Zusammenfassung des Urteils HG060159: Handelsgericht des Kantons Zürich
Eine Beschwerdeführerin hat beim Betreibungsamt Zürich 9 ein Betreibungsbegehren gegen die C. AG eingereicht. Die C. AG erhob daraufhin Beschwerde und argumentierte, dass die Bezeichnung des Gläubigers ungenügend sei, da die Firma Dr. A. GmbH in Liquidation bereits gelöscht wurde. Nach verschiedenen Verfahrensschritten entschied die Vorinstanz, dass die Betreibung nichtig sei und das Betreibungsamt angewiesen wurde, diese im Betreibungsregister zu löschen. Die Beschwerdeführerin legte daraufhin Beschwerde an die Kammer ein, jedoch wurde auf die Beschwerde nicht eingetreten. Die Kosten des Verfahrens wurden nicht erhoben, und es wurden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG060159 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 16.05.2013 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Unfall; Gutachten; Schulthess; Gericht; Klägers; Motorrad; Diagnose; Klinik; Spondylarthrose; Beweis; Schulthess-Gutachten; Gutachter; Recht; Untersuchung; /Tdiv; Beschwerden; Trauma; Anpassung; Zeuge; Ziffer; Gutachtens; Gerichtsgutachten; Beklagten; Unfallereignis; Anpassungsstörung |
Rechtsnorm: | Art. 38 ZPO ;Art. 404 ZPO ;Art. 405 ZPO ;Art. 41 OR ;Art. 42 OR ;Art. 46 OR ;Art. 58 SVG ;Art. 62 SVG ;Art. 63 SVG ;Art. 8 ZGB ;Art. 86 SVG ; |
Referenz BGE: | 116 II 219; 116 IV 306; 117 V 359; 119 IV 335; 119 Ib 334; 125 V 351; 131 III 12; 132 III 715; 132 III 83; 86 II 134; |
Kommentar: | Frank, Sträuli, Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 1997 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr. HG060159-O/U/dz
Mitwirkend: die Oberrichter Dr. Heinrich Andreas Müller, Vizepräsident, und Dr. Markus Kriech, die Handelsrichter Dr. Thomas Lörtscher, Dr. Alexander Müller und Patrik Howald sowie die Gerichtsschreiberin Azra Hadziabdic
in Sachen
,
Kläger
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
gegen
Beklagte
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.
betreffend Forderung
(act. 1 S. 2)
1. Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger einen Betrag nach freiem richterlichen Ermessen zu bezahlen.
2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.
I.
Sachverhalt und Parteistandpunkte
Am 18. Juli 2000 ereignete sich um 19:15 Uhr an der Kreuzung -/ -/ - Strasse in C. ein Verkehrsunfall. Der Kläger stand mit seinem Motorrad der Marke Harley Davidson wartend vor dem Rotlicht als vorderstes Fahrzeug, als der Lenker hinter ihm, D. (nachfolgend Unfallverursacher), mit seinem Fiat Panda losfuhr, weil er meinte, das Lichtsignal habe auf Grün umgeschaltet. Das Motorrad des Klägers wurde durch den Aufprall circa einen Meter nach vorne geschoben, wobei der Kläger nach hinten geschleudert wurde; er konnte jedoch das Motorrad in Balance halten und stürzte nicht.
Der Kläger führt zu den Gesundheitsfolgen des Unfalls aus, dass er sich schon am Unfallort über starke Schmerzen in Nacken, Schultern und Rücken beklagt habe. Seit dem Unfall leide er an Nackenund Kopfschmerzen, welche die kognitiven und psychischen Störungen zumindest richtungsweisend verschlimmert hätten. Seitdem erziele er auch kein Einkommen mehr, wobei seine Einschränkungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit dem Unfall stünden. Er sei bis auf eine kleine, täglich fluktuierende und wirtschaftlich schlecht verwertbare Restarbeitsfähigkeit gänzlich arbeitsunfähig. Mit der vorliegenden Klage verlangt er von der Beklagten als Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers Ersatz des Erwerbsund des Rentenausfallschadens, des Haushaltschadens, der vorprozessualen Anwaltskosten und weiterer unfallbedingter Kosten sowie eine Genugtuung.
Die Beklagte plädiert auf Klageabweisung. Sie bestreitet die behaupteten gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers, den natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem „harmlosen“ Unfall und allfälligen Beeinträchtigungen - diese hätten schon vor dem Unfall bestanden - und bemängelt auch die Substantiierung des Schadens. Sie ist zudem der Auffassung, dass der Kläger seine Forderung zu beziffern habe.
II.
Prozessuales
Prozessgeschichte
Am 28. April 2006 (Datum Poststempel) reichte der Kläger Weisung und Klageschrift ein (act. 1 und 3). Nach Eingang der Klageantwortschrift vom 4. September 2006 (act. 10) fand am 21. Dezember 2006 eine Referentenaudienz und Vergleichsverhandlung statt, die aber zu keiner Einigung führte (Prot. S. 4). Das Verfahren wurde schriftlich fortgesetzt (Prot. S. 6). Die Replikschrift datiert vom
27. April 2007 (act. 16) und die Duplikschrift vom 3. September 2007 (act. 21). Mit Verfügung vom 10. September 2007 wurde das Hauptverfahren für geschlossen erklärt (Prot. S. 8). Am 8. April 2008 erfolgte ein Wechsel bei der Person des Instruktionsrichters (Prot. S. 9). Tags darauf wurde dem Kläger in Anwendung von
§ 55 ZPO/ZH Frist angesetzt, um verschiedene Vorbringen zu substantiieren (Prot. S. 10 f.). Die Substantiierungseingabe des Klägers datiert vom 29. Mai 2008 (act. 28), die entsprechende Stellungnahme der Beklagten vom 4. Juli 2008 (act. 32). Mit Beweisauflagebeschluss vom 26. August 2008 wurde das Beweisverfahren eröffnet (act. 36). Die Beweisantretungsschriften der Parteien datieren vom 3. Oktober 2008 (act. 40) und 7. Oktober 2008 (act. 42). Der Beweisabnahmebeschluss erfolgte am 26. Februar 2009; darin wurde als Sachverständiger Prof. Dr. med. E. vorgeschlagen, und die Parteien wurden zur Leistung von Barvorschüssen aufgefordert. Weiter wurde der Kläger zur Entbindung der Ärzte vom Arztgeheimnis sowie der Krankenkasse von der Geheimhaltungspflicht aufgefordert (act. 45). Die entsprechenden Entbindungserklärungen des Klägers erfolgten mit Eingabe vom 6. April 2009 (act. 50 und 51). Die Barvorschüsse wurden fristgerecht geleistet (act. 49, 53 und 54). Entsprechend ihrem Antrag vom 8. April 2009 (act. 52) wurde die Beklagte mit Verfügung vom 18. Januar 2010 angerufen, die Edition weiterer medizinischer Akten zu beantragen (Prot. S. 29), was sie mit Eingabe vom 26. Februar 2010 (act. 100) tat. Die von der Beklagten mit Eingabe vom 29. Januar 2010 gestellten Verfahrensanträge auf Absehen von Zeugeneinvernahmen der vom Kläger bezeichneten Ärzte sowie auf Festlegung des Unfallsachverhaltes in einer prozessleitenden und anfechtbaren Verfügung (act. 94) wurden am 9. Februar 2010 abgewiesen (act. 98). Am 15. März 2010 fanden die Einvernahmen der Zeugen Prof. Dr. med. F. , G. , H. und I. statt (Prot. S. 35 bis S. 72).
Am 5. Mai 2010 wurden die Einvernahmen der Zeugen Prof. Dr. med.
J. und Dr. med. K. durchgeführt (Prot. S. 74 bis S. 92). Nachdem der Kläger zum beklagtischen Editionsbegehren vom 26. Februar 2010 am 13. April 2010 Stellung genommen hatte (act. 108), wurde dem Begehren mit Beschluss vom 16. Juli 2010 teilweise entsprochen (act. 110). Am 8. September 2010 erfolgte die Experteninstruktion an Prof. Dr. med. E. (act. 117), und die Parteien wurden gleichentags zur Stellung von Ergänzungsfragen aufgefordert (Prot. S. 95). Nachdem die Parteien entsprechende Eingaben am 15. Oktober 2010 (act.
131) bzw. 20. Oktober 2010 (act. 132) eingereicht hatten, erfolgte eine Ergänzung
der Experteninstruktion am 20. Januar 2011 (act. 135; Prot. S. 100 f.). Am 24. Februar 2011 erklärte Prof. Dr. med. E. , zur Erstellung des Gutachtens aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage zu sein (act. 137). Prof. Dr. med. L. wurde am 28. April 2011 neu als Sachverständiger ernannt (act. 147) und am 9. Mai 2011 instruiert (act. 148). Am 27. Juni 2011 wurden die Parteien zur Leistung weiterer Barvorschüsse aufgefordert (act. 154), was sie jeweils fristgerecht taten (act. 157/1-2). Das interdisziplinäre Gutachten von Prof. Dr. med. L. datiert vom 16. Juni 2012 (act. 163) und ein dazugehöriges psychiatrisches Teilgutachten vom 28. Juni 2012 (act. 165). Mit Verfügung vom 2. Juli 2012 wurde den Parteien Frist angesetzt, um zum Gutachten und übrigen Beweisergebnis Stellung zu nehmen (Prot. S. 115). Die Stellungnahme des Klägers erfolgte mit Eingabe vom
14. August 2012 (act. 170) und diejenige der Beklagten mit Eingabe vom 29. August 2012 (act. 172). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
Übergangsrecht und Zuständigkeit
Am 1. Januar 2011 ist die eidgenössische Zivilprozessordung (ZPO) in Kraft getreten. Nach Art. 404 Abs. 1 ZPO gilt für Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtshängig sind, das bisherige Verfahrensrecht bis zum Abschluss vor der betroffenen Instanz. Auf das vorliegende Verfahren ist demnach das frühere kantonale Prozessrecht, mithin die Zivilprozessordnung des Kantons Zürich (ZPO/ZH) und das Gerichtsverfassungsgesetz des Kantons Zürich (GVG), anwendbar. Für die Rechtsmittel gilt hingegen das Recht, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist (Art. 405 Abs. 1 ZPO). Für die Rechtsmittel ist vorliegend somit das neue Prozessrecht massgebend (Art. 308 ff. ZPO). Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem neuen Recht, wobei eine bestehende Zuständigkeit nach dem alten Recht erhalten bleibt (Art. 404 Abs. 2 ZPO).
Der Kläger hat seinen Wohnsitz in M. , und die Beklagte hat ihren Sitz in N. (vgl. www.zefix.ch). Die örtliche sowie die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürich sind gegeben (Art. 38 Abs. 1 ZPO bzw. Art. 26 Abs. 1 GestG; § 63 Ziff. 1 i.V.m. § 62 GVG) und überdies unbestritten
(act. 10 S. 4 Rz 2).
Unbeziffertes Rechtsbegehren
Der Kläger hat sein Rechtsbegehren nicht beziffert und dies damit begrün- det, dass die für die Schadensberechnung wesentlichen Parameter, etwa die genaue Invalidität in der Haushaltsführung sowie der Nachweis von konstitutionellen Prädispositionen, noch nicht feststünden (act. 1 S. 2 f. Rz 4). Die Bezifferung der Klage werde nach dem Abschluss des Beweisverfahrens vorgenommen (act. 16
S. 37 Rz 58). Nach Auffassung der Beklagten ist die gehörige Bezifferung der Klage, mit welcher ein vermögensrechtlicher Anspruch geltend gemacht wird, im Grundsatz eine Prozessvoraussetzung. Nachdem der Kläger den von ihm geltend gemachten Schaden sowie die Genugtuung im Detail und mit allen massgebenden Grundlagen aufzulisten vermöge, sei nicht davon auszugehen, der Kläger sei
entsprechend § 61 Abs. 2 ZPO/ZH - nicht in der Lage, seinen Anspruch bei Erhebung der Klage zu beziffern (act. 10 S. 48 Rz 66).
Gemäss § 100 Ziff. 5 ZPO/ZH enthält die Weisung des Friedensrichters die Angaben beider Parteien über die Höhe des Streitwerts. Ein Leistungsoder Feststellungsbegehren über Geld andere vertretbare Sachen muss grundsätzlich schon in der Weisung beziffert werden, ausgenommen wenn der Kläger dazu noch nicht in der Lage ist und sonst die Verwirklichung des geltend gemachten materiellen Rechtsanspruchs beeinträchtigt und dadurch Bundesrecht verletzt würde (Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. A., Zürich 1997, § 100 N 17). Ist der Kläger nicht in der Lage, seinen Anspruch bei Erhebung der Klage zu beziffern, so hat er dies spätestens nach Durchführung des Beweisverfahrens nachzuholen (§ 61 Abs. 2 ZPO/ZH). Von Bundesrechts wegen hat das kantonale Recht unbezifferte Forderungsklagen dort zuzulassen, wo das Bundesrecht sie ausdrücklich vorsieht den Richter auf sein Ermessen verweist, insbesondere im Bereich von Art. 42 Abs. 2 OR. Das bundesprivatrechtliche Verwirklichungsgebot lässt sodann nicht zu, eine Bezifferung der Klageforderung auch dort zu verlangen, wo der Kläger nicht in der Lage ist, die Höhe seines Anspruchs genau anzugeben, diese Angabe unzumutbar erscheint. Dies hat insbesondere dort zu gelten, wo erst das Beweisverfahren die Grundlage der Bezifferung der Forderung abgibt; hier ist dem Kläger zu gestatten, die Präzisierung erst nach Abschluss des Beweisverfahrens vorzunehmen (BGE 116 II 219, 131 III 245).
3.3. Wie die Beklagte richtig hinweist (act. 10 S. 48 Rz 66), hat der Kläger die Schadenspositionen entgangenes Nettoeinkommen, Rentenausfallschaden, vorprozessuale Anwaltskosten und Krankenkassenselbstbehalte beziffert wie auch die Höhe der verlangten Genugtuung angegeben. Weiter hat er die Grundlagen zur Berechnung des behaupteten Haushaltschadens im Einzelnen aufgeführt (act. 1 S. 29 ff.). Eine eingehendere Auseinandersetzung mit den vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen und der Frage, ob und hinsichtlich welcher Schadenspositionen diesem die Möglichkeit der nachträglichen Bezifferung einzuräumen wäre, kann allerdings infolge des Verfahrensausgangs unterbleiben.
Aktivlegitimation des Klägers
Die Beklagte bestreitet in der Klageantwort die Aktivlegitimation des Klägers, da dieser seine gegenüber der Beklagten geltend gemachten Ansprüche der Bank O. (O. ) sowie der Sozialbehörde M. abgetreten habe (act. 10
S. 45 Rz 62.1 f. und S. 47 Rz 64 f.). Nachdem der Kläger mit der Replik entsprechende Rückzessionen ins Recht gelegt hat (act. 16 S. 35 Rz 55; act. 17/8 und 17/9), hält die Beklagte den Einwand der fehlenden Aktivlegitimation nur noch wegen der Abtretung an die O. aufrecht, und zwar mit der Begründung, die ursprüngliche Abtretung sei an die O. erfolgt (vgl. act. 11/37), während die neue Vereinbarung vom 14. Februar 2007 mit der O1. Aktiengesellschaft abgeschlossen worden sei (vgl. act. 17/8). Die Firma der Zedentin sei mit der Firma der ursprünglichen Zessionarin nicht identisch (act. 21 S. 28 Rz 64). Indessen ist der Website www.O1. .com zu entnehmen, dass O. und 1. per 1. Oktober 2005 fusionierten und neu unter O1. Aktiengesellschaft (kurz: O1. ) firmieren. Die Aktivlegitimation des Klägers liegt somit vor.
III.
Materielles
Anspruchsvoraussetzungen und Beweislast
Wird durch den Betrieb eines Motorfahrzeuges ein Mensch getötet verletzt Sachschaden verursacht, so haftet der Halter für den Schaden (Art. 58 Abs. 1 SVG). Art und Umfang des Schadenersatzes sowie die Zusprechung einer Genugtuung richten sich nach den Grundsätzen des Obligationenrechts für unerlaubte Handlungen (Art. 62 Abs. 1 SVG). Der Geschädigte hat im Rahmen der vertraglichen Versicherungsdeckung seitens der obligatorischen Haftpflichtversicherung für Motorfahrzeughalter ein Forderungsrecht unmittelbar gegen den Versicherer (Art. 65 Abs. 1 i.V.m. Art. 63 Abs. 1 SVG). Eine Körperverletzung im Besonderen gibt dem Verletzten Anspruch auf Ersatz der Kosten sowie auf Entschädigung für die Nachteile gänzlicher teilweiser Arbeitsunfähigkeit, unter Berücksichtigung der Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens (Art. 46 Abs. 1 OR). Eine Haftung ist gegeben, wenn kumulativ ein Schaden, der Betrieb
eines Motorfahrzeuges sowie ein natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Betrieb des Motorfahrzeuges und dem Schaden zu bejahen sind. Das Verschulden bildet keine Haftungsvoraussetzung, da Art. 58 SVG eine Gefährdungshaftung statuiert.
Nach Art. 8 ZGB hat, wo es das Gesetz nicht anders bestimmt, jene Partei das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, die aus ihr Rechte ableitet. So trägt der Kläger insbesondere die Behauptungsund Beweislast dafür, dass ein Unfallereignis zu Verletzungen bzw. Beschwerden geführt hat, die Verletzungen bzw. Beschwerden einen Schaden bewirkt haben (Ursächlichkeit) und der Unfall für die Verletzungen bzw. Beschwerden und diese wiederum für den Schaden adäquat kausal erscheinen (Adäquanz).
Feststellung des Unfallhergangs
Am 18. Juli 2000 stand der Kläger mit seinem Motorrad der Marke Harley Davidson wartend vor dem Rotlicht an der Kreuzung -/ -/ -Strasse in
C. als vorderstes Fahrzeug, als der Lenker hinter ihm, der Unfallverursacher, mit seinem Fiat Panda losfuhr, weil er - durch die tiefliegende Sonne geblendet meinte, das Lichtsignal habe auf Grün umgeschaltet. Zur Beschreibung des Unfalls zitiert der Kläger die Zeugenaussage von P. - des Beifahrers im Fahrzeug, welches neben dem Motorrad des Klägers an der Ampel stand (act. 4/4): „Es gab einen Megaknall nebenan. Dann habe ich gesehen, wie der Fahrer irgendwie die Hände nach oben geworfen hat, die Beine kamen nach oben, irgendwie hat man ihn gar nicht mehr gesehen. Er lag irgendwie nach hinten hinaus, schräg hinten hinaus bei den Koffern. Irgendwie kam er wieder hoch und konnte den Töff wieder halten und ist dann an und für sich oben sitzen geblieben. [ ] Ich sah zuerst nur den Töff alleine. Ich habe dann das Fahrzeug gesehen, wie die Haube in das Motorrad 'tätschte'. Das Motorrad machte irgendwie [wie] einen Satz.“ Weiter führt der Kläger aus, er sei vom Fahrzeug des Unfallverursachers mehrere Meter ruckartig nach vorne geschoben und vom Fahrersitz auf die auf dem Gepäckträger befestigten Koffer geworfen worden. Dabei habe er seinen Hinterkopf gegen einen harten Gegenstand geschlagen. Er sei der Auffassung gewesen, es habe sich um den Asphalt gehandelt, während es überwiegend
wahrscheinlich sei, dass er den Kopf am Paket auf dem Gepäckträger an der Kante des hinteren Sitzes des Motorrades angeschlagen habe. Da es sich bei einer Harley Davidson um ein sehr gut ausbalanciertes und stabiles Motorrad mit breiten Reifen handle, habe er sich gerade noch im letzten Augenblick wieder ruckartig in eine Position werfen können, in welcher es ihm möglich gewesen sei, wieder das Gleichgewicht über das Motorrad zurückzugewinnen und die Füsse am Boden abzustützen. Dadurch habe ein Sturz vermieden werden können (act. 1 S. 3 f. Rz 4 f.). In der Replik beruft sich der Kläger erneut auf die Sachverhaltsdarstellung P. s und weist betreffend die Unfallrekonstruktion auf den Polizeirapport vom 28. Juli 2000 (act. 4/3) hin, aus welchem sich alle wichtigen Merkmale zum Unfallablauf ergäben (act. 16 S. 2 ff. Rz 1 ff.).
Mit Hinweis auf die klägerische Aussage gemäss Polizeirapport sowie die Bilder der Unfallendlage (act. 4/3 und act. 11/1) hält die Beklagte dafür, dass der Kläger auf seinem Motorrad durch den Fiat Panda um circa einen Meter nach vorne geschoben worden sei, ohne vom Motorrad zu stürzen. Vom Anschlagen des Kopfes sei in den klägerischen Angaben gegenüber der Polizei nirgends die Rede. Auf die Aussagen von P. könne nicht abgestellt werden, da sie im Widerspruch zu den Angaben mehrerer Personen vom Unfalltag stünden und
P. diese Aussagen erst eineinhalb Jahre nach dem Unfall gemacht habe; am Unfalltag selber habe er lediglich die Aussagen seines Mitfahrers Q. bestätigt. Das unfallanalytische Gutachten der Beklagten (act. 11/3) habe ergeben, dass das Delta-v, die durch den Aufprall verursachte Geschwindigkeitsver- änderung beim Fahrzeug des Klägers, zwischen 3,3 und 8,0 km/h betragen habe. Weiter macht die Beklagte darauf aufmerksam, dass der Kläger in zeitlichem Abstand zum Unfallereignis den Unfallhergang insbesondere gegenüber den untersuchenden Ärzten massiv dramatisiert habe (act. 10 S. 5 ff. Rz 6 ff. und S. 50 ff. Rz 70 ff.; act. 21 S. 5 ff. Rz 6 ff.).
Im Polizeirapport der Kantonspolizei Zürich vom 28. Juli 2000, auf den sich der Kläger beruft, wird er wie folgt zitiert (act. 4/3 S. 6): „ Ich stand auf dem rechten Fahrstreifen bei der Haltelinie. Die Lichtsignalanlage stand auf Rot. [ ] Im Rückspiegel sah ich, dass unmittelbar hinter mir ein kleiner Fiat stand, besetzt mit zwei
jungen Typen, die heftig miteinander diskutierten. Als ich wieder nach vorne sah und die Lichtsignalanlage immer noch auf Rot stand, erhielt mein Motorrad plötzlich einen heftigen Schlag gegen das Hinterrad und ich wurde ca. einen Meter nach vorne geschoben. Durch den heftigen Aufprall wurde mein Kopf nach hinten geschleudert. Deshalb verspüre ich zur Zeit ein heftiges Ziehen in der Nackengegend. Zudem habe ich leichtes Kopfweh. [ ]“
Dass das Motorrad durch den Aufprall circa einen Meter nach vorne geschoben wurde, stimmt mit den Fotoaufnahmen der Unfallendlage im Polizeirapport überein; das Hinterrad des Motorrades steht auf dem weissen Haltebalken (vgl. act. 4/3 sowie act. 11/1). Es ist daher von diesem Sachverhalt auszugehen. Nach übereinstimmenden Parteidarstellungen ist der Kläger nicht gestürzt. Das unfallanalytische Gutachten der Beklagten ist zwar Parteibehauptung, weshalb darauf grundsätzlich nicht abgestellt werden kann, soweit sein Inhalt vom Kläger bestritten wird. Die darin dargelegte Berechnung, wonach bei einer Verschiebung um einen Meter und einer Bremsverzögerung von maximal 1,0 bis 3 m/s² die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung zwischen 5,1 und 8,8 km/h beträgt (act. 11/3 S. 5), ist plausibel und wurde vom Kläger als solche auch nicht in Frage gestellt (act. 16 S. 3 Rz 4).
Die Beklagte weist zu Recht auf die wechselnden Äusserungen des Klägers zum Unfallhergang hin. So ist dem Bericht der Neurologischen Poliklinik des Universitätsspitals Zürich (nachfolgend USZ) vom 12. Oktober 2000 zu entnehmen, dass der Kläger mit dem Motorrad nach vorne geschleudert worden sei und Hinterkopf und Schulter rechts gegen den Asphalt aufgeschlagen habe (act. 4/7
S. 1). Laut dem Bericht der Neurologischen Klinik vom 6. Februar 2001 wurde er mit dem Motorrad 50 Meter nach vorne geschleudert und schlug dabei mit dem Hinterkopf und der Schulter rechts gegen Asphalt auf (act. 11/12 S. 1). Gemäss einem weiteren Arztbericht der Neurologischen Poliklinik vom 8. Februar 2002 wurde der Kläger vom Fiat erfasst und 10 bis 15 Meter nach vorne katapultiert (act. 4/9 S. 1). Bei der bezirksanwaltschaftlichen Einvernahme am 12. Februar 2002 sagte der Kläger als Zeuge aus, nach seinem Gefühl 6, 7, 5 Meter nach vorne geschoben worden zu sein (vgl. act. 4/4). Das Gutachten der Schulthess
Klinik vom 9. September 2004 gibt die Aussage des Klägers wiederum wie folgt wieder (act. 4/10 S. 15): „In diesem Moment wurde sein Töff von hinten nach 'vorne gespickt'. Er machte mit dem ganzen Körper eine massive Rückwärtsbewegung über die Satteltasche und schlug mit dem Kopf auf den Boden, wobei er mit den Knien im Lenker seines Motorrades eingehängt war.“ Bei der neurologischen Untersuchung des Ärztlichen Begutachtungsinstituts (nachfolgend „ABI“) vom 25. November 2008 gab der Kläger an, durch den Aufprall seien sein Kopf und Oberkörper halb rechts nach hinten geworfen worden, er habe den Kopf auf dem Boden angeschlagen und irgendwie sei er schliesslich wieder auf dem Motorrad gesessen, welches zur Hälfte kürzer gewesen sei als vor dem Aufprall (act. 56/2 S. 15). Bei der psychiatrischen Untersuchung tags darauf trug der Kläger dagegen vor, sieben Meter durch die Luft geschleudert worden und danach wieder sitzend auf seinem Motorrad gelandet zu sein (act. 56/2 S. 10).
Der Kläger hat eingeräumt, dass seine Darstellung des Unfallhergangs „ nicht immer kohärent“ gewesen sei. Er habe in erster Linie einen Knall wahrgenommen sowie dass er nach hinten geworfen worden sei und seinen Kopf irgendwo angeschlagen habe. Darüber, wie genau der Unfall äusserlich abgelaufen sei, könne er nur spekulieren (act. 16 S. 4 Rz 5). Da der Kläger - der laut Austrittsbericht des USZ vom 20. Juli 2000 allseits orientiert war (act. 4/6) gemäss Polizeirapport vom 28. Juli 2000, dessen Richtigkeit er nicht in Frage stellt, aussagte, sein Motorrad sei durch den Aufprall circa einen Meter nach vorne geschoben und sein Kopf nach hinten geschleudert worden, ohne einen Sturz zu erwähnen (act. 4/3 S. 6), kann es sich bei den späteren Schilderungen nicht um blosse Spekulationen handeln; vielmehr handelt es sich um masslose Übertreibungen (vgl. auch act. 4/10 S. 27). Angesichts der ständig wechselnden, widersprüchlichen Schilderungen des Unfallhergangs kann auf die neuerliche Behauptung des Klägers, er habe irgendwo den Kopf angeschlagen, nicht abgestellt werden. Dahingehende Zeugenaussagen sind weder dem Polizeirapport (act. 4/3) noch den bezirksanwaltschaftlichen Einvernahmen zu entnehmen (act. 4/4). Da gemäss Gutachten der Schulthess Klinik vom 9. September 2004, auf welches sich der Kläger beruft, eine relevante traumatische Hirnschädigung nicht vorliegt, kann insofern auch offen bleiben, ob der Kläger den Kopf angeschlagen hat (vgl. act. 4/10 S. 28).
Zusammenfassend ist somit von folgendem Unfallhergang auszugehen: Der Kläger stand mit seinem Motorrad der Marke Harley Davidson vor dem Rotlicht, als der hinter ihm stehende Lenker des Fiat Panda losfuhr, mit dem Motorrad kollidierte und dieses circa einen Meter nach vorne schob. Dabei wurde der Kläger nach hinten geschleudert; er konnte indes das Motorrad in der Balance halten, stürzte nicht und schlug auch nicht den Kopf an. Das Delta-v betrug maximal 8,8 km/h. Dem Gerichtsgutachter wurde aufgetragen, bei der Gutachtenerstellung von diesem Sachverhalt auszugehen (act. 148 S. 3).
Gesundheitszustand des Klägers
Ärztliche Untersuchungen
Nach dem Unfall begab sich der Kläger ins USZ, wo eine Hirnerschütterung, eine Halswirbeldistorsion und eine Schulterkontusion rechts diagnostiziert wurden (act. 4/6). Die Nachbehandlung wurde durch Dr. med. R. durchgeführt. Auf seine Zuweisung hin wurde der Kläger am 26. April und 16. Mai 2001 durch die Schulthess Klinik untersucht, wo zusätzlich neuropsychologische Beschwerden sowie eine allgemeine psychologische Dysbalancierung festgestellt wurden (act. 4/8). Eine interdisziplinäre Begutachtung am 8. Februar 2002 durch das USZ ergab einerseits rheumatologische und neurologische Befunde und andererseits eine psychische Anpassungsstörung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (act. 4/9). Im Auftrag der SUVA wurde der Kläger im Jahre 2004 an der Schulthess Klinik interdisziplinär begutachtet (act. 4/10). In der Folge sprach ihm die SUVA in einem Vergleich eine Rente von 40% ab dem 1. Januar 2005 zu (act. 4/11). Eine weitere Begutachtung fand Ende 2008/anfangs 2009 im Auftrag der Invalidenversicherung durch das ABI statt (act. 56/2). Daraufhin erliess die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich den Vorbescheid, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Invalidenrente habe; er sei in seiner bisherigen Tätigkeit als Bauleiter und in einer angepassten Tätigkeit zu 80% arbeitsfähig. Die Arbeitsfähigkeit sei gemäss Gutachten aus neurologischer und nicht aus psychiatrischer Sicht eingeschränkt (act. 56/1).
Gutachten der Schulthess Klinik vom 9. September 2004
Hinsichtlich seines Gesundheitszustandes beruft sich der Kläger auf das - nach seinem Dafürhalten für die Parteien bindende, da unter ihrer Mitwirkung zustande gekommene polydisziplinäre Gutachten der Schulthess Klinik vom
9. September 2004 (nachfolgend Schulthess-Gutachten) (act. 1 S. 6 f. Rz 12). Die entsprechenden Untersuchungen des Klägers wurden im März bzw. April 2004 durch Dr. med. K. (rheumatologische Untersuchung), Prof. Dr. med. J. (neurologische Untersuchung) und Prof. Dr. med. F. (neuropsychiatrische Untersuchung) durchgeführt (act. 4/10 S. 1). Das Schulthess-Gutachten stellt folgende Diagnose (act. 4/10 S. 24 f.):
„Status nach kraniozervikalem Beschleunigungsmechanismus am 18.07.2000
Traumatisch bedingte Spondylarthrose C7/Tdiv rechtsbetont
Zervikales Syndrom mit teilweise Anteilen eines zervikobrachialen bzw. zervikozephalen Syndroms
Anpassungsstörung mit gemischten Emotionen, chronisch verlaufend (DSM IV 309.28), durch Psychopathologie und Persönlichkeitsstruktur (akzentuierte Persönlichkeitszüge ICD-10 F60.8) mitausgelöste Symptomausweitung im Sinne einer unspezifischen gemischten Somatisierungsstörung (Anteile vegetativer Symptomatik) (ICD-10 F45.9)
Die Beklagte bestreitet die Verbindlichkeit des Schulthess-Gutachtens. Die Schulthess Klinik sei von der SUVA in Absprache mit dem Kläger mit einem interdisziplinären Gutachten beauftragt worden. Die Klinik sei indessen vorbefasst gewesen, da sie sich bereits zuvor auf Veranlassung des klägerischen Hausarztes Dr. med. R. in einschlägiger Weise geäussert habe. Prof. Dr. med. F. habe schon den ersten Bericht verfasst. Prof. Dr. med. J. habe bei beiden Untersuchungen mitgewirkt. Zutreffend sei, dass sie, die Beklagte, auf Ersuchen der SUVA einige Zusatzfragen im Zusammenhang mit einem allfälligen Haushaltschaden gestellt habe. Bei der Auswahl des Gutachters (Prof. Dr. med. F. ) sei sie umgangen worden (act. 10 S. 21 ff. Rz 33 ff.).
In tatsächlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass der Gutachtensauftrag an die Schulthess Klinik in Absprache mit dem klägerischen Rechtsvertreter -
von der SUVA erteilt wurde (vgl. einleitende Bemerkungen in act. 4/10 S. 1 sowie act. 17/3). Hätten sich die Parteien so der Kläger (vgl. act. 1 S. 6 Rz 12) - und die SUVA auf eine polydisziplinäre Begutachtung durch die Schulthess Klinik geeinigt, hätte die Beklagte nicht „eingeladen“ werden müssen, an der Begutachtung teilzunehmen und Zusatzfragen zu stellen. Von einem gemeinsam erteilten Gutachtensauftrag kann auch nicht gesprochen werden, wenn die Beklagte „jederzeit über den Gutachtenvorgang und den Gutachterauftrag informiert war“, wenn sie
„ihre Akten und ihre Fragen einreichen konnte“ und ihr Gelegenheit gegeben wurde, Zusatzfragen zu stellen (act. 16 S. 16 f. Rz 30). Die „enge Zusammenarbeit“ zwischen der SUVA und der Beklagten bei der Erstellung des Gutachtens sieht der Kläger darin, dass im Gutachten die Unfallanalyse der Beklagten erwähnt wird und die Beklagte ausdrücklich Fragen zum Haushaltschaden an die Gutachter gestellt hat (act. 16 S. 14 Rz 28). Indessen war Hintergrund dieser Begutachtung das Urteil des Sozialversicherungsgerichts vom 31. Januar 2003, welches eine interdisziplinäre Begutachtung des Klägers unter Einschluss einer fachärztlichen psychiatrischen Untersuchung verlangte (act. 1 S. 6 Rz 12; act. 17/1 S. 16). Wenn die Beklagte darüber informiert wird und offenbar vier - Fragen zu Einschränkungen in der Haushaltführung stellt, welche notabene von den Gutachtern nicht beantwortet werden konnten (act. 4/10 S. 36 f.), wird das Gutachten nicht zum gemeinsamen Gutachten der Parteien und der SUVA, und schon gar nicht steht fest, dass die Haftpflichtversicherung, die Unfallversicherung und der Geschädigte
„zusammen ein Gutachten erstellt“ hätten, an das sie gebunden wären (act. 16 S. 17 Rz 30).
Lehre und Rechtsprechung gehen davon aus, dass Parteigutachten grundsätzlich die Bedeutung von Parteibehauptungen haben (BGE 132 III 83, Erw. 3.4 und 3.5; Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., vor §§ 171 ff. N 4, m.w.H.). Eine Ausnahme machte das Bundesgericht bei einem Abstammungsgutachten, welches die Parteien gemeinsam in Auftrag gegeben hatten (BGE 86 II 134). Im vom Kläger zitierten BGE 4C.222/2004 (BGE 131 III 12; vgl. act. 16 S. 17 Rz 30) hatte sich das Bundesgericht anlässlich der Berufung nicht mit dem Zustandekommen des vorprozessual eingeholten Gutachtens zu befassen; offenbar hatten sich beide Parteien im erstinstanzlichen Verfahren auf dieses Gutachten berufen (act.
17/5, Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Zug vom 13. November 2006, S. 11). In der im gleichen Fall erhobenen staatsrechtlichen Beschwerde wurde der Vorinstanz die Verletzung des rechtlichen Gehörs und willkürliche Würdigung des Parteigutachtens vorgeworfen, nicht aber der Umstand, dass sie überhaupt auf dieses Gutachten abgestellt hatte (Urteil vom 14. September 2004, 4P.130/2004). In einem weiteren vom Kläger eingereichten Entscheid des Luzerner Obergerichts hatte der dortige Kläger ein Privatgutachten als Beweismittel für seine Klage eingereicht, worauf das Gericht festhielt, er mache zu Recht nicht geltend, die Vorinstanz habe aus formellen Gründen nicht darauf abstellen dürfen (act. 17/5, Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 25. September 2006, S. 5). Das Obergericht des Kantons Luzern lässt im Übrigen Privatexpertisen dann als Beweismittel zu, wenn sie von beiden Parteien in Auftrag gegeben wurden, was vorliegend nicht zutrifft (vgl. auch Entscheid des Luzerner Obergerichts vom 23. März 2001, LGVE 2001 I Nr. 24). Zutreffend ist, dass das Handelsgericht des Kantons Zürich im publizierten Entscheid ZR 102 Nr. 32 einem Privatgutachten hohen Beweiswert zuerkannte, wie der Kläger vorgetragen hat. Allerdings lautet die Begründung dafür in den unveröffentlichten Erwägungen wie folgt (HG940134 S. 14 f.): „Die Beklagte behauptet, Dr. med. X. sei vom klägerischen Rechtsvertreter vorgeschlagen worden (act. 8 S. 8), bestreitet jedoch nicht, dass sie mit der Beauftragung von Dr. med. X. einverstanden war, was sich auch aus dem Gutachten ergibt. Auffallend ist, dass Dr. med. X. das Gutachten an die Beklagte sandte; dies bedeutet wohl auch, dass die abschliessend von Dr. med. X. beantworteten Fragen durch die Beklagte (ev. mit Einwilligung und/oder Zusatzfragen durch die Klägerin) gestellt wurden. Einleitend hält Dr. med. X. zudem fest, dass die Beklagte ihn im Einvernehmen mit dem Rechtsvertreter der Verunfallten mit Brief vom 27. Februar 1992 mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt habe. Insofern kommt diesem Gutachten ein hoher Stellenwert bei der Beweiswürdigung zu. “ Wie bereits dargelegt (vgl. oben Ziffer 3.2. 3), ist die Entstehungsgeschichte des Schulthess-Gutachtens eine andere.
Hinzu kommt, dass die Beklagte zu Recht auf die Vorbefasstheit der Gutachter Prof. Dr. med. J. und Prof. Dr. med. F. hingewiesen hat. Beide nahmen am 26. April und 16. Mai 2001 in der Schmerzsprechstunde konsiliari-
sche Untersuchungen des Klägers auf Zuweisung von dessen Hausarzt Dr. med. R. vor (act. 4/8). Die Vorbefassung stellt regelmässig einen Ausstandsgrund als Gutachter dar (vgl. Bühler, Erwartung des Richters an den Sachverständigen, AJP 1999 S. 568 ff.).
Nach Art. 86 SVG beurteilt der Richter bei Streitigkeiten über Ansprüche aus Motorfahrzeugund Fahrradunfällen die Tatsachen, ohne an Beweisregeln des kantonalen Prozessrechtes gebunden zu sein. Der Richter hat alle Beweismittel frei zu würdigen. Der Umstand allein, dass eine ärztliche Stellungnahme von einer Partei eingeholt und in das Verfahren eingebracht wird, rechtfertigt Zweifel an ihrem Beweiswert nicht. Auch ein Parteigutachten enthält Äusserungen eines Sachverständigen, welche vom Gericht in geeigneter Weise zu würdigen sind. Daraus folgt indessen nicht, dass ein solches Gutachten den gleichen Rang wie ein vom Gericht nach dem vorgegebenen Verfahrensrecht eingeholtes Gutachten besitzt. Es verpflichtet indessen wie jede substantiiert vorgetragene Einwendung gegen ein solches Gutachten - das Gericht, den von der Rechtsprechung aufgestellten Richtlinien für die Beweiswürdigung folgend, zu prüfen, ob es in rechtserheblichen Fragen die Auffassungen und Schlussfolgerungen des vom Gericht förmlich bestellten Gutachters derart zu erschüttern vermag, dass davon abzuweichen ist (BGE 125 V 351, Erw. 3.b und c). Dem Schulthess-Gutachten kommt somit lediglich in dem Sinne Beweiswert zu.
Hinsichtlich der im Austrittsbericht des USZ vom 20. Juli 2000 diagnostizierten commotio cerebri (Hirnerschütterung) (act. 4/6) sei an dieser Stelle erwähnt, dass gemäss Schulthess-Gutachten auf welches sich der Kläger beruft - die Angaben zur Bewusstseinslage anlässlich des Unfalls und andere Symptome darauf hindeuten, dass eine relevante, d.h. schwere und bleibende kognitive Defizite hinterlassende traumatische Hirnschädigung anlässlich des Traumas vom 18. Juli 2000 nicht stattgefunden hat (act. 4/10 S. 27 f.). Etwas Gegenteiliges behauptet der Kläger nicht, weshalb von diesem Befund auszugehen ist. Selbst wenn also eine commotio cerebri als mildeste Form des Schädel-Hirn-Traumas stattgefunden hätte, wäre diese folgenlos verheilt. Vorwegzunehmen ist ebenfalls, dass die übrigen vom Kläger eingereichten Arztberichte (act. 4/7-9) mangels Aussagekraft hinsichtlich der nachfolgend untersuchten Diagnose bzw. Ursächlichkeit des Unfalls in die Beurteilung nicht eingeflossen sind.
Vorliegende Diagnosen
Hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Klägers wurde die im SchulthessGutachten erhobene Diagnose (vgl. oben Ziffer 3.2. 1) zum Beweis verstellt (act. 36 und 45).
Traumatisch bedingte Spondylarthrose
Die von der Schulthess Klinik gestellte Diagnose einer „traumatisch bedingten Spondylarthrose C7/Tdiv rechtsbetont“ [Spondylarthrose, syn. Spondylarthrosis deformans nach Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 262. Aufl. 2010: degenerative Gelenkerkrankung der kleinen Wirbelgelenke] hält der Gerichtsgutachter für nicht nachvollziehbar und spekulativ, da in den frühen radiologischen Untersuchungen nach dem Unfall keine Hinweise für eine Spondylarthrose beschrieben worden seien. Ein spätes neuroradiologisches Gutachten von PD Dr. med. S. sei mit dieser Betrachtungsweise vereinbar (act. 163 S. 62 und 77). Bezug wird genommen auf den Bericht des von der Beklagten mit einem Gutachten zur Frage der Kausalität zwischen der Spondylarthrose C7/Tdiv und dem vorliegenden Unfall betrauten PD Dr. med. S. (act. 11/18). Dieser kam zum Schluss, dass die Spondylarthrose nicht mit dem vorliegenden Unfall in Zusammenhang gebracht werden könne. Er führt aus, dass die HWS-Röntgenaufnahmen nach dem Skiunfall im März 1994 normal gewesen seien. Weiter habe er, PD Dr. med. S. , zu der von ihm in der Klinik im Park durchgeführten Kernspintomographie vom 12. Dezember 2000 konstatiert: Altersentsprechende HWS ohne nennenswerte degenerative Veränderungen. Insbesondere ist keine Diskushernie vorhanden. Keine Wurzel-, keine Rückenmarkskompression (act. 11/9). Eine ossäre Läsion (Verletzung am Knochen) sei nicht gefunden worden, auf degenerative Veränderungen sei jedoch nicht eingegangen worden. Erst auf den Aufnahmen der Schulthess Klinik vom 26. April 2001 könne im Niveau C7/Tdiv eine beginnende Arthrose vermutet werden. Allerdings seien die Veränderungen minimal. Erst das Computertomogramm vom 16./20. April 2004 habe degenerative Veränderungen im Segment C7/Tdiv eindeutig nachgewiesen. Ein Einzeltrauma ohne ossäre Läsion führe in der Regel nicht zu einer isolierten Arthrose eines einzelnen Gelenkes, womit angenommen werden müsse, dass eine erst vier Jahre nach einem geringfügigen HWS-Trauma festgestellte Arthrose C7/Tdiv nicht durch das Trauma verursacht worden sei. Aufgrund der chronologischen Befunde sei die rechtsbetonte Spondylarthrose C7/Tdiv zum Unfallzeitpunkt nicht vorhanden gewesen. Generell seien degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule auch ohne Trauma in der Anamnese sehr häufig und müssten bei älteren Leuten bis zu einem gewissen Grad als altersphysiologisch eingestuft werden (act. 11/18).
Auch wenn das Gerichtsgutachten auf die Diagnose der Spondylarthrose nicht näher eingeht, ist aus dessen Verweis auf und den Ausführungen im Bericht von Prof. Dr. med. S. zu schliessen, dass das Gerichtsgutachten die Diagnose der Spondylarthrose C7/Tdiv an sich nicht in Frage stellt (wohl aber ihren Zusammenhang mit dem vorliegenden Unfall (vgl. dazu unten Ziffer 4. 2)). Es kann somit vom Vorliegen der rechtsbetonten Spondylarthrose C7/Tdiv ausgegangen werden.
Zervikales Syndrom
Das vom Kläger angerufene Schulthess-Gutachten stellte weiter die Diagnose zervikales Syndrom mit teilweise Anteilen eines zervikobrachialen bzw. zervikozephalen Syndroms fest (act. 4/10 S. 24). Unter diesen medizinischen Begriffen werden von der Halswirbelsäule ausgehende Schmerzen (zervikales Syndrom) mit Ausstrahlungen in Arm-/Schulterbereich (zervikobrachiales Syndrom) und Nacken-/Kopfbereich (zervikozephales Syndrom) verstanden. Das Gerichtsgutachten kommt ebenfalls zum Schluss, dass beim Kläger Nacken-/Kopfschmerzen (zervikozephales Syndrom) und Arm-/Schulterschmerzen (zervikobrachiales Syndrom) vorliegen (vgl. act. 163 S. 53 und 69 f.). Dadurch gelten auch diese Beschwerden als bewiesen.
Psychische Diagnosen
Zum Beweis verstellt wurde zuletzt die Diagnose einerseits einer „Anpassungsstörung mit gemischten Emotionen, chronisch verlaufend (DSM IV 309.28)“ und andererseits einer „durch Psychopathologie und Persönlichkeitsstruktur (akzentuierte Persönlichkeitszüge ICD-10 F60.8) mitausgelösten Symptomausweitung im Sinne einer unspezifischen gemischten Somatisierungsstörung (Anteile vegetativer Symptomatik) (ICD-10 F45.9)“.
Zur Anpassungsstörung
Der vom Gerichtsgutachter Prof. Dr. med. L. zwecks psychiatrischer Begutachtung beigezogene Dr. med. T. konstatiert im psychiatrischen Teilgutachten vom 28. Juni 2012 hinsichtlich der Diagnose Anpassungsstörung mit gemischten Emotionen, chronisch verlaufend (DSM IV 309.28), dass es zum Zeitpunkt der aktuellen Begutachtung, mithin elf Jahre nach dem Unfallereignis, nicht zulässig sei, von einer Anpassungsstörung zu reden; diese sei gemäss ICD10 maximal zwei Jahre nach dem Ereignis diagnostizierbar (act. 165 S. 12). Das interdisziplinäre Gutachten hält entsprechend ebenfalls fest, dass die Diagnose einer Anpassungsstörung gemäss ICD-10 maximal zwei Jahre nach einem Ereignis gestellt werden könne, womit in casu diese Diagnose rein aus Definitionsgründen nicht mehr zutreffen könne. Hinsichtlich der Diagnosestellung im Schulthess-Gutachten wird bemerkt, dass die Anpassungsstörung als Folge des Unfalles vom 18. Juli 2000 längstens bis 18. Juli 2002 hätte gestellt werden dürfen, aber sicherlich nicht mehr zum Zeitpunkt der Begutachtung im Jahr 2004 (act. 163 S. 42, 62 und 77).
Bezüglich dieser Bemerkungen der Gutachter rügt der Kläger, dass dabei lediglich auf den internationalen Diagnosekatalog ICD-10 hingewiesen und nicht spezifiziert werde, welche Anpassungsstörung des ICD-10 Katalogs (F43.0- F43.9) die zeitliche Beschränkung auf zwei Jahre beschreibe und ob dies als herrschende Lehre gelte. Die Schulthess Klinik habe ICD-10 F45.9 als Diagnosecode angegeben, während Dr. med. T. von ICD-10 F45.0, F45.3, F45.4, F60.8, F73.1 ausgehe. Weder für die Diagnosen von Dr. med. T. (act. 165
S. 9) noch für diejenigen der Schulthess Klinik sei im ICD-10 Katalog eine zeitliche Begrenzung vorgesehen (act. 170 S. 13 ff.).
In diesem Zusammenhang darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass sich der gutachterliche Hinweis auf die maximal zweijährige Dauer lediglich auf die Diagnose Anpassungsstörung mit gemischten Emotionen, chronisch verlaufend (DSM IV 309.28) bezieht und nicht auch die Diagnose durch Psychopathologie und Persönlichkeitsstruktur (akzentuierte Persönlichkeitszüge ICD-10 F60.8) mitausgelöste Symptomausweitung im Sinne einer unspezifischen gemischten Somatisierungsstörung (Anteile vegetativer Symptomatik) (ICD-10 F45.9) umfasst. Insofern ist hier nur der Diagnosecode DSM IV 309.28 relevant.
Das DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) ist ein US-amerikanisches Klassifikationssystem der psychischen Störungen. Die ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) ist ein internationales Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen. Das DSM-IV ist ein Ersatz und/oder eine Ergänzung für die jeweiligen Passagen der ICD-10. Der Diagnosecode DSM IV 309.28 wird beschrieben als Adjustment Disorder with Mixed Anxiety and Depressed Mood und entspricht dem ICD-10-Diagnosecode der Anpassungsstörung F43.22 Angst und depressive Reaktion gemischt (Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen: mit Glossar und diagnostischen Kriterien ICD-10: DCR-10 und Referenztabellen ICD-10 v.s. DSM-IV-TR, Hrsg.: Dilling/Freyberger, 5. Aufl., Bern 2010, S. 445 ff., 464). Hinsichtlich der zeitlichen Dauer der Symptome einer Anpassungsstörung ist den Kommentierungen der ICD-10 zu entnehmen, dass diese nicht länger als sechs Monate nach dem belastenden Ereignis andauern ausser bei der längeren depressiven Reaktion (F43.21), welche jedoch zwei Jahre nicht überschreitet (Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, a.a.O., S. 177 f.; Pschyrembel, a.a.O., zu Anpassungsstörung). Insofern ist die Feststellung der Gerichtsgutachter, wonach eine Anpassungsstörung längstens zwei Jahre nach dem Unfall hätte festgestellt werden dürfen, nicht zu beanstanden. Vor diesem Hintergrund ist vielmehr das Schulthess-Gutachten in Frage zu stellen; auf die zeitliche Beschränkung der Anpassungsstörung geht dieses nicht ein. Ebenso wenig äusserte sich der Neuropsychologe Prof. Dr. med. F. dazu, als er zur Auslösung und Symptomatik einer Anpassungsstörung als Zeuge Stellung nahm (Prot. S. 43 f.). Folglich bleibt festzuhalten, dass die im
Schulthess-Gutachten gestellte Diagnose der Anpassungsstörung nicht bewiesen ist. Insofern erübrigen sich an dieser Stelle Ausführungen dazu, ob auf das Schulthess-Gutachten aus anderen Gründen nicht abgestellt werden kann (vgl. dazu unten Ziffer 4.2. 8).
Zu somatoformen Störungen
Das psychiatrische Teilgutachten diagnostizierte beim Kläger eine Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.0) wie auch eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.4), wobei differentialdiagnostisch auch an eine somatoforme autonome Funktionsstörung (ICD-10 F45.3) zu denken sei. Wesentlich scheine aber die vorhandene narzisstische Persönlichkeitsstörung (F60.8) den Boden zur Ausbildung der genannten Krankheitsbilder geliefert zu haben (act. 165
S. 12). Diese Diagnose des Gerichtsgutachtens deckt sich nicht mit derjenigen der Schulthess Klinik, wonach eine durch Psychopathologie und Persönlichkeitsstruktur (akzentuierte Persönlichkeitszüge ICD-10 F60.8) mitausgelöste Symptomausweitung im Sinne einer unspezifischen gemischten Somatisierungsstörung (Anteile vegetativer Symptomatik) (ICD-10 F45.9) vorliege.
Auch wenn mit unterschiedlichen Diagnosecodes attestieren beide Gutachten Krankheitsbilder, welche zur Kategorie der somatoformen Störungen (ICD10 F45.-) gehören [somatoforme Störungen: Das Charakteristikum ist die wiederholte Darbietung körperlicher Symptome in Verbindung mit hartnäckigen Forderungen nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholter negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, dass die Symptome nicht körperlich begründbar sind; Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, a.a.O.,
S. 187]. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus diesem Grund die Abweichung der Gutachten hinsichtlich der Unterkategorien bzw. der Diagnosecodes ausser Acht zu lassen ist, mithin die von der Schulthess Klinik diagnostizierte Somatisierungsstörung im Sinne von ICD-10 F45.9 als bewiesen zu betrachten ist, kann hier allerdings unterbleiben, da die psychischen Störungen ohnehin nicht durch den vorliegenden Unfall verursacht wurden (vgl. dazu unten Ziffer 4.4).
Natürlicher Kausalzusammenhang
Definition, Beweismass und Beweislast
Bei der Beurteilung der Unfallkausalität geht es vorerst um die Beantwortung der Frage, ob das Unfallereignis vom 18. Juli 2000 so, wie es sich gemäss erstelltem Sachverhalt ereignet hat, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers tatsächlich verursachte (Ursächlichkeit; natürlicher Kausalzusammenhang). Im Falle der Verneinung eines natürlichen Kausalzusammenhanges zwischen diesen beiden Gliedern der Kausalkette wäre die Klage ohne Weiteres abzuweisen.
Der natürliche Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn das pflichtwidrige Verhalten nicht weggedacht werden kann, ohne dass auch der eingetretene Erfolg entfiele, es mithin conditio sine qua non für den Schaden darstellt (Oftinger/ Stark, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Bd I: Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 1995, § 3 N 10 f.; Roland Brehm, Berner Kommentar, 3. Aufl. 2006, N 106 und N 109 zu Art. 41 OR; BGE 116 IV 306, Erw. 2.a). Ursachen im Sinne des natürlichen Kausalzusammenhangs sind alle Umstände, ohne deren Vorhandensein der eingetretene Erfolg nicht als eingetreten nicht als in der gleichen Weise bzw. nicht zur gleichen Zeit eingetreten gedacht werden kann. Entsprechend dieser Umschreibung ist für die Bejahung des natürlichen Kausalzusammenhangs nicht erforderlich, dass ein Unfall die alleinige unmittelbare Ursache gesundheitlicher Störungen ist; es genügt, dass das schädigende Ereignis zusammen mit anderen Bedingungen die körperliche geistige Integrität des Versicherten beeinträchtigt hat, der Unfall mit anderen Worten nicht weggedacht werden kann, ohne dass auch die eingetretene gesundheitliche Störung entfiele anders ausgefallen wäre (BGE 119 IV 335, Erw. 1; BGE 117 V 359, Erw. 4.a; BGE 131 III 12 = Urteil
des Bundesgerichts 4C.222/2004 vom 14. September 2004, Erw. 2.1). Der natürliche Kausalzusammenhang ist aber dann nicht erstellt, wenn gegenüber den vom Geschädigten geltend gemachten Umständen andere überwiegen diese zumindest den ausschlaggebenden Charakter der geltend gemachten Ursache zweifelhaft erscheinen lassen (BGE 119 Ib 334, Erw. 3.c mit weiteren Hinweisen).
Die Beweislast für diesen natürlichen Kausalzusammenhang obliegt dem Kläger (Art. 8 ZGB). Dabei genügt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Kausalverlaufs. Der Beweis gilt als erbracht, wenn für die Richtigkeit der Sachbehauptung nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht massgeblich in Betracht fallen (BGE 132 III 715, Erw. 3.1 und 3.2; BGE 4C.222/2004, Erw. 2.).
Nach Auffassung der Beklagten leidet der Kläger nicht an rechtlich relevanten gesundheitlichen Einschränkungen. Aufgrund der medizinischen Befunde vom Unfalltag sowie der komplikationslosen Heilung mit rasch abklingenden Beeinträchtigungen in den ersten Tagen habe von einem normalen Verlauf ausgegangen werden können. So habe die neurologische Überwachung des Klägers während einer Nacht keine frischen Knochenverletzungen Traumata ergeben, so dass der Kläger einen Tag nach dem Unfall aus dem Spital habe entlassen werden können. Der Kläger habe sich in den ersten 14 Tagen nach dem Unfall so gut erholt, dass er eine mehrwöchige Reise in die USA unternommen habe. Weiter habe er Mitte September 2000 an zwei Autorennen der U. teilnehmen kön- nen und habe beide Rennen gewonnen. Weitere 15 Rennen habe er im Jahr 2001 bestritten. Im Widerspruch dazu mache der Kläger heute eine Reihe von unspezifischen Beschwerden geltend, die aus dem Unfall vom 18. Juli 2000 herrühren würden. Zufolge zahlreicher vorbestandener Beeinträchtigungen seien die Beschwerden bereits Jahre vor dem Auffahrunfall manifest gewesen bzw. jedenfalls medizinisch gut dokumentiert und pharmakologisch während Jahren behandelt worden. So habe der Kläger im Jahre 1976 einen Motocrossunfall erlitten und sich einen Riss der grossen, zum Kopf führenden Halsschlagader zugezogen. 1983 habe er beim Fussballspielen einen Bänderriss der Hüfte erlitten, welcher operativ versorgt worden sei. 1985 habe er einen Auffahrunfall gehabt. Unmittelbar nach dem Unfall habe er Schmerzen an der linken Halsseite verspürt, was im späteren Verlauf in ein Zervikobrachialsyndrom gemündet sei. Im April 1992 sei eine Mittelhandverletzung rechts mit einer mehrwöchigen Arbeitsunfähigkeit erfolgt; der Kläger sei auf die rechte Hand gestürzt. Im März 1994 sei dem Kläger ein Skifahrer in den Rücken gesprungen, was eine Spitaleinweisung per Helikop-
ter erforderlich gemacht habe. Es seien eine Nierenkontusion links, Prellungen der linken Hüfte und der Lendenwirbelsäule diagnostiziert und persistierende Kopfschmerzen im Sinne eines Beschleunigungstraumas der HWS beschrieben worden. Es sei eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit von knapp einem Jahr gefolgt. Während der Behandlung des HWS-Syndroms sei den Ärzten aufgefallen, dass der leicht aggravierende Kläger mit seinen Beschwerden nicht zurecht komme. Im Zusammenhang mit der Diskushernienquetschung habe der Kläger wegen anhaltenden Rückenbeschwerden immer wieder den Arzt aufgesucht. Am
1. April 1997 habe der Kläger eine Handverletzung erlitten, welche eine mehrmonatige Arbeitsunfähigkeit nach sich gezogen habe. Im November 1997 sei er beim Tragen einer Kiste auf den linken Arm gefallen. Es sei ein partieller Abriss des Processus cornoideus ulnae (hakenförmiger Fortsatz der Elle) diagnostiziert worden. Am 26. November 1997 sei dem Kläger ein Kugelschreiber ins Auge gerammt worden. In der Folge habe er ständige Kopfschmerzen gehabt und Flecken bzw. Punkte gesehen. Dr. med. V. habe am 27. Juli 1998 eine reaktive depressive Störung mit emotionaler Labilität, depressiven Gefühlszuständen, kognitiver Einengung des Gedankenfeldes, Gedankenkreisen um das Thema des Unfalls, gravierende Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Einbusse der Leistungsfähigkeit, Müdigkeit, Reizbarkeit bis zu Ich-dystonen impulsiven Durchbrüchen, weiter psychosomatische Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit erhoben. Noch im November 1999 bzw. im Februar 2000 habe der Kläger an den Spätfolgen gelitten, welche medikamentös mit Fluctine, einem verschreibungspflichtigen Medikament zur Behandlung anhaltender depressiver Verstimmungszustände, behandelt worden seien. Der Hausarzt habe im September 2000 vermerkt, dass der Kläger seit diesem Unfall im Jahre 1997 über anhaltende Kopfschmerzen geklagt habe. Im März 1999 sei der Kläger auf der Skipiste auf Arme und Kopf gestürzt. Es sei eine Schulterkontusion diagnostiziert worden. Im Mai 1999 sei er beim Tragen einer Reinigungsmaschine auf einer Treppe ausgerutscht. Es sei die Diagnose einer traumatischen partiellen Läsion der distalen langen Bizepssehne erhoben worden. Im September 1999 sei ein operativer Eingriff vorgenommen worden. Die volle Arbeitsfähigkeit sei im März 2000 wieder erreicht worden (act. 10 S. 4 Rz 4, S. 10 ff. Rz 14 f. und S. 54 Rz 76).
Zur Spondylarthrose
Hinsichtlich des kausalen Zusammenhangs zwischen dem vorliegenden Unfallereignis und der rechtsbetonten Spondylarthrose C7/Tdiv beruft sich der Kläger auf das Schulthess-Gutachten und zitiert es wie folgt (act. 1 S. 7 Rz 12.): Ein kausaler Zusammenhang zwischen der szintigraphisch aktiven lntervertebralgelenksarthrose C7/Tdiv rechts mit dem Unfallereignis vom 18.07.2000 ist anzunehmen. Das Hyperextensionstrauma durch das nach hinten Schnellen des Kopfes (Keine Nackenstützen, Halbhelm) lässt eine Belastung in diesem Bereich der Wirbelsäule annehmen, auch wenn das unfallanalytische Gutachten nur eine geringe mittlere Beschleunigung zwischen 0.6 und 2.3 g ergeben hatte. Anhand der früheren Anamnese, wo ebenfalls erhöhte Beanspruchungen der Halswirbelsäule anzunehmen sind (Motocross fahren) sowie der erwähnten Unfällen 1976 und 1994 kann ein vorbestehender Schaden nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden. Da der Patient aber bis zum Unfallereignis vom 18.07.2000 auf dieser Lokalisation keine Symptomatik angegeben hatte, muss auf jeden Fall von einer richtungsgebenden Verschlechterung, eher einer wahrscheinlichen Verursachung dieser Unregelmässigkeit durch das Unfallereignis vom Juli 2000 ausgegangen werden.
Unter Hinweis auf den Befund der Klinik im Park vom 12. Dezember 2000 (act. 11/9), wo beim Kläger mittels Kernspintomographie eine altersentsprechende HWS ohne degenerative Veränderungen, insbesondere ohne Diskushernie, Wurzeloder Rückenmarkskompression, festgestellt worden sei, bestreitet die Beklagte die Ursächlichkeit des Unfalls für die Spondylarthrose C7/Tdiv. Im Untersuchungsbericht sei nirgends davon die Rede, dass auf der Höhe C7/Tdiv eine Schädigung/Degeneration habe gefunden werden können. Die Gutachter der Schulthess Klinik hätten es nicht als nötig erachtet, diesen Widerspruch zu klären. Da die Beurteilung der Schulthess Klinik für die Beklagte derart unerwartet gewesen sei, habe sie PD Dr. med. S. mit einem Teilgutachten zur Frage der Kausalität zwischen der Spondylarthrose C7/Tdiv und dem Unfall betraut. Dieser habe am 25. Januar 2005 bestätigt (act. 11/18), dass die jetzt nachweisbare
rechtsbetonte Spondylarthrose C7/Tdiv nicht mit dem erwähnten Unfall in Zusammenhang gebracht werden könne (act. 10 S. 26 Rz 38).
Wie oben festgehalten (vgl. Ziffer 3.3. 1), bezeichnet das Gerichtsgutachten
Bezug nehmend auf die besagten Feststellungen von PD Dr. med. S. (act. 11/18) - die von der Schulthess Klinik gestellte Diagnose einer traumatischen Spondylarthrose für nicht nachvollziehbar bzw. spekulativ, da in den frühen radiologischen Untersuchungen nach dem Unfall keine Hinweise für eine Spondylarthrose beschrieben worden seien, und verneint einen Zusammenhang mit dem Unfall.
Der Kläger widersetzt sich dieser Begründung des Gerichtsgutachters. PD Dr. med. S. schreibe doch, dass auf den Aufnahmen vom 26. April 2001 eine beginnende Arthrose im Niveau C7/Tdiv vermutet werden könne. Allerdings seien diese Veränderungen minimal und erst in einem späteren Bild von 2004 seien von Prof. Dr. med. J. unregelmässig dargestellte Gelenke C7/Tdiv beschrieben. Eindeutig hätten diese Veränderungen im Segment C7/Tdiv erst in einem Computerprogramm vom 16./20. April 2004 nachgewiesen werden können. Dann komme PD Dr. med. S. , sehr apodiktisch, zum Ergebnis, dass diese nachweisbare, rechtsbetonte Spondylarthrose C7/Tdiv nicht unfallkausal sein könne, weil man diese Arthrose im Jahre 2000 nicht gesehen habe bzw. diese nicht existiert habe. Hingegen habe die Rheumatologin, Dr. med. K. , als Zeugin ausgesagt, eine Arthrose entwickle sich aufgrund einer Schädigung und je weiter die Zeit fortschreite und der Arthroseprozess daure, desto besser sehe man sie bildgebend (Prot. S. 90). Diese Aussage stimme mit den Ausführungen von PD Dr. med. S. in seinem Bericht überein, gemäss welchem auf den Aufnahmen vom 26. April 2001 eine beginnende Arthrose im Niveau C7/Tdiv vermutet werden könne; diese habe sich dann drei Jahre später richtig manifestiert und sei sichtbar geworden. Der Gerichtsgutachter nehme diese Ansicht der Rheumatologin nicht einmal zur Kenntnis. Zudem hätten die Experten der Schulthess Klinik in ihren persönlichen Einvernahmen noch wissenschaftlich begründet, dass die Verletzung auf der Höhe C7/Tdiv nur auf einer Seite nur durch traumatische Ereignisse vorkomme und dies zu Schmerzen führe. Darüber hinaus
sei der Gerichtsgutachter als Neurologe fachlich gar nicht kompetent dafür, die Entstehungsgeschichte der Arthrose auf der Höhe C7/Tdiv aufgrund der Bilder zu beurteilen (act. 170 S. 8 ff. und 18). Der Kläger beantragt die Erstellung eines neuroradiologischen Gutachtens unter Beizug eines Orthopäden/Rheumatologen, welches die Fragen im Zusammenhang mit der Spondylarthrose C7/Tdiv beantworten soll (act. 170 S. 19).
Seinen Antrag auf Erstellung eines neuroradiologischen Gutachtens begründet der Kläger lediglich mit der Behauptung, ein Neurologe sei fachlich nicht kompetent für die Beurteilung der Entstehungsgeschichte der Arthrose. Dazu ist zu sagen, dass dem Gutachter Prof. Dr. med. L. anheim gestellt wurde, zur Ausarbeitung des Gutachtens unter seiner Verantwortung Hilfspersonen beizuziehen; insbesondere könne er für die psychiatrische Abklärung die erforderlichen Fachkräfte beiziehen (act. 148 S. 2). Die Erstellung des Gutachtens liegt in der Verantwortung des Hauptgutachters. Es liegt in seiner Verantwortung, bei Fragen, zu deren Beantwortung ihm das Fachwissen fehlt, geeignete Fachleute beizuziehen. Dem Gericht fehlt das Fachwissen, um die Eignung eines Arztes für die Begutachtung bestimmter Beschwerdebilder zu beurteilen. Dass Prof. Dr. med.
L. als Neurologen die Eignung zur Beurteilung der Spondylarthrose abginge, erscheint jedoch nicht a priori der Fall zu sein. So ist auffällig, dass das zuhanden der IV-Stelle Zürich erstellte ABI-Gutachten vom 2. Januar 2009 keinen Rheumatologen Neuroradiologen als untersuchenden Arzt aufführt, wohl aber einen Neurologen (act. 56/2 S. 22); den klägerischen Vorbringen kann nicht entnommen werden, er habe hinsichtlich des ABI-Gutachtens nachträglich die Erstellung eines neuroradiologischen Gutachtens verlangt. In diesem Zusammenhang ist weiter zu bemerken, dass sich der Kläger betreffend die Auslösung einer Arthrose auf nur einer Seite lediglich auf die Zeugenaussage des Neuropsychiaters Prof. Dr. med. F. beruft (vgl. folgende Ziffer 4.2. 6). Abgesehen davon, dass eine Zeugenaussage ein Gutachten nicht ersetzen kann, ist es zweifelhaft, ob ein Neuropsychiater geeigneter ist, Aussagen zur Entstehungsgeschichte einer Spondylarthrose zu machen, als ein Neurologe. Auf diese Widersprüche geht der Kläger nicht ein. Aus diesen Gründen gebietet sich die Erstellung eines neuroradiologischen Gutachtens nicht, wodurch der klägerische Antrag abzuweisen ist.
Nur am Rande sei erwähnt, dass Anlass zu einer weiteren Expertise nicht schon dann besteht, wenn ein Privatgutachter eine andere Auffassung vertritt ein anderer Experte möglicherweise zu anderen Schlüssen gelangt (Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., § 181 N 4).
An dieser Stelle sei nochmals erwähnt, dass Prof. Dr. med. F. , Dr. med. K. und Prof. Dr. med. J. als Gutachter am SchulthessGutachten mitwirkten. Zu der darin festgestellten Diagnose und zur Frage der Ursächlichkeit des Unfalls wurden sie jeweils als Zeugen einvernommen. Wenn der Kläger mit der Aussage, wonach die Experten der Schulthess Klinik in ihren persönlichen Einvernahmen wissenschaftlich begründet hätten, dass die Verletzung auf der Höhe C7/Tdiv nur auf einer Seite nur durch traumatische Ereignisse vorkomme, die Zeugenaussage von Prof. Dr. med. F. meint, wonach degenerative Veränderungen in der HWS, die in einem bestimmten Alter bei jedem vorkommen würden, meistens symmetrisch seien und die Asymmetrie häufig ein Hinweis darauf sei, dass tatsächlich eine Traumatisierung stattgefunden habe (Prot. S. 38), so ist auf die Zeugenaussage von Dr. med. K. hinzuweisen. Gemäss ihrer Antwort auf die Frage, ob man nachweisen könne, dass solch eine Arthrose bereits vor dem Unfall bestanden habe, könne man wenn auf den Unfallbildern eine Arthrose bereits klar sichtbar sei schon sagen, dass es vorbestehende degenerative Veränderungen seien (Prot. S. 91). Dieser Aussage ist zu entnehmen, dass eine wie beim Kläger vorliegende einseitige Spondylarthrose sehr wohl auch degenerativen Ursprungs sein kann und mit einem Trauma nichts zu tun haben muss.
Nach dem Alter der beim Kläger vorliegenden Spondylarthrose gefragt, sagte Dr. med. K. als Zeugin aus, dieses höchstens nur dann beurteilen zu können, wenn die Bilder zum Zeitpunkt des Unfalls vorhanden gewesen wären, welche man mit den aktuellen vergleichen könnte (Prot. S. 91). Die Beklagte bringt zu Recht ein, dass die Gutachter der Schulthess Klinik weisen sie doch mehrfach darauf hin, dass HWS-Aufnahmen vom Unfall nicht vorhanden gewesen seien - die unfallnahen MRI Bilder vom 12. Dezember 2000 bzw. den diesbezüglichen Befund der Klinik im Park (act. 11/9) nicht zu berücksichtigen scheinen,
dies obwohl diese MRI Untersuchung im Schulthess-Gutachten als aktenkundig aufgelistet ist (vgl. act. 4/10 S. 6).
Was die Feststellungen im Schulthess-Gutachten im Allgemeinen anbelangt, darf der diesem zugrunde liegende Unfallhergang nicht unberücksichtigt bleiben. Das Schulthess-Gutachten gibt bei der Zusammenfassung des Unfallhergangs die Aussage von P. (vgl. dazu oben Ziffer 2. 1) wieder. Auch wird festgehalten, dass gemäss Bilddokumentation am Unfallort das Motorrad um circa einen Meter nach vorne gestossen worden sei. Weitere Angaben werden nicht gemacht (vgl. act. 4/10 S. 4 f.). Dr. med. K. gab in der Zeugenbefragung an, sie seien von dieser Zusammenfassung des Unfallgeschehens und „dann natürlich auch“ von der Beschreibung des Klägers ausgegangen (Prot. S. 87). Auch sagte Prof. Dr. med. F. als Zeuge aus, dass die Beurteilung des Bestehens einer Traumatisierung der HWS anhand der Schilderungen des Klägers vorgenommen worden sei (Prot. S. 39). Auf die Frage hin, ob sie, die SchulthessGutachter, beim Unfallhergang von den subjektiven Angaben des Klägers von den Strafuntersuchungsakten ausgegangen seien, antwortete Prof. Dr. med. J. , sie hätten beides berücksichtigt, wobei die unfallmedizinische Beurteilung insofern limitiert sei, weil sie im Gegensatz zu Vierrädern keine Modelle bzw. Arbeiten zu Auffahrkollisionen bei Zweirädern hätten. Dies mache die Beurteilung etwas schwieriger, so dass sie die Schilderung sehr stark hätten berücksichtigen müssen. (Prot. S. 80 f.). Davon, dass der Kläger den Kopf angeschlagen habe, seien sie jedoch nicht unbedingt ausgegangen (Prot. S. 79).
Dem Schulthess-Gutachten ist zu entnehmen, dass der Kläger gegenüber den Ärzten angegeben hat, infolge des Aufpralls sei sein Motorrad von hinten nach vorne gespickt worden. Er, der Kläger, habe mit dem ganzen Körper eine massive Rückwärtsbewegung über die Satteltasche gemacht und habe mit dem Kopf auf den Boden geschlagen, wobei er mit den Knien im Lenker seines Motorrades eingehängt gewesen sei. Der Körper sei dabei schräg zum Motorrad gelegen. Möglicherweise sei sein Motorrad noch nach vorne gesprungen, weil er es vor dem Unfall in den ersten Gang gelegt gehabt habe (act. 4/10 S. 15 und 27).
Dr. med. K. erklärte, auf ein Beschleunigungstrauma geschlossen zu haben, wobei nicht nur der Aufprall von hinten eine Rolle gespielt habe, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger nach seinen Angaben das Motorrad in den ersten Gang gelegt habe. Mit Loslassen der Kupplung sei zusätzlich ein akuter schneller Beschleunigungsmechanismus nach vorne dazugekommen, was zu einem Nach-Hinten-Schnellen des Kopfes führen könne. Bei einem solchen Mechanismus könne somit der Ort, wo sie, die Schulthess-Gutachter, erwiesenermassen eine strukturelle Schädigung hätten dokumentieren können, durchaus eine Traumatisierung erlebt haben (Prot. S. 86).
Aus den Zeugenaussagen der Schulthess-Gutachter kann geschlossen werden, dass sie indem sie die übertriebenen Schilderungen des Klägers (auch nur teilweise) berücksichtigten ihrer Beurteilung einen Unfallhergang zugrunde legten, welcher von dem diesem Verfahren zugrunde liegenden in massgebenden Punkten abweicht. Der im vorliegenden Verfahren erstellte Sachverhalt bzw. das zu diesem Zweck von den Parteien Vorgebrachte enthält keine Angaben dazu, dass der Kläger das Motorrad in den ersten Gang gelegt haben soll, wodurch dieser gegenüber den Gutachtern der Schulthess Klinik vorgebrachte Umstand sofern aus Glaubwürdigkeitsgründen darauf überhaupt abgestellt werden könnte (vgl. oben Ziffer 2. 4) - nicht zu berücksichtigen ist. So scheint es weiter, dass die Ärzte den Unfallablauf aufgrund der Schilderungen des Klägers nach Ermessen festlegten (vgl. entsprechende Äusserung der Zeugin Dr. med. K. , Prot. S. 87). Zwar sagte Prof. Dr. med. F. aus, dass sich an seiner Beurteilung nichts ändern würde, wenn feststünde, dass der Kläger nicht gestürzt sei und auch nicht den Kopf angeschlagen habe (Prot. S. 41). Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass dem Schulthess-Gutachten ein die übertriebenen Schilderungen des Klägers (nach Ermessen) berücksichtigender Unfallablauf zugrunde liegt und dieser Umstand der Aussagekraft des Schulthess-Gutachtens derart abträglich ist, dass darauf nicht abgestellt werden kann. Auf den weiteren Umstand der Vorbefassung der Gutachter der Schulthess Klinik wurde schon hingewiesen (vgl. oben Ziffer 3.2. 5).
Wenn der Kläger gegen das Gerichtsgutachten vorbringt, auch die Experten der Gutachterstelle ABI hätten die Kausalität der Beschwerden mit der Läsion der HWS auf der Höhe C7/Tdiv bejaht (act. 170 S. 17 f.), ist dazu auszuführen, dass dem ABI-Gutachten vom 2. Januar 2009 Folgendes zu entnehmen ist: Basierend auf dem Schulthess-Gutachten (act. 4/10) meldete sich der Kläger im November 2004 bei der IV-Stelle Zürich zum Bezug von Leistungen an. Da die Ärzte der IV-Stelle aus dem Gutachten keine für die IV relevanten Aussagen machen konnten und der Kläger eine MEDAS Begutachtung ablehnte, stellte die IV-Stelle zunächst der Schulthess Klinik Zusatzfragen. ln der Antwort vom 28. Oktober 2005 gab Prof. Dr. med. F. an, dass der Kläger sowohl als Architekt als auch für eine andere Tätigkeit zu 100% arbeitsunfähig sei. Da die Ärzte der IVStelle darin einen Widerspruch sahen, erteilte die IV-Stelle den Abklärungsauftrag an das ABI (act. 56/2 S. 3). Das ABI-Gutachten stellte schliesslich eine Arbeitsunfähigkeit von 20% fest. Mit der Frage, auf welche Ereignisse die Beschwerden des Klägers zurückzuführen sind, setzte sich das Gutachten nicht auseinander, womit dieses die Ursächlichkeit des vorliegenden Unfalls nicht bejaht haben kann. Auffallend ist, dass das ABI-Gutachten trotz Kenntnis des SchulthessGutachtens - die Diagnose Spondylarthrose C7/Tdiv gar nicht stellt bzw. diese Diagnose der Schulthess-Ärzte nicht kommentiert (vgl. act. 56/2 S. 3 und 17 f.). Ausserdem ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger den Unfallhergang auch gegenüber den ABI-Gutachtern dramatisiert hat. So hat er in der psychiatrischen Untersuchung angegeben, sieben Meter durch die Luft geschleudert worden zu sein (act. 56/2 S. 10). Die neurologische Untersuchung basiert auf der Angabe des Klägers, den Kopf auf dem Boden angeschlagen zu haben (act. 56/2 S. 15 und 18). Da das ABI-Gutachten auf übertriebene Sachverhaltsschilderungen abstellt, kann der Kläger daraus zu seinen Gunsten ohnehin nichts ableiten.
An dieser Stelle ist auf die weiteren durch den Kläger gegen das Gerichtsgutachten vorgebrachten Einwände einzugehen. Dem Kläger ist beizupflichten, dass die Ausführungen des Gutachters zum Schädel-Hirn-Trauma unnötig sind, da unbestrittenermassen davon auszugehen ist, dass der Kläger ein solches nicht erlitten hat (act. 170 S. 5 f.). Ebenso weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass das Gericht dem Gerichtsgutachter aufgetragen hat, von welchem Unfallablauf er
auszugehen habe (act. 170 S. 2), womit sich die Rekonstruktion des Unfallablaufs durch den Gutachter erübrigte und die entsprechenden Ausführungen überflüssig sind (vgl. act. 163 S. 56 f.). Jedoch ist nicht ersichtlich, was der Kläger daraus zu seinen Gunsten ableiten will, zumal sich die durch den Gutachter aufgezeigte Darstellung des Unfallhergangs mit derjenigen in der Experteninstruktion deckt (vgl. act. 163 S. 56 f. und act. 148 S. 3).
Die Bemerkung des Klägers, wonach die Ergebnisse des Gutachtens zur Unfallkausalität nicht auf eigener Untersuchung des Klägers beruhten, sondern auf der Kommentierung der bereits bestehenden Akten (act. 170 S. 2), ist nicht nachvollziehbar. Der Kläger wurde durch die Gutachter im Juni bzw. August 2011 untersucht (vgl. act. 163 S. 1). Dass das Gerichtsgutachten die Feststellungen in bestehenden Gutachten bzw. Arztberichten kommentiert, lässt nicht den Schluss zu, dass die Untersuchungen des Klägers in die Ergebnisse des Gerichtsgutachtens nicht eingeflossen wären.
Der Kläger macht weiter geltend, dass - da die bisherigen Ärzte alle ein SchädelHirn-Trauma ausgeschlossen hätten - die Untersuchungen der Hirnnerven, des Standund Gangbildes sowie der Arme und Beine keinen Aussagewert hätten (act. 170 S. 3). Wie der Kläger zu diesem Schluss kommt, ist schwer nachvollziehbar. Wenn er damit geltend machen will, der Gerichtsgutachter habe die unter Beweis verstellte Diagnose ignoriert bzw. nicht nach den betreffenden Beschwerden gesucht, ist zu erwidern, dass dem Gerichtsgutachter auf diese Diagnose Bezug nehmende Fragen gestellt wurden, welche er beantworten musste und auch beantwortet hat. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass er die für die Beantwortung dieser Fragen nötigen Untersuchungen auch vorgenommen hat. So stellt der Kläger nicht in Abrede, dass eine Kopf/HWS-Untersuchung stattgefunden hat (act. 163 S. 48). Darüber hinaus kann der Auflistung der Untersuchungen im Schulthess-Gutachten entnommen werden, dass dieselben Untersuchungen auch durch die Schulthess Klinik vorgenommen wurden (vgl. act. 4/10 S. 13).
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass auf das Schulthess-Gutachten aus ausgeführten Gründen nicht abgestellt werden kann, womit dieses die Fest-
stellungen im Gerichtsgutachten nicht zu widerlegen vermag. Das Gerichtsgutachten erweist sich damit namentlich nicht als unvollständig, unklar nicht gehörig begründet im Sinne von § 181 ZPO/ZH. Vielmehr erweisen sich seine Schlussfolgerungen als überzeugend, so dass darauf abzustellen ist. Folglich ist mit dem Gerichtsgutachten ein Kausalzusammenhang zwischen der rechtsseitigen Spondylarthrose C7/Tdiv und dem vorliegenden Unfall zu verneinen.
Zervikales Syndrom
Hinsichtlich der Ursächlichkeit des Unfallereignisses für die Nacken-
/Kopfschmerzen (zervikozephales Syndrom) und Arm-/Schulterschmerzen (zervikobrachiales Syndrom) zitiert der Kläger das Schulthess-Gutachten wie folgt (act. 1 S. 7 Rz 12.): Nichtsdestotrotz sind wir der Ansicht, dass anlässlich des Traumas vom 18. Juli 2000, insbesondere gestützt auf hausärztlich (Dr. W. ) bestätigte blande HWS-Anamnese und weiter oben aufgeführte Erläuterungen, eine relevante Traumatisierung im unteren HWS-Bereich stattgefunden hat, welche zumindest als ein 'Kristallisationspunkt' des Beschwerdebildes und der Ausweitung der Symptome (vor dem Hintergrund der oben beschriebenen psychischen, allenfalls auch psychosozialen Disposition) anzusehen ist.
Die Beklagte bestreitet das Vorliegen einer angeblich blanden, d.h. unauffälligen, HWS-Anamnese. Dr. med. W. sei damals erst kurzzeitig der Hausarzt des Klägers gewesen und habe dessen Krankengeschichte nicht gekannt. So sei aktenkundig, dass der Kläger 1994 bei einem Skiunfall ein HWS-Trauma mit persistierenden Kopfschmerzen und verschiedenen Veränderungen an der Wirbelsäule erlitten habe. Im Zusammenhang mit der Augenverletzung 1997 seien Schwindelbeschwerden, Kopfschmerzen und Übelkeit erhoben worden. Die Beurteilung im Schulthess-Gutachten sei daher unhaltbar; daran ändere auch nichts, dass das Gutachten einleitend auf die zahlreichen vorbestehenden HWSBeschwerden zufolge früherer Unfälle Bezug nehme (act. 10 S. 25 Rz 38; act. 21 S. 18 ff. Rz 38).
Die vom Kläger beklagten Nackenund Kopfschmerzen sieht das Gerichts- gutachten als durch die Augenverletzung 1997 und teilweise den Skiunfall 1994
verursacht. Die Armund Schulterschmerzen seien durch den Skiunfall im März 1999 und den Treppensturz im Mai 1999, welche zu Verletzungen beider Arme geführt hätten, ausgelöst worden (act. 163 S. 66 f. und 22). Betreffend die Frage der natürlichen Kausalität wird das Unfallereignis vom 18. Juni 2000 als überwiegend wahrscheinliche Ursache einer Akzentuierung bzw. Aggravation der Kopf-
/Nackenschmerzen während sechs Monaten gesehen. Danach müsse die Unfallkausalität mit möglich beurteilt werden. Hinsichtlich der Arm-/Schulterschmerzen könne das Unfallereignis als überwiegend wahrscheinliche Ursache einer leichten Akzentuierung bzw. Aggravation während drei (bis maximal sechs) Monaten gesehen werden. Nach spätestens sechs Monaten nach dem Unfall sei die Unfallkausalität der Beschwerden maximal mit möglich einzustufen (act. 163 S. 68 ff.).
Der Kläger bemängelt, dass der Gerichtsgutachter zur Bejahung der Kausalität im Schulthess-Gutachten und den Zeugenaussagen der Schulthess Ärzte keine Stellung nimmt, dies obwohl er im Instruktionsschreiben auf beides hingewiesen worden sei (act. 170 S. 1 f.). Dieses Argument des Klägers ist unbehelflich, da die Schlussfolgerung der längstens sechs Monate seit dem Unfall vorliegenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit auf der Untersuchung des Klägers und den vorbestehenden Akten basiert; eine Kommentierung des SchulthessGutachtens wurde nicht verlangt. Mit der Beklagten ist aber darauf hinzuweisen, dass die Schulthess-Gutachter auf eine Traumatisierung der HWS und die Ursächlichkeit insbesondere gestützt auf hausärztlich (Dr. W. ) bestätigte blande HWS-Anamnese geschlossen haben. Dass die HWS-Anamnese nicht unauffällig gewesen ist, bezeugen Befunde verschiedener früherer Unfälle (vgl. beklagtische Ausführungen in Ziffer 4.1. 4). Angesichts der Dokumentierung der früheren Unfälle ist nicht erklärlich, wie die Schulthess-Gutachter auf eine gegenteilige Bestätigung des Hausarztes haben abstellen können (wohl ohne nachzufragen, wie gut dieser über den bisherigen Gesundheitszustand des Klägers informiert war).
Der Kläger wendet weiter ein, dass das Gerichtsgutachten für die Verneinung der Kausalität auf das unfallanalytische Gutachten abstelle, welches jedoch nicht be-
rücksichtige, dass es sich beim Kläger um einen Motorradfahrer gehandelt habe, der keine Nackenstütze getragen habe. Er habe darüber hinaus einen Helm gehabt, der allenfalls als Hypomochlion [Hypomochlion nach Pschyrembel, a.a.O.: Dreh-(Unterstützungs-)Punkt eines Hebels] in der Halswirbelsäule habe dienen können. Da der Kläger das Motorrad in den ersten Gang gelegt gehabt habe, habe das Loslassen der Kupplung einen zusätzlichen Beschleunigungseffekt (Eigenbeschleunigungsmechanismus) gehabt, so dass es zu einem Nach-HintenSchnellen des Kopfes gekommen sei (act. 170 S. 15 f.). Zu betonen ist, dass entgegen den klägerischen Behauptungen - das Gerichtsgutachten im Zusammenhang mit der Frage der Kausalität auch die bisherigen medizinischen Berichte sowie die Ergebnisse der aktuellen medizinischen Untersuchung des Klägers berücksichtigt und nicht nur auf das unfallanalytische Gutachten abstellt (vgl. act. 163 S. 64). Die Behauptung, der Kläger habe das Motorrad in den ersten Gang gelegt gehabt, wodurch das Loslassen der Kupplung einen zusätzlichen Beschleunigungseffekt gehabt habe, ist ohnehin nicht Teil des erstellten Sachverhaltes (vgl. oben Ziffer 4.2. 8). Sie wurde im Übrigen erstmals im Rahmen der Untersuchung in der Schulthess Klinik vorgebracht.
Im Sinne vorstehender Erwägungen ist ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 18. Juli 2000 und den Nacken-/Kopfschmerzen sowie Arm-/Schulterschmerzen während längstens sechs Monaten nach dem Unfallereignis zu bejahen, und ist danach nicht mehr gegeben.
Zur Arbeitsfähigkeit
Indessen spielt die oben festgestellte Ursächlichkeit des Unfalls für die Akzentuierung der Beschwerden während sechs Monaten insofern keine Rolle, als der Unfall vom 18. Juli 2000 nicht zu einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers geführt hat. Das Gerichtsgutachten kommt zum Schluss, dass der Kläger als Folge des Unfalls zu 100% arbeitsfähig ist. Weder aus somatisch-neurologischer noch psychiatrischer interdisziplinärer Sicht habe der Kläger medizinisch-theoretische Leistungseinbussen aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen, welche auf den Unfall vom 18. Juli 2000 zurückzuführen seien (act. 163 S. 81 f.). Interdisziplinär veranschlagen die Gutachter die Arbeitsunfähigkeit mit 20%, welche jedoch nicht auf das Unfallereignis vom 18. Juli 2000 zurückzuführen sei (act. 163 S. 71 f.).
Im Schulthess-Gutachten wird ausgeführt, dass das Ausmass der Störung, wie das die Anamnese, klinische Befunde und insbesondere die Ergebnisse der Selbstbeurteilungsinstrumente nahelegten, derart stark sei, dass wegen dieser Störung dem Kläger keine, insbesondere nicht intellektuell anspruchsvolle Tätigkeit zumutbar erscheine (act. 4/10 S. 34). Damit bleibt aber, selbst wenn man vorbehaltlos auf das Schulthess-Gutachten abstellen würde, unklar, ob denn der Kläger mit intellektuell weniger anspruchsvoller Tätigkeit ein Erwerbseinkommen erzielen könnte. Zwar ist dem ABI-Gutachten welches eine Arbeitsunfähigkeit von 20% attestierte zu entnehmen, dass Prof. Dr. med. F. auf die Zusatzfrage der IV-Stelle hin angab, der Kläger sei sowohl als Architekt als auch für eine andere Tätigkeit zu 100% arbeitsunfähig (act. 56/2 S. 3). Jedoch ist diese Antwort nicht in die Parteibehauptungen eingeflossen, weshalb sie vorliegend auch nicht zu berücksichtigen ist.
Besteht kein Anlass, von den Feststellungen im Gerichtsgutachten abzuweichen, ist zu folgern, dass eine durch den Unfall vom 18. Juli 2000 verursachte Arbeitsunfähigkeit nicht vorliegt.
Zur Somatisierungsstörung
Auch betreffend den Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den psychischen Beschwerden zitiert der Kläger das Schulthess-Gutachten, welches konstatiert (act. 1 S. 8 Rz 12.): [D]ie psychische Belastung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Reaktion auf die vice-versa Beeinflussung der somatischen, traumatisch bedingten Faktoren (Schmerzen) und der oben erwähnten persönlichkeitsimanenten Faktoren, was schliesslich zu einer Anpassungsstörung mit gemischten Emotionen geführt hat. Wie oben erläutert, wird die Anpassung des Patienten durch die chronischen somatischen Beschwerden (Schmerzen) stets beansprucht, was den chronischen Verlauf der psychischen Beschwerden erklärt.
Die Beklagte kritisiert am Schulthess-Gutachten, dass es die psychische Störung pauschal dem Trauma vom 18. Juli 2000 zuordne, ohne auf die vorbestehende psychische Störung einzugehen (act. 10 S. 27 Rz 39). Aus diesem Grund erweise sich die Kausalitäts-These der Schulthess-Gutachter, die vice versa-Beeinflussung von psychischen und physischen Faktoren liesse sich auf den Unfall vom 18. Juli 2000 als Kristallisationspunkt zurückführen, als völlig haltlos (act. 10 S. 56 Rz 80).
Hinsichtlich der im Gerichtsgutachten diagnostizierten somatoformen Störungen (vgl. oben Ziffer 3.3.3. 2) spricht dieses dem vorliegenden Unfall eine untergeordnete kausale Bedeutung zu und deklariert dessen Ursächlichkeit lediglich als möglich. So führen die Gutachter aus, dass dabei auch die angespannte psychosoziale Situation, in welcher sich der Kläger zum Zeitpunkt des Unfallereignisses befunden habe, mit Arbeitslosigkeit und Schulden in Millionenhöhe, berücksichtigt werden müsse. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass durch den Unfall die bestehende, bisher in einem labilen Gleichgewicht knapp kompensierte Persönlichkeitsstruktur des Klägers zusammengebrochen sei. Insofern müsse festgehalten werden, dass die Somatisierungsstörung resp. die anhaltend somatoforme Schmerzstörung nicht isoliert von der vorhandenen narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu sehen sei. Es sei anzunehmen, dass sie sich reaktiv aufgrund einer beruflichen Überlastung bei den bestehenden, hoch auffälligen narzisstischen Persönlichkeitsanteilen entwickelt habe, und zwar im Sinne fehlverarbeiteter Kränkungen (act. 163 S. 70, act. 165 S. 12 f.). Das Gerichtsgutachten verneint also den Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den psychischen Beschwerden.
Auf seine Antwort an die IV-Stelle im Jahre 2005 hingewiesen, wonach eine besondere Schwierigkeit darin bestehe, die komplexen Zusammenhänge zwischen dem prätraumatischen somatischen und kognitiv-psychologischen - Zustand des Klägers vom durch das Trauma des vorliegenden Unfalls ausgelösten psychischen Zustand zu trennen - den Experten fehle eine überprüfbare empirische Grundlage für eine solche Trennung -, erklärte der Neuropsychologe Prof. Dr. med. F. als Zeuge, die empirische Grundlage für die vorliegende Feststellung der vice versa-Beeinflussung sei die traumatisch ausgelöste Spondylarthrose gewesen (Prot. S. 49). Basiert die Feststellung der Kausalität des Unfalls für die psychischen Beschwerden auf der Annahme der traumatisch ausgelösten Spondylarthrose und wurde vorstehend der Zusammenhang des Unfalls mit der Spondylarthrose verneint (vgl. Ziffer 4. 2), wird der Feststellung der Kausalität des Unfalls für die psychischen Beschwerden die Grundlage entzogen.
Im Sinne vorstehender Ausführungen ist ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 18. Juli 2000 und den somatoformen Störungen zu verneinen.
Fazit
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Diagnose einer Anpassungsstörung nicht vorliegt (Ziffer 3.3.3. 1), der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und der Spondylarthrose (Ziffer 4. 2), dem zervikozephalen und zervikobrachialen Syndrom (teilweise) (Ziffer 4.3.1 bis 4.3. 5) und den somatoformen Störungen (Ziffer 4. 4) verneint wurde bzw. eine auf den vorliegenden Unfall zurückzuführende Arbeitsunfähigkeit nicht gegeben ist (Ziffer 4.3. 6). Die Klage ist demzufolge abzuweisen. Aus diesem Grund erübrigen sich Ausführungen zu den übrigen umstrittenen Anspruchsvoraussetzungen, wodurch auch die sich ausschliesslich
darauf beziehenden - Zeugenaussagen von G. , H. und I. nicht zur Verwendung kommen.
Streitwert
Der Streitwert richtet sich nach dem Rechtsbegehren des Klägers zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit (§ 18 Abs. 1 ZPO/ZH). Die Klageschrift beziffert den Streitwert nicht. In der Referentenaudienz vom 21. Dezember 2006 gab der Kläger den Streitwert mit CHF 2 Mio. an, womit sich die Beklagte einverstanden erklärte (Prot. S. 4).
Gerichtsgebühr und Prozessentschädigung
Ausgangsgemäss wird der Kläger kostenund entschädigungspflichtig (§§ 64 Abs. 2 und 68 Abs. 1 ZPO/ZH). Gemäss § 23 der Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 bleibt die alte Verordnung des Obergerichts über die Gerichtsgebühren vom 4. April 2007 anwendbar, da für das Verfahren insgesamt die Bestimmungen des kantonalen Prozessrechts anwendbar bleiben (vgl. Art. 404 Abs. 1 ZPO). Ebenso gilt die bisherige Anwaltsgebührenverordnung vom 21. Juni 2006 (§ 25 der Verordnung über die Anwaltsgebühren vom
8. September 2010).
Nach § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung des Obergerichts über die Gerichtsgebühren vom 4. April 2007 und in Anbetracht der Komplexität des Prozesses sowie des umfangreichen Beweisverfahrens ist eine doppelte Grundgebühr als Gerichtsgebühr gerechtfertigt. Die Prozessentschädigung wird nach Ermessen festgesetzt (§ 69 ZPO/ZH). Die Grundgebühr ist mit der Klagebegründung verdient; für die Referentenaudienz/Vergleichsverhandlung, jede Beweiseingabe und jede weitere Rechtsschrift ist ein Zuschlag zu gewähren (§ 6 Abs. 1 lit. a und c AnwGebV). In Anbetracht der zu berücksichtigenden Zuschläge und des erheblichen Aufwandes rechtfertigt es sich, der Beklagten eine Prozessentschädigung in der Höhe einer doppelten Grundgebühr zuzusprechen.
Ist einer mehrwertsteuerpflichtigen Partei, wie hier der Beklagten, eine Prozessentschädigung zuzusprechen, hat dies zufolge Möglichkeit des Vorsteuerabzugs ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer zu erfolgen (Praxisänderung des Kassationsgericht des Kantons Zürich, Entscheid vom 19. Juli 2005; ZR 104 [2005] Nr. 76, SJZ 101 (2005) 532 ff.).
Die Klage wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 82'000.-. Die weiteren Kosten betragen CHF 1'000.für Zeugenentschädigung und CHF 26'096.für das Gutachten.
Die Kosten werden dem Kläger auferlegt und soweit möglich aus den geleisteten Vorschüssen gedeckt.
Der Kläger wird verpflichtet, der Beklagten eine Prozessentschädigung von CHF 83'000.zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 2'000'000.-.
HANDELSGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Der Vizepräsident: Die Gerichtsschreiberin:
Oberrichter Dr. Heinrich Andreas Müller lic. iur. Azra Hadziabdic
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