Zusammenfassung des Urteils HG090301: Handelsgericht des Kantons Zürich
Die Berufungsklägerin, eine Frau, hat gegen die Entscheidung der Sozialbehörde D. geklagt, die die Beistandschaft für ihre Tochter C. aufgehoben hatte. Der Bezirksrat Meilen entschied, dass die Beistandschaft nicht weitergeführt wird, da die Mutter nicht mit dem Beistand kooperiert habe und die Situation der Tochter sich verbessert habe. Die Berufungsklägerin legte Berufung ein, um die Beistandschaft fortzusetzen. Der Bezirksrat entschied, dass die Beistandschaft aufgehoben wird. Die Kosten des Verfahrens wurden der Berufungsklägerin auferlegt. Der Beschluss des Bezirksrats wurde teilweise aufgehoben, da der Bericht des Beistands nur als Zwischenbericht genehmigt werden konnte. Die Berufungsklägerin muss einen Grossteil der Verfahrenskosten tragen. Der Berufungsbeklagte erhält keine Parteientschädigung.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG090301 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 14.12.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Kraftloserklärung |
Schlagwörter : | Angebot; Über; Aktionär; Angebots; Aktie; Kraftloserklärung; Intervenient; Recht; Beklagten; Aktien; Preis; Aktionäre; Anbieter; Angebotspreis; Entschädigung; Gericht; Intervenienten; Stimmrechte; Zielgesellschaft; Kaufangebot; Übernahmekommission; Fälle; Schwelle; Rechtsbegehren; Namenaktie; Beteiligungspapier; Beteiligungspapiere; önne |
Rechtsnorm: | Art. 151 IPRG ;Art. 37 VVG ;Art. 706a OR ;Art. 717 OR ;Art. 756 OR ; |
Referenz BGE: | 123 III 264; 135 III 385; |
Kommentar: | - |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG090301-O/U/dz
Mitwirkend: der Oberrichter Thomas Seeger, Präsident, und die Ersatzoberrichterin Flurina Schorta, die Handelsrichter Paul Josef Geisser, Prof. Dr. Peter Nobel und Dr. Rolf Dürr sowie der Gerichtsschreiber Jeremias Widmer
in Sachen
,
Klägerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur., LL.M. Y.
gegen
Beklagte
sowie
,
Intervenient
betreffend Kraftloserklärung
Es seien sämtliche nicht von der Klägerin gehaltenen Namenaktien der Beklagten, nämlich 7365 Namenaktien der Beklagten mit einem Nennwert von je CHF 10 (Valorennummer ..., ISIN: ...), nach Art. 33 BEHG kraftlos zu erklären.
Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten.
(act. 42 S. 2)
1. Das Rechtsbegehren der Klägerin wird nur mit der Massgabe gutgeheissen, dass für die bisher nicht von der Klägerin gehaltenen 7365 Namenaktien der Beklagten an die derzeit noch vorhandenen übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) eine Entschädigung von mindestens CHF 116.66 je Namenaktie im Nennwert von CHF 10 und gegebenenfalls eine sich aus einer Unternehmensbewertung ergebende höhere Entschädigung ausgerichtet wird.
Eventualiter: Das Rechtsbegehren der Klägerin wird zurückgewiesen.
2. Kostenund Entschädigungsfolgen einschliesslich der Kosten aller Beitretenden fallen der Klägerin zur Last.
1. Prozessgeschichte
Mit Eingaben vom 4. Dezember 2009 machte die Klägerin obgenanntes Rechtsbegehren am Handelsgericht des Kantons Zürich anhängig (act. 1; act. 1A), worauf dessen Präsident am 8. Dezember 2009 die dreimalige Veröffentlichung des Rechtsbegehrens im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) und in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) verfügte, den restlichen Aktionären der Beklagten eine Frist von 3 Monaten seit der ersten Bekanntmachung im SHAB ansetzte, um den Prozessbeitritt zu erklären, und der Beklagten Frist zur Einreichung ihrer Kla-
geantwort ansetzte (Prot. S. 2 f.). Die Klageantwort datiert vom 14. Dezember 2009 (act. 7). Nach dreimaliger Veröffentlichung des Rechtsbegehrens (vgl. act. 4
- 16) erklärte C. mit Eingabe vom 12. März 2010 (act. 21) seinen Prozessbeitritt als Intervenient im Sinne von Art. 33 Abs. 1 BEHG und Art. 55 Abs. 3 BEHV. Dies wurde mit Verfügung vom 16. März 2010 vorgemerkt und dem Intervenienten gleichzeitig Frist angesetzt, seine Angaben zur Person zu vervollstän- digen (Prot. S. 4 f.). Nachdem der Intervenient dies mit Eingabe vom 30. März 2010 getan hatte (act. 24), wurde der Klägerin und der Beklagten mit Verfügung vom 22. April 2010 Frist angesetzt, um zur Rechtsschrift des Intervenienten (Eingabe vom 12. März 2010) Stellung zu nehmen (Prot. S. 7 f.). Die Stellungnahme der Beklagten datiert vom 7. Juni 2010 (act. 29), diejenige der Klägerin vom
7. Juni 2010 (act. 31). Noch vor der Durchführung einer Referentenaudienz und Vergleichsverhandlung reichte die Klägerin mit Eingabe vom 1. Dezember 2010 diverse Dokumente ins Recht (act. 36 - 37), welche dem Intervenienten zugestellt wurden (Prot. S. 11). Anlässlich der Referentenaudienz und Vergleichsverhandlung vom 9. Dezember 2010 konnten die Parteien keine Einigung finden (Prot.
S. 12 ff.). Nachdem die Klägerin mit Eingabe vom 10. Dezember 2010 auf eine Replik und Widerklageantwort verzichtet hatte (act. 40), wurde dem Intervenienten mit Verfügung vom 13. Dezember 2010 Frist angesetzt, um seine Duplik / Widerklagereplik einzureichen (Prot. S. 15 f.). Nach Eingang der Duplik / Widerklagereplik vom 23. Januar 2011 (act. 42) wurde der Klägerin und der Beklagten mit Verfügung vom 24. Januar 2011 Frist zur Widerklageduplik (und Stellungnahme zu allfälligen Noven der Duplik) angesetzt (Prot. S. 17). Die Widerklageduplik der Beklagten datiert vom 10. März 2011 (act. 47), diejenige der Klägerin vom
11. März 2011 (act. 49). Mit Verfügung vom 16. März 2011 wurde in der Folge - dem Intervenienten Frist angesetzt, um zu allfälligen Noven in den Widerklagedupliken Stellung zu nehmen (Prot. S. 18 f.), was er mit Eingabe vom 11. Mai 2011 tat (act. 56). Diese Eingabe wurde am 17. Mai 2011 der Klägerin und der Beklagten zugestellt (Prot. S. 21).
Parteien/Sachverhalt
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Naamloze Vennootschap (NV), eine juristische Person nach niederländischem Recht, mit Sitz in den Niederlanden. Die Beklagte ist eine Schweizer Aktiengesellschaft mit Sitz in D. (act. 3/2). Beim Intervenienten handelt es sich um eine natürliche Person, welcher im Aktienbuch eingetragener (Minderheits-)Aktionär der Beklagten ist (act. 29 S. 1;
act. 27/1).
Mit der vorliegenden Klage strebt die Klägerin, welche 2'084'635 der Namenaktien hält, nach Durchführung eines öffentlichen Kaufangebots gemäss
Art. 33 des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (BEHG) die Kraftloserklärung der nicht von ihr gehaltenen 7'365 Namenaktien der Beklagten an. Die Beklagte anerkennt die Klage. Der Intervenient widersetzt sich der Klage, sofern nicht für die 7'365 Namenaktien an die derzeit noch vorhandenen übrigen (Minderheits-)Aktionäre eine Entschädigung von mindestens CHF 116.66 je Namenaktie (im Nennwert von CHF 10.00) ausgerichtet wird. Nach seiner Sachverhaltsdarstellung hat die Klägerin zwei meldepflichtigen Minderheitsaktionären mit jeweils einem Aktienanteil von über 3% bis zu CHF 116.66 pro Aktie bezahlt, um die 98%-Schwelle zu überwinden und mit einigen Monaten Verzögerung die übrigen (Minderheits-)Aktionäre mit einem minderwertigen Pro-forma-Angebot von CHF 94.00 aus ihrer Aktionärsstellung zu verdrängen, was er als rechtsmissbräuchlich und sittenwidrig ansieht.
Formelles
Im internationalen Verhältnis befindet sich der Gerichtsstand der Klage auf Kraftloserklärung nach Art. 2 LugÜ i.V.m. Art. 151 IPRG am Sitz der beklagten Zielgesellschaft (G OTSCHEV/STAUB, Der Ausschluss von Minderheitsaktionären nach Art. 33 Börsengesetz und durch squeeze out merger gemäss Fusionsgesetz, in: GesKR 2006, S. 265, 275, mit Hinweisen), d.h. hier im Kanton Zürich. Die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts (als ordentliches Gericht, vgl. ZR 97 (1998) Nr. 33) ergibt sich aus § 63 Ziff. 1 GVG.
Das in Art. 33 BEHG vorgesehene Recht der restlichen Aktionäre, dem Prozess beizutreten, ist prozessual als Nebenintervention zu qualifizieren. Genauer handelt es sich um eine streitgenössische bzw. selbstständige Nebenintervention, da das Urteil unmittelbar die Rechtsstellung des Nebenintervenienten tangiert und dies auch im Verhältnis zum klagenden Anbieter, der dessen Beteiligungspapiere im Falle der Gutheissung der Klage zum Angebotspreis übernehmen kann. Art. 55 Abs. 3 BEHV hält folgerichtig fest, dass die beitretenden Aktionäre in ihren Prozesshandlungen von der beklagten Gesellschaft unabhängig sind. Der Verfahrensbeitritt ist ohne Darlegung eines Rechtsschutzinteresses möglich (BSK
BEHG-RAMPINI/REITER, Art. 33 N 30, mit Hinweisen). Demgemäss kann auch wenn die Klage von der Beklagten bereits anerkannt wurde - der beigetretene Aktionär C. gegenüber der Klägerin eigene Rechtsbegehren stellen (vgl. auch KUNZ, Der Minderheitenschutz im schweizerischen Aktienrecht, Bern 2001, S. 685).
Indessen: Nach Ansicht der Klägerin (und der Beklagten) kann der vom Intervenienten mit seinem Rechtsbegehren angesprochene (höhere) Preis gar nicht zum Prozessgegenstand gemacht werden. Gegenstand des Kraftloserklärungsverfahrens sei abgesehen von sog. altrechtlichen Übernahmen allein die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Kraftloserklärung erfüllt seien. Für die Beurteilung anderer Ansprüche der Beteiligungsinhaber, welche sich aus dem vorangegangenen Angebotsverfahren allenfalls gegen den Anbieter ergeben könnten, sei der nach Art. 33 BEHG angerufene Zivilrichter nicht zuständig. Der Angebotspreis könne nicht zum Gegenstand des Kraftloserklärungsverfahrens gemacht werden (act. 31 S. 13 ff.; act. 49 S. 34 ff.).
Ob das Gericht - das sich aufgrund entsprechender Beweismittel selbst davon überzeugen muss, dass die Voraussetzungen für die Kraftloserklärung erfüllt sind; es gilt die Offizialmaxime (S CHENKER, Schweizerisches Übernahmerecht, Bern 2009, S. 403, mit Hinweisen) im Kraftloserklärungsverfahren auch den Angebotspreis mit Wirkung erga omnes festlegen kann, ist umstritten.
Im Prinzip ist die Abfindung für die Minderheitsaktionäre im Rahmen von Art. 33 BEHG klar und eindeutig geregelt: Der Anbieter erhält die erneut ausge-
gebenen Beteiligungspapiere gegen Entrichtung des Angebotspreises Erfüllung des Austauschangebotes (Art. 33 Abs. 2 BEHG). Das heisst die Aktionäre haben im Kraftloserklärungsverfahren keine Möglichkeit, die Angemessenheit des Angebotspreises zu beanstanden, sondern müssen diesen sofern die Bedingungen für die Kraftloserklärung erfüllt sind ohne Einspruchsmöglichkeiten akzeptieren. Der Gesetzgeber hat auf die Überprüfung des Preises bei der Kraftloserklärung verzichtet, da die Annahme dieses Preises durch über 98% der Aktionäre als Tatbeweis für die Angemessenheit dieses Preises gilt (SCHENKER, a.a.O.,
S. 403 f., mit Hinweisen).
In der Tat ist dort, wo die 98%-Schwelle durch die im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots im Sinne von Art. 32 BEHG angedienten Beteiligungspapiere überschritten wird, Transparenz für die und Gleichbehandlung der Aktionäre mehr weniger gegeben:
Zum einen wird durch verschiedene Informationspflichten der Anbieter und der Zielgesellschaft sichergestellt, dass die Aktionäre der Zielgesellschaft ihren Entscheid über Ablehnung bzw. Annahme des Angebotes auf der Basis möglichst vollständiger Informationen fällen können. Dabei stehen die Publikation eines Angebotsprospektes durch den Anbieter und die Publikation eines Berichtes zum Angebot durch den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft im Vordergrund. Durch diese Transparenzvorschriften soll das Informationsdefizit, das die Aktionäre der Zielgesellschaft im Vergleich zu den Leitungsorganen der Zielgesellschaft und dem Anbieter haben, ausgeglichen werden. Durch die Offenlegung aller für die Bewertung der Zielgesellschaft notwendigen Informationen wird aber vor allem auch sichergestellt, dass der Aktienkurs der Zielgesellschaft den tatsächlichen Wert des Unternehmens möglichst genau abbildet, damit die Aktionäre bei ihrer Entscheidung tatsächlich Unternehmenswert und Angebot gegenüberstellen kön- nen, um auf dieser Basis die richtige Entscheidung zu treffen (S CHENKER, a.a.O.,
S. 200, mit Hinweisen). Nur bei einem vorteilhaften Übernahmepreis wird der Anbieter im Anschluss an das öffentliche Kaufangebot über 98% der Stimmrechte verfügen (KÖPFLI, Der Ausschluss der Minderheitsaktionäre nach einem öffentlichen Übernahmeangebot, in: SJZ 94 (1998) S. 62).
Zum anderen erhalten alle Aktionäre der Zielgesellschaft die gleichen Informationen und können ihre Aktien zum gleichen Preis verkaufen, womit das börsenrechtliche Gleichbehandlungsgebot eine Weiterentwicklung des in Art. 706 Abs. 2 Ziff. 3 OR und Art. 717 Abs. 2 OR festgehaltenen aktienrechtlichen Gleichbehandlungsprinzips (S CHENKER, a.a.O., S. 201 f., mit Hinweisen) gewahrt wird. Das gilt auch für die sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist (Art. 27 Abs. 2 BEHG), in denen gemäss Praxis der Übernahmekommission - die sog. BestPrice-Rule zur Anwendung gelangt. Diese in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote (UEV) festgelegte Regel verpflichtet den Anbieter, bei Erwerb von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft nach Veröffentlichung des Angebots zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis diesen auch allen anderen Empfängern des Angebots anzubieten (SCHÄRER/ZEITER, Going Private Transaktionen, in: Tschäni (Hrsg.), Mergers & Acqusitions V, Zürich 2003, S. 56), und verhindert, dass der Anbieter eine Prämie zahlt, die er den übrigen Aktionären nicht gewährt (SCHENKER, a.a.O., S. 401, mit Hinweisen).
Problematisch ist die Kraftloserklärung gegen Auszahlung des Angebotspreises allerdings dann, wenn der Anbieter bereits vor dem Angebot 98% der Aktien der Zielgesellschaft hielt und das Angebot nur machte, um ein Kraftloserklärungsverfahren durchführen zu können (S CHENKER, a.a.O., S. 404, mit Hinweisen). Der Grenzwert der Stimmrechte muss nämlich nicht mittels Aktienerwerb im Rahmen von Art. 22 ff. BEHG überschritten werden, es besteht mit anderen Worten kein Kausalitätserfordernis (vgl. Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 2. Juli 1999 in Sachen . c. .; KUNZ, Der Minderheitenschutz im Schweizerischen Aktienrecht, Bern 2001, § 10 N 194). Vielmehr kann der Anbieter, dem im Rahmen eines ersten öffentlichen Angebots nicht genügend Aktien angedient wurden, den Ablauf der Sechsmonatsfrist abwarten und sodann einen mehrere Aktionäre mit einem höheren Angebot zum Verkauf ermutigen. Erreicht der Anbieter dadurch die 98%-Schwelle, muss er zwar vor Einleitung einer Klage auf Kraftloserklärung den restlichen Publikumsaktionären erneut ein öffentliches Angebot unterbreiten (SCHÄRER/ZEITER, a.a.O., S. 56), ist aber nicht mehr darauf angewiesen, dass ihm im Rahmen dieses Angebotes zusätzlich Aktien angedient werden, und kann daher den Angebotspreis beliebig tief ansetzen, um die Kosten des Kraftloserklärungsverfahrens möglichst niedrig zu halten (SCHENKER, a.a.O., S. 405). Im Rahmen eines freiwilligen Angebotes kann der Anbieter den Preis des Angebotes grundsätzlich frei bestimmen (Art. 9 Abs. 6 UEV e contrario). Nebst dem, dass der Angebotspreis keine dem tatsächlichen Unternehmenswert angemessene Entschädigung der verbliebenen Titelinhaber sicherstellt, besteht in derartigen Fällen auch die Gefahr, dass die Gleichstellung bei der Entschädigung
wie sie der gesetzlichen Konzeption entspricht (KÖPFLI, a.a.O., S. 62; SCHENKER, a.a.O., S. 201 f.) - nicht gegeben ist.
Es stellt sich mithin die Frage, ob dieser Umstand auf ein gesetzgeberisches Versehen zurückzuführen ist (ausfüllungsbedürftige Lücke) von ihm so gewollt ist. Hat der Gesetzgeber eine Rechtsfrage nicht übersehen, sondern stillschweigend im negativen Sinn mitentschieden (qualifiziertes Schweigen), ist kein Platz für richterliche Lückenfüllung (BGE 135 III 385 S. 386, E. 2.1).
Die Materialien zum BEHG enthalten nichts, was auf ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers hindeuten würde. Allein aus der auf Anregung der Wirtschaft in den parlamentarischen Beratungen ins Gesetz eingefügten (und ohne Beratung angenommenen, vgl. Amtl Bull SR 1993, S. 1014; Amtl Bull NR 1994, S. 1080; Amtl Bull SR 1994, S. 804) übergangsrechtlichen Bestimmung von Art. 54 BEHG kann ein solches nicht abgeleitet werden. Der Wortlaut von Art. 54 Abs. 1 BEHG - Wer bei Inkrafttreten des Gesetzes aufgrund eines früheren öffentlichen Kaufangebots über mehr als 98 Prozent der Stimmrechte verfügt [ ] lässt nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe bei Erlass des Börsengesetzes die Problematik gesehen, dass die Schwelle von 98% der Stimmrechte auch auf andere Weise als durch ein vorangegangenes öffentliches Angebot gemäss Art. 22 ff. BEHG überschritten werden könne, [ ] und habe in Bezug auf den hier interessierenden Unterfall, wo der Anbieter die 98%-Schwelle nicht erst durch das vorangegangene öffentliche Übernahmeangebot, sondern bereits vorher überschritten habe, bewusst von einer separaten Regelung bzw. einer (gerichtlichen) Überprüfung der Entschädigung abgesehen (vgl. Privatgutachten Prof. Dr. vom 1. Dezember 2010, act. 37/1 S. 10 f.). Im Gegenteil, an der in Art. 54 Abs. 2 BEHG getroffenen
Regelung zeigt sich das gesetzgeberische Bestreben, in Konstellationen, in denen das vorausgegangene Kaufangebotsverfahren die Ansprüche der ausscheidenden Aktionäre nicht hinreichend gewährleistet in der (übergangsrechtlichen) Konstellation von Art. 54 BEHG kann das Übernahmeangebot im Zeitpunkt des Kraftloserklärungsverfahrens schon länger zurückliegen und der damals bezahlte Preis damit als alleiniger Parameter für die Entschädigung nicht mehr adäquat sein (BERNET, Die Regelung öffentlicher Kaufangebote im neuen Börsengesetz, Bern 1998, S. 245) -, diese durch eine von Art. 33 Abs. 2 BEHG abweichende Regelung sicherzustellen. Hätte der Gesetzgeber beim Erlass des BEHG tatsächlich auch für nicht-übergangsrechtliche Fälle eine Überschreitung der 98%- Schwelle ausserhalb von Art. 22 ff. BEHG bedacht, hätte er vermutlich auch für diese Fälle eine die Ansprüche der verbliebenen Titelinhaber sicherstellende Regelung getroffen, nachdem diese in gewissem Masse die mit der Kraftloserklärung verbundene Einschränkung des aktienrechtlichen Grundsatzes der Unentziehbarkeit der Mitgliedschaft ausgleichen sollen. Es ist zu bedenken, dass die Gleichbehandlung ein zentrales Anliegen des Anlegerschutzes ist und den Mittelzufluss im Kapitalmarkt erhöht, da der durchschnittliche Anleger aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes eine höhere Renditeerwartung haben kann. Wenn das Kapitalmarktrecht eine ungleiche Behandlung erlaubt, so muss der durchschnittliche Anleger dagegen immer damit rechnen, dass ein Teil der möglichen Rendite von Aktionären, die im Rahmen dieser Regeln besser behandelt werden, abgeschöpft wird, was seine Renditeerwartung reduziert. Die Steigerung der Attraktivität des Kapitalmarktes und die Erhöhung des Kapitalzuflusses sollten im Rahmen der Gesetzgebung im Vordergrund stehen, da die Sicherstellung des Kapitalzuflusses und die effiziente Allokation von Kapital die primären Ziele des Börsenmarktes sind (SCHENKER, a.a.O., S. 31 f., mit Hinweisen). In diesem Sinne mass auch die bundesrätliche Botschaft zur Regelung der öffentlichen Kaufangebote der Einhaltung der wichtigsten Regeln der Lauterkeit, im Besonderen des Prinzips der Gleichbehandlung, zentrale Bedeutung zu (vgl. Botschaft zu einem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. Februar 1993, BBl 1993 I 1389).
Mit anderen Worten liegt nahe, in Bezug auf Fälle, in denen der Grenzwert nicht mittels Aktienerwerb im Rahmen von Art. 22 ff. BEHG überschritten wird - und die Entschädigungsregel von Art. 33 Abs. 2 BEHG für die verbliebenen Titelinhaber weder eine angemessene Entschädigung noch eine Gleichstellung bei der Entschädigung sicherstellt -, von einer (ausfüllungsbedürftigen) Lücke im BEHG auszugehen. Jedoch kann für das vorliegende Verfahren aus den folgenden Überlegungen offen bleiben, ob tatsächlich eine planwidrige Unvollstän- digkeit des Gesetzes vorliegt:
Würde eine (ausfüllungsbedürftige) Lücke vorliegen, so wäre diese vom Gericht in freier Rechtsfindung ausgehend von den dem Erlass zugrunde liegenden Wertungen und Zielsetzungen zu schliessen, indem in Fällen wie dem vorliegenden der Angebotspreis bzw. das Austauschverhältnis im Rahmen des Kraftloserklärungsverfahrens grundsätzlich durch das Gericht überprüft und gegebenenfalls bei Feststellung der Unangemessenheit Ungleichbehandlung
mit Wirkung erga omnes festgelegt werden kann. Dabei drängt sich auf, in Analogie zur übergangsrechtlichen Bestimmung von Art. 54 BEHG die Angemessenheit des Preises anhand eines Berichts einer Prüfgesellschaft zu überprüfen. Gleichermassen hat der Gesetzgeber ja auch bei einem illiquidem Markt vorgesehen, auf die Bewertung einer Prüfstelle abzustellen (vgl. Art. 40 BEHV-FINMA).
Indessen: Wo wie vorliegend bereits im Übernahmeverfahren ein solcher Bericht in Form einer Fairness-Opinion i.S.v. Art. 30 Abs. 5 und 6 UEV eingeholt worden ist und die Angemessenheit des Preises bestätigt hat, kann eine erneute Überprüfung unterbleiben. Denn wird im Übernahmeverfahren eine Fairness Opinion eingeholt, so wird diese integrierender Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrates, dessen Informationen wahr und vollständig sein müssen
(Art. 30 Abs. 2 UEV). Der Bericht des Verwaltungsrates gehört seinerseits zum
Prüfgegenstand der Übernahmekommission (Art. 23 Abs. 3 BEHG; Art. 33a BEHG; Art. 3 UEV) resp. der Prüfstelle i.S.v. Art. 25 BEHG, auf deren Prüfung
des Angebots sich die Übernahmekommission auch abstützen darf (B-5272/2009, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 2010, E. 2.2). Eine erneute Überprüfung der Angemessenheit des Preises anhand eines Berichts einer
Prüfgesellschaft drängt sich in solchen Fällen nur dann auf, wenn erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Fairness-Opinion bestehen.
Diesbezüglich ist vom intervenierenden Aktionär zu verlangen, dass er allfällige Beanstandungen bereits im Zusammenhang mit dem öffentlichen Angebot vorgebracht hat. Denn das Aktienrecht, das auf dem Prinzip der Privatautonomie beruht, setzt die Eigenverantwortlichkeit der Gesellschafter voraus (Motto: Selbst ist der Aktionär). Folglich soll und darf der Richter nicht ohne Weiteres für den konkreten Aktionär einspringen, was u.a. vom Bundesgericht bei der Thematik Subsidiarität der Sonderprüfung betont wurde (vgl. BGE 123 III 264 ff. E. 3); es gilt somit im Aktienrecht das Motto: Selbstschutz ist Minderheitenschutz und vice versa (K UNZ, Zwischenhalt beim Schutz der Aktionäre, in: ST 5/02 S. 406; DERSELBE, Richterliche Handhabung von Aktionärsstreitigkeiten zu einer Methode für Interessenabwägungen sowie zur Business Judgment Rule, in: Burkert / Gasser / Schweizer (Hrsg.), Festschrift für Jean Nicolas Druey, Zürich 2002, S. 452).
Ein Aktionär kann am Verfahren vor der Übernahmekommission (UEK) teilnehmen und vorbringen, der Angebotspreis entspreche nicht den Preisregeln des Börsengesetzes und der Ausführungsverordnungen. Allerdings beschränkt der seit 1. Januar 2009 in Kraft stehende Art. 33b BEHG diese Interventionsmöglichkeit auf diejenigen (qualifizierten) Aktionäre, welche 2 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft ob ausübbar nicht halten. Die übrigen Aktionäre können dagegen nicht Partei sein, obwohl sie natürlich proportional zu ihrem Engagement genau gleich betroffen sind, wie die grösseren Aktionäre. Sie kön- nen aber jederzeit eine Anzeige im Sinne von Art. 62 UEV bei der Übernahmekommission machen. Damit erhalten sie zwar keine Parteistellung, können aber ihren Rechtsstandpunkt bzw. Sachverhaltselemente, die von der Übernahmekommission sonst nicht berücksichtigt werden, geltend machen. Diese Eingaben müssen von der Übernahmekommission im Sinne des Anlegerschutzes gewürdigt werden, wenn sie Gesichtspunkte vorbringen, die sonst nicht berücksichtigt worden wären (S CHENKER, a.a.O., S. 231).
Der Intervenient hält mit seinen 1'174 (vgl. act. 29 S. 4) von 2'092'000 Aktien weniger als 2% der Stimmrechte - die Klägerin hielt bei Lancierung des Angebots ja bereits über 98% der Stimmrechte -, weshalb ihm die Parteistellung im Übernahmeverfahren verwehrt war. Jedoch zeigte er mit Schreiben vom 21. September 2009 das - nach seinem Dafürhalten - unlautere Verhalten der Klägerin bei der Übernahmekommission an (act. 37/3), weshalb unter dem Subsidiaritätsgesichtspunkt nichts gegen eine (erneute) Überprüfung der Angemessenheit des Preises anhand eines Berichts einer Prüfgesellschaft sprechen würde.
Dass der Intervenient in besagtem Schreiben nicht die Unangemessenheit des (Angebots-)Preises als solches geltend machte, sondern sinngemäss eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes rügte er verlangte, dass allen Minderheitsaktionären für ihre Aktien der höhere Preis bezahlt wird, welcher vorgängig den Paketaktionären bezahlt worden war -, kann ihm nicht angelastet werden. Die Fairness-Opinion resp. deren Bewertungsgrundlagen, Bewertungsmethode und die angewandten Parameter waren ihm zum Zeitpunkt des Übernahmeverfahrens (mutmasslich) nicht bekannt. Jedenfalls geht aus der Voranmeldung nicht hervor, dass sie für Dritte damals schon greifbar waren (vgl. http:// ).
Ebenfalls ist fraglich, ob er sofort nach Bekanntgabe der Fairness-Opinion (mit dem Angebotsprospekt) seine Einwände in einer Beschwerde gegen die Verfügung ... der Übernahmekommission vom 29. September 2009 vor Bundesverwaltungsgericht hätte vorbringen können. Für die Beschwerdelegitimation gegen Verfügungen der Übernahmekommission verweist das Gesetz im Rahmen der Regelung des Beschwerdeverfahrens vor der FINMA auf Art. 33b BEHG (Art. 33c Abs. 3 BEHG), so dass sie ebenfalls nur (qualifizierten) Aktionären zukommt. Für das Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht (gegen Entscheide der FINMA in Übernahmesachen) richtet sich die Beschwerdelegitimation durch den Verweis in Art. 33d BEHG auf das Verwaltungsgerichtsgesetz (VVG) und den Verzicht auf abweichende spezialgesetzliche Bestimmungen ausschliesslich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, auf welches Art. 37 VVG seinerseits verweist. Die Regelungen, wer im Verfahren vor der Übernahmekommission und im Beschwerdeverfahren vor der FINMA Parteistellung hat und wer zur Beschwerde
ans Bundesverwaltungsgericht legitimiert ist, sind somit nicht identisch (B- 5272/2009, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 2010, E. 1.3.3 und 1.3.7).
Ob der Passus im die Beschwerdelegitimation vor Bundesverwaltungsgericht regelnden Art. 48 Abs. 1 Bst. a VwVG, wonach auch beschwerdebefugt ist, wer keine Möglichkeit erhalten hat, am Vorverfahren teilzunehmen, auch Fälle abdeckt, in denen ein Beschwerdeführer an den vorinstanzlichen Verfahren deshalb nicht teilgenommen hatte, weil ihm die Parteistellung und Beschwerdeberechtigung spezialgesetzlich verwehrt war, wurde vom Bundesverwaltungsgericht in obgenanntem Entscheid (explizit) nicht beantwortet (B-5272/2009, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 2010, E. 1.4.1).
Damit ist keinesfalls gesichert, dass der Intervenient gegen die Verfügung der Übernahmekommission vom 29. September 2009 direkt mit Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht hätte gelangen können.
Gleichwohl könnte auf eine Beurteilung der Stichhaltigkeit der vom Intervenienten im vorliegenden Verfahren gegen die Richtigkeit der Fairness-Opinion vorgebrachten Einwände verzichtet werden.
Denn keinesfalls darf in den Fällen, in denen sich eine Überprüfung der Angemessenheit des Preises anhand eines Berichts einer Prüfgesellschaft aufdrängt, eine Besserstellung der verbliebenen Titelinhaber erfolgen (im Vergleich zu den Fällen, in denen die 98%-Schwelle durch die im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots im Sinne von Art. 32 BEHG angedienten Beteiligungspapiere überschritten wird). Deshalb hat auch in diesen Fällen grundsätzlich der für die Überschreitung der 98%-Schwelle bezahlte Preis als angemessene Entschädigung zu gelten. Allerdings müssen sich die verbliebenen Titelinhaber u.U. einen Einschlag auf diesem Preis gefallen lassen. Der Anspruch der Aktionäre auf Gleichbehandlung ist im Übernahmerecht nämlich nur ein relativer. Insbesondere sind - de lege lata - Paketzuschläge ausserhalb des öffentlichen Kaufangebots zulässig (vgl. Art. 32 Abs. 4 BEHG); dem Wert einer beherrschenden Beteiligung darf durch eine gerechtfertigte Kontrollprämie Rechnung getragen werden (vgl.
Botschaft zu einem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom
24. Februar 1993, BBl 1993 I 1418). Gleich wie sich die Adressaten eines öffentlichen Übernahmeangebots in Fällen, in denen die 98%-Schwelle erst im Rahmen dieses Angebots überschritten wird, gefallen lassen müssen, dass im Vorfeld für beherrschende Beteiligungen höhere Preise bezahlt werden dürfen, müssen sich auch in Fällen wie dem vorliegenden die verbliebenen Titelinhaber gefallen lassen, dass sie für ihre Beteiligungspapiere u.U. einen tieferen Preis erhalten. Immerhin sind auch in diesen Fällen in Analogie zu Art. 32 Abs. 4 BEHG solche Einschläge auf maximal 25% zu begrenzen.
Demzufolge hätte (auch) im vorliegenden Fall grundsätzlich der für die Überschreitung der 98%-Schwelle bezahlte Preis als angemessene Entschädigung zu gelten. Die diesbezügliche Behauptung des Intervenienten - die 98%- Schwelle sei durch den Kauf von Aktien der Beklagten zu einem Preis von CHF
116.66 pro Aktie überschritten worden wurde von der Klägerin nicht bestritten
(act. 31 S. 8 f.; act. 49 S. 12 f.). Vielmehr räumte die Klägerin (indirekt) ein, dass ein Preis von CHF 116.66 pro Aktie bezahlt wurde (act. 31 S. 9), weshalb dieser Betrag grundsätzlich die angemessene Entschädigung für die ausscheidenden Aktionäre darstellen würde.
Indessen: In den 12 Monaten vor der Veröffentlichung der Voranmeldung des Angebots erwarb die Klägerin nebst den von der E. und der F. AG gehaltenen gerade einmal 4'034 Aktien, entsprechend ca. 0,19% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der Beklagten. Nachdem die Klägerin zum Zeitpunkt des öffentlichen Kaufangebots vom 1. Oktober 2009 über 98,1% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der Beklagten verfügte, steht ausser Zweifel, dass die 98%-Schwelle mittels des Erwerbs der von der E. und/oder der F. AG gehaltenen Aktien überschritten wurde. Beide verkauften der Klägerin gemäss übereinstimmender Sachverhaltsdarstellung ein Aktienpaket mit jeweils über 3% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der Beklagten. Mithin wäre für die Überprüfung des Angebotspreises zu berücksichtigen, dass der von der Klägerin für die Überschreitung der 98%-Schwelle bezahlte Preis von CHF 116.66 einen Paketzuschlag beinhaltete. Der von der Klägerin offerierte Angebotspreis von CHF
94.00 pro Aktie liegt um 19,42% tiefer als der von der Klägerin für die Aktienpakete der E. und der F. AG bezahlte, weshalb er im Ergebnis - nicht zu beanstanden und die Festlegung einer höheren Entschädigung für die verbliebenen Titelinhaber nicht angezeigt wäre.
Mit anderen Worten würde, auch wenn man in Bezug auf Fälle wie den vorliegenden von einer (ausfüllungsbedürftigen) Lücke im BEHG ausginge, eine (erneute) Überprüfung des Angebotspreises nicht zur Festlegung eines höheren als des Angebotspreises von CHF 94 pro kraftlos zu erklärender Aktie führen, weshalb die Frage, ob tatsächlich eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegt, nicht zu beantwortet werden braucht.
Mit ihrer Widerklageduplik reichte die Beklagte als Beweisofferten - die Präsenzlisten ihrer Generalversammlungen 2003, 2004 und 2005 (act. 48/4) und die aktuellen Brandversicherungswerte pro Liegenschaft (act. 48/13) in verschlossenem Umschlag ein, mit der Bemerkung, dies geschehe aus datenschutzrechtlichen Gründen unter Ausschluss der Einsichtsmöglichkeit des Intervenienten Anordnung einer anderen gleichwertigen Schutzmassnahme gemäss § 145 ZPO (act. 47 S. 12 und 28). Nachdem vom Instruktionsrichter verfügt worden war, dass diese Akten einstweilen unter Verschluss blieben und im Verfahren nicht berücksichtigt würden (Prot. S. 18 f.), reichte die Beklagte sie in der Folge in teilweise geschwärzter Kopie ein (act. 53/4; act. 53/13). Diese Aktenstücke wurden dem Intervenienten zur Stellungnahme zugestellt (Prot. S. 20). Hinsichtlich der Präsenzlisten der Generalversammlungen 2003, 2004 und 2005 äusserte sich der Intervenient nicht. Jedoch monierte er in seiner Stellungnahme hinsichtlich der aktuellen Brandversicherungswerte pro Liegenschaft, dass er die Ausführungen der Beklagten zur Immobilienbewertung erst dann sinnvoll erwidern könne, wenn seine Informationsbedürfnisse in angemessener Form befriedigt würden. Die Aushändigung von act. 53/13 sei ungenügend. Andere Gesellschaften mit erheblichem Immobilienbesitz würden die Öffentlichkeit von sich aus über wesentliche Daten einzelner Immobilien unterrichten. Ganz offenbar bestehe hier kein Geheimhaltungsbedarf (act. 56 S. 12).
Nachdem wie sogleich zu zeigen ist weder die Präsenzlisten der Generalversammlungen 2003, 2004 und 2005 (act. 48/4) noch die aktuellen Brandversicherungswerte pro Liegenschaft (act. 48/13) für den Entscheid im vorliegenden Verfahren relevant sind, besteht für den Intervenienten auch kein das (in act. 52 dargelegte) Geheimhaltungsinteresse der Beklagten überwiegendes Interesse, vom Inhalt der genannten Aktenstücke uneingeschränkt Kenntnis zu erhalten. Die in der Verfügung vom 28. März 2011 getroffene Anordnung ist deshalb aufrechtzuerhalten (vgl. Prot. S. 20); act. 48/4 und act. 48/13 bleiben in verschlossenem Umschlag bei den Akten. Über eine Offenlegung / Schutzmassnahmen in einem allfälligen Rechtsmittelverfahren wird die dafür zuständige Rechtsmittelinstanz zu entscheiden haben.
Materielles
Die Voraussetzungen der Kraftloserklärung (vgl. Art. 33 Abs. 1 BEHG) sind vorliegend erfüllt:
Zunächst handelt es sich bei der Beklagten um eine Zielgesellschaft i.S.v. Art. 22 BEHG. Die Beklagte hat ihren statutarischen Sitz in D. (act. 3/2) und ihre Namenaktien sind unter der Valorennummer ... an der SIX Swiss Exchange kotiert (http://www.six-swiss-exchange.com/shares/security_info_de.html
id=...).
Sodann ging dem Gesuch um Kraftloserklärung ein öffentliches Kaufangebot voraus (vgl. Angebotsprospekt vom 1. Oktober 2009), das im Einklang mit den (börsen-)gesetzlichen Vorschriften durchgeführt wurde (vgl. Verfügung ... der Übernahmekommission vom 29. September 2009, act. 3/4).
Irrelevant ist, ob das Übernahmeangebot wie hier freiwillig erfolgte der
Anbieter zum Angebot verpflichtet war (SCHÄRER/ZEITER, a.a.O., S. 40).
Nach Durchführung des öffentlichen Kaufangebots hält die Klägerin nunmehr 2'084'635 der Namenaktien der Beklagten, was 99,65% des Aktienkapitals und der Stimmrechte entspricht.
Dass die Klägerin bereits vor Unterbreitung des öffentlichen Kaufangebots vom
1. Oktober 2009 den vom Gesetz geforderten Grenzwert von mehr als 98% der Stimmrechte überschritten hatte sie hielt zu diesem Zeitpunkt 98,1% der Stimmrechte (act. 1 S. 5) -, schadet nicht. Eine danach fristgerecht anbegehrte Kraftloserklärung ist zulässig, auch wenn der Anbieter bereits vor dem Angebot über mehr als 98% der Stimmrechte verfügte (SCHÄRER/ZEITER, a.a.O., S. 60; BSK BEHG-RAMPINI/REITER, Art. 33 N 16; vgl. auch das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 2. Juli 1999 in Sachen , in welchem Fall die Anbieterin zum Zeitpunkt des öffentlichen Kaufangebots 99,57% des Aktienkapitals und der Stimmrechte hielt.)
Schliesslich wurde das Gesuch um Kraftloserklärung innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf der Angebotsfrist beim Gericht eingereicht (act. 1; act. 3/3-5).
Für den Beginn des Fristenlaufs dieser Verwirkungsfrist ist der Tag des Ablaufs der (obligatorischen) Nachfrist massgebend (BSK BEHG-RAMPINI/REITER, Art. 33 N 16, mit Hinweisen).
Dementsprechend ist die Kraftloserklärung auszusprechen, d.h. sind die 7'365 im Publikum befindlichen Namenaktien der Beklagten mit einem Nennwert von je CHF 10 (Valorennummer ..., ISIN: ...) gestützt auf Art. 33 BEHG kraftlos zu erklären.
Spricht das Gericht die Kraftloserklärung aus, verlieren die Inhaber der verbleibenden Beteiligungspapiere mit Eintritt der Rechtskraft ihre Stellung als Beteiligte der Gesellschaft und erwerben stattdessen einen Anspruch auf Auszahlung des Angebotspreises. Der Anbieter erwirbt die Aktionärsstellung grundsätzlich unmittelbar mit der Kraftloserklärung; hingegen muss ihn die Gesellschaft als Aktionär nur anerkennen, wenn die betroffenen Beteiligungspapiere von der Gesellschaft neu ausgegeben und dem Anbieter ausgehändigt wurden. Gegen Bezahlung des Angebotspreises bzw. Erfüllung des Austauschangebotes erhält der Anbieter das Recht, die neu geschaffenen Papiere ausgehändigt zu erhalten (BSK BEHG-R AMPINI/REITER, Art. 33 N 20 ff.).
In Übereinstimmung mit obigen Erwägungen hat der Intervenient wie auch die anderen verbliebenen Titelinhaber somit lediglich Anspruch auf Auszahlung des Angebotspreises von CHF 94.00 pro Aktie; sein Rechtsbegehren ist abzuweisen.
Kostenund Entschädigungsfolgen
Die Gerichtskosten sowie die Parteientschädigungen basieren bei der Kraftloserklärungsklage auf dem Streitwert des konkreten Verfahrens. Hierbei ergibt sich der Streitwert aus der Multiplikation der Anzahl kraftlos zu erklärender Beteiligungspapiere mit dem Angebotspreis gemäss Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 32 Abs. 4 BEHG pro Beteiligungspapier (K UNZ, Einige Aspekte zur Kraftloserklärungsklage, in: SZW 1999 S. 191; NOBEL, Zur Kraftloserklärung von Resttiteln aus früheren öffentlichen Kaufangeboten, in: SZW 1998 S. 39). Wo aber wie hier ein dem Verfahren als Nebenintervenient beitretender Aktionär eine den Angebotspreis übersteigende Entschädigung anbegehrt, ist eine Multiplikation der Anzahl kraftlos zu erklärender Beteiligungspapiere mit diesem höheren Preis angezeigt, denn im Falle seines Durchdringens würde die angemessene Entschädigung vom Gericht mit Wirkung erga omnes festgelegt (vgl. Ziff. 3.4.7 oben). Demgemäss beträgt der Streitwert 7'365 x CHF 116.66, d.h. CHF 859'201.00.
Die Gerichtsgebühr bemisst sich nach der Verordnung des Obergerichts über die Gerichtsgebühren vom 4. April 2007 (GebV).
Gemäss Praxis des Handelsgerichts werden im Kraftloserklärungsverfahren die Kosten in Anwendung von § 64 Abs. 3 ZPO/ZH grundsätzlich der klagenden Partei auferlegt; sie sollen nicht von der beklagten Partei getragen werden, sondern von ihrem Mehrheitsaktionär, der bereits über 98% der Stimmrechte verfügt und die Kraftloserklärung der restlichen Beteiligungspapiere anstrebt.
Ein Kostenrisiko gewärtigt aber auch der Minderheitsaktionär, der einem Kraftloserklärungsverfahren beitritt. Mit dem Beitritt können dem intervenierenden Aktionär nämlich unter Umständen die Gerichtskosten und allenfalls sogar Parteientschädigungen auferlegt werden, je nach dem allein aber zusammen mit der beklagten Gesellschaft: Unterliegt der Aktionär im Verfahren mit Anträgen, die materiell mit dem Begehren der Zielgesellschaft übereinstimmen, so wird er solidarisch haftbar mit der unterliegenden beklagten Partei für Gerichtskosten und allenfalls für Parteientschädigungen. Verliert er mit selbstständigen Anträgen, so kann der Richter den Intervenienten zur Tragung der Gerichtskosten sowie allenfalls zur Bezahlung einer Parteientschädigung an den Kläger verpflichten. Anders als die beiden aussergewöhnlichen, aktienrechtlichen Regelungen gemäss
Art. 706a Abs. 3 OR und gemäss Art. 756 Abs. 2 OR, die nicht verallgemeinert
werden dürfen, im Gesellschaftsbzw. im Börsengesellschaftsrecht, enthält das Börsenrecht keine Erleichterungen bei der Kostenproblematik (KUNZ, Einige Aspekte zur Kraftloserklärungsklage, in: SZW 1999 S. 190 f.).
Vorliegend obsiegt die Klägerin mit ihrem bzw. unterliegt der Intervenient mit seinem Rechtsbegehren. Da die Klägerin gemäss Praxis des Handelsgerichts ohne den Beitritt des Intervenienten die Kosten zu tragen gehabt hätte, rechtfertigt sich, ihr auch im vorliegenden Fall die Kosten zu 1/3 aufzuerlegen. Die restlichen
Kosten (2/3) sind vom Intervenienten zu tragen.
Dieser Kostenverteilung entsprechend (vgl. § 68 Abs. 1 ZPO/ZH) ist der Intervenient zu verpflichten, der Klägerin eine reduzierte Prozessentschädigung zu bezahlen. Der Beklagten, welche die Klage bereits mit (zweiseitiger) Eingabe vom
14. Dezember 2009 anerkannt (act. 7) und hernach Seite an Seite mit der Klägerin prozessiert hatte zum Teil stimmten ihre Rechtsschriften im Wortlaut mit den klägerischen überein (bspw. act. 47 S. 39 ff. und act. 49 S. 34 ff.) -, ist keine Prozessentschädigung zuzusprechen.
Die 7'365 im Publikum befindlichen Namenaktien der Beklagten mit einem Nennwert von je CHF 10 (Valorennummer ..., ISIN: ...) werden gestützt auf Art. 33 BEHG kraftlos erklärt.
Dispositiv-Ziff. 1 wird nach Eintritt der Rechtskraft im Schweizerischen Handelsamtsblatt publiziert.
Das Rechtsbegehren des Intervenienten wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf:
CHF 28'000.00 ; die weiteren Kosten betragen: CHF 4'645.20 Publikationskosten
Die Kosten werden der Klägerin zu 1/3 und dem Intervenienten zu 2/3 auferlegt.
Der Intervenient wird verpflichtet, der Klägerin eine reduzierte Prozessentschädigung von CHF 13'000.00 zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, je gegen Empfangsbestätigung.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
HANDELSGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Oberrichter lic. iur. Thomas Seeger lic. iur. Jeremias Widmer
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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