Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HE230119 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 05.02.2024 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Auskunft und Einsicht |
Zusammenfassung : | Das Handelsgericht des Kantons Zürich hat in einem Urteil vom 5. Februar 2024 entschieden, dass das Gesuch betreffend Auskunft und Einsicht abgewiesen wird, da die Klagefrist für die anlässlich der ordentlichen Generalversammlung vom 24. April 2023 gestellten Auskunftsbegehren verstrichen war. Die Gesuchsteller waren nicht in der Lage, die erfolglose Geltendmachung der Auskunfts- und Einsichtsrechte bei der Gesellschaft nachzuweisen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 3'550.00, und die Gesuchsteller müssen eine Parteientschädigung von CHF 4'050.00 an die Gesuchsgegnerin zahlen. |
Schlagwörter : | Gesuch; Gesuchs; Auskunft; Gesuchsteller; Generalversammlung; Einsicht; Auskunfts; Einsichts; Gesuchsgegnerin; Frist; Fragen; Aktien; Einsichtsbegehren; Aktionär; Klagefrist; Vergleich; Vorjahr; Protokoll; Gericht; Gesuchstellern; Auskunftsbegehren; Streitwert; Begehren; Aktienrecht; E-Mail; Verwaltungsrat; Gesellschaft |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 142 ZPO ; Art. 56 ZPO ; Art. 6 ZPO ; Art. 697 OR ; Art. 697a OR ; Art. 697b OR ; Art. 8 ZGB ; Art. 91 ZPO ; |
Referenz BGE: | 118 II 1; 144 III 100; |
Kommentar: | - |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Einzelgericht
Geschäfts-Nr.: HE230119-O U/pz
Mitwirkend: Oberrichterin Nicole Klausner sowie Gerichtsschreiber Lukas B?gler
in Sachen
A. AG,
B. ,
Gesuchsteller
gegen
C. AG,
Gesuchsgegnerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
betreffend Auskunft und Einsicht
(act. 1 S. 2 f.)
1. Es sei die Gesuchsgegnerin zu verurteilen, der Gesuchstellerin 1 und dem Gesuchsteller 2 innert 30 Tagen seit Rechtskraft des Urteils eine Kopie des aktuellen Aktienbuches der C. AG per Briefpost E-Mail zuzustellen Einsicht mit der möglichkeit vor Ort Kopien zu machen in folgende Unterlagen zu gewähren.
Es sei die Gesuchsgegnerin zu verurteilen, der Gesuchstellerin 1 und dem Gesuchsteller 2 innert 30 Tagen seit Rechtskraft des Urteils schriftliche Auskunft zu folgenden Fragen zum Jahresabschluss der C. AG per 31. Dezember 2021 zu erteilen:
Die kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber Dritten sind im Vergleich zum Vorjahr um einen Drittel von CHF 183'467.09 auf CHF 240'323.05 angestiegen. Wie ist das zu erklären und um Verbindlichkeiten welcher Art und gegenüber wem handelt es sich da?
Die Rückstellungen und passiven Rechnungsabgrenzungen sind im Vergleich zum Vorjahr um CHF 25'000.00 von CHF 69'211.00 auf CHF 94'064.30 angestiegen. Wie ist das zu erklären und für was wurden Rückstellungen gemacht bzw. wie kommt es zu diesen passiven Rechnungsabgrenzungen?
Der Materialaufwand ist im Vergleich zum Vorjahr um einen fünftel von CHF 200'496.35 auf CHF 240'757.20 angestiegen. Wie ist das zu erklären bzw. für welche Anschaffungen wurde so viel mehr ausgegeben.
Der Aufwand für Drittleistungen ist im Vergleich zum Vorjahr um einen Drittel von CHF 238'518.78 auf CHF 313'804.29 angestiegen. Wie ist das zu erklären bzw. welche Drittleistungen waren erforderlich und warumö
Unterhalt und Reparaturaufwand sind im Vergleich zum Vorjahr um die Hälfte von CHF 140'486.43 auf CHF 213'723.18 angestiegen. Wie ist das zu erklären bzw. welche besonderen Unterhalts- und Reparaturarbeiten waren notwendig?
Der Betriebsaufwand ist im Vergleich zum Vorjahr um einen Drittel von CHF 44'144.42 auf CHF 59'469.66 angestiegen. Wie ist das zu erklären bzw. was genau und weshalb verursachte hier Mehrkosten?
Der Beratungsaufwand ist im Vergleich zum Vorjahr um einen Drittel von CHF 52'740.95 auf CHF 70'396.25 angestiegen. Wie ist das zu erklären bzw. welche Umstände bedingten welche Beratungsleistungen?
Der Werbeaufwand ist im Vergleich zum Vorjahr um einen Viertel von CHF 326'906.58 auf CHF 401'599.70 angestiegen. Wie ist das zu erklären bzw. welche neuen Werbestrategien hat man aus welchen Gründen gewöhlt?
Die Abschreibungen haben sich im Vergleich zum Vorjahr fast vervierfacht von CHF 32'408.79 auf CHF 112'019.68. Wie sind diese happigen Abschreibungen zu erklären, insbesondere bei den medizinischen Geräten und dem Umbau, aber auch bei der Büro- und IT-Einrichtung? Der Sachwert für die Büroeinrichtung hat sich ja im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt und derjenige für den Umbau sogar vervierfacht.
Was hat es mit dem Write-off investment und Darlehen D.
B.V. im Betrag von CHF 1'445.61 auf sich
Der ausserordentliche Aufwand ist im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte von CHF 8'747.70 auf CHF 13'256.30 angestiegen. Wie ist dies zu erklären bzw. welche Positionen fallen darunter
Es sei die Gesuchsgegnerin zu verurteilen, der Gesuchstellerin 1 und dem Gesuchsteller 2 innert 30 Tagen seit Rechtskraft des Urteils schriftliche Auskunft zu folgenden Fragen betreffend die geplanten Sanierungsmassnahmen der C. AG zu erteilen:
Um wen konkret handelt es sich beim anlässlich der ausseror- dentlichen Generalversammlung vom 07. Oktober 2022 nicht namentlich genannten potentiellen Käufer der Aktiven der C. AG (Aktiengesellschaft)
Finden derzeit Verkaufsverhandlungen bezüglich der Aktiven der C. AG statt und, wenn ja, wie ist der aktuelle Stand derselben?
Wie hoch sind aktuell die von der C. AG bezahlten ManagerLöhne in konkreten Zahlen?
In welchem konkreten Betrag sollen diese ManagerLöhne reduziert werden
Gibt es auch noch andere EinsparungsMöglichkeiten etwa bei den Boni, Reise- und Repräsentationskosten?
Würde die vom Verwaltungsrat vorgeschlagene Schliessung der Filialen der C. AG in E. und F. überhaupt Sinn machen?
Wie hoch sind Aufwand und Ertrag betreffend die einzelnen Filialen der C. AG und insbesondere der Filialen in E. und F. ?
Für den Fall der NichtErfüllung der Verpflichtungen gemäss AntRügen1, 2 (2.1-2.11) 3. (3.1-3.7) sei der Gesuchsgegnerin eine
Ordnungsbusse von CHF 500.00 für jeden Tag der NichtErfüllung anzudrohen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zuzüglich Mehrwertsteuer zu Lasten der Gesuchsgegnerin.
Ausgangslage
Die Gesuchstellerin 1 ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich, welche gleichenorts eine Augenklinik betreibt; der Gesuchsteller 2 ist eine in G. wohnhafte naTürliche Person und führt das Augenzentrum H. (act. 12 Rz. 5 ff.).
Die Gesuchsgegnerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich, welche tätigkeiten im Bereich der refraktiven Chirurgie bezweckt (act. 12 Rz. 4). Sie verfügt über ein Aktienkapital von CHF 543'958.00, welches in 256'100 Namenaktien zu CHF 1.00 und 1'878'580 Namenaktien zu CHF 0.10 aufgeteilt ist (act. 13/11).
Die Gesuchsteller sind unstreitig Aktionüre der Gesuchsgegnerin.
Am 24. April 2023 fand die ordentliche Generalversammlung der Gesuchsgegnerin statt (act. 2/6). Am 12. September 2023 wurde zudem eine ausseror- dentliche Generalversammlung der Gesuchsgegnerin abgehalten.
Prozessverlauf
Am 12. Oktober 2023 (Datum Poststempel) reichten die Gesuchsteller das Gesuch mit dem obgenannten Rechtsbegehren ein (act. 1). Mit Verfügung vom
13. Oktober 2023 wurde den Gesuchstellern eine Frist bis 26. Oktober 2023 zur Leistung eines Gerichtskostenvorschusses angesetzt und der Gesuchstgegnerin eine Frist von 20 Tagen ab Zustellung der Verfügung, um zum Gesuch Stellung zu nehmen. Am 18. Oktober 2023 ging der von den Gesuchstellern einverlangte Gerichtskostenvorschuss ein (act. 4; act. 6). Auf Ersuchen der Gesuchsgegnerin gemäss Eingaben vom 3. und 20. November 2023 wurde ihr die Frist zur Stellungnahme jeweils erstreckt, das zweite Mal wie von ihr sinngemäss beantragt letztmalig bis 10. Dezember 2023, einem Sonntag (act. 7 und act. 10). Die daraufhin eingereichte Stellungnahme der Gesuchsgegnerin datiert am 11. Dezember 2023 und wurde auch am 11. Dezember 2023 einem Montag zur Post gegeben. Sie wurde rechtzeitig erstattet (Art. 142 Abs. 3 ZPO).
Die Stellungnahme der Gesuchsgegnerin wurde den Gesuchstellern zugestellt (Prot. S. 4; act. 14/1-2). Bis heute gingen keine weiteren Eingaben ein.
Prozessuales
Für die vorliegende Auskunftsklage ist das Einzelgericht des Handelsgerichts des Kantons Zürich ürtlich (Art. 10 Abs. 1 lit. b ZPO) zuständig. Nach Art. 250 lit. c Ziff. 7 ZPO in Verbindung mit Art. 6 ZPO und 45 lit. c GOG ist bei den die vorliegend zu behandelnden Auskunfts- und Einsichtsgesuchen die sachliche zuständigkeit des Handelsgerichts (Einzelgericht) gegeben, sofern der Streitwert mindestens CHF 30'000.00 beträgt. Die Gesuchsteller führen zum Streitwert aus, die vorstehend erwähnte Grenze sei sicher erreicht (act. 1 Rz. 1). Die Gesuchsgegnerin bestreitet dies und stellt sich auf den Standpunkt, der Wert der Aktien der Gesuchsteller erreiche nie den Betrag von CHF 30'000.00 (act. 12 Rz. 40). Lautet das Rechtsbegehren wie vorliegend nicht auf eine bestimmte Geldsumme, so setzt das Gericht den Streitwert fest, sofern sich die Parteien nicht darüber einigen ihre Angaben offensichtlich unrichtig sind (Art. 91 Abs. 2 ZPO). Bei der Streitwertberechnung im Zusammenhang mit Auskunfts- und Einsichtsbegehren ist auf das gesamtgesellschaftliche Interesse am Prozessausgang abzustellen (M OHASSEB/VON DER CRONE, Gerichtliche Durchsetzung des Auskunftsrechts, in: SZW 2020, S. 345). Die Gesuchsteller beantragen Auskunft zu diversen Fragen im Zusammenhang mit der Jahresrechnung 2021 sowie zu Sa- nierungsmassnahmen. In Anbetracht dieser Fragen ist an der in der Verfügung vom 13. Oktober 2023 erfolgten Streitwertfestsetzung auf CHF 40'000 festzuhalten (act. 4). Die sachliche zuständigkeit des Handelsgerichts ist demnach gegeben.
Im übrigen geben die Prozessvoraussetzungen zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf das Gesuch ist einzutreten.
Materielles
Rechtliche Grundlagen
Auskunftsrecht
Gemäss Art. 697 OR ist jeder Aktionür berechtigt, an der Generalversammlung vom Verwaltungsrat Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu verlangen (Abs. 1). Die Auskunft ist insoweit zu erteilen, als sie für die Ausübung der Aktionürsrechte erforderlich ist und keine Geschäftsgeheimnisse andere schutzwürdige Interessen der Gesellschaft gefährdet werden (Art. 697 Abs. 4 OR). Wird die Auskunft ganz teilweise verweigert, so können die Aktionüre innerhalb von 30 Tagen vom Gericht die Anordnung der Auskunft verlangen (Art. 697b OR).
Einsichtsrecht
Aktionüre, die zusammen mindestens 5 Prozent des Aktienkapitals der Stimmen vertreten, können die Geschäftsbücher und Akten der Gesellschaft einsehen (Art. 697a Abs. 1 OR). Die Einsicht muss gleich wie beim Auskunftsrecht
? Gewährt werden, soweit sie für die Ausübung der Aktionürsrechte erforderlich ist und keine Geschäftsgeheimnisse anderen schutzwürdigen Interessen der Gesellschaft gefährdet werden (Art. 697a Abs. 3 OR). Im Falle einer Verweigerung der Einsicht können die Aktionüre innert 30 Tagen die Anordnung der Einsicht verlangen (Art. 697b OR).
Einhaltung der Klagefrist
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Gesuchsteller ihre Begehren auf anlässlich der Generalversammlung vom 24. April 2023 sowie jener vom 12. September 2023 gestellte Auskunfts- und Einsichtsbegehren stätzen (act. 1 Rz. 2). Entsprechend ist die seit dem 1. Januar 2023 geltende Klagefrist von 30 Tagen zu wahren (Art. 697b OR).
Die Wahrung der Frist ist umstritten. Die Gesuchsteller behaupten, sie hätten ihre Anträge um Auskunft und Einsicht an der ordentlichen Generalversamm-
lung vom 24. April 2023 gestellt. Eine Mändliche Beantwortung vor Ort habe je- doch nicht stattgefunden. Vielmehr habe ihre Vertreterin, I. , Rechtsanwalt X. , dem Vertreter der Gesuchsgegnerin, auf dessen Vorschlag hin ihre schriftliche Instruktion zur Verfügung gestellt. Rechtsanwalt X. habe in Aussicht gestellt, diese Fragen dann im Protokoll zu beantworten. Dieses Protokoll sei ihnen erst an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 12. September 2023 ausgehündigt worden. Anlässlich dieser Versammlung hätten sie zudem dieselben Informationsbegehren nochmals gestellt. Zumal sie erst seit dem 12. September 2023 einen schriftlichen Beweis für die Ablehnung ihrer Informationsbegehren vom 24. April 2023 hätten, habe die Klagefrist frühestens ab diesem Datum zu laufen begonnen und sei daher gewahrt (act. 1 Rz. 2).
Die Gesuchsgegnerin bestätigt, dass am 24. April 2023 eine ordentliche Generalversammlung stattgefunden habe, zu welcher Frau I. mit Vollmacht der Gesuchsteller erschienen sei. Diese habe einige Frage gestellt, welche auch beantwortet worden seien. Schriftliche Notizen seien von Frau I. anlässlich dieser Generalversammlung keine abgegeben worden; sie habe lediglich einzelne Fragen verlesen, die protokolliert und beantwortet worden seien. Sie, die Gesuchsgegnerin, bestreite ausDrücklich, dass I. schriftliche Instruktionen eingereicht sonst wie vorgelegt habe. Es sei davon auszugehen, dass diese erst nachträglich aus prozessualen Gründen erstellt worden seien. Bei diesem Hergang sei die Gesuchsfrist somit verpasst und auf das Gesuch nicht einzutreten (act. 10 Rz. 37 und 41).
Bei der Klagefrist nach Art. 697b OR handelt es sich um eine Verwirkungsfrist (BK-K UNZ, Das Aktienrecht - Kommentar der ersten Stunde, 10 N 80). Als solche ist sie als rechtsbegründende Tatsache im Sinne von Art. 8 ZGB zu qualifizieren und von den Gesuchstellern zu beweisen (vgl. BSK ZGB I- LARDELLI/VETTER, Art. 8 N 53 mit Hinweis auf BGE 118 II 1 E. 3a). Anwendbar ist das Regelbeweismass (BGE 144 III 100 E. 6).
Festzustellen ist vorab, dass sich die Gesuchsgegnerin zur Behauptung der Gesuchsteller, sie hätten die Auskunfts- und Einsichtsbegehren erneut an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 12. September 2023 gestellt, nicht
äussert. Entsprechend ist sie unbestritten. Die Frist für entsprechende, anlässlich der ausserordentlichen Generalversammlung vom 12. September 2023 gestellte Begehren ist mit Einreichung des vorliegenden Gesuchs am 12. Oktober 2023 (Datum Poststempel; act. 1) gewahrt.
Soweit die Gesuchsteller ihr Begehren im Weiteren auch auf die anlässlich der Generalversammlung vom 24. April 2023 gestellten Auskunfts- und Einsichtsbegehren stätzen, tragen sie nach dem Gesagten die Beweislast dafür, dass ihre Fragen erst im Protokoll beantwortet wurden, welches sie am 12. September 2023 erhalten haben.
Den Gesuchstellern gelingt es nicht, den von ihnen behaupteten Sachverhalt zu beweisen: Sie offerieren hierfür zunächst ein E-Mail von I. vom 24. April 2023, welche sie anlässlich der gleichentags abgehaltenen Generalversammlung vertreten hat, zum Beweis. Diesem E-Mail lässt sich bloss die Bemerkung, Fragen werden im Protokoll beantwortet, entnehmen. Unklar bleibt dabei einerseits, welche konkreten Fragen im Protokoll beantwortet werden sollen. Andererseits bezieht sich die im E-Mail wiedergegebene äusserung bloss auf Fragen, nicht aber auf Einsichtsbegehren (act. 2/2). Das E-Mail vom 24. April 2023 vermag damit nicht zu belegen, dass bzw. welche Fragen anlässlich der Generalversammlung vom gleichen Tag nicht, sondern erst später beantwortet wurden. Nichts zu ihren Gunsten abzuleiten vermögen die Gesuchsteller auch aus den eingereichten schriftlichen Instruktionen von I. für die erwähnte Generalversammlung, denn diese wurden vorgängig zur Generalversammlung, am 20. April 2023, erstellt und sagen damit weder etwas über die an der Generalversammlung konkret gestellten Begehren noch deren Beantwortung aus (act. 2/3). Schliesslich lässt
sich auch dem weiter als Beweismittel angebotenen E-Mail von J.
vom
12. September 2023 nichts zur Beantwortung der anlässlich der Generalversammlung vom 24. April 2024 gestellten Begehren entnehmen. Darin wird im Wesentlichen auf die Geschehnisse an der Generalversammlung vom 12. September 2023 eingegangen und bloss am Rande ausgefährt, dass ihm das Protokoll im Anhang ausgehündigt worden sei. Zum Zeitpunkt der Beantwortung der am
24. April 2023 gestellten Einsichts- und Auskunftsbegehren äussert sich das EMail überhaupt nicht. Im übrigen deutet die im erwähnten E-Mail ersichtlichen Dateibezeichnung des Anhangs Protokoll GV C. AG 24. April 2023.pdf zwar darauf hin, dass es sich um das Protokoll jener Generalversammlung handelt, dies lässt sich indes nicht überprüfen, zumal die Gesuchsteller keine Version des entsprechendem Protokolls mit ersichtlicher Dateibezeichnung eingereicht haben. Gesamthaft gelingt es den Gesuchsteller nach dem Gesagten nicht zu beweisen, dass ihre Auskunfts- und Einsichtsbegehren erst mit Zustellung des Protokolls am
12. September 2023 beantwortet wurden und entsprechend die gesetzliche Klagefrist eingehalten wurde. Damit haben die Gesuchsteller die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen und es ist nach den Behauptungen der Gesuchsgegnerin davon auszugehen, dass sämtliche gestellten Fragen und Einsichtsbegehren anlässlich der ordentlichen Generalversammlung vom 24. April 2023, wie im Protokoll vermerkt, beantwortet Gewährt bzw. deren Beantwortung verweigert ihnen nicht Folge geleistet wurden.
Für die Einhaltung der Klagefrist ist zwischen dem Einsichts- und Auskunftsrecht zu differenzieren. Die Frist zur Einreichung einer Einsichtsklage beginnt nach der Botschaft zur Aktenrechtsrevision mit der Verweigerung (BBl. 2017, S. 542). Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Verwaltungsrat nach Art. 697a Abs. 2 OR die Einsicht innert vier Monaten seit Eingang der Anfrage zu gewähren hat. Ignoriert der Verwaltungsrat diese Frist und verweigert dem Aktionür in diesem Sinne die Einsicht, so beginnt der Fristenlauf bereits mit Ablauf der viermonatigen Frist. Spätestens ab diesem Zeitpunkt muss dem Aktionür klar sein, dass ihm die Einsicht verweigert wird (BK-K UNZ, Das Aktienrecht - Kommentar der ersten Stunde, 10 N 83; vgl. auch BBl. 2017, S. 542). Nachdem vorliegend davon auszugehen ist, dass die Gesuchsteller ihre Einsichtsbegehren am
24. April 2023 gestellt haben, begann unabhängig davon, ob und gegebenenfalls wann eine schriftlich begründete Ablehnung erfolgte die 30-t?gige Frist zur Einreichung der Einsichtsklage spätestens vier Monate danach, d.h. am 24. August 2023 zu laufen und war entsprechend bei Einreichung des Gesuchs am 12. Oktober 2023 bereits verstrichen. Die im Gesuch gestützt auf die Generalversammlung vom 24. April 2023 gestellten Einsichtsbegehren sind damit verspätet, und das Gesuch ist in dieser Hinsicht abzuweisen.
Aus dem Gesetz ergibt sich nicht klar, wann die Klagefrist für die Geltendmachung des anlässlich der Generalversammlung gestellten Auskunftsbegehrens beginnt. Auch lässt sich dem Gesetz anders als für das Einsichtsrecht keine explizite Beantwortungsfrist für anlässlich der Generalversammlung gestellte Auskunftsbegehren entnehmen. Die in Art. 697 Abs. 3 OR vorgesehene Frist von vier Monaten bezieht sich nur auf den hier nicht interessierenden Fall des Auskunftsbegehrens ausserhalb der Generalversammlung im Sinne von Art. 697 Abs. 2 OR (BBl. 2017, S. 540; vgl. auch BSK OR II-W EBER/BAISCH, Art. 697 N 4c). Art. 702
Abs. 2 Ziff. 4 OR sieht jedoch vor, dass die in der Generalversammlung gestellten Begehren um Auskunft und die darauf erteilten Antworten zu protokollieren sind. Daraus ergibt sich, dass in der Generalversammlung gestellte Auskunftsbegehren direkt dort zu beantworten sind (vgl. auch ZK Aktienrecht-DRUEY, Art. 697 N 155, der davon spricht, dass eine Vertr?stung auf einen schriftlichen Bescheid nach der GV nicht hingenommen werden muss).
Gemäss der Botschaft zur Aktienrechtsrevision ist für den Beginn der Klagefrist auf die Verweigerung bzw. Verunmöglichung der Auskunft abzustellen (BBl. 2017, S. 542). Daran anknüpfend wird in der Literatur bisweilen die Auffassung vertreten, für den Fristbeginn sei auf die Zustellung der schriftlichen Begründung gemäss Art. 697 Abs. 4 OR abzustellen ( VON DER CRONE, Aktienrecht, 2. Aufl., 16 N 808; FORSTMOSER/KCHLER, Schweizerisches Aktienrecht 2020, Art. 697b N 4). Nach dem Wortlaut von Art. 697 Abs. 4 OR ist eine schriftliche Begründung aber lediglich bei einer Verweigerung der Auskunft anzufertigen, während die Auskunftsklage gemäss Art. 697b OR sowohl offen steht, wenn die Auskunft ganz teilweise verweigert wird als auch dann, wenn sie verunmöglicht wird. Bei ei- ner Verunmöglichung aber ist nach dem Gesetz keine schriftliche Begründung erforderlich. Die Unterscheidung zwischen vollständiger und teilweiser Verweigerung bzw. Verunmöglichung kann erhebliche Probleme bereiten. Die mit Art. 697b OR neu eingefährte Klagefrist von 30 Tagen bezweckt indes die Schaffung von Rechtssicherheit (BBl. 2017, S. 542). Um eine klaren Regelung sowie die angestrebte Rechtssicherheit zu Gewährleisten, drängt sich auf, den Fristbeginn in demjenigen Zeitpunkt, in welchem sich die Verweigerung Verunmöglichung genügend klar manifestiert anzusetzen. Stellt ein Aktionür anlässlich einer Generalversammlung ein Auskunftsbegehren, so hat der Verwaltungsrat dieses direkt dort zu beantworten. Der Aktionür kann dabei in aller Regel bereits anhand der Antwort des Verwaltungsrates beurteilen, ob die Auskunft ganz teilweise verweigert bzw. verunmöglicht wird. Es rechtfertigt sich daher, bei anlässlich der Generalversammlung gestellten Auskunftsbegehren für den Fristbeginn auf das Datum der Generalversammlung abzustellen, und zwar sowohl bei einer Verweigerung als auch bei einer Verunmöglichung (vgl. BK-KUNZ, Das Aktienrecht - Kommentar der ersten Stunde, 10 N 83; ähnlich im Ergebnis auch BERTSCHIN- GER, Auskunfts- und Einsichtsrechts des Aktionürs Durchzogene Bilanz der Aktienrechtsrevision, SZW 2022, S. 199). Ein solches Vorgehen bietet den weiteren Vorteil, dass dem Verwaltungsrat eine Hinhaltetaktik erschwert und die Diskussion sowie Behandlung des Begehrens in der Generalversammlung selbst gefürdert wird. Soweit eine Gesellschaft der Auffassung sein sollte, sie habe dem entsprechenden Auskunftsbegehren im Nachgang zur Generalversammlung doch noch korrekt entsprochen, steht es ihr frei, dies im Rahmen einer von Aktionüren den- noch erhobenen Auskunftsklage aufzuzeigen. Besonderen Umständen im Verhalten einer der Parteien wäre gegebenenfalls in Form einer vom Obsiegen/Unterliegen abweichenden Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen Rechnung zu tragen.
Da wie vorstehend erwogen davon auszugehen ist, dass sämtliche von den Gesuchstellern anlässlich der Generalversammlung vom 24. April 2023 gestellten Fragen beantwortet verweigert wurden, begann die Frist zur Einreichung der Auskunftsklage am 24. April 2023 zu laufen und war demnach bei Einreichung am 12. Oktober 2023 bereits verstrichen. Damit erweist sich das Gesuch der Gesuchsteller, soweit sich dieses auf die anlässlich der ordentlichen Generalversammlung vom 24. April 2023 gestellten Auskunftsbegehren bezieht, als verspätet und ist in diesem Umfang abzuweisen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Klagefrist für sämtliche anlässlich der ausserordentlichen Generalversammlung vom 12. September 2023 gestellten Auskunfts- und Einsichtsbegehren gewahrt ist. Im übrigen ist das Gesuch verspätet und insofern abzuweisen.
Vorgängige erfolglose Geltendmachung des Auskunfts- und Einsichtsrechts
Klagevoraussetzung ist sodann die vorgängig erfolglose Geltendmachung des Auskunftsoder Einsichtsbegehrens gegenüber der Gesellschaft, wofür grundsätzlich die Gesuchsteller als ersuchende Aktionüre behauptungs- und beweispflichtig sind (OFK OR-K ?GI, Art. 697 N 32; BSK OR II-WEBER/BAISCH, Art. 697b, N 6 und 7a).
Die Gesuchsteller äussern sich in ihrer Rechtsschrift ausgenommen die Ausführungen zur Einhaltung der Klagefrist (act. 1 Rz. 2) überhaupt nicht zu den anlässlich der Generalversammlung vom 12. September 2023 gestellten Auskunfts- und Einsichtsbegehren sowie den erhaltenen Antworten bzw. den Reaktionen der Gesuchsgegnerin. In ihrem Gesuch setzen sie sich vielmehr einzig mit ihren Auskunfts- und Einsichtsbegehren vom 24. April 2023 auseinander und führen aus, inwiefern diese aus ihrer Sicht nicht genügend Gewährt wurden (act. 1 Rz. 4 ff.). Auch aus den knappen Vorbringen der Gesuchsteller zur Wahrung Klagefrist lässt sich nichts zur Beantwortung der Fragen bzw. Gewährung des Einsichtsrechts durch die Gesuchsgegnerin entnehmen, beschränken sich die dortigen Ausführungen doch auf einen Nebensatz, Nämlich dass anlässlich der Generalversammlung vom 12. September 2023 dieselben Begehren erneut gestellt worden seien (act. 1 Rz. 2). Die Ausführungen zur Ausübung des Auskunfts- und Einsichtsrechts am 24. April 2023 können für die Frage der erfolglosen Ausübung der Informationsrechte am 12. September 2023 nicht beRücksichtigt werden. Es ist zwar auch von der Gesellschaft zu verlangen, nachzuweisen, dass entweder die Auskunft bzw. Einsicht bereits erteilt worden ist, womit sie in dieser Hinsicht eine qualifizierte Bestreitungslast trifft (BSK OR II-W EBER/BAISCH, Art. 697b, N 6 und 7a). Dies entbindet jedoch die Gesuchsteller nicht davon, die entsprechenden Tatsachen zumindest in den Grundzügen zu behaupten. Da es die Gesuchsteller gänzlich unterlassen haben, sich zu den spezifisch am 12. September 2023 erhaltenen nicht erhaltenen Antworten bzw. der Gewährten nicht Gewährten Einsicht bzw. allgemein zur Reaktion der Gesuchsgegnerin zu äussern, sind sie ihrer Behauptungslast nicht rechtsgenügend nachgekommen. Damit fehlt es für
die Auskunfts- und Einsichtsklage, welche sich auf die ausserordentliche Generalversammlung vom 12. September 2023 bzw. auf die an dieser Versammlung stattgefundenen Vorgänge stätzt, an der Voraussetzung der vorgängigen erfolglosen Geltendmachung der Informationsrechte. Der vollständigkeit halber bleibt anzufügen, dass für die Ausübung der gerichtlichen Fragepflicht (Art. 56 ZPO) kein Raum bleibt, da die Gesuchsteller nach den unwidersprochenen Ausführungen der Gesuchsgegnerin in der vorliegenden Angelegenheit rechtskundig beraten werden (act. 12 Rz. 43) was dem Gericht im übrigen auch aus den eigenen Ausführungen der Gesuchsteller im Parallelverfahren HE230133 bekannt ist. Das Gesuch ist folglich auch für die anlässlich der Generalversammlung vom 12. September 2023 gestellten Auskunfts- und Einsichtsbegehren abzuweisen.
Zusammenfassung
Nach dem Gesagten ist das Gesuch gesamthaft abzuweisen.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Gesuchsteller kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 106 ZPO).
gestützt auf den Streitwert von CHF 40'000.00 ist die Gerichtsgebühr auf CHF 3'550.00 festzusetzen (? 4 und 8 Abs. 2GebV OG) aus dem von den Gesuchstellern geleisteten Kostenvorschuss zu beziehen. Die von den Gesuchstellern unter solidarischer Haftung geschuldete Parteientschädigung beträgt gestützt auf den erwähnten Streitwert CHF 4'050.00 (? 4 und 9 AnwGebV). Wegen der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs ist auf die Parteientschädigung keine Mehrwertsteuer geschuldet.
Das Gesuch wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 3'550.00.
Die Kosten werden den Gesuchstellern auferlegt und aus dem geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.
Der Gesuchsteller werden unter solidarischer Haftung verpflichtet, der Gesuchsgegnerin eine Parteientschädigung von CHF 4'050.00 zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 40'000.00 (geschätzt).
Zürich, 5. Februar 2024
Handelsgericht des Kantons Zürich Einzelgericht
Der Gerichtsschreiber:
Lukas B?gler
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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