Zusammenfassung des Urteils HE230068: Handelsgericht des Kantons Zürich
Die Rechtssache betrifft die Adoption eines Kindes namens C______, das von den Eheleuten A______ und B______ aufgenommen wurde. Das Gericht entscheidet, dass die Adoption rechtens ist, da die Adoptiveltern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Die Adoption wird genehmigt, das Kind wird den Namen C______ tragen und die Staatsbürgerschaft der Eltern annehmen. Die Gerichtskosten in Höhe von 1000 CHF werden den Adoptiveltern auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HE230068 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 30.08.2023 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_487/2023 |
Leitsatz/Stichwort: | Auskunft |
Schlagwörter : | Gesuch; Gesuchsteller; Gesuchsgegnerin; Information; Recht; Aktionär; Rückversicherung; General; Auskunft; Generalversammlung; Aktie; Aktionärs; Dividende; Informationen; Aktionärsrecht; Rückversicherungsvertrag; Aktionärsrechte; Ausübung; Gesuchstellers; Geschäfts; Gericht; Aktien; Einsicht; Parteien; Gesellschaft; Geheimhaltung; Namenaktie |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 229 ZPO ;Art. 292 StGB ;Art. 6 ZPO ;Art. 60 ZPO ;Art. 678 OR ;Art. 697 OR ;Art. 697a OR ;Art. 697b OR ;Art. 706 OR ;Art. 706a OR ;Art. 706b OR ;Art. 754 OR ; |
Referenz BGE: | 132 III 71; 141 III 294; 144 III 117; |
Kommentar: | - |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Einzelgericht
Geschäfts-Nr.: HE230068-O U/mk
Mitwirkend: Oberrichter Dr. Stephan Mazan sowie Gerichtsschreiber Dr. Benjamin Büchler
in Sachen
A. ,
Gesuchsteller
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
gegen
B1. AG,
Gesuchsgegnerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y2. vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y3. vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y4.
betreffend Auskunft
Sachverhaltsüberblick/Prozessgeschichte
Die Gesuchsgegnerin (B1. AG) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in C. /ZH und einem Aktienkapital von CHF 95'604'625.00, eingeteilt in 764'837 Namenaktien mit einem Nennwert von CHF 125.00. Die Gesuchsgegnerin verfolgt als Zweck den Betrieb von Versicherungen aller Art sowie den Betrieb der Rückversicherung (act. 3/B).
Der Gesuchsteller hat seinen Wohnsitz in D. /ZH. Er ist Eigentümer ei- ner einzigen der 764'837 Namenaktien der Gesuchsgegnerin. Praktisch alle übrigen Aktien bzw. 99,99% der Aktien der Gesuchsgegnerin werden von deren Muttergesellschaft - der B2. B.V. gehalten, deren Aktien wiederum von der deutschen Konzerngesellschaft B3. SE in E. gehalten werden (act. 1 Rz. 30 ff. [Gesuchsteller], act. 10 Rz. 13 ff., [Gesuchsgegnerin]). Mit anderen Worten ist der Gesuchsteller der einzige Minderheitsaktionür (ausserhalb der
B. -gruppe) mit einer einzigen Namenaktie (act. 1 Rz. 32). Er ist Eigentümer dieser Aktie geworden, weil er eine Aktie einer Vorgängergesellschaft - der
F. in eine Aktie der Gesuchsgegnerin umtauschen konnte (act. 10 Rz. 15 [Gesuchsgegnerin], act. 17 Rz. 22 [Gesuchsteller]).
Eine 100%ige Tochtergesellschaft der Gesuchsgegnerin (B1. AG) ist die B4. AG). Am 30. September 2021 schloss die B4. mit der
G. Ltd. (einer Rückversicherung mit Sitz in H. [Insel im Atlantik]) ei- nen Rückversicherungsvertrag ab, der es ermöglichte, den Kapitalbedarf der
B4. zu senken und die Zinssensitivität zu reduzieren. Aufgrund des durch den Abschluss der Rückversicherung gesunkenen Kapitalbedarfs war die
B4. in der Lage, das nunmehr Verfügbare Kapital der Gesuchsgegnerin (der B1. ) in Form einer ausserordentlichen Dividende in der Höhe von CHF 300 Mio. auszuschätten. Aufgrund dieses Dividendenzuflusses beschloss der Verwaltungsrat der Gesuchsgegnerin am 5. September 2022, an einer ausserordentlichen Generalversammlung der Gesuchsgegnerin ebenfalls eine Ausschüttung einer ausserordentliche Dividende in der Höhe von CHF 300 Mio. an ihr Aktionariat vorzugschlagen.
Am 28. Oktober 2022 wurden die Aktionüre zur ausserordentlichen Generalversammlung vom 22. November 2022 eingeladen, wobei als einziges Traktandum die Ausschüttung der erwähnten ausserordentlichen Dividende von
CHF 300 Mio. traktandiert war (act. 3/6). Mit Mail vom 30. Oktober 2022 ersuchte der Gesuchsteller im Hinblick auf die ausserordentliche Generalversammlung um Auskunft und Einsicht (act. 11/6). Mit Mails vom 31. Oktober 2022 (act. 11/8) und
7. November 2022 (act. 11/9) antwortete Frau Dr. I. (General Counsel der Gesuchsgegnerin), allerdings nicht zur Zufriedenheit des Gesuchstellers
(act. 11/10).
An der ausserordentlichen Generalversammlung vom 22. November 2022 nahmen zwei Aktionüre teil (Nämlich die Hauptaktionürin der Gesuchsgegnerin und der Gesuchsteller als Eigentümer einer einzigen Aktie). Insgesamt waren 764'809 der 764'837 Aktien der Gesuchsgegnerin vertreten. Dabei wurde die Ausschüttung einer ausserordentlichen Dividende in der Höhe von CHF 300 Mio. mit 764'808 gegen eine einzige Stimme (diejenige des Gesuchstellers) beschlossen (act. 1 Rz. 45 f. [Gesuchsteller], act. 10 Rz. 28 [Gesuchsgegnerin], je mit Hinweis auf act. 3/8).
Mit Mail vom 27. Februar 2023 teilte der Gesuchsteller der Gesuchsgegnerin (vertreten durch Frau Dr. I. ) mit, dass seinen Minderheitenaktionürsinformationsrechten nicht genügend Rechnung getragen worden sei (act. 10 Rz. 32 mit Hinweis auf act. 11/12).
Mit Mail vom 16. März 2023 teilte die Gesuchsgegnerin (vertreten durch Frau Dr. I. ) dem Gesuchsteller mit, dass ihm die Dividende unterdessen ausbezahlt worden sei und dass er innert der 2-Monats-Frist den Dividendenbeschluss der ausserordentlichen GV vom 22. November 2022 nicht angefochten habe, weshalb kein Schätzenswürdiges Interesse an einer Auskunft zu erkennen sei (act. 10 Rz. 36 mit Hinweis auf act. 11/15).
Im weiteren Mailverkehr hielten die Parteien im Wesentlichen an ihren Positionen fest.
Mit dem Informationsgesuch vom 19. Juni 2023 stellt der Gesuchsteller dem Einzelgericht des Handelsgerichts des Kantons Zürich folgendes Rechtsbegehren (act. 1 S. 2 f.):
1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger innert 30 Tagen die nachfolgenden Auskönfte zu erteilen und entsprechende Unterlagen zu liefern, um die begründetheit und Notwendigkeit der beantragten Transaktion ausserordentliche Dividendenausschüttung der Beklagten vom 22. November 2022 von CHF 300 Millionen zu rechtfertigen.
Insbesondere sei die Beklagte zur Herausgabe des Rückversicherungsvertrags G. (mit Sitz in H. ) zu verpflichten und Auskunft zu erteilen, weshalb dieser Vertrag zwischen der Beklagten und G. abgeschlossen worden ist und offenbar als vorteilhaft eingestuft worden ist.
Sollten im Zusammenhang mit diesem Vertrag Geschäftsgeheim- nisse betroffen sein, so sei die Beklagte zu verpflichten, zumin- dest über die folgenden Eckdaten des Rückversicherungsvertrages Auskunft zu erteilen:
Form der Rückversicherung,
abgegebene Quote, d.h. prozentualer Anteil des in Rückversicherung zedierten Geschäfts,
Kommission und andere Vergütungen an Vermittler sonstige Dienstleister,
Gewinn- und Verlustbeteiligungen,
Depots sowie andere Sicherheiten.
Insbesondere sei die Beklagte zu verpflichten, über das anwendbare Recht und die Gerichtsstandklausel Auskunft zu erteilen.
Insbesondere sei die Beklagte zu verpflichten, Korrespondenz (bzw. Kopie) mit der FINMA im Zusammenhang mit dem Abschluss dieses Rückversicherungsvertrages bzw. mit der beabsichtigten Ausschüttung dieser ausserordentlichen Dividende von CHF 300'000'000 (300 Millionen) Auskunft zu erteilen.
Die Beklagte sei aufzufordern, zur geplanten bzw. erfolgten Devestition Stellung zu nehmen und näher zu begründen, ob diese Devestition wirklich sinnvoll gewesen ist und ob die freigestellten Mittel nicht effizienter zur Sicherung einer eventuellen Insolvenz von G. und/oder zur Schaffung von Raum für weiteres Wachstum hätte verwendet werden können sollen.
Soweit die Beklagte angebliche Geschäftsgeheimnisse und andere schutzwürdigen Interessen der Gesellschaft betroffener Drittpersonen geltend machen sollte, sei die Beklagte zu verpflichten, solche Geheimnisse zu beweisen zu plausibilisieren und näher zu substanziieren.
Für den Fall der NichtErfüllung der Verpflichtung sei die Beklagte für jeden Tag der NichtErfüllung mit einer Ordnungsbusse von CHF 1'000.00 zu bestrafen.
Es sei den zuständigen Organe der Beklagten für den Widerhandlungsfall die Bestrafung wegen Ungehorsam gegen eine amtliche Verfügung gemäss Art. 292 StGB anzudrohen.
Alles unter Kosten und Entschädigungsfolgen (inkl. Mehrwertsteuerzusatz von 7.7%) zulasten der Beklagten.
In ihrer Stellungnahme vom 28. Juli 2023 stellte die Beschwerdegegnerin folgendes Rechtsbegehren (act. 10 S. 2):
1. Die Informationsklage vom 19. Juni 2023 sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Klägers (zuzüglich Mehrwertsteuer).
Nach der Zustellung der Stellungnahme vom 28. Juli 2023 machte der Gesuchsteller von seinem Replikrecht gebrauch und äusserte sich in einer Eingabe vom 23. August 2023 (act. 17).
Prozessuales
Für die vorliegende Auskunftsklage ist das Einzelgericht des Handelsgerichts des Kantons Zürich ürtlich (Art. 10 Abs. 1 lit. b ZPO) und sachlich zuständig (Art. 250 lit. c Ziff. 7 ZPO in Verbindung mit Art. 6 ZPO und 45 lit. c GOG). Dies ist unbestritten (act. 1 Rz. 2 f. [Gesuchsteller], nicht bestritten von der Gesuchsgegnerin).
Mit der Zustellung der Stellungnahme (act. 10) wurde dem Gesuchsteller in- nerhalb der Replikfrist Gelegenheit zu Einwendungen gegeben und damit dessen rechtliches Gehör Gewährt. Da sich herausstellen wird, dass das Gesuch abzuweisen ist und damit die Gesuchsgegnerin obsiegen wird, kann die Eingabe des Gesuchstellers (act. 17) der Gesuchsgegnerin mit dem vorliegenden Urteil zugestellt werden. Die Sache ist spruchreif.
Nach der Rechtsprechung darf sich im summarischen Verfahren keine Partei darauf verlassen, dass das Gericht nach einem einmaligen Schriftenwechsel einen zweiten Schriftenwechsel durchführt (BGE 144 III 117 ff.). grundsätzlich tritt der Aktenschluss nach einmaliger äusserung ein (a.a.O, E. 2.2.), so dass Noven nur noch unter den Voraussetzung von Art. 229 Abs. 1 ZPO zulässig sind (a.a.O.,
E. 2.3.). Auch im vorliegenden Fall wurde nur ein einfacher Schriftenwechsel durchgefährt (act. 15). In seiner Eingabe vom 23. August 2023 behauptet der Gesuchsteller neu, die behauptete Geheimhaltung des Rückversicherungsvertrages zwischen der B4. AG und der G. beruhe auf einer Täuschung, was ihm erst bewusst geworden sei, als er kürzlich auf eine Medienmitteilung der
G. vom 30. September 2021 gestossen sei (act. 17 Rz. 1 ff.). Der Gesuchsteller führt nicht aus, weshalb er die am 30. September 2021 erschienene Pressemitteilung der G. erst kürzlich ... in Erfahrung bringen konnte (act. 17 Rz. 2); vielmehr ist davon auszugehen, dass er bei zumutbarer Sorgfalt schon längt auf dieses im Internet abrufbare Dokument (Rz. 17 Rz. 8) hätte stossen können, zumal er sich seit Monaten intensiv um Informationen rund um diesen Rückversicherungsvertrag bemüht. Im übrigen wäre ohnehin nicht zu sehen, weshalb aufgrund der als Novum eingereichten G. -Pressemitteilung die von der Gesuchsgegnerin behauptete Geheimhaltevereinbarung eine Schutzbehauptung sein soll. Abgesehen von unzulässigen neuen Behauptungen (insbes. Täuschung betreffend VertraulichkeitsErklärung bezüglich Rückversicherungsvertrag) sind die Ausführungen des Gesuchstellers in der Eingabe vom 23. August 2023 zu berücksichtigen.
Die Gesuchsgegnerin macht geltend, dem Gesuchsteller fehle es an einem Rechtsschutzinteresse, weil unklar und Völlig unsubstantiiert bleibe, welche Aktionürsrechte der Gesuchsteller mit den eingeklagten Informationen Ausüben wolle (act. 10 Rz. 48). Der Gesuchsteller entgegnet dazu im Rahmen der Ausübung des Replikrechts, er mache sein Auskunftsrecht nach Art. 697 OR geltend (act. 17 Rz. 38). Das Vorliegen eine Rechtsschutzinteresses ist eine Prozessvoraussetzung (Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO), die das Gericht von Amtes wegen pröft (Art. 60 ZPO). Die Relevanz der eingeklagten Informationen für die Ausübung der Aktio- nürsrechte ist sowohl für die materielle begründetheit der Informationsklage (Erforderlichkeit für die Ausübung der Aktionürsrechte gemäss Art. 697 Abs. 2 Satz 1 aOR) als auch für die prozessuale Eintretensfrage (Rechtsschutzinteresse nach Art. 59/60 ZPO) von Bedeutung und insofern doppelrelevant. In Bezug auf solche doppelrelevante Tatsachen ist nach der Rechtsprechung (abgesehen von hier nicht zutreffenden Ausnahmen) bei der Eintretensfrage zunächst auf die Darstellung des Gesuchstellers abzustellen und die eigentliche Prüfung der materiellen Beurteilung vorzubehalten (BGE 141 III 294 E. 5.2 S. 298 ff.). Das Rechtsschutzinteresse ist somit zu bejahen.
Auf das Gesuch ist einzutreten.
Materielles
übergangsrecht
Für die Auskunfts- und Einsichtsrechte des Aktionürs war bis am 31. Dezember 2022 Art. 697 aOR massgebend. Am 1. Januar 2023 trat die revidierte Regelung von Art. 697 Abs. 1 nOR in Kraft, wobei für die Geltendmachung des Informationsanspruchs gemäss Art. 697b Abs. 1 nOR neu eine Klagefrist von
30 Tagen eingefährt wurde. Der Gesuchsteller hält die bisherige Regelung von Art. 697aOR für anwendbar, in welchem Fall keine Klagefrist vorgesehen ist (act. 1 Rz. 5 ff.). Die Gesuchsgegnerin geht von der Anwendbarkeit von
Art. 697/697b nOR aus und folgert daraus, dass die 30-t?gige Klagefrist abgelaufen sei (act. 10 Rz. 42 ff.).
Damit stellen sich übergangsrechtliche Fragen. Gemäss Art. 1 übergangsbestimmungen des Bundesgesetzes vom 19. Juni 2020 gelten (abgesehen von hier nicht zutreffenden Ausnahmen) die Art. 1-4 des Schlusstitels des ZGB (SchlT ZGB). Allgemein gilt übergangsrechtlich (abgesehen von hier nicht zutreffenden Ausnahmen) die Regel der NichtRückwirkung: Die rechtlichen Wirkungen von Tatsachen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts eingetreten sind, werden auch nachher gemäss den Regeln des Rechts beurteilt, die zur Zeit des Eintritts dieser Tatsachen gegolten haben (Art. 1 Abs. 1 SchlT ZGB).
Im vorliegenden Fall stellte der Gesuchsteller sein Informationsbegehren im Vorfeld bzw. an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 22. November 2022. Das Informationsbegehren wurde somit vor dem Inkrafttreten des revidierten Rechts gestellt. Damit gelangt übergangsrechtlich das bis am 31. Dezember 2022 geltende Gesetzesrecht zur Anwendung. Nach dessen Art. 697 aOR ist kei- ne Frist für die Einreichung der Informationsklage vorgesehen. Die 30-t?gige Klagefrist von Art. 697b nOR ist nicht zu beachten. Der Gesuchsteller war daher grundsätzlich berechtigt, erst mit der Informationsklage vom 19. Juni 2023 seine Ansprüche geltend zu machen und einzuklagen.
Gesetzliche Regelung
Gemäss Art. 697 aOR ist jeder Aktionür berechtigt, an der Generalversammlung vom Verwaltungsrat Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu verlangen (Abs. 1). Die Auskunft ist insoweit zu erteilen, als sie für die Ausübung der Aktionürsrechte erforderlich ist. Sie kann verweigert werden, wenn durch sie Geschöftsgeheimnisse andere schutzwürdige Interessen der Gesellschaft geführdet werden (Abs. 2). Wird die Auskunft die Einsicht ungerechtfertigterweise verweigert, so ordnet das Gericht sie auf Antrag an (Abs. 4).
Das Auskunfts- und Einsichtsrecht setzt funktional voraus, dass die verlangte Information für die Ausübung der Aktionürsrechte erforderlich ist (Art. 697 Abs. 2 Satz 1 aOR). Damit sind insbesondere Informationen im Hinblick auf
die Ausübung des Stimm- und Wahlrechts an der Generalversammlung (namentlich Abnahme der Jahresrechnung und Beschlussfassung über die Gewinnverwendung) (Art. 689 ff. OR),
die Durchführung einer SonderPrüfung (Art. 697a ff. aOR),
die Anfechtung der Beschlüsse der Generalversammlung (Art. 706 OR) und
die Erhebung einer Rückforderungs- (Art. 678 OR) bzw. Verantwortlichkeitsklage (Art. 754 OR)
gemeint. Dabei ist es Sache des Aktionürs zu beweisen, dass die Informationen im Hinblick auf die Ausübung seiner Rechte erforderlich sind (BGE 132 III 71
E. 1.3 S. 75 f. m.w.H.).
Der Anspruch auf Auskunft und Einsicht ist inhaltlich begrenzt und kann verweigert werden, wenn dadurch Geschäftsgeheimnisse andere schutzwürdige Interessen der Gesellschaft gefährdet werden (Art. 697 Abs. 2 Satz 2 aOR). Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass Aktionüre keiner Treue- und Geheimhaltungspflicht unterstehen. Aus diesem Grund darf gedanklich unterstellt werden, dass ein Konkurrent Teil des Aktionariats sein und an der Generalversammlung mitbeschliessen könnte. Dabei genügt es allerdings nicht, dass eine gefährdung bloss behauptet wird, sondern die gefährdung der Geschäftsinteressen müssen konkretisiert und als wahrscheinlich aufgezeigt werden (Peter B?ckli, Schweizer Aktienrecht, 4. Auflage, Zürich 2009, 12 Rz. 155, m.w.H. [Zitat der alten Auflage wegen Anwendbarkeit von Art. 697 aOR]).
Subsumtion
Der Gesuchsteller führt nicht aus und es ist auch nicht ersichtlich, weshalb die eingeklagten Informationen für die Ausübung der Aktionürsrechte nach
Art. 697 Abs. 2 Satz 1 aOR erforderlich sein sollen. In seinem Gesuch äussert sich der Gesuchsteller auf weiten Strecken, weshalb die eingeklagten Informatio- nen im Vorfeld der Generalversammlung vom 22. November 2022 für die Aus- übung der Aktionürsrechte erforderlich gewesen seien (act. 1 Rz. 42, Rz. 45 etc.). Entscheidend ist jedoch, ob die Informationen aktuell für die Ausübung von Aktio- nürsrechten erforderlich sind. Dies ist nicht der Fall, und zwar aus folgenden Gründen:
Bezüglich Ausübung des Stimmrechts (Art. 689 ff. OR, Art. 698 Abs. 2 Ziff.
4 OR): über das Traktandum Genehmigung ausserordentliche Dividendenausschüttung wurde anlässlich der ausserordentlichen Generalversammlung vom 22. November 2022 mit der Zustimmung von 764'808 Namenaktien und einer Gegenstimme (derjenigen des Gesuchstellers) abschliessend entschieden (act. 3/8 S. 3), und dem Gesuchsteller wurde die auf seine Aktie entfallende Dividende unterdessen ausbezahlt (act. 10 Rz. 36). Die Sache ist erledigt.
Bezüglich Anfechtung der Beschlüsse der Generalversammlung (Art. 706 OR): Eine Anfechtung kommt unterdessen nicht mehr in Frage, weil die
zweimonatige Klagefrist (Art. 706a OR) längst abgelaufen ist. Im übrigen ist weder ersichtlich noch wird geltend gemacht, dass der an der ausseror- dentlichen Generalversammlung gefällte Beschluss über die Gewinnausschüttung nichtig (Art. 706b OR) sein soll.
Bezüglich Durchführung einer SonderPrüfung (Art. 697a ff. aOR): Dies war nie ein Thema.
Bezüglich Rückforderungsklage (Art. 678 OR) und Verantwortlichkeitsklage (Art. 754 OR): Der Gesuchsteller hat nie angetönt, dass er eine Rückfor- derungsklage (gegen die Aktionüre) und/oder eine Verantwortlichkeitsklage (gegen die Organe der Gesuchsgegnerin) in Betracht ziehe.
Dem Gesuchsteller geht es nicht um die Wahrnehmung von eigentlichen Aktio- nürsrechte. Vielmehr kritisiert er, dass die geplante Devestition (die unterdessen durchgefährt ist) nicht sinnvoll sei (act. 1 Rz. 43) und dass die Reinvestition in Entwicklungsprojekte hätte dienlicher sein können (act. 1 Rz. 58). Vorprozessual äusserte der Gesuchsteller in einem Mail an Frau Dr. I. Zweifel daran, dass zurzeit keine bessere Verwendung für die freigestellten Aktiven bestände (act. 12/12). Vor diesem Hintergrund sind auch die Rechtsbegehren Ziffer 5 und 6 zu sehen (act. 1 S. 2 f.). Dazu ist einerseits wiederum zu bemerken, dass die Gewinnausschüttung längst (rechtmässig) abgeschlossen ist und nicht Rückgängig gemacht werden kann. Andrerseits ist es nicht Sache der Generalversammlung (und erst recht nicht eines Minderheitsaktionürs mit einer einzigen Aktie von 764'837 Namenaktien), darüber zu bestimmen, was sinnvolle Devestitionen und Reinvestionen sind. Vielmehr hat der Verwaltungsrat im Rahmen der Oberleitung der Gesellschaft (Art. 716a Abs. 1 lit. a OR) die Unternehmensstrategie festzulegen und in diesem Zusammenhang darüber zu befinden, ob mit dem frei verfügbaren Kapital vielversprechende Geschäftsopportunitäten verfolgt werden können ob der Generalversammlung die Ausschüttung des frei Verfügbaren Kapitals an die Eigentümer beantragt werden soll. Oder mit anderen Worten: die Festlegung der Unternehmensstrategie ist kein Aktionürsrecht.
Weiter gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gesuchsgegnerin dem Gesuchsteller in inhaltlicher Hinsicht Informationsrechte ungerechtfertigt vor-
enthalten hätte. Vorab ist festzuhalten, dass es dem Gesuchsteller in erster Linie um Informationen zum Inhalt des Rückversicherungsvertrages geht, der zwischen der Tochtergesellschaft der Gesuchsgegnerin (der B4. AG) und der
G. Ltd. abgeschlossen wurde (Rechtsbegehren Ziffer 2 und 3); ferner verlangt er Einsicht in die Korrespondenz mit der FINMA im Zusammenhang mit dem erwähnten Rückversicherungsvertrag (Rechtsbegehren Ziffer 4). Dazu ist zu bemerken, dass die Gesuchsgegnerin im Vorfeld (act. 3/5 [Mail vom 7. November 2022]) und anlässlich der ausserordentlichen Generalversammlung vom 22. November 2022 Auskunft erteilte (act. 3/8). Die Eckpunkte der Rückversicherungsl?sung waren der B. -Medienmitteilung vom 30. September 2021 zu entnehmen (act. 3/7). Der Gesuchsteller wurde auch darüber informiert, dass die FINMA die Rückversicherungstransaktion bewilligt hatte und dass die AufsichtsBehörde über die beabsichtigte Dividendenausschüttung ins Bild gesetzt wurde (act. 3/8 S. 2). Auch der Gesuchsteller anerkennt, dass gewisse Informationen geliefert wor- den seien (act. 17 Rz. 25) und dass er über die FINMA-Bestätigung orientiert worden sei (act. 17 Rz. 26). Er sTürt sich aber daran, dass die Geheimhaltungsinteressen für die Verweigerung weiterer Informationen nicht substanziiert begrün- det worden seien. Dazu ist zu bemerken, dass im Rückversicherungsvertrag zwischen der B4. AG und der G. Ltd. Geheimhaltung vereinbart wurde. Etwas anderes kann auch unter BeRücksichtigung der (Noven-)Eingabe des Gesuchstellers vom 23. August 2023 nicht geschlossen werden (vgl. oben, E. 2.2.). Es liegt geradezu auf der Hand, dass ein der Geheimhaltung unterliegender Vertrag dem Aktionariat nicht offen gelegt werden muss. Insbesondere verfängt das Argument des Gesuchstellers nicht, dass die VerweigerungsGründe nicht substantiiert worden seien. Dazu führt die Gesuchsgegnerin zu Recht aus, dass die Gesellschaft die VerweigerungsGründe nicht in einer Art dartun müsse, die zwangsläufig auf die Offenlegung der geheim zu haltenden Tatsachen hinauslaufe (act. 10 Rz. 68).
Fazit
Der Gesuchsteller macht keine Aktionürsrechte namhaft, für deren Geltendmachung er auf die eingeklagten Informationsrechte angewiesen ist (E. 3.3 lit. a). Im übrigen wurde dem Gesuchsteller die geschuldete Information geliefert und weitergehende Information scheitert an den berechtigten Geheimhaltungsinteressen der Gesuchsgegnerin (E. 3.3 lit. b). Das Gesuch ist abzuweisen.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Gesuchsteller kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 106 ZPO).
In der Verfügung vom 22. Juni 2022 wurde der Streitwert auf CHF 3 Mio. geschätzt (act. 4). Die Parteien opponieren nicht gegen diese Schätzung (act. 17 Rz. 52 [Gesuchsteller], act. 10 Rz. 80 [Gesuchsgegnerin]), so dass von diesem Streitwert auszugehen ist. Bei einem Geschützten Streitwert von CHF 3 Mio. ergibt sich unter BeRücksichtigung der summarischen Natur des Verfahrens eine Gerichtsgebühr von CHF 25'000.00 (? 4 und 8 Abs. 2GebV OG) und eine Parteientschädigung von CHF 25'000.00 (? 4 und 9 AnwGebV). Wegen der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs ist auf die Parteientschädigung keine Mehrwertsteuer geschuldet.
Das Gesuch wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 25'000.00.
Die Kosten werden dem Gesuchsteller auferlegt und aus dem geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.
Der Gesuchsteller wird verpflichtet, der Gesuchsgegnerin eine Parteientschädigung von CHF 25'000.00 zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchsgegnerin unter Beilage des Doppels von act. 17 und act. 18/13.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder
Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 3 Mio. (geschätzt).
Zürich, 30. August 2023
Handelsgericht des Kantons Zürich Einzelgericht
Gerichtsschreiber:
Dr. Benjamin Büchler
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