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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HG120015
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HG120015 vom 18.06.2013 (ZH)
Datum:18.06.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Klagt; Klagten; Mängel; Beklagten; Verjährung; SIA-Norm; Partei; Recht; Werkvertrag; Vertrag; Abnahme; Bauherr; Unternehmer; Parteien; Rüge; Bestritt; Bestritten; Standpunkt; Folie; Werke; Gelrüge; Mängelrüge; Expertise; Werkes; Verlegt; Sinne; Rungsfrist; Klage; Verjährungsfrist
Rechtsnorm: Art. 141 OR ; Art. 147 OR ; Art. 367 OR ; Art. 370 OR ; Art. 371 OR ; Art. 404 ZPO ; Art. 405 ZPO ; Art. 544 OR ;
Referenz BGE:109 II 452; 116 II 450; 138 III 411;
Kommentar zugewiesen:
SCHÖNENBERGER, JÄGGI, Zürcher Kommentar Obligationenrecht, Zürich, 1973
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr.: HG120015-O U/dz

Mitwirkend: die Oberrichter Dr. Heinrich Andreas Müller, Vizepräsident, und Dr.

George Daetwyler, die Handelsrichter Werner Furrer, Jakob Frei und Paul Flückiger sowie die Gerichtsschreiberin Claudia Feier

Beschluss und Urteil vom 18. Juni 2013

in Sachen

  1. AG,

    Klägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.

    gegen

  2. AG,

Beklagte

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.

betreffend Forderung

Rechtsbegehren

(act. 1 S. 2)

1. Die Beklagten seien solidarisch, eventuell je einzeln, subeventuell zu gerichtlich festzulegenden Anteilen, subsubeventuell zu Anteilen nach Anträgen der Klägerin zu verpflichten, der Klägerin

Fr. 440'996.60 zu bezahlen.

2. Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.

Geändertes Rechtsbegehren

(act. 76 sinngemäss)

  1. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin Fr. 315'996.60 zu bezahlen.

  2. Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.

Inhaltsverzeichnis

Sachverhalt und Verfahren 5

  1. Sachverhaltsübersicht 5

    1. Parteien und ihre Stellung 5

    2. Prozessgegenstand 5

    3. Übersicht über die Parteistandpunkte 6

  2. Prozessverlauf 7

Erwägungen 8

  1. Formelles 8

    1. Anwendbares Prozessrecht 8

    2. Zuständigkeit 9

    3. Klagereduktion 9

  2. Vertragsqualifikation und Anspruchsgrundlage 10

    1. Unbestrittener Sachverhalt 10

    2. Standpunkt der Klägerin 10

    3. Standpunkt der Beklagten 11

    4. Rechtliches und Subsumtion 11

  3. Tilgung durch Vergleich 12

    1. Unbestrittener Sachverhalt 12

    2. Standpunkt der Beklagten 12

    3. Standpunkt der Klägerin 12

    4. Rechtliches und Subsumtion 13

  4. Verjährung 14

    1. Unbestrittener Sachverhalt 14

    2. Standpunkt der Beklagten 16

    3. Standpunkt der Klägerin 17

    4. Rechtliches und Subsumtion 18

    5. Fazit 25

  5. Mängelrüge 26

    1. Unbestrittener Sachverhalt 26

    2. Standpunkt der Beklagten 27

    3. Standpunkt der Klägerin 27

    4. Rechtliches und Subsumtion 28

    5. Fazit 32

  6. Werkmangel 32

    1. Standpunkt der Klägerin 32

    2. Standpunkt der Beklagten 33

    3. Unstreitige Tatsachen 33

    4. Würdigung der vorsorglichen Expertise 35

    5. Rechtliches und Subsumtion 39

  7. Zusammenfassung 42

  8. Kostenund Entschädigungsfolgen 42

Sachverhalt und Verfahren

A. Sachverhaltsübersicht

  1. Parteien und ihre Stellung

    Die Klägerin ist eine nach schweizerischem Recht konstituierte Aktiengesellschaft mit Sitz in C. , deren Zweck im Wesentlichen im Betrieb eines Bauunternehmens besteht (act. 85/123). Sie ist die Rechtsnachfolgerin der vormals auf Klägerseite auftretenden A1. AG, welche jüngst durch Fusion auf die Klägerin übergegangen ist (act. 85/123 S. 4). Bei der Beklagten handelt es sich um eine Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht mit Sitz in D. . Ihr Zweck ist das Herstellen von Bodenbelägen und Baustoffen, deren Verarbeitung sowie der Handel mit solchen (act. 4/6).

  2. Prozessgegenstand

    Mit Generalunternehmervertrag vom 5. März 1996 übernahm die Klägerin (bzw. deren Rechtsvorgängerinnen, nachfolgend ohne Unterscheidung als Klägerin bezeichnet) als Generalunternehmerin die Erstellung des E. in F. (nachfolgend: E. ). Nach Durchführung eines Ausschreibungsbzw. Offertverfahrens betraute die Klägerin verschiedene Subunternehmer mit der Planung und Ausführung dieses Neubaus, darunter auch die Beklagte. Diese verpflichtete sich in einem Werkvertrag, in Arbeitsgemeinschaft mit der G._ AG die Doppelbö- den zu erstellen. Der Werkvertrag setzt sich aus verschiedenen Bestandteilen zusammen. Das als Werkvertrag bezeichnete Dokument (nachfolgend: Werkvertragsurkunde) wurde von der Beklagten am 10. September 1998 unterzeichnet. Am 31. Mai 1999 wurde ein Teil des Neubaus, das Gebäude der H. (nachfolgend: Teilobjekt H. ), der Bauherrschaft abgeliefert. Bald darauf beanstandete diese zu tiefe Raumtemperaturen in bestimmten Gebäudeteilen. Die Klägerin orientierte die beteiligten Subunternehmer über das Problem und beauftragte verschiedene Drittfirmen mit Sanierungsmassnahmen. Mit der vorliegenden

    Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten Ersatz der durch diese Sanierungsmassnahmen verursachten Kosten.

  3. Übersicht über die Parteistandpunkte

aa. Die Klägerin macht geltend, das Werk der Beklagten sei mangelhaft. Der Werkmangel sei dafür verantwortlich, dass die vertraglichen Raumtemperaturen nicht erreicht worden seien. Namentlich biete der von der Beklagten verlegte Unterlagsboden keinen genügenden Wärmedurchlass (act. 76 Rz. 10.7). Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Beklagte über der Bodenheizung eine Plastikfolie verlegt habe, welche die Wärmeabgabe nach oben beeinträchtigt habe (act. 1 Rz. 20 f., act. 76 Rz. 10.2). Selbst wenn die Beklagte die Folie nicht selber verlegt habe, so hätte sie den Fliessestrich [ Fliess-Estrich = Masse mit fliessfähiger Konsistenz zur Herstellung von Böden] nicht darüber verlegen dürfen, ohne die Klägerin darauf hinzuweisen und abzumahnen (act. 76 Rz. 10.6). Die Klägerin habe gestützt auf die modifizierte Rügeordnung in den allgemeinen Vertragsbedingungen (nachfolgend: AVB) rechtzeitig Mängelrüge erhoben (act. 1 Rz. 14 und 35). Aufgrund des ebenfalls in den AVB modifizierten Beginns der Verjährungsfrist sei noch keine Verjäh- rung eingetreten (act. 40 Rz. 7 ff. und Rz. 39). Für die notwendigen Sanierungsmassnahmen habe die Klägerin CHF 440'996.60 (inkl. MWSt.) aufgewendet (act. 1 Rz. 24 f.). Unter Berücksichtigung vergleichsweise geleisteter Zahlungen anderer Subunternehmer seien davon noch CHF 315'996.60 offen (act. 76 Rz. 1.2). Diese Kosten seien ihr von der Beklagten aufgrund vertraglicher Gewährleistungsbestimmungen zu ersetzen (act. 1 Rz. 36). Auf die Parteivorbringen der Klä- gerin ist nachfolgend im Detail einzugehen, soweit sie von Bedeutung sind.

bb. Die Beklagte bestreitet einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Sanierungskosten aus verschiedenen Gründen. Eine allfällige Forderung gegen die Beklagte aus Werkmängeln sei aufgrund des zwischen der Klägerin und der G. AG geschlossenen Vergleichs ohnehin erloschen (act. 73 S. 2, act. 79 S. 3 f.). Weil die Modifikation des Beginns der Verjährungsfrist in den AVB wegen Ungewöhnlichkeit unwirksam sei, sei eine allfällige Forderung darüber hinaus auch bereits verjährt (act. 45 S. 2 f.). Die Beklagte bestreitet sodann, dass ihr

Werk mangelhaft sei. Vielmehr habe sie den Boden gemäss Werkvertrag erstellt, was aus der vorsorglich erhobenen Expertise hervorgehe (act. 73 S. 5 f., act. 79

S. 7). Mit der Plastikfolie habe die Beklagte nichts zu tun. Diese sei Teil des Auftrages der Heizungsfirma gewesen. Ausserdem sei die Folie eine Bedingung dafür gewesen, dass der Fliessboden überhaupt habe eingegossen werden können. Deshalb habe auch kein Anlass für eine Abmahnung bestanden. Die Ursache der unzureichenden Temperaturen sei dem Planer zuzuweisen, weil dieser die Heizleistung für diese Art von Boden nicht richtig dimensioniert habe (act. 73 S. 6 f., act. 79 S. 7 f.). Überdies fehle es an einer rechtzeitigen Mängelrüge. Die Modifikation der Rügeordnung in den AVB entfalte zufolge Ungewöhnlichkeit keine Wirkungen (act. 73 S. 4 f., act. 79 S. 5). Abgesehen davon stehe der Klägerin kein Recht zu, von der Beklagten Ersatz für die Kosten der Sanierung zu verlangen, weil sie der Beklagten nie Gelegenheit eingeräumt habe, von ihrem Nachbesserungsrecht Gebrauch zu machen (act. 73 S. 8 f., act. 79 S. 9 f.). Schliesslich bestreitet die Beklagte auch die Höhe der Sanierungskosten und der vorprozessualen Aufwendungen (act. 79 S. 8 f.). Auf die weiteren Vorbringen der Beklagten wird im Folgenden, soweit von Bedeutung, detailliert eingegangen.

  1. Prozessverlauf

    1. Am 28. April 2008 ging hierorts eine Klage der Klägerin gegen die Beklagte und drei weitere am Bau beteiligte Aktiengesellschaften (I. AG, J. AG und K. AG) ein. Die Klägerin verlangte im Wesentlichen CHF 440'996.60, unter solidarischer Haftbarkeit (act. 1 S. 2). Mit der I. AG und der J. AG schloss die Klägerin Vergleiche, weshalb das Verfahren mit Bezug auf diese zwei Mitbeklagten mit Verfügung vom 22. August 2008 als durch Vergleich erledigt abgeschrieben wurde (act. 29). Zufolge entsprechender Einreden der Beklagten und der K. AG wurde das Verfahren mit Verfügung vom 5. Dezember 2008 auf die Frage der Verjährung beschränkt und schriftlich fortgesetzt (Prot. S. 10 f.). Nach Durchführung des auf die Verjährungsfrage beschränkten Schriftenwechsels wies das Handelsgericht die Klage gegen die Beklagte und die K.

      AG in Gutheissung der beklagtischen Verjährungseinreden mit Urteil vom 4. März 2010 ab (act. 51).

    2. Die Klägerin erhob gegen das handelsgerichtliche Urteil in Bezug auf die Beklagte, nicht aber die K. AG, kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ans Kassationsgericht des Kantons Zürich, welche abgewiesen wurde (act. 59). Ebenfalls nur in Bezug auf die Beklagte erhob die Klägerin Beschwerde ans Bundesgericht. Dieses hob das Urteil des Handelsgerichtes mit Urteil vom 12. Januar 2012 in teilweiser Gutheissung auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung an das Handelsgericht zurück (act. 67). In Bezug auf die K. AG ist das klageabweisende Urteil vom 4. März 2010 in Rechtskraft erwachsen. Den Parteien wurde in der Folge Gelegenheit eingeräumt, sich zum weiteren prozessualen Vorgehen zu äussern (act. 68). Die Klägerin sprach sich für die Durchführung einer Referentenaudienz/Vergleichsverhandlung aus, und - falls die Beklagte dem nicht zustimmen sollte - für die Vervollständigung des Schriftenwechsels (act. 71). Da die Beklagte einen vollständigen Schriftenwechsel bevorzugte, wurde der ursprüngliche Schriftenwechsel vervollständigt (act. 70; Prot. S. 2 ff.). In ihrer (ergänzenden) Replik reduzierte die Klägerin ihre Forderung zufolge aussergerichtlicher Einigung

      mit der G.

      AG sowie der Arbeitsgemeinschaft I. /J.

      auf CHF

      315'996.60 (act. 76 Rz. 1.2). Die (ergänzende) Duplik datiert vom 23. Oktober 2012 (act. 79). Mit Eingabe vom 31. Oktober 2012 reichte die Klägerin eine Stellungnahme zu den Neuerungen der Duplik ein, welche der Beklagten zugestellt wurde (act. 83; Prot. S. 7). Der Prozess ist spruchreif.

      Erwägungen

      1. Formelles

        1. Anwendbares Prozessrecht

          Der eidgenössischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 2011) ist nicht ausdrücklich zu entnehmen, welches Recht zur Anwendung kommt, wenn die Rechtsmittelinstanz den angefochtenen

          Entscheid aufhebt und zur Fortsetzung des Hauptverfahrens oder Durchführung eines Beweisverfahrens an die untere Instanz zurückweist. Die Rückweisung bewirkt, dass der Prozess in die Lage zurückversetzt wird, in der er sich vor Ausfäl- lung des angefochtenen Entscheids befunden hat. Das Verfahren vor der unteren Instanz ist somit nicht zum Abschluss gekommen, so dass für die Fortsetzung des Verfahrens bisheriges Recht weitergilt (Art. 404 Abs. 1 ZPO). War der Rechtswechsel bei Eröffnung des angefochtenen Entscheids noch nicht eingetreten, brachte die obere Instanz mithin altes Verfahrensrecht zur Anwendung, gilt dieses Recht auch für die Rückweisung (FREI/WILLISEGGER, BSK ZPO, N 13 zu Art. 404, Urteil des Bundesgerichts 4A_471/2011 vom 17. Januar 2012, E. 3.3). Demgemäss bleibt für das (Rückweisungs-)Verfahren die zürcherische Zivilprozessordnung vom 13. Juni 1976 (ZPO/ZH) anwendbar. Das Rechtsmittel richtet sich hingegen nach dem Recht, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist, mithin nach dem neuen Prozessrecht (Art. 405 Abs. 1 ZPO).

        2. Zuständigkeit

          Die Parteien vereinbarten den Gerichtsstand Zürich (act. 77/85 S. 3). Beide Parteien sind im schweizerischen Handelsregister eingetragen und die eingeklagten Ansprüche beziehen sich auf die von den Parteien betriebenen Gewerbe. Der Streitwert übersteigt CHF 30'000. Das Handelsgericht Zürich ist damit gestützt auf Art. 9 GestG örtlich sowie gestützt auf § 62 Abs. 1 GVG sachlich zuständig.

        3. Klagereduktion

          Mit der (ergänzenden) Replik machte die Klägerin von den ursprünglich eingeklagten CHF 440'996.60 lediglich noch CHF 315'996.60 geltend und begründete dies mit vergleichsweise geleisteten Zahlungen anderer Unternehmer (act. 76 S. 1 und Rz. 1.2.). Diese Klagereduktion stellt einen teilweisen Klagerückzug dar und somit eine Parteierklärung im Sinne von § 188 Abs. 3 ZPO/ZH. Die Klage ist demnach im Umfang von CHF 125'000.- zufolge Klagerückzugs als erledigt abzuschreiben.

      2. Vertragsqualifikation und Anspruchsgrundlage

        1. Unbestrittener Sachverhalt

          Es ist unbestritten, dass die Parteien mit übereinstimmendem gegenseitigen Wil-

          len einen Vertrag betreffend die Erstellung von Doppelböden im E.

          geschlossen haben. Unbestritten ist auch, dass der Vertragsinhalt durch eine Vielzahl von Dokumenten gebildet wird, zu welchen die Werkvertragsurkunde (act. 77/85 S. 1-3), das Unternehmerangebot (act. 77/85 S. 4-5), die AVB (act. 41/63), verschiedene technische Unterlagen sowie Pläne (act. 77/85 S. 6 ff.) gehören (act. 76 Rz. 4.1, act. 79 S. 4, act. 40 Rz. 4, act. 45 S. 2). Grundsätzlich einig sind sich die Parteien auch, dass die SIA-Norm 118 insoweit Vertragsbestandteil ist, als nicht die Werkvertragsurkunde oder die AVB eine abweichende Regelung enthalten.

        2. Standpunkt der Klägerin

          Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Erstattung der restanzlichen Sanierungskosten im Umfang von CHF 315'996.60 und stützt sich dabei auf den Vertrag. Die Sanierungskosten seien deshalb angefallen, weil sie zur Behebung des Problems der ungenügenden Raumtemperaturen Deckenheizpaneele durch Drittunternehmen habe projektieren und ausführen lassen, nachdem ihre Kalkulation ergeben habe, dass die Verbesserung der bestehenden Anlagen mit viel grösserem Aufwand verbunden gewesen wäre (act. 1 Rz. 24, act. 76 Rz. 11).

          Ihren Anspruch stützt die Klägerin auf vertragliche Gewährleistungsbestimmungen. Nach diesen sei sie berechtigt, einen Minderwert und angesichts des offensichtlichen Verschuldens der Beklagten Schadenersatz geltend zu machen (act. 1 Rz. 36). Während sie in ihrer Klageschrift noch ausführte, sie habe von den Arbeitsgemeinschaften Doppelböden und Heizung die Vorbereitung und Durchfüh- rung der Sanierung verlangt, macht sie in der (ergänzenden) Replik nicht mehr geltend, sie habe von der Beklagten eine Nachbesserung verlangt (act. 1 Rz. 15 und act. 76 Rz. 14). Vielmehr stellt sie sich nun auf den Standpunkt, ein Nachbesserungsrecht gemäss Art. 169 SIA-Norm 118 habe der Beklagten nicht zuge-

          standen, nachdem diese den Standpunkt eingenommen habe, für die Mängel nicht zu haften bzw. konstant behauptet habe, ihr Werk weise keine Mängel auf (act. 76 Rz. 15).

        3. Standpunkt der Beklagten

          Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die Klägerin zur Behebung des Problems Sanierungsmassnahmen habe ausführen lassen, sie bestreitet jedoch einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz dieser Kosten. Unter anderem bringt sie vor, sie habe nie Gelegenheit gehabt, von ihrem Nachbesserungsrecht Gebrauch zu machen, welches ihr gemäss SIA-Norm 118 zugestanden habe. Die Klägerin habe sie bisher nie aufgefordert ihr Werk zu sanieren. Das Nachbesserungsrecht habe ihr unabhängig von dem von ihr vertretenen Standpunkt, dass ihr Werk keinen Mangel aufweise, zugestanden. Bereits aus diesem Grund könne sie nicht zu Schadenersatz verpflichtet werden (act. 73 S. 7 und S. 8 f., act. 79 S. 9 f.).

        4. Rechtliches und Subsumtion

          1. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist als Werkvertrag zu qualifizieren. Die Werkvertragsurkunde und die AVB enthalten keine Grundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch. Die SIA-Norm 118 sieht ein vom Obligationenrecht abweichendes Konzept der Mängelrechte vor: Bei jedem Mangel hat der Bauherr (abgesehen vom Schadenersatzrecht nach Art. 171 SIA-Norm 118) zunächst einzig das Recht, vom Unternehmer die Beseitigung des Mangels innerhalb angemessener Frist zu verlangen. Soweit der Unternehmer Mängel innerhalb der vom Bauherrn angesetzten Frist nicht behebt, ist der Bauherr berechtigt, nach seiner Wahl entweder weiterhin auf der Verbesserung zu beharren, die Verbesserung durch einen Dritten ausführen zu lassen, diese selbst vorzunehmen oder einen dem Minderwert des Werkes entsprechenden Abzug von der Vergütung zu machen oder vom Vertrag zurückzutreten (Art. 169 Abs. 1 SIA-Norm 118). Die Nachbesserung hat somit Vorrang (G AUCH, SIA-Norm 118, Art. 169 Nr. 7; BGE 116 II 450, 453). Diese Regel gilt indessen nicht ausnahmslos

            (Art. 169 Abs. 2 SIA-Norm 118).

            Bei den von der Klägerin geltend gemachten Kosten handelt es sich weder um Schadenersatz noch um eine Werkpreisminderung, sondern um Kosten für eine Ersatzvornahme im Sinne von Art. 169 Abs. 1 Ziff. 1 SIA-Norm 118, die unter den vorstehend genannten Voraussetzungen ersetzbar wären. Ob die Klägerin der Beklagten Gelegenheit zur Nachbesserung eingeräumt hat und überhaupt hätte einräumen müssen, kann indessen offen bleiben. Wie noch zu zeigen sein wird, stehen der Klägerin aus anderen Gründen keine Ansprüche aus Mängelrechten zu.

      3. Tilgung durch Vergleich

        1. Unbestrittener Sachverhalt

          Es ist unbestritten, dass die Klägerin mit dem anderen Mitglied der Arbeitsgemeinschaft G. /B. , der G. AG, am 17./28. April 2008 eine aussergerichtliche Vereinbarung getroffen hat, worin die Klägerin gegenüber der G. AG im Falle der Erfüllung auf Ansprüche hinsichtlich Gewährleistung für bisher festgestellte Mängel im E. verzichtet (act. 49 Rz. 10, act. 76 Rz. 1.3). Die Vereinbarung wurde von der Klägerin eingereicht. Ihr Wortlaut ergibt sich aus act. 50/81 und ist unbestritten. Unbestritten ist auch, dass die Vereinbarung beidseitig erfüllt wurde.

        2. Standpunkt der Beklagten

          Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, durch die Erfüllung der Vereinbarung seien auch allfällige Ansprüche gegen die Beklagte getilgt worden, weil die Beklagte und die G. AG eine Arbeitsgemeinschaft gebildet hätten und somit echte Solidarschuldner der Klägerin gewesen seien (act. 16 S. 3 f., act. 73 S. 2).

        3. Standpunkt der Klägerin

          Die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass die Beklagte und die G. AG echte

          Solidarschuldner der Klägerin waren. Die G.

          AG sei indessen ohne (voll-

          ständige) Befriedigung der Klägerin befreit worden, in der Meinung, dass die Beklagte nicht aus der Haftung entlassen werde. Es sei für die Leistung der G.

          AG sogar eine Voraussetzung gewesen, dass die Beklagte eingeklagt werde. Diese Umstände würden sich aus dem klaren Wortlaut der Vereinbarung ergeben. Der Erlass entfalte daher nur Wirkungen gegenüber der G. AG (act. 76 S. 3).

        4. Rechtliches und Subsumtion

          1. Schliessen sich zwei oder mehrere Unternehmer gleicher oder verschiedener Fachrichtung zusammen, um für einen Besteller bestimmte Bauarbeiten gemeinsam auszuführen, spricht man von einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE). Dabei handelt es sich um eine einfache Gesellschaft im Sinne von Art. 530 ff. OR. Durch den Abschluss des gemeinsamen Werkvertrages werden die daran beteiligten Mitglieder des Konsortiums dem Besteller gegenüber solidarisch verpflichtet, falls sie mit ihm nicht etwas anderes vereinbaren (Art. 544 Abs. 3 OR i.V.m. Art. 143 ff. OR; GAUCH, Der Werkvertrag, 5. Aufl., 2011, N 243 und 247). Soweit ein Solidarschuldner den Gläubiger durch Zahlung befriedigt, sind auch die übrigen Solidarschuldner befreit (Art. 147 Abs. 1 OR). Wird ein Solidarschuldner aber ohne Befriedigung des Gläubigers befreit, wirkt die Befreiung zugunsten der andern nur so weit, als die Umstände oder die Natur der Verbindlichkeit es rechtfertigen (Art. 147 Abs. 2 OR). Ob und wie weit insbesondere einem Vergleich befreiende Wirkung für die am Vergleich nicht beteiligten Schuldner zukommt, ist durch Auslegung des Vergleichsvertrags zu ermitteln (HEIERLI/SCHNYDER, BSK OR I, N 3 zu Art. 147).

          2. Die Beklagte und die G.

            AG haben sich in einem gemeinsamen

            Werkvertrag gegenüber der Klägerin verpflichtet, die Ausführung der Doppelbö- den zu übernehmen (act. 77/85). Sie bildeten demnach eine ARGE, womit beide der Klägerin solidarisch für die Ausführung des ihnen übertragenen Werks hafteten. Ob der zwischen der Klägerin und der G. AG geschlossene Vergleich auch Wirkungen gegenüber der Beklagten entfaltet, namentlich diese von allfälligen Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin befreit wurde, kann indessen offen gelassen werden, da der Klägerin, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen werden, aus anderen Gründen keine Forderung gegenüber der Beklagten aus Mängelrechten zusteht.

      4. Verjährung

        1. Unbestrittener Sachverhalt

          1. Es ist unstreitig, dass für die Beklagte handelnde Personen, welche über langjährige Erfahrungen im Baugewerbe verfügten, am 11. Mai 1998 die AVB gleichzeitig mit der Entgegennahme der Merkblätter und den Ausschreibungsunterlagen, also vor Abschluss des Werkvertrages, unterzeichneten (act. 40 Rz. 10, act. 45 S. 6). Die AVB liegen als act. 41/63 bei den Akten. Sie sind in kleiner Schriftgrösse auf dem Briefpapier der Klägerin abgedruckt und umfassen sieben Seiten. Einleitend wird darin festgehalten, dass die AVB einen integrierenden Bestandteil des Unternehmerangebotes und bei dessen Zuschlag des daraus resultierenden Werkvertrages bilden. Ferner werden in Ziffer 1 der AVB sämtliche Vertragsgrundlagenund Bestandteile aufgezählt, darunter auch die SIA-Norm 118. Die AVB sind in 38 Ziffern gegliedert. In Ziffer 35.2 findet sich der umstrittene Passus (act. 41/63 Ziff. 35.2, act. 45 S. 2):

            35.2 Haftung für Mängel Fristbeginn

            Die gemeinsame Prüfung und die Abnahme des vom Subunternehmer hergestellten Werkes erfolgen gemäss Art. 157 ff. SIA-Norm 118. Das Ende der Garantieund Verjährungsfristen wird jedoch nicht von der Abnahme, bzw. Teilabnahme an berechnet, sondern erst ab der Abnahme des von der Generalunternehmung hergestellten Werkes durch den Bauherrn, wenn diese Abnahme später als die Abnahme des Werkes des Subunternehmers durch die Generalunternehmung erfolgt.

            Die dreiseitige Werkvertragsurkunde wurde seitens der Beklagten erst am 10. September 1998 und somit rund vier Monate nach den AVB, unterzeichnet (act. 77/85 S. 3). Sie umfasst lediglich fünf Artikel. In Art. 2 wird festgehalten, dass der Vertragsinhalt durch die Werkvertragsurkunde sowie durch die beigefügten, vom Unternehmer unterzeichneten AVB und damit durch alle im dortigen Artikel 1 aufgezählten Bestimmungen gebildet werde (act. 4/15). Es ist unbestritten, dass sowohl Werkvertragsurkunde und AVB als auch der grundsätzliche Hinweis auf die SIA-Norm 118 von übereinstimmendem gegenseitigen Willen getragen wird und

            ein Vertrag mit diesen Bestandteilen zwischen den Parteien zustande gekommen ist.

          2. Es ist sodann unstreitig, dass das Teilobjekt H.

            von der Bauherrschaft am 31. Mai 1999 abgenommen wurde (act. 1 Rz. 12, act. 16 S. 3 f.). Fest stehen auch die nachfolgenden Tatsachen, weil die entsprechenden Behauptungen der Beklagten unbestritten blieben: Gemäss Terminplan hat die Arbeit der Beklagten am 15. November 1998 beendet und die Baustelle bis am 31. März 1999 vollständig geräumt sein müssen. Dieser Terminplan wurde eingehalten; diesbezügliche Mängel lagen nicht vor und wurden auch nicht geltend gemacht. Die Doppelböden wurden von der Beklagten am 2. November 1998 fertiggestellt und der Klägerin wurde anschliessend die vom 6. November 1998 datierende Schlussrechnung zugestellt. Diese wurde von der Klägerin am 16. Februar 1999 vollständig bezahlt. Am 17. Februar 1999 hat die Beklagte noch kleinere Regiearbeiten erledigt, wobei der entsprechende Regierapport von der Bauleitung visiert wurde. Die Bodenheizung wurde von der Klägerin am 17. Mai 1999 abgenommen (act. 16 S. 6 f.).

          3. Ferner steht fest, dass die Beklagte mehrere Verjährungsverzichte abgegeben hat, welche aktenkundig sind (act. 1 Rz. 17). Namentlich hat sie am 26. Mai 2004 auf die Verjährungseinrede verzichtet, wobei die Erklärung bis am 30. Juni 2005 befristet war (act. 4/34a). Mit Erklärung vom 17. Juni 2005 und somit noch vor Ablauf dieser Frist verzichtete die Beklagte erneut auf die Einrede der Verjäh- rung bis zum 30. Juni 2006 (act. 4/34b). Am 1. Juni 2006 unterzeichnete die Beklagte erneut eine Verjährungsverzichtserklärung mit Wirkung bis zum 30. Juni 2007 (act. 4/34c). Alle Verjährungsverzichtserklärungen wurden unbestrittenermassen unter dem Vorbehalt abgegeben, dass sie für bereits verjährte Ansprüche nicht gelten (act. 16 S. 8). Unstrittig ist auch, dass die Klägerin mit Eingaben vom

13. Mai 2005, 30. Juni 2007 und 10. Dezember 2007 Sühnbegehren gegen verschiedene Unternehmer stellte, darunter jeweils auch gegen die Beklagte (act. 1 Rz. 17, act. 40 Rz. 41 ff.). Die entsprechenden Begehren wurden eingereicht (act. 4/37, 4/39 und 4/41).

    1. Standpunkt der Beklagten

      1. Die Beklagte macht geltend, die Mängelrechte der Klägerin aus Werkvertrag seien verjährt, da die Verjährungsverzichte und Sühnbegehren in einem Zeitpunkt erfolgt seien, in dem die Verjährung bereits eingetreten sei (act. 16 S. 5). Die Verjährungsfrist habe gemäss SIA-Norm 118 bereits mit Abnahme ihres (Teil-)Werks und nicht erst mit der Abnahme des Teilobjekts H. begonnen (act. 16 S. 5, act. 37 S. 2). Die Abnahme des Werks der Beklagten sei mit der Fertigstellung am 2. November 1998 erfolgt. Falls kein ausdrückliches Abnahmeprotokoll erstellt worden sei, sei die Abnahme spätestens am 17. Februar 1999 erfolgt. An diesem Datum habe die Beklagte noch kleinere Regiearbeiten ausführen müssen (act. 16 S. 7). Eventualiter macht die Beklagte geltend, der Boden sei spätestens im Zeitpunkt der Abnahme der Bodenheizung abgenommen worden, da eine Bodenheizung erfahrungsgemäss erst abgenommen werden könne, wenn auch der Boden fertig sei. Dies sei am 17. Mai 1999 gewesen (act. 16 S. 7). Die Forderungen der Klägerin gegen die Beklagte seien daher am 2. November 2003, spätestens aber am 17. Mai 2004 verjährt. Sämtliche Verjährungsunterbrechungshandlungen seien wirkungslos, weil sie nach diesen Daten erfolgt seien (act. 16 S. 7 f.).

      2. Die Beklagte geht sodann davon aus, dass die AVB als allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren seien und die darin enthaltene Abrede über den Beginn der Verjährungsfrist zufolge Ungewöhnlichkeit nicht rechtswirksam sei (act. 16 S. 4 ff., act. 37 S. 2 f.). Hierzu macht sie geltend, sie habe den AVB nur global zugestimmt. Namentlich hätten die Unterzeichnenden die AVB nicht einzeln gelesen und geprüft (act. 45 S. 5). Ungewöhnlich sei die Regelung insbesondere deshalb, weil die entsprechende Abrede innerhalb des Kleingedruckten platziert worden sei und von der grundsätzlich anwendbaren SIA-Norm 118 abweiche. Die SIA-Norm 118 sei Ausdruck dessen, was auf dem Bau gewöhnlich sei (act. 37 S. 3, act. 45 S. 5). Abreden, die zentrale Bestimmungen des Gesetzes und der SIA-Norm 118 aufheben und zu Ungunsten des Unternehmers abändern, müssten explizit im Hauptvertrag hervorgehoben sein (act. 45 S. 9). Auf eine derart wichtige Einschränkung von Art. 180 SIA-Norm 118 hätte in der Werkvertrags-

        urkunde hingewiesen werden müssen (act. 45 S. 2). Darüber hinaus sei die Bestimmung auch aufgrund der zeitlichen Differenz zwischen der Unterzeichnung der AVB und der Unterzeichnung der Werkvertragsurkunde (rund drei Monate) ungewöhnlich. Aufgrund dessen habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass in der Werkvertragsurkunde die wesentlichen Bestimmungen enthalten seien. (act. 45 S. 2). Die Beklagte sei zwar schon lange im Baugewerbe tätig. Sie sei bei Unterzeichnung der AVB aber vor allem am Auftrag und der Ausschreibung für die Devisierung interessiert gewesen. Die Unterzeichnung der AVB sei ein Routinevorgang ohne Prüfung der einzelnen Bestimmungen gewesen. Zudem arbeite die Beklagte eher selten mit Generalunternehmern (act. 45 S. 5). Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass die Klägerin andere Bestimmungen in Bezug auf die Fristauslösung der Verjährung habe, als sie sich gewohnt sei (act. 45 S. 6). Zufolge Unwirksamkeit der Abrede in den AVB habe die Verjährungsfrist gemäss SIANorm 118 bereits mit Abnahme ihres (Teil-)Werks und nicht erst mit der viel spä- teren Abnahme des Gesamtwerkes begonnen (act. 16 S. 5, act. 37 S. 2).

    2. Standpunkt der Klägerin

      1. Die Klägerin bestreitet die Verjährung ihrer Mängelrechte gestützt auf Ziff.

        35.2 der AVB und die Verjährungsunterbrechungshandlungen (act. 40 Rz. 22). Die AVB hätten trotz ihrer Bezeichnung nicht den Charakter allgemeiner Geschäftsbedingungen, sondern seien eine Vorstufe des zwischen den Parteien individuell geschlossenen Vertrages. Die AVB seien zwar von der Klägerin vorformuliert worden, die Beklagte habe aber Gelegenheit gehabt, sich mit ihrer Offerte oder im Rahmen der nach dem Zuschlag erfolgenden Vertragsverhandlungen zu einzelnen Passagen zu äussern oder dazu Vorbehalte anzubringen, was sie nicht getan habe (act. 40 Rz. 9). Die Bestimmungen der AVB seien nicht global unterzeichnet worden. Vielmehr habe die Beklagte sie im Einzelnen gelesen, zur Kenntnis genommen und akzeptiert, was auch im Offertverhandlungsprotokoll bestätigt worden sei (act. 40 Ziff. 11). Darüber hinaus sei die Beklagte in der Baubranche sehr erfahren, zumal sie eigenen Angaben zufolge seit 1956 in dieser tä- tig sei und schon mit einer Vielzahl von Subunternehmerverträgen befasst gewesen sei (act. 40 Rz. 10 und 13). Koordinationsregeln betreffend Verjährungsfristen

        führten zu keiner Veränderung des Werkvertragscharakters, seien objektiv keineswegs ungewöhnlich und entsprächen vielmehr sogar der Praxis von Generalunternehmungen. Mit solchen Klauseln sei die Beklagte daher schon mehrfach konfrontiert gewesen und habe auch im Vertrag mit der Klägerin damit rechnen müssen (act. 40 Rz. 17 ff.). Die Verjährungsfrist habe demnach erst mit Abnahme

        des Teilobjekts H.

        durch die Bauherrschaft am 31. Mai 1999 begonnen.

        Aufgrund der Verjährungsunterbrechungen sei bis dato noch keine Verjährung eingetreten (act. 40 S. 16).

      2. In Bezug auf die Frage der Abnahme des Werks der Beklagten macht die Klägerin geltend, dass es nie eine eigentliche, formelle Abnahme gegeben habe. Die blosse Entgegennahme der Arbeit der Beklagten zur Fortsetzung der Arbeiten durch den Nachfolgeunternehmer bedeute so wenig wie die anstandslose Zahlung einen Verzicht auf Ansprüche aus später zutage tretenden Mängeln oder Schäden (act. 76 Rz. 6). Die Klägerin führt jedoch selber aus, dass anlässlich der Fertigstellung durch die Beklagte keine offenen Mängel festgestellt worden seien (act. 76 Rz. 6.1).

    1. Rechtliches und Subsumtion

      1. Zulässigkeit der Verjährungsfristmodifikation

        Das Gesetz sieht vor, dass Ansprüche aus Werkvertrag, die eine Immobilie betreffen, fünf Jahre nach der Abnahme verjähren (Art. 371 Abs. 2 OR). Nach der Rechtsauffassung des Bundesgerichts, an welche das Handelsgericht gebunden ist, ist diese Verjährungsfrist einer Abänderung durch Parteiabrede zugänglich, solange dadurch das Ende der Verjährung nicht mehr als zehn Jahre nach dem im Gesetz vorgesehenen Zeitpunkt eintritt. Hingegen ist es gemäss Art. 141 Abs. 1 OR unzulässig, das Institut der Verjährung für nicht anwendbar zu erklären oder dem Schuldner die Anrufung der Verjährung faktisch zu verunmöglichen (act. 67

        = Urteil des Bundesgerichts 4A_221/2010 vom 12. Januar 2012, E. 3 f.).

        In Ziff. 35.2 der AVB wird die Verjährungsfrist insofern modifiziert, als diese nicht bereits mit Abnahme des (Teil-)Werks, sondern erst mit der Abnahme des von der

        Generalunternehmung hergestellten Werkes durch den Bauherrn beginnt (act. 41/63). Dabei handelt es sich nicht um einen nach Art. 141 Abs. 1 OR unzulässigen Verzicht, zumal dadurch weder auf das Institut der Verjährung verzichtet wird noch die Verjährung mehr als zehn Jahre hinausgeschoben wird (act. 67 = Urteil des Bundesgerichts 4A_221/2010 vom 12. Januar 2012, E. 3.2). Die Klausel ist somit zulässig. Die andere Frage ist, ob diese Klausel gültig vereinbart worden ist bzw. konkret wirksam ist. Diese Frage wurde vom Bundesgericht noch nicht geprüft (act. 67 = Urteil des Bundesgerichts 4A_221/2010 vom 12. Januar 2012, E. 4).

      2. Wirksamkeit der Verjährungsfristmodifikation

        1. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind typischerweise für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss des Vertrages stellt. Entscheidend ist, dass die Bedingungen zwischen den Parteien nicht im Einzelnen ausgehandelt werden (S CHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 6. Aufl., 2012, Rz. 44.01; Urteil des Bundesgerichts 4.P.135/2002 vom 28. November 2002, E. 3.3). Damit allgemeine Geschäftsbedingungen zum Vertragsinhalt werden, bedarf es aber der Übernahme dieser Bedingungen in den Vertrag. Die Übernahme muss nicht ausdrücklich erfolgen (GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/ EMMENEGGER, 9. Aufl., Zürich 2008, Rz. 1128 ff.). Werden vorformulierte Bedingungen, die eine schwache oder unerfahrene Partei nach allgemeiner Erfahrung nicht liest, nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht versteht, übernommen, ist von einer Globalübernahme auszugehen (Urteil des Bundesgerichts 4C.282/2003 vom 15. Dezember 2003 E. 3.1; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/ EMMENEGGER, a.a.O., Rz. 1130).

          Die Geltung vorformulierter Allgemeiner Geschäftsbedingungen wird gemäss der Rechtsprechung durch die Ungewöhnlichkeitsregel eingeschränkt. Danach sind von der global erklärten Zustimmung zu allgemeinen Vertragsbedingungen alle ungewöhnlichen Klauseln ausgenommen, auf deren Vorhandensein die schwä- chere oder weniger geschäftserfahrene Partei nicht gesondert aufmerksam gemacht worden ist. Als schwächere Partei muss auch diejenige gelten, welche unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit oder anderen Umständen,

          die sie als stärkere Partei erscheinen lassen, gezwungen ist, allgemeine Geschäftsbedingungen als Vertragsbestandteil zu akzeptieren, weil sie andernfalls kaum einen Vertragspartner findet (BGE 109 II 452 E. 5.a). Die Ungewöhnlichkeit beurteilt sich aus der Sicht des Zustimmenden im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Die Ungewöhnlichkeitsregel kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn die betreffende Klausel objektiv beurteilt einen geschäftsfremden Inhalt aufweist. Dies ist dann zu bejahen, wenn sie zu einer wesentlichen Änderung des Vertragscharakters führt oder in erheblichem Masse aus dem gesetzlichen Rahmen des Vertragstypus fällt. Je stärker eine Klausel die Rechtsstellung des Vertragspartners beeinträchtigt, desto eher ist sie als ungewöhnlich zu qualifizieren (BGE 138 III 411 E. 3.1). Dabei ist zu beachten, dass auch branchenübliche AGBKlauseln durchaus objektiv ungewöhnlich im Sinne der AGB-Rechtsprechung sein können (KOLLER, Einmal mehr: das Bundesgericht und seine verdeckte AGBInhaltskontrolle, AJP 2008, S. 950).

        2. Eine Durchsicht der AVB zeigt, dass diese keinen Bezug zum in Frage stehenden konkreten Bauwerk aufweisen, sondern so formuliert sind, dass sie auch für andere Werke und andere Unternehmer verwendet werden können. Wie die Klägerin selber ausführt, wurden die AVB von ihr vorformuliert, ohne dass sich die Beklagte zu einzelnen Passagen geäussert oder dazu Vorbehalte angebracht hat. Die AVB waren demnach nie Gegenstand von Verhandlungen, sondern wurden gänzlich in der von der Urheberin geschaffenen Fassung übernommen. Von einer ernsthaften Bereitschaft der Klägerin, den Inhalt der AVB zu verhandeln, kann auch nicht ausgegangen werden. Dies ergibt sich aus den konkreten Umständen und den allgemeinen Erfahrungen: Ein Generalunternehmer, der einem Subunternehmer, notabene mit den Ausschreibungsunterlagen, auch ein als Allgemeine Vertragsbedingungen betiteltes und wie vorliegend gestaltetes Dokument zur Unterschrift zukommen lässt, ist erfahrungsgemäss nicht bereit, über dessen Inhalt zu verhandeln. Dokumente in diesem Stadium sind damit anders zu bewerten als solche im Rahmen der eigentlichen Vertragsverhandlungen. Vielmehr wird ein Unternehmer, der sich weigert, solche allgemeinen Bedingungen zu unterzeichnen, oder der Vorbehalte dazu anbringt, in der Praxis bei der Vergabe in der Regel einfach nicht berücksichtigt (vgl. H ENNINGER, Vom Umgang mit AGB,

          BR 2002, Ziffer 3.1). Die AVB der Klägerin enthalten im Übrigen auch keinerlei Hinweise darauf, dass ihr Inhalt noch verhandelbar wäre. Am AGB-Charakter än- dert auch der Umstand nichts, dass die AVB schon vor Abschluss des eigentlichen Werkvertrages von der Beklagten unterzeichnet wurden. Die Übernahme von AGB kann sowohl mit dem Abschluss des Einzelvertrages zeitlich zusammenfallen oder dem Vertragsschluss voranoder nachgehen (SCHÖNENBERGER/JÄGGI, Zürcher Kommentar Obligationenrecht, Zürich 1973, N 443 zu Art. 1). Entgegen den Ausführungen der Klägerin haben die vorliegenden AVB den Charakter allgemeiner Geschäftsbedingungen. Die Übernahme der AGB in den Werkvertrag ist unbestritten.

          Unterbreitet ein Unternehmer einem anderen Unternehmer seine AGB (sog. Unternehmer-AGB) so liegt zwar keine strukturelle Unterlegenheit vor, wie sie bei Konsumenten-AGB regelmässig anzutreffen ist, es kann aber eine wirtschaftliche Unterlegenheit vorliegen. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn sich der Kunde bei Vertragsschluss in der Situation des take it or leave it befunden hat (vgl. B AUDENBACHER, Wirtschafts-, schuldund verfahrensrechtliche Grundprobleme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Zürich 1983, S. 300). Liegt eine solche Situation vor, spricht nichts dagegen, die AGB-Adressatin als schwächere Partei im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis anzusehen und die Ungewöhnlichkeitsregel auf das entsprechende Vertragsverhältnis anzuwenden. Das Verhandlungsbild bei Bauwerkverträgen ist häufig dadurch geprägt, dass sich Bieter den bauseits diktierten Vertragsinhalten, selbst wenn sie mehrdeutig oder für den Unternehmer ungünstig sind, unterwerfen müssen (GAUCH, Die praktische Gestaltung der Bauverträge, BRT 1993, S. 10). Die Klägerin selber führt denn auch aus, dass sich Modifikationen der Verjährungsfristen, wie die vorliegende, in den Subunternehmerverträgen durchwegs aller Generalunternehmungen fänden (act. 40 Rz. 17). Es ist notorisch, dass aus Sicht von Generalunternehmern ein starkes Bedürfnis besteht, ihren Hauptvertrag mit der Bauherrschaft und den Untervertrag mit dem Subunternehmer in gewissen Punkten zu koordinieren, denn das Risiko, rechtliche Nachteile aus einer unzureichenden Koordination der beiden Verträge zu erleiden, belastet grundsätzlich den Generalunternehmer (sog. Nahtstellenrisiko). In der Praxis gibt es eine Vielzahl von Klauseln, deren Zweck es ist, die Risiken aus ungenügender Koordination zu vermeiden bzw. die Auswirkungen solcher Risiken zu regeln. Das vertragliche Hinausschieben des Beginns von Prü- fungs-, Rügeund/oder Verjährungsfristen zur Sicherung des Rückgriffs eines Hauptunternehmers auf seine Subunternehmer ist eine davon (vgl. HÜRLIMANN, Koordination komplexer Bauverträge - was die Praxis lehrt, BRT 2005, S. 208 ff.). Die Beklagte hätte demnach kaum eine Chance, einen Auftrag für einen Generalunternehmer auszuführen, ohne eine solche Bestimmung unterzeichnen zu müs- sen. Wollte sie daher mit ernsthaften Chancen am Vergabeverfahren teilnehmen, blieb ihr keine andere Wahl, als die AVB der wirtschaftlich überlegenen Klägerin anzunehmen. Aufgrund dieser Umstände ist die Beklagte in der vorliegenden Vertragsbeziehung die schwächere Partei. Als solche muss sie sich global übernommene, ungewöhnliche AGB-Bestimmungen aber nicht entgegenhalten lassen. Nachdem die Beklagte als schwächere Partei ohnehin keine andere Wahl hatte, als die von der Klägerin einseitig vorformulierten Bedingungen zu unterzeichnen, lassen die konkreten Umstände und die allgemeine Erfahrung den Schluss zu, dass die Beklagte die Bestimmungen nicht einzeln zur Kenntnis genommen und deren jeweilige Tragweite erfasst hat, weshalb von einer Globalübernahme auszugehen ist.

          Das Werkvertragsrecht enthält eine überaus strenge Verjährungsordnung. Kennzeichnend sind kurze Verjährungsfristen und ein bestimmter Zeitpunkt, in dem der Fristenlauf beginnt. Diese Verjährungsordnung schafft für die Mängelhaftung eine verjährungsrechtliche Sonderstellung. Sie schafft Klarheit und dient insbesondere dem Schutz des Unternehmers, den sie schon nach kurzer und genau berechenbarer Zeit vom Risiko der Mängelhaftung und damit vom Zwang zu allfälligen Rückstellungen befreit (G AUCH, Werkvertrag, a.a.O., 2197 ff.). Ohne andere vertragliche Vereinbarung verjähren die Ansprüche des Bestellers eines unbeweglichen Werkes wegen allfälliger Mängel des Werkes gegen den Unternehmer sowie gegen den Architekten oder den Ingenieur, die zum Zwecke der Erstellung Dienste geleistet haben, mit Ablauf von fünf Jahren seit der Abnahme des Werkes (Art. 371 Abs. 2 OR). Insbesondere dieser Zeitpunkt des Beginns des Verjährungslaufes ist für das Werkvertragsrecht typisch. Bezeichnenderweise sieht auch die SIANorm 118, auf die von Generalunternehmern bekanntlich häufig verwiesen wird

          und welche auch vorliegend zum Vertragsbestandteil erhoben wurde, denselben Zeitpunkt für den Beginn der Verjährungsfrist vor (Art. 180 Abs. 1 SIA-Norm 118). Dass die Verjährung des Werkes eines Unternehmers trotz Abnahme erst später mit der Abnahme des Gesamtwerkes beginnen soll, dient zwar dem Koordinationsbedürfnis des Generalunternehmers, widerspricht aber dem Sinn und Zweck der strengen Verjährungsvorschriften und ist untypisch. Eine solche Regelung lässt den Subunternehmer gerade bei grösseren Bauprojekten, wie dem Vorliegenden, unter Umständen während Jahren im Unklaren darüber, ob er wegen Werkmängeln in Anspruch genommen wird, und sie zwingt ihn gegebenenfalls zur Bildung entsprechender Rückstellungen, was ihn wiederum in seinem wirtschaftlichen Fortkommen beeinträchtigen kann. Das Koordinationsbedürfnis seitens der Generalunternehmer darf auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die verschiedenen Verträge, welche in ihrer Gesamtheit für die Realisierung eines Bauprojektes erforderlich sind, grundsätzlich rechtlich selbständig und unabhängig sind. Ein Subunternehmer braucht sich daher um den Vertrag des Generalunternehmers mit dem Bauherrn nicht zu kümmern und darf grundsätzlich davon ausgehen, dass sein Vertrag von allfälligen anderen Verträgen mit anderen Unternehmern unabhängig ist. Die für die Beklagte unterzeichnenden Personen mussten deshalb nicht damit rechnen, dass damit die Verjährung in Abweichung der gängigen werkvertraglichen Regeln und der SIA-Norm 118 nicht mit der Abnahme des Werks der Beklagten, sondern erst in einem späteren, zudem nicht bestimmbaren und von ihr ohnehin nicht beeinflussbaren Zeitpunkt beginnt. Die umstrittene Klausel ist daher als geschäftsfremd und sowohl objektiv als auch subjektiv als ungewöhnlich zu qualifizieren.

          Eine solche Klausel wäre höchstens dann wirksam, wenn die Adressatin darauf hingewiesen worden wäre. Die Klägerin behauptet nicht, dass sie die Beklagte auf diese ungewöhnliche Bestimmung besonders aufmerksam gemacht hat. Die Beklagte hätte auch aufgrund der Gestaltung der AVB und der Klausel nicht auf diese aufmerksam werden müssen. Die Klausel befindet sich an wenig prominenter Stelle (Seite fünf von sieben, Ziffer 35 von 38) nach einer Reihe von für den Unternehmer weitaus weniger bedeutsamen Bestimmungen wie Bauwesenversiche-

          rung, Kranbenützung und Kanalreinigung in einem gedrängt und unübersichtlich gestalteten Abschnitt, ohne optisch besonders hervorgehoben zu sein.

        3. Demnach ist die Abrede über den Beginn der Verjährungsfrist in Ziffer

35.2 der AVB zufolge Ungewöhnlichkeit ungültig und entfaltet keine Rechtswirkungen. Auf die Verjährung sind aufgrund der Verweisung die Regeln der SIANorm 118 anzuwenden.

      1. Ermittlung des Verjährungszeitpunktes

        Nach Art. 180 Abs. 1 SIA-Norm 118 verjähren die Mängelrechte des Bauherrn fünf Jahre nach Abnahme des Werks. Ein Werk gilt grundsätzlich als abgenommen, wenn es vollendet ist, die Vollendung dem Bauherrn angezeigt wurde und die gemeinsame Prüfung vorgenommen wurde. Die Vollendungsanzeige ist an kein Formerfordernis geknüpft; sie kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Erforderlich ist indessen, dass es sich bei der Anzeige um eine Mitteilung des Unternehmers handelt. Eine stillschweigende Anzeige durch konkludentes Verhalten ist grundsätzlich ausgeschlossen. Hingegen kann die Anzeige (als stillschweigend mitverstandener Inhalt) in einer andern Erklärung mitenthalten sein (G AUCH, SIANorm 118, a.a.O., Anm. 9 zu Art. 158). Die Übermittlung einer Schlussrechnung an den Bauherrn oder die Bauleitung kann eine konkludente Vollendungserklä- rung enthalten (vgl. HÜRLIMANN, Werkabnahme gemäss SIA-Norm 118 und die Mängelhaftung, BRT 2007, S. 142; Urteil des Bundesgerichts 4C.301/2003 vom 4. Februar 2004, E. 4.1; Urteil des Bundesgerichts 4C.34/2005 vom 18. August 2005, E. 5.1). Überdies sieht Art. 158 Abs. 1 SIA-Norm 118 eine Fiktion der Vollendungsanzeige bei Ingebrauchnahme des vollendendeten Werks vor. Unterbleibt nach erfolgter Vollendungsanzeige die gemeinsame Prüfung innert Monatsfrist deswegen, weil entweder keine der Parteien die Prüfung verlangt oder seitens des Bauherrn die Mitwirkung unterlassen wird, so gilt das Werk mit Ablauf dieser Frist dennoch als abgenommen (Art. 164 Abs. 1 SIA-Norm 118). Die AVB enthalten unter dem Titel Abnahme eine die SIA-Bestimmungen teilweise modifizierende, aber vorliegend nicht relevante Regelung. Namentlich sieht Ziff. 35.1 vor, dass die Ingebrauchnahme des Werks zu keiner Fiktion der Vollendungsanzeige im Sinne von Art. 158 Abs. 1 SIA-Norm 118 führt (act. 41/63).

        1. Keine der Parteien hat behauptet, es habe eine gemeinsame Prüfung des Werks stattgefunden bzw. eine der Parteien habe eine solche verlangt. Es ist demnach davon auszugehen, dass keine solche erfolgt ist. Die Klägerin bestritt jedoch nicht, dass die Beklagte ihr Werk am 2. November 1998 vollendet hat und anschliessend der Klägerin die vom 6. November 1998 datierende Schlussrechnung zugestellt hat. Unbestritten blieb sodann auch, dass diese Rechnung am 16. Februar 1999 vollständig bezahlt wurde (act. 16 S. 7). Da eine Schlussrechnung nur zugestellt wird, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, ist darin eine Vollendungserklärung mitenthalten. Die Schlussrechnung wurde von der Klägerin sodann auch entgegengenommen und vollständig bezahlt. Aus den Akten geht nicht hervor, wann die Klägerin die Rechnung erhalten hat. Der spätest mögliche Zeitpunkt ist jedoch das Datum der Zahlung, nämlich der 16. Februar 1999. Nach den vorstehend dargestellten Regeln erfolgte somit die Abnahme spätestens einen Monat nach diesem Datum, namentlich am 16. März 1999. Mit der Abnahme begann auch die Verjährungsfrist. Diese endete demnach spätestens am 16. März 2004.

        2. Wie bereits festgestellt hat die Beklagte erstmals am 26. Mai 2004 eine Verjährungsverzichtserklärung abgegeben, welche den Hinweis enthielt, dass sie für bereits verjährte Ansprüche nicht gelte (act. 4/34a). Das erste Sühnbegehren erfolgte am 13. Mai 2005 (act. 4/37). Da die Verjährung spätestens am 16. März 2004 eingetreten war, waren die Verzichtserklärung vom 26. Mai 2004 und alle nachfolgenden Unterbrechungshandlungen wirkungslos. Dies wäre auch der Fall, wenn man auf spätere Verjährungseintritte im Sinne der beklagtischen Ausfüh- rungen abstellen würde (siehe oben Ziff. 4.2.1.).

4.5. Fazit

Die Mängelansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten sind verjährt, weshalb die Klage abzuweisen ist. Selbst wenn die Mängelansprüche noch nicht verjährt wären, wäre die Klage mangels rechtzeitiger Mängelrüge abzuweisen, wie noch zu zeigen sein wird.

  1. Mängelrüge

    1. Unbestrittener Sachverhalt

      Bezüglich der unstreitigen tatsächlichen Umstände betreffend die Fertigstellung des Werks der Beklagten, die Stellung der Schlussrechnung und die Abnahme des Teilobjekts H. durch die Bauherrschaft kann auf vorstehende Feststellungen bezüglich der Verjährung verwiesen werden. Unstrittig ist sodann, dass die Bauherrschaft schon bald nach der Ablieferung bei der Klägerin beanstandete, dass die vertraglichen Raumtemperaturen in bestimmten Räumen auf Ebene C des Teilobjekts H. nicht erzielt würden und mit der Klägerin nach Verbesserungsmöglichkeiten im Bereich der Wärmedämmung und bei den Voreinstellungen der Heizanlage suchte (act. 1 Rz. 13). Hierzu wurde seitens der Bauherrschaft ein Bericht eines Haustechnikers eingeholt (act. 4/18). Mit Schreiben vom

      7. Oktober 2002 erhob die Bauherrschaft bei der Klägerin sodann eine offizielle Mängelrüge (act. 73 S. 4, act. 1 Rz. 13, act. 4/19). Die Beklagte behauptete in ihrer (ergänzenden) Klageantwort, seit dieser Mängelrüge seien der Klägerin die Mängel am Teilobjekt H. bekannt (act. 73 S. 5). Diese Behauptung wurde von der Klägerin in ihrer (ergänzenden) Replik nicht in Abrede gestellt, weshalb sie unbestritten ist (act. 76 Rz. 8). Unbestritten ist auch, dass die Parteien insofern eine von der gesetzlichen Ordnung abweichende Rügeordnung vereinbart haben, als sie grundsätzlich, d.h. vorbehältlich anderer Bestimmungen in den AVB, die SIA-Norm 118 vereinbart haben (act. 41/63, Ziff. 1.2). Unbestrittenermassen modifizieren die vereinbarten AVB indessen die Rügeordnung der SIANorm 118 aber insofern, als sie folgendes vorsehen (act. 41/63, Ziff. 35.2 und 35.3):

      35.2 Haftung für Mängel Fristbeginn

      Die gemeinsame Prüfung und die Abnahme des vom Subunternehmer hergestellten Werkes erfolgen gemäss Art. 157 ff. SIA-Norm 118. Das Ende der Garantieund Verjährungsfristen wird jedoch nicht von der Abnahme, bzw. Teilabnahme an berechnet, sondern erst ab der Abnahme des von der Generalunternehmung hergestellten Werkes durch den Bauherrn, wenn

      diese Abnahme später als die Abnahme des Werkes des Subunternehmers durch die Generalunternehmung erfolgt.

      Rügefrist nach Ablauf der Garantiezeit

      Art. 179 Abs. 2 und 3 SIA-Norm 118 wird dahingehend geändert, dass die Generalunternehmung auch nach Ablauf der zweijährigen Garantiefrist jederzeit rügen darf und von der Pflicht zur Sofort-Rüge entbunden ist, solange seine Mängelrechte für den betreffenden Mangel noch nicht verjährt sind.

      ( )

      35.3 Garantiefrist

      Garantiefrist (Rügefrist)

      Die Garantie im Sinne von Art. 172 ff der SIA-Norm 118 endet zwei Jahre nach Abnahme des Bauobjektes durch die Bauherrschaft (Bereitschaft zur Ingebrauchnahme).

      ( )

    2. Standpunkt der Beklagten

      Die Beklagte erhebt den Einwand, die Mängelrüge sei verspätet erfolgt. Das Schreiben der Klägerin vom 19. September 2003 an die ARGE G. /B. sei keine korrekte Mängelrüge, da die Beklagte nicht gewusst habe, ob sie nun betroffen sei oder nicht. Es sei nicht erkennbar gewesen, ob ihre Arbeit gerügt werde oder nicht. Darüber hinaus sei dieses Schreiben, selbst wenn es eine korrekte Mängelrüge gewesen wäre, verspätet. Am 28. Januar 2004 sei zwar eine

      Mängelrüge an die G.

      AG ergangen, nicht jedoch an die Beklagte. Diese

      habe erst am 7. Mai 2004 eine offizielle Mängelrüge erhalten (act. 73 S. 4 f.). In ihrer (ergänzenden) Duplik erhob die Beklagte sodann noch den Einwand, sämtliche als Mängelrüge in Frage kommenden Schreiben seien verspätet, weil Ziffer

      32.2 der AVB (recte: 35.2) ungewöhnlich im Sinne der Ungewöhnlichkeitsregel sei. Die Beklagte habe nicht damit rechnen müssen, dass in den AVB eine so zentrale Bestimmung wie Art. 179 SIA-Norm 118 abgeändert werde, da eine solch gewichtige Änderung der Rügefrist zwingend in der Hauptvereinbarung und nicht in den kleingedruckten AVB enthalten sein müsse (act. 79 S. 5).

    3. Standpunkt der Klägerin

      Die Klägerin stellt sich auf den Standpunkt, ihre Mängelrüge sei rechtzeitig erfolgt und stützt sich dabei auf die modifizierte Rügeordnung in den Art. 35.2 der AVB. Danach könne sie auch nach Ablauf der zweijährigen Garantiefrist jederzeit rügen und sei von der Pflicht zur Sofortrüge entbunden, solange ihre Mängelrechte noch nicht verjährt seien (act. 76 Rz. 8.3). In ihrer Stellungnahme zu den Neuerungen in der Duplik, welche diesbezüglich zuzulassen ist, macht sie geltend, eine solche Regelung sei Standard in Verträgen zwischen Generalunternehmern und Subunternehmern und somit nicht ungewöhnlich. Ohne eine solche Regelung könne kaum je eine Rüge der Bauherrschaft rechtzeitig weitergegeben werden. Der Beklagten und ihren Organen sei bekannt gewesen, dass im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses praktisch alle Generalunternehmer Regelungen gleichartigen Inhalts in ihren Subunternehmerverträgen oder den AVB zu diesen hatten. Sodann macht die Klägerin geltend, sie habe bereits mit Schreiben vom 19. September 2003 (act. 74/4) an die ARGE G. /B. Mängelrüge erhoben (act.

      76 Rz. 8.1). Auch das Schreiben vom 28. Januar 2004 an die ARGE G. /B. (act. 4/25) stelle eine Mängelrüge an die Beklagte dar (act. 1 Rz. 15). Das Schreiben vom 7. Mai 2004 (act. 4/27) sei nur die nochmalige Bestä- tigung der längst erhobenen Rüge (act. 76 Rz. 8.2).

    4. Rechtliches und Subsumtion

      1. Zulässigkeit der Rügefristmodifikation

        Die Vorschriften der Mängelhaftung (Art. 367-371 OR) enthalten grundsätzlich dispositives Recht, weshalb in den Schranken der Rechtsordnung davon abweichende Vereinbarungen gültig getroffen werden können (G AUCH, Werkvertrag, a.a.O., N 2463). Es steht den Parteien demnach frei, stattdessen die Bestimmungen der SIA-Norm 118 oder eine andere Rügeordnung zu vereinbaren. Die SIANorm 118 sieht in Abweichung der gesetzlichen Bestimmungen eine Garantiefrist von zwei Jahren vor, welche mit dem Tag der Abnahme zu laufen beginnt, innert welcher der Bauherr Mängel aller Art jederzeit rügen kann (Art. 172 und 173 SIANorm 118). Nach Ablauf dieser Rügefrist haftet der Unternehmer nur noch für verdeckte Mängel, sofern sie sofort nach Entdeckung gerügt werden und nicht bereits bei der gemeinsamen Prüfung hätten erkannt werden müssen (Art. 179 SIANorm 118). Die Parteien haben die Rügeordnung der SIA-Norm 118 zulässigerweise modifiziert.

        Es ist jedoch zu prüfen, ob die vereinbarte Rügeordnung wegen Ungewöhnlichkeit unwirksam ist.

      2. Wirksamkeit der Rügefristmodifikation

        1. Bezüglich der tatsächlichen Umstände des Vertragsschlusses und der Stellung der Parteien sowie der theoretischen Ausführungen im Zusammenhang mit der Frage der Ungewöhnlichkeit kann auf die vorstehenden Ausführungen zur Ungewöhnlichkeit der Verjährungsbestimmungen verwiesen werden. Auch in Bezug auf die Rügeordnung sind die AVB als allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, welchen die Beklagte global zugestimmt hat. Auch hier ist die Beklagte aus den oben dargelegten Gründen (Ziff. 4.4.2.2.) als schwächere Partei einzustufen. Wie die Klägerin selber ausführt, waren vertragliche Abänderungen der Sofortrügefrist für verdeckte Mängel damals wie heute Standard in den Verträgen zwischen den Generalunternehmern und ihren Subunternehmern (act. 83

          S. 2). Im Ergebnis hatte die Beklagte demnach keine andere Wahl, als die AVB mit der modifizierten Rügeordnung zu unterzeichnen. Es bleibt daher zu prüfen, ob die vereinbarte Rügeordnung, namentlich die Entbindung von der SofortRügepflicht auch nach Ablauf der Garantiefrist objektiv und subjektiv ungewöhnlich ist.

        2. Die gesetzliche Rügeordnung des Werkvertragsrechts ist bekanntlich sehr streng. Der Besteller hat nach Ablieferung seines Werkes, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, dessen Beschaffenheit zu prüfen und den Unternehmer von allfälligen Mängeln in Kenntnis zu setzen (art. 367 Abs. 1 OR). Bei versteckten Mängeln muss die Anzeige sofort nach der Entdeckung des Mangels erfolgen (Art. 370 Abs. 2 OR). Diese strengen Prüfungsund Rügeobliegenheiten dienen dem Schutze des Unternehmers, der möglichst rasch Gewissheit darüber erhalten soll, ob das Werk vom Besteller genehmigt oder beanstandet wird (G AUCH, Werkvertrag, a.a.O., Rz. 2108). Die SIA-Norm 118 entschärft die gesetzliche Rügeordnung zwar insofern, als dass ab Werkabnahme

          eine zweijährige Garantiefrist läuft, während welcher der Bauherr Mängel aller Art jederzeit rügen kann (Art. 173 Abs. 1 SIA-Norm 118). Erst nach der Garantiefrist entdeckte Mängel sind jedoch auch nach dieser SIA-Norm sofort nach ihrer Entdeckung zu rügen (Art. 179 Abs. 2 SIA-Norm 118). Die Rügeordnung gemäss AVB weicht von den beschriebenen Bestimmungen aber erheblich ab, indem sie im Ergebnis dazu führt, dass die Garantiefrist auf die gesamte Dauer der Verjäh- rungsfrist erstreckt wird. Diese für den Subunternehmer bereits äusserst nachteilige Situation wird noch dadurch verschärft, dass die Verjährungsfrist aufgrund vertraglicher Modifikation des Fristbeginns allenfalls erst Jahre nach Beendigung seiner Arbeit beginnt. Dies führt dazu, dass der Unternehmer unter Umständen während vieler Jahre im Ungewissen darüber sein kann, ob er wegen Mängeln belangt wird, selbst wenn er seine Arbeit schon lange beendet hat und Mängel längst entdeckt wurden. Nachdem sogar die SIA-Norm 118 nicht einmal so weit geht, muss eine solche Klausel als zweckund geschäftsfremd bezeichnet werden.

        3. Die Klägerin behauptet nicht, dass die Beklagte auf diese ungewöhnliche Bestimmung besonders aufmerksam gemacht worden sei. Die Beklagte hätte auch aufgrund der Gestaltung der AVB und der Klausel nicht auf diese aufmerksam werden müssen. Wie die Modifikation der Verjährungsordnung finden sich die Klauseln erst gegen Ende der AVB und sind optisch nicht besonders hervorgehoben. Demnach ist das jederzeitige Rügerecht nach Ablauf der mit Abnahme des Gesamtwerks durch die Bauherrschaft laufenden Garantiefrist in Ziff. 35.2 und Ziff. 35.3 der AVB zufolge Ungewöhnlichkeit ungültig und entfaltet keine Rechtswirkungen.

      1. Rechtzeitigkeit der Mängelrüge

        1. Die Frage, ob die Mängelrüge rechtzeitig erfolgt ist, beurteilt sich zufolge des Verweises in den AVB (act. 41/63 Ziff. 1.2) nach den Bestimmungen der SIANorm 118. Art. 172 und 173 SIA-Norm 118 sehen in Abweichung der gesetzlichen Bestimmungen eine Garantiefrist von zwei Jahren vor, welche mit dem Tag der Abnahme zu laufen beginnt, innert welcher der Bauherr Mängel aller Art jederzeit rügen kann. Nach Ablauf dieser Rügefrist haftet der Unternehmer nur noch für

          verdeckte Mängel, sofern sie sofort nach Entdeckung gerügt werden und nicht bereits bei der gemeinsamen Prüfung hätten erkannt werden müssen (Art. 179 SIANorm 118). Die SIA-Norm 118 definiert selber, was als verdeckter Mangel zu gelten hat. Dabei handelt es sich um Mängel, die der Bauherr erst nach Ablauf der Garantiefrist entdeckt (Art. 179 Abs. 1 SIA-Norm 118). Der Begriff der Entdeckung wurde aus Art. 370 Abs. 3 OR übernommen. Danach gilt ein Mangel als entdeckt, wenn der Bauherr über dessen Vorliegen Gewissheit erlangt hat und er den Mangel zweifelsfrei kennt (GAUCH, Werkvertrag, a.a.O., N 2182). Sofort heisst unverzüglich, mithin innerhalb einer kurzen Erklärungsfrist, die der Bauherr braucht, um den Entschluss zur Mängelrüge mit tunlicher Beschleunigung zu fassen und dann rasch auszuführen (GAUCH, Kommentar zur SIA-Norm 118, a.a.O., Anm. 5 zu Art. 173).

        2. Das Werk der Beklagten wurde spätestens am 16. März 1999 abgenommen, wobei betreffend die Ermittlung dieses Zeitpunktes auf die entsprechenden Ausführungen zur Verjährung verwiesen werden kann (Ziff. 4.4.3.). Die Garantiefrist endete zwei Jahre nach der Abnahme und somit spätestens am 16. März

2001. Die Klägerin erhielt von den Mängeln am Teilobjekt H.

unbestrittenermassen im Zeitpunkt der Rüge durch die Bauherrschaft am 7. Oktober 2002 Kenntnis. Dies gilt umso mehr, als dieser Rüge ein Bericht vorausging, der sich eingehend zu den Ursachen der ungenügenden Raumtemperaturen äusserte und unter anderem auch den Bodenaufbau beanstandete (act. 4/18) und die Bauherrschaft mit der Klägerin bereits vor der offiziellen Rüge nach Verbesserungsmög- lichkeiten suchte. Es ist daher davon auszugehen, dass die Klägerin spätestens am 7. Oktober 2002 die Mängel erkannt hat und den betroffenen Arbeitsgattungen zuordnen konnte. Da der Mangel demnach erst nach Ablauf der Garantiefrist entdeckt wurde, handelt es sich - nach SIA-Norm - um einen verdeckten Mangel im Sinne von Art. 179 Abs. 1 SIA-Norm 118. Zu diesem Ergebnis würde man selbst dann gelangen, wenn man für die Bestimmung des Beginns der Garantiefrist Art.

35.3 der AVB anwenden würde, welcher vorsieht, dass die Garantie zwei Jahre nach der Abnahme des Bauobjektes durch die Bauherrschaft beginnt, welche am

31. Mai 1999 stattgefunden hat. Die früheste von der Klägerin behauptete Män- gelrüge erfolgte ihren Angaben gemäss am 19. September 2003 und somit knapp

ein Jahr nach Entdeckung des Mangels. Die Mängelrüge der Klägerin ist somit - selbst wenn sie hinreichend substantiiert wäre, was strittig ist - verspätet.

5.5. Fazit

Die Mängelrüge der Klägerin an die Beklagte ist verspätet, weshalb die Klage abzuweisen ist. Selbst wenn die Mängelrüge rechtzeitig erfolgt wäre, wäre die Klage abzuweisen, wie noch zu zeigen ist.

  1. Werkmangel

    1. Standpunkt der Klägerin

      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, in allen Büroräumen der Ebene C

      des Teilobjekts H.

      seien die vertraglich zugesicherten Raumtemperaturen

      gemäss Dokument 5 der GU-Ausschreibung (mind. 20 Grad, in planerisch festgelegten bestimmten Räumen mind. 22 Grad) um 2-3 Grad unterschritten worden. (act. 1 Rz. 14). Die unzureichenden Temperaturen seien insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Beklagte über der Bodenheizung eine Plastik-Folie verlegt habe. Dass die Beklagte diese Folie verlegt habe, ergebe sich aus einem Schreiben (act. 4/45), das die Beklagte selber verfasst habe. Die Beklagte habe diese Folie nicht oberhalb der Heizungsrohre verlegen dürfen, weil sie so die Wärmeabgabe der Bodenheizungsrohre nach oben beeinträchtigt habe. Die dadurch bewirkte Reduktion der an die Böden abgegebenen Wärme habe für sich allein die Unterschreitung der Raumtemperaturen verursacht. Im Sinne einer Eventualbehauptung brachte sie vor, dass eine zu grosse Distanz zwischen den Bodenheizungsrohren einen Teil zu dieser Unterschreitung beigetragen habe (act. 1 Rz. 19

      f. und act. 76 Rz. 10.3). Die Folie sei von der Beklagten verlegt worden, um die dünnflüssige Masse des Unterlagsbodens daran zu hindern, durch die Fugen der Dämmung zu sickern. Die Folie habe demnach der Beklagten bei der Ausführung ihres Werkes gedient und sei deshalb Teil ihres Werkes gewesen (act. 76 Rz. 10.4). Selbst wenn nicht die Beklagte, sondern ein Vorunternehmer die Folie verlegt hätte, müsste sich die Beklagte für die durch diese Massnahme entstandene Hemmung des Wärmedurchlasses verantworten. Gemäss der SIA-Norm

      251/2008 müsse ein Unterlagsboden so verlegt werden, dass er die Heizleistung nicht vermindere. Hierzu müsse er die Heizrohre direkt umschliessen. Da die Beklagte nicht habe übersehen können, dass auf den Heizrohren eine Folie liege, hätte sie ihre Arbeit nicht ausführen dürfen, ohne die Klägerin zuerst darauf hinzuweisen und abzumahnen (act. 76 Rz. 10.6). In ihrer (ergänzenden) Replik erweiterte die Klägerin ihre Behauptungen insofern, als sie geltend machte, der von der Beklagten verlegte Unterlagsboden biete auch abgesehen von der umstrittenen Folie keinen genügenden Wärmedurchlass (act. 76 Rz. 10.7).

    2. Standpunkt der Beklagten

      Die Beklagte bestreitet die geltend gemachte Unterschreitung der Raumtemperaturen nicht. Sie macht jedoch geltend, dass das Problem auf fehlerhafte Planung, namentlich fehlerhafte Dimensionierung der Heizleistung, zurückzuführen sei, was sich auch aus der vorsorglichen Expertise ergebe. Die Beklagte habe den Boden gemäss Werkvertrag und somit mängelfrei erstellt. Die Plastikfolie sei von der Beklagten weder geliefert, noch verlegt noch verrechnet worden. Sie sei auch nicht Teil des Werkes der Beklagten. Die Klägerin habe diese Folie im Laufe der Bauausführung der I. AG als Nachtragsofferte genehmigt und auch bezahlt (act. 73 S. 5 ff.). Das Verlegen der Folie sei Teil des Auftrages dieser Heizungsfirma gewesen (act. 79 S. 7). Weiter bringt die Beklagte vor, dass die Folie eine Bedingung für das Eingiessen des Fliessbodens gewesen sei, da dieser Typus von Boden bekanntlich flüssig verlegt werde. Wer einen solchen Boden bei der Beklagten bestelle, wisse das und müsse die Heizleistung entsprechend dimensionieren. Es sei nicht Sache der Beklagten, die Klägerin abzumahnen, die Heizleistung könnte allenfalls oder möglicherweise durch ihre Arbeit beeinträchtigt werden. Das sei klar Bestandteil der Planung (act. 79 S. 7).

    3. Unstreitige Tatsachen

      Fest steht, dass die vertraglichen Raumtemperaturen in allen Räumen auf der Ebene C des Teilobjekts H. unterschritten wurden. Ebenso blieb unbestritten, dass in diesem Räumen oberhalb der Bodenheizung eine Plastikfolie verlegt wurde. Über dieser Plastikfolie hat die Beklagte unstreitig eine Schicht Fliessestrich verlegt. Der von der Beklagten in den Büros auf Ebene C des Teilobjekts H. zu erbringende Bodenaufbau ergibt sich aus dem vom Architekturbüro

      L.

      ag erstellten Bodenaufbauplan (act. 77/85 S. 22, vgl. nachstehende

      Abbildung).

      Dieser Plan war Gegenstand der Ausschreibungsunterlagen (vgl. act. 76 Ziff. 3.2) und wurde unbestrittenermassen Bestandteil des Werkvertrages zwischen der Klägerin und der ARGE G. /B. . Im Massstab 1:10 stellt er die verschiedenen Bodenschichten grafisch dar und bezeichnet die einzelnen Schichten. Namentlich sieht der Plan vor, dass über dem Klimaboden, welcher die Bodenheizung enthält, eine Schicht Fliessestrich von 4 cm liegt. Die Heizungsrohre sind dabei so dargestellt, dass sie in den Hohlräumen des Klimabodens liegen, wobei sie weder vom Fliessestrich umschlossen werden noch über anderweitige Kontaktstellen zu diesem verfügen. Die Fliessestrich-Schicht wird optisch mittels einer deutlichen horizontalen Linie von der darunterliegenden Schicht abgegrenzt (act. 77/85 S. 22). Dass der Werkvertrag hinsichtlich des Bodenaufbaus jemals angepasst bzw. ergänzt worden ist, wird von keiner Partei behauptet, sodass in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen ist, dass der vorstehend abgebildete Bodenaufbau dem übereinstimmenden gegenseitigen Willen der Parteien entsprach.

      Nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin sah der Werkvertrag mit der ARGE G. /B. keine Plastikfolie vor (act. 1 Rz. 21). Hingegen offerierte die für die Ausführung der Heizungsanlagen zuständige I. AG mit Nachtragsofferte vom 15. Oktober 1998 unter dem Titel F. , , H. Ebene C, Bodenisolation Bodenheizung die Lieferung und Montage von 1200 m2 Bodenisolation in Form einer Nockenplatte für Rohr sowie von 1200 m2 Plastikfolie für total CHF 18'240 (act. 4/14 letzte Seite). Mit Schreiben vom 30. Oktober 1998 bestätigte die Klägerin die Annahme der Nachtragsofferte vom 15. Oktober 1998 mit dem Vermerk bereinigt gemäss Besprechung im Betrag von CHF 17'514.15. Die Annahme der Nachtragsofferte enthält weiter den expliziten Hinweis, dass dieser Nachtrag zum integrierten Bestandteil des Werkvertrages werde (act. 4/14 zweitletzte Seite). Dass es sich dabei gerade um die umstrittene Trennlage handelt, wurde von der Klägerin in der Replik trotz entsprechender Behauptung der Beklagten in der Klageantwort (act. 73 S. 6 f.) nicht bestritten (act. 76 Rz. 10). Dass es noch weitere Plastikfolien gegeben habe, wurde von der Klägerin bis und mit zweitem Parteivortrag nicht behauptet. Dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme zu den Neuerungen in der Duplik (act. 83 S. 3) neu im Sinne einer Eventualbehauptung geltend machte, es seien zwei Plastikfolien verlegt worden, näm- lich eine durch den Heizungsunternehmer und eine durch die Beklagte ist unbeachtlich, da die Parteien mit Tatsachenbehauptungen, die sie nicht mit dem letzten Parteivortrag vorgebracht haben, grundsätzlich ausgeschlossen sind (§ 114

      ZPO-ZH). Eine Ausnahme im Sinne von § 115 ZPO-ZH liegt diesbezüglich nicht vor.

    4. Würdigung der vorsorglichen Expertise

      1. Mit Eingabe vom 23. Oktober 2004 reichte die Klägerin beim Kantonsgerichtspräsidium Zug unter anderem gegen die Beklagte ein Gesuch um Anordnung einer vorsorglichen Expertise, welches gestützt auf § 129 Ziff. 5 ZPO/Zug mit Verfügung des Einzelrichters im summarischen Verfahren des Kantonsgerichtspräsidiums Zug vom 10. Januar 2005 gutgeheissen wurde. Im Sinne einer

        vorsorglichen Beweisaufnahme wurde M. von der N. AG zum Experten ernannt und mit der Beantwortung folgender Fragen in einer Expertise beauftragt (act. 4/42 S. 6):

        Genügt die Heizleistung auf Ebene C des E. (H. ) Falls die Frage verneint werden sollte: In welchen Bereichen und in welchem Ausmass genügt die Heizleistung nicht und welches ist die Ursache oder sind die Ursachen

        Die Expertise wurde am 29. Juli 2005 erstellt und danach den Parteien zugestellt, mit dem Hinweis, dass diese die Ergänzung der Expertise oder die Bestimmung eines Oberexperten verlangen könnten. Lediglich die Klägerin beantragte die Stellung zweier Zusatzfragen, was jedoch abgelehnt wurde, weil sie nur die Tauglichkeit einer Sanierungsvariante zum Gegenstand hatten und deshalb über den Zweck der vorsorglichen Beweisaufnahme hinausgingen. Ansonsten hat sich keine der Parteien mehr zum Gutachten geäussert (act. 4/43 S. 2).

      2. Beide Parteien stützen sich zwar auf diese Expertise, sind sich jedoch über deren Auslegung und Bedeutung uneinig. Die Klägerin erkennt darin zwar die Beklagte belastende Aussagen, beantragt jedoch zum Beweis der Behauptung, dass die ungenügenden Temperaturen durch die mangelhafte Erstellung des Bodens durch die Beklagte verursacht wurden, eine weitere Expertise (act. 1 Rz. 20, act. 76 Rz. 9 und 10). Die Beklagte ist indessen der Meinung, die Expertise entlaste sie und stellt sich auf den Standpunkt, es handle sich dabei um ein Schiedsgutachten, allenfalls auch ein Schiedsurteil. Jedenfalls sei in Bezug auf die von der Expertise beantworteten Fragen der Beweis im vorliegenden Prozess schon abgenommen, weshalb sich eine Beweiswürdigung durch das Gericht erübrige und die Nennung weiterer Beweise bezüglich Mangelursache verwirkt sei (act. 73 S. 5 f., act. 79 S. 5 f.).

      3. Bei der vorliegenden vorsorglichen Expertise handelt es sich weder um ein Schiedsgutachten noch ein Schiedsurteil. Vielmehr ist sie ein vorsorglich abgenommener Beweis im Sinne von § 231 ZPO/ZH. Auf die vorsorgliche Beweisabnahme gelangen grundsätzlich die Vorschriften des ordentlichen Prozesses über die Beweisabnahme und über die einzelnen Beweismittel zur Anwendung, wobei

        beim Gutachten die Mitwirkungsrechte des Gegners zu beachten sind wie auch die Normen über die Bemängelung. Dagegen bleibt die Beweiswürdigung eines vorsorglich abgenommenen Beweises durch die Parteien wie durch den Richter dem Hauptprozess vorbehalten (FRANK/STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zür- cherischen Zivilprozessordnung, N 2 zu § 233). Es steht dem Richter zwar frei, auf Verlangen einer Partei die nochmalige Aufnahme oder Ergänzung des Beweises anzuordnen (FRANK/STRÄULI/MESSMER N 2 zu § 233; SCHLÄFLI, Die Sicherstellung gefährdeter Beweise nach schweizerischem Zivilprozessrecht, Diss., 1947,

        S. 102). Kein Anlass für die Anordnung einer neuen gerichtlichen Expertise besteht nach dem Gesagten dann, wenn weder gegen den Experten noch gegen die Art und Weise der vorgenommenen Untersuchung oder gegen die Begründung des Berichts Einwendungen erhoben worden sind und die Parteien Gelegenheit hatten, der Untersuchung beizuwohnen und ihre Erklärungen abzugeben. Diesfalls steht eine vorsorgliche Expertise in formeller Hinsicht einer im ordentlichen Verfahren erhobenen gleich (SCHLÄFLI, a.a.O., S. 102 f.). Eine Ergänzung bzw. Wiederholung des Gutachtens kann jedoch in Fällen angezeigt sein, in welchen das Gutachten unvollständig, unklar oder nicht gehörig begründet ist bzw. gänzlich ungenügend ist (§ 181 ZPO/ZH).

      4. Die vorliegende vorsorgliche Expertise ist ein vollwertiges Gutachten im Sinne der Zivilprozessordnung. Beide Parteien waren mit dem Vorgehen und der Wahl des Experten einverstanden und haben keinerlei Einwendungen dagegen erhoben, obwohl sie Gelegenheit dazu hatten. Im Rahmen ihrer Parteivorträge hatten die Parteien sodann auch hinreichend Gelegenheit sich zum Inhalt des Gutachtens zu äussern, was sie auch getan haben. Die Expertise ist begründet und es wird festgehalten, auf welche Grundlagen sie sich stützt. In Ziff. 3.6 äussert sich der Experte klar und in nachvollziehbarerweise zur hier im Zentrum stehenden Frage der Ursachen der Temperaturunterschreitung. Es besteht kein Grund, das Gutachten zu ergänzen bzw. zu wiederholen. Die Expertise nur deshalb zu ergänzen oder zu wiederholen, weil das Werk seither unverändert blieb, ist nicht angezeigt. Die Expertise äussert sich freilich auch zu seitens des Einzelrichters nicht gestellten Fragen, da der Gutachter (aus unbekannten Gründen) alle Fragen des von der Klägerin in ihrem Rechtsbegehren beantragten Fragenkata-

        logs beantwortet (act. 4/44 uns act. 4/44/1a). Dieses Vorgehen des Gutachters wurde jedoch von den Parteien nach Zustellung des Gutachtens nicht beanstandet. Erst in ihrer (ergänzenden) Replik macht die Klägerin geltend, die Antworten des Gutachters gingen über seinen Auftrag hinaus und seien deshalb im Umfang der Überschreitung nicht verwertbar (act. 76 Rz. 10.1). Mit dieser Argumentation setzt sich die Klägerin aber in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten, zumal sie es war, die gerade diese Fragen beantwortet haben wollte und gegen deren Beantwortung anfangs keine Einwendungen erhob. Der nun von ihr diesbezüglich erhobene Einwand kann daher keine Beachtung finden. Somit spricht nichts dagegen das Gutachten im Sinne der freien Beweiswürdigung voll zu würdigen und darauf abzustellen, soweit es für das vorliegende Urteil erforderlich ist.

      5. In der vorsorglichen Expertise wird festgestellt, dass im Winter, bei extremen Aussentemperaturen um - 8° C in den Büroräumen die geforderten Raumtemperaturen von 21°C ±1°C nicht erreicht werden (act. 4/44 Ziff. 3.5). Die Expertise nennt als Grund hierfür eine ungenügende Wärmeabgabe der Bodenheizung (44 % des Sollwertes), was auf zwei Ursachen zurückgeführt wird: Einerseits seien dafür zu grosse Verlegeabstände der Bodenheizungsrohre verantwortlich, wobei diese plangemäss verlegt worden seien (act. 4/44 Ziff. 3.6 und 3.8 ). Andererseits sei die unzureichende Wärmeabgabe auf fehlenden Kontakt der Bodenheizungsrohre mit dem Fliessestrich zurückzuführen, wobei der Bodenaufbau resp. die Lage der Bodenheizungsrohre im Lufthohlraum nicht fachgerecht sei. Weitere Ursachen für die ungenügenden Temperaturen nennt das Gutachten nicht, insbesondere wird der Bodenaufbau abgesehen vom fehlenden Kontakt der Heizungsrohre mit dem Fliessestrich nicht beanstandet (act. 4/44 Ziff. 3.6 und 3.9). Zum Bodenaufbauplan hält das Gutachten fest: Der Fliessestrich ist auf der unteren Seite horizontal dargestellt, also nicht in den Rillen der Polystyrolplatte. Eine Trennlage, die das Ausfüllen der Luftkammern in der Klimaplatte verhindert, ist nicht explizit genannt. Auch in dem vorliegenden Werkvertrag wurde eine Trenn-

        lage von dem Konsortium G. /B.

        AG im Geschoss C nicht verlangt.

        Der Unternehmer hat den Hohlboden nach dem Werkvertrag erstellt. Eine Rechnung für die Verlegung der PE Folie liegt nicht vor. (act. 4/44 Ziff. 3.3).

      6. Zwischenfazit

        Aufgrund der vorsorglichen Expertise steht fest, dass die unzureichenden Temperaturen unter anderem auf den fehlenden Kontakt der Bodenheizungsrohre mit dem Fliessestrich zurückzuführen sind. Auch im Bodenaufbauplan sind die Heizungsrohre nicht so dargestellt, dass sie über Kontaktstellen zum Estrich verfü- gen. Abgesehen von diesem fehlenden Kontakt ist der Bodenaufbau fachgerecht.

    5. Rechtliches und Subsumtion

      1. Werkmangel nach SIA-Norm 118

        1. Gemäss der von den Parteien übernommenen SIA-Norm 118 ist ein Mangel des Werkes im Sinne der Norm nur eine Abweichung des Werkes vom Vertrag. Der Mangel besteht entweder darin, dass das Werk eine zugesicherte oder sonstwie vereinbarte Eigenschaft nicht aufweist oder darin, dass ihm eine Eigenschaft fehlt, die der Bauherr auch ohne besondere Vereinbarung in guten Treuen erwarten durfte (Art. 166 Abs. 1 und 2 SIA-Norm 118). Kein Mangel ist ein vertragswidriger Zustand des Werkes (oder Werkteils), den ausschliesslich der Bauherr oder eine Hilfsperson des Bauherrn verschuldet hat, insbesondere ein Zustand, der auf einen Fehler in den Ausführungsunterlagen zurückzuführen ist. Kein Selbstverschulden des Bauherrn liegt vor, wenn der Unternehmer seine Anzeigeoder Abmahnungspflicht verletzt hat (Art. 166 Abs. 4 SIA-Norm 118).

        2. Im Bodenaufbauplan für die Büroräume der Ebene C des Teilobjekts H. (act. 77/85 S. 22, vgl. vorstehende Abbildung S. 33) ist - wie auch das Gutachten festhält - kein Kontakt zwischen den Heizungsrohren und dem Fliessestrich vorgesehen. Dies zeigt sich deutlich daran, dass die Rillen in welchen die Bodenheizungsrohre liegen, nicht grau eingefärbt sind wie der darüber liegende Fliessestrich, sondern als weisse Flächen erscheinen. Der so dargestellte Bodenaufbau konnte nur durch eine Trennlage oberhalb der Bodenheizung erzielt werden. Eine solche Trennlage wurde unbestrittenermassen in Form einer Plastikfolie

          verlegt. Strittig geblieben ist indessen, wer die Folie verlegt hat. Diese Frage kann jedoch, wie noch zu zeigen sein wird, offengelassen werden.

        3. Die Klägerin möchte den Eindruck erwecken, die Folie sei ohne ihr Zutun eigenmächtig verlegt worden. Dies trifft jedoch nicht zu. Indem die ARGE I. /J. die Montage dieser Folie in einer Nachtragsofferte der Klägerin angeboten und die Klägerin diese Nachtragsofferte genehmigt hat, wurde Lieferung und Montage dieser Folie klar Bestandteil des zwischen der Klägerin und der

          ARGE I. /J.

          bestehenden Werkvertrages. Der auf der Genehmigung

          der Offerte angebrachte Vermerk bereinigt gemäss Besprechung zeigt sogar, dass die Offerte nicht unbesehen genehmigt wurde, sondern noch Gegenstand von Verhandlungen war. Die Beklagte behauptet somit zu Recht, dass das Liefern und Verlegen der Folie nicht Teil ihres Werkes gewesen sei. Vielmehr war die ARGE I. /J. vertraglich verpflichtet, die Folie zu liefern und zu verlegen. Ob die Folie vertragsgemäss verlegt wurde, ist daher allein nach der Vereinbarung zwischen der ARGE I. /J. und der Klägerin zu beurteilen. Sollte eine andere Position dieser Folie innerhalb des Bodenaufbaus vereinbart wor-

          den sein, so hätte sich die Klägerin an die ARGE I. /J.

          zu halten,

          selbst wenn die Folie durch einen Dritten - zum Beispiel die Beklagte - verlegt worden sein sollte, da in Bezug auf die Plastikfolie allein die ARGE

          I. /J.

          Vertragspartner war und die entsprechenden Vereinbarungen

          kannte. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Folie der Beklagten bei der Ausführung ihres Werkes diente. Selbst wenn die Beklagte die Folie verlegt haben sollte, was sie im Schreiben an die Klägerin vom 20. Februar 2004 tatsächlich noch bekundete (act. 4/45), hätte sie allein damit keine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin verletzt. Der gemäss Expertise für die ungenügenden Raumtemperaturen (mit)ursächliche Umstand, dass die Bodenheizungsrohre keinen Kontakt zum Fliessestrich haben, war im Werkvertrag so vorgesehen. Die Beklagte hat sich an diesen Werkvertrag gehalten, indem sie den Fliessestrich so verlegt hat, dass er keinen Kontakt zu den Heizungsrohren aufwies. Auch aus dem von der Klägerin angerufenen und eingereichten Auszug aus der SIA-Norm 251 ergibt sich nicht, dass es unzulässig wäre, Fliessestrich über eine über der Bodenheizung liegende Plastikfolie zu verlegen bzw. dass es vorgeschrieben ist, dass der Estrich die Heizungsrohre umschliessen muss (act. 77/87). Auch das Gutachten kommt zum Schluss, dass der Unternehmer den Hohlboden nach dem Werkvertrag erstellt habe (act. 4/44 S. 3). Die Ursache der ungenügenden Raumtemperaturen liegt somit, wie die Beklagte richtig ausführt, in der fehlerhaften Planung. Entweder wurde der Bodenaufbau falsch geplant bzw. in den Plänen fehlerhaft dargestellt oder der Bodenaufbau war tatsächlich so vorgesehen, aber eine ungenügende Beheizung projektiert. Diese Planungsfehler können grundsätzlich nicht der Beklagten angelastet werden.

              1. Verletzung der Abmahnungspflicht

                Der Unternehmer haftet grundsätzlich nicht für einen vertragswidrigen Zustand des Werkes, der seine Ursache in der Unrichtigkeit der bekanntgegebenen Anforderungen, Gegebenheiten und Annahmen hat. Ein solcher Zustand ist vom Bauherrn selbstverschuldet und deshalb kein Mangel im Sinne der Norm (Art. 166 Abs. 4 SIA-Norm 118). Vorbehalten bleibt jedoch der Fall, da der Unternehmer eine bestehende Anzeigeoder Abmahnungspflicht verletzt hat (Art. 166 Abs. 4 SIA-Norm 118 und Art. 25 SIA-Norm 118). Der Unternehmer hat die ihm übergebenen Pläne und den von ihm zu bearbeitenden Baugrund nur dann zu prüfen, wenn der Bauherr weder durch eine Bauleitung vertreten noch selbst sachverständig, noch durch einen beigezogenen Sachverständigen beraten ist. In jedem Fall hat der Unternehmer Unstimmigkeiten oder andere Mängel, die er bei der Ausführung seiner Arbeit erkennt, unverzüglich gemäss Abs. 1 und 2 anzuzeigen und die Bauleitung auf nachteilige Folgen aufmerksam zu machen (Art. 25 Abs. 3 SIA-Norm 118). Verletzt er diese Pflicht, so fallen nachteilige Folgen ihm selbst zur Last; es sei denn, die Bauleitung habe von den betreffenden Verhältnissen auch ohne Anzeige Kenntnis gehabt (Art. 25 Abs. 1 SIA-Norm 118).

                Der vorliegende Bodenaufbauplan (act. 4/15) ist ein Plan im Sinne von Art. 25 Abs. 3 SIA-Norm 118. Der Plan wurde von einem Architekturbüro erstellt, womit die Klägerin sachverständig beraten war. Die Beklagte hatte die Konformität des geplanten Bodenaufbaus mit den Regeln der Baukunst demnach nicht zu überprüfen. Da der geplante Bodenaufbau eine Trennlage zwischen Klimaboden und Fliessestrich erforderlich machte, stellte eine solche aus Sicht der Beklagten kei-

                ne Unstimmigkeit im Sinne von Art. 25 Abs. 3 SIA-Norm 118 dar, welche sie der Klägerin hätte anzeigen müssen. Ohne eine solche Trennlage hätte die Beklagte den Fliessestrich nicht gemäss Plan verlegen können. Wie bereits erwähnt verbietet auch die von der Klägerin angerufenen Bestimmungen der SIA-Norm 251 die Vorgehensweise der Beklagten nicht. Das gleiche gilt für die Dimensionierung der Heizung. Auch diesbezüglich war die Klägerin sachverständig beraten (namentlich durch die K. AG (vgl. act. 1 Rz. 9), weshalb die Beklagte nicht zu überprüfen hatte, ob die Heizleistung für den im Bodenaufbauplan vorgesehenen Bodenaufbau hinreichend war. Die Beklagte hat somit ihre Anzeigeund Abmahnungspflicht nicht verletzt.

              2. Fazit

          Es liegt kein Mangel des Werkes der Beklagten im Sinne von Art. 166 Abs. 1 SIANorm 118 vor. Demnach fehlt es an einer Grundlage für die von der Klägerin geltend gemachte Forderung, weshalb diese abzuweisen ist.

  2. Zusammenfassung

    Nachdem die modifizierte Verjährungsordnung zufolge Ungewöhnlichkeit keine Wirkungen entfaltet, sind die Ansprüche der Klägerin aus Werkmängeln verjährt (vgl. Ziff. 4). Überdies wäre auch die Mängelrüge nicht rechtzeitig erfolgt, weil auch diesbezüglich eine vertragliche Modifikation vorliegt, die wegen ihrer Ungewöhnlichkeit unwirksam bleibt (vgl. Ziff. 5). Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Ansprüche nicht verjährt und rechtzeitig gerügt wurden, weist das Werk der Beklagten keine Mängel auf. Vielmehr hat sich die Beklagte bei der Ausführung des Werks an die vertraglichen Vorgaben gehalten (vgl. Ziff. 6). Die Klage ist demnach abzuweisen.

  3. Kostenund Entschädigungsfolgen

    1. Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt (§ 64 Abs. 2 ZPO/ZH). Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten daher der Klä- gerin aufzuerlegen. Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der Gebüh-

      renverordnung des Obergerichts vom 4. April 2007 und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem tatsächlichen Streitinteresse. Der Streitwert richtet sich nach dem Rechtsbegehren des Klägers zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit (§ 18 Abs. 1 ZPO/ZH) und beträgt vorliegend CHF 440'996.60 (act. 1 S. 2). Unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 1 und 2 GebV OG und angesichts des beträchtlichen Aufwandes ist die Gerichtsgebühr auf vier Drittel festzusetzen.

    2. Jede Partei hat in der Regel die Gegenpartei im gleichen Verhältnis für aussergerichtliche Kosten und Umtriebe, einschliesslich Weisungskosten, zu entschädigen, wie ihr Kosten auferlegt werden (§ 68 Abs. 1 ZPO/ZH). Demnach ist die Klägerin zu verpflichten, der Beklagten eine Prozessentschädigung zu entrichten. Die Prozessentschädigung wird nach Ermessen festgesetzt (§ 69 Satz 1 ZPO/ZH). Grundlage der Bemessung ist nach der Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 21. Juni 2006 auch hier der Streitwert (§ 2 Abs. 1 lit. a AnwGebV). Die Grundgebühr ist mit der Begründung bzw. Beantwortung der Klage verdient; für jede weitere Rechtsschrift ist ein Zuschlag zu gewähren (§ 11 Abs. 1 und 2 AnwGebV). Die Beklagte hat zusätzlich zur (beschränkten) Klageantwort drei weitere Rechtsschriften eingereicht. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass zunächst nur auf die Verjährungsfrage beschränkte Rechtsschriften auszuarbeiten waren, welche im Zusammenhang mit der Rückweisung noch zu ergänzen waren.

Das Gericht beschliesst:

  1. Im Betrag von CHF 125'000.- wird das Verfahren zufolge Klagerückzugs erledigt abgeschrieben.

  2. Die Kostenund Entschädigungsfolgen werden im nachfolgenden Erkenntnis geregelt.

  3. Schriftliche Mitteilung an die Parteien mit nachstehendem Erkenntnis.

und erkennt sodann:

  1. Die Klage wird im verbleibenden Betrage abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 26'000.-.

  3. Die Kosten werden der Klägerin auferlegt.

  4. Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Prozessentschädigung von CHF 29'000.- zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien.

  6. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 440'996.60.

Zürich, 18. Juni 2013

HANDELSGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Der Vizepräsident:

Oberrichter Dr. Heinrich Andreas Müller

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. Claudia Feier

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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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