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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils HE190054: Handelsgericht des Kantons Zürich

Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall betreffend Konkurseröffnung entschieden. Die Schuldnerin, eine AG, hat erfolgreich gegen den Konkursantrag der Gläubigerin, ebenfalls eine AG, gekämpft. Das Gericht hob den Konkurs auf, nachdem die Schuldnerin ihre Zahlungsfähigkeit glaubhaft gemacht hatte. Die Schuldnerin konnte nachweisen, dass sie in der Lage war, ihre Schulden zu begleichen. Die Gerichtskosten wurden der Schuldnerin auferlegt, da sie das Verfahren durch verspätete Zahlungen veranlasst hatte.

Urteilsdetails des Kantongerichts HE190054

Kanton:ZH
Fallnummer:HE190054
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HE190054 vom 06.06.2019 (ZH)
Datum:06.06.2019
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_345/2019
Leitsatz/Stichwort:Rechtsschutz in klaren Fällen (Ausweisung)
Schlagwörter : Recht; Beklagten; Zahlung; Parteien; Gericht; Nebenkosten; Höhe; Verfahren; Urteil; Rechtsanwalt; Ausweisung; Gesuch; Zahlungen; Handelsgericht; Kantons; Rechtsschutz; Fällen; Kat-Nr; Kehlboden; Verfügung; Sinne; Streit; Summarverfahren; Willenserklärung; Hinsicht; Parteientschädigung; Gerichtsschreiber
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 257d OR ;Art. 272a OR ;Art. 292 StGB ;Art. 86 OR ;Art. 87 OR ;
Referenz BGE:138 III 123; 141 III 262;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts HE190054

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr.: HE190054-O U/ei

Mitwirkend: der Oberrichter Dr. Johann Zürcher sowie der Gerichtsschreiber Dr. Moritz Vischer

Urteil vom 6. Juni 2019

in Sachen

  1. AG,

    Klägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X2.

    gegen

  2. AG,

    Beklagte

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Y1. vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y2.

    betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen (Ausweisung)

    Rechtsbegehren:

    (act. 1 S. 2 f.)

    1. Die Beklagte sei zu verpflichten und es sei ihr demzufolge zu befehlen, folgende von ihr gemieteten Flächen in den Liegenschaften C. -Strasse 1, 2 und 3, Zürich (nachfolgend: das Mietobjekt) unverzüglich zu verlassen und der Klägerin im geräumten und gereinigten Zustand ordnungsgemäss zu übergeben, unter Androhung des Zwangsvollzuges im Unterlassungsfall:

    Haus Nr. 1 (Kat.-Nr. 4):
    • 2. UG (nur teilweise unterkellert)

    • UG

    • EG (ohne Vorplatz Haupteingang)

    • 1. OG

    • 2. OG

    • 3. OG

    • 4. OG (ohne Lichthof)

    • 5. OG (ohne Lichthof und Balkon)

    • Kehlboden

      Haus Nr. 2 (Kat.-Nr. 5):
    • 1. OG

    • 2. OG

    • 3. OG

    • 4.OG

    • 5. OG

    • Kehlboden

      Haus Nr. 3 (Kat.-Nr. 6):
    • 2. OG

    • 3. OG

    • 4. OG

    • 5.OG (ohne Balkon)

    • Kehlboden (ohne Dachschräge)

  1. a. Es sei der Beklagten und deren Organen für den Fall, dass sie der Anordnung gemäss Ziff. 1 keine Folge leisten, die Bestrafung mit Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 292 StGB anzudrohen.

    1. Das zuständige Stadtammannamt Zürich sei anzuweisen, den zu erlassenden Befehl gemäss Ziffer 1 hiervor nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist beziehungsweise - nach erfolgter Beschwerde bei Nichtgewährung der aufschiebenden Wirkung auf erstes Verlangen der Klägerin zu vollstrecken.

    2. Eventualiter seien vom Gericht andere angemessene Vollstreckungsanordnungen zu treffen.

  2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.

Der Einzelrichter zieht in Erwägung:

  1. Die Parteien sie werden nachfolgend Klägerin und Beklagte genannt befinden sich seit längerem im Streit über den weiteren Verbleib der B. -Filiale an der C. -Strasse. Im vorliegenden Summarverfahren begehrt die klägerische Vermieterin die Ausweisung der Beklagten. Erstens seien Nebenkosten in der Höhe von CHF 18'315'85 unbezahlt geblieben (Zahlungsverzugskündigung) und zweitens sei sowieso die absolute Höchstdauer des befristeten Mietverhältnis am 31. Januar 2019 erreicht worden. Die Beklagte habe daher die Filiale zu räumen.

  2. Das Gesuch datiert vom 8. Februar 2019 (act. 1). Mit Verfügung vom

11. Februar 2019 (act. 4) wurde die Klägerin zur Leistung eines Gerichtskostenvorschusses aufgefordert, welcher fristgerecht hierorts einging (act. 6). Mit nämlicher Verfügung wurde der Beklagten Frist für die Erstattung der Gesuchsantwort angesetzt. Diese datiert vom 26. März 2019 (act. 9). Die Parteien konnten in der Folge je eine Stellungnahme einreichen, was sie am 17. April 2019 (Klägerin; act. 14) und am 13. Mai 2019 (Beklagte; act. 18) auch taten. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.

3. Die Beklagte legt die Voraussetzungen einer Ausweisung im Summarverfahren, sog. Rechtsschutz in klaren Fällen, zutreffend dar (act. 9 N 37). Klares Recht ist immer dann zu verneinen, wenn entweder der Sachverhalt die Rechtslage unklar ist, beispielsweise weil Ermessensund Billigkeitsüberlegungen anzustellen sind (BGE 138 III 123 E. 2.1.2) überhaupt Verträge und Willenserklärungen auszulegen sind (so bereits: Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich HE120080-O vom 11. Mai 2012 E. 4 = ZR 111 [2012], Nr. 65). Fehlendes klares Recht hat Nichteintreten auf das entsprechende Gesuch zur Folge (BGE 141 III 262 E. 3.2).

    1. Hinsichtlich der unbezahlt gebliebenen Nebenkosten ist sowohl der Sachverhalt als auch die Rechtslage unklar. Offenbar erfolgten sämtliche Mietzinsund Nebenkostenzahlungen mit derselben Referenznummer auf ein einheitliches Konto. Tatsächlich überwies die Beklagte den Betrag von CHF 18'315.85 für die Nebenkosten der Periode 2016/2017 nicht in dieser exakten Höhe. Aktenkundig sind seit dem Erhalt der besagten Nebenkostenabrechnung am 7. September 2018 aber mehrere Zahlungen der Beklagten (vgl. act. 9 N 59 ff.; act. 14 N 13):

      Die letzte Zahlung erfolgte zudem während des Laufs der am 13. November 2018 angesetzten Mahnfrist mit Kündigungsandrohung (Art. 257d Abs. 1 OR; act. 3/16). Es ist daher nach dem Verhältnis der erfolgten Zahlungen zum (vermeintlich) offenen Nebenkostensaldo von CHF 18'315.85 zu fragen. Es gilt Art. 86-87 OR.

    2. Zunächst kann die Gläubigerin, vorliegend die Beklagte, gemäss Art. 86 Abs. 1 OR erklären, welche Schuld sie tilgen möchte. Aufgrund der Vorbringen der Parteien ist unklar, ob eine solche Erklärung vorliegt. Sofern die Klägerin sich darauf beruft, die vorne dargestellten Zahlungen seien unzweifelhaft und in rappengenauer Erfüllung der geschuldeten Mietzinse erfolgt, was von ihr auch nur so verstanden (und verbucht) hätte werden können und müssen (act. 1 N 65;

      act. 14 N 14), kann ihr jedenfalls im vorliegenden Verfahren nicht gefolgt werden. Implizit versucht sich die Klägerin nämlich auf eine vertrauenstheoretische Auslegung der beklagtischen Willenserklärung auf Tilgung im Sinne von Art. 86 Abs. 1 OR zu stützen. Dies sprengt aber, wie gezeigt, den Rahmen des vorliegenden Verfahrens. Wohl gälte es in sachverhaltlicher Hinsicht diesbezüglich auch zusätzliche Abklärungen über die bisherigen Zahlungsusanzen der Parteien zu treffen. Die Verwendung einer einheitlichen Referenznummer, wie in diesem Verfahren geltend gemacht, spricht im Übrigen in materieller Hinsicht eher gegen den Standpunkt der Klägerin (vgl. Urteil BGer 5A_380/2007 vom 22. Oktober 2007 E. 3).

    3. Gleiches gälte selbst mangels Erklärung im Sinne von Art. 86 Abs. 1 OR und klägerischer Quittung aufgrund der gesetzlichen Anrechnungsfolge von Art. 87 OR. Die späteren Zahlungen wären auf die früher verfallenen Schulden anzurechnen, so dass die Nebenkosten in der Höhe von CHF 18'315.85 getilgt worden wären. Die E-Mail von D. , mit der er sich für die Missverständnisse und die säumige Zahlung des exakten Betrags von CHF 18'315.85 entschuldigt (act. 3/30), vermag angesichts der soeben skizzierten, gesetzlichen Stufenfolge nichts zu ändern. Allenfalls wäre die E-Mail im Rahmen einer Auslegung der Willenserklärung mit zu berücksichtigen.

    4. Ein nicht korrektes Vorgehen gemäss Art. 86-87 OR hat jedenfalls die Ungültigkeit der Zahlungsverzugskündigung zur Folge (statt vieler: SVIT KommentarREUDT, Art. 257d OR N 36). Dies wird von den ordentlichen Mietgerichten zu beurteilen sein und kann in casu offen bleiben. Es liegt kein klares Recht vor.

  1. Was den weiter geltend gemachten Ausweisungsgrund der Beendigung per 31. Januar 2019 anbelangt, ist auf die Fülle der bisher ergangenen Urteile und laufenden Rechtsmittelverfahren zu verweisen. Es ist an den jeweiligen Gerichten zu prüfen, ob und inwiefern die Klägerin eine Offerte abzugeben haben wird und was dies auf den Verbleib der Beklagten für Auswirkungen haben wird. Es ist nicht am hiesigen Summargericht zu beurteilen, ob und inwiefern der Beklagten überhaupt noch ein Rechtschutzinteresse in den anderen Verfahren zukommt bzw. die teilweise nicht rechtskräftigen Entscheide, wie gefordert (act. 1 N 82 ff.),

    zu interpretieren und/oder in Bezug zueinander zu setzen. Da kein gesetzlicher Ausschlussgrund greift (Art. 272a OR), gälte es ohnehin noch über eine Erstreckung zu befinden. Der gesetzliche Begriff der Härte (Art. 272 ff. OR) und die Dauer einer allenfalls zu gewährenden Erstreckung stellen klarerweise Ermessensentscheide dar, die nicht im vorliegenden Verfahren getroffen werden kön- nen. Es liegt kein klares Recht vor.

  2. Zusammenfassend sind die Anforderungen an einen Rechtsschutz in klaren Fällen nicht erfüllt. Es ist hierauf nicht einzutreten.

  3. Unwidersprochen wurde der Streitwert durch die Klägerin auf rund CHF 3.3 Mio. beziffert (act. 1 N 3; act. 9 N 137). Davon ist auszugehen. Die Klägerin unterliegt; sie wird kostenund entschädigungspflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Der summarischen Natur dieses Prozesses folgend ist - unter Berücksichtigung des Äquivalenzprinzips - die Gerichtsgebühr auf CHF 20'000.festzusetzen. Die Klägerin ist ausserdem zur Leistung einer Parteientschädigung an die Beklagte in der Höhe von CHF 25'000.zu verpflichten. Auch diesbezüglich ist der Schwierigkeit des Falls und der Natur des Summarverfahrens durch eine Reduktion um rund die Hälfe der ordentlichen Gebühr angemessen Rechnung zu tragen (§ 4 Abs. 2 und

§ 9 AnwGebV). Mangels Darlegung der Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist die Parteientschädigung der Beklagten praxisgemäss ohne Mehrwehrsteuerzuschlag zuzusprechen (vgl. Urteil BGer 4A_552/2015 vom 25. Mai 2016 E. 4.5).

Der Einzelrichter erkennt:

  1. Auf das Gesuch wird nicht eingetreten.

  2. Die Gerichtsgebühr in der Höhe von CHF 20'000.wird der Klägerin auferlegt und aus dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss bezogen.

  3. Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung in der Höhe von CHF 25'000.zu bezahlen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien.

  5. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder

Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 3'291'994.50.

Zürich, 6. Juni 2019

Handelsgericht des Kantons Zürich Gerichtsschreiber:

Dr. Moritz Vischer

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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