Zusammenfassung des Urteils HE230134: Handelsgericht des Kantons Zürich
Das Handelsgericht des Kantons Zürich hat in einem Fall von Rechtsschutz in klaren Fällen entschieden, dass die Beklagten 1 und 2 dazu verpflichtet sind, bestimmte Mietobjekte zu räumen und der Klägerin zu übergeben. Die Gerichtskosten wurden auf CHF 2'300 festgesetzt. Die Gesuchstellerin war eine Stiftung, vertreten durch Rechtsanwältin MLaw X. Die Gesuchsgegnerinnen waren die GmbH B. und die AG C. Der Richter war Dr. Stephan Mazan.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HE230134 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 21.12.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Rechtsschutz in klaren Fällen |
Schlagwörter : | Gesuch; Gesuchsgegnerin; Recht; Gesuchsgegnerinnen; Ausweisung; Gericht; Haftung; Vermieterin; Mietverhältnis; Kündigung; Ladenlokal; Erdgeschoss; Büro; Obergeschoss; -gasse; Frist; Kostenvorschuss; Sachverhalt; Mieterin; Parteien; Streitwert; Handelsgericht; Kantons; Einzelgericht; Liegenschaft; Ausweisungsbefehl; Verfügung; Rechtslage |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 111 ZPO ;Art. 236 ZPO ;Art. 257 ZPO ;Art. 257f OR ;Art. 262 OR ;Art. 267 OR ;Art. 33 ZPO ;Art. 337 ZPO ;Art. 6 ZPO ;Art. 641 ZGB ;Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | 120 II 112; 138 III 123; 139 III 353; |
Kommentar: | - |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Einzelgericht
Geschäfts-Nr.: HE230134-O U/mk
Mitwirkend: Oberrichter Dr. Stephan Mazan sowie die Gerichtsschreiberin Livia Schlegel
in Sachen
A. Stiftung,
Gesuchstellerin
vertreten durch Rechtsanwältin MLaw X.
gPegen
B. GmbH,
C. AG,
Gesuchsgegnerinnen
betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen
(act. 1 S. 2)
1. Es sei die Beklagte 1 unter Androhung der Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfalle zu verpflichten und es sei ihr demgemäss zu befehlen, das von ihr gemietete Ladenlokal im Erdgeschoss und das von ihr gemietete Büro im 1. Obergeschoss der liegenschaft D. -gasse ..., ... Zürich, ordnungsgemäss geräumt und gereinigt sofort zu verlassen und der Klägerin zu übergeben.
Es sei die Beklagte 2 unter Androhung der Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfalle zu verpflichten und es sei ihr demgemäss zu befehlen, das Ladenlokal im Erdgeschoss und das Büro im
Obergeschoss der liegenschaft D. -gasse ..., ... Zürich, ordnungsgemäss geräumt und gereinigt sofort zu verlassen und der Klägerin zu übergeben.
Die zuständige VollzugsBehörde sei anzuweisen, den zu erlassenden Ausweisungsbefehl nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen der Klägerin zu vollstrecken.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich Mehrwertsteuer unter solidarischer Haftung zu Lasten der Beklagten.
Prozessverlauf und zuständigkeit
Mit Eingabe vom 13. November 2023 (act. 1) ersuchte die Gesuchstellerin mit eingangs genannten Rechtsbegehren um Ausweisung der Gesuchsgegnerin- nen. Mit Verfügung vom 15. November 2023 (act. 4) wurde der Gesuchstellerin Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses und den Gesuchsgegnerinnen je Frist zur Stellungnahme angesetzt. Der Kostenvorschuss ging innert erstreckter Frist ein (vgl. act. 8 und 10). Mit Schreiben vom 17. November 2023 (act. 6) teilte Rechtsanwalt E. mit, die Gesuchsgegnerin 1 nicht zu vertreten, weshalb die Verfügung vom 15. November 2023 der Gesuchgegnerin 1 noch persönlich zugestellt wurde (vgl. act. 7). Die Gesuchsgegnerin 2 erhielt die Verfügung ebenfalls (vgl. act. 5/3). Die Gesuchsgegnerinnen liessen sich jedoch innert Frist nicht ver- nehmen, weshalb androhungsgemäss aufgrund der Akten zu entscheiden ist.
Die örtliche und sachliche zuständigkeit des Einzelgerichts des Handelsgerichts des Kantons Zürich ist gegeben (vgl. act. 1 Rz. 4 ff.; Art. 33 ZPO; Art. 6 Abs. 2 ZPO i.V.m. 44 lit. b, 45 lit. d GOG ZH und Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG).
Rechtliches
Das Gericht Gewährt nach Art. 257 Abs. 1 ZPO Rechtsschutz im summarischen Verfahren, wenn der Sachverhalt unbestritten sofort beweisbar (lit. a) und die Rechtslage klar ist (lit. b). Fehlt eine dieser Voraussetzungen ist, auf das Gesuch nicht einzutreten (Art. 257 Abs. 3 ZPO). Ein Sachverhalt ist sofort beweisbar, wenn die Tatsachen ohne zeitliche Verzögerung und ohne besonderen Aufwand nachgewiesen werden können. Die Rechtslage ist klar, wenn sich die Rechtsfolge bei der Anwendung des Gesetzes unter BeRücksichtigung von Lehre und Rechtsprechung ohne Weiteres ergibt, und damit die Rechtsanwendung zu einem eindeutigen Ergebnis führt (BGE 138 III 123, E. 2.1.2 m.w.H.).
Die Vermieterin hat gestützt auf Art. 257f Abs. 3 OR ein ausserordentliches Kündigungsrecht, wenn die Mieterin trotz schriftlicher Mahnung der Vermieterin ihre Sorgfaltsplicht weiterverletzt, sodass die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar ist. Nach beendetem Mietverhältnis muss die Mieterin der Vermieterin die Sache gestützt auf Art. 267 OR und Art. 641 Abs. 2 ZGB zurückgeben. Zur Durchsetzung des Rückgabeanspruchs bei Wohn- und Geschäftsräumen kann die Vermieterin um Ausweisung der Mieterin ersuchen (SVIT Kommentar-M ?LLER, Art. 267-267a OR N 26) und Vollstreckungsmassnahmen, d.h. einen Ausweisungsbefehl, beantragen (Art. 236 Abs. 3 ZPO und Art. 337 Abs. 1 ZPO).
Erlischt das Hauptmietverhältnis, geht das Gebrauchsrecht der Hauptmieterin unter. Sobald ihr Gebrauchsrecht untergeht (niemand kann mehr Rechte übertragen, als sie selbst hat), muss die Untermieterin die Mietsache ebenfalls zu- Rückgeben. Andernfalls kann sie von der Vermieterin gestützt auf Art. 641 ZGB ausgewiesen werden. Die Ausweisung kann im selben Verfahren wie gegenüber der Mieterin erfolgen (BGE 139 III 353, E. 2.1.2; BGE 120 II 112, E. 3; M ?LLER in:
SVIT-Kommentar, 4. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2018, Art. 262 OR N 46 ff. und Art.
267-267a N 28).
Sachverhalt und Würdigung
Aufgrund der unbestritten gebliebenen Vorbringen der Gesuchstellerin ist vom folgenden massgeblichen Sachverhalt auszugehen: Die Gesuchstellerin und F. schlossen am 8. bzw. 28. April 2022 einen befristeten Mietvertrag betreffend das Ladenlokal im Erdgeschoss und einem Büro im 1. Obergeschoss an der D. -gasse ... in ... Zürich (act. 1 Rz. 17; act. 3/1). Gemäss Nachtrag vom 31. Mai bzw. 16. Juni 2022 wurde der Mietvertrag von F. auf die Gesuchsgeg- nerin 1 übertragen (act. 1 Rz. 18; act. 3/2). Nachdem sich die Gesuchsgegnerin 1 monatelang pflichtwidrig verhalten hatte, wurde ihr am 24. Februar 2023 eine letzte Mahnung mit Kündigungsandrohung zugestellt (act. 1 Rz. 19 f.; act. 3/3). So vermietete sie unter anderem der Gesuchsgegnerin 2 die Gewerberäumlichkeiten unter, ohne die Bewilligung der Gesuchstellerin dazu einzuholen (act. 1 Rz. 20; act. 3/3-3a). Nachdem sich die Gesuchsgegnerin 1 weiterhin pflichtwidrig verhielt, kündigte die Gesuchstellerin das Mietverhältnis ausserordentlich mit Kündigung vom 28. März 2023 auf den 30. April 2023 (act. 1 Rz. 22 f.; act. 3/4-5). Die Gesuchsgegenerin 1 focht die Kündigung bei der SchlichtungsBehörde an (act. 1 Rz. 24; act. 3/6). Anlässlich der Schlichtungsverhandlung vom 10. Juli 2023 schlossen die Parteien einen Vergleich, gemäss welchem die Kündigung gültig sei und das Mietverhältnis einmalig bis am 31. Oktober 2023 erstreckt werde (act. 1 Rz. 25; act. 3/7). Mit Schreiben vom 6. Oktober 2023 forderte die Gesuchstellerin die Gesuchsgegnerin 1 auf, das Mietobjekt zu räumen und ihr am 1. November 2023 zu übergeben, was diese jedoch nicht tat (act. 1 Rz. 27 ff.; act. 3/12-12a).
Die Voraussetzungen für die Ausweisung sind unbestritten sowie belegt und die Rechtslage ist klar. Das Mietverhältnis mit der Gesuchsgegnerin 1 endete gemäss Vergleich vor der SchlichtungsBehörde spätestens am 31. Oktober 2023. Mit der Auflösung des Hauptmietverhältnisses per 31. Oktober 2023 ging das Gebrauchsrecht der Gesuchsgegnerin 1 an den gemieteten Räumlichkeiten unter, womit auch das Recht der Gesuchsgegnerin 2 auf die weitere Benützung der Mietsache erlosch. Damit halten sich die Gesuchsgegnerinnen seit dem 1. November 2023 unberechtigt im Sinn von Art. 641 Abs. 2 ZGB in der im Eigentum der Gesuchstellerin stehenden Gewerbeliegenschaft auf. Antragsgemäss ist den
Gesuchsgegnerinnen daher zu befehlen, das Mietobjekt ordnungsgemäss geräumt und gereinigt sofort zu verlassen und der Gesuchstellerin zu übergeben.
Auch gegen die von der Gesuchstellerin beantragten Vollstreckungsmass- nahmen ist nichts einzuwenden. Das zuständige Stadtammann- und Betreibungsamt Zürich 1 ist daher anzuweisen, den Ausweisungsbefehl nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. NichtGewährung der aufschiebenden Wirkung auf erstes Verlangen der Gesuchstellerin zu vollstrecken.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (Art. 96 ZPO i.V.m. 199 Abs. 1 GOG) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem Streitinteresse ( 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Ausgehend von einem Streitwert von CHF 19'350 und unter BeRücksichtigung von 4 sowie 8 Abs. 1 GebV OG ist die Gerichtsgebühr auf CHF 2'300 festzusetzen. Die Kosten sind ausgangsgemäss den Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 und 3 ZPO), vorab aus dem von der Gesuchstellerin geleisteten Kostenvorschuss zu decken und dieser ist das Rückgriffsrecht auf die Gesuchsgegnerin- nen einzuräumen (vgl. Art. 111 Abs. 2 ZPO).
Ausgangsgemäss sind die Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 zudem unter soli- darischer Haftung zu verpflichten, der Gesuchstellerin eine Parteientschädigung zu bezahlen. Die Höhe der Anwaltsgebühr bestimmt sich nach der Verordnung über die Anwaltsgebühren (AnwGebV). Beim vorliegenden Streitwert sowie in Anwendung von 4 Abs. 2 und 9 AnwGebV ist die gebühr auf CHF 2'600 festzusetzen.
Den Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 wird befohlen, das Ladenlokal im Erdgeschoss und das Büro im 1. Obergeschoss der liegenschaft D. -gasse
... in ... Zürich ordnungsgemäss geräumt und gereinigt sofort zu verlassen und der Gesuchstellerin zu übergeben.
Das Stadtammann- und Betreibungsamt Zürich 1 wird angewiesen, den Befehl gemäss Dispositiv-Ziffer 1 nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. NichtGewährung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesgericht auf erstes Verlangen der Gesuchstellerin zu vollstrecken. Die Kosten der Vollstreckung sind von der Gesuchstellerin vorzuschiessen, ihr aber von den Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 zu ersetzen.
Die Gerichtsgebühr wird auf CHF 2'300 festgesetzt.
Die Kosten werden den Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 unter solidarischer Haftung auferlegt. Sie werden vorab aus dem von der Gesuchstellerin geleisteten Kostenvorschuss gedeckt, wobei der Gesuchstellerin das Rückgriffsrecht auf die Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 eingeräumt wird.
Die Gesuchsgegnerinnen 1 und 2 werden verpflichtet, der Gesuchstellerin unter solidarischer Haftung eine Parteientschädigung von CHF 2'600 zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin im Doppel für sich und zuhanden des Stadtammann- und Betreibungsamts Zürich 1.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 19'350.
Zürich, 21. Dezember 2023
Handelsgericht des Kantons Zürich Einzelgericht
Gerichtsschreiberin:
Livia Schlegel
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