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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HE170202
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HE170202 vom 09.10.2017 (ZH)
Datum:09.10.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Einberufung einer Generalversammlung
Schlagwörter : Generalversamml; Generalversammlung; Beklagten; Aktionär; Erufung; Einberufung; Notar; Recht; Aktie; Aktien; Inhaber; Inhaberaktien; Urteil; Verwaltungsrat; Einberufungs; Frist; Einzuberufen; Gericht; Notariat; Traktanden; Notariats; Streitwert; Protokoll; [Adresse]; Besitz; Aktionärs; Klage; Ordentliche; Ausserordentlichen; Notariatskreises
Rechtsnorm: Art. 105 ZPO ; Art. 106 ZPO ; Art. 2 ZGB ; Art. 229 ZPO ; Art. 236 ZPO ; Art. 257 ZPO ; Art. 343 ZPO ; Art. 689a OR ; Art. 697m OR ; Art. 699 OR ; Art. 91 ZPO ; Art. 96 ZPO ;
Referenz BGE:102 Ia 209; 132 III 555; 140 III 610; 142 III 16;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Einzelgericht

Geschäfts-Nr.: HE170202-O U/jo

Mitwirkend: der Oberrichter Dr. Johann Zürcher sowie der Gerichtsschreiber Dr. Giulio Donati

Urteil vom 9. Oktober 2017

in Sachen

  1. ,

    Kläger

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X._

    gegen

  2. AG in Liquidation,

    Beklagte

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y1. vertreten durch Rechtsanwalt MLaw Y2.

    betreffend Einberufung einer Generalversammlung

    Rechtsbegehren:

    (act. 1 S. 2 f.; act. 12 Rz. 43)

    1. Es sei für die Beklagte eine ausserordentliche Generalversammlung einzuberufen mit den Traktanden und Beschlussanträgen:

    • Traktandum 1: Protokoll der ausserordentlichen Generalversammlung vom 10. Oktober 2016

      Beschlussantrag: Der Kläger beantragt der ausserordentlichen Generalversammlung, das Protokoll abzulehnen.

    • Traktandum 2: Liquidationsbeschluss vom 10. Oktober 2016 Beschlussantrag: Der Liquidationsbeschluss ist aufzuheben,

      eventualiter ist die Nichtigkeit des Beschlusses festzustellen und

      vom Verwaltungsrat im Handelsregister entsprechend einzutragen.

    • Traktandum 3: Wahl des Verwaltungsrates

      Beschlussantrag: Der Kläger beantragt der ausserordentlichen Generalversammlung, A. in den Verwaltungsrat zu wählen. C. ist als Verwaltungsrat und Liquidator abzuwählen.

    • Traktandum 4: Diverse Auskunftsund Einsichtsbegehren

  1. Als Vollstreckungsmassname gemäss Art. 236 Abs. 3 ZPO i.V.m.

    Art. 343 ZPO sei der Notar des Notariatskreises D. zu beauftragen, innert 5 Tagen ab Urteilsdatum die ausserordentliche

    Generalversammlung per eingeschriebenen Brief an die folgenden Aktionäre einzuberufen:

    • A. , ... [Adresse],

    • E. Group Holding AG, ... [Adresse].

      Unter Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt und Angabe von Ort und Zeit. Als Datum für die Generalversammlung ist ein Termin anzusetzen, der frühestens 22 Tage nach dem Versand der Einladung und spätestens 30 Tage nach dem Versand der Einladung stattfindet. Als Ort sei das Amtslokal des Notariats D. , ... [Adresse] zu bezeichnen.

      Der Notar des Notariatskreises D. sei mit der Durchführung und Protokollierung der Generalversammlung zu beauftragen.

  2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.

Der Einz elrichter z ieht in Erwägung:
  1. Einleitung und Sachverha lt

    1. Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in ... im Kanton Zürich. Ihr Aktienkapital in Höhe von CHF 100'000.00 besteht aus 100 Inhaberaktien mit Nennwert CHF 1'000.00 (act. 3/1). Der Kläger ist eine natürliche Person und bringt vor, er sei im Besitz bzw. Eigentümer von 10 Inhaberaktien der Beklagten, mithin halte er 10 % des Aktienkapitals (act. 1 Rz. 9, Rz. 14).

    2. Mit Schreiben vom 3. Mai 2017 forderte der Kläger - unter Angabe von Traktanden und Beschlussanträgen - den Präsidenten des Verwaltungsrats der Beklagten, C. , auf, bis spätestens 3. Juni 2017 eine ausserordentliche Generalversammlung einzuberufen (act. 1 Rz. 11; act. 3/2). Mit Schreiben vom

18. Mai 2017 lehnte die Beklagte die Einberufung einer ausserordentlichen Generalversammlung ab (act. 1 Rz. 12; act. 8/3).

  1. Prozessgeschichte

    Mit Eingabe vom 16. Juni 2017 (Datum Poststempel) reichte der Kläger seine Klage samt Beilagen mit den obgenannten Begehren ein (act. 1; act. 3/1-12). Mit Verfügung vom 19. Juni 2017 wurde dem Kläger die Leistung eines Vorschusses für die Gerichtskosten in der Höhe von CHF 6'600.00 auferlegt und der Beklagten Frist zur Einreichung ihrer Stellungnahme angesetzt (act. 4). Den Kostenvorschuss leistete der Kläger fristgemäss (act. 6). Mit Eingabe vom 13. Juli 2017 (Datum Poststempel) erstattete die Beklagte ihre Stellungnahme samt Beilagen (act. 7; act. 9/2-5). Mit Verfügung vom 17. Juli 2017 wurde dem Kläger Frist angesetzt, um zur Eingabe der Beklagten Stellung zu nehmen (act. 10). Der Kläger nahm mit Eingabe vom 14. August 2017 (Datum Poststempel) innert Frist Stellung (act. 12; act. 13/1-5). Mit Verfügung vom 16. August 2017 wurde der Beklagten Frist angesetzt, um sich zur Stellungnahme des Klägers zu äussern, unter Hinweis, dass danach der Fall in Bearbeitung gehen werde (act. 14). Die Beklagte nahm mit Eingabe vom 25. September 2017 (Datum Poststempel) innert erstreckter Frist (act. 16) Stellung (act. 18). Der Fall ist spruchreif.

  2. Streitwert und Zuständigkeit

    1. Die Beklagte bestritt zunächst die sachliche Zuständigkeit des hiesigen Gerichts, da kein zuständigkeitsbegründender Streitwert vorliege (act. 7 Rz. II. 3 und Rz. III 1). In ihrer zweiten Eingabe schliesst sich die Beklagte nunmehr der klägerischen Streitwertangabe an und beziffert den Streitwert ebenfalls auf

      CHF 100'000.00 (act. 18 Rz. III 1). Damit liegt eine übereinstimmende Streitwertangabe der Parteien vor, die sodann nicht offensichtlich unrichtig ist (Art. 91 Abs. 2 ZPO). Der Streitwert beträgt demnach CHF 100'000.00.

    2. Das Einzelgericht des Handelsgerichts des Kantons Zürich ist für die vorliegende Klage sachlich und örtlich zuständig (Art. 10 Abs. 1 lit. b ZPO; Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO sowie § 44 lit. b i.V.m. § 45 lit. c GOG. Es gilt das summarische Verfahren (Art. 250 lit. c Ziff. 9 ZPO).

  3. Voraussetzung en des Einb erufung srechts

    1. Ein Aktionär, der mindestens den zehnten Teil des Aktienkapitals vertritt, kann schriftlich unter Angabe des Zweckes die Einberufung einer Generalversammlung verlangen (Art. 699 Abs. 3 OR). Entspricht der Verwaltungsrat diesem Begehren nicht innert angemessener Frist, so hat der Richter auf Antrag des Gesuchstellers die Einberufung anzuordnen (Art. 699 Abs. 4 OR). Der Richter hat bei der Beurteilung der Klage lediglich zu prüfen, ob der Antragsteller Aktionär ist, ob die formellen Voraussetzungen von Art. 699 Abs. 3 Satz 1 OR erfüllt sind und tatsächlich ein Begehren an den Verwaltungsrat gestellt wurde, dem innert angemessener Frist nicht entsprochen wurde (Urteil des Bundesgerichts 4A_605/2014 vom 5. Februar 2015, E. 2.1.2; D UBS/TRUFFER, in: Basler Kommentar zum Obligationenrecht, Band II, 5. Auflage 2016, N 16 zu Art. 699 OR m.w.H.).

    2. Weil das Eingriffsrecht des Richters rein formaler Natur ist, hat der Richter den Anträgen zu entsprechen, wenn die genannten formellen Voraussetzungen erstellt sind. Der Einberufungsrichter unterzieht das Einberufungsund Traktandierungsbegehren keiner materiellen Prüfung. Denn bei der richterlichen Einberufung gestützt auf Art. 699 Abs. 4 OR handelt es sich um eine rein formelle Mass-

      nahme, die inhaltlich weder die Generalversammlung noch den Richter bindet, der über die Anfechtung von Beschlüssen entscheidet, die an der auf richterliche Anordnung hin einberufenen Versammlung gefasst worden sind. Der Einberufungsrichter hat daher bei einem Einberufungsgesuch auch nicht zu beurteilen, ob die an der Generalversammlung zu fassenden Beschlüsse gültig sein werden; diese Fragen sind vielmehr erst im Rahmen einer allfälligen Anfechtungsoder Nichtigkeitsklage (Art. 706 ff. OR) gegen die gefassten Beschlüsse zu prüfen (BGE 142 III 16, S. 20 f. E. 3.1).

    3. Zu beachten ist bei der Ausübung des Einberufungsund Traktandierungsrechts stets das Rechtsmissbrauchsverbot nach Art. 2 Abs. 2 ZGB: Der offenbare Missbrauch des Einberufungsrechts findet keinen Rechtsschutz. Der Einberufungsrichter hat mithin einem Einberufungsund Traktandierungsbegehren nicht stattzugeben, wenn sich dieses als offensichtlich missbräuchlich oder schikanös herausstellt (BGE 142 III 16, S. 20 f. E. 3.1).

    4. Vorweg kann bereits festgehalten werden, dass der Kläger mit Schreiben vom 3. Mai 2017 dem Verwaltungsrat der Beklagten ein Einberufungsbegehren stellte (act. 3/2). Der Verwaltungsrat der Beklagten weigerte sich in der Folge, dem Einberufungsbegehren zu entsprechen (act. 3/3). Die Beklagte macht zwar geltend, dass das an sie gerichtete klägerische Einberufungsbegehren unklar und ungenügend formuliert gewesen sei (act. 7 Rz. 2.4). Die von ihr in der Folge vorgetragenen Argumente vermögen jedoch nicht zu überzeugen, zumal die Beklagte in ihrem Schreiben vom 18. Mai 2017 an den Kläger einzig ausführte, die Einberufung einer Generalversammlung werde darum abgelehnt, weil gegen den Kläger ein Strafverfahren im Zusammenhang mit den zehn Inhaberaktien laufe (act. 8/3). Beispielsweise wirft die Beklagte dem Kläger vor, dieser habe die Aufhebung des Liquidationsbeschlusses beantragt und eventualiter die Nichtigkeit des Liquidationsbeschlusses. Damit sei, so die Beklagte, unklar, was zur Abstimmung gelangen solle (act. 7 Rz. 2.4.2 S. 9). Eine Unklarheit in Bezug auf den Abstimmungsgegenstand bestand aber nicht, war doch die Reihenfolge der Traktanden klar. Auch schadet es dem Kläger nicht, wenn die im Schreiben vom 3. Mai 2017 festgehaltenen Traktanden teilweise nicht mit den vorliegenden Traktandie-

      rungsbegehren übereinstimmen (vgl. act. 7 Rz. 2.4.2 und Rz. 2.4.3). Voraussetzung ist, dass für die Beklagte ersichtlich war, dass der Kläger eine ausserordentliche Generalversammlung mit mindestens einem Traktandum einberufen wollte, was unstrittig der Fall war.

    5. Nachfolgend ist die Klage - unter Beachtung des Rechtsmissbrauchsverbots - somit nur noch darauf hin zu prüfen, ob der Kläger Aktionär der Beklagten ist und die 10 %-Prozenthürde im Sinne von Art. 699 Abs. 3 OR erreicht ist.

  4. Aktivlegitimation und 10 %-Prozenthürde

    1. Ausgangslage

      1. Der Kläger macht geltend, er halte 10 % der Aktien der Beklagten (act. 1 Rz. 9).

      2. Die Beklagte bringt dagegen vor, die Rechtmässigkeit des Aktienbesitzes des Klägers sei strittig und auch Gegenstand eines Strafverfahrens (act. 7

Rz. 2.2.3). Der Kläger habe zudem anlässlich der Zugangskontrolle zur ausserordentlichen Generalversammlung der Beklagten am 10. Oktober 2016 die Aktie Nr. 67 seinem Rechtsvertreter geschenkt, weshalb er nicht mehr über 10 % des Aktienkapitals der Beklagten besitze (act. 7 Rz. 2.3; act. 18 Rz. 2.4). Auch habe der Kläger - obwohl er angeblich Aktionär sei - nie Dividenden bezogen, obwohl solche ausgeschüttet worden seien (act. 7 Rz. 2.2.3; act. 18 Rz. 2.8).

    1. Rechtliches

      Das Einberufungsrecht gemäss Art. 699 Abs. 3 OR stellt ein Aktionärsrecht dar. Es steht mithin den Aktionären einer Aktiengesellschaft zu, solange ihre Mitwirkungsrechte, die aus der Aktionärseigenschaft fliessen, nicht ruhen. Die Mitwirkungsrechte aus Inhaberaktien kann ausüben, wer sich als Besitzer ausweist, indem er die Aktien vorlegt (formelle Berechtigung des Aktionärs gegenüber der Aktiengesellschaft, Art. 689a Abs. 2 OR). Es gilt die Vermutung, dass wer formell berechtigt ist, auch materiell berechtigt ist, und demnach die aktienrechtlichen Mitwirkungsrechte geltend machen kann. Massgebend ist die materielle Legitimation.

      Ein Aktionär kann insbesondere aufzeigen, dass ihm die Aktionärsrechte zustehen, auch wenn er die Voraussetzungen von Art. 689a OR nicht erfüllt (Urteile des Bundesgerichts 4A_507/2014 und 4D_73/2014 vom 15. April 2015, E. 5.3). Will ein Aktionär sein Einberufungsrecht gestützt auf Art. 699 Abs. 4 durchsetzen, obliegt es ihm, seine Aktionärsstellung glaubhaft zu machen (BGE 102 Ia 209, S. 210, E. 2; Urteile des Bundesgerichts 4A_507/2014 und 4D_73/2014 vom

      15. April 2015, E. 5.6). Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache schon dann, wenn für deren Vorhandensein gewisse Elemente sprechen, selbst wenn das Gericht noch mit der Möglichkeit rechnet, dass sie sich nicht verwirklicht haben könnte (BGE 140 III 610, S. 613 E. 4.1).

    2. Würdigung

      1. Der Kläger legt dem Gericht die von ihm angeblich gehaltenen Inhaberaktien weder im Original noch in Kopie vor. Eine formelle Legitimation im Sinne von Art. 689a Abs. 2 OR ist demnach nicht dargetan. Dem Kläger ist es jedoch unbenommen, seine materielle Legitimation glaubhaft zu machen, die gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung, wie dargelegt, entscheidend ist. Auch die materielle Legitimation kann letztlich gestützt auf den Besitz der Inhaberaktien begrün- det werden. Der Kläger stützt sich zur Glaubhaftmachung seiner materiellen Legitimation auf zwei Vorbringen:

        1. Der vom Kläger erstmals mit seiner Stellungnahme eingereichte Depotauszug, aus dem hervorgeht, dass er Depotinhaber ist und sich im Depot zehn Inhaberaktien der Beklagten befinden, muss jedoch unberücksichtigt bleiben. Im Summarverfahren tritt der Aktenschluss nach dem ersten Schriftenwechsel ein (L EUENBERGER, in: Zürcher Kommentar zur ZPO, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2016, N 17 zu Art. 229 ZPO; SUTTER-SOMM/LÖTSCHER, in: Zürcher Kommentar zur ZPO, a.a.O., N 20 zu Art. 257 ZPO; PAHUD, in: DIKE-Kommentar zur ZPO, Aufl. 2, Zü- rich/St. Gallen 2016, N 27 zu Art. 229 ZPO). Beim eingereichten Depotauszug handelt es sich um ein Novum. Es obliegt dem Kläger aufzuzeigen, dass die Voraussetzungen für eine zulässige Noveneingabe erfüllt sind. Zwar datiert der Depotauszug vom 14. August 2017, mithin nach dem ersten Schriftenwechsel, doch hätte der Kläger aufzeigen müssen, wann die darin beurkundete Tatsache entstand. Der Kläger hat dies jedoch unterlassen. Nur nebenbei sei bemerkt, dass sich die zehn Inhaberaktien gemäss Depotauszug im Tresor der Anwaltskanzlei F. befinden, mithin im Tresor der Kanzlei des klägerischen Rechtsvertreters. Dem Depotauszug kommt daher - wie die Beklagte zu Recht vorbringt (act. 18 Rz. 2.5) - nur ein geringer Informationsgehalt zu, stammt der Auszug

          doch nicht von einer unbeteiligten Drittperson und stellt er gleichsam eine blosse

          Parteibehauptung dar.

        2. Weiter bringt der Kläger zur Glaubhaftmachung seiner materiellen Berechtigung vor, dass aus einem Entscheid des Bezirksgerichts Uster hervorgehe, dass er tatsächlich zehn Inhaberaktien der Beklagten besitze (act. 1 Rz. 17 und Rz. 20). In Ziffer 3 der Verfügung vom 6. April 2017 wird festgehalten, dass die Inhaberaktien Nr. 67-72 und Nr. 77-80 dem Hinterleger (Kläger im vorliegenden Verfahren) ausgehändigt werden (act. 3/8). Der Verfügung ist sodann zu entnehmen, dass der Kläger im Verfahren erklärte, er sei der rechtmässige Inhaber und Eigentümer der Inhaberaktien (act. 1 Rz. 17; act. 3/8 E. 1.4). Auch lief die vom Bezirksgericht Uster der damaligen Gesuchstellerin angesetzte Frist zur Erhebung der Klage auf Herausgabe der Inhaberaktien unbenutzt ab (act. 1 Rz. 18 f.; act. 8/3 E. 1.5). Insofern spricht einiges dafür und ist glaubhaft dargetan, dass sich die Inhaberaktien im Besitz des Klägers befinden und dieser Aktionär der Beklagten ist. Die Beklagte bringt jedenfalls nichts vor, was einen anderen Schluss zuliesse.

      1. Die Beklagte behauptet zwar, der Kläger habe die Aktien bloss treuhänderisch gehalten (act. 18 Rz. 2.1), legt diesbezüglich aber keine Urkunden ins Recht, die eine treuhänderische Übertragung aufzeigen würden. Ohnehin führt fiduziarisches Halten von Aktien nicht per se dazu, dass die mit den treuhänderisch übertragenen Aktien zusammenhängenden Rechte ruhen (vgl. PÖSCHEL, in: Basler Kommentar zum Obligationenrecht, Band II, a.a.O., N 37 zu Art. 689). Dass gegen den Kläger eine Strafanzeige wegen Veruntreuung erstattet worden ist (act. 7 Rz. 2.2.3), reicht ebenso wenig nicht aus, um die Rechtmässigkeit seiner Aktionärsstellung rechtsgenüglich zu verneinen, zumal der Kläger diese nur glaubhaft machen muss. Immerhin bestreitet die Beklagte damit streng genommen nicht, dass sich die Aktien tatsächlich im Besitz des Klägers befinden, sondern einzig, dass sie sich rechtmässig in dessen Besitz befänden. Es gelingt ihr freilich nicht, die behauptete Unrechtmässigkeit aufzuzeigen. Auch genügt es nicht, wenn die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, der Kläger sei Aktionär und im Besitz der Inhaberaktien (act. 7 Rz. 2.2.1 und Rz. 3 zu II Rn 9). Ebenso wenig kann daraus, dass der Kläger angeblich nie Dividenden bezog, etwas hinsichtlich seiner Aktionärseigenschaft abgeleitet werden.

      2. Daraus, dass der Kläger nicht im Aktionärsverzeichnis der Beklagten eingetragen ist (act. 7 Rz. 2.2.2), vermag die Beklagte nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. Die Beklagte behauptet zwar, der Kläger sei seiner Meldepflicht im Sinne von Art. 697i ff. OR nicht korrekt nachgekommen und folgert daraus wohl sinngemäss, dass die Mitgliedschaftsrechte des Klägers ruhen würden. Die Meldung des Klä- gers ist freilich aktenkundig und die Beklagte anerkennt, dass sie erfolgte. Die Beklagte zeigt nirgends auf, dass sie dem Kläger mitgeteilt habe, sie halte dessen Meldung für ungenügend. Dies wäre jedoch schon allein aufgrund von Treu und Glauben nötig gewesen. Unzutreffend ist die beklagtische Ansicht, die Mitgliedschaftsrechte würden ruhen, solange der Aktionär nicht im Aktionärsverzeichnis eingetragen sei (act. 7 Rz. 2.2.2), haltet doch Art. 697m Abs. 1 OR lediglich fest, die Mitgliedschaftsrechte würden ruhen, solange der Aktionär seinen Meldepflichten nicht nachgekommen sei.

      3. Die Beklagte bestreitet sodann, dass der Kläger - selbst wenn man von einem rechtmässigen Besitz der Aktien ausgehen würde - 10 % des Aktienkapitals halte, weil er eine der zehn Inhaberaktien seinem Rechtsvertreter geschenkt habe. Eine Rückübertragung der angeblich geschenkten Aktie behaupte der Kläger nicht (act. 7 Rz. 2.3). Der Kläger bestreitet die Schenkung (act. 12 Rz. 37). Die angebliche Schenkung ist nach Darstellung der Beklagten am 10. Oktober 2016 erfolgt. Wie sich das Aktionariat der Beklagten jedoch am 10. Oktober 2016 zusammensetzte, ist für das Einberufungsverfahren - welches frühestens mit der Aufforderung vom 3. Mai 2017 (act. 3/2) des Klägers an den Verwaltungsrat der Beklagten, eine Generalversammlung einzuberufen, begann - irrelevant. Das beklagtische Vorbringen ist daher unbehelflich.

      4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Kläger glaubhaft darlegt, dass sich zehn Inhaberaktien - und somit 10 % des Aktienkapitals - der Beklagten in seinem Besitz befinden und er Aktionär der Beklagten ist. Die Frage, ob der Klä- ger auch rechtmässiger Eigentümer der Aktien ist, ist im vorliegenden Verfahren indes nicht abschliessend zu beurteilen (vgl. Urteil des Obergerichts vom

20. Januar 1988, in: ZR 87/1988, S. 225).

  1. Zusammenfassung

    Die formellen Voraussetzungen gemäss Art. 699 OR sind erfüllt. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Begehren und Beschlussanträge, die der Kläger anlässlich der einzuberufenden Generalversammlung stellt, rechtsmissbräuchlich oder gar schikanös wären. Die Beklagte macht auch nichts dergleichen geltend. Eine inhaltliche Prüfung hat, wie erwähnt, nicht zu erfolgen. Die Klage ist demnach gutzuheissen und die Beklagte hat eine Generalversammlung mit den Traktanden und Beschlussanträgen gemäss Ziffer 1 des klägerischen Rechtsbegehrens einzuberufen.

  2. Vollstreckungsmassnahme n

    1. Ausgangslage

      Der Kläger beantragt, der Notar des Notariatskreises D. sei zu beauftragen, innert 5 Tagen ab Urteilsdatum die ausserordentliche Generalversammlung per eingeschriebenen Brief an die Aktionäre einzuberufen. Weiter sei der Notar mit der Durchführung und Protokollierung der Generalversammlung zu beauftragen (Rechtsbegehren Ziffer 2, act. 1 S. 2 f.).

    2. Rechtliches

      1. Auf Antrag der obsiegenden Partei ordnet das Gericht Vollstreckungsmassnahmen an (Art. 236 Abs. 3 ZPO). Nicht erforderlich ist, dass vor der Anordnung einer Vollstreckungsmassnahme deren Androhung und eine Fristansetzung zur Erfüllung erfolgen muss. Im Einzelfall kann der Grundsatz der Verhältnismässig-

        keit die Ansetzung einer kurzen Frist zum freiwilligen Vollzug gebieten (Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich, HE150080 vom 27. Mai 2015, E. 8.2.1).

      2. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann das Gericht nicht nur den Verwaltungsrat anweisen, eine Generalversammlung einzuberufen, sondern die Generalversammlung - insbesondere wenn Gefahr in Verzug ist - selbst einberufen (BGE 132 III 555, S. 562 f. E. 3.4.3.2). Das Gericht kann die Einberufung und Durchführung der Generalversammlung mit den geforderten Traktanden aber auch durch einen Dritten, z.B. durch den örtlich zuständigen Notar anordnen ( VON DER CRONE/KESSLER, Die Leitung der Generalversammlung, SZW 2004, S. 2 ff.

        S. 6).

    3. Würdigung

      Vorliegend hat die Beklagte angezeigt, dass sie bei Gutheissung der Klage dem Urteil nachkommen werde (act. 18 Rz. 3.1). Dem steht das Interesse des obsiegenden Klägers gegenüber, dass baldmöglichst eine Generalversammlung mit den gestellten Traktanden einberufen wird. In Nachachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips rechtfertigt es sich, der Beklagten eine Frist einzuräumen, innert welcher sie dem Urteil freiwillig entsprechen kann. Im Unterlassungsfall sind jedoch die beantragten Vollstreckungsmassnahmen bereits jetzt vorzusehen (vgl. auch VON DER CRONE/KESSLER, a.a.O., S. 6). Die Delegation der Einberufung einer Generalversammlung an einen Dritten beinhaltet, wie bereits ausgeführt, auch deren Durchführung. Dazu gehört auch die Führung des Protokolls, weshalb der zuständige Notar - sollte die Beklagte dem Urteil nicht nachkommen - auch damit zu beauftragen ist (Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich, HE150080 vom 27. Mai 2015, E. 8.3.1).

    4. Fazit

      1. Insgesamt erscheint eine Frist - unter Berücksichtigung der geringen Anzahl Aktionäre der Beklagten - von 10 Tagen ab Urteilsdatum angemessen. Innert dieser Frist hat die Beklagte die Einladung zur Generalversammlung an die

        Aktionäre zu versenden und die übrigen Formalitäten der einzuberufenden Generalversammlung bekanntzugeben.

      2. Für den Fall, dass die Beklagte innert 10 Tagen ab Urteilsdatum die Generalversammlung nicht einberufen hat, ist der Notar des Notariatskreises D. zu beauftragen, spätestens innert 10 Tagen ab Anzeige durch den Kläger der beklagtischen Säumnis die Generalversammlung der Beklagten einzuberufen. Der Kläger hat die Säumnis der Beklagten spätestens innert 10 Tagen ab Säumniseintritt dem Notar anzuzeigen. Die Einberufung hat inkl. der in Ziffer 1 des Rechtsbegehrens aufgeführten Traktanden 1 bis 4, per eingeschriebenen Brief an die Aktionäre der Beklagten (A. , ... [Adresse] und E. Group Holding AG, ... [Adresse]), zu erfolgen, unter Angabe von Ort und Zeit. Als Datum für die Generalversammlung ist ein Termin anzusetzen, der frühestens 22 Tage nach dem Versand der Einladung und spätestens 30 Tage nach dem Versand der Einladung stattfindet. Als Ort ist das Amtslokal des Notariats D. zu bezeichnen. Der Notar des Notariatskreises D. ist mit der Durchführung und Protokollierung der Generalversammlung zu beauftragen.

  3. Kostenund Entschädigungsfolgen

    1. Ausgangsgemäss wird die Beklagte kostenund entschädigungspflichtig. Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts (Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem tatsächlichen Streitinteresse (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Bei einem Streitwert in Höhe von CHF 100'000.00 beläuft sich die ordentliche Gerichtsgebühr auf CHF 8'750.00 (vgl. § 4 Abs. 1 GebV OG). In Anwendung von § 8 Abs. 1 GebV OG ist die Grundgebühr auf rund zwei Drittel zu reduzieren. Die Kosten sind der Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und aus dem vom Kläger geleisteten Kostenvorschuss zu decken. Für die der Beklagten auferlegten Kosten wird dem Kläger das Rückgriffsrecht auf die Beklagte eingeräumt.

    2. Die Parteientschädigung ist nach der Verordnung über die Anwaltsgebüh- ren zu bemessen (Art. 105 Abs. 2 ZPO). Grundlage ist auch hier der Streitwert (§

2 Abs. 1 lit. a AnwGebV). In Anwendung von § 4 Abs. 1 und § 9 sowie § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AnwGebV ist dem Kläger eine Parteientschädigung in der Höhe von rund zwei Fünfteln der Grundgebühr zuzusprechen.

Der Einz elrichter verfügt:
  1. Die Klage wird gutgeheissen. Die Beklagte wird verpflichtet, innert 10 Tagen ab Urteilsdatum eine Generalversammlung mit folgenden Traktanden und Beschlussanträgen einzuberufen:

    1. Protokoll der ausserordentlichen Generalversamml ung vom 10. Oktober 2016 Antrag: Das Protokoll der a.o. Generalversammlung vom 10. Oktober 2016 ist abzulehnen.

    2. Liquidationsbeschluss vom 10. Oktober 2016

      Antrag: Der Liquidationsbeschluss ist aufzuheben, eventualiter ist die Nichtigkeit des Beschlusses festzustellen und vom Verwaltungsrat im Handelsregister entsprechend einzutragen.

    3. Wahl des Verwaltungsrates

      Antrag: Der Kläger beantragt der ausserordentlichen Generalversammlung, A. in den Verwaltungsrat zu wählen. C. ist als Verwaltungsrat und Liquidator abzuwählen.

    4. Diverse Auskunftsund Einsichtsbegehren.

  2. Bei Unterlassung der Anordnung gemäss Dispositivziffer 1 wird der Notar des Notariatskreises D. beauftragt, spätestens innert 10 Tagen ab Anzeige der Unterlassung im Sinne der Erwägungen durch den Kläger die Generalversammlung der Beklagten inkl. der in Dispositivziffer 1 aufgeführten Traktanden 1-4, per eingeschriebenen Brief an die Aktionäre der Beklagten (A. , ... [Adresse] und E. Group Holding AG, ... [Adresse]), einzuberufen, unter Angabe von Ort und Zeit.

    Als Datum für die Generalversammlung ist ein Termin anzusetzen, der frühestens 22 Tage nach dem Versand der Einladung und spätestens 30 Tage nach dem Versand der Einladung stattfindet. Als Ort für die Generalversammlung ist das Amtslokal des Notariats D. , ... [Adresse], zu bezeichnen.

    Der Notar des Notariatskreises D. wird mit der Durchführung und Protokollierung der Generalversammlung beauftragt.

  3. Die Gerichtsgebühr wird auf CHF 5'800.00 festgesetzt.

  4. Die Kosten werden der Beklagten auferlegt und aus dem vom Kläger geleisteten Kostenvorschuss gedeckt. Für die der Beklagten auferlegten Kosten wird dem Kläger das Rückgriffsrecht auf die Beklagte eingeräumt.

  5. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Parteientschädigung in Höhe von CHF 4'360.00 zu bezahlen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien (an den Kläger unter Beilage der Doppel von act. 18 und act. 19/1-7) und an das Notariat D. , ... [Adresse].

  7. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 100'000.00.

Zürich, 9. Oktober 2017

Handelsgericht des Kantons Zürich Einzelgericht

Der Gerichtsschreiber:

Dr. Giulio Donati

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