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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HE150521
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HE150521 vom 30.11.2015 (ZH)
Datum:30.11.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Vorsorgliche Massnahmen
Schlagwörter : Beklagten; Gesellschaft; Gesellschafter; Ausschluss; Gericht; Massnahme; Anspruch; Massnahmen; Partei; Handelsgericht; Vorsorgliche; Liquidation; Geschäfts; Anordnung; Stimmrecht; Sistierung; Notariat; Beschluss; Auflösung; Drohe; Klagen; Läge; Parteien; Gesuch; Zuständigkeit; Kanton; Klägers; Vorliegen; Glaubhaft
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 254 ZPO ; Art. 261 ZPO ; Art. 265 ZPO ; Art. 821 OR ; Art. 823 OR ; Art. 824 OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Einzelgericht

Geschäfts-Nr.: HE150521-O U/ee

Mitwirkend: Oberrichter Peter Helm, Präsident, sowie Gerichtsschreiber Adrian Joss

Urteil vom 30. November 2015

in Sachen

A. ,

Kläger

vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. X.

gegen

  1. B. GmbH,

  2. C. ,

Beklagte

betreffend vorsorgliche Massnahmen

Erwägungen:
  1. Prozessverlauf

    1. Mit Eingabe vom 30. November 2015, gleichentags überbracht, reichte der Kläger ein Gesuch um Anordnung superprovisorischer Massnahmen mit folgenden Anträgen ein:

      1. Es sei das Stimmrecht des Beklagten 2 als Gesellschafter der Beklagten 1 mit sofortiger Wirkung zu sistieren.

  2. Es sei die Sistierung dem Notariat D. anzuzeigen.

Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.

1.2. Zuvor ist das Handelsgericht mit Beschluss vom 26. November 2015 auf eine gegen die Beklagte 1 und den Beklagten 2 gerichtete Klage nicht eingetreten (Geschäfts-Nr. HG150259).

  1. Zuständigkeit

    Das Handelsgericht hat im erwähnten Beschluss vom 26. November 2015 seine Zuständigkeit als Hauptsachengericht verneint, dies aufgrund fehlender Prozessfähigkeit der Beklagten 1 und mangels örtlicher Zuständigkeit betreffend den Beklagten 2. Im vorliegenden Massnahmeverfahren kommt als zuständigkeitsbegründende Norm einstweilen Art. 13 lit. b ZPO in Betracht, da eine Anzeige der Sistierung gegenüber dem Notariat D. , welches im Kanton Zürich liegt, erfolgen soll.

  2. Parteistandpunkte des Klägers

    Der Kläger macht geltend, dass der Beklagte 2 durch verschiedene Verhaltensweisen seit mehreren Monaten seine Sorgfaltsund Treuepflichten als Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten 1 schwer verletzt habe, so dass wichtige Gründe für seinen Ausschluss aus der Beklagten 1 vorliegen würden. So habe der Beklagte 2 unter anderem den Kläger gegenüber Kunden und Kreditoren wiederholt schwer verunglimpft, ihm gedroht, ihn gezielt eingeschüchtert, die Rechnungen der Beklagten 2 nicht bezahlt, die Materialeinkäufe nicht finanziert,

    dem Kläger keinen Lohn ausbezahlt und die Beklagte 1 als Privatperson betrieben (act. 1 Rz. 6). Der Kläger führe die Geschäfte der Beklagten 1 alleine, wäh- rend der Beklagte 2 für die Administration bzw. das Rechnungswesen zuständig sei (act. 1 Rz. 7). Der Beklagte habe statutenwidrig auf den 1. Dezember 2015 eine ausserordentliche Gesellschafterversammlung im Notariat D. einberufen, wobei Traktandum die Auflösung und Liquidation der Beklagten 1 sei. Als Mehrheitsgesellschafter besitze der Beklagte 2 19 von 20 Stammanteilen, wodurch er in der Lage sei, die Auflösung der Beklagten 1 alleine zu beschliessen. Durch die Liquidation drohe dem Kläger der Verlust seines Geschäftes und seiner Kunden (act. 1 Rz. 7).

  3. Superprovisorische Massnahmen

    1. Das Gericht trifft die notwendigen vorsorglichen Massnahmen, wenn die gesuchstellende Partei glaubhaft macht, dass ein ihr zustehender Anspruch verletzt ist (Hauptsachenprognose) oder eine Verletzung zu befürchten ist und dass ihr aus der Verletzung ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht (Nachteilsprognose; Art. 261 Abs. 1 ZPO). Bei besonderer Dringlichkeit kann die vorsorgliche Massnahme sofort und ohne Anhörung der Gegenpartei angeordnet werden (Art. 265 Abs. 1 ZPO). Dabei handelt es sich um Aus na hmefälle, bei denen eine besondere Dringlichkeit vorliegen muss (JOHANN ZÜRCHER, in: BRUNNER/GASSER/SCHWANDER, a.a.O., N. 1 zu Art. 265 ZPO).

    2. Zur Hauptsacheprognose weist der Kläger darauf hin, dass gestützt auf Art. 821 Abs. 3 OR ein Anspruch des Klägers auf Ausschluss des Beklagten 2 aus der Beklagten 1 bestehe (act. 1 Rz. 6 f.). Die Stimmrechte des Beklagten 2 seien gestützt auf Art. 824 OR mit sofortiger Wirkung zu sistieren. Dazu, was folgt: Art. 821 Abs. 3 OR sieht vor, dass jeder Gesellschafter beim Gericht die Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grund verlangen kann. Statt auf Auflö- sung kann das Gericht auf eine andere sachgemässe und den Beteiligten zumutbare Lösung erkennen, so insbesondere auf die Abfindung des klagenden Gesellschafters zum wirklichen Wert seiner Stammanteile. Ein Anwendungsfall dieser Bestimmung in dem Sinne, dass der Kläger selbst auf Austritt aus der Gesellschaft gegen Abfindung klagen würde, liegt nicht vor. Vielmehr zielt der Kläger

      (als Minderheitsgesellschafter) auf Ausschluss des Mehrheitsgesellschafters ab. Ob dazu Art. 821 Abs. 3 OR eine genügend Grundlage bildet, ist indes fraglich: Der Ausschluss eines Gesellschafters wird in Art. 823 OR geregelt. Danach kann die Gesellschaft beim Gericht auf Ausschluss eines Gesellschafters klagen. Aktivlegitimiert ist nur die Gesellschaft, die Gesellschafter selber sind es nicht (CHRISTOPH STÄUBLI, in: Basler Kommentar OR II, 4. Aufl. 2012, N. 5 zu Art. 824 OR). Der Kläger wäre gemäss dieser Bestimmung folglich nicht aktivlegitimiert auf Ausschluss des Beklagten 2 zu klagen. Ob daneben Art. 821 Abs. 3 OR Grundlage für einen (vom Kläger als Gesellschafter verlangten) Ausschluss des Beklagten 2 böte, ist angesichts der bestehenden gesetzlichen Ausschlussregelung in Art. 823 OR äusserst zweifelhaft. Vielmehr spricht die Gesetzessystematik dafür, dass Art. 823 OR den Ausschluss aus einer GmbH abschliessend regelt. Ein bestehender Anspruch auf Ausschluss des Beklagten 2 gestützt auf Art. 821 Abs. 3 OR - und damit auch auf Sistierung des Stimmrechts des Beklagten 2 gestützt auf Art. 824 OR - erscheint in Anbetracht dessen nicht genügend glaubhaft, so dass die für die Anordnung von vorsorglichen Massnahmen erforderliche Hauptsachenprognose nicht bejaht werden kann.

    3. Zur Nachteilsprognose führt der Kläger aus, ihm drohe durch den drohenden Auflösungsbeschluss eine Vereitelung seines Anspruchs bzw. ein Verlust seines Geschäfts (act. 1 Rz. 7 f.). Das Handelsgericht hat bereits in seinem Beschluss vom 26. November 2015 ausgeführt (HG150259 S. 8), dass ausreichende Rechtsmittel zur Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses bestehen, im Rahmen derer eine allfällige Statutenwidrigkeit des Liquidationsbeschlusses beurteilt bzw. der Beschluss aufgehoben werden kann (Art. 808c i.V.m. Art. 706 ff. OR). Soweit der Kläger behauptet, der Verfahrensausgang einer Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses sei ungewiss, wodurch eine Vereitelung seines Anspruchs drohe, ist ihm Folgendes entgegenzuhalten: Der Kläger legt nicht substantiiert dar, inwiefern eine Vereitelung seines Anspruchs droht. Sofern sich der Liquidationsbeschluss als rechtmässig erweisen sollte, läge auch kein Anspruch des Klägers vor, diesen über eine Sistierung des Stimmrechts des Beklagten 2 zu verhindern. Zudem hätte die Anordnung einer Liquidation primär eine Zweckänderung und nicht die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs zur Folge (L UKAS

      HANDSCHIN/CHRISTOF TRUNIGER, Die neue GmbH, 2. Aufl. 2006, § 30 Rz. 2). Deshalb wurde auch kein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil glaubhaft gemacht.

      Da sich die Klage bzw. das Gesuch als offensichtlich unbegründet erweist, ist es ohne Anhörung der Gegenseite abzuweisen (Art. 254 ZPO e contrario).

  4. Kostenund Entschädigungsfolgen

Ausgangsgemäss wird der Kläger kostenpflichtig (Art. 106 ZPO). Mangels Umtrieben ist keine Parteientschädigung zuzusprechen. Ohne weitere Abklärungen ist einstweilen von dem vom Kläger erwähnten Streitwert in der Höhe von

CHF 57'000.- auszugehen. Der Streitwert beträgt mithin mindestens

CHF 57'000.-. Die in Anwendung von § 4 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 GebV OG ermittelte Gerichtsgebühr ist auf CHF 3'000.- festzusetzen. Mangels wesentlicher Umtriebe sind den beklagten Parteien keine Parteientschädigungen zuzusprechen.

Der Einz elrichter erkennt:
  1. Das Gesuch um Anordnung vorsorglicher Massnahmen wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 3'000.-.

  3. Die Kosten werden dem Kläger auferlegt.

  4. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an den Kläger und an die Beklagten (an den Kläger vorab per Fax; an die Beklagte 1 unter Beilage von act. 1, an den Beklagten 2 unter Beilage von act. 1 und act. 3/1-5; per Fax an das Notariat D. zur Kenntnisnahme).

  6. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht,

1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 57'000.-.

Zürich, 30. November 2015

Handelsgericht des Kantons Zürich Gerichtsschreiber:

Adrian Joss

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