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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HE180210
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HE180210 vom 07.08.2018 (ZH)
Datum:07.08.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Rechtsschutz in klaren Fällen
Schlagwörter : Recht; Beklagten; Werkvertrag; Kopie; Stifterin; Partei; Baumeisterarbeiten; Erstellung; Bundesgericht; Gericht; Kopien; Streitwert; Betr; Urteil; Gesuch; Bestreitet; Unterlagen; Entscheid; Sachverhalt; Parteien; Schlussabrechnung; Architekt; Handelsgericht; Rechtsschutz; Anspruch; Rechtslage; Ausschreibung; Auftrag; Arbeitsergebnis
Rechtsnorm: Art. 17 ZPO ; Art. 257 ZPO ; Art. 292 StGB ; Art. 400 OR ; Art. 405 OR ; Art. 58 ZPO ; Art. 6 ZPO ; Art. 96 ZPO ;
Referenz BGE:138 III 123; 138 III 620; 140 III 159; 142 III 738;
Kommentar zugewiesen:
UTTER-SOMM, SEILER, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2016
FELLMANN, Berner Kommentar, VI, 2, 4, 1992
Kuko - JEAN-MARC SCHALLER, Berner Kommentar, VI, 2, 4, Art. 405 OR, 1992
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Einzelgericht

Geschäfts-Nr.: HE180210-O U/mk

Mitwirkend: der Oberrichter Dr. Johann Zürcher sowie die Gerichtsschreiberin Adrienne Hennemann

Urteil vom 7. August 2018

in Sachen

  1. Stiftung, Klägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X2.

    gegen

  2. AG,

Beklagte

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.

betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen

Rechtsbegehren:

(act. 1 S. 2)

Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
  1. Prozessverlauf

    Am 14. Mai 2018 (Datum Poststempel) reichte die Klägerin das vorliegende Gesuch ein (act. 1). Mit Verfügung vom 16. Mai 2018 wurde der Klägerin Frist angesetzt, um einen Kostenvorschuss in der Höhe von CHF 6'600.- zu leisten und der Beklagten, um zum klägerischen Gesuch Stellung zu nehmen (act. 4). Der Kostenvorschuss ging fristgerecht ein (act. 6). Innert erstreckter Frist reichte die Beklagte ihre Gesuchsantwort ein (act. 8, 9 und 11). Am 12. Juli 2018 reichte die Klägerin eine Stellungnahme zur Gesuchsantwort ein (act. 14), die am 16. Juli 2018 der Beklagten zugestellt wurde (Prot. S. 5; act. 15). Die Beklagte liess sich nicht mehr vernehmen.

  2. Prozessgegenstand

    Mit dem vorliegenden Gesuch verlangt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin von A. sel. (Stifterin) von der Beklagten im Zusammenhang mit dem Bau von zwei Mehrfamilienhäusern die Herausgabe von Kopien diverser Dokumente betreffend Baumeisterarbeiten. Die Beklagte bestreitet einen Herausgabeanspruch der Klägerin.

  3. Prozessuales

    1. Sachliche und örtliche Zuständigkeit

      Die Beklagte bestreitet die sachliche Zuständigkeit des Einzelgerichts des Handelsgerichts des Kantons Zürich, da es am erforderlichen Streitwert i.S.v. Art. 6 Abs. 2 lit. b ZPO mangle (act. 11 Rz. 14).

      Die Klägerin führte aus, dass das im Verfahren betr. vorsorgliche Beweisführung mit der Proz.-Nr. HE160456 von der eingesetzten Expertin E. AG erstellte Gutachten die Kosten für die Behebung der im Gutachten beurteilten Mängel auf CHF 132'000.- geschätzt habe. Zudem sei bei der Klägerin aufgrund der mangelhaften Bauten ein Schaden in der Höhe von mindestens CHF 280'000.- in Form von Gutachter-, Beratungs-, Rechtsund Reinigungskosten sowie Mietzinsherabsetzungen etc. entstanden. Der Gesamtschaden der Klägerin im Zusammenhang mit der Erstellung der Überbauung auf der Liegenschaft GB-Blatt 1, Kat.-Nr. 2 liege somit bei über CHF 400'000.-. Angesichts der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach bei einem Auskunftsbegehren nur von einem Bruchteil des vermögenswerten Interesses auszugehen sei, sei ein Streitwert von mindestens CHF 30'000.- gegeben, da die herausverlangten Unterlagen Basis für ein weiteres Vorgehen gegen die am Bau Beteiligten, insbesondere gegen die Beklagte, darstellen würden (act. 1 Rz. 5, 6 und 18).

      Die Beklagte bestreitet den von der Klägerin angegebenen Schaden von über CHF 400'000.- sowie die Streitwertrelevanz dieses Betrags. Beim vorliegenden Rechtsbegehren werde der Streitwert für die Zuständigkeit des Handelsgerichts von CHF 30'000.- nicht überschritten und liege beim Wert der einverlangten Kopien (act. 11 Rz. 11). Ohnehin würden die im Gutachten der E. AG geschätzten (bestrittenen) Kosten nicht zu Lasten der Beklagten gehen, die Klägerin behaupte dies auch mit keinem Wort. Selbst wenn, würde der Streitwert maximal 10% der angeblich (bestrittenen) Mängelbehebungskosten, d.h. CHF 13'200.-, betragen (act. 11 Rz. 14).

      Bei einem Auskunftsbegehren ist von einem Bruchteil des vermögenswerten Interesses auszugehen (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 15. Juli 2014 [5A_695/2013] E. 7.2). In einem Entscheid vom 9. April 2018 erachtete das Bundesgericht einen Bruchteil von einem Drittel als innerhalb der im vorgenannten Bundesgerichtsentscheid [5A_695/2013] abgesteckten Bandbreite von zwischen 10 % und 40 % (4A_542/2017 E. 4.2.2). Die Klägerin bezeichnet als Mängel u.a. die Rissbildung an Wänden und einen Wassereinbruch (act. 1 Rz. 18) und führt aus, dass sie im Wesentlichen gegen die Beklagte vorzugehen gedenke (act. 1 Rz. 6 und Rz. 18). Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, vom in der Verfü- gung vom 16. Mai 2018 vorläufig auf CHF 100'000.- geschätzten Streitwert (1/4 des im Raume stehenden Schadenersatzes), abzuweichen (vgl. act. 4 S. 2).

      Da auch die übrigen Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 2 lit. a (geschäftliche Tätigkeit) sowie lit. c ZPO (Handelsregistereintrag der Beklagten) erfüllt sind, erweist sich das Einzelgericht des Handelsgerichts des Kantons Zürich zur Beurteilung der vorliegenden Streitsache als sachlich zuständig (Art. 6 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 44 lit. b und § 45 lit. d GOG). Auch die örtliche Zuständigkeit ist - was unbestritten blieb (act. 11 Rz. 5) - gegeben (Art. 17 Abs. 1 ZPO).

    2. Rechtsschutzinteresse

      Ein Anspruch auf Rechenschaftsablegung ist mangels Rechtsschutzbedürfnis des Auftraggebers dann zu verneinen, wenn zum vornherein feststeht oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass der Berechtigte trotz der erfolgten Rechenschaftsablegung vom Verpflichteten nichts zu fordern hat (FELLMANN, Berner Kommentar, VI/2/4, 1992, N 84 zu Art. 400 OR). Es wurde bereits ausgeführt, dass die Klägerin die Beklagte im Zusammenhang mit dem Architekturvertrag in Verbindung zu Mängeln am Bauwerk bringt. Überdies bestreitet auch die Beklagte nicht, dass die Klägerin nicht über die geforderten Unterlagen verfügt (vgl. act. 11 Rz. 49) sowie die Beklagte mit der Stifterin einen Werkvertrag über Baumeisterarbeiten abgeschlossen hat (act. 11 Rz. 9), über den sie nach wie vor verfügt (act. 11 Rz. 59). Das Rechtsschutzinteresse an der Herausgabe von Unterlagen ist daher zu bejahen.

    3. Die übrigen Prozessvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass.

  4. Rechtsschutz in klaren Fällen

    Gemäss Art. 257 Abs. 1 ZPO gewährt das Gericht nur dann Rechtsschutz im summarischen Verfahren, wenn der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar (lit. a) und die Rechtslage klar ist (lit. b). Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist auf das Gesuch nicht einzutreten (Art. 257 Abs. 3 ZPO). Die Rechtslage ist klar, wenn sich die Rechtsfolge bei der Anwendung des Gesetzes unter Berücksichtigung der Lehre und Rechtsprechung ohne Weiteres ergibt und damit die Rechtsanwendung zu einem eindeutigen Ergebnis führt (BGE 138 III 123,

    E. 2.1.2, m.w.H.). Bestreitet die beklagte Partei den Sachverhalt, so kann der Rechtsschutz nur gewährt werden, wenn die klagende Partei den Sachverhalt (die anspruchsbegründenden Tatsachen) zu beweisen vermag, und zwar sofort. Sofort beweisbar ist ein Sachverhalt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, wenn er ohne zeitliche Verzögerung und ohne besonderen Aufwand nachgewiesen werden kann (Urteil des Bundesgerichts 5A_768/2012, E. 4.2.1; BGE 138 III 123, E. 2.1.1; BGE 138 III 620, E. 5.1.1). Es muss in Anbetracht der Einwendungen und Einreden der beklagten Partei noch ein liquider Sachverhalt, d.h. ein klarer Fall, vorliegen. Offensichtlich haltlose bzw. offensichtlich unbegründete (blosse Schutz)Behauptungen, über die sofort entschieden werden kann, genügen indessen nicht, um einen klaren Fall auszuschliessen (BGE 138 III 620, E. 5.1.1).

    Auf die Vorbringen der Parteien wird nur eingegangen, soweit sie für die Entscheidfindung wesentlich sind.

  5. Unbestrittener Sachverhalt

    Es ist unbestritten, dass A. sel. mit der Beklagten einen Vertrag für Architekturleistungen (act. 1 Rz. 14; act. 11 Rz. 21 ff.) sowie einen Werkvertrag für Baumeisterarbeiten abschloss (act. 11 Rz. 9), über den die Beklagte nach wie vor verfügt (act. 11 Rz. 59).

  6. Wesentliche Parteistandpunkte

    1. Klägerin

      Die Klägerin führt aus, dass sie von der verstorbenen Stifterin A. sel. (fortan Stifterin) testamentarisch als Alleinund Universalerbin eingesetzt worden sei, wobei sowohl die Liegenschaften C. -Strasse 3 und 4 in D. als auch sämtliche Verträge bezüglich der Erstellung der Liegenschaften an sie übergegangen seien (act. 1 Rz. 15). Gestützt auf den zwischen der Stifterin und der Beklagten abgeschlossenen Architekturvertrag (S. 12, Ziff. 1.3.6) als auch gemäss SIA Norm 102 (Ausgabe 2003, S. 6, Ziff. 1.3.6) stehe ihr ein Anspruch auf Erstellung von Kopien der Arbeitsergebnisse der Beklagten zu (act. 1 Rz. 24 f.). Die Beklagte habe sich vertraglich zur Erstellung der Werkverträge (Beilage 2, Anhang 6, vgl. auch Beilage 9, Ziff. 4.4 und Ziff. 4.5), zur Vornahme der Ausschreibung bzw. Vergabe, worunter auch Ausschreibungsunterlagen wie das Leistungsverzeichnis fallen würden (Beilage 2, Anhang 6, vgl. auch Beilage 9, Ziff. 4.4 und Ziff. 4.5, act. 1 Rz. 28) und der Schlussabrechnung mit Schlussausmass (Beilage 2, Anhang 6, vgl. auch Beilage 9, Ziff. 4.4 und Ziff. 4.5, act. 1 Rz. 29) verpflichtet und sei auch entsprechend honoriert worden, weshalb es sich bei diesen Unterlagen um Arbeitsergebnisse handle (act. 1 Rz. 26). Selbst wenn die Beklagte die Unterlagen an die Stifterin bzw. deren Berater herausgegeben hätte, seien die Unterlagen bei der Klägerin nicht vorhanden (act. 1 Rz. 30 und 37).

    2. Beklagte

      Die Beklagte bestreitet im Wesentlichen die Aktivlegitimation der Klägerin (act. 11 Rz. 23), dass es sich bei den verlangten Unterlagen um Arbeitsergebnisse handle (act. 11 Rz. 41, 43 und 48), sowie dass der Klägerin ein Anspruch auf Erstellung

      von Kopien zustehe (da der Auftrag mit dem Tod des Auftraggebers erlöschen würde [act. 11 Rz. 26] sowie der Werkvertrag bereits der Stifterin bzw. deren Berater übergeben worden sei [act. 11 Rz. 51]).

  7. Rechtliche Würdigung

    1. Aktivlegitimation der Klägerin

      Die Klägerin legt zum Beweis, dass die von der Stifterin mit der Beklagten abgeschlossenen Verträge auf sie übergegangen sind, die Erbbescheinigung vom

      25. Mai 2012 sowie den Grundbuchauszug C. -Strasse 3 und 4, D. ins Recht (act. 1 Rz. 15; act. 3/7+8). Die Beklagte sieht eine unklare Rechtslage darin, dass unsicher sei, ob erbrechtliche Klagen erhoben worden seien (act. 11 Rz. 36). Die Beklagte bestreitet folglich nicht, dass die Klägerin Universalsukzessorin der Stifterin ist; vielmehr setzt sie dem eine rechtshindernde Tatsache entgegen, für die sie die Beweislast trägt. Da sie weder substantiierte Behauptungen aufstellt, noch irgendwelche Beweismittel anruft, misslingt ihr dieser Beweis sofort. Folglich ist erstellt, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Stifterin in den Architekturvertrag eingetreten ist.

    2. Schriftlicher Werkvertrag betreffend Baumeisterarbeiten

      Gemäss Architekturvertrag ist die Auftraggeberin (bzw. die jeweilige Rechtsnachfolgerin, vgl. oben) verpflichtet, auf Verlangen jederzeit über ihre Geschäftsfüh- rung Rechenschaft abzulegen und alle Unterlagen herauszugeben, zu deren Erstellung sie sich im Rahmen der vereinbarten Honorierung verpflichtet hat (Ziff. 1.3.6 des Anhangs, S. 12 [act. 3/2]). Zudem haben die Parteien unstrittig die SIA Norm 102 für anwendbar erklärt (act. 3/2 S. 2), worin unter Ziff. 1.6.3 der Auftraggeber (bzw. die jeweilige Rechtsnachfolgerin, vgl. oben) berechtigt erklärt wird, von den Arbeitsergebnissen, zu deren Herstellung sich der Architekt verpflichtet hat, unter entsprechendem Ersatz der Auslagen, Kopien erstellen zu lassen (act. 1 Rz. 25; act. 3/9 S. 7, Ziff. 1.6.3).

      Gemäss Architekturvertrag hat sich die Beklagte zur Erstellung von Werkverträ- gen verpflichtet (act. 1 Rz. 26; act. 3/2 Anhang 6 unter Werkverträge). Nicht entscheidend (vgl. act. 14 Rz. 38) ist aufgrund der vertraglichen Bestimmung somit, ob in SIA 102 eine Unterscheidung in Bezug auf besondere juristische oder wirtschaftliche Kenntnisse gemacht wird. Da unstrittig tatsächlich ein Werkvertrag betreffend Baumeisterarbeiten zwischen der Stifterin und der Beklagten abgeschlossen worden ist, handelt es sich bei diesem Werkvertrag um ein Arbeitsergebnis der Beklagten.

    3. Ausschreibungsunterlagen inkl. Leistungsverzeichnis und Schlussabrechnung inkl. Schlussausmass

      Aus den vertraglichen Bestimmungen ergibt sich keine klare Verpflichtung der Beklagten zur Erstellung eines Leistungsverzeichnisses und eines Schlussausmasses, weshalb der Sachverhalt nicht sofort beweisbar ist und es an der klaren Rechtslage fehlt. Im Vertrag findet sich zwar eine Honorierung für Ausschreibung und Schlussabrechnung (act. 3/2 Anhang 6; auch act. 14 Rz. 10; act. 12/2) und es mag sich bei Ausschreibungsunterlagen grundsätzlich um Arbeitsergebnisse der Beklagten handeln. Da die Beklagte aber implizit bestreitet, dass solche Ausschreibungsunterlagen betr. Baumeisterarbeiten existieren (act. 11 Rz. 44), ist weder der Sachverhalt sofort beweisbar noch liegt diesbezüglich eine klare Rechtslage vor. Gleiches gilt für die Schlussabrechnung: Die Beklagte bestreitet, dass es sich bei der Schlussabrechnung betr. Baumeisterarbeiten um ein der Klägerin geschuldetes Arbeitsergebnis handelt, vielmehr sei dies ein Papier von ihr als Unternehmerin. Die Klägerin vermag nicht sofort zu beweisen, dass es sich bei der Schlussabrechnung betr. Baumeisterarbeiten um ein Arbeitspapier der Beklagten im Rahmen des Architekturvertrags handelt. Folglich kann nicht von einer klaren Rechtslage in Bezug auf die Schlussabrechnung gesprochen werden. Entsprechend ist auf die Begehren betr. Kopien von Ausschreibungsunterlagen inkl. Leistungsverzeichnis Submission und Schlussabrechnung inkl. Schlussausmass nicht einzutreten.

    4. Anspruch auf Erstellung von Kopien

Es wurde bereits ausgeführt, dass der Klägerin ein vertraglicher Anspruch auf Erstellung einer Kopie des Werkvertrags gegen Ersatz der Kosten gegenüber der

Beklagten zusteht. Selbst wenn Auftragsrecht zur Anwendung gelangen würde, so würde der Anspruch auf Rechenschaftsablegung den Tod der Auftraggeberin überdauern (Kuko OR - JEAN-MARC SCHALLER, N 4 zu Art. 405 OR; FELLMANN,

Berner Kommentar, VI/2/4, 1992, N 103 ff. zu Art. 400 OR). Die Beklagte wendet ein, dass sie ihrer Verpflichtung bereits nachgekommen sei, denn der Stifterin bzw. deren Berater F. sei der Werkvertrag betr. Baumeisterarbeiten seinerzeit übergeben worden (act. 11 Rz. 60). Selbst wenn die Stifterin über diesen Werkvertrag verfügt hätte - wovon im vorliegenden Verfahren auszugehen ist, da die Klägerin das Gegenteil nicht sofort beweisen kann - steht dies einem Anspruch auf Erstellung von Kopien nicht entgegen. Die Klägerin verfügt unstrittig nicht über den Werkvertrag, die Beklagte hingegen schon. Die Beklagte hat nach klarer Rechtslage im Rahmen der Rechenschaftspflicht auf deren Kosten Kopien des Werkvertrags anzufertigen. Es würde Treu und Glauben widersprechen, wenn die Beklagte der Klägerin nicht auf deren Kosten Kopien des Werkvertrags übergeben müsste (vgl. auch Urteil des Handelsgericht des Kantons Zürich vom

15. Mai 2014 [ZR 114/2015 S. 154-160 E. 4.6.2]. Die Beklagte ist daher zu verpflichten, der Klägerin innert 10 Tagen eine Kopie des Werkvertrags betr. Baumeisterarbeiten zu übergeben.

Die Klägerin beantragt die Erfüllung der Verpflichtung innert zehn Tagen seit Rechtskraft (act. 1 S. 2). Das Gericht darf einer Partei nicht mehr und nichts anderes zusprechen, als sie verlangt, und nicht weniger, als die Gegenpartei anerkannt hat (Art. 58 Abs. 1 ZPO). Die Dispositionsmaxime verbietet dem urteilenden Gericht allerdings nicht, den eigentlichen Sinn des Rechtsbegehrens durch Auslegung zu ermitteln und dessen Zulässigkeit danach und nicht nach dem unzutreffenden Wortlaut zu beurteilen (S UTTER-SOMM/SEILER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 2016, Art. 58 Rz. 10; Entscheid

des Bundesgerichts vom 20. März 2013 [5A_621/2012] E. 4; auch BGE 140 III 159 E. 4.4). Die Frage, wann das vorliegende Urteil rechtskräftig wird, ist umstritten. In der Praxis steht denn in der Regel im Vordergrund, ob ein Entscheid sofort vollstreckt werden kann oder nicht. Es kann aber - wie das Begehren der Klägerin zeigt - auch die formelle Rechtskraft von Interesse sein. Das Bundesgericht hat sich in Bezug auf die Berufung nach ZPO auf den Standpunkt gestellt, dass die

formelle Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils nicht schon mit der Ausfällung bzw. Zustellung des erstinstanzlichen Entscheides eintrete (BGE 139 III E. 3 mit weiteren Hinweisen). In einem jüngst ergangenen Entscheid hat das Bundesgericht aber festgehalten, Urteile des Handelsgerichts würden - sofern es sich um Leistungsurteile handle - mit ihrer Ausfällung in Rechtskraft erwachsen. Freilich könne das Bundesgericht die Rechtskraft und die Vollstreckbarkeit eines kantonalen Leistungsurteils auf Gesuch hin aufschieben. Solange dies nicht geschehen sei, bleibe das kantonale Urteil rechtskräftig und vollstreckbar (BGE 142 III 738

E. 5.5.4). Die vorstehende Situation zeigt, dass ein Antrag mit fristauslösender Wirkung ab Rechtskraft des Entscheids zu schwierigen Abgrenzungsproblemen führen kann. Die Klägerin hat mit ihrem Rechtsbegehren wohl auch nicht die Rechtskraft, sondern den unbenutzten Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. die Nichtgewährung der aufschiebenden Wirkung gemeint. Dementsprechend ist die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin innert 10 Tagen nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. der Nichtgewährung der aufschiebenden Wirkung eine Kopie des Werkvertrags zu übergeben.

  1. Vollstreckungsmassnahmen

    Die Klägerin beantragt zudem Vollstreckungsmassnahmen. Zur Durchsetzung der anzuordnenden Verpflichtung erscheint vorliegend die Androhung der Bestrafung der verantwortlichen Organe der Beklagten mit Busse bis CHF 10'000.- nach Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung ausreichend und zweckmässig.

  2. Kostenund Entschädigungsfolgen

Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts (Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem tatsächlichen Streitinteresse (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Vorliegend ist wie dargelegt von einem Streitwert in der Höhe von CHF 100'000.- auszugehen. In Anwendung von § 4 Abs. 1 i.V.m. 8 Abs. 1 GebV OG ist die Gerichtsgebühr auf rund CHF 6'600.- festzusetzen. Hat keine der Parteien vollständig obsiegt, sind die Prozesskosten nach dem Ausgang des Verfahrens zu verteilen (Art. 106 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO). Die Klägerin obsiegt

teilweise (Ziff. 1), weshalb es sich rechtfertigt, die Gerichtskosten den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen. Die Parteientschädigungen sind wettzuschlagen.

Der Einzelrichter erkennt:
  1. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin innert 10 Tagen seit unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. der Nichtgewährung der aufschiebenden Wirkung gegen Ersatz der dadurch anfallenden Kosten eine Kopie des schriftlichen Werkvertrags betr. die Baumeisterarbeiten (Werkvertrag 21101 BKP 211 Baumeisterarbeiten) betr. Überbauung auf der Liegenschaft GBBlatt 1, Kat.-Nr. 2, C. -Strasse Haus Nr. 3 und Nr. 4 in D. , zu übergeben, dies unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe nach Art. 292 StGB (Busse bis CHF 10'000.-) im Widerhandlungsfall.

  2. Im Übrigen wird auf das Gesuch der Klägerin nicht eingetreten.

  3. Die Gerichtskosten werden auf CHF 6'600.- festgesetzt und den Parteien je zur Hälfte auferlegt.

  4. Die Gerichtskosten werden aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss bezogen. Der Klägerin wird für den der Beklagten auferlegten Anteil der Gerichtskosten von CHF 3'300 das Rücktriffsrecht auf die Beklagte eingeräumt.

  5. Die Parteientschädigungen werden wettgeschlagen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien.

  7. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 100'000.-.

Zürich, 7. August 2018

Handelsgericht des Kantons Zürich Einzelgericht

Die Gerichtsschreiberin:

Adrienne Hennemann

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