Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG110059 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 30.11.2012 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Zusammenfassung : | Die Klägerin, eine Stiftung der beruflichen Vorsorge, forderte von der Beklagten, einer Aktiengesellschaft im Bereich Lebensversicherung, die Zahlung von über 5 Millionen CHF zzgl. Zinsen. Es ging um die Fälligkeit des Deckungskapitals von Rentnern nach der Auflösung von Versicherungsverträgen. Das Gericht entschied, dass die Klage abgewiesen wird, da die Beklagte korrekt gehandelt hat. Die Gerichtskosten und die Prozessentschädigung wurden der Klägerin auferlegt. Der Richter war Peter Helm, und die Gerichtsschreiberin war Claudia Marti. |
Schlagwörter : | Deckung; Deckungskapital; Versicherung; Über; Beklagten; Deckungskapitals; Übernahme; Wahlrecht; Rückkauf; Hinterlassenenrentner; Kündigung; Willen; Vorsorge; Lebensversicherung; Verträge; Anspruch; Rückkaufs; Rente; Wahlrechts; Renten; Versicherungsnehmer; Deckungskapitalien; Ausübung; Parteien; Berechnung; Kollektiv-Lebensversicherung; Willenserklärung; Klage |
Rechtsnorm: | Art. 102 OR ; Art. 106 ZPO ; Art. 233 ZPO ; Art. 236 ZPO ; Art. 406 ZPO ; Art. 48 BV ; Art. 53e BV ; Art. 6 ZPO ; Art. 67 BV ; Art. 90 VVG ; Art. 91 ZPO ; Art. 92 VVG ; Art. 95 ZPO ; Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | 127 V 377; |
Kommentar: | - |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG110059-O
Mitwirkend: die Oberrichter Peter Helm, Präsident, und Dr. Heinrich Andreas Müller, die Handelsrichter Hans-Rudolf Müller, Dr. Thomas Lörtscher und Patrik Howald sowie die Gerichtsschreiberin Claudia Marti
in Sachen
Klägerin
vertreten durch Advokatin lic. iur. X1. vertreten durch Advokatin lic. iur. X2.
gegen
Beklagte
vertreten durch Fürsprecher lic. iur. Y1. vertreten durch Advokatin lic. iur.Y2.
betreffend Forderung
(act. 1 S. 2)
1. Es sei die Beklagte zur Zahlung von CHF 4'951'831.10 zzgl. Zins zu 5 % seit 1. Oktober 2009 sowie zur Zahlung von CHF 856'816.70 zzgl. Zins zu 5 % seit 1. Oktober 2009 an die Klägerin zu verurteilen.
2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.
Parteien und Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Stiftung der beruflichen Vorsorge mit Sitz in C. (act. 3/2). Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in D. , die bezweckt, in und ausserhalb der Schweiz mit Schwerpunkt in der Lebensversicherung Lösungen in den Bereichen Vorsorge und Sicherheit, Risikoschutz und Vermögensbildung anzubieten (act. 3/3). Sie ist dem Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über die Versicherungsunternehmen (VAG) unterstellt (act. 9 S. 5).
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin des E. , welcher am 18. Dezember 1997 mit der Beklagten zwei Kollektiv-Lebensversicherungsverträge unter den Nummern und geschlossen hatte. Im Hinblick auf die Überführung des
E.
in die Klägerin kündigte jener diese Verträge per 31. Dezember 2008.
Das Deckungskapital der Aktiven und Rentner des E. aus diesen Verträgen wurde von der Beklagten in der Zwischenzeit an die Klägerin überwiesen.
Strittig ist zwischen den Parteien, in welchem Zeitpunkt die Zahlung des Deckungskapitals der Altersund Hinterlassenenrentner an die Klägerin resp. an den E. durch die Beklagte fällig wurde. Da nach klägerischer Meinung die Fälligkeit mit Auflösung des Vertrages per 31. Dezember 2008 eintrat, verlangt die Klägerin mit der vorliegenden Klage die Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung von Verzugszins in Höhe von CHF 4'951'831.10 sowie CHF 856'816.70 für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 15. August 2009 je zuzüglich Zins zu 5 %
seit 1. Oktober 2009 (act. 1 S. 6 ff.). Die Beklagte verlangt die vollumfängliche Abweisung der Klage unter Kostenund Entschädigungsfolgen (inkl. MWSt) zu Lasten der Klägerin (act. 9 S. 2). Sie macht im Wesentlichen geltend, die Klägerin habe die Erklärung zur Übernahme des Bestandes der Rentenbezüger erst mit Schreiben vom 13. Mai 2009, eingegangen am 15. Mai 2009, abgegeben, weshalb die Forderung auf Überweisung des betreffenden Deckungskapitals drei Monate danach, mithin am 15. August 2009, fällig geworden sei. Deshalb sei kein Zins geschuldet für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 15. August 2009 (act. 9
S. 16 ff.).
Sofern ihr Begehren nicht bereits aufgrund der soeben dargestellten Umstände gutgeheissen werden sollte, führt die Klägerin als Eventualbegründung in der Replik an, dass das Deckungskapital erst per Oktober 2009 hätte berechnet werden müssen, weshalb es um CHF 3'703'692.61 höher gewesen wäre und die Beklagte ihr diesen Betrag noch zahlen müsse (act. 18 S. 30 ff.). Hierzu hält die Beklagte fest, nach der vertraglichen Regelung sei Stichtag für die Berechnung des Deckungskapitals der Tag, auf den der Kollektivlebensversicherungsvertrag aufgelöst werde, vorliegend der 1. Januar 2009. Es gebe weder eine vertragliche noch eine gesetzlichen Grundlage dafür, den Stichtag auf den 1. Oktober 2009 zu verschieben (act. 22 S. 6).
Prozessverlauf
Am 25. März 2011 reichte die Klägerin die vorliegende Klage ein (act. 1). Nach Eingang des Vorschusses der Klägerin für die Gerichtskosten (Prot. S. 2 ff., act. 6) sowie der Klageantwort der Beklagten vom 4. Juli 2011 (act. 9) wurde am
23. September 2011 eine Vergleichsverhandlung durchgeführt (Prot. S. 7 f.). Den dort erzielten Vergleich widerrief die Klägerin innert Frist (act. 16, Prot. S. 9). In der Folge reichten die Klägerin mit Eingabe vom 12. Dezember 2011 (act. 18) und die Beklagte mit Eingabe vom 5. März 2012 (act. 22) die zweiten Rechtsschriften ein.
2.2 Die Parteien haben im Sinne von Art. 233 ZPO gemeinsam auf die Durchführung einer Hauptverhandlung verzichtet (act. 28, 29). Das Verfahren erweist sich als spruchreif, weshalb das Urteil zu fällen ist (Art. 236 Abs. 1 ZPO).
Formelles
Auf das vorliegende Verfahren ist die eidgenössische Zivilprozessordnung anwendbar, da es nach deren Inkrafttreten am 1. Januar 2011 rechtshängig gemacht wurde.
Die Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürich blieb unbestritten und ist in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit gemäss Art. 10 der Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten von 1996 und 2005 (act. 3/4-5) und Art. 406 ZPO in Verbindung mit Art. 9 GestG, sowie bezüglich der sachlichen Zuständigkeit gemäss Art. 6 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 44 lit. b GOG gegeben.
Materielles
Anwendbare Bestimmungen
Zwischen dem E. und der Beklagten bestanden unstrittig zwei Kollektiv-Lebensversicherungsverträge (act. 3/11 und 3/12), welche ersterer mit Schreiben vom 28. Januar 2008 per 31. Dezember 2008 kündigte (act. 3/13). Die Klägerin stützt ihren geltend gemachten Anspruch auf diese Verträge.
Bei diesen Kollektiv-Lebensversicherungsverträgen handelt es sich um eine Rückdeckung der Risiken der Vorsorgeeinrichtung (Rechtsvorgängerin der Klägerin) durch eine der Versicherungsaufsicht unterstellte Versicherungseinrichtung (Beklagte) im Sinne von Art. 67 Abs. 1 BVG. Eine solche Rückdeckung der Risiken stellt einen Versicherungsvertrag im Sinne des VVG und nicht einen Rückversicherungsvertrag dar (R OMOLO MOLO, in: Stämpflis Handkommentar BVG und VZG, 2010, N 8, 30 ff. zu Art. 67 BVG). Dabei ist die Vorsorgeeinrichtung die Versicherungsnehmerin (ROMOLO MOLO, a.a.O., N 10 zu Art. 53e BVG). Auf die Auflösung von Verträgen zwischen Versicherungseinrichtungen und Vorsorgeeinrichtungen, die dem FZG unterstellt sind, kommen als Spezialbestimmungen die Abs. 1 - 3 und 8 von Art. 53e BVG zur Anwendung. Nach Art. 53e Abs. 1 BVG besteht
bei der Auflösung von solchen Verträgen ein Anspruch auf das Deckungskapital. Dieser Anspruch gemäss Abs. 1 erhöht sich um eine anteilsmässige Beteiligung an den Überschüssen und vermindert sich durch die Rückkaufskosten. Die Versicherung hat der Vorsorgeeinrichtung eine detaillierte, nachvollziehbare Abrechnung vorzulegen (Art. 53e Abs. 2 BVG). Aufgrund dieser besonderen Regelung im BVG haben demnach die Vorsorgeeinrichtungen einen Anspruch auf Rückkauf des gesamten Deckungskapitals, im Besonderen auch des Deckungskapitals der Altersund Hinterlassenenrentner.
Abgesehen von den Spezialbestimmungen unterstehen solche Verträge hingegen nicht den Bestimmungen des BVG. Entgegen der Ansicht der Klägerin (act. 18 S. 18 ff.) liegt auch kein Fall vor, in welchem entsprechend der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in BGE 127 V 377 E. 5.c) die Vorsorgeeinrichtung nur ein dazwischen geschaltetes Instrument darstellt. Das Bundesgericht hält in seinem Urteil fest, dass es entscheidend auf die im Einzelfall bestehende anschlussvertragliche Lage ankommt. In dem von ihm zu beurteilenden Fall handelte es sich um ein System, in welchem es keinen Anschlussvertrag an die Sammelstiftung ohne entsprechenden Kollektiv-Versicherungsvertrag gab. Anschlussvertrag und KollektivVersicherungsvertrag waren rechtlich unauflösbar miteinander verbunden (BGE 127 V 377 E. 5.c.bb) f.). Dass es sich vorliegend gerade nicht um mit dem Anschlussvertrag rechtlich unauflösbar verbundene Kollektiv-Lebensversicherungsverträge handelt, zeigt sich bereits darin, dass nicht behauptet wird, die Kündigung der Kollektiv-Versicherungsverträge stehe im Zusammenhang mit einer Kündigung des Anschlussvertrages. Im Gegenteil blieb der betreffende Anschlussvertrag unstrittig bestehen und vollzog der E. auch schon Jahre vor Abschluss dieser Verträge die berufliche Vorsorge der Arbeitnehmer der F. (act. 22 S. 19). Dass sämtliche Risiken der Klägerin im KollektivLebensversicherungsvertrag versichert waren und das Vorsorgereglement als Grundlage genannt ist (act. 18 S. 7), genügt dagegen nicht, um von einem System wie dem im Urteil des Bundesgerichts geschilderten auszugehen. Denn im Gesetz ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Vorsorgeeinrichtung die Deckung der Risiken ganz (oder teilweise) einer der Versicherungsaufsicht unterstellten Versicherungseinrichtung übertragen kann, jedoch ohne daran die Anwendbarkeit
der Bestimmungen des BVG zu knüpfen (Art. 67 Abs. 1 BVG). Die Klägerin resp.
der E.
ist somit nicht ein dazwischen geschaltetes Instrument im Hinblick
auf den numerus clausus der Rechtsformen nach Art. 48 Abs. 2 BVG im Sinne dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Zudem wurden durch den nach Erlass des zitierten Bundesgerichtsentscheides in Kraft getretenen Art. 53e BVG die Auflösung von Verträgen und die damit in Zusammenhang stehenden Fragen gesetzlich geregelt. Nicht vorgesehen wurde dabei, dass auf Verträge zwischen Versicherungseinrichtungen und Vorsorgeeinrichtungen, die dem FZG unterstehen, allgemein die Bestimmungen des BVG Anwendung finden würden. Über die genannten Spezialbestimmungen hinaus unterstehen somit die vorliegenden Kollektiv-Lebensversicherungsverträge nicht den Vorschriften des BVG. Entsprechend sind der von der Klägerin angerufene Grundsatz der durchgehenden Verzinsung von Vorsorgeguthaben und das Verfalltagsprinzip bei reglementarisch geschuldeten Leistungen (act. 18 S. 22 ff.) ebenfalls nicht anwendbar.
Soweit keine Spezialbestimmungen des BVG zulässige vertragliche Regelungen bestehen, sind demnach auf die vorliegenden Kollektiv-Lebensversicherungsverträge das VVG und schliesslich die allgemeinen Bestimmungen des OR anwendbar (vgl. R OMOLO MOLO, a.a.O., N 8 zu Art. 53e BVG).
Unbestritten und vorliegend von Bedeutung ist zudem, dass die auf die beiden Kollektiv-Lebensversicherungsverträge anwendbaren Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kollektiv-Lebensversicherung der Beklagten vom 1. Januar 2005 (fortan AVB genannt) in Art. 7 eine Regelung betreffend die Vertragsauflösung enthalten. Abs. 1 dieser Bestimmung besagt: Bei der Kündigung des Versicherungsvertrages durch die Versicherungsnehmerin B. AG kann die Versicherungsnehmerin verlangen, dass die B. AG die ganze Versicherung (alle Versicherungen gemäss den nachfolgend genannten Kategorien 1 und
2) die Versicherungen der nachfolgend genannten Kategorie 1 zurückkauft: Kategorie 1: Aktivenbestand und Bezüger und Bezügerinnen von Invalidenleistungen zusammen mit Invaliditätsfällen, bei denen die Invalidität nach Auflösung des Versicherungsvertrags, die Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, aber vor Auflösung des Versicherungsvertrages eingetreten ist; Kategorie 2: Bezüger und Bezügerinnen von Altersund Hinterlassenenleistungen. (act. 20/3/5 S. 2, deutsch).
Mit dieser Bestimmung von Art. 7 Abs. 1 AVB wird der Anspruch auf das Deckungskapital nach Art. 53e Abs. 1 BVG näher geregelt. Die Versicherungsnehmerin, hier der E. , kann bei Kündigung der Verträge nicht nur den Rückkauf des gesamten Deckungskapitals verlangen, sondern ihr wird zudem die Möglichkeit eingeräumt, die Altersund Hinterlassenenrentner bei der Beklagten zu belassen. Ein solches Wahlrecht ist ein vertragliches Gestaltungsrecht (KRAMER/SCHMIDLIN, in: MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, Das Obligationenrecht, Art. 1 - 18 OR, 1986, Allgemeine Einleitung in das schweizerische OR, N 39; KOLLER, in: GUHL, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, § 2 N 34). Dieses Wahlrecht betreffend den Rückkauf ist zulässig, zumal nicht zwingend vorgeschrieben ist, dass die Vorsorgeeinrichtung sämtliche Deckungskapitalien übernehmen muss.
Zur Hauptbegründung
In der Hauptbegründung stützt die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung von Verzugszins für die Zeit vom 1. Januar bis zum 15. August 2009 nunmehr darauf, dass der Rückkauf des gesamten Deckungskapitals also des Deckungskapitals für die Kategorien 1 und 2 aufgrund der Kündigung des E. auf den 31. Dezember 2008 mit Ablauf des 31. Dezembers 2008 gestützt auf Art. 102 Abs. 2 OR fällig geworden sei (act. 1 S. 14). Sie macht geltend, der Anspruch sei auf den 1. Januar 2009 fällig geworden, weil der Austritt auf dieses Datum erfolgt und damit der Anspruch auf das Deckungskapital nach Art. 53e BVG entstanden sei (act. 18
S. 29). Das anlässlich der Kündigung der Verträge im Schreiben vom 28. Januar 2008 geäusserte Rückkaufsbegehren genüge den Anforderungen an ein solches Begehren. Den Willen zur Übernahme der laufenden Rentenverpflichtungen habe der E. mit Schreiben vom 12. Juni 2008, der ersten schriftlichen Mahnung (act. 3/14), und auch die Klägerin selbst mit Schreiben vom 22. Oktober 2008 als zweite schriftliche Mahnung (act. 3/15) bekräftigt. Zudem hätten mehrere mündliche Besprechungen nichts Konkretes ergeben. Mit Schreiben vom 13. Mai 2009
habe die Klägerin ein nunmehr exakt beziffertes Deckungskapital für sämtliche Rentenbezüger eingefordert (zum Ganzen: act. 1 S. 8, 13 f., act. 18 S. 12 ff.).
Darüber hinaus vertritt die Klägerin in ihrer Replik zur Ausübung des Wahlrechts
die Auffassung, Art. 7 AVB habe dem E.
die Möglichkeit eröffnet, durch
Verzicht auf seinen Anspruch nach Art. 53e BVG die Rentner bei der Beklagten zu belassen. Das Wahlrecht müsse also nicht ausgeübt werden, um die Deckungskapitalien mitnehmen zu können, sondern umgekehrt, um diejenigen der Kategorie 2 bei der Beklagten zu belassen. Ein solches Wahlrecht auf Zurücklassen von Personen der Kategorie 2 habe die Klägerin nicht ausgeübt. Schon mit dem Kündigungsschreiben vom 28. Januar 2008 habe sie angetönt, dass sie das Wahlrecht nicht ausübe. Auch im nachfolgenden Schriftverkehr habe der E. nicht ein Wahlrecht auf Zurücklassen der Altersund Hinterlassenenrentner ausgeübt und nie auf den Anspruch auf Herausgabe der Deckungskapitalien der Altersund Hinterlassenenrentner verzichtet. Ein solcher Verzicht könne namentlich nicht im Zusammenhang damit konstruiert werden, dass die Beklagte im Schreiben vom 5. Februar 2008 erklärt habe, sie gehe nun davon aus, dass die Deckungskapitalien der Altersund Hinterlassenenrentner bei ihr verblieben. Es genüge, dass die Klägerin nicht erklärt habe, die Personen der Kategorie 1 (recte: 2) nicht übernehmen zu wollen (act. 18 S. 12, 27).
Schliesslich bringt die Klägerin vor, die Behauptung der Beklagten, dass der Fristenlauf für die Fälligkeit im Sinne von Art. 92 Abs. 3 VVG erst mit der bezifferten
Forderung des E.
vom 13. Mai 2009 begonnen habe, entbehre jeglicher
Grundlage. Dies umso mehr, als sich die Beklagte während fast eineinhalb Jahren geweigert habe, die Deckungskapitalien endlich zu berechnen und die Werte samt Berechnungsgrundlagen der Klägerin mitzuteilen (act. 1 S. 14).
Die Beklagte hält dieser Begründung entgegen, das Wahlrecht gemäss Art. 7 AVB sei ein Gestaltungsrecht und durch empfangsbedürftige Willenserklärung
ihr gegenüber auszuüben. Der E.
habe in seinem Kündigungsschreiben
vom 28. Januar 2008 betreffend das Schicksal der Rentenbezüger keinen Willen geäussert. Jedenfalls habe er keine Willensäusserung abgegeben, welche von der Empfängerin seines Schreibens nach Treu und Glauben als solche hätte erkannt werden müssen (act. 9 S. 10, act. 22 S. 36). In ihrem Antwortschreiben habe die Beklagte klar und deutlich festgehalten, dass der E. sich nach ihrem Verständnis dazu entschieden habe, den Bestand der Rentner bei ihr zu belassen. Wenn der E. im Schreiben vom 12. Juni 2008 davon spreche, es bleibe die Frage der Deckungskapitalien der laufenden Renten pendent, habe er damit keine Willenserklärung abgegeben. Die Beklagte habe dies vielmehr so verstehen müssen, dass die Versicherungsnehmerin noch nicht entschieden hätte, welche der Varianten von Art. 7 AVB sie wählen wolle (act. 9 S.11 ff.). Bezüglich des von der Klägerin verfassten Schreibens vom 22. Oktober 2008 bestreitet die Beklagte zunächst die Legitimation der Klägerin zur Ausübung des Wahlrechts des E. , da die Fusion erst per 1. Januar 2009 erfolgt sei. Unabhängig davon sei dort die Rede von der Absicht der Klägerin, die laufenden Renten zu übernehmen. Mit der Bekanntgabe einer Absicht werde aber das entsprechende Gestaltungsrecht noch nicht ausgeübt (act. 9 S. 14). Es handle sich bei den Schreiben vom 12. Juni und 22. Oktober 2008 auch nicht um eine erste und eine zweite Mahnung (act. 9 S. 22). Ein Mitarbeiter des E. habe mit E-Mail vom 2. De-
zember 2008 der Sachbearbeiterin der Beklagten G.
bekannt gegeben,
dass man sich bis am 15. Dezember 2008 betreffend Übernahme Nichtübernahme der Altersrentner äussern werde (act. 9 S. 15). In der Folge sei aber die Gestaltungserklärung gemäss Art. 7 AVB betreffend die Übernahme des Bestands des Rentnerkollektivs von der Versicherungsnehmerin erst mit Schreiben vom 13. Mai 2009 abgegeben worden. Der Beklagten sei das Schreiben der Klägerin am 15. Mai 2009 zugegangen. Entsprechend sei die Rückkaufsforderung am 15. August 2009 zur Bezahlung fällig geworden. Die Beklagte habe die Deckungskapitalien der Altersund Hinterlassenenrentner per Ende September 2009 überwiesen. Hervorzuheben sei, dass sie die Renten noch bis und mit 3. Quartal des Jahres 2009 an die Berechtigten ausbezahlt habe. Für die Zeit vom 15. August 2009 bis zum 30. September 2009 habe die Beklagte der Klägerin einen Verzugszins entrichtet. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung zur Verzinsung der Rückkaufsforderung nachgekommen (act. 9 S. 9, 16 f., act. 22 S. 27, 31).
Im Weiteren hält die Beklagte fest, es sei richtig, dass Art. 7 AVB der Versicherungsnehmerin ein Wahlrecht einräume. Aber die klägerische Auffassung, wo-
nach bei Fehlen einer ausdrücklichen Ausschlagung automatisch von einem Rückkauf der ganzen Versicherung auszugehen gewesen wäre, lasse sich mit dem Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 AVB nicht in Einklang bringen: Art. 7 Abs. 1 AVB sehe vor, dass die Versicherungsnehmerin entweder den Rückkauf der ganzen Versicherung den Rückkauf des Aktivbestands plus Invalidenrentner verlangen könne. Die Versicherungsnehmerin habe sich demnach betreffend Übernahme Nichtübernahme des Rentnerbestands aktiv zu erklären (act. 22 S. 7, 25).
Das BVG als lex specialis gewährt bei Auflösung von Verträgen zwischen Versicherungseinrichtungen und dem FZG unterstehenden Vorsorgeeinrichtungen einen Anspruch auf das Deckungskapital und bestimmt, wie das Deckungskapital zu berechnen ist (Art. 53e Abs. 1 - 3 BVG). Die vorliegend strittige Fälligkeit des Deckungskapitals hingegen regelt das BVG nicht. Von den Parteien wurde auch nicht behauptet, es sei diesbezüglich (in den Verträgen den AVB) eine Vereinbarung getroffen worden. Demnach ist die Fälligkeit des Deckungskapitals nach den Bestimmungen des VVG (und subsidiär nach OR) zu ermitteln. Beim Anspruch auf das Deckungskapital nach Art. 53e Abs. 1 BVG handelt es sich um einen Fall des Rückkaufs einer Lebensversicherung (vgl. hierzu das Urteil des Bundesgericht 9C_92/2007 vom 30. April 2007 E. 3.5.2, wo vom Rückkaufswert bei Auflösung eines derartigen Kollektiv-Lebensversicherungsvertrages nach Art. 90 Abs. 2 VVG und auch Art. 53e BVG die Rede ist), weshalb die Art. 90 ff. VVG anwendbar sind. Gemäss Art. 92 Abs. 3 VVG wird die Forderung auf das Deckungskapital nach drei Monaten, vom Eintreffen des Rückkaufsbegehrens an gerechnet, fällig. Entsprechend ist zur Bestimmung der Fälligkeit der Zeitpunkt des Eintreffens des Rückkaufsbegehrens und als Voraussetzung hierfür auch die Kundgabe eines solchen zu ermitteln.
Infolge der Kündigung der Kollektiv-Lebensversicherungsverträge mit der Beklagten mit Schreiben vom 28. Januar 2008 per 31. Dezember 2008 ist gemäss Art. 53e Abs. 1 BVG ein Anspruch des E. auf Übernahme der Deckungskapitalien entstanden, und es kommt das in Art. 7 Abs. 1 AVB vorgesehene Wahlrecht des Versicherungsnehmers zum Zug. Die Ausübung des Wahlrechts bedeutet zugleich die Erklärung eines Rückkaufsbegehrens, da sich der Versicherungsnehmer darüber äussert, ob und in welchem Umfang er das Deckungskapital übernehmen möchte. Wie aber dieses Wahlrecht auszuüben ist, ist zwischen den Parteien strittig. Zunächst ist festzustellen, dass auch die Beklagte entgegen der klägerischen Darstellung (act. 1 S. 14, act. 18 S. 9) nicht behauptet, dass eine Erklärung zur Ausübung des Wahlrechts an eine bestimmte gar qualifizierte Form gebunden wäre dass dazu eine Bezifferung des Deckungskapitals notwendig wäre. Indes ist der Beklagten zuzustimmen (act. 22 S. 7), dass entgegen der klägerischen Darstellung nicht nur für den Fall eines Verzichts der Übernahme des Deckungskapitals der Altersund Hinterlassenenrentner durch die Klägerin resp. den E. eine Erklärung abzugeben gewesen wäre. Dass letzteres dem tatsächlichen Willen der Parteien bei Vertragsschluss betreffend Art. 7 Abs. 1 AVB entsprochen hätte, wird von der Klägerin nicht geltend gemacht. Die Auslegung der Bestimmung nach dem Vertrauensgrundsatz ergibt sodann, dass es zur Ausübung des Wahlrechts nicht genügte, dass kein Verzicht hinsichtlich der Kategorie 2 erklärt wurde. Denn der Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 AVB (act. 3/5) sieht vor, dass der Versicherungsnehmer verlangen kann, dass die Beklagte die ganze Versicherung die Versicherungen der nachfolgenden Kategorie 1 zurückkauft ([ ], la stipulante può esigere che B. riscatta l'intera assicurazione oppure le assicurazioni delle seguente categoria 1 [ ], act. 3/5 Art. 7 Abs. 1). Diesem Wortlaut ist aber nicht zu entnehmen, dass eine der Optionen für den Fall des Stillschweigens der Versicherungsnehmerin Anwendung finden würde, dass nur der Verzicht auf die Übernahme der Kategorie 2 erklärt werden müsste, ansonsten der Rückkauf beider Kategorien vermutet würde. Auch die gesetzliche Regelung in Art. 53e Abs. 1 BVG verlangt nicht nach einer solchen Vermutung der Übernahme sämtlicher Deckungskapitalien; es wird nur ein Anspruch darauf eingeräumt. Andere Umstände, welche eine solche Vermutung implizieren dazu führen würden, dass nur der Verzicht erklärt werden müsste, wurden nicht behauptet und sind auch nicht ersichtlich. Entsprechend dieser Auslegung von Art. 7 Abs. 1 AVB wurde von den Parteien zur Ausübung des Wahlrechts nicht vereinbart, dass nur bei Verzicht auf Übernahme eine Erklärung abgegeben werden müsste. Mangels abweichender vertraglicher Vereinbarung war daher das
Wahlrecht nach Art. 7 Abs. 1 AVB als Gestaltungsrecht durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung auszuüben (vgl. KRAMER/SCHMIDLIN, in: MEIERHAYOZ, Berner Kommentar, Das Obligationenrecht, Art. 1 - 18 OR, 1986, Allgemeine Einleitung in das schweizerische OR, N 40; KOLLER, in: GUHL, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, § 2 N 36). Der E. resp. nach erfolgter Fusion die Klägerin selbst hatten zur Ausübung des Wahlrechts zwingend eine Erklärung zugunsten der einen anderen Option abzugeben.
Auf den von der Klägerin im Zusammenhang mit dem Kündigungsschreiben vom
28. Januar 2008 vorgebrachten Irrtum des E. betreffend die AVB und die Rechtslage zum Deckungskapital muss nicht näher eingegangen werden. Die Klägerin behauptet bekanntlich nicht, dass die Willenserklärung wegen dieses Irrtums nicht abgegeben worden wäre, sondern hält fest, dass der E. deshalb gemeint habe, den Rückkauf näher erläutern zu müssen (act. 18 S. 37). Die Klägerin macht demnach nicht geltend, dass dieser Irrtum die Ausübung des Wahlrechts und das Rückkaufsbegehren verzögert hätte.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass kein Stillschweigen der Klägerin resp. des E. zur Frage der Übernahme des Deckungskapitals der Altersund Hinterlassenenrentner vorgelegen hat, sondern sie sich dazu in der von ihr eingereichten Korrespondenz aus der Zeit vom 28. Januar 2008 bis zum 22. Oktober 2008 (vgl. dazu nachfolgend Ziffer 4.2.4.; act. 3/13 - 16) sehr wohl geäussert haben.
Im Folgenden ist daher zu prüfen, mit welchem Schreiben die Klägerin resp. der E. eine Willenserklärung zur Ausübung des Wahlrechts abgegeben hat. Auf mündliche Gespräche der Parteien ist dagegen nicht näher einzugehen, zumal die Klägerin einzig behauptet, in mehreren Gesprächen auf die Übernahme der Altersrentner zurückgekommen zu sein und dabei vor allem auf der Bekanntgabe der Deckungskapitalien sowie der Berechnungsgrundlagen beharrt zu haben (act. 1 S. 13). Die Gespräche sollen demnach ausschliesslich die schriftlichen Äusserungen wiederholt und keinen davon abweichenden Inhalt gehabt haben. Entsprechend genügt eine Analyse der angerufenen Schreiben des E. und der Klägerin. Ebenso ist auf den von der Klägerin erhobenen Vorwurf, die Beklagte habe sich eineinhalb Jahre geweigert, die Höhe der Deckungskapitalien bekannt zu geben (act. 1 S. 13), nicht einzugehen. Denn die Klägerin macht nicht geltend, dies habe sich auf den Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung ausgewirkt, sondern sie ist der Auffassung, diese bereits zuvor im Rahmen der Kündigung abgegeben zu haben.
Die Beklagte anerkennt eine Willenserklärung auf Übernahme des Deckungskapitals der Altersund Hinterlassenenrentner mit dem Schreiben vom 13. Mai 2009 (act. 3/16), bei ihr eingegangen am 15. Mai 2009. Die Klägerin demgegenüber erblickt bereits im Kündigungsschreiben vom 28. Januar 2008 (act. 3/13) ein derartiges Rückkaufsbegehren, welches durch die weiteren Schreiben vom 12. Juni und 22. Oktober 2008 gemahnt worden sei. Dass die Beklagte eines dieser von ihr angerufenen Schreiben als Willenserklärung zur Übernahme der Altersund Hinterlassenenrentner und damit ihrem Verständnis entsprechend tatsächlich richtig verstanden hätte, macht die Klägerin nicht geltend. Diese Willenserklärungen sind deshalb nach dem Vertrauensprinzip so auszulegen, wie sie von der Beklagten als Empfängerin in guten Treuen verstanden werden durften und mussten. Massgeblich ist dabei der objektive Sinn des Erklärungsverhaltens (G AUCH/SCHLUEP, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 9. Aufl. 2008, N 207 ff.). Der klägerischen Ansicht, dass an ein Rückkaufsbegehren keine hohen Anforderung gestellt werden dürften (act. 1 S. 13), ist nicht zu folgen. Ein solches Begehren muss klar sein.
In dem von beiden Parteien benannten Kündigungsschreiben vom 28. Januar 2008 findet sich folgende Passage: Secondo le vostre CGA dal 01.01.2009, gli attivi e gli invalidi dovrebbero essere gestiti nella nuova struttura con relativo passaggio di riserve matematiche, mentre i beneficiari di prestazioni di vecchiaia lasciati in gestione a B. AG (act. 3/13 S. 1). Hiermit stellt der E. fest, dass gemäss den AVB der Beklagten die Aktiven und die Invalidenrentner bei der neuen Struktur der beruflichen Vorsorge mit entsprechendem Übergang der Deckungskapitalien geführt werden sollen, während die Altersrentner in der Führung der Beklagten belassen werden. Im nämlichen Schreiben - diese Stelle zitieren beiden Parteien (act. 1 S. 7, act. 9 S. 10) erklärt der E. weiter, man müsse
auch die Möglichkeit eines Rückkaufs der Altersrenten erwägen/in Betracht ziehen (Inoltre si dovrebbe considerare anche l'evenutalità di un riscatto delle rendite di vecchiaia, act. 3/13 S. 1). Diese Äusserungen des E. im Kündigungsschreiben vom 28. Januar 2008 können nach ihrem objektiven Sinn nicht als Aus- übung des Wahlrechts gemäss Art. 7 Abs. 1 AVB, als Abgabe einer Gestaltungserklärung auf Übernahme des Deckungskapitals der Altersrentner verstanden werden. Er erklärt nur, dass er die Möglichkeit der Übernahme in Betracht ziehe. Damit teilt er eindeutig mit, dass dieser Entscheid noch nicht getroffen wurde, sondern noch darüber nachgedacht wird. An dieser Auslegung ändert auch die Darstellung der Klägerin nichts, wonach der E. zunächst über den Inhalt der anwendbaren AVB und über die Rechtslage geirrt habe (act. 1 S. 10). Die Äusserungen des E. im Kündigungsschreiben vom 28. Januar 2008 mussten nicht in guten Treuen im Sinne einer Willenserklärung zur Übernahme der Deckungskapitalien auch der Altersund Hinterlassenenrentner verstanden werden.
Aus dem Schreiben vom 5. Februar 2008 der Beklagten, mit welchem sie dem E. mitteilt, dass sie davon ausgehe, dass die Altersrentner und Renten für Hinterbliebene bei ihr belassen würden (Partiamo dal presupposto che le riserve matematiche relative alle prestazioni di vecchiaia e per superstiti in corso non saranno trasferite al nuovo fondo .; act. 10/2 S. 1), kann keine Verzichtserklärung betreffend Übernahme hergeleitet werden (vgl. act. 18 S. 12, 35). Dieses Schreiben zeigt aber immerhin, dass die Beklagte die Erklärung des E. im Kündigungsschreiben in der Tat nicht als Ausübung des Wahlrechts verstanden hatte und sie dies dem E. auch bestätigte.
In seiner Erwiderung nimmt der E. am 12. Juni 2008 (act. 3/14) Bezug auf sein Kündigungsschreiben vom 28. Januar 2008 und die Antwort der Beklagten vom 5. Februar 2008 und bestätigt darin formell die Kündigung der fraglichen Verträge per 31. Dezember 2008. Sodann stellt er worauf beide Parteien verweisen (act. 1 S. 8, act. 9 S. 12) fest, dass die Frage der Übernahme der Alters-, Invalidenund Hinterlassenenrentner noch pendent bleibe (resta ancora pendente la questione delle riserve matematiche relative alle prestazioni per beneficiari di rendite vecchiaia, invalidità e superstiti in corso, act. 3/14). Aufgrund dieses Schreibens des E. musste eindeutig davon ausgegangen werden, dass die Frage der Übernahme der Altersund Hinterlassenenrentner durchaus noch offen war. Nach dessen objektiven Sinn musste folglich der Inhalt des Schreibens vom 12. Juni 2008 nicht als Ausübung des Wahlrechts und Erklärung der Übernahme des Deckungskapitals der Altersund Hinterlassenenrentner gar als Mahnung der Überweisung desselben verstanden werden.
Noch vor der Fusion mit dem E. per 1. Januar 2009 gelangte sodann mit Schreiben vom 22. Oktober 2008 (act. 3/15) die Klägerin an die Beklagte. Inwie-
fern die Klägerin zu diesem Zeitpunkt den E.
gegenüber der Beklagten
rechtsgültig hätte vertreten können, trägt sie trotz Bestreitung ihrer Ermächtigung (act. 9 S. 14) nicht vor. Das Bestehen einer Vollmacht hierzu wird nicht behauptet. Beim Schreiben der Klägerin handelte es sich demzufolge gemäss der unbestrittenen Darstellung der Beklagten um dasjenige eines nicht vertretungsberechtigten Dritten. Doch braucht diese Frage nicht vertieft zu werden, zumal auch dieses Schreiben keine Ausübung des Wahlrechts betreffend das Deckungskapital der Altersund Hinterlassenenrentner enthält. Zunächst kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten daraus ableiten, dass die Beklagte mit Schreiben vom 16. September 2010 (act. 3/25) die Mitteilung einer grundsätzlichen Absicht zur Übernahme durch die Klägerin am 22. Oktober 2008 zugestanden hat (act. 18 S. 13). Damit bestätigte die Beklagte gerade nicht, das Schreiben vom 22. Oktober 2008 tatsächlich als Willenserklärung zur Übernahme des Deckungskapitals der Altersund Hinterlassenenrentner verstanden zu haben. Dies wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Im Gegenteil ist mit der Beklagten (act. 22 S. 18) darauf zu verweisen, dass sie im Rahmen dieser Bestätigung gegenüber der Klägerin explizit festhielt, dass aus dem Wortlaut des Schreibens ebenso klar hervorgehe, dass die Klägerin sich damals noch nicht endgültig festgelegt habe (act. 20/3/25). Deshalb ist auch das Schreiben vom 22. Oktober 2008 nach dem Vertrauensgrundsatz so auszulegen, wie es von der Beklagten in guten Treuen verstanden werden durfte und musste. In dem Schreiben ist nur von einer Absicht (intenzione) der Klägerin zur Übernahme des Deckungskapitals der Altersrentner im Rahmen der anstehenden Fusion die Rede, damit alle Rentenbegünstigten gleich gestellt wären. Sodann werden Informationen erbeten zum Zweck der Einschätzung der Folgen der Operation: Tarife und technische Zinssätze zur Berechnung des Deckungskapitals der Rentenbezüger. Die Übertragung des Deckungskapitals der Altersund Hinterlassenenrentner hingegen wird nicht verlangt gemahnt (act. 3/15). Da die Klägerin die Informationen zudem zur Einschätzung der Folgen wünscht, durfte und musste diese Erklärung im Schreiben vom 22. Oktober 2008 (act. 3/15) von der Beklagten in guten Treuen als blosse Absichtserklärung für die Zukunft, welche von den erteilten Informationen abhängt, und nicht als Willenserklärung betreffend das Deckungskapital der Altersund Hinterlassenenrentner und Ausübung des Wahlrechts verstanden werden. Nach wie vor hat demnach weder der E. noch die Klägerin ein Rückkaufsbegehren betreffend das Deckungskapital der Altersund Hinterlassenenrentner gestellt.
Fest steht, dass der damalige Geschäftsführer des E. , H. , gegenüber der Sachbearbeiterin G. der Beklagten mit E-Mail vom 2. Dezember 2008 (act. 10/3) erklärt hat, dass sich die Versicherungsnehmerin bis am 15. Dezember 2008 betreffend Übernahme Nichtübernahme der Altersrentner äussern werde (act. 9 S. 15). Dadurch wird untermauert, dass die Erklärung betreffend das Deckungskapital der Rentner zu diesem Zeitpunkt noch ausstand.
Auf weitere Schreiben vor dem 13. Mai 2009, in welchen das Wahlrecht im Sinne der Übernahme der Altersrentner ausgeübt worden wäre, beruft sich die Klägerin nicht. Dementsprechend war das anerkannte Begehren vom 13. Mai 2009 auf Übertragung des Deckungskapitals der Altersund Hinterlassenenrentner ([ ], con la presente, ci permettiamo richiedere il versamento dell'importo corrispondente ai valori di riscatto di spettanza, del personale attivo e dei beneficiari di rendita [ ], act. 3/16) die (erste) Willenserklärung zur Ausübung des Wahlrechts gemäss Art. 7 Abs. 1 AVB.
Die Klägerin hat somit mit Schreiben vom 13. Mai 2009 mit dem Rückkaufsbegehren betreffend die Altersund Hinterlassenenrentner gestellt.
Dieses Schreiben vom 13. Mai 2009 mit dem Rückkaufsbegehren traf bei der Beklagten unstrittig am 15. Mai 2009 ein. Demnach wurde die Forderung auf das Deckungskapital 3 Monate danach, mithin am 15. August 2009, fällig (Art. 92
Abs. 3 VVG). Ab dem 16. August 2009 bis zur Überweisung Ende September 2009 (Art. 102 Abs. 2 OR) befand sich die Beklagte somit in der Tat mit der Zahlung des Deckungskapitals in Verzug. Für diese Zeit hat die Beklagte der Klägerin denn auch den Verzugszins zu 5 % bereits vor Klageeinleitung überwiesen (act. 1 S. 16, act. 18 S. 41).
Hingegen nicht in Verzug war die Beklagte in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 15. August 2009, für welche die Klägerin mit ihrer Klage Verzugszins auf dem Deckungskapital der Altersund Hinterlassenenrentner der Kollektiv-Lebensversicherungsverträge Nr. und verlangt. Demzufolge steht der Klägerin gestützt auf ihre Hauptbegründung kein Anspruch gegenüber der Beklagten zu.
Zur Eventualbegründung
Für den Fall, dass das Gericht die Klage nicht gestützt auf die soeben dargelegte Hauptbegründung der Klägerin gutheissen sollte, legt die Klägerin im Sinne einer Eventualbegründung dar, dass die Art und Weise, wie die Beklagte den Auszahlungsbetrag auf den 1. Oktober 2009 berechnet habe, falsch gewesen und die Klage mindestens unter diesem Gesichtspunkt teilweise gutzuheissen sei. Bei korrekter Berechnung seien die die Rente beeinflussenden Faktoren auf einund denselben Tag, nämlich den Stichwerttag für die Barwertberechnung, zu berücksichtigen. Da die Beklagte die Rentenzahlungen zwischen 1. Januar und 1. Oktober 2009 tatsächlich ausgerichtet habe, seien Zins und Kapitalverzehr auf den 1. Oktober 2009 zu bemessen. Stichtag für die Berechnung des zu überweisenden Deckungskapitals sei im Sinn der Eventualbegründung der 1. Oktober 2009. Die Beklagte habe bei Austritt der Klägerin zur Kapitalisierung der laufenden Altersrenten den technischen Zinssatz 3.5 % verwendet. Demgemäss habe sie die Deckungskapitalien, analog der Berücksichtung des Zinsverkehrs, zwischen 1. Januar 2009 und 1. Oktober 2009 mit 3.5 % zu verzinsen. Es ergebe sich also für den Fall, dass keine Verzugszins auf dem Deckungskapital per 1. Januar 2009 geschuldet sein sollte, dass der von der Klägerin per 1. Oktober 2010 (recte: 2009) ausbezahlte Betrag um CHF 3'703'692.61 zu tief gewesen sei. Demgemäss sei die Beklagte, sollte nicht die gesamte Klageforderung gutzuheissen sein, im-
merhin zu verpflichten, der Klägerin CHF 3'703'692.61 plus Zins zu 5 % ab Datum der Klageeinleitung zu bezahlen (act. 18 S. 29 ff.).
Zur Eventualbegründung der Klägerin verweist die Beklagte auf Art. 7 Abs. 3 lit. a AVB und hält fest, nach der vertraglichen Regelung sei Stichtag für die Berechnung des Deckungskapitals der Tag, auf den der Kollektiv-Lebensversicherungsvertrag aufgelöst werde. Vorliegend sei der Kollektiv-Lebensversicherungsvertrag per Ende 2008 gekündigt worden. Entsprechend bilde Stichtag für die Berechnung des Deckungskapitals sowohl betreffend die aktiven Versicherten wie auch betreffend die Rentenbezüger der 1. Januar 2009. Es gebe weder eine vertragliche noch eine gesetzliche Grundlage dafür, den Stichtag auf den 1. Oktober 2009 zu verschieben. Zudem wende die Klägerin bei ihrer Berechnung des angeblichen Deckungskapitals per 1. Oktober 2009 einen falschen Berechnungsmodus an (act. 22 S. 6, 27 f.). In Anbetracht dessen, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherungsnehmers nach längerem Zögern schliesslich erst im Mai 2009 die Übernahme des Rentnerbestandes erklärt habe, habe sich die Beklagte gezwungen gesehen, die am 1. Januar und am 1. April 2009 fällig werdenden Rentenbetreffnisse für das 1. und 2. Quartal 2009 auszubezahlen. Und da sie aus organisatorischen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, das Deckungskapital vor dem 1. Juli 2009 an die Klägerin zu überweisen, habe sie auch noch die Rentenbetreffnisse für das 3. Quartal 2009 ausbezahlt. Selbstredend dürfe sie die den Rentnern noch ausbezahlten Beträge von dem per 1. Januar 2009 berechneten Deckungskapital subtrahieren (act. 22 S. 28).
Der von der Beklagten angerufene Abs. 3 lit. a von Art. 7 AVB hält fest, dass die Berechnung des Rückerstattungswertes auf den Zeitpunkt erfolgt, auf den die Vertragsauflösung gemäss Versicherungsvertrag vorgesehen werden kann (act. 20/3/5 S. 2, deutsch). Es besteht keine gesetzliche Regelung, welche dieser vertraglichen Bestimmung entgegen stehen ein anderes Berechnungsdatum vorschreiben würde. Wie erwähnt, ist der von der Klägerin angerufene Grundsatz der durchgehenden Verzinsung auf diese Verträge nicht anwendbar. Das zu überweisende Deckungskapital ist somit auf den Zeitpunkt der Vertragsauflösung hin zu berechnen.
Die Verträge wurden unstrittig per 1. Januar 2009 aufgelöst. Demnach war die Berechnung des Deckungskapitals in Anwendung von Art. 7 Abs. 3 lit. a AVB auf dieses Datum hin vorzunehmen, was die Beklagte gemäss Darstellung beider Parteien auch tat. Dass die Beklagte berechtigt war, von dem auf dieses Datum hin berechneten Deckungskapital einen Betrag in der Höhe der von ihr an die Rentner der Klägerin erbrachten Leistungen abzuziehen, blieb unbestritten.
Die Beklagte hat folglich durch Überweisung des auf den 1. Januar 2009 berechneten Deckungskapitals unter Abzug der von ihr 2009 noch erbrachten Renten den korrekten Betrag an die Klägerin überwiesen. Damit steht der Klägerin auch unter diesem Titel kein Anspruch gegen die Beklagte zu. Ihre Klage ist abzuweisen.
Kostenund Entschädigungsfolgen
Die Prozesskosten (Art. 95 Abs. 1 ZPO) werden gemäss Art. 106 Abs. 1 ZPO der unterliegenden Partei auferlegt. Die Höhe der Gerichtsgebühr und der Prozessentschädigung bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts und der Verordnung über die Anwaltsgebühren (Art. 96 ZPO i.V.m. Art. 199 Abs. 1 GOG) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem tatsächlichen Streitinteresse (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG; § 2 Abs. 1 lit. a AnwGebV).
Der Streitwert beträgt vorliegend CHF 5'808'647.80 (Art. 91 Abs. 1 ZPO).
In Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 GebV OG ist die Gerichtsgebühr auf vier Drittel der Grundgebühr festzusetzen. Ausgangsgemäss ist die Gerichtsgebühr der Klägerin aufzuerlegen und im Umfang des von ihr geleisteten Kostenvorschusses aus demselben zu decken. Ferner ist die Klägerin zu verpflichten, der Beklagten eine Prozessentschädigung von CHF 105'000.zu bezahlen (§ 4 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 und 2 AnwGebV). Ist einer mehrwertsteuerpflichtigen Partei eine Prozessentschädigung zuzusprechen, hat dies zufolge Möglichkeit des Vorsteuerabzugs ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer zu erfolgen (vgl. Ent-
scheid des Kassationsgerichts des Kantons Zürichs vom 19. Juli 2005, in: ZR 104 (2005) Nr. 76).
Die Klage wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 105'000.-.
Die Kosten werden der Klägerin auferlegt und im Umfang des von ihr geleisteten Kostenvorschusses aus demselben gedeckt.
Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Prozessentschädigung von CHF 105'000.zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilungen an die Parteien und an die FINMA, 3003 Bern.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 5'808'647.80.
Zürich, 30. November 2012
Handelsgericht des Kantons Zürich
Der Präsident:
lic. iur. Peter Helm
die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. Claudia Marti
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.