Zusammenfassung des Urteils HG110274: Handelsgericht des Kantons Zürich
Die Immobiliengesellschaft A. AG hat die Beklagte B. verklagt, da diese vorzeitig aus einer gemieteten Wohnung auszog und offene Mietzinse nicht zahlte. Die Beklagte konnte nicht erreicht werden, weshalb die Klage abgewiesen wurde. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass sie ausreichende Nachforschungen betrieben habe, um die Beklagte zu finden. Das Gericht entschied, dass die Vorinstanz den Beschluss falsch zugestellt hatte und wies den Fall zur erneuten Prüfung zurück. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen. Der Richter war Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG110274 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 12.12.2013 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Vertrag; Recht; Künstler; Beklagten; Trages; D-UrhG; Skulptur; Vertrags; Parteien; Vertrages; Sinne; Skulpturen; Nutzungsrecht; Urheber; Forderung; Künstlers; Urheberrecht; Auflage; Zahlung; Betreibung; Motiv; Verzug; Motive; Klage; Grösse; Verzugszins; Zusammenhang; Stück |
Rechtsnorm: | Art. 117 IPRG ;Art. 122 IPRG ;Art. 150 IPRG ;Art. 16 IPRG ;Art. 225 ZPO ;Art. 236 ZPO ;Art. 56 ZPO ;Art. 86 KG ;Art. 88 KG ; |
Referenz BGE: | 134 III 151; |
Kommentar: | Staehelin, Kommentar zum SchKG III, Art. 288 SchKG, 1998 |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG110274-O U/ei
Mitwirkend: Die Oberrichter Peter Helm, Präsident, und Dr. Heinrich Andreas Müller, die Handelsrichter Peter Leutenegger, Peter Edelmann und Prof. Dr. Mischa Senn sowie die Gerichtsschreiberin Mirjam Münger
in Sachen
,
Klägerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X1.
gegen
Beklagte
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y. vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y1.
betreffend Forderung
(act. 1 S. 2 f.)
1. Es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin EUR 1'116'289.12 nebst Zins zu 8.12 % vom 16. Februar 2010 bis 30. Juni 2011, zu
8.37% seit 1. Juli 2011 und zum jeweils anwendbaren Verzugszinssatz ab 1. Januar 2012 auf EUR 250'000;
nebst Zins zu 11.32% vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2008, zu
11.19% vom 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2008, zu 9.62% vom
Januar 2009 bis 30. Juni 2009, zu 8.12% vom 1. Juli 2009 bis
30. Juni 2011, zu 8.37% seit 1. Juli 2011 und zum jeweils anwendbaren Verzugszinssatz ab 1. Januar 2012 auf EUR 302'794.12;
nebst Zins zu 9.62% vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2009, zu
8.12% vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2011, zu 8.37% seit 1. Juli 2011 und zum jeweils anwendbaren Verzugszinssatz ab 1. Januar 2012 auf EUR 45'817.50;
nebst Zins zu 8.12% vom 1. Januar 2010 bis 30. Juni 2011, zu 8.37% seit 1. Juli 2011 und zum jeweils anwendbaren Verzugszinssatz ab 1. Januar 2012 auf EUR 296'042.50;
nebst Zins zu 8.12% vom 1. Januar 2011 bis 30. Juni 2011, zu 8.37% seit 1. Juli 2011 und zum jeweils anwendbaren Verzugszinssatz ab 1. Januar 2012 auf EUR 189'135; und
nebst Zins zu 8.37% seit 1. September 2011 und zum jeweils anwendbaren Verzugszinssatz ab 1. Januar 2012 auf EUR 32'500
zu bezahlen.
Es sei der in der Betreibung Nr. des Betreibungsamtes Zürich (Zahlungsbefehl vom 7. November 2011) durch die Beklagte erhobene Rechtsvorschlag für die Forderungen nebst Zins und Betreibungskosten im vollen Umfang definitiv zu beseitigen.
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.
Sachverhalt und Verfahren 4
Sachverhaltsübersicht 4
Prozessverlauf 7
...stammstiftung E. 8
Erwägungen 9
Anwendbares Recht 9
Die Ansprüche der Klägerin aus den Verträgen vom 25. Februar 2003
und vom 10. Mai 2007 10
Gegenforderungen der Beklagten (Verrechnungseinrede bzw. Aufrechnung im Sinne der §§ 387 ff. BGB) 13
Minderheitsmeinung 22
Gutheissung der Klage; Verzugszinsen 22
Aufhebung des Rechtsvorschlages/Umrechnung 23
Kostenund Entschädigungsfolgen 25
Sachverhaltsübersicht
Der am tt.mm.jjjj geborene Künstler Prof. C. (genannt C. ) starb am tt.mm.jjjj. Gemäss Erbschein des Amtsgerichts M. [deutsche Stadt] vom
anuar 2011 ist seine am tt.mm.jjjj geborene Ehefrau, die Klägerin, seine Alleinerbin (act. 3/13). Beide Parteien bezeichnen Prof. C. als einen der bekanntesten deutschen Gegenwartskünstler in den Sparten Malerei, Bildhauerei, Grafik und Aktionskunst (act. 1 Rz 18, act. 9 Rz 18). Prof. C. lebte und starb in M. (act. 3/13, 3/6).
Die Beklagte ist eine in Zürich domizilierte Aktiengesellschaft. Gemäss ihren Statuten bezweckt sie den Betrieb einer Kunstgalerie und alle damit zusammenhängenden Geschäfte (act. 3/4). Ein Ladengeschäft betreibt die Beklagte indessen nicht; sie ist im Kunsthandel tätig (act. 1 Rz 22, act. 9 Rz 20).
Am 25. Februar 2003 schlossen Prof. C. und die Beklagte einen Vertrag (act. 3/2), welcher sich einerseits auf sog. skulpturen und anderseits auf die Skulptur des Künstlers bezog. Festgehalten wurde dort, dass der Künstler insgesamt 13 skulpturen geschaffen habe. Der Vertragsgegenstand wird im Vertrag wie folgt umschrieben (§ 1 Abs. 2):
Vertragsgegenstand sind die jeweils bis zu 6 Abgüsse je Original skulptur, die Skulptur ' ', sowie max. 6 Abgüsse der doppelt vergrösserten
skulpturen sowie künftige, von dem Künstler geschaffene skulpturen.
Die Herstellungskosten sollte die Beklagte tragen (§ 2), und der Vertrieb dieser Skulpturen sollte exklusiv über die Galerie erfolgen (§ 3). Der Verkaufserlös (nach Abzug der Herstellungskosten) sollte gemäss Vertrag wie folgt aufgeteilt werden (§ 3 Abs. 2):
bei Verkauf über die Beklagte: hälftige Teilung zwischen Künstler und Galerie;
bei Beizug einer Drittgalerie: Drittelung des Kaufpreises (Künstler / Beklagte / Drittgalerie);
Verkauf ohne Mitwirkung der Beklagten einer Drittgalerie: Aufteilung 2/3 Künstler, 1/3 Galerie.
Mit § 4 des Vertrages wurde eine Laufzeit bis zum 31.12.2007 vereinbart, in jedem Falle aber bis zu einer Veräusserung von 150 Stücken durch die Galerie.
§ 5 des Vertrages, Urheberrechte lautet wie folgt:
Der Künstler [C. ] räumt hiermit der Galerie das Recht ein, die einzelnen Skulpturen als seine Werke auf alle Nutzungsarten zu nutzen und dieses umfassende Nutzungsrecht zusammen mit dem Eigentum am Kunstwerk auf den jeweiligen Käufer zu übertragen. Der Künstler erklärt hiermit ausdrücklich seine Zustimmung zur Übertragung dieser Nutzungsrechte auf die Käufer.
Am tt.mm.jjjj knapp drei Wochen vor dem Tod des Künstlers - unterzeichneten Prof. C. und die Beklagte in M. einen Nachtrag vom Vertrag vom 25. Februar 2003 (act. 3/3). Er hat den folgenden Wortlaut:
1. In Abänderung von § 4 des Vertrages gilt neu:
Laufzeit bis 31. Dezember 2014 und in jedem Fall bis zu einer Veräusserung von gesamthaft 420 Stücken.
In Präzisierung des Vertragsgegenstandes (§ 1) wird definiert: Es handelt sich um die folgenden Kategorien von Skulpturen:
Kategorie A = Skulpturen von der Grösse ca. 1 m, 35 Motive à je sechs Auflagen, gesamthaft 210 Stücke
Kategorie B = Skulpturen von der Grösse ca. 2 m, 35 Motive à je sechs Auflagen, gesamthaft 210 Stücke.
In Ergänzung zum Vertrag, d.h. speziell in Ergänzung zu § 1 (Vertragsgegenstand) und § 5 (Urheberrechte) wird das Folgende vereinbart:
Sämtliche Rechte an den Motiven der 18 skulpturen von der Grösse ca. 30 cm, jeweils von einer Auflage von 18 Stück, aufgeteilt und nummeriert römisch I bis IX und arabisch 1 bis 9, wurden per 15. Februar 2006 vom Künstler auf die Galerie übertragen gegen eine Bezahlung wie folgt:
Ein Gesamtbetrag von EUR 1'000'000.00 zu zahlen wie folgt:
vier Jahresraten von je EUR 250'000;
die erste Rate bereits bezahlt am 15. Februar 2006;
die weiteren drei Raten jeweils zu bezahlen am 15. Februar 2007, 15. Februar 2008 und 15. Februar 2009.
Per Unterzeichnung dieses Nachtrages werden zudem sämtliche Rechte an den folgenden skulpturmotiven übertragen:
2 Motive skulpturen in der Grösse 30 cm, durch den Künstler entworfen;
20 weitere Motive skulpturen in der Grösse 15 cm, ebenfalls durch den Künstler entworfen
Jeweils in einer Auflage von zwölf Stück pro Motiv gegen einmalige Zahlung von EUR 250'000.00, fällig am 15. Februar 2010.
Prof. C. starb am tt.mm.jjjj. Als Testamentsvollstrecker setzte er seinen Freund und Galeristen D. ein (act. 3/6; act. 1 Rz 38; von der Beklagten allerdings bestritten: act. 9 Rz 38). Dieser teilte dem zuständigen Nachlassgericht in M. am 10. Juli 2008 mit, dass seine Tätigkeit beendet sei, was das Nachlassgericht (Amtsgericht M. ) am 25. Oktober 2008 bestätigte (act. 3/8 und 3/9).
Fest steht, dass die Beklagte gestützt auf die mit dem Künstler abgeschlossenen Verträge ...skulpturen giessen liess und auch verkaufte (vgl. act. 40 Rz 10).
Abrechnungen:
Am 15. Oktober 2007 liess die Beklagte dem Testamentsvollstrecker die Abrechnung aus neun Verkäufen des Jahres 2007 zukommen und errechnete für den Nachlass des Künstlers einen Anspruch von EUR 101'938.10 (act. 3/7, inkl. Anhang). Im Begleitschreiben hielt sie fest, dass die Verkäufe der Jahre 2005 und 2006 bereits abgerechnet seien. Ferner hielt die Beklagte fest, dass zwei der vier Raten gemäss Vertrag vom 10. Mai 2007 noch ausstehend seien; diese würden am 15. Februar 2008 und am 15. Februar 2009 beglichen. Die einmalige Zahlung gemäss Punkt 4 des Vertrages vom 10. Mai 2007 werde am 15. Februar 2010 erfolgen.
Durch ihren Anwalt unterbreitete die Beklagte am 31. August 2011 der Klägerin eine neue Abrechnung. Sie berücksichtigte dort den Anspruch der Klägerin bzw. des Nachlasses C. gemäss der früheren Abrechnung vom 15. Oktober 2007 von EUR 101'938.10 (vgl. act. 3/11 S. 3 und 4) und errechnete alsdann einen aktuellen Anspruch pro Partei aus Verkäufen der Jahre 2007 bis 2011 von
EUR 866'289.12 (act. 3/11, Anhang). In ihrem Begleitbrief erklärte sie allerdings die Verrechnung mit Gegenforderungen.
Mit Zahlungsbefehl Nr. des Betreibungsamtes Zürich vom 7. November 2011 setzte die Klägerin CHF 1'611'886.85, CHF 279'823.00 aufgelaufenen Zins und CHF 38'054.90 in Betreibung (act. 3/5). Gemäss Zahlungsbefehl verlangte die Klägerin die folgenden Beträge:
einmalige feste Zahlung von EUR 250'000.00 gemäss Ziff. 4 des Vertragsnachtrages;
Anspruch auf den hälftigen Verkaufserlös gemäss Abrechnung vom 31. August 2011 (= act. 3/11) von EUR 866'289.12.
Die Währungsumrechnung erfolgte per Verfall. Die Beklagte erhob Rechtsvorschlag.
Prozessverlauf
Mit Klageschrift vom 21. Dezember 2011 machte die Klägerin beim Handelsgericht des Kantons Zürich die vorliegende Klage anhängig (act. 1). Unterm
19. März 2012 reichte die Beklagte eine beschränkte Klageantwort ein und verlangte die Abweisung der Klage (act. 9). Im Wesentlichen bestritt sie die Aktivlegitimation der Klägerin. Mit Beschluss vom 10. Mai 2012 wies das Gericht die prozessualen Anträge der Beklagten ab (act. 15). Alsdann nahm die Beklagte mit ihrer Duplikschrift auf diesen Beschluss des Gerichts Bezug und legte dar, dass die Einwendungen der Beklagten gegen die Aktivlegitimation der Klägerin hiermit als zurückgezogen gölten (act. 40 Rz 5). Davon ist auszugehen.
Im Sinne des Beschlusses vom 10. Mai 2012 reichte die Beklagte am 4. Juni 2012 eine umfassende Klageantwort ein (act. 17).
Mit Verfügung vom 22. August 2012 setzte sich das Gericht mit der von der Klägerin unaufgefordert eingereichten Rechtsschrift vom 21. August 2012 auseinander (Prot. S. 15). Es wurde festgehalten, dass von der Prozessordnung nicht vorgesehene Eingaben unbeachtlich sein müssten.
Am 14. September 2012 fand eine Vergleichsverhandlung statt. Die Parteien konnten sich nicht einigen (Prot. S. 15 f.), indessen blieb das Verfahren im Hinblick auf die Vergleichsgespräche der Parteien zunächst sistiert (Prot. S. 19). Weil sich die Parteien weiterhin nicht einigen konnten, wurde mit Verfügung vom
2. November 2012 ein zweiter Schriftenwechsel gemäss Art. 225 ZPO angeordnet. Mit ergänzender Verfügung vom 14. November 2012 wurde den Parteien im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels gemäss Art. 225 ZPO gestützt auf Art. 16 Abs. 1 IPRG der Nachweis des anwendbaren deutschen Rechtes überbunden (act. 34).
Ihre zweiten Rechtsschriften, Replik und Duplik, erstatteten die Parteien am
23. Januar 2013 bzw. am 15. April 2013 (act. 36 und 40).
Mit Verfügung vom 24. April 2013 wurde der Klägerin in Anwendung von Art. 56 ZPO aufgegeben, sich zu bestimmten Ausführungen der Beklagten in der Duplik zu äussern (act. 45). Die Klägerin tat dies mit Eingabe vom 15. Mai 2013 (act. 47). Mit Eingabe vom gleichen Tag machte die Beklagte im Sinne der Verfügung vom 24. April 2013 Angaben zu Zeugenadressen (act. 49).
Durch Verfügung vom 16. Mai 2013 wurde die Beklagte aufgefordert dazu Stellung zu nehmen, dass die Klägerin mit Eingabe vom 15. Mai 2013 eine Gegenforderung der Beklagten zwar nicht dem Grundsatze nach aber einem bestimmten Masse nach anerkannt hat (act. 51). In diesem Sinne äusserte sich die Beklagte mit Eingabe vom 3. Juni 2013 (act. 53).
Mit Verfügung vom 14. Juni 2013 wurde den Parteien Frist angesetzt, um zu erklären, ob sie - unter Vorbehalt der Durchführung eines Beweisverfahrens auf die Durchführung der mündlichen Hauptverhandlung verzichteten, wobei bei Stillschweigen Verzicht angenommen werde (Prot. S. 29; act. 56). Mit Eingabe vom
5. Juli 2013 (act. 58) verzichtete die Klägerin auf die Durchführung einer mündlichen Hauptverhandlung. Die Beklagte liess sich nicht vernehmen. Der Prozess ist nunmehr spruchreif, weshalb das Urteil zu fällen ist (Art. 236 Abs. 1 ZPO).
...stammstiftung E.
Die Beklagte trug mit ihrer Rechtsschrift vom 19. März 2012 vor, der am
28. Mai 2007 verstorbene Künstler habe nach dem Abschluss des Ergänzungsvertrages vom 10. Mai 2007 seine Rechte aus dem Vertrag und seine verbleibenden Urheberrechte in die ...stammstiftung eingebracht. Dies bestritt die Klägerin in der Folge mit Nichtwissen (act. 12 S. 6 Rz 20). Mit ihrer Klageantwort verkündete die Beklagte der ...stammstiftung alsdann den Streit (act. 17 S. 2), wovon mit Verfügung vom 6. Juni 2012 Vormerk genommen wurde (Prot. S. 9).
Mit Verfügung vom 14. November 2012 wurde die ...stammstiftung allerdings aus dem Rubrum gestrichen, weil sie beendet wurde (Prot. S. 21; Hinweis auf act. 24 und 25/2). Mit der Replikschrift weist die Klägerin darauf hin, dass Vermögen und Rechte der ...stammstiftung auf sie übertragen worden seien (act. 36
S. 8). Die Beklagte anerkennt das mit ihrer Duplik (act. 40 Rz 5 und 77).
Anwendbares Recht
Im Zentrum der Auseinandersetzung der Parteien stehen die beiden von den Parteien in Deutschland abgeschlossenen Verträge vom 25. Februar 2003 und vom 10. Mai 2007, welche die Rechte aus von Prof. C. geschaffenen Kunstwerken zum Gegenstand haben (act. 3/2 und 3/3). Der Schwerpunkt der Verträge liegt klarerweise auf dem Immaterialgüterrecht. Zu Recht weist die Klägerin daher auf Art. 122 IPRG hin (act. 1 S. 17). Gemäss dieser Bestimmung unterstehen immaterialgüterrechtliche Verträge dem Recht des Staates, in dem derjenige, der das Immaterialgüterrecht überträgt die Benutzung an ihm einräumt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Prof. C. lebte in M. . Er übertrug mit den erwähnten Verträgen der Beklagten immaterialgüterrechtliche Nutzungsrechte. Das führt im vorliegenden Fall zur Anwendung deutschen Rechtes. Entsprechend dem gewöhnlichen Aufenthalt von Prof. C. im Zeitpunkt des Vertragsschlusses kommt daher auf das Vertragsverhältnis deutsches Recht zur Anwendung. Die Beklagte geht demgegenüber von einem zusammengesetzten Rechtsverhältnis aus, das Elemente eines Werkvertrages, eines Vertrages zur Übertragung von Urheberrechten sowie die Förderung eines gemeinsamen Zweckes zum Gegenstand habe (act. 40 S. 6). Auch das führt zur Anwendung deutschen Rechtes, weil die beiden hier massgeblichen Verträge so anders im Sinne von Art. 117 Abs. 1 IPRG am engsten mit Deutschland zusammenhängen (vgl. auch Art. 150 Abs. 2 IPRG). Beide Parteien anerkennen die Anwendbarkeit des deutschen Rechts denn auch ausdrücklich (act. 9 S. 11, act. 36 S. 4 f. und S. 20, act. 40 S. 6).
Die Ansprüche der Klägerin aus den Verträgen vom 25. Februar 2003 und vom 10. Mai 2007
Fest steht, dass die Beklagte ...skulpturen des Künstlers vertrieben hat und dass der Klägerin als dessen Rechtsnachfolgerin in diesem Zusammenhang die Ansprüche aus den Verträgen vom 25. Februar 2003 und vom 10. Mai 2007 (act. 3/2 und 3/3) zustehen.
Durch Schreiben vom 18. August 2011 ihres Anwaltes verlangte die Klägerin von der Beklagten die folgenden Beträge (act. 3/10):
Die Beklagte antwortete am 31. August 2011, dass die zweite Rate gemäss Ziff. 3 des Vertrages bereits bezahlt sei. Im übrigen errechnete sie für die Periode nach Mai 2007 einen Anspruch der Klägerin von EUR 866'289.12 (act. 3/11, insbesondere letzte Seite). Mit der Klageschrift anerkennt die Klägerin, dass die Rate gemäss Ziff. 3 des Vertrages bezahlt sei (act. 1 S. 11 Rz 42). Ihre Rechnung sieht daher (unter Einrechnung des Betrages von EUR 101'938.10) wie folgt aus (vgl. auch act. 1 Rz 54):
In diesem Sinne moniert die Klägerin mit ihrer Klageschrift nur noch den Klagebetrag von EUR 1'116'289.12, nämlich die Zahlung gemäss Ziff. 4 des
Nachtragsvertrages von EUR 250'000.00 sowie den Saldo aus der Abrechnung vom 31. August 2012 der Klägerin von EUR 866'289.12 (act. 1 S. 14 Rz 54).
Die Beklagte bestreitet die Richtigkeit der Rechnung der Klägerin nicht. Ausdrücklich anerkennt sie sodann, dass die am 15. Februar 2010 fällig gewordene Tranche von EUR 250'000.00 gemäss Ziff. 4 des Vertrages vom 10. Mai 2007 unbezahlt geblieben ist (act. 40 S. 3 Rz 11; vgl. auch act. 36 S. 11 Rz 34).
Mit ihrer Klageantwort hielt die Beklagte der Forderung der Klägerin einzig Verrechnungsansprüche entgegen (vgl. dazu unten Ziff. 6). Durch ihre Duplikvorbringen macht sie erstmals geltend, sie habe am 26. Oktober 2012 im Sinne von
§ 313 BGB die Teilanpassung (Teilanfechtung) des Vertrags wegen Störung der Geschäftsgrundlage (Grundlagenirrtum) erklärt (act. 40 Rz 38).
Im Zusammenhang mit dieser Anfechtung trägt die Beklagte vor (act. 40 Rz 37 und 38), die Klägerin habe F. mit der Erstellung des Werkverzeichnisses des Künstlers beauftragt. Dieser angebliche Experte habe öffentlich behauptet, dass die von der Beklagten vertriebenen 30cm-... [Skulpturen], für die gemäss dem Vertrag act. 3/3 ein Entgelt von EUR 1'000'000.00 vereinbart worden sei, lediglich mechanische Verkleinerungen der Originale und damit keine originale Werke des Künstlers seien. Diese Äusserungen F. s nehme die Klägerin hin. Der Rückzug der Behauptung F. s durch die Klägerin sei nämlich nur teilweise und das auch nur intern erfolgt. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf ein Schreiben der Klägerin bzw. ihres Anwaltes an F. vom 31. Dezember 2012 (act. 42/6; recte 31. Oktober 2012), wonach die Skulpturen autorisiert seien und zum künstlerischen Nachlass gehörten (act. 42/6). Weiter führt die Beklagte aus, sie habe geglaubt, Rechte an Originalen zu erwerben und nicht an nachträglich autorisierten Nachbildungen. Aus diesem Grunde habe sie gestützt auf § 313 BGB eine Teilanpassung (Teilanfechtung) des Vertrages erklärt. In diesem Zusammenhang verweist die Beklagte auf ihre E-Mail an die Klägerin vom 26. Oktober 2012 (act. 4/7). Dort wird Folgendes ausgeführt:
Weiter haben wir erfahren, dass Herr F. in Absprache mit Ihrer Klientin Zweifel an der Echtheit der von uns verkauften 30cm ... [Skulpturen] säht (vgl. beiliegendes E-Mail [= act. 42/5]). Wir möchten dazu anmerken, dass ein solches Vorgehen Ihrer Klientin einer weiteren, erspriesslichen Kooperation nicht
förderlich ist.
Falls es sich bei den 30cm ... [Skulpturen] tatsächlich nur um mechanische Verkleinerungen handeln sollte, während unsere Mandantin sie als Originale erworben hat, liegt ein Grundlagenirrtum vor. Aus diesem Grunde erklären wir hiermit höchstvorsorglich die Anfechtung der Zahlungsverpflichtung von
EUR 1'000'000.00.
Mit Verfügung vom 24. April 2013 wurde der Klägerin aufgegeben, sich zu den erwähnten Vorbringen der Beklagten in der Duplik zu äussern (act. 45). Die Klägerin führte in ihrer Rechtsschrift vom 15. Mai 2013 dazu aus, dass F. sich ohne ihre Zustimmung und ohne Absprache mit ihr geäussert habe. F. sei von der Klägerin zwar beauftragt worden, ein Verzeichnis der Gemälde des verstorbenen Künstlers zu erstellen. Er habe indessen nicht das Mandat gehabt, ein Werkverzeichnis bezüglich der Skulpturen zu erstellen, so dass er auch nicht autorisiert gewesen sei, sich kraft seines Auftrages über Skulpturen zu äussern (act. 47 Rz 9). Die Klägerin habe F. s Äusserungen sodann umgehend zurückgewiesen (act. 47 Rz 10 mit Hinweis auf act. 48/1). Sie seien der Klägerin jedenfalls nicht im Sinne von § 278 BGB zuzurechnen.
Die Beklagte selber legt in Übereinstimmung mit der Klägerin dar, dass
F. von der Klägerin lediglich mit der Erstellung eines Werkverzeichnisses über die Gemälde des verstorbenen Künstlers beauftragt war (act. 40 Rz 37). Unter diesen Umständen ist nicht einzusehen, weshalb die Erklärung F. s der Klägerin zuzurechnen ist. Eine entsprechende Vollmacht im Sinne von § 167 BGB der Klägerin zugunsten F. liegt jedenfalls weder sinngemäss noch ausdrücklich vor. Dazu kommt, dass die Klägerin die Äusserung F. s durch act. 42/6 bzw. act. 48/2 mit aller Deutlichkeit zurückgewiesen hat. Entgegen der Meinung der Beklagten (act. 40 Rz 37) konnte von der Klägerin unter den gegebenen Umständen nicht mehr verlangt werden. Unter diesen Umständen kann von einer schwerwiegenden Störung bzw. einer nachträglichen Veränderung der Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 BGB keine Rede sein. In ihrer E-Mail vom 26. Oktober 2013 erklärte die Beklagte zwar höchstvorsorglich die Anfechtung der Zahlungsverpflichtung von EUR 1'000'000. Darin allein liegt indessen noch kein konkretes Begehren auf Anpassung des Vertrages im Sinne von § 313
BGB. Die von der Beklagten angerufene Gesetzesvorschrift kann daher auch deswegen nicht zum Zuge kommen.
Die Beklagte macht im Anschluss an die E-Mail F. s vom 16. Oktober 2012 (act. 42/5) geltend, sie habe geglaubt, Rechte an Originalen und nicht an nachträglich autorisierten mechanischen Nachbildungen zu erwerben (act. 40 Rz 37). Dem hält die Klägerin entgegen, entscheidend sei, dass der Künstler die Skulpturen entworfen und dann autorisiert habe. Die Art und Weise der Herstellung der Skulpturen sei der Beklagten bekannt gewesen (act. 47 Rz 13).
Mit dem Vertrag vom 10. Mai 2007 erwarb die Beklagte sämtliche Rechte an den Motiven der 18 ...skulpturen von der Grösse ca. 30 cm, jeweils in einer Auflage von 18 Stück (act. 3/3). Auf die Art der Herstellung der einzelnen Skulptur kommt es nach dem Vertrag nicht an. Die Herstellungsart der in Frage stehenden Skulpturen wird mit dem Vertrag nicht festgelegt. Nach dem anwendbaren deutschen Recht (deutsches Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte [Urheberrechtsgesetz] vom 9. September 1965 (= D-UrhG) beziehen sich urheberrechtliche Nutzungsrechte, die Gegenstand des Vertrages der Parteien bilden, auch auf irgendwelche Bearbeitungen mechanische Vervielfältigungen eines Werks (§§ 1 und 16 D-UrhG). Die erörterten Darlegungen der Beklagten in ihrer Duplik vermögen den Vertrag der Parteien daher nicht aus den Angeln zu heben.
Damit steht fest, dass der Klägerin die von ihr eingeklagten Beträge von EUR 250'000.00 sowie EUR 866'289.12 grundsätzlich zustehen.
Gegenforderungen der Beklagten (Verrechnungseinrede bzw. Aufrechnung im Sinne der §§ 387 ff. BGB)
Der Vertrag vom 25. Februar 2003 (act. 3/2) betrifft einerseits die Skulptur als auch ...skulpturen. Im vorliegenden Prozess spielt die Skulptur allerdings keine Rolle. Die Beklagte sieht in § 3 Abs. 1 des Vertrages vom 25. Februar 2007 eine Exklusivitätsvereinbarung bezüglich aller in § 1 erwähnten Skulpturen (act. 17 Rz 13). Dem verstorbenen Künstler wirft sie vor, er habe diese Exklusivitätsvereinbarung verletzt, weshalb sie den Forderungen der Klägerin Schadenersatzforderungen entgegensetzt. Sinngemäss macht sie Aufrechnung im Sinne der
§§ 387 ff. BGB geltend.
Die Frage, ob und inwieweit der Beklagten ein Exklusivitätsrecht zusteht, ist eine urheberrechtliche Frage. Darin, dass nach dem Vertrag der Künstler bei der Schaffung gewisser von der Beklagten zu vertreibender Skulpturen mitzuwirken hatte (vgl. § 1 Abs. 1 letzter Satz des Vertrages), liegen zwar werkvertragliche Elemente. Die Frage ist indessen hier ohne Belang. Die von der Beklagten aufgeworfene Streitfrage entscheidet sich vielmehr im Sinne des Gesagten nach dem deutschen Urheberrecht, weshalb die zwischen dem Künstler und der Beklagten abgeschlossenen Verträge im Lichte des deutschen Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9. September 1965 zu prüfen sind (= D-UrhG).
§ 1 Abs. 1 des Vertrages vom 25. Februar 2003 (act. 3/2; im Folgenden: Vertrag) hat 13 ...skulpturen von jeweils ca. 1 Meter zum Gegenstand sowie 13 weitere ...skulpturen, die dann jeweils die doppelte Grösse des Originals haben sollen, d.h. ca. 2 Meter gross sein sollen. Mit dem späteren Vertrag vom
10. Mai 2007 (act. 3/3; im Folgenden: Nachtrag) wurde der Vertragsgegenstand präzisiert bzw. erweitert: Vertragsgegenstand sollen 35 Motive der kleineren ... [Skulpturen] (Grösse ca. 1m) und 35 Motive der grösseren ... [Skulpturen] (Grösse ca. 2m) zu je sechs Auflagen sein, entsprechend zweimal 210 Stück.
Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, es stehe ihr gestützt auf den Vertrag und seinen Nachtrag ein Exklusivitätsanspruch auf sämtliche ...skulpturen von Prof. C. zu (act. 17 Rz 27; vgl. aber demgegenüber act. 17 Rz 13). Sie wirft der Klägerin in zwei Punkten die Verletzung dieses Exklusivitätsrechts vor.
So macht die Beklagte geltend, der Rechtsvorgänger der Klägerin, Prof. C. , habe drei neue Gussvorlagen geschaffen, welche mit den drei bestverkauften 13 ...skulpturen identisch seien und zu den 13 Motiven gehört hätten, die bereits vom ersten Vertrag erfasst worden seien. Es seien dies die Motive , , und gewesen (act. 17 Rz 14; act. 9 Rz 30). Von diesen drei Motiven habe Prof. C. bei der Kunstgiesserei G. in M. durch die von ihm
beauftragte Galerie H. je 13 Abgüsse, d.h. insgesamt 39 Abgüsse, anfertigen lassen (act. 17 Rz 15). Die drei Gussvorlagen seien daher mit den drei bestverkauften 13 ...skulpturen quasi identisch (act. 17 Rz 14; vgl. auch act. 40 Rz 12). Die Klägerin bestreitet nicht, dass die erwähnten 39 Abgüsse vom Künstler hergestellt und verkauft worden sind, meint aber, dass sie nicht quasi identisch mit den vom ersten Vertrag erfassten Skulpturen seien. Sie verweist auf das von der Beklagten vorgelegte Schreiben der Kunstgiesserei G. vom 28. Mai 2012 (act. 18/4), wo dargelegt wird, dass man die Veränderungen zu den Original-... daran erkenne, dass diese kleiner ausgefallen sind (act. 36 Rz 44). Die Beklagte anerkennt mit ihrer Duplik, dass diese 39 zusätzlichen ... [Skulpturen]
in der Tat ca. 10% kleiner als die ... [Skulpturen] der ursprünglichen Grösse seien; sonst seien sie aber identisch (act. 40 Rz 98).
Für den Fall, dass das Gericht in diesem Zusammenhang einen Beteiligungsanspruch der Beklagten gemäss § 3 Satz 5 des Vertrages vom 25. Februar 2003 (act. 3/2) dem Grunde nach für gegeben erachten sollte, anerkennt die Klägerin in diesem Zusammenhang eine Gegenforderung der Beklagten von EUR 414'700.00 (act. 47 Rz 17).
Weiter macht die Beklagte geltend, Prof. C. habe in Verletzung ihres Exklusivitätsanspruchs im Verlaufe des Jahres 2006 insgesamt 1'021
...skulpturen der Skulptur giessen lassen, welche er der Galerie I. in München verkauft habe (act. 17 Rz 27). Die Klägerin bestreitet auch in diesem Zusammenhang eine Vertragsverletzung. Diese kleinen, nur 26 cm hohen Bronzeskulpturen seien nicht vertragsgegenständlich (act. 36 Rz 65 und 66). Die Beklagte bestreitet dies nicht, sondern trägt unter Hinweis auf Ziff. 3 des Nachtrages vor, dass ihrem Geschäft mit ...skulpturen von ca. 30 cm die Flutung des Marktes mit 1'021 ...skulpturen von 26 cm nicht förderlich gewesen sei (act. 40 Rz 109).
Die Beklagte sieht die Grundlage für das von ihr geltend gemachte Exklusivitätsrecht in Abs. 2 von § 1 des Vertrages vom 25. Februar 2003 (act. 3/2). Dort wird bestimmt, dass Vertragsgegenstand nicht nur je sechs Abgüsse der 13 Skulpturen der beiden Grössen von ca. 1 Meter bzw. von der doppelten Grösse
des Originals erfasse, sondern auch künftige von dem Künstler geschaffene
...skulpturen. Von Belang ist in diesem Zusammenhang namentlich die Bestimmung von § 3 des Vertrages der vorsieht, dass diese Skulpturen exklusiv über die Galerie, d. h. über die Beklagte, vertrieben würden.
Die Parteien haben im Sinne der gerichtlichen Auflage gemäss Art. 16 Abs. 1 Satz 3 IPRG in ihren zweiten Rechtsschriften die Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des D-UrhG diskutiert. Das genügt als Nachweis im Sinne von Art. 16 Abs. 1 IPRG, zumal das Gericht durchaus Zugang zu deutschen Rechtsquellen hat.
Nach deutschem Recht können nicht Urheberrechte, sondern nur Nutzungsrechte übertragen werden. Es ist dies ein Verfügungsvertrag, der in der Praxis als Lizenz bezeichnet wird (REHBINDER, Urheberrecht, 16. Auflage, München 2010, Rz 555; DREIER/SCHULZE, Kommentar zum D-UrhG, 4. Auflage, München 2013, N 4 zu § 31). Ein solcher Vertrag hat die Rahmenbedingungen einzuhalten, welche von den §§ 31 und 37 D-UrhG festgelegt werden. Welche Rechtsposition dem Lizenznehmer dabei eingeräumt wird, ergibt sich durch Vertragsauslegung (DREIER/SCHULZE, a.a.O., N. 8 zu § 31 D-UrhG). Im Lizenzvertrag sollte das Nutzungsrecht sowohl in inhaltlicher als auch in räumlicher und zeitlicher Hinsicht ausdrücklich bezeichnet werden. Ist das der Fall, dann ist das Nutzungsrecht wirksam eingeräumt (DREIER/SCHULZE, a.a.O., N. 105 zu § 31 D-UrhG). Ob das Nutzungsrecht dergestalt eingeräumt ist, wird durch Auslegung ermittelt. Es kommen dabei die besonderen urheberrechtlichen Auslegungsgrundsätze zum Zuge, die sich aus dem D-UrhG ergeben und die durch die allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133 und 157 BGB ergänzt werden.
Wichtigste Auslegungsregel des deutschen Urheberrechts ist die sogenannte Zweckübertragungsregel. Sie liegt namentlich § 31 Abs. 5 D-UrhG zugrunde. Nach dieser Auslegungsregel ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Urheber nur in dem Umfange Rechte überträgt, der für die Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist (SCHRICKER/LOEWENHEIM, Urheberrecht, Kommentar, 4. Auflage, München 2010, N. 24 und 64 zu § 31 D-UrhG; DREIER/SCHULZE, a.a.O., N. 110 zu
§ 31 D-UrhG; REHBINDER, a.a.O., Rz 569). Die deutsche Lehre und Rechtsprechung gehen daher davon aus, dass dem Urheberrecht die Tendenz innewohnt, möglichst weitgehend beim Urheber zu verbleiben, damit dieser die Chance hat, an den wirtschaftlichen Früchten, die aus der Nutzung des Werks gezogen werden können tunlichst zu partizipieren und darüber hinaus jede ins Gewicht fallende Nutzung kontrollieren zu können, zumindest aber ein angemessenes Entgelt für sie zu erhalten (so SCHRICKER/LOEWENHEIM, a.a.O., N. 24 zu § 31 D-UrhG mit Hinweisen; in diesem Sinne auch: DREIER/SCHULZE, a.a.O., N. 110 zu § 31
D-UrhG; REHBINDER, a.a.O., Rz 569). In diesem Sinne bestimmt auch § 37 Abs. 1 D-UrhG, dass bei einer vertraglichen Einräumung von Nutzungsrechten dem Urheber im Zweifel das Recht der Einwilligung zur Veröffentlichung Verwertung einer Bearbeitung des Werkes verbleibt.
Die Parteien sind sich uneinig darüber, ob und inwieweit der Beklagten vom Künstler ein ausschliessliches Nutzungsrecht eingeräumt wurde. Gemäss § 31 Abs. 1 D-UrhG kann das Nutzungsrecht als einfaches als ausschliessliches Recht eingeräumt werden. Ein ausschliessliches Nutzungsrecht berechtigt gemäss § 31 Abs. 3 D-UrhG den Inhaber, das Werk unter Ausschluss aller anderen Personen auf die ihm erlaubte Art zu nutzen und Nutzungsrechte einzuräumen, wobei die Parteien allerdings bestimmen können, dass die Nutzung durch den Urheber vorbehalten bleibe. Aus § 31 Abs. 5 D-UrhG ergibt sich nun, dass in einem Lizenzvertrag namentlich auch die Frage ausdrücklich geregelt werden sollte, ob dem Lizenznehmer ein ausschliessliches Nutzungsrecht eingeräumt wird, widrigenfalls die Frage nach dem von beiden Parteien zugrunde gelegten Vertragszweck entschieden wird. Literatur und Rechtsprechung leiten aus § 31
Abs. 5 D-UrhG eine Spezifizierungslast des Rechtserwerbers ab, der dafür zu sorgen hat, dass im Vertrag das Nutzungsrecht genau umschrieben wird. In der Literatur wird § 31 Abs. 5 D-UrhG daher als Formvorschrift mit abgeschwächter Sanktionierung bzw. als faktische Formvorschrift bezeichnet, weil das Gesetz zwar nicht die Schriftform vorsieht, indessen eine Spezifizierung verlangt und daher eine ausdrückliche Benennung der Nutzungsrechte fordert (SCHRICKER/LOEWENHEIM, a.a.O., N. 69 und 70 zu § 31 D-UrhG), was praktisch dem Erfordernis der Schriftform gleichkommt.
Zu erörtern bleibt, was die deutsche Rechtsprechung unter Vertragszweck versteht, auf den § 31 Abs. 5 D-UrhG als Richtschnur für die Auslegung hinweist. Grundsätzlich ist auch der Vertragszweck durch Auslegung zu ermitteln, nämlich gemäss den Vorschriften der §§ 133 und 157 BGB: Abzustellen ist auf den wirklichen Willen, und die Auslegung des Vertrages erfolgt so, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Eine Präambel kann für die Ermittlung des Vertragszweckes nur insoweit massgeblich sein, als der Vertragszweck ausdrücklich und nicht durch pauschale Formulierungen umschrieben wird, die als blosses Lippenbekenntnis erscheinen und mit dem von den Parteien Gewollten nicht übereinstimmt. Die Lehre fordert daher, dass solche Formulierungen auf den realistischen Kern zu reduzieren seien (SCHRICKER/LOEWENHEIM, a.a.O.,
N. 81 zu § 31 D-UrhG; DREIER/SCHULZE, a.a.O., N. 121 zu § 31 D-UrhG). Für die
Ermittlung des Vertragszweckes können aber auch Tatfragen von Belang sein, nämlich die Begleitumstände des Vertragsschlusses, wenn sich daraus Hinweise darauf ergeben, was die Parteien mit dem Vertrag übereinstimmend bezweckt haben. Massgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (DREIER/SCHULZE, a.a.O., N. 121 zu § 31 D-UrhG). Dabei kann im Sinne von § 31 Abs. 5 D-UrhG die Rechtseinräumung nur so weit reichen, wie sich ein zweifelsfreier, von den Parteien gemeinsam verfolgter Zweck ermitteln lässt. Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass im Zweifel das Nutzungsrecht beim Urheber verbleibt (SCHRICKER/LOEWENHEIM, a.a.O., N. 89 und 90 zu § 31 D-UrhG).
3.4. Im Lichte des deutschen Urheberrechts sind nun die zwischen dem Rechtsvorgänger der Klägerin und der Beklagten abgeschlossenen Verträge vom
25. Februar 2003 und vom 10. Mai 2007 (act. 3/2 und 3/3) darauf zu untersuchen, inwieweit der Beklagten ein ausschliessliches Nutzungsrecht eingeräumt wurde. Die Parteien weisen auf keine tatsächlichen Umstände hin, die im Sinne von
§ 133 BGB von Belang wären. Die Auslegung hat sich daher auf den von den Parteien formulierten Vertragstext zu konzentrieren.
Zunächst ist auf die Präambel des Vertrages vom 25. Februar 2003 hinzuweisen, mit der festgelegt wurde, dass die Parteien den Vertrieb und die Gewinnverteilung von ...skulpturen regeln wollten. Eine solche allgemeine Erklärung ist
unspezifisch und genügt den Anforderungen des deutschen Urheberrechts an einen Nutzungsvertrag nicht. Sie führt nicht weiter.
Die Beklagte legt denn auch das Gewicht weniger auf die Präambel, sondern darauf, dass gemäss § 1 Abs. 2 Vertragsgegenstand nicht nur jeweils bis zu 6 Abgüsse je Original ...skulptur bzw. jeweils max. 6 Abgüsse der doppelt vergrösserten ...skulpturen sowie künftige, von dem Künstler geschaffene
...skulpturen seien. Aus dem letzten Satzteil leitet die Beklagte im Ergebnis ab, dass ihr damit ein umfassendes ausschliessliches Nutzungsrecht gemäss § 31 Abs. 3 D-UrhG eingeräumt worden sei.
Dem ist nicht zu folgen: Das Exklusivitätsrecht wird in § 1 Abs. 2 des Vertrages nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, wie das gemäss § 31 Abs. 5 D-UrhG erforderlich wäre. Namentlich wird dort nicht gesagt, welche konkreten Nutzungsrechte der Beklagten ausschliesslich eingeräumt werden sollten. Mit dem Vertrag wurde zwar festgelegt, dass Vertragsgegenstand jeweils bis zu 6 Abgüsse bzw. jeweils max. 6 Abgüsse der 13 im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vom Künstler geschaffenen ...skulpturen seien; bezüglich einer Auflage von zweimal sechs dieser 13 ...skulpturen wurde der Beklagten zwar das Recht eingeräumt, die im Vertrag umschriebene Auflagen im Sinne von § 3 des Vertrages exklusiv zu vertreiben. Der Künstler begab sich indessen mit dem Vertrag nicht des Rechtes, weitere Auflagen herstellen zu lassen und diese selber zu vermarkten. Dieser Rechtsverzicht des Künstlers hätte im Sinne des das deutsche Urheberrecht beherrschenden Spezifizierungslast des Rechtserwerbers im Vertrag ausdrücklich umschrieben werden müssen. Der Vertragszweck des ersten Vertrages erfasst denn auch einzig die Vermarktung einer Auflage von zweimal sechs Stück der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vom Künstler geschaffenen 13 konkreten
...skulpturen. § 4 des Vertrages legt denn auch fest, dass der Vertrag bis zum
31. Dezember 2007 gelten sollte, in jedem Fall aber bis zu einer Veräusserung von 150 Stücken durch die Galerie. Angesichts des Umstandes, dass § 1 des Vertrages insgesamt 156 Skulpturen zum Gegenstand hat, spricht auch diese Klausel gegen ein umfassendes und ausschliessliches Nutzungsrecht der Beklagten.
Nichts ableiten kann die Beklagte namentlich aus dem letzten Satzteil von
§ 1 Abs. 2 des Vertrages, der pauschal künftige von dem Künstler geschaffene
...skulpturen zum Gegenstand hat; in dieser Hinsicht fehlt es erst recht an der vom Gesetz geforderten Spezifizierung. Im Sinne von § 31 Abs. 5 D-UrhG kann sich die Rechtseinräumung durch den Vertrag vom 25. Februar 2003 nur auf einen zweifelsfrei feststehenden gemeinsam verfolgten Zweck der Parteien beziehen. Im Zweifel verbleibt nach deutschem Recht das Nutzungsrecht beim Urheber. Das ist hier der Fall: Durch den Vertrag vom 25. Februar 2003 räumte der Künstler der Beklagten das exklusive Vertriebsrecht für eine Auflage und zweimal sechs Stück der damals von ihm geschaffenen ...skulpturen ein. Mehr nicht.
Der Nachtrag vom 10. Mai 2007 erweitert bezüglich § 1 des ursprünglichen Vertrages den Vertragsgegenstand (act. 3/3). Nun werden nicht mehr 13, sondern 35 Motive erfasst. Im Übrigen ergeben sich auch hier keine Hinweise auf Ausschliesslichkeitsrechte der Beklagten, die über das ausschliessliche Vertriebsrecht für eine beschränkte Auflage hinausgingen. Wenn der Beklagten bezüglich der quasi identischen Motive , , und (act. 17 Rz 14; act. 9 Rz 30) nicht ausdrücklich ein Ausschliesslichkeitsrecht eingeräumt wurde, wie das nach deutschem Recht erforderlich gewesen wäre, so verblieben die Nutzungsrechte entsprechend ihrer Tendenz, möglichst weitgehend beim Urheber zu verbleiben, beim Künstler. Die Beklagte kann daher aus den von ihr beschriebenen Vorgängen nichts zu ihren Gunsten ableiten.
Nicht anders verhält es sich bezüglich des Umstandes, dass die Beklagte der Klägerin vorwirft, sie bzw. ihr Rechtsvorgänger hätten im Verlaufe des Jahres 2006 den Markt im Verlauf des Jahres 2006 mit insgesamt 1021 26cm hohen Skulpturen fluten lassen, was den Exklusivitätsanspruch der Beklagten verletzt habe und ihrem Geschäft mit 30cm-...skulpturen gemäss Ziff. 3 des Nachtrages nicht förderlich gewesen sei (act. 3/3). Das ist schon deshalb nicht zielführend, weil die Beklagte Vorgänge ins Feld führt, die sich vor Abschluss der Nachtragsvereinbarung ereignet haben sollen. Dazu kommt, dass sich auch aus dem Nachtrag vom 27. Mai 2005 keine Exklusivitätsrechte ergeben, die im Vertrag so genau umschrieben worden wären, dass sie die Anforderungen des deutschen
Rechtes erfüllten. Der blosse Hinweis, dass sämtliche Rechte an den Motiven der 18 ...skulpturen der Grösse ca. 30 cm auf die Beklagte übertragen werde, bildet noch längst keine Grundlage für die Begründung eines ausschliesslichen Nutzungsrechts im Sinne von § 31 Abs. 3 D-UrhG. Selbst einfache Nutzungsrechte gemäss § 31 Abs. 2 D-UrhG könnten mit einer solchen unspezifischen Formulierung nicht übertragen werden. Auch in diesem Zusammenhang vermag die Beklagte daher keine Ansprüche gegenüber der Klägerin nachzuweisen.
Die Beklagte beruft sich schliesslich auf ein ausdrückliches Zugeständnis des verstorbenen Künstlers.
In diesem Zusammenhang trägt die Beklagte vor, beide Exklusivitätsverletzungen seien ihr erst wesentlich später bekannt geworden. Darauf angesprochen, habe der - notabene am tt.mm.jjjj an verstorbene Künstler kurz vor seinem Tode gegenüber dem Berater der Klägerin, J. , sowie gegenüber K. seine Zahlungspflicht für die erste Gegenforderung und einen Schadenersatzanspruch von EUR 100'000.00 für die zweite Gegenforderung an die
I._ GmbH ausdrücklich anerkannt (act. 9 Rz 35, act. 17 Rz 18). Das sei am
10. Mai 2007 (d.h. am Tage der Unterzeichnung von act. 3/3) anlässlich einer Besprechung im Atelier des Künstlers in M. der Fall gewesen. Ausdrücklich habe der Künstler darum gebeten, die Schadenersatzansprüche eben keiner ausdrücklichen schriftlichen Regelung zu unterwerfen, weil dies doch ein schlechtes Licht auf sein künstlerisches Werk geworfen hätte. Der nur wenige Tage vor dem Tode des Künstlers unterzeichnete Nachtrag act. 3/3 schweige sich daher dazu aus (act. 40 Rz 102).
Die Klägerin bestreitet derartige Zugeständnisse des Künstlers. Sie meint, dass ein derartiges Zugeständnis im Vertragsnachtrag hätte seinen Niederschlag finden müssen. Die Klägerin meint weiter, dass dann, wenn die Behauptung der Beklagten richtig wäre, sie durch die Unterzeichnung des Nachtrages konkludent auf eine Schadenersatzforderung verzichtet hätte. Dazu komme, dass die Beklagte nach dem Tode des Künstlers durchaus Zahlungen geleistet habe, obwohl sie nun geltend macht, es hätten schon vor dem Tode des Künstlers Gegenforderungen bestanden (act. 36 Rz 49-52). Dem hält die Beklagte entgegen, dass in der
Tilgung einer Schuld kein Verzicht auf Aufrechnungsbzw. Verrechnungsansprüche liege. Im Übrigen habe die Beklagte bereits mit ihrem Brief an den Testamentsvollstrecker D. vom 15. Oktober 2007 (act. 3/7) Gegenforderungen in den Raum gestellt (act. 40 Rz 50).
Die Beklagte führt zu Recht aus, dass die von ihr behaupteten Zugeständnisse des Künstlers nicht zwingend in den schriftlichen Vereinbarungen der Parteien festgehalten werden mussten. Es stehe den Parteien nämlich frei, Teile ihres Rechtsverhältnisses einer neuen ausdrücklichen Regelung zu unterwerfen und andere Teile unberührt zu lassen (act. 40 Rz 102). Die Beklagte stellt sich damit auf den Standpunkt, der Künstler habe ein Schuldverhältnis anerkannt bzw. es liege ein Schuldanerkenntnis vor. Gemäss § 781 BGB bedarf eine solche Anerkennungserklärung allerdings der Schriftform, wie sie in § 126 BGB umschrieben wird. Diese Form liegt bezüglich des von der Beklagten behaupteten Schuldanerkenntnisses nicht vor. Den Gegenforderungen der Beklagten ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt der Boden entzogen.
Minderheitsmeinung
Das Gericht hat nicht einstimmig entschieden. Eine Minderheit des Gerichts hat im Sinne von § 124 GOG ihre abweichende Meinung mit Begründung (act. 59) ins Protokoll aufnehmen lassen. Diese wird den Parteien zusammen mit dem Urteil mitgeteilt.
Gutheissung der Klage; Verzugszinsen
Nach dem Gesagten schuldet die Beklagte der Klägerin die Beträge von EUR 250'000.00 sowie EUR 866'289.12. Das führt zur Gutheissung der Klage.
Gemäss Nachtragsvertrag vom 10. Mai 2007 ist die Zahlung von
EUR 250'000.00 am 15. Februar 2010 fällig geworden (act. 3/3, Ziff. 4). Zu Recht beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf § 286 Abs. 2 Ziff. 1 BGB, wonach der Verzug auch ohne Mahnung erfolgt, wenn die Leistung nach dem Kalender bestimmt ist. Das ist hier der Fall. Seit dem 16. Februar 2010 schuldet die Beklagte für diesen Teilbetrag Verzugszins.
Die Klägerin führt sodann aus, die Beklagte hätte über jeden einzelnen Verkauf sofort abrechnen müssen. Hätte sie sich pflichtgemäss verhalten, wäre gemäss § 271 BGB mit jedem Verkauf der der Klägerin zustehende Anteil am Verkaufserlös sofort fällig geworden. Gemäss § 286 Abs. 2 Ziff. 4 BGB erübrige sich daher eine Mahnung (act. 1 S. 20 Rz 78).
Das ist nicht so zu sehen. Bei Geschäften der vorliegenden Art ist eine periodische Abrechnung absolut üblich. Wird keine Abrechnung geleistet, ist eine solche anzumahnen. Diese Anmahnung erfolgte mit Schreiben der Klägerin vom
18. August 2011, mit dem sie der Beklagten Frist zur Vorlage der Abrechnung bis zum 31. August 2011 setzte (act. 3/10). Und am 31. August 2011 wurde die Abrechnung, aus der sich ein Saldo zu Gunsten der Klägerin von EUR 866'289.12 ergibt, erstattet (act. 3/11, insbesondere Anhang). Gestützt auf § 271 BGB in Verbindung mit der Fristansetzung gemäss act. 3/10 ist die Beklagte mit diesem Betrag seit dem 1. September 2011 in Verzug und schuldet daher seit diesem Datum Verzugszins.
Am vorliegenden Rechtsgeschäft ist kein Verbraucher beteiligt. Der Verzugszinssatz beträgt daher gemäss § 288 Abs. 2 BGB acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Dieser verändert sich gemäss § 247 BGB jeweils zum 1. Januar und zum 1. Juli. Die Klägerin weist auf www.basiszins.de hin. Demnach beträgt der Verzugszins gemäss § 288 Abs. 2 BGB:
zwischen dem 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2011: 8,12%
zwischen dem 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011: 8,37%
zwischen dem 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2012: 8,12%
für das erste Halbjahr 2013: 7,87%
für das zweite Halbjahr 2013: 7.62%
gen.
Entsprechend sind bei Gutheissung der Klage die Verzugszinsen festzule-
Aufhebung des Rechtsvorschlages/Umrechnung
Die Klägerin ist der Meinung, sie könne bei der Umrechnung ihrer Geldforderung von Euro in Schweizer Franken zwischen dem Devisenkurs am Tage des
Betreibungsbegehrens und dem Kurs zur Verfallzeit wählen, wenn dieser für sie günstiger ist (vgl. act. 1 Rz 81-83). Dem ist nicht zu folgen.
Gemäss § 270 Abs. 1 BGB hat der Schuldner Geldschulden dem Gläubiger an dessen Wohnort zu übermitteln. Zahlungsort war mithin M. , der Wohnort des Künstlers bzw. seiner Rechtsnachfolgerin. Damit war die Schuld in Euro zu bezahlen (§ 244 BGB e contrario). Schweizerische Franken sind ein aliud (vgl. für das schweizerische Recht: BGE 134 III 151 E. 2.2).
Von dieser materiellrechtlichen Frage der geschuldeten Währung zu trennen ist die Frage, wie die Fremdwährungsforderung im Falle der Zwangsvollstreckung in der Schweiz durchzusetzen ist. So ist eine Forderung auch dann nach dem SchKG zu vollstrecken, wenn sie auf eine fremde Währung lautet. Die Pflicht des Schuldners, sich dem Zahlungsbefehl für eine auf ausländische Währung lautende, aber in der Schweiz in Betreibung gesetzte Forderung in Schweizerwährung (Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG) zu unterziehen, ist zu trennen vom materiellrechtlichen Schuldverhältnis. Die Umwandlung einer auf ausländische Währung lautenden Forderung in Schweizer Franken gemäss Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 bzw. Art. 88 Abs. 4 SchKG ist demgegenüber eine Regel der öffentlichen Ordnung und ein Erfordernis der Praktikabilität. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit dieser Umwandlungsvorschrift nicht, das Rechtsverhältnis unter den Parteien abzuändern und eine Schuld, die gemäss Parteivereinbarung auf ausländische Währung lautet, zu novieren. Geschuldet ist vielmehr weiterhin die Fremdwährung, weshalb dem Schuldner grundsätzlich die Rückforderungsklage gemäss Art. 86 SchKG offensteht, falls er infolge Währungsveränderungen mehr bezahlt hat bzw. dem Gläubiger die Nachforderung auf dem Weg einer neuen Betreibung, falls die Fremdwährung bis zum Ende des Betreibungsverfahrens steigt (BGE 134 III 151 E. 2.3 mit Hinweisen).
Wenn es darum geht, ob und inwieweit in der von der Klägerin gegen die Beklagte angehobene Betreibung der Rechtsvorschlag aufzuheben ist, ist gemäss Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG einstweilen auf den Umrechnungskurs im Zeitpunkt des Betreibungsbegehrens abzustellen. Im weiteren Vollstreckungsverfahren
kann der Umrechnungskurs gemäss Art. 88 Abs. 4 SchKG auf Begehren des Gläubigers ohnehin noch einmal korrigiert werden.
Das Datum des Betreibungsbegehrens ist nicht bekannt. Aus Praktikabilitätsgründen ist hier auf das Datum des Zahlungsbefehls abzustellen, nämlich auf den 7. November 2011 (vgl. act. 3/5). Der Eurokurs lag damals bei 1.22001. Der Betrag von EUR 250'000.00 ist daher unter dem Gesichtspunkt des Betreibungsverfahrens mit CHF 305'002.50 und der Betrag von EUR 866'289.12 mit
CHF 1'056'881.40 umzurechnen. Für diese Beträge nebst Zins ist der Rechtsvorschlag aufzuheben
Kostenund Entschädigungsfolgen
Bei diesem Prozessausgang wird die Beklagte kostenund entschädigungspflichtig.
Die Höhe der Gerichtsgebühr bes bst Zins zu 8,37% für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011;
nebst Zins zu 8,12% für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum
31. Dezember 2012;
nebst Zins zu 7,87% für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Juni 2013;
nebst Zins zu 7.62% seit 1. Juli 2013.
In der Betreibung Nr. des Betreibungsamtes Zürich (Zahlungsbefehl vom 7. November 2011) wird der Rechtsvorschlag für die folgenden Beträge aufgehoben:
- CHF 305'002.50
- nebst Zins zu 8,12% für die Zeit vom 15. Februar 2010 bis zum
30. Juni 2011;
nebst Zins zu 8,37% für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011;
nebst Zins zu 8,12% für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum
31. Dezember 2012;
nebst Zins zu 7,87% für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Juni 2013;
nebst Zins zu 7.62% seit 1. Juli 2013.
- CHF 1'056'881.40
nebst Zins zu 8,12% für die Zeit vom 1. September 2011 bis zum
uni 2011;
nebst Zins zu 8,37% für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011;
nebst Zins zu 8,12% für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum
Dezember 2012;
nebst Zins zu 7,87% für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Juni 2013;
nebst Zins zu 7.62% seit 1. Juli 2013.
Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf CHF 35'000.00 und aus dem von der Klägerin geleisteten Vorschuss bezogen. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin diesen Betrag zu ersetzen.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Pateientschädigung von CHF 45'000.00 zu bezahlen
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, je unter Beilage einer Kopie des Minderheitsantrags (act. 59).
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 1'348'019.60.
Zürich, 12. Dezember 2013
Handelsgericht des Kantons Zürich
Vorsitzender:
Peter Helm
Gerichtsschreiberin:
Mirjam Münger
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