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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils HE220040: Handelsgericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall vor dem Handelsgericht des Kantons Zürich ging es um vorsorgliche Massnahmen, die von der AG, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X, gegen Dr. iur., Gesuchsgegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y, beantragt wurden. Es wurde gefordert, dem Gesuchsgegner bestimmte Handlungen zu verbieten. Nach Prüfung der Sachlage entschied die Einzelrichterin, dass die vorsorglichen Massnahmen abgewiesen werden. Die Gerichtskosten wurden auf CHF 6'500 festgelegt. Die Gesuchstellerin wurde verpflichtet, dem Gesuchsgegner eine Parteientschädigung von CHF 7'000 zu bezahlen.

Urteilsdetails des Kantongerichts HE220040

Kanton:ZH
Fallnummer:HE220040
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HE220040 vom 23.06.2022 (ZH)
Datum:23.06.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Vorsorgliche Massnahmen
Schlagwörter : Gesuch; Gesuchsgegner; Generalversammlung; Verwaltungsrat; Aktien; Recht; Verfahren; Einberufung; Gericht; Verwaltungsrats; Gesuchsgegners; Aktionäre; Massnahme; Kantons; Massnahmen; Handelsregister; Streit; Gesellschaft; Vertretung; Parteien; Beschluss; Einladung; Entscheid; Handelsgericht; Verwaltungsrates; Eingabe
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 261 ZPO ;Art. 262 ZPO ;Art. 292 StGB ;Art. 6 ZPO ;Art. 699 OR ;Art. 96 ZPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Schweizer, Berner Kommentar Schweizerische Zi- vilprozessordnung, Art. 262 ZPO, 2012

Entscheid des Kantongerichts HE220040

Handelsgericht des Kantons Zürich

Einzelgericht

Geschäfts-Nr.: HE220040-O U/mk

Mitwirkend: Oberrichterin Nicole Klausner sowie Gerichtsschreiberin Dr. Corina Bötschi

Urteil vom 23. Juni 2022

in Sachen

  1. AG,

    Gesuchstellerin

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

    gegen

  2. , Dr. iur.,

    Gesuchsgegner

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.

    betreffend vorsorgliche Massnahmen

    Rechtsbegehren:

    (act. 1 S. 2)

    1. Es sei dem Gesuchsgegner unter Strafandrohung gemäss

    Art. 292 StGB zu verbieten, Verbindlichkeiten im Namen auf Rechnung der Gesuchstellerin einzugehen, sich als Mitglied Sekretär des Verwaltungsrates, Geschäftsführer aktiver Arbeitnehmer Weisungsberechtigter der Gesuchstellerin gegenüber Dritten auszugeben, Weisungen an die Arbeitnehmer, Lieferanten, Auftraggeber, Kunden und/oder Partner der Gesuchstellerin zu erteilen und/oder in irgendeiner Weise im (operativen) Betrieb der Gesuchstellerin direkt indirekt mitzuwirken darauf einzuwirken.

    1. Ziff. 1 sei superprovisorisch ohne vorgängige Anhörung des Gesuchsgegners anzuordnen. Der Gesuchsgegner sei vom Gericht per Telefon unter 044 … eventualiter per E-Mail an B.

      @....ch umgehend vorab über das Verbot in Kenntnis zu setzen.

    2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zzgl. gesetzliche MwSt.) zulasten des Gesuchsgegners.

Die Einzelrichterin zieht in Erwägung:

  1. Mit Eingabe vom 13. Mai 2022 (überbracht) stellte die Gesuchstellerin das vorliegende Gesuch um Anordnung vorsorglicher Massnahmen mit obgenannten Rechtsbegehren (act. 1). Mit Verfügung vom 13. April 2022 wurden die Mass- nahmen ohne Anhörung der Gegenpartei (superprovisorisch) einstweilen gutgeheissen (act. 4). Den einverlangten Kostenvorschuss leistete die Gesuchstellerin fristgerecht (act. 4; act. 7). Mit Eingabe vom 7. Juni 2022 nahm der Gesuchsgeg- ner zum Gesuch Stellung und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Aufhebung bzw. Abänderung der Schutzmassnahmen (act. 8). Dieses Wiedererwägungsgesuch wurde mit Verfügung vom 10. Juni 2022 abgewiesen (act. 11). In Wahrnehmung ihres rechtlichen Gehörs nahm die Gesuchstellerin am 22. Juni 2022 zur Eingabe des Gesuchsgegners Stellung (act. 13).

    Da die beantragten Massnahmen ohnehin abzuweisen sind, rechtfertigt es sich, zur Beschleunigung des Verfahrens, die letzte Eingabe der Gesuchstellerin dem Gesuchsgegner mit dem vorliegenden Endentscheid zuzustellen.

  2. Die Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürichs wird vom Gesuchsgegner anerkannt (act. 8 Rz. 2). Festzuhalten bleibt, dass sich die sachliche Zuständigkeit aus Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO ergibt, während ein die Zuständigkeit nach Art. 6 Abs. 2 ZPO begründender Eintrag des Gesuchsgegners im Handelsregister nicht existiert.

  3. Der Gesuchsgegner macht geltend, dass die Gesuchstellerin im vorliegen- den Verfahren nicht rechtsgültig vertreten sei, weshalb auf das Gesuch nicht einzutreten sei. Dies leitet er daraus ab, dass C. und D. nie Aktionäre geworden seien (act. 8 Rz. 11). Der vorliegende Rechtsstreit betrifft die zentrale Frage, welche Personen Aktionäre der Gesuchstellerin sind. Es handelt sich dabei um eine doppelrelevante Tatsache, welche grundsätzlich – obwohl sie im vorliegenden Verfahren letztlich offen gelassen werden kann – sowohl für die materielle Beurteilung als auch für die Beurteilung von Prozessvoraussetzungen relevant ist. Entsprechend ist für die Prüfung der Prozessvoraussetzungen von der Darstellung der Gesuchstellerin auszugehen, welche sich zudem aus dem Han- delsregister ergibt. Demnach ist die Gesuchstellerin als ordnungsgemäss vertreten zu betrachten. In der gegebenen Konstellation war im Übrigen sichergestellt, dass sich beide Konfliktlager angemessen äussern konnten.

    Für das vorliegende Verfahren nicht relevant ist sodann der vom Gesuchsgegner behauptete Interessenkonflikt des Rechtsvertreters der Gesuchstellerin. Zwar mag zutreffen, dass der Rechtsvertreter der Gesuchstellerin früher sowohl einerseits die Gesuchstellerin als auch andererseits C. und D. gegen die Gesuchstellerin vertreten hat (act. 8 Rz. 19 ff.). Allerdings ist zu beachten, dass sämtliche Verfahren im Zusammenhang mit der auch hier relevanten Streitigkeit zwischen den beiden Aktionärslagern geführt werden worden sind. Dass in den verschiedenen Gerichtsverfahren dieselben Personen einmal auf Seiten der Gesellschaft und einmal gegen diese tätig sind, was zwangsläufig auch für den betreffenden Rechtsvertreter gilt, erscheint wenigstens aus heutiger Sicht nicht verwerflich. Insbesondere muss etwa eine Handelsregistersperre zwingend mit einer gegen die Gesellschaft gerichteten Klage erwirkt werden. Die entspre-

    chenden unter Mitwirkung von Rechtsanwalt Dr. X.

    gestellten Gesuche,

    schliessen eine Vertretung der Gesuchstellerin durch ihn im vorliegenden Verfahren nicht aus.

  4. Das Gericht trifft die notwendigen vorsorglichen Massnahmen, wenn die gesuchstellende Partei glaubhaft macht, dass ein ihr zustehender Anspruch verletzt ist eine Verletzung zu befürchten ist und dass ihr aus der Verletzung ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht (Art. 261 ZPO). Weiter wird vorausgesetzt, dass die anzuordnende Massnahme verhältnismässig ist (ANDREAS GÜNGERICH, in: HAUSHEER/WALTER [Hrsg.], Berner Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Band II, Bern 2012, N 2 zu Art. 262 ZPO).

    1. Der vorliegende Streit dreht sich um die Besetzung des Verwaltungsrates und der Geschäftsführung der Gesuchstellerin. Aus der Darstellung der Parteien ergibt sich, dass die Gesuchstellerin Anfang 2021 gegründet worden ist, in erster Linie mit dem Zweck, Covid-19-Teststationen zu betreiben. Gemäss Aktienbuch waren dabei C'. [recte: C. ], E. , F. und D. als Aktio- näre vorgesehen, während der Gesuchsgegner als Gründer der Gesellschaft aufgetreten ist. In der Zwischenzeit haben sich im Aktionariat zwei Lager gebildet. Auf der einen Seite stehen C. und D. sowie RA X. , und auf der

      anderen Seite die Gebrüder E.

      und F.

      sowie der Gesuchsgegner.

      Beide Seiten beanspruchen für sich, über die Mehrheit der Aktien der Gesuchstellerin zu verfügen und deren Verwaltungsrat ordentlich bestellt zu haben.

    2. Die Gesuchstellerin stellt sich auf den Standpunkt, das Aktionariat setze sich aus C. (51%), E. (21%), F. (15%) und D. (13%) zusammen. Der Gesuchsgegner habe sie (die Gesuchstellerin) treuhänderisch gegrün- det und den gerade erwähnten vier Aktionären danach die Aktien im dargelegten Verhältnis übertragen. Die Generalversammlung habe den Gesuchsgegner am

      31. März 2022 als Sekretär des Verwaltungsrats abgesetzt, wogegen der Gesuchsgegner erfolglos vorgegangen sei. Der Gesuchsgegner habe seither mehrfach etabliert, dass er die Generalversammlung vom 31. März 2022 als ungültig erachte und sich nicht an seine Abwahl halten werde. Ihm sei in der Folge schriftlich verboten worden, sich als Teil der Gesellschaft auszugeben, und sämtliche allfällig an ihn erteilten Vollmachten seien widerrufen worden. In der Folge habe

      der Gesuchsgegner eine neue Realität erfunden und gemeinsam mit den Minder-

      heitsaktionären E.

      und F.

      eine ausserordentliche Generalversammlung abgehalten, an welcher diese D. und RA X. als Verwaltungsräte abgewählt und den Gesuchsgegner neu in den Verwaltungsrat gewählt hätten. Eine dagegen gerichtete Handelsregistersperre sei gutgeheissen worden. Den- noch habe der Gesuchsgegner am 11. Mai 2022 Dr. med. G. , welcher der wichtigste Partner der Gesuchstellerin sei, kontaktiert. Damit greife der Gesuchsgegner direkt in die Geschäftsführung ein und gefährde die Existenz der Gesuchstellerin (act. 1 Rz. 5 ff.).

    3. Der Gesuchsgegner macht geltend, gewählter, aber rechtlich entmachteter

Verwaltungsrat der angeblichen Gesuchstellerin zu sein. C.

und D.

seien nie Aktionäre der Gesuchstellerin geworden. Das Aktienbuch vom 7. Januar 2021 habe lediglich deklaratorische Wirkung. Die Gesuchstellerin sei erst am tt.mm.2021 durch Eintragung im Handelsregister entstanden, zuvor erfolgte Übertragungen von Aktien seien nichtig. Die Liberierung des Aktienkapitals sei vollständig durch F. erfolgt. Eine nach diesem Zeitpunkt erfolgte Übertragung

von Aktien auf C.

oder D.

sei nicht behauptet worden. Damit seien

die Beschlüsse der Generalversammlung vom 31. März 2022, an welcher C. , D. und X. teilgenommen hätten, per se nichtig. Rechtsan-

walt X.

habe die Gesuchstellerin entsprechend nie rechtsgültig vertreten

können. Ohnehin bestehe hier ein Interessenskonflikt, zumal die Anwaltskanzlei

H.

sowohl für als auch gegen die Gesuchstellerin gerichtliche Verfahren

führe. Die Generalversammlungsbeschlüsse vom 31. März 2022 seien aber auch nichtig, weil diese nicht rechtmässig einberufen worden sei, was er (der Gesuchsgegner) auch umgehend klargemacht habe. Ferner sei es so, dass er am 26. April 2022 je 49 Aktien auf F. und E. übertragen habe. Gleichentags hätten die Aktionäre der Gesuchstellerin eine Universalversammlung abgehalten, an

welcher der Gesuchsgegner und E.

als Verwaltungsräte gewählt und si-

cherheitshalber D. und RA X. abgewählt worden seien (act. 8 Rz. 11 ff.).

6. Der Unterlassungsanspruch der Gesuchstellerin beruht darauf, dass der Gesuchsgegner ihrer Ansicht nach nicht zu ihrer Vertretung berechtigt sei. Sie stützt sich dabei auf den Beschluss der Generalversammlung vom 31. März 2022, mit welchem der Gesuchsgegner als Sekretär des Verwaltungsrats abgewählt worden sei. Unbestritten ist soweit, dass diese Generalversammlung stattfand, dass anlässlich derselben mit C. und D. die Mehrheit der Aktionäre gemäss Aktienbuch vom 7. Januar 2021 (act. 3/3a) vertreten waren und dass der Gesuchsgegner mit 51 Stimmen (entspricht 51% der Aktien) aus dem Verwaltungsrat abgewählt wurde (act. 4). Entsprechend erscheint im Grundsatz auch glaubhaft, dass der Gesuchsgegner nicht mehr zur Vertretung der Gesuchstellerin berechtigt ist. Allerdings geht der Gesuchsgegner von der Nichtigkeit der Generalversammlungsbeschlüsse vom 31. März 2022 und damit seiner Abwahl aus.

Gemäss dem Gesuchsgegner sei die Generalversammlung vom 31. März 2022 durch D. einberufen worden, der dazu gar nicht berechtigt gewesen sei (act. 8 Rz. 27). Hierbei ist zu beachten, dass die Einberufung der Generalversammlung durch den Verwaltungsrat erfolgt (Art. 699 Abs. 1 OR). Erfolgt die Einberufung durch ein unzuständiges Organ, sind die an der entsprechenden Generalversammlung gefassten Beschlüsse nichtig (HANS CASPAR VON DER CRONE, Aktienrecht, 2. Aufl., Bern 2020, N 979; BRIGITTE TANNER, in: HANDSCHIN [Hrsg.], Zürcher Kommentar, Die Aktiengesellschaft, Art. 698-726 und 731b OR, 3. Aufl., Zürich 2018, N 12 zu Art. 699 OR). Zuständig für die Einberufung ist der Verwaltungsrat als Kollektivorgan, einzelne Mitglieder haben dagegen kein Einberufungsrecht (VON DER CRONE, a.a.O., N 978 f.; TANNER, a.a.O., N 30 zu Art. 699 OR). Die Einladung zur Generalversammlung vom 31. März 2022 wurde alleine durch D. unterzeichnet (act. 10/14). Die eigentliche Einladung kann indessen durchaus durch den Vorsitzenden ein anderes Mitglied des Verwaltungsrats erfolgen, eine Unterzeichnung aller Verwaltungsräte eine Einhaltung der Unterschriftsberechtigung für die Vertretung der Gesellschaft ist nicht zwingend (DIETER DUBS/ROLAND TRUFFER¸ in: HONSELL/VOGT/WATTER [Hrsg.], Basler Kommentar Obligationenrecht II, 5. Aufl., Basel 2016, N 2 zu Art. 699 OR). Dies kann folglich einem gültigen Beschluss für sich alleine nicht entgegen stehen. Aller- dings wird seitens des Gesuchsgegners explizit geltend gemacht, dass D.

ohne Absprache mit den übrigen Verwaltungsratsmitgliedern (damals E. und der Gesuchsgegner) gehandelt habe. Dies erscheint glaubhaft, zumal der Gesuchsgegner bereits mit E-Mail vom 11. März 2022 und erneut mit E-Mail vom

31. März 2022 an RA Z. , als Rechtsvertreter von D. (act. 8 Rz. 30), gegen die Einberufung und Durchführung der Generalversammlung protestiert hat (act. 10/14+15).

Die Gesuchstellerin stützt sich für die Frage der Gültigkeit der Generalversammlungsbeschlüsse auf den Entscheid des Kantonsgerichts Zug vom 6. April 2022 (act. 1 Rz. 6). Dabei verkennt sie, dass das Kantonsgericht Zug zur Frage der ordnungsgemässen Einladung keine Aussage gemacht hat. Vielmehr hat es festgehalten, dass die Einladung für die Generalversammlung vom 31. März 2022 nicht eingereicht worden sei, weshalb es sich um blosse unbelegte Behauptungen handle. Zudem verneinte das Gericht ein schutzwürdiges Interesse, da die Eintragung im Handelsregister bereits erfolgt sei (act. 3/5 S. 2). Daraus kann die Gültigkeit der Beschlüsse der Generalversammlung vom 31. März 2022 demnach nicht abgeleitet werden.

In ihrem Gesuch und in der im Rahmen ihres Replikrechts erfolgten Stellungnahme äussert sich die Gesuchstellerin nicht dazu, wie die Einberufung der Generalversammlung zu Stande gekommen sein soll. Insbesondere beruft sich die Gesuchstellerin nicht auf eine konkrete Verwaltungsratssitzung, an welcher die Einberufung beschlossen worden wäre. Sie erörtert zwar in der Stellungnahme, der Verwaltungsrat sei befugt und aufgrund eines Antrags eines Aktionärs sogar verpflichtet gewesen, eine Generalversammlung einzuberufen, und der Präsident des Verwaltungsrates sei dieser Verpflichtung mit Stichentscheid nachgekommen. Zumal der Gesuchsgegner im Ausstand gewesen sei – sei es doch um die Einberufung einer Generalversammlung gegangen, bei welcher er hätte abberufen werden sollen – seien noch E. und D. im Verwaltungsrat gewesen, weshalb der Präsident also förmlich korrekt gehandelt und fristgerecht einberufen habe (act. 13 Rz. 35). Weiter erklärt die Gesuchstellerin, der Gesuchsgegner habe keinerlei Recht gehabt, an der Verwaltungsratssitzung mitzuwirken. E. habe sich wohl gegen eine ausserordentliche Generalversammlung ausgesprochen. D.

habe jedoch dafür gestimmt und den Stichentscheid gehabt. Der Beschluss des Verwaltungsrates sei gültig gefasst worden (act. 13 Rz. 37). Trotz dieser Ausführungen der Gesuchstellerin bleibt offen, wann, wie genau und in welchem konkreten Rahmen es zu einer solchen Beschlussfassung des Verwaltungsrats gekommen sein soll und im Übrigen auch, wie aufgrund der schliesslich erfolgten Traktandierung ein für den Gesuchsgegner bestehender Ausstandsgrund bereits hätte feststehen sollen. Eine durch das zuständige Organ erfolgte Einberufung der Generalversammlung wird so nicht glaubhaft gemacht. Daran vermag auch die Tatsache, dass vom Gesuchsgegner ein am 11. März 2022 – dem Tag des von D. unterzeichneten Einladungsschreibens – gefasster Verwaltungsratsbeschluss behauptet wird, mit welchem D. vorläufig suspendiert worden sei (act. 8 Rz. 27), nichts zu ändern. Allei- ne aus dem Umstand, dass der Verwaltungsrat an diesem Tag diesen Beschluss betreffend Suspendierung gefällt hat, kann – jedenfalls ohne nähere Informatio- nen – nicht abgeleitet werden, dass gleichzeitig auch die Einberufung einer Generalversammlung beschlossen wurde.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass es überwiegend wahrscheinlich erscheint, dass die Einberufung zur Generalversammlung vom 31. März 2022 nicht rechtmässig erfolgt ist, indem D. diese in Eigenregie beschlossen hat. Folglich erscheint auch überwiegend wahrscheinlich, dass die an dieser Generalversammlung gefassten Beschlüsse nichtig sind. Die Bemerkung der Gesuchsgeg- nerin, eine erneute Generalversammlung würde ohnehin denselben Entscheid hervorbringen, weshalb es wenig sinnvoll sei, die Generalversammlung vom 31. März 2022 anzufechten (act. 13 Rz.), vermag daran nichts zu ändern. Da sich das Gesuch der Gesuchstellerin im Wesentlichen auf die Abwahl des Gesuchsgeg- ners anlässlich dieser Generalversammlung stützt, erscheint ein Anspruch in der Hauptsache aus den dargelegten Gründen nicht glaubhaft. Entsprechend ist das Gesuch abzuweisen. Von welcher Zusammensetzung des Aktionariats der Gesuchsgegnerin letztlich im Einzelnen auszugehen wäre, kann bei diesem Ergebnis offen bleiben.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass der vorliegende Entscheid nicht mit einer Wiedereinsetzung des Gesuchsgegners als Verwaltungsrat gleichzusetzen ist. Entsprechend dem Gegenstand des Verfahrens war lediglich zu prüfen, ob glaubhaft erscheint, dass der Gesuchsgegner keine Vertretungsberechtigung mehr hat. Darüber hinaus kommt dem Einzelgericht des Han- delsgerichts des Kantons Zürich im vorliegenden Verfahren keine Entscheidkompetenz zu.

    1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Gesuchstellerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 106 ZPO).

    2. Die Höhe der Gerichtsgebühr wird nach der Gebührenverordnung des Obergerichts bestimmt (Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 GOG) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem tatsächlichen Streitinteresse (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Der Streitwert beträgt CHF 100'000.– (act. 4 E. 8). In Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 GebV OG, angesichts auch des Verfahrensaufwandes, ist die Gerichtsgebühr auf CHF 6'500.– festzulegen.

    3. Zudem ist die Gesuchstellerin antragsgemäss zu verpflichten, dem Gesuchsgegner eine Parteientschädigung zu bezahlen. Die Parteientschädigung ist in Anwendung von § 4 Abs. 1 i.V.m. § 9 und § 11 Abs. 1 AnwGebV auf CHF 7'000.– festzulegen.

Die Einzelrichterin erkennt:

  1. Das Gesuch um Anordnung vorsorglicher Massnahmen wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird festgelegt auf CHF 6'500.–.

  3. Die Kosten werden der Gesuchstellerin auferlegt.

  4. Die Gesuchstellerin wird verpflichtet, dem Gesuchsgegner eine Parteientschädigung von CHF 7'000.– zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Gesuchsgegner unter Beilage der Doppel von act. 13 und 14/13-14.

  6. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder

Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt über CHF 30'000.00.

Zürich, 23. Juni 2022

Handelsgericht des Kantons Zürich Einzelgericht

Gerichtsschreiberin:

Dr. Corina Bötschi

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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