehin anzunehmen ist, dass sie ein besseres Verständnis über das unter der Marke BOTOX verbreitete Produkt haben als der Schweizer Durchschnittsabnehmer, klar sein, dass BOTOX keine Sachbezeichnung darstellte. Der Einwand der Beklagten, wonach der Begriff BOTOX bereits im Zeitpunkt der Markenhinterlegung lediglich einen Sachbegriff darstellte, verfängt nach dem Gesagten nicht. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch den von der Beklagten genannten Entscheiden des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (nachfolgend: IGE) nicht zu entnehmen ist, dass dieses den Begriff BOTOX originär als Sachbezeichnung qualifizierte. Das IGE führte vielmehr aus, dass Botox heute nicht als Marke mit besonders weitem Schutzumfang, sondern als Begriff mit einem klaren Sinngehalt wahrgenommen werde (Ziff. V. 8. des Entscheides im Widerspruchsverfahren Nr. 7352 vom 12. Mai 2005 i.S. BOTOX / BOTOINA, AB 7). An anderer Stelle findet sich die Erwägung, dass sich Vor allem in der Pharmabzw. in der Kosmetikbranche [ ] der Begriff als Synonym für den (längeren und schwierigeren) Begriff
Botulinumtoxin eingebürgert habe (Ziff. III. D. 8 des Entscheides im Widerspruchsverfahren Nr. 10617 vom 4. Januar 2011 i.S. BOTOX / BOTOCEUTICAL, AB 8; Hervorhebung nicht im Original). Weiter wird ausgeführt, dass der Begriff BOTOX heutzutage in vielen Beiträgen wie ein Sachbegriff benutzt werde, die Redaktoren davon ausgehen würden, dass das allgemeine Publikum diesen versteht (Ziff. III. D. 10 und 12 des Entscheides im Widerspruchsverfahren Nr. 10617 vom 4. Januar 2011 i.S. BOTOX / BOTOCEUTICAL, act. 16/8). Es erhellt, dass sich auch das IGE in seinen Entscheiden nicht auf den Standpunkt stellte, dass die Marke BOTOX von Anfang an lediglich eine Sachbezeichnung dargestellt habe.
Degeneration zum Freizeichen
Wesentlich substantiierter präsentieren sich die Ausführungen der Beklagten in Bezug auf ihren Standpunkt, dass die Marke BOTOX zwischenzeitlich zum Freizeichen degeneriert sei, weil sie nur noch als Gattungsbezeichnung bekannt sei (siehe insb. act. 38 Rz. 33 ff.).
Wie in Ziffer 2.4.1 der Erwägungen ausgeführt, kann eine registrierte Marke nur dann zum Freizeichen degenerieren, wenn alle Verkehrskreise das Zeichen nicht mehr als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb bzw. eine spezifische Ware Dienstleistung, sondern als Gemeingut wahrnehmen. Die Abgrenzung der massgeblichen Verkehrskreise stellt eine Rechtsfrage dar (siehe MARBACH, a.a.O., N 180 ff.). Im vorliegenden Fall kann aber auf eine abschliessende Qualifikation sämtlicher in Frage kommender Verkehrskreise verzichtet werden. Fest steht auf jeden Fall, dass sowohl die Fachleute, welche das unter der Marke BOTOX vertriebene Produkt beziehen, wie auch die Endabnehmer, welche sich das Produkt zu medizinischen kosmetischen Zwecken injizieren lassen, je einen massgebenden Verkehrskreis bilden.
Die Beklagte hat ausgeführt, dass bei einem Suchlauf mit der Suchmaschine google.ch auf der ersten Seite ausschliesslich Treffer, die BOTOX als Sachbezeichnung verwenden, erscheinen würden. Auf Wikipedia finde man zu Botulinumtoxin folgende Aussage: Die Anwendung der Botulinumtoxin-Medikamente
gegen Falten ist inzwischen so weit verbreitet und durch Massenmedien bekannt gemacht worden, dass sich der Begriff Botoxbehandlung unabhängig von der genauen Bezeichnung des verwendeten Medikaments metonymisch als Begriff durchgesetzt hat. Von Zeitschriften werde BOTOX direkt mit Botulinumtoxin gleichgesetzt. Sogar von Fachleuten werde BOTOX als Sachbezeichnung verwendet. Auch der Film Botox ein Gift macht Karriere befasse sich mit dem Stoff Botulinumtoxin als Solchem und verwende den Begriff BOTOX als Synonym dafür. Weiter habe das Bundesgericht im Urteil 2C_1246/2012 vom 12. April 2013 Botox als Bezeichnung für ein Produkt mit dem Wirkstoff Botulinumtoxin verwendet (act. 38 Rz. 33 ff.). Ausserdem habe das IGE im Rahmen der Widerspruchsverfahren Nr. 7352, 10617 und 10618 bestätigt, dass es sich bei BOTOX um eine blosse Sachbezeichnung handle (act. 38 Rz. 32).
Die Klägerin behauptet, dass BOTOX als ihre Marke verstanden werde (act. 1 Rz. 75). Sie verwende das Zeichen BOTOX ganz bewusst immer mit einem ® Schutzrechtsvermerk, um darauf aufmerksam zu machen, dass es sich um einen ihr zuzurechnenden Produktenamen und um eine von ihr gehaltene Marke handle. Zudem verwende sie ihre Marke BOTOX oft in Kombination mit der Wirkstoffbezeichnung Botulinum Toxin Typ A, weshalb jeder und jede, die mit den Produkten der Klägerin mit die Produkte der Klägerin betreffenden Dokumenten und Werbematerialien in Kontakt komme, wisse, dass BOTOX eine Marke für ein Produkt sei, das Botulinum Toxin Typ A enthalte. Schon aus diesen Gründen könnten weder spezialisierte Kreise noch die Allgemeinheit der Meinung sein, bei BOTOX handle es sich um eine Gattungsbezeichnung eine beschreibende Angabe. Auch die Heilmittelzulassungsstelle Swissmedic verwende das Wort BOTOX klar als Marke und weder als Gattungsbezeichnung noch als Name des verwendeten Wirkstoffs. In seinem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2011 zugrundeliegenden Entscheid habe das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic gar ausdrücklich festgehalten, das Argument, der Begriff 'Botox-Behandlung' habe sich unabhängig von der genauen Bezeichnung des verwendeten Medikamentes als Begriff für das Therapieverfahren durchgesetzt, sei nicht stichhaltig. Bei Botox handle es sich um ein Arzneimittel ( ... ). Der Entscheid von Swissmedic sei durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden; auch dieses verwende die Zeichen BOTOX (und G. ) konsequent als Marken für bestimmte Präparate. Im ArzneimittelKompendium der Schweiz sei BOTOX ebenfalls unmissverständlich als Marke für ein Produkt der Klägerin aufgeführt; einmal mehr werde der Schutzrechtsvermerk
® übernommen, um keine Zweifel am markenrechtlichen Charakter des Zeichens aufkommen zu lassen. Wenigstens die Fachkreise seien sich daher bestens bewusst, dass es sich bei BOTOX um eine Marke handle und würden dieses Zeichen nicht als Freizeichen verstehen. Auf dem Markt würden neben BOTOX unter anderen Marken Produkte angeboten, die den Wirkstoff Botulinum Toxin kennen und für die gleichen Zwecke wie BOTOX verwendet würden. Die relevanten Verkehrskreise würden mit diesen anderen Produktenamen ebenfalls konfrontiert, weshalb sie nicht der Meinung sein könnten, bei BOTOX handle es sich um eine Gattungsbezeichnung eine beschreibende Angabe. Insbesondere spezialisierte Abnehmerkreise, wie beispielsweise die die Produkte anwendenden Ärzte, würden BOTOX nicht als Gattungsbezeichnung verstehen. Dies ergebe sich aus diversen Publikationen (act. 1 Rz. 75 ff.).
Aus dem Vergleich der zu den Akten gereichten Publikationen geht hervor, dass der Begriff BOTOX wie von der Beklagten behauptet teilweise als Abkürzung für das Nervengift Botulinumtoxin (auch Botulinum Toxin geschrieben) und damit als blosse Sachbezeichnung verwendet wird (act. 39/9, 39/11, 39/15). Aus anderen Publikationen lässt sich aus der Verwendung des Begriffs BOTOX nicht ableiten, dass die Autoren die Marke als blosse Sachbezeichnung verwendeten. Der Begriff wird indifferent gebraucht, z.B. BOTOX-Behandlung. Dabei bleibt unklar, ob der jeweilige Autor sich der Differenzierung zwischen der Marke BOTOX und dem in dem Produkt enthaltenen Nervengift bewusst ist (act. 3/80, 3/81, 3/82, 39/6). Es handelt sich dabei ausschliesslich um Beiträge, die sich an die breite Öffentlichkeit wenden (Fernsehsendungen, Zeitungen, Zeitschriften). In der Mehrheit der Publikationen wird indessen zwischen dem Nervengift Botulinumtoxin und dem Produkt resp. Zeichen BOTOX differenziert. Dabei wird der Leserschaft teilweise ausdrücklich dargelegt, dass es sich beim Begriff BOTOX um den Handelsnamen für ein Produkt handle, welches ein Gift namens Botulinumtoxin enthalte (act. 3/37, 3/38, 3/62, 39/5, 39/13). In anderen Publikationen
wird BOTOX mit dem Schutzvermerk ® versehen und dadurch darauf hingewiesen, dass es sich nicht um eine Sachbezeichnung, sondern um ein ganz bestimmtes Produkt handelt (act. 3/35, 3/60, 3/61, 3/64, 39/12); dabei wird das Produkt zum Teil im Einklang mit weiteren Botulinumtoxin haltigen Medikamenten genannt. Schliesslich findet sich auch ein Reihe von Publikationen, in denen von
Botulinumtoxin gesprochen wird und die Begriffe BOTOX und G. in
Klammern hintan gesetzt werden (act. 3/63, 39/10). Bei dieser dritten Gruppe von Publikationen, in denen zwischen der Marke BOTOX und dem Nervengift Botulinumtoxin unterschieden wird, fällt auf, dass es sich bei der Autorenschaft in aller Regel um Fachinstitute/-personen handelt, die direkt mit dem unter der Marke BOTOX gehandelten Produkt zu tun haben ( [Aufzählung von Fachinstituten/personen]). Aber auch aus dem Wikipedia-Eintrag zu Botulinumtoxin geht hervor, dass BOTOX ein Handelsname ist (act. 39/5).
Es erhellt, dass zumindest für Fachpersonen klar ist, dass BOTOX nicht der Name für ein Nervengift und damit eine Sachbezeichnung, sondern die Marke eines Produktes ist, welches ein bestimmtes Nervengift enthält. Anders verhält es sich bei der durchschnittlichen Schweizer Gesamtbevölkerung, deren Verständnis durch die (Boulevard-)Presse reflektiert wird. In dieser scheint das Bewusstsein darüber, was BOTOX genau ist, zu schwinden, wird doch Botulinumtoxin regelmässig mit BOTOX gleichgesetzt. Es ergibt sich weiter der Eindruck, dass auch die Fachkreise dieses schwindende Bewusstsein der durchschnittlichen Schweizer Gesamtbevölkerung erkannt haben: Damit erklärt sich, dass sie in Publikationen, mit denen sie sich an ihre potentielle Klientel wenden, auf eine exakte und deutliche Differenzierung verzichten.
Die Beklagte verweist sodann darauf, dass das IGE in drei Widerspruchsverfahren (Nr. 7352, 10617 und 10618) bestätigt habe, dass BOTOX eine blosse Sachbezeichnung darstelle.
Hierzu gilt es zunächst festzuhalten, dass das Gericht nach ständiger Bundesgerichtsrechtsprechung nicht an die Entscheide des IGE gebunden ist (siehe LUCAS DAVID, Die Bindung des Zivilrichters ans verwaltungsrechtliche Präjudiz, in: sic! 2012 S. 429, 433 m.w.H.). Dies gilt insbesondere für Widerspruchsverfahren: Die
Kognition des IGE beschränkt sich auf die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr der Widerspruchsmarke mit der angefochtenen Marke. Die Kennzeichnungskraft der angefochtenen Marke bildet nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und kann nicht in Frage gestellt werden. Selbst wenn noch die Widerspruchssektion des IGE das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss kommen sollten, die angefochtene Marke sei wegen fehlender Kennzeichnungskraft überhaupt nichtig, kann deswegen deren Löschung nicht angeordnet, sondern einzig von einer höchst bescheidenen Kennzeichnungskraft ausgegangen werden. Da somit das IGE und das Bundesverwaltungsgericht im Widerspruchsverfahren nicht über die gleiche Kognition verfügen wie der Zivilrichter, der eine Nichtigkeitsklage -einrede zu beurteilen hat, wäre es verfehlt, den Widerspruchsentscheiden bindende Kraft im Zivilverfahren zuzuerkennen (siehe DAVID, a.a.O., S. 440).
Ausserdem ist darauf hinzuweisen, dass offenbar auch das IGE sich nicht darauf festlegen will, dass BOTOX zum Sachbegriff degeneriert sei. So entschied es im Widerspruchsverfahren Nr. 12361 i.S. Botox Party (fig.) vom 26. September 2012 (E. III.D.4):
Dieser Begriff (BOTOX) ist vor allem in der Pharmabzw. in der Kosmetikbranche ziemlich verbreitet. Es bestehen gewisse Hinweise, dass BOTOX als Sammelbegriff für Präparate auf der Basis sog. neurotoxischer Proteine verwendet wird. Indessen ist dies nicht (medizinisch-)lexikographisch belegbar und selbst in wikipedia wird darauf hingewiesen, dass es sich bei BOTOX um einen „Handelsnamen“ handle (vgl. unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Botulinumtoxin, abgerufen am 26.09.2012).
Weiter wurde in diesem Entscheid ausgeführt (E. III.D.6):
Die Widersprechende hat zahlreiche Belege eingereicht, die glaubhaft darlegen, dass es sich bei BOTOX um eine Marke und nicht um eine Sachbezeichnung handelt. So wird z.B. ersichtlich, dass es verboten ist, Botox als Kennzeichnung in der Werbung zu verwenden, auf den Wirkstoff Botulinum Toxin darf man demgegenüber hinweisen. [ ] Der Widerspruchsmarke eignet somit zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft.
Damit relativiert sich auch die bis dahin klarere Haltung des IGE (vgl. oben Ziff. 2.4.2.1).
Es wurde bereits ausgeführt (Ziffer 2.4.1 der Erwägungen), dass es der Beklagten obliegt, den Beweis dafür zu erbringen, dass die Marke BOTOX zum Freizeichen degeneriert ist. Nebst den bereits in Erwägung gezogenen Urkunden verweist die Beklagte als Beweismittel auf das Urteil des Bundesgerichts 2C_1246/2012 vom 12. April 2013. In diesem werde 'Botox' als Bezeichnung für ein Produkt mit dem Wirkstoff 'Botulinumtoxin' verwendet (act. 38 Rz. 36). Wenn das Bundesgericht den Begriff BOTOX für ein Produkt mit dem Wirkstoff Botulinumtoxin verwendet, zeigt dies gerade auf, dass auch das Bundesgericht erkennt, dass BOTOX eine Marke für ein Produkt darstellt und nicht der Name eines Nervengiftes ist. In Erwägung 8.4. des Urteils 4A_103/2008 vom 7. Juli 2008 hält das Bundesgericht ausserdem fest, dass es nicht notorisch sei, dass der Normalverbraucher [gemeint sind dabei die Abnehmerkreise, die etwas gegen ihre Hautfalten unternehmen möchten, also die Endverbraucher] das Zeichen BOTOX als Abkürzung für den Wirkstoff Botulinum Toxin A, und damit als beschreibende Sachbezeichnung versteht. Die Beklagte kann aus diesem Urteil folglich nichts zu Gunsten ihres Standpunktes ableiten. Schliesslich offeriert die Beklagte als Beweismittel die Parteibefragung und/oder Beweisaussage, ohne aber zu bezeichnen, wer befragt werden soll (act. 38 Rz. 37). Es ist immerhin fraglich, ob die Beklagte damit ihre Beweismittel formgerecht angeboten hat. Selbst wenn dies aber der Fall wäre (vgl. Art. 159 ZPO), so ist nicht ersichtlich, was die Aussage der Organe der Beklagten, die nicht mehr als ihre subjektive Einschätzung äussern könnten, der sich aus den eingereichten Urkunden ergebenden klaren Aktenlage entgegensetzen könnten. Auf die Beweisabnahme kann daher verzichtet werden.
Zusammenfassung
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass BOTOX eine rechtsbeständige Marke ist. Es gibt zwar gewisse Tendenzen, dass die Marke zum Freizeichen degeneriert. Zumindest in Fachkreisen wird aber nach wie vor klar diffenziert zwischen dem Nervengift Botulinumtoxin und dem unter der Marke BOTOX vertriebenen Medikament. Der Beklagten gelingt es nicht den gegenteiligen Beweis zu erbringen. Damit haben die aus der Registrierung der Marke BOTOX erwachsenen Markenrechte der Klägerin grundsätzlich weiterhin Bestand.
Es ist deshalb nachfolgend zu überprüfen, ob diese Rechte der Klägerin durch die Beklagte verletzt werden.
Verletzung der klägerischen Marken
Eine Verletzung der Rechte an einer Marke liegt dann vor, wenn der Beklagte ohne Zustimmung des Rechtsinhabers (oder ohne einen sonstigen Rechtfertigungsgrund) eine der in Art. 13 Abs. 2 MSchG näher definierten Handlungen vornimmt und dadurch in den Schutzbereich gemäss Art. 3 und/oder Art. 15 MSchG einer prioritätsälteren Marke eingreift (siehe ROGER STAUB, SHK-MschG, S. 963 Rz 8). Demgemäss wird das Recht an einer (älteren) Marke verletzt, wenn eine identische zumindest ähnliche (jüngere) Marke für gleiche gleichartige Waren und/oder Dienstleistungen verwendet und dadurch eine Verwechslungsgefahr geschaffen wird (Art. 3 Abs. 1 lit. b und c MSchG). Ebenso liegt eine Verletzungshandlung vor, wenn der Gebrauch eines Drittzeichens eine Gefährdung der Kennzeichnungskraft eine Ausnutzung Beeinträchtigung des guten Rufs einer berühmten Marke zur Folge haben könnte (Art. 15 MSchG; siehe CHRISTOPH WILLI, Kommentar zum MSchG, N 5 zu Art. 15 MSchG).
Priorität der Marke BOTOX
Im Konflikt zwischen zwei Kennzeichen geniesst grundsätzlich das ältere den Vorrang (siehe dazu MARBACH , a.a.O., N. 718 ff.). Bei zwei hinterlegten Marken richtet sich die Rangfolge nach dem Zeitpunkt ihrer Hinterlegung. Es wurde bereits ausgeführt, welche Marken von der Klägerin gehalten werden (siehe Ziffer 2. 1. der Erwägungen). Die Beklagte hat ihre Marke CH B. BOTOCARE für die Warenklassen 3 und 5 am 22. August 2011 hinterlegt (act. 3/44).
Es ist offensichtlich und im Übrigen auch unbestritten, dass die klägerischen Marken gegenüber der Marke der Beklagten Priorität geniessen.
Berühmte Marke
Die Klägerin stellt sich auf den Standpunkt, die Marke BOTOX sei weltweit wie in der Schweiz bei einem breiten Publikum bekannt. Das Produkt BOTOX finde sowohl in seiner medizinischen als auch kosmetischen Anwendung erhebli-
chen Absatz (act. 1 Rz. 87). 2010 habe sie mit BOTOX bzw. G.
in der
Schweiz einen Umsatz von USD 13'017'050 erzielt. BOTOX geniesse auch im Ausland eine überragende Verkehrsgeltung, was auf intensive Verkaufsförderungsmassnahmen zurückzuführen sei und sich im weltweiten Umsatz von BOTOX in der Höhe von USD 1'419 Mio. für 2010 niederschlage. Diese Verkehrsgeltung im Ausland wirke sich effektiv auch auf die Bekanntheit der Marke BOTOX in der Schweiz aus. Für das Ausland gelte, dass wenn das Produkt für
kosmetische Anwendungen mit G.
markiert werden muss (wie in der
Schweiz), die anwendenden Ärzte, die Patienten und die Gesamtbevölkerung dennoch (in unzutreffender Weise) vom Produkt BOTOX sprechen und die G. Produkte unter dieser Marke wahrnehmen würden. Zudem finde auch im Ausland ein weitergehender kosmetischer Gebrauch von BOTOX statt, sei es, dass die Zulassung für das Produkt weiter gefasst sei dass es sich dabei um einen off-label use handle (act. 1 Rz. 88).
Bei den massgebenden Verkehrskreisen geniesse BOTOX einen ausserordentlich hohen Kennzeichnungsgrad. Die Marke BOTOX geniesse aufgrund der Qualität und der gezielten und verlässlichen Wirksamkeit des Produktes BOTOX einen ausgezeichneten Ruf und werde vom Publikum im Inund Ausland sowohl in der medizinischen als auch kosmetischen Anwendung hoch geschätzt. GoogleRecherchen würden zeigen, dass die der Marke BOTOX ähnlichen Drittmarken (einschliesslich derjenigen der Beklagten) dem Publikum praktisch unbekannt seien. Sie würden die (relative) Alleinstellung der Marke BOTOX jedenfalls nicht auszuschliessen vermögen. Der Marke BOTOX der Klägerin komme weltweit wie in der Schweiz folglich überragende Verkehrsgeltung zu, sie geniesse allgemeine Wertschätzung und nehme eine Alleinstellung ein. Die Voraussetzungen an eine berühmte Marke im Sinne von Art. 15 MSchG seien mithin erfüllt (act. 1 Rz. 89 ff.). Zu diesem Ergebnis seien auch die Behörden und Gerichte verschiedener anderer Staaten gelangt. Der Trend zur Faltenlosigkeit sei auch in der Schweiz präsenter denn je, was an den zahllosen Beiträgen zu diesem Thema in den Schweizer (Boulevard) Medien auch über ausländische Nutzerinnen und Nutzer von Clostridium Botulinum Typ A Neurotoxinkomplex bzw. dem Produkt BOTOX
der Klägerin ersichtlich sei. Aber auch seriöse Medien wie beispielsweise das Schweizer Fernsehen würden Faltenbehandlungen, Clostridium botulinum Typ A Neurotoxinkomplex und BOTOX Aufmerksamkeit schenken. Aus dem Gesagten folge, dass die Marke BOTOX die quantitative und die qualitative Schwelle erreiche, um auch in der Schweiz als berühmte Marke zu qualifizieren (act. 1 Rz. 97 ff.; siehe zudem die Ausführungen in act. 33 Rz. 124 ff.).
Die Beklagte führt mit Hinweis auf die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichts aus, dass es nicht genüge, wenn das Zeichen einem bestimmten Prozentsatz der Bevölkerung etwas sagt. Vielmehr müsse das Zeichen markenmässig, also zur Kennzeichnung eines Produkts bekannt sein. Dies sei im vorliegend fraglichen Bereich (Kosmetika) aufgrund der heilmittelrechtlichen Rahmenbedingungen gar nicht möglich. Auch die von der Klägerin eingereichte Umfrage zeige auf, dass BOTOX zwar relativ vielen Leuten bekannt sei. Da aber diese Leute BOTOX als Sachbezeichnung verstehen würden, liege gerade nicht eine berühmte Marke, sondern ein Freizeichen vor (act. 38 Rz. 62).
Gemäss Art. 15 Abs. 1 MSchG kann der Inhaber einer berühmten Marke anderen deren Gebrauch für jede Art von Waren Dienstleistungen verbieten, wenn ein solcher Gebrauch die Unterscheidungskraft der Marke gefährdet deren Ruf ausnützt beeinträchtigt. Das Gesetz definiert die Berühmtheit nicht. Die massgeblichen Kriterien für den Entscheid, ob eine solche Qualifikation auf eine bestimmte Marke anwendbar ist, können indessen aus dem Zweck von Art. 15 MSchG abgeleitet werden, der darin besteht, die berühmten Marken gegen die Ausnützung ihres Rufes, dessen Beeinträchtigung und gegen die Gefährdung der Unterscheidungskraft der Marke zu schützen. Ein solcher Schutz ist gerechtfertigt, wenn es dem Inhaber der Marke gelungen ist, dieser eine solche Verkehrsgeltung zu verschaffen, dass sie eine durchschlagende Werbekraft besitzt, die nicht nur zur Vermarktung im angestammten Warenoder Dienstleistungsbereich genutzt werden kann, sondern auch den Verkauf anderer Produkte die Erbringung anderer Dienstleistungen erheblich erleichtern kann. Dies setzt voraus, dass die Marke bei einem breiten Publikum allgemeine Wertschätzung geniesst. Denn solange nur begrenzte produktespezifische Abnehmerkreise die
Marke kennen und schätzen, besteht kein legitimes Interesse an einem erweiterten Schutz. Für die Annahme einer berühmten Marke genügt es jedoch nicht, dass die Marke einem grösseren Personenkreis bekannt ist, denn sonst wäre es nicht mehr möglich, die Berühmtheit einer Marke von ihrer Bekanntheit zu unterscheiden. Das positive Ansehen, das eine Marke beim Publikum geniesst, ist folglich ein nicht zu vernachlässigendes Kriterium. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass dieses positive Image allgemeine Zustimmung findet in dem Sinne, dass die durch die berühmte Marke gekennzeichneten Produkte Dienstleistungen ausnahmslos allgemeinen Beifall finden. So können Zigaretten-Marken Berühmtheit erlangen, obwohl das Rauchen und folglich die dazu verwendeten Substanzen als solche in der Öffentlichkeit Gegenstand von Kontroversen bilden (siehe BGE 130 III 748 = Pra 94 [2005] Nr. 91 E. 1.1 m.w.H., siehe beispielsweise auch das Urteil des Bundesgerichts 4C.31/2004 vom 8. November 2004 E. 3.2 in sic! 2005 S. 390 ff.).
Ob eine Marke einer breiten Öffentlichkeit bekannt ist und ob sie bei den Personen, die sie kennen, ein positives Ansehen geniesst, sind Sachverhaltsfragen, zu denen Behauptungen erhoben werden müssen, die mit allen geeigneten Mitteln, wie etwa einer Meinungsumfrage, zu beweisen sind. Indessen müssen notorische Tatsachen weder behauptet noch bewiesen werden (BGE 130 III 748 = Pra 94 [2005] Nr. 91 E. 1.2 m.w.H.). Die Qualifikation als berühmte Marke ist eine rechtliche Wertung (MARBACH, a.a.O., N 1649 und 1658).
Um den Bekanntheitsgrad ihrer Marke darzulegen verweist die Klägerin unter anderem auf eine jüngst von ihr in Auftrag gegebene Repräsentativbefragung (act. 34/7). Dieser lässt sich entnehmen, dass 87% der befragten Personen die Frage Kennen Sie das Wort BOTOX von irgendwoher bejahten. Aber nur gerade 7% der Befragten nannte als spontane Assoziation zum Wort BOTOX Pharmazeutikum, Medikament, medizinisch. Im Wesentlichen wurde der Begriff mit Falten, Faltenbehandlung, Hautstraffung, Gesichtsverjüngung in Verbindung gebracht (46%), gefolgt von den Begriffen Schönheit, Schönheitsbehandlung (38%). An dritter und vierter Stelle standen Assoziationen mit Nervengift, Gift (27%) und Spritze (22%). Daraus erhellt, dass die Schweizer Gesamtbevölke rung zwar den Begriff BOTOX kennt, diesen aber in erster Linie mit dem Verwendungszweck und darüber hinaus mit Nervengift in Verbindung bringt, nicht aber mit einer Marke assoziiert, was wiederum für eine Entwicklung hin zum Freizeichen spricht (siehe Ziffer 2.4.2.2 lit. e der Erwägungen). Die Berühmtheit einer Marke setzt aber gerade die Bekanntheit des Begriffs als Marke voraus (siehe FLORENT THOUVENIN, in: Noth/Bühler/Thouvenin, Markenschutzgesetz [MSchG], Bern 2009, N 17 zu Art. 15).
Soweit die Klägerin auf die Umfrage aus dem Jahre 2003 in Frankreich verweist, ist ihr entgegen zu halten, dass die Umfrage zunächst einmal keineswegs geeignet ist, den Bekanntheitsgrad der Marke BOTOX im Zeitpunkt der Klageeinleitung in der Schweiz zu beweisen. Ausserdem erscheint fraglich, ob die Umfrage als repräsentativ bezeichnet werden kann, geht daraus doch hervor, dass lediglich 136 Patienten befragt wurden, bei denen die Anwendung von G. ® vorgesehen war (act. 3/33 S. 3 ff.).
Auch die spanische Umfrage aus dem Jahre 2011 (act. 3/34) eignet sich nicht, um den Bekanntheitsgrad in der Schweiz darzulegen. Im Übrigen ist diese Umfrage insofern zu beanstanden, als die Fragestellung suggestiv war: Auf die Frage Are you aware of the trade mark BOTOX® or have you on occasion heard of it konnten die Teilnehmer lediglich mit Yes No antworten. Selbstverständlich beantworteten alle Teilnehmer, die den Begriff BOTOX kannten, diese Frage mit Yes. Dabei hatten sie keine Gelegenheit klarzustellen, ob sie lediglich den Begriff kannten, ob ihnen auch bewusst war, dass es sich dabei um eine Marke handelte. Wie die jüngste in der Schweiz durchgeführte Befragung zeigte, verhält es sich aber gerade so, dass die durchschnittliche Bevölkerung den Begriff zwar kennt, diesen aber nicht mit einer Marke assoziiert. Nachdem die Klägerin aus der Umfrage in Spanien auf den Bekanntheitsgrad in der Schweiz schliesst, muss konsequenterweise angenommen werden, dass sich das Bewusstsein in der schweizerischen und der spanischen Bevölkerung nach klägerischer Auffassung in etwa deckt. Unter diesen Umständen müsste davon ausgegangen werden, dass auch in Spanien der überwiegende Teil der Bevölkerung zwar den Begriff BOTOX kennt, diesen aber nicht mit der Marke in Verbindung bringt.
Schliesslich ist zur spanischen Umfrage festzuhalten, dass lediglich 49.4% der Bevölkerung die erste Frage mit Yes beantwortete.
Das Bundesgericht hat im Fall Riesen entschieden, dass ein Bekanntheitsgrad von 46% der Gesamtbevölkerung nicht ausreicht, damit eine überragende Verkehrsgeltung gegeben sei (Urteil des Bundesgerichts 4C.31/2004 vom 8. November 2004, in sic! 2005, S. 200 ff.). Weder in der spanischen Umfrage noch in der von der Klägerin jüngst eingeholten Repräsentativbefragung ist nach dem Gesagten dieser erforderliche Bekanntheitsgrad für eine Qualifikation als berühmte Marke erreicht (siehe Urteil des Bundesgerichts 4C.31/2004 vom 8. November 2004, in sic! 2005, S. 200 ff.). Zwar hat das Bundesgericht in einem kürzlich ergangenen Urteil vom 7. August 2012 (4A_128/2012) einen kantonalen Entscheid als mit dem Bundesrecht vereinbar geschützt, der es zudem gestützt auf ein von einer Partei eingereichtes demoskopisches Gutachten genügen liess, wenn eine von vier Personen die betreffende Marke kannte und positiv schätzte. Der Entscheid wurde mit einiger Überraschung kommentiert (vgl. Anmerkungen von Ralph Schlosser in sic! 2013 41 ff., 44; SJZ 109/2013 S. 383) und steht, ohne nähere Begrün- dung, sowohl in Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung als auch zu den Anforderungen, die in der Literatur zum Kennzeichnungsgrad als massgebliches Kriterium für die Bestimmung der Berühmtheit gesetzt werden (vgl. Übersicht in THOUVENIN, a.a.O., N 18 ff. zu Art. 15). Selbst einen Kennzeichnungsgrad von 25% erreicht BOTOX als Marke allerdings nicht, wie sich aus der von der Klägerin eingereichten Repräsentativbefragung ergibt.
Die Klägerin beruft sich für den Fall, dass ihren Behauptungen zur Bekanntheit von BOTOX nicht gefolgt werde, auf ein gerichtliches demoskopisches Gutachten (act. 33 Rz. 51; Beweismittelverzeichnis act. 34 S. 1). Dies erscheint jedoch angesichts der von der Klägerin selbst eingeholten Studie als obsolet, deren Ergebnisse von der Beklagten nicht in Frage gestellt werden (act. 38 S. 16). Das Ergebnis der Befragung, dass der Begriff 'BOTOX' dem deutlichen Grossteil der Bevölkerung bekannt ist und der Faltenbehandlung zugeordnet wird (act. 34/7 S. 9), deckt sich denn auch mit dem von der Klägerin angeführten Umstand, dass in den Schweizer Medien zahllose Beiträge dem Thema Faltenlosigkeit, Faltenbehandlung sowie den Nutzerinnen und Nutzern von Clostridium Botulinum Typ A Neurotoxinkomplex bzw. von BOTOX Aufmerksamkeit schenken (act. 1 Rz. 103 ff.). Wie bereits ausgeführt (vorne Ziff. 2.4.2.2 lit. e) wird gerade in solchen Veröffentlichungen nicht klar zwischen der Marke und dem enthaltenen Wirkstoff unterschieden. Da mithin durchaus auf die klägerischerseits eingereichte Studie abgestellt werden kann, erübrigen sich zusätzliche Beweisabnahmen zu diesem Thema. Welche Schlüsse aus den erhobenen Befragungsdaten mit Bezug auf die Berühmtheit der Marke zu ziehen sind, ist als Frage der Würdigung der rechtlichen Ebene zuzuordnen.
Nebst dem hohen Bekanntheitsgrad muss die Marke beim Publikum gewisse, zwar inhaltlich meist nicht näher konkretisierte, aber wirtschaftlich verwertbare Assoziationen wecken, aufgrund derer diese Marken als solche und losgelöst von bestimmten Waren und Dienstleistungen einen äusserst grossen kommunikativen Wert in sich darstellen (THOUVENIN, a.a.O., N 24 zu Art. 15). Als Ursache der Wertschätzungen kommen insbesondere konkrete Qualitätserwartungen, ein nachhaltiger Markterfolg, gewisse Luxus-, Exklusivitätsund Prestigevorstellungen, aber auch beliebige andere positive Assoziationen wie etwa ein bestimmter Lebensstil das Erwecken von Sympathien in Frage.
Die Klägerin macht geltend, ihre Produkte würden dank ihrer verlässlichen und gezielten Wirkung hoch geschätzt (act. 1 Rz. 25, 34, 90 und 128). Weiter führt sie aus, BOTOX sei (vergleichbar mit Viagra) eine Lifestylemarke, die ein positives Image geniesse (act. 33 Rz. 131). Damit vermag sie jedoch den Substantiierungsanforderungen in Bezug auf das qualitative Kriterium, das eine berühmte Marke erfüllen muss, kaum zu genügen. Zwar ist ihr zugute zu halten, dass dieses Kriterium äusserst schwer zu fassen ist. Auch das Bundesgericht hat es bis dato soweit bekannt noch nicht als eigenständiges Kriterium geprüft (siehe THOUVENIN, a.a.O., N 26 zu Art. 15). Immerhin hätte die Klägerin aber erklären können, weshalb die Marke BOTOX losgelöst von bestimmten Waren und Dienstleistungen einen äusserst grossen kommunikativen Wert in sich trage (vgl. z.B. mit Rolls Royce als Kurzform für Qualitätsführerschaft; Rolls Royce der Socken, siehe MARBACH, a.a.O., FN 2088). Eine derartige Behauptung hat die Klägerin
nicht aufgestellt. Richtig ist zwar, dass das Wort BOTOX (nach der erwähnten Repräsentativbefragung) in erster Linie mit Falten, Faltenbehandlung, Hautstraffung, Gesichtsverjüngung, Schönheit und Schönheitsbehandlung in Verbindung gebracht wird, welche Begriffe ihrerseits einen gewissen Lifestyle verkörpern; notorisch ist sodann auch der von der Klägerin angerufene Trend hin zur ewigen Jugendlichkeit und Faltenlosigkeit (act. 33 Rz. 129). Hingegen ist eine übertragene Verwendung von BOTOX losgelöst vom konkreten Anwendungsfeld des Produkts resp. des enthaltenen Wirkstoffes nicht erkennbar. Der Vergleich mit Viagra hinkt denn auch insofern, als diese Marke keine Nähe zum enthaltenen Wirkstoff (Sildenafil) aufweist. Nicht ersichtlich ist schliesslich, was das von der Klägerin in diesem Zusammenhang anerbotene demoskopische Gutachten betreffend den Ruf von BOTOX (act. 1 Rz. 90) nachweisen könnte, wenn bereits substantiierte Behauptungen zum losgelösten kommunikativen Wert von BOTOX fehlen.
Selbst wenn man somit auf das jüngste Parteigutachten der Klägerin abstellt, erreicht die Marke BOTOX nicht den erforderlichen Bekanntheitsgrad, der zur Qualifikation als berühmte Marke nötig wäre. Ebensowenig hat die Klägerin das qualitative Kriterium, den vom Produkt losgelösten kommunikativen Wert der Marke, rechtsgenügend dargelegt. Die Marke kann mithin nicht als berühmt im Sinne von Art. 15 MSchG qualifiziert werden.
Tatsächlicher Gebrauch der Marke
Die Beklagte macht geltend, BOTOX bezeichne in erster Linie ein Arzneimittel. Die Klägerin verfüge in der Schweiz über insgesamt drei SwissmedicZulassungen für das Arzneimittel BOTOX. Da alle drei Zulassungen der Abgabekategorie A (einmalige Abgabe auf eine ärztliche Verschreibung hin) unterliegen würden, seien sie verschreibungspflichtig. Entsprechend dürfe das Heilmittel nur von entsprechenden Fachärzten angewendet werden, die einerseits mit der Applikation von BOTOX selbst sowie andererseits mit der dafür erforderlichen Ausstattung die nötige Erfahrung hätten (act. 15 Rz. 14). Zur kosmetischen Anwendung habe Swissmedic den im Arzneimittel enthaltenen Wirkstoff lediglich zur Behandlung von mittelschweren bis schweren Glabellafalten bei Erwachsenen, die durch Aktivität des M corrugator und M procerus hevorgerufen werden freigegeben. Aufgrund des heilmittelrechtlichen Täuschungsverbots dürfe aber hierfür nicht die Bezeichnung BOTOX verwendet werden. Die Klägerin vertreibe die zur kosmetischen Indikation bestimmten Produkte deshalb unter der Bezeichnung G. (act. 15 Rz. 15 f.). Damit stehe die Bezeichnung BOTOX aufgrund der Swissmedic-Vorschriften einzig für ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel in Form eines vakuumgetrockneten Pulvers zur Herstellung einer Injektionslösung (act. 15 Rz. 17). Soweit die klägerischen Marken deshalb Implikationen erfassen würden, die über die Swissmedic-Zulassung hinausgehen würden, seien sie nach Ablauf der Benützungsschonfrist nichtig (act. 15 Rz. 18 ff).
Die Klägerin stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, dass für die Frage des Gebrauchs nicht entscheidend sei, ob die Gebrauchshandlung zulässig sei. Auch der rechtswidrige Einsatz einer Marke könne rechtserhaltend sein (act. 33 Rz. 53). Es treffe zwar zu, dass sie ihre BOTOX und G. Produkte ausschliesslich in Form eines vakuumgetrockneten Pulvers zur Herstellung einer Injektionslösung vertreibe (act. 33 Rz. 56). Für den rechtserhaltenden Gebrauch der Marke sei indes nicht entscheidend, in welcher Darbietungsform (Pulver, Lösung, vakuumgetrocknet nicht) ein Produkt angeboten werde, sondern für welche Verwendungen es eingesetzt werde. Die Markenhinterlegungen der Klägerin betreffend BOTOX würden denn auch keine bestimmte Form der Produkte vorsehen, sondern lediglich von Pharmazeutika bzw. pharmazeutischen Präparaten sprechen. Das Pulver (bzw. die daraus hergestellte Lösung) werde schliesslich für exakt jene Zwecke verwendet, für die die Marken BOTOX der Klägerin beansprucht würden (act.33 Rz. 56 ff.). Die Behandlung von Falten erfolge dabei einerseits durch den Einsatz von G. Produkten, welche vom Publikum aber als BOTOX wahrgenommen würden. Ihre Verwendung gelte daher ebenfalls als Gebrauch von BOTOX. Andererseits würden die BOTOX Produkte der Klägerin im Rahmen von sogenanntem off-label use auch für kosmetische Behandlungen eingesetzt, würden sie doch den gleichen Wirkstoff wie die G. Produkte enthalten und könnten bei entsprechender Dosierung gleich wie Letztere verwendet werden (act. 33 Rz. 59).
Handelt es sich nicht um eine berühmte Marke, so beschränkt sich ihr Schutzumfang nach Ablauf der Benützungsschonfrist auf den tatsächlichen Gebrauch (Art. 11 Abs.1 MSchG). Als Gebrauch der Marke gelten auch der Gebrauch in einer von der Eintragung nicht wesentlich abweichenden Form und der Gebrauch für die Ausfuhr (Art. 11 Abs. 2 MSchG). Hat der Inhaber die Marke im Zusammenhang mit den Waren Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nach unbenütztem Ablauf der Widerspruchsfrist nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht gebraucht, so kann er sein Markenrecht nicht mehr geltend machen, ausser wenn wichtige Gründe für den Nichtgebrauch vorliegen (Art. 12 Abs. 1 MSchG). Wer den Nichtgebrauch der Marke geltend macht, hat ihn glaubhaft zu machen; der Beweis des Gebrauchs obliegt sodann dem Markeninhaber (Art. 12 Abs. 3 MSchG).
Rechtserhaltend ist nur die funktionsgerechte Benützung der Marke als Kennzeichen von Waren und Dienstleistungen. Diese Funktion erfüllt die Marke nur dann, wenn sie bestimmten Waren Dienstleistungen zugeordnet werden kann. Gefordert ist somit der Einsatz der Marke als produkteidentifizierendes Unterscheidungsmerkmal bzw. als kennzeichnender Hinweis auf konkrete, spezifizierte Produkte (MARKUS WANG, in: Noth/Bühler/Thouvenin, Markenschutzgesetz, Bern 2009, N 7 zu Art. 11 m.w.H.).
Unumstritten ist, dass die Klägerin die Marke zum Vertrieb eines vakuumgetrockneten Pulvers zur Herstellung einer Injektionslösung verwendet. Das Produkt wird für medizinische Zwecke verwendet. Pharmazeutische Erzeugnisse werden in der Warenklasse 5 der Nizza-Klassifikation (Stand 1. Januar 2007) erfasst. Nur in diesem Umfang ist das Produkt in der Schweiz von Swissmedic zugelassen. Die schweizerischen Marken P- und Psind für Pharmazeutika für die therapeutische Behandlung von neurologischen Erkrankungen und Muskel-Dystonien (P- ) resp. pharmazeutische Präparate für die Behandlung von neurologischen Erkrankungen, Muskel-Dystonien, Erkrankungen der glatten Muskulatur, Erkrankungen der Eingeweidenerven, Kopfschmerzen, Falten, Hyperhidrose, Sportverletzungen, Zerebralparese, Krämpfen, Zittern und Schmerzen (P- ) registriert.
Die Beklagte bestreitet nicht, dass Botox für diese Zwecke verwendet wird. Damit erscheint der rechtserhaltende Gebrauch der Marke für die unter der Warenklasse 5 geschützten Produkte als erstellt. Wie die Klägerin zutreffend ausführt, ist die Form, in der Swissmedic das klägerische Produkt zugelassen hat, nicht relevant. Der Markenschutz erstreckt sich auf pharmazeutische Präparate. Damit erstreckt sich der Schutz auf eine Warengattung, die sich durch ihren Zweck (pharmazeutische Verwendung) definiert und lediglich durch die Anwendungsgebiete begrenzt wird.
Umstritten ist, ob die Klägerin die Marke BOTOX auch für die unter der Warenklasse 3 subsumierten Mittel zur Körperund Schönheitspflege rechtserhaltend gebraucht. Die Klägerin hat ihre Marke für Cosmetics, face creams and lotions; skin creams and lotions registriert (IR ). Die Klägerin macht selbst nicht geltend, dass sie das unter der Marke BOTOX vertriebene Produkt für Gesichtsund Körpercrèmen und -lotionen verwendet. Ihre Behauptung beschränkt sich darauf, dass das gleiche Produkt (Lösung zur Injektion ins Muskelgewebe) sowohl für medizinische als auch kosmetische Produkte verwendet wird. Nachdem die Benutzungsschonfrist von fünf Jahren abgelaufen ist (die Marke wurde am 12. März 2004 registriert), ist der Klägerin der Markenschutz für Gesichtsund Körpercrèmen und -lotionen zu versagen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Marke auch für den Oberbegriff Kosmetika registriert ist. Wird ein Oberbegriff beansprucht, so wirkt der Gebrauch einzelner Waren nicht ohne weiteres rechtserhaltend für sämtliche unter den Oberbegriff zu subsumierenden Waren (WILLI, a.a.O., N 42 zu Art. 11 MSchG).
Die Klägerin beruft sich darauf, dass das unter der Marke G.
vertriebene
Produkt von den Endabnehmern als BOTOX verstanden werde. Ausserdem fände ein sog. off-label-use statt, d.h. BOTOX werde entgegen den Richtlinien des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic auch bei leichten Glabellafalten sowie für andere mimischen Falten wie Krähenfüssen um die Augen, NaseLippen-Falten, Stirnfalten Lachfalten eingesetzt. Der Klägerin ist entgegen zu halten, dass eine Marke bei kennzeichnendem Gebrauch keine Wirkung als Kennzeichnungsmittel entfaltet (siehe WILLI, a.a.O., N 21 zu Art. 11 MSchG; siehe
auch WANG, a.a.O., N 14 zu Art. 11 MSchG). Wenn der Begriff BOTOX deshalb von der Ärzteschaft wie auch von den Endnutzern zur Bezeichnung des Produktes G. verwendet wird, gilt dies nicht als Markengebrauch im Sinne von Art. 11 MSchG. Ebenfalls nicht zu berücksichtigen ist der geltend gemachte off-labeluse. Die Benutzung des unter der Marke BOTOX vertriebenen Produktes zu kosmetischen Zwecken durch Dritte, namentlich die anwendenden Ärzte, hat nur dann rechtserhaltende Wirkung für die Marke, wenn eine Zustimmung der Markeninhaberin vorliegt. Die Zustimmung kann zwar stillschweigend erteilt werden. Das blosse Dulden von Handlungen Dritter sogar einer eigenmächtigen Verwendung durch Abnehmer stellt demgegenüber keine Zustimmung dar (siehe WILLI, a.a.O., N 61 zu Art. 11 MSchG). Die Klägerin behauptet nicht, dass sie dem off-label-use zustimme. Eine solche Behauptung wäre denn auch befremdend, würde die Klägerin damit doch klar statuieren, dass sie befürwortet, dass die Vorschriften des Swissmedic missachtet werden. Ebensowenig behauptet die Klägerin, den off-label-use unterbinden zu wollen. Stattdessen weist sie einfach darauf hin, dass es in der alleinigen Verantwortung der behandelnden Ärzte liege (act. 33 Rz. 17), wie sie ihr unter dem Begriff BOTOX vertriebenes Produkt verwenden. Mit anderen Worten toleriert die Klägerin den off-label-use was aber im Lichte der Erwägungen nicht zur Annahme führt, die Marke werde im Sinne von Art. 11 MSchG für Kosmetika gebraucht.
Zusammenfassend ist deshalb festzuhalten, dass die Beklagte mit ihrem Hinweis auf die Zulassungsbeschränkungen der Swissmedic glaubhaft gemacht hat, dass die Marke BOTOX nicht für Produkte der Warenklasse 3 verwendet wird. Die Behauptungen der Klägerin zum Markengebrauch vermögen keinen Gebrauch der Marke für Waren der Warenklasse 3 zu begründen. Wichtige Gründe für den Nichtgebrauch wurden keine vorgebracht. Namentlich gilt die Zulassungsbeschränkung der Swissmedic nicht als wichtiger Grund, war diese doch - nach klägerischer Darstellung seit den 80er Jahren, d.h. lange vor der einschlägigen Markenregistrierung bekannt. Die Einrede des Nichtgebrauchs bewirkt nach richtiger Darlegung von MARKUS WANG (a.a.O. N. 49 ff. zu Art. 12) den Verlust der zivilund strafrechtlichen Ansprüche aus der nicht rechtserhalten gebrauchten Marke gegenüber der Gegenpartei. Die Einrede hat keine erga omnes-Wirkung.
Nicht geltend gemacht hat die Klägerin den Gebrauch der Marke BOTOLIFT für Waren der Warenklasse 3. Nach dem Gesagten erwachsen der Klägerin deshalb auch daraus keine Ansprüche.
Verwechslungsgefahr
Eine Verwechslungsgefahr besteht, wenn das jüngere Zeichen die ältere Marke in ihrer Unterscheidungsfunktion beeinträchtigt. Dies ist der Fall, wenn zu befürchten ist, dass die massgeblichen Verkehrskreise sich durch die Ähnlichkeiten der Zeichen irreführen lassen und Waren, die das eine das andere Zeichen tragen, dem falschen Markeninhaber zurechnen, falls das Publikum die Zeichen zwar auseinander zu halten vermag, aufgrund ihrer Ähnlichkeit aber falsche Zusammenhänge vermutet. Für die Verwechselbarkeit von Marken ist der Gesamteindruck massgebend, den sie in der Erinnerung der Adressaten hinterlassen. Ob zwei Marken sich hinreichend deutlich unterscheiden im Gegenteil verwechselbar sind, ist nicht aufgrund eines abstrakten Zeichenvergleichs, sondern stets vor dem Hintergrund der gesamten Umstände zu beurteilen. Je stärker sich ein Zeichen im Verkehr durchgesetzt hat, desto grösser ist sein Schutzumfang und je näher sich die Waren sind, für welche die Marken registriert sind, desto grösser wird das Risiko von Verwechslungen und desto stärker muss sich das jüngere Zeichen vom älteren abheben, um die Verwechslungsgefahr zu bannen. Ob eine solche Gefahr besteht, ist eine Rechtsfrage (Urteil des Bundesgerichts 4A_281/2011 vom 26. September 2011 E. 2.1 m.w.H.).
Kennzeichnungskraft
Die Beklagte macht geltend, dass BOTOX eine kennzeichnungsschwache Marke sei. Daraus leitet sie ab, dass der geschützte Ähnlichkeitsbereich sehr klein, gegen Null tendierend, sei (act. 15 Rz. 35, 54 und 62; act. 38 Rz. 59 und 63). Die vorliegend zu beurteilenden Zeichen würden einzig im Bestandteil BOTO- übereinstimmen. Dieser sei jedoch als Wortanfang von Botulinumtoxin bzw. Botulismus nicht monopolisierbar (act. 15 Rz. 62).
Die Klägerin hält dagegen, dass die Gesamtbevölkerung in der Schweiz im Zeichen BOTOX eine unterscheidungskräftige und kennzeichnungskräftige Marke für ihr Produkt erkenne (act. 1 Rz. 70). Dem Wortstamm BOTO und damit der klägerischen Marke BOTOX komme eine starke Kennzeichnungskraft zu. Es handle sich dabei nicht um einen allgemein gebräuchlichen Wortstamm, sondern um eine fantasievolle Neuentwicklung der Klägerin. Der Bestandteil BOTO sei einprägsam, da er eine Wiederholung des gleichen Vokals O nach vorangestellten Konsonanten enthalte. Die Marke BOTOX werde weder als Abkürzung für den in den BOTOX Produkten der Klägerin enthaltenen Wirkstoff Clostridium botulinum Typ A Neurotoxinkomplex noch als sonst wie beschreibend, im Sinne einer Sachbezeichnung einer Beschaffenheitsangabe verstanden (act. 1 Rz. 108 ff.; act. 33 Rz. 94, 112).
Der Schutzumfang einer Marke bestimmt sich nach ihrer Kennzeichnungskraft. Für schwache Marken ist der geschützte Ähnlichkeitsbereich kleiner als für starke. Bei schwachen Marken genügen daher schon bescheidenere Abweichungen, um eine hinreichende Unterscheidbarkeit zu schaffen. Als schwach gelten insbesondere Marken, deren wesentliche Bestandteile sich eng an Sachbegriffe des allgemeinen Sprachgebrauchs anlehnen. Stark sind demgegenüber Marken, die entweder aufgrund ihres phantasiehaften Gehalts auffallen aber sich im Verkehr durchgesetzt haben (BGE 122 III 382 E. 2a m.V. auf die einschlägige Literatur).
Die Klägerin behauptet, der Wirkstoff in ihrem unter der Marke BOTOX vertriebenen Produkt sei Clostridium botulinum Typ A Neurotoxinkomplex. Tatsächlich handelt es sich bei Clostridium botulinum um ein grampositives, stäbchenförmiges Bakterium der Familie der Bacillaceae. Die Bakterien erzeugen sieben verschiedene Botulinustoxine, wobei nur vier, unter anderem Typ A, humantoxisch sind (siehe PSCHYREMBEL, Klinisches Wörterbuch, 257. Aufl., S. 149 und 271). Der Wirkstoff, den die Klägerin in ihren Produkten verwendet, ist nicht das Bakterium, sondern das durch das Bakterium erzeugte Gift: Das Botulinumtoxin. Der Begriff Botulinus stammt vom lateinischen Wort botulus, was Darm, Wurst bedeutet. Der Name rührte daher, dass das Toxin häufig mit Wurst oder
Wurstkonserven in Verbindung gebracht wurde (siehe act. 3/26). Botulinumtoxin ist mithin die Sachbezeichnung für den im klägerischen Produkt enthaltenen Wirkstoff (siehe zur Definition: WILLI, MSchG-Kommentar, N 48 zu Art. 2 MSchG; MARBACH, a.a.O., N. 277). Der Begriff (regelmässig auch wie folgt geschrieben: Botulinum Toxin) besteht aus zwei zusammengesetzten Wörtern: Botulinum und Toxin. Der Klägerin ist zuzugestehen, dass die durchschnittliche Bevölkerung nicht mit der lateinischen Sprache vertraut ist, weshalb sie die Herkunft des Wortes Botulinum regelmässig nicht erkennen dürfte. Immerhin wird man aber den lateinischen Ursprung des Wortes bemerken. Anders hingegen verhält es sich mit dem Begriff Toxin. Auch dieses Wort stammt aus dem griechischlateinischen Sprachraum, ist jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch weit verbreitet (z.B. Toxikologisches Institut; www.toxi.ch), weshalb davon auszugehen ist, dass der Sinngehalt des Wortes der durchschnittlichen Schweizer Gesamtbevölkerung bekannt ist. Der Umstand, dass das Wort bzw. der Wortteil klar als Bezeichnung für Gift verstanden wird, schliesst aus, dass die Gesamtbevölkerung Botulinumtoxin als reinen Fantasiebegriff wahrnimmt.
Die klägerische Marke setzt sich aus zwei Silben zusammen: BO und TOX. Es erscheint offensichtlich und wird von der Klägerin letztlich auch bestätigt (act. 1 Rz. 67), dass der Begriff aus der Sachbezeichnung für das Nervengift Botulinum- tox in abgeleitet ist. Nach klägerischer Auffassung würde dies, wenn überhaupt, aber sicherlich kein erheblicher Teil der massgeblichen Verkehrskreise, bei welchen es sich um die Schweizer Gesamtbevölkerung handle, erkennen (act. 1 Rz. 67). Im Umkehrschluss macht die Klägerin damit geltend, dass der Begriff BOTOX als blosse Fantasiebezeichnung wahrgenommen werde. Dies kann sicher nicht gelten in Fachkreisen, welche ebenfalls als massgebender Verkehrskreis zu qualifizieren sind (siehe dazu Ziffer 2.4.2.2 der Erwägungen, insb. lit. e). Aber auch in der Schweizer Gesamtbevölkerung deren Bewusstsein über die Marke BOTOX und das Nervengift Botulinumtoxin naturgemäss wesentlich durch die Medien geprägt ist, trifft es wie bereits gezeigt (siehe dazu Ziffer 2.4.2.2 der Erwägungen, insb. lit. e) - nicht zu, dass der Begriff BOTOX als reine Fantasiebezeichnung wahrgenommen wird. In der Mehrheit der Artikel wird ein Unterschied zwischen der Marke BOTOX und dem Nervengift Botulinumtoxin gemacht
oder das Gift zumindest namentlich genannt. Auch der von der Klägerin eingereichten Repräsentativbefragung vom 27. Mai 2013 (act. 34/7) ist zu entnehmen, dass 27% der Befragten an ein (Nerven-)Gift denken, wenn sie den Begriff BOTOX hören. Es muss damit davon ausgegangen werden, dass auch in der breiten Bevölkerung ein Bewusstsein über das Gift und dessen tatsächliche Bezeichnung vorherrscht, auch wenn offenbar nur 2% die genaue Sachbezeichnung wiedergeben können (siehe act. 34/7). Entgegen der klägerischen Behauptung braucht es keineswegs viel Fantasie um die Herleitung des Begriffs BOTOX aus dem Namen des Nervengiftes zu machen.
Die klägerische Marke BOTOX lehnt damit eng an den Sachbegriff Botulinumtoxin an, was ihre Kennzeichnungskraft erheblich schwächt.
Es stellt sich weiter die Frage, ob die Kennzeichnungskraft der Marke BOTOX durch Benutzung gestärkt wurde:
Die Kennzeichnungskraft einer ursprünglich schwachen Marke kann durch die Intensität der Benutzung erhöht werden. Die Stärkung der Kennzeichnungskraft ist Ausdruck einer intensiven Aufbauarbeit des Markeninhabers; verlangt wird in der Regel ein langjähriger Gebrauch der Marke und intensive Werbung (WILLI, a.a.O., N 115 zu Art. 3 MSchG; GALLUS JOLLER, in Noth/Bühler/Thouvenin, a.a.O., N 98 ff. zu Art. 3).
Wie bereits dargelegt (oben Ziff. 2.5.2 lit. a) verweist die Klägerin auf die überragende Verkehrsgeltung, die intensiven Verkaufsförderungsmassnahmen und den grossen Umsatz, den sie mit BOTOX resp. G. in der Schweiz wie im Ausland erziele. Die Stärkung der Kennzeichnungskraft einer Marke setzt allerdings deren markenmässig intensive Benutzung voraus. Aufgrund des Verbots der Publikumswerbung für Arzneimittel, die nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen (Art. 32 Abs. 2 lit. a HMG), ist der Klägerin ausschliesslich Fachwerbung zuhanden der Personen erlaubt, die BOTOX verschreiben abgeben dürfen (Art. 31 Abs. 1 lit. a HMG). Die unscharfe Abgrenzung von BOTOX, BotoxBehandlung und Botulinumtoxin veranlasste denn auch das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic im Anschluss an ein vor dem Bundesverwaltungsge richt geführten Verfahren (C-1795/2009) zum Erlass der sogenannten Botulinumtoxin-Leitlinien, die die Verwendung des Begriffs Botox stark einschränken. Werbemassnahmen für BOTOX, die sich an die breite Öffentlichkeit wenden, sind der Klägerin somit bereits von Gesetzes wegen verwehrt. Nach dem Ergebnis der Erwägungen in Ziffer 2.5.2 lit. d ist sodann zwar davon auszugehen, dass BOTOX als Begriff bekannt ist, nicht aber als Marke. Das Zeichen scheint von der Schweizer Gesamtbevölkerung gerade nicht als betriebliches Herkunftszeichen wahrgenommen zu werden, womit auch nicht der Schluss auf einen Hersteller gemacht wird. Anders verhält es sich indessen bei der Ärzteschaft, welche Direktabnehmerin des unter der Marke vertriebenen Produktes ist (siehe dazu Ziffer 2.4.2. 2. lit. e der Erwägungen).
Im Lichte dieser Erwägungen ist der Marke BOTOX eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft einzuräumen. Zwar wird diese durch die starke Anlehnung an den Sachbegriff herabgesetzt; der Umstand, dass sie zumindest in Fachkreisen weit verbreitet und bekannt ist, vermag die Herabsetzung zu einem grossen Teil wieder aufzufangen.
Zeichenähnlichkeit
Die Klägerin hält dafür, dass der charakteristische und einprägsame Wortbestandteil in der Marke BOTOX insbesondere BOTO sei. Der Bestandteil BOTO sei einprägsam, da er eine Wiederholung des gleichen Vokals O nach vorangestellten Konsonanten enthalte. Die Beklagte verwende auf ihren und für ihre Produkte das Zeichen BOTOCARE. Der Wortanfang BOTO mithin die Hälfte der Zeichen stimme mit dem Wortstamm BOTO der Klägerin überein. Der Anfang sei für ein Wortzeichen grundsätzlich stärker prägend als nachfolgende Wortteile. Ausserdem verwende die Beklagte als zweiten Zeichenbestandteil CARE, bei welchem es sich um den englischen Ausdruck für Pflege handle. Der Zusatz vermöge nicht vom kennzeichnungskräftigen Element BOTO abzulenken. Daran ändere auch die Voranstellung des Zeichens B. zur Marke B. BOTOCARE nichts. Der Zusatz B. stelle ebenfalls einen direkten Hinweis auf die Wirkungsweise der Produkte dar und vermöge nicht vom kennzeichnungskräftigen Element BOTO abzulenken. Dies gelte umso mehr, als
dass das Zeichen B. von der Beklagten auf bzw. für ihre Produkte soweit ersichtlich gar nie zusammen mit BOTOCARE verwendet und damit von den Abnehmern nicht als ein einheitlich gebrauchtes Zeichen wahrgenommen werde. Die kennzeichnungskräftigen Bestandteile der Zeichen BOTOX und BOTOCARE seien somit identisch (act. 1 Rz. 108 ff.). Entscheidend für das Vorliegen einer Zeichenähnlichkeit seien nicht isolierte Elemente wie die Anzahl Buchstaben die Vokalfolge. Massgebend sei der Gesamteindruck eines Zeichens, wobei regelmässig gewisse Wortbestandteile eines Zeichens vom Publikum stärker wahrgenommen und erinnert würden als andere (act. 33 Rz. 92).
Die Beklagte hält dagegen, dass Klang, Schriftbild und Sinngehalt der ge-
genüberstehenden Wortmarken BOTOX und B.
BOTOCARE sich unterscheiden würden. Währenddem die klägerische Marke über zwei Silben verfüge (BO-TOX), weise die angefochtene Marke fünf Silben auf (B1. -B2. BO-TO-CARE). Dies führe zu einer klar unterschiedlichen Aussprachekadenz. Ausserdem würden die Marken unterschiedliche Vokalfolgen aufweisen. Das durch die Wortlänge gekennzeichnete Schriftbild weise ebenfalls deutliche Unterschiede auf. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass kurze Wörter sowohl akustisch wie optisch leichter erfasst würden als längere Wörter. Bei kurzen Zeichen wür- den entsprechend auch Abweichungen schneller erkannt, sodass vergleichsweise geringe Modifikationen bereits hinreichend unterschieden werden könnten. Während die hier massgebenden Durchschnittskonsumenten in der Widerspruchsmarke klar die Sachbezeichnung BOTOX erkennen würden, verfüge die beklagtische Marke über keinen eindeutigen Sinngehalt. Entsprechend bestünden auch auf der semantischen Ebene Unterschiede. Der Umstand, dass sich die zu vergleichenden Zeichen gerade im Wortanfang deutlich unterscheiden würden, schaffe somit einen zusätzlichen Abstand (act. 15 Rz. 44 ff.). Die Übereinstimmung im Teil BOTO, der selbst beschreibend verstanden werde und deshalb über einen äusserst schwachen Schutzbereich verfüge, finde sich in ihrem Zeichen an einer nicht prominenten Stelle, nämlich am Anfang des zweiten Wortes. Das schwache Zeichen der Klägerin finde sich nicht einmal gänzlich im Zeichen der Beklagten. Hinzu kämen die zahlreichen Unterschiede zwischen den beiden Zeichen. Folglich liege das Zeichen der Beklagten ausserhalb des Schutzbereichs
des Zeichens der Klägerin und eine Zeichenähnlichkeit sei nicht vorhanden (act. 38 Rz. 60).
Ausgangspunkt für die Beurteilung der Markenkollision ist der Eintrag im Markenregister. Eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr setzt voraus, dass das (jüngere) Zeichen mit der älteren Marke identisch ähnlich ist (Art. 3 Abs. 1 lit. b und c MSchG). Die Markenähnlichkeit bestimmt sich nach dem Gesamteindruck. Zu berücksichtigen sind alle der menschlichen Wahrnehmung zugänglichen, äusserlichen und inhaltlichen Übereinstimmungen, aber auch Unterschiede. Die Prüfung nach dem Gesamteindruck soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die Marke normalerweise als Ganzes wahrgenommen wird und Einzelheiten weniger Bedeutung zugemessen wird. Nicht alle Markenbestandteile fallen gleich ins Gewicht. Den charakteristischen Bestandteilen kommt besondere Bedeutung zu. Demgegenüber begründet die Übereinstimmung in gemeinfreien Markenbestandteilen noch keine Verwechslungsgefahr. Dennoch können sie den Gesamteindruck von Marken mitbeeinflussen. Die Beurteilung von Wortmarken richtet sich nach dem Wortklang, dem Schriftbild und dem Sinngehalt. Zwischen den einzelnen Faktoren bestehen Wechselwirkungen. Grundlage für die Beurteilung ist das Erinnerungsbild (siehe WILLI, a.a.O., N 55, 58, 63 und 67 ff. zu Art. 3 MSchG).
Der Wortklang prägt das Erinnerungsbild einer Marke in entscheidender Weise. Zur Beurteilung des Klangbildes werden das Silbenmass, die Aussprachekadenz sowie die Vokalfolge berücksichtigt (siehe WILLI, a.a.O., N 70 und 73 zu Art. 3 MSchG). Der Vergleich zwischen der klägerischen Marke BOTOX und der beklagtischen Marke B. BOTOCARE zeigt, dass die klägerische Marke aus zwei Silben (BO-TOX) und die beklagtische Marke aus fünf Silben (B1. -
B2.
BO-TO-CARE) besteht. Während bei der klägerischen Marke Silbenträger der ersten Silbe der Vokal O ist und Silbengipfel der zweiten Silbe der Konsonant X, liegen die besonders hervortretenden Laute bei der beklagtischen Marke bei jeder Silbe auf dem (ausgesprochenen) Vokal. Nicht deckend sind auch die Vokalfolgen: O-O bei der Klägerin, E-A-O-O-A bei der Beklagten. Dabei wird berücksichtigt, dass beide Wörter der beklagtischen Marke mit dem Wortteil
CARE, dem englischen Wort für Pflege, enden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die massgebenden Verkehrskreise den Bedeutungsgehalt des Wortbestandteils CARE und dessen Herkunft kennen, weshalb auch davon ausgegangen werden muss, dass die englische Aussprache der beklagtischen Marke als korrekt empfunden wird. Im Lichte dieser Erwägungen ist die Zeichen- ähnlichkeit grundsätzlich zu verneinen.
Zu berücksichtigen ist auch die Kennzeichnungskraft, die den einzelnen Silben zukommt. Gemeinfreie und schwache Silben vermögen selbst wenn sie betont werden in der Regel keine relevante Ähnlichkeit zu begründen (JOLLER, a.a.O., N 153 zu Art. 3). Gleiches muss für Wortbestandteile ganze Wörter gelten. Im Umkehrschluss bedeutet das aber nicht, dass gemeinfreie Silben resp. Wortbestandteile nicht zur Abgrenzung der Zeichen beitragen können. Wie die Klägerin zutreffend festhält, bedeutet B. so viel wie Zellen-/Gewebe/Hautpflege (act.1 Rz. 112). Das erste Wort aus der beklagtischen Marke weist somit klar auf ein Pflegeprodukt hin. Dieser Hinweis wiederholt sich im zweiten Wortteil des Wortes BOTOCARE: CARE, d.h. Pflege, bekräftigt den ohne weiteres erkennbaren Hinweis auf ein Pflegeprodukt. Die Begriffe B. und CARE sind als Beschaffenheitsangaben für sich alleine genommen dem Markenschutz nicht zugänglich (siehe WILLI, a.a.O., N 53 ff. zu Art. 3 MSchG). Hingegen dienen sie der Abgrenzung zu dem von der Klägerin unter der Marke BOTOX vertriebenen Produkt. Dieses dient nämlich keineswegs der Hautpflege. Der mit der Injektionslösung verabreichte Inhaltsstoff (ein Toxin, auf das mit der zweiten Silbe TOX der klägerischen Marke hingewiesen wird) dient einzig dazu, die Muskeln zu lähmen und damit soweit das Produkt im Kosmetikbereich verwendet wird - die Alterserscheinungen zu beseitigen. Mit Hautpflege steht das klägerische Produkt in keinem Zusammenhang. Der Begriff Pflege verweist auf eine positive und möglichst nachhaltige Wirkung auf das Hautorgan. Diese wird mit dem unter der Marke BOTOX vertriebenen Produkt nicht angestrebt. Auch im Sinngehalt weichen die Zeichen folglich wesentlich voneinander ab.
Hinsichtlich des Schriftbildes, bei dem die Wortlänge und die Gleichartigkeit Verschiedenheit der verwendeten Buchstaben entscheidend sind, sind ebenfalls
wesentliche Unterschiede zu erkennen. Die klägerische Marke enthält fünf Buchstaben, diejenige der Beklagten deren 16. Übereinstimmend sind nur die Buchstabenkombinationen BOTO. Diesen kommt zwar im Vergleich zu den übrigen Buchstabenkombinationen erhöhte Kennzeichnungskraft zu, weil der Sachzusammenhang zumindest für den Schweizer Durchschnittsabnehmer zu Botulinumtoxin nicht ganz so leicht zu erkennen ist wie die Bedeutung der Wortteile CARE und B1. . Die Buchstabenkombination ist indes sehr kurz, weshalb bereits geringe Abweichungen auffallen. Der angehängte Konsonant X bei der klägerischen Marke BOTOX hat wie gesagt wesentlichen Einfluss auf den Sinngehalt des Begriffs und unterscheidet sich eindeutig vom Begriff CARE, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Ähnlichkeit zu verneinen ist.
Warengleichartigkeit
Die Klägerin macht geltend, dass es sich bei ihren wie auch den Produkten der Beklagten um solche zur Körperpflege, namentlich zur Behandlung von Falten handle. Zur Glättung von Falten würden heute sowohl mehrere Pharmazeutika als auch eine Vielzahl von Kosmetika angeboten, ohne dass der Durchschnittsabnehmer diese Produkte nach ihrer Warenklasse unterscheiden würde. Die Gleichartigkeit zwischen diesen Produkten sei somit zu bejahen (act. 1 Rz. 119).
Der Schweizer Durchschnittsabnehmer stelle sich unter BOTOX ein Produkt zur Faltenbehandlung vor. Wichtig sei für ihn dabei, dass BOTOX zuverlässig gegen Falten im Gesicht und Hals-/Decolletébereich wirke, dass es schnell angewendet werden könne und dass die Anwendung keinen chirurgischen Eingriff erfordere. Ob von einer Verwendung der Marke BOTOX lediglich für medizinische Indikationen - über G. und off-label use auch für kosmetische Anwendungen ausgegangen werde, sei im Ergebnis somit nicht relevant für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache: In beiden Fällen erstrecke sich der Markenschutz der Marke BOTOX jedenfalls auch auf Kosmetika als gleiche zumindest gleichartige Waren. Das IGE gehe in gefestigter Rechtsprechung von der Gleichartigkeit zwischen pflegenden Produkten (Kosmetika) und heilenden Produkten (Pharmaka) aus (act. 33 Rz. 83 ff.).
Die Beklagte macht geltend, dass der Vergleich der von den beiden Zeichen beanspruchten Waren zeige, dass die angefochtene Marke B. BOTOCARE insbesondere für kosmetische Produkte geschützt sei, welche von den BOTOXMarken nicht erfasst würden. Entsprechend sei eine Gleichartigkeit diesbezüglich zu verneinen. Im Übrigen bestehe auch im Rahmen der Waren in Klasse 5 keine Gleichartigkeit der Waren, da die BOTOX-Marken (nach Beurteilung der Einrede des Nichtgebrauchs) nur für einen ganz spezifischen Bereich geschützt bleiben würden (act. 38 Rz. 55 f.).
Gleichartigkeit liegt vor, wenn die massgeblichen Abnehmerkreise auf den Gedanken kommen können, die unter Verwendung ähnlicher Marken angebotenen Waren würden angesichts ihrer üblichen Herstellungsund Vertriebsstätten aus demselben Unternehmen stammen doch wenigstens unter der Kontrolle eines gemeinsamen Markeninhabers hergestellt (Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, B-2844/2009, vom 28. Mai 2010 E. 3.1). Die Rechtsprechung hat verschiedene Kriterien zur Beurteilung der Warengleichartigkeit entwickelt. Dazu gehören Faktoren wie Produkteigenschaften, Verwendungszweck, Vertriebskanäle, Abnehmerkreise, u.a.m. (WILLI, a.a.O., N 40 ff. zu Art. 3 MSchG; MARBACH, a.a.O., Rz. 817 ff.; Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, B-2844/2009, vom 28. Mai 2010 E. 3.1).
Die Wortmarke BOTOX ist für die Warenklassen 3 (IR ) und 5 (P- ; P- ) registriert; ebenso die Wortmarke B. Botocare (Marken-Nr. ). Innerhalb der Warenklasse 3 sind die Marken übereinstimmend für Mittel zu Körperund Schönheitspflege (Cosmetics), Gesichtsund Hautcremes (face creams; skin creams) registriert. Innerhalb der Warenklasse 5 sind die Marken übereinstimmend für Pharmazeutische Präparate für die Behandlung von Falten bzw. Pharmazeutische Erzeugnisse für die Hautpflege, namentlich durch medizinische Cremes, Seren und Lotionen zur Behandlung von Hautfalten registriert. Trotz der geringen Abweichung im Wortlaut, kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Produkte auch innerhalb der Warenklasse 5 für dieselbe Warengattung registriert wurden.
Wie bereits dargelegt, bleiben der Klägerin allfällige aus dem Registereintrag für die Warenklasse 3 erwachsenden Zivilansprüche - die vorliegend geltend gemacht werden versagt (siehe Ziffer 2.5.3 der Erwägungen). Im Übrigen ist in Bezug auf die Vertriebskanäle und die Abnehmerkreise daran zu erinnern, dass das unter der Marke BOTOX vertriebene Produkt nur von spezialisierten Ärzten bezogen werden kann. Gleiches gilt für das unter der Marke G. vertriebene Produkt. Demgegenüber ist das beklagtische Produkt frei im Handel erhältlich. Es sind somit weder die Vertriebskanäle noch die direkten Abnehmerkreise identisch. Unterschiedlich sind sodann die Produkteeigenschaften. Wirkstoff des klägerischen Produktes ist eines der stärksten bekannten Nervengifte, Botulinumtoxin. Hauptwirkstoff im beklagtischen Produkt ist Hexapeptid (act. 1 Rz. 37; act. 33 Rz. 8). Weiter unterscheidet sich die Art der Anwendung: Während das unter der Marke BOTOX vertriebene Produkt unter die Haut direkt in die Muskulatur gespritzt wird, sind die unter der beklagtischen Marke vertriebenen Produkte mehrmals täglich auf den betroffenen Hautstellen aufzutragen. Übereinstimmend ist hingegen der Verwendungszweck. Die Produkte beider Parteien bezwecken die Faltenbeseitigung mit dem Ziel, den Konsumenten ein jüngeres Antlitz zu verschaffen, als es ihrem Alter natürlicherweise entsprechen würde. Eine funktionale Übereinstimmung des Verwendungszwecks ist damit nicht von der Hand zu weisen. Wie die Parteien indessen übereinstimmend festhalten, sind eine Vielzahl von Produkten auf dem Markt erhältlich, die denselben Zweck anstreben. Und es ist geradezu gerichtsnotorisch, dass in der Kosmetikbranche ein reger Wettbewerb stattfindet. Die Gefahr, dass der Schweizerische Durchschnittsabnehmer bei zwei unterschiedlichen Produkten zur Faltenglättung zum Schluss kommt, dass diese aus demselben Unternehmen stammen unter der Kontrolle eines gemeinsamen Markeninhabers stehen, bemisst sich deshalb vielmehr an den Faktoren Produkteeigenschaften und Vertriebskanäle. Letzteres gilt insbesondere, wenn ein Produkt wie vorliegend - nur über einen Facharzt bezogen werden kann. Der übereinstimmende Verwendungszweck indes ist weniger bedeutsam.
2.6. Zwischenfazit
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass keine Verletzung der klägerischen Markenrechte erkennbar ist. Die Marken BOTOX sind zwar (bislang) nicht zum Freizeichen degeneriert. Ebensowenig haben sie aber Berühmtheit im Sinne von Art. 15 MSchG erlangt. Für Produkte der Warenklasse 3 geniesst die Marke BOTOX (IR 826 203) in der Schweiz mangels Gebrauch keinen markenrechtlichen Rechtsschutz; ebenso die Marke BOTOLIFT. Darüber hinaus besteht zwischen BOTOX und B. BOTOCARE keine Verwechslungsgefahr: Aufgrund der Nähe zu einer Sachbezeichnung ist die Kennzeichnungskraft der Marke herabgesetzt, was sie durch die Intensität ihrer Benutzung (in Fachkreisen) zum Teil wieder wettmacht. Die Zeichenähnlichkeit ist zu verneinen und auch mit Bezug auf das Kriterium der Gleichartigkeit ist festzuhalten, dass keine Gefahr zu erkennen ist, dass die Abnehmer annehmen könnten, dass die Produkte der Parteien aus demselben Unternehmen stammen unter der Kontrolle desselben Markeninhabers stehen könnten.
Unterlassungsund Beseitigungsanspruch nach UWG
Konkurrenz zwischen Markenrecht und UWG
Die Normen des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241) sind im Verhältnis zum Markenschutz nicht subsidiär, sondern haben einen eigenständigen Anwendungsbereich. Es ist damit grundsätzlich davon auszugehen, dass die jeweils spezifischen Schutzvoraussetzungen für jedes beanspruchte Recht eigenständig zu beurteilen sind und keine Abgrenzung der Immaterialgüterrechte in dem Sinne angebracht ist, dass jeweils ein Normbereich ausschliesslich gelten würde (BGE 135 III 446 E. 4.1).
Parteistandpunkte
Klägerin
Die Klägerin macht geltend, dass die Beklagte mit der Verwendung des Zeichens BOTOCARE eine (mittelbare) Verwechslungsgefahr schaffe. Potentielle Abnehmer würden meinen, die Produkte der Linie BOTOCARE der Beklagten gehörten zu ihrer Produktefamilie BOTOX bzw. seien ebenfalls von ihr - der Klägerin hergestellt worden. Jedenfalls aber werde der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer aufgrund des identischen Wortstamms BOTO von einer irgendwie gearteten Verbindung bzw. Zusammengehörigkeit der BOTOCARE und BOTOX Produkte bzw. zwischen der Klägerin und der Beklagten ausgehen. Eine solche bestehe indes nicht; das Publikum werde über die tatsächlichen Verhältnisse irregeführt (act. 1 Rz. 141).
Unabhängig vom Bestehen einer Verwechslungsgefahr sei ein unlauteres Handeln der Beklagten ausserdem darin zu sehen, dass diese sich mit ihrer Produktelinie BOTOCARE an die Marke BOTOX anlehne. Dass ihre für kosmetische Anwendungen zugelassenen Produkte in der Schweiz nicht unter dem Zeichen BOTOX, sondern unter der Marke G. vertrieben werden, sei (auch hier) irrelevant. Massgebend sei einzig, dass die für kosmetische Zwecke verwendbaren Produkte der Klägerin in der Schweiz ebenfalls unter dem Zeichen BOTOX bekannt geworden seien. Die Beklagte verwende das Zeichen BOTOCARE für ihre Anti-Falten-Crèmes und werbe damit, dass mit den BOTOCARE Produkten eine Botulinähnliche Wirkung ohne Nadel erzielt werden könne. Damit nehme die Beklagte direkt Bezug auf den in BOTOX verwendeten Wirkstoff und damit auch auf das Produkt BOTOX. Unter Berücksichtigung der Zeichenähnlichkeit und Warengleichartigkeit von BOTOX und BOTOCARE handle es sich bei dieser Bezugnahme um eine Anlehnung. Sie - die Klägerin sei unter der Marke BOTOX weltweit präsent und ihre Produkte würden hoch geschätzt. Diesen Ruf der BOTOX Produkte wolle sich die Beklagte zu eigen machen, indem sie den kennzeichnungskräftigen Zeichenbestandteil BOTO der Klägerin übernehme und so eine gedankliche Verbindung zwischen ihren und den Produkten der Klägerin zu wecken versuche. Auf diese Weise könne sie von der Bekanntheit und dem Ruf der Klägerin profitieren, sich eigene Werbemassnahmen sparen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil erlangen. Aufgrund dieser Umstände sei die von der Beklagten begangene Anlehnung unlauter (act. 1 Rz. 142 ff.).
Beklagte
Die Beklagte hat soweit ersichtlich keine Ausführungen gemacht, die sich ausdrücklich auf den Vorwurf der Verletzung des UWG beziehen. Es kann deshalb auf die entsprechenden, vorab aufgeführten Standpunkte der Beklagten verwiesen werden.
Rechtliches
Unlauter und widerrechtlich ist jedes täuschende in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst (Art. 2 UWG). Unlauter handelt insbesondere, wer Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen dem Geschäftsbetrieb eines anderen herbeizuführen (Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG), wer sich, seine Waren, Werke, Leistungen deren Preise in unrichtiger, irreführender, unnötig herabsetzender anlehnender Weise mit anderen, ihren Waren, Werken, Leistungen deren Preisen vergleicht in entsprechender Weise Dritte im Wettbewerb begünstigt (Art. 3 Abs. 1 lit .e UWG).
Wer durch unlauteren Wettbewerb in seiner Kundschaft, seinem Kredit beruflichen Ansehen, in seinem Geschäftsbetrieb sonst in seinen wirtschaftlichen Interessen bedroht verletzt wird, kann gemäss Art. 9 Abs. 1 UWG dem Richter beantragen, eine drohende Verletzung zu verbieten (lit. a); eine bestehende Verletzung zu beseitigen (lit. b) die Widerrechtlichkeit einer Verletzung festzustellen, wenn sich diese weiterhin störend auswirkt (lit. c).
Subsumtion
Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG
Unter diesen mitunter als wettbewerbsrechtlicher Kennzeichenschutz bezeichneten Tatbestand der Schaffung einer Verwechslungsgefahr mit den Waren, Werken, Leistungen dem Geschäftsbetrieb eines anderen fallen sämtliche
Verhaltensweisen, bei denen das Publikum durch die Schaffung von Verwechslungsgefahr irregeführt wird, insbesondere um den Ruf der Wettbewerber auszubeuten. Die Verwechselbarkeit kann dabei darin bestehen, dass die Ware eines Konkurrenten wegen ihrer äusseren Ausstattung für das bereits auf dem Markt befindliche Erzeugnis eines anderen gehalten werden kann. Indessen ist keine direkte warenbezogene Verwechselbarkeit erforderlich. Sie kann auch bloss eine mittelbare indirekte sein, indem beim Publikum der Eindruck erweckt wird, die verwechselbar gekennzeichneten ausgestatteten Waren stammten aus Betrieben, die wirtschaftlich eng verbunden seien.
Die Gefahr der Verwechslung mit ähnlich gekennzeichneten Produkten ist anhand der tatsächlichen Warenpräsentation in gesamter Würdigung aller Umstände in Betracht zu ziehen, die für den durchschnittlich aufmerksamen Käufer die Individualisierung der gekennzeichneten Produkte mitprägen. Das Risiko von Verwechslungen ist umso grösser, je näher sich die Waren sind, für welche die in Frage stehenden Zeichen gebraucht werden. Wenn zwei Zeichen für identische Warengattungen verwendet werden, ist bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ein besonders strenger Massstab anzulegen. Zu beachten ist zudem, dass bei Massenartikeln des täglichen Bedarfs mit einer geringeren Aufmerksamkeit und einem geringeren Unterscheidungsvermögen der Konsumenten zu rechnen ist als bei Spezialprodukten, deren Absatzmarkt auf einen mehr weniger geschlossenen Kreis von Berufsleuten beschränkt ist. Die Schaffung einer Verwechslungsgefahr ist allerdings wettbewerbsrechtlich nur relevant, sofern die nachgeahmte Ausstattung Kennzeichnungskraft besitzt, indem sie vom Publikum als Herkunftshinweis verstanden wird, sei es Kraft ihrer Originalität ihrer Verkehrsdurchsetzung (BGE 135 III 446 E. 6.1 f.).
Zur Frage der Verwechselbarkeit wurde bereits ausführlich unter Ziffer 2.5 .4 ff. der Erwägungen Stellung genommen. Ergänzend ist festzuhalten, dass auch dass Erscheinungsbild der Produkte keine Gefahr zu einer allfälligen Verwechslung schafft. Während das klägerische Produkt in einem Durchstechfläschchen, wie es für zu injizierende Arzneimittel typisch ist, nur an Fachärzte vertrieben wird (act. 3/30, 3/52-53; 34/5-6), werden die Produkte der Beklagten für jedermann
frei erhältlich in einem auf Hochglanz polierten zylinderförmigen Gefäss verkauft (act. 3/11 und 3/39). Die Verpackung der beklagtischen Produkte weist ein modernes, zeitgemässes Design auf. Auf dem Behältnis sticht weniger der Begriff BOTOCARE als vielmehr der Begriff F. und das darunter angeführte weisse Kreuz auf rotem Hintergrund (dem Eidgenössischen Wappen entsprechend) ins Auge. Damit wird mitnichten der Eindruck erweckt, die Produkte der Parteien könnten in irgendeinem Zusammenhang stehen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist sodann auch die Verwendung des Werbeslogans, wonach mit den beklagtischen Produkten eine botulinähnliche Wirkung ohne Nadel erzielt werden könne, grundsätzlich nicht unlauter. Die Beklagte nimmt damit nicht Bezug auf das klägerische Produkt, sondern auf das unter der Sachbezeichnung Botulinumtoxin bekannte Nervengift. Einer möglichen Irreführung, die nach klägerischer Ansicht daraus entstehen könnte, dass die Beklagte ihr Produkt nicht BOTUCARE sondern BOTOCARE nennt (act. 33 Rz. 94 f.), wird damit ausdrücklich entgegen gewirkt, indem der Bezug zum Nervengift betont wird. Die Tatsache, dass dieses Gift auch Wirkstoff in dem von der Klägerin unter der Marke BOTOX vertriebenen Produkt ist, gibt dieser keinen Anspruch auf alleinige Verwendung des Begriffs. Als Sachbezeichnung ist der Begriff Botulinumtoxin nicht monopolisierbar. Lehnt ein Marktteilnehmer in der Bewerbung seines Produktes an einen solchen Begriff an, so liegt nur dann ein lauterkeitsrechtlicher Verstoss vor, wenn er dabei unrichtige irreführende Angaben über die Beschaffenheit seines Produktes macht, und damit das Verhältnis zwischen Mitbewerbern zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst (siehe Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 lit. b UWG). Die Klägerin macht dies allerdings nicht geltend, und die Beklagte behauptet in der Anpreisung ihres Produktes denn auch nur, mit ihm könne eine botulinähnliche Wirkung erzielt werden, gibt also nicht vor, es enthalte diesen einen ähnlichen Wirkstoff. Die Klägerin stellt sich schliesslich auch nicht auf den Standpunkt, dass der beklagtische Werbeslogan unwahr sei, d.h. dass die behauptete Wirkung mit den beklagtischen Produkten nicht erreicht werden könne. Sie weist zwar darauf hin, dass in den beklagtischen Produkten kein Botulinumtoxin sondern Hexapeptid enthalten sei. Es wurde aber weder behauptet noch ist es gerichtsnotorisch, dass damit nicht ähnliche Ergebnisse erzielt werden können, wie mit der Behandlung mit Botulinumtoxin haltigen Produkten. Mehr wird von der Beklagten auch nicht behauptet.
Im Lichte dieser Erwägungen ist mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG keine Verletzung des Lauterkeitsrechts erkennbar.
Art. 3 Abs. 1 lit. e UWG
Unter den Tatbestand von Art. 3 Abs. 1 lit. e UWG lässt sich eine produktebezogene Rufausbeutung subsumieren. Dabei ist zu beachten, dass der Vergleich auch konkludent, implizit durch Werbeoder Marketingmassnahmen erfolgen kann, die sich an die Ausstattung des Konkurrenten annähern, und nicht explizit vorgenommen werden muss. Das Merkmal einer verdeckten Rufausbeutung besteht darin, dass der Verletzer seine Produkte unmittelbar von den Vorstellungen des Publikums über das bezuggenommene Produkt profitieren lässt, also einen Image-Transfer zu seinen Produkten anstrebt. Eine verdeckte Rufausbeutung in diesem Sinne liegt vor, wenn ein Konkurrent die Gestaltung eines fremden Produkts übernimmt und dieses gewollt und planmässig an dessen Merkmale annähert, um von dessen gutem Ruf zu profitieren (BSK UWG-Christian Schmid, Basel 2013, N 94 zu Art. 3 Abs. 1 lit. e m.w.H.)
Wie bereits unter Ziffer 3.4.1 lit. c der Erwägungen ausgeführt, nimmt die Beklagte nicht Bezug auf das klägerische Produkt, sondern auf den Wirkstoff Botulinumtoxin. Der Wirkstoff geniesst den Ruf, ungemein effektiv bei der Beseitigung von Falten durch Lähmung der entsprechenden Muskulatur zu sein. Es ist nicht zu übersehen, dass die Beklagte mit ihrem Werbeslogan botulinähnliche Wirkung ohne Nadel Bezug auf diese Effektivität nimmt, die aufgrund der regen Thematisierung in den Medien (siehe dazu die in Ziffer 2.4.2.2 lit. e aufgeführten Verweise auf die einschlägigen Beilagen) gemeinhin bekannt ist, wie sich auch aus der Repräsentativbefragung (act. 34/7) der Klägerin ergibt. Die Beklagte vergleicht die Wirkung ihres Produktes mit derjenigen des Nervengiftes und betont als Vorteil gleichzeitig, dass eine Injektion ihres Produktes unter die Haut im Gegensatz zum Einsatz von Botulinumtoxin nicht nötig sei. Der Vergleich mit einem Naturstoff stellt aber wie gesagt keine Verletzung des Lauterkeitsrechtes
dar, solange der Vergleich nicht nachweislich falsch ist, was nicht behauptet wurde (siehe Ziffer 3.4.1 lit. c der Erwägungen).
Zwischenfazit
Im Lichte dieser Erwägungen ist auch keine Verletzung des Lauterkeitsrechts erkennbar.
Reparatorische Ansprüche
Die Klägerin erhebt Schadenersatzansprüche in unbestimmter Höhe (Rechtsbegehren Ziffer 3; act. 1 Rz. 151 ff.). Wie sie selbst zutreffend festhält setzt ein Schadenersatzanspruch ein widerrechtliches Verhalten des Schädigers, in casu der Beklagten voraus (Art. 55 Abs. 2 MSchG i.V.m. Art. 41 ff. und Art. 419 ff, OR; Art. 9 Abs. 3 UWG) . Wie aus den vorstehenden Erwägungen ersichtlich wird, hat die Beklagte weder die Markenrechte der Klägerin verletzt, noch verhält sie sich unlauter. Weitere Rechtsverletzungen hat die Klägerin nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Damit sind die Voraussetzungen für reparatorische Ansprüche der Klägerin nicht erfüllt. Somit hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Bekanntgabe der in Rechtsbegehren Ziffer 3a aufgelisteten Zahlen.
Zusammenfassung
Im Lichte dieser Erwägungen ist die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Kostenund Entschädigungsfolgen
Ausgangsgemäss wird die Klägerin kostenund entschädigungspflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts (Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem tatsächlichen Streitinteresse (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Lautet das Rechtsbegehren wie vorliegend - nicht auf eine bestimmte Geldsumme, so setzt das Gericht den Streitwert fest, sofern sich die Parteien darüber nicht einigen ihre Angaben offensichtlich unrichtig sind (Art. 91 Abs. 2 ZPO). Die Klägerin beziffert den Streitwert vorliegend mit CHF 100'000.- (act. 1 Rz. 7). Die Beklagte äussert sich nicht zum
Streitwert. Bei der Unterlassungsklage ist grundsätzlich das Unterlassungsinteresse der Klägerin massgebend zur Bestimmung des Streitwertes. Dies gilt sowohl gestützt auf Markenrecht wie auch auf Lauterkeitsrecht (siehe JOHANN ZÜR- CHER, Der Streitwert im Immaterialgüterund Wettbewerbsrechtsprozess, in: sic! 2002 S. 504 f.). Geht es um wirtschaftlich eher unbedeutende Zeichen, liegt der Streitwert praxisgemäss etwa im Bereich von CHF 50'000.bis CHF 100'000.- (siehe ZÜRCHER, a.a.O., S. 505). Vorliegend sind weder Umsatzzahlen noch sonstige Daten bekannt (z.B. Werbeausgaben), welche auf einen besonders hohen Wert des beklagtischen Zeichens hinweisen würden. Entsprechend ist kein Anhaltspunkt erkennbar, dass der Wert, den die Klägerin der Unterlassung des Markengebrauchs beimisst, überdurchschnittlich hoch wäre. Diese Auffassung scheint die Klägerin zu teilen, wenn sie geltend macht, das beklagtische Produkt sei unter der Bezeichnung BOTOCARE praktisch unbekannt (act. 1 Rz. 95). Unter der Berücksichtigung, dass die Klägerin nebst dem Unterlassungsund Löschungsbegehren auch noch eine Stufenklage erhoben hat, erscheint die Festsetzung des Streitwerts auf CHF 100'000.mithin als angemessen. Gestützt auf diesen Streitwert ergibt sich eine ordentliche Gerichtsgebühr von rund CHF 9'000.- (§ 4 Abs. 1 GebV OG). In Anwendung von § 4 Abs. 1 und § 11 Abs. 2 AnwGebV ist die Klägerin sodann zu verpflichten, der Beklagten eine Parteientschädigung in Höhe von CHF 16'000.zu bezahlen. Die Parteientschädigung enthält schon deshalb keine Mehrwertsteuer, weil die Beklagte keine verlangt hat (siehe dazu das Kreisschreiben der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich an die Kammern des Obergerichts, das Handelsgericht, das Geschworenengericht, die Bezirksgerichte und die Friedensrichterämter über die Mehrwertsteuer vom 17. Mai 2006).
Das Handelsgericht erkennt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr beträgt CHF 9'000.-.
Die Kosten werden der Klägerin auferlegt und aus dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss bezogen.
Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung in Höhe von CHF 16'000.zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 100'000.-.
Zürich, 8. Juli 2014
Handelsgericht des Kantons Zürich
Vorsitzender:
Dr. George Daetwyler
Gerichtsschreiber:
Dr. Thomas Steininger
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.