Zusammenfassung des Urteils HE130354: Handelsgericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall betreffend Konkurseröffnung entschieden. Die Schuldnerin, eine GmbH, hatte gegen die Pensionskasse Beschwerde eingelegt, da sie behauptete, die Forderungen bereits vor der Konkurseröffnung beglichen zu haben. Das Gericht entschied zugunsten der Schuldnerin und hob das Urteil des Konkursgerichts auf. Die Schuldnerin muss die Gerichtskosten tragen, da sie die BVG-Prämien nicht rechtzeitig zahlte und versäumte, die Vorinstanz über den Konkurshinderungsgrund zu informieren. Es wurden keine Entschädigungen zugesprochen. Das Konkursamt wurde angewiesen, die Beträge entsprechend zu verteilen. Die Entscheidung kann innerhalb von 30 Tagen beim Bundesgericht angefochten werden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HE130354 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 15.05.2014 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Herausgabe / Rechenschaftspflicht (Art. 257 ZPO) |
Schlagwörter : | Revision; Unterlagen; Beklagte; Beklagten; Herausgabe; Informationen; Revisionsbericht; Rechenschaft; Auftrag; Rechtsbegehren; Konto; Klage; Parteien; Rechenschafts; Revisionsberichte; Streitwert; Jahresrechnung; Kontoverbindungen; Kopie; Revisionsstelle; Gericht; Dokumentation; Zusammenhang; Mandat; Verfahren; Beauftragte; Kopien |
Rechtsnorm: | Art. 18 ZPO ;Art. 257 ZPO ;Art. 292 StGB ;Art. 337 ZPO ;Art. 400 OR ;Art. 729b OR ;Art. 730c OR ;Art. 84 ZPO ;Art. 91 ZPO ;Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Schweizer, Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Zürich, Art. 84 ZPO, 2011 -, Berner Das Obligationenrecht, Art. 400 OR m, 1992 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HE130354-O U/mb
Mitwirkend: der Oberrichter Dr. Johann Zürcher sowie die Gerichtsschreiberin Claudia Marti
in Sachen
Klägerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X.
gegen
Beklagte
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.
betreffend Herausgabe / Rechenschaftspflicht (Art. 257 ZPO)
(act. 1 S. 2)
1. Die Beklagte sei unter Androhung von Art. 292 StGB zu verpflichten, der Klägerin bzw. deren Organen innert 5 Tagen seit Rechtskraft sämtliche Unterlagen und Informationen im Zusammenhang mit dem Mandatsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten herauszugeben;
Die Beklagte sei unter Androhung von Art. 292 StGB zu verpflichten, der Klägerin bzw. deren Organen innert 5 Tagen seit Rechtskraft sämtliche aktuellen und früheren Kontoverbindungen der Klägerin bekannt zu geben;
Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten.
Sachverhalt und Parteivorbringen
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in C. (act. 3/2). Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich, welche die Durchführung von Mandaten als aktienrechtliche Revisionsstelle und Beratungsaufträgen sowie die Durchführung von Sonderprüfungen und weiteren Dienstleistungen im kaufmännischen Bereich bezweckt (act. 3/3). Die Beklagte ist seit Eintragung der Klägerin im Handelsregister am 28. September 2006 als deren Revisionsstelle eingetragen (act. 3/2).
Die Klägerin begründet die obgenannten, im Rechtsschutz in klaren Fällen gestellten Rechtsbegehren wie folgt: Die D. AG habe die Aktien der Klägerin in einem Verwertungsverfahren des Betreibungsamtes Höfe vom früheren Alleinaktionär und einzigen Verwaltungsrat gekauft (act. 3/4). Der anschliessend neu bestellte Verwaltungsrat (act. 3/2) sehe sich nun mit diversen behördlichen Anfragen konfrontiert (act. 3/7-11). Ausserdem habe kurz vor der Steigerung noch ein Banksaldo der Klägerin von CHF 35'071.als einziges Aktivum bestanden. Die neue Eigentümerschaft habe aber weder vom früheren Eigentümer noch von der Beklagten als Revisionsstelle Informationen und insbesondere die Buchführung und sämtliche Unterlagen der Klägerin erhalten. Die Klägerin habe daher den behördlichen Anfragen noch nicht nachkommen können und sie könne nicht auf das Bankkonto zugreifen, da sie nicht wisse, wo es sich befinde. Aus diesem Grund verlangt die Klägerin von der Beklagten als ihrer Revisionsstelle gestützt auf Art. 400 OR Rechenschaftsablegung über deren Geschäftsführung. Diese Rechenschaftsablegung umfasse alle Informationen, die für die Rechtsstellung und die Rechtsausübung von Belang seien. Teil des Auskunftsanspruchs der Klägerin sei auch die Information darüber, wo sich das auf die Klägerin lautende Konto mit einem Kontokorrent von CHF 35'071.befinde (act. 1 S. 4 f.). Weiter verlangt die Klägerin gestützt auf Art. 400 OR die Herausgabe sämtlicher Unterlagen, welche der Beklagten zur Ausführung des Revisionsmandats zur Verfügung gestanden hätten. Dazu gehörten insbesondere auch die Revisionsberichte der letzten Jahre und sämtliche Notizen, Arbeitspapiere und Dokumentationen und zwar nicht nur von 2013, sondern alle noch vorhandenen Unterlagen über die früheren Jahre (act. 14 S. 3, 6 f.). Die Beklagte habe die von ihr gesetzlich zu erstellenden Unterlagen, insbesondere den Revisionsbericht, im Doppel als Kopie bei sich aufzubewahren. Es sei nicht glaubwürdig, dass die Beklagte mit Ausnahme der Revisionsnotizen über keine Unterlagen der Klägerin verfüge. Die Beklagte habe über das Ergebnis der Revision einen schriftlichen Bericht zu erstellen. Es sei unglaubwürdig, dass kein solcher schriftlicher Bericht vorhanden sei. Ausserdem müssten bei der Beklagten sämtliche Unterlagen vorhanden sein, welche zu diesem Revisionsbericht beigetragen hätten (act. 14 S. 4 f.). Weiter führt die Klägerin zu den Vorbringen der Beklagten aus, diese sei auch für das Jahr 2013 mandatiert gewesen, da sie im Handelsregister eingetragen gewesen sei, ansonsten sie verpflichtet gewesen wäre, sich selbst aus dem Handelsregister löschen zu lassen (act. 14 S. 5). Schliesslich hält die Klägerin zum Streitwert der Klage fest, da es sich bei dem Banksaldo von CHF 35'071.- um das einzige Aktivum der Klägerin handle und sie keine Geschäftstätigkeit ausübe, sei dies das potentielle Liquidationsergebnis, auf welches die Klägerin nur nach Auskunft der Beklagten zugreifen könne. Dieser Betrag entspreche dem Streitwert des vorliegenden Verfahrens (act. 1 S. 3, act. 14 S. 2).
Die Beklagte beantragt, auf die Klage sei nicht einzutreten, eventualiter sei diese abzuweisen. Sie macht geltend, der Streitwert des vorliegenden Verfahrens liege mit maximal CHF 10'000.weiter unter CHF 30'000.-, weshalb wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht auf die Klage einzutreten sei. Weiter sei auf Rechtsbegehren Ziff. 1 mangels genügender Bestimmtheit nicht einzutreten, und Ziff. 2 stosse ins Leere, weil das Mandat der Beklagten mit Revision und Abnahme des Abschlusses 2012 geendet habe, die Beklagte die erhaltenen Unterlagen jedes Jahres zurückgegeben und für das Geschäftsjahr 2013 noch keine Unterlagen Informationen erhalten habe. Die letzte Prüfung der ordnungsgemässen Buchführung habe die Beklagte für die Buchhaltung 2012 der Klägerin gemacht. Über aktuelle Kontoverbindungen habe die Beklagte keine Informationen und frühere Kontoverbindungen würden sich aus Unterlagen ergeben, die die Beklagte jeweils nach abgeschlossener Revision zurück gegeben habe. Bei solchen Revisionsmandaten von inaktiven Gesellschaften prüfe die Beklagte den Abschluss anhand der wenigen Belege und händige dem Kunden nach der Prüfung die Belege und den geprüften Abschluss aus. Mit Ausnahme der Revisionsnotizen verfüge die Beklagte als Revisionsstelle über keine Unterlagen der Klägerin. Sie verfüge somit über keine Unterlagen, die sie der Klägerin herausgeben könnte (act. 9 S. 2 f., act. 19 S. 2 f.). Ferner hält die Beklagte fest, die Klägerin verfüge über den von ihr revidierten Abschluss 2012, aus welchem sich ergebe, dass die Klägerin keine quellensteuerpflichtigen andere Löhne ausbezahlt habe. Von 2013 habe die Beklagte nie Unterlagen und Informationen von der Klägerin erhalten. Aus den Steuerunterlagen würden sich zumindest die früheren Kontoverbindungen der Klägerin ohne Weiteres ergeben. Über aktuelle Kontoverbindungen habe die Beklagte keine Informationen Unterlagen (act. 9 S. 4). Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, für die von der Klägerin verfolgten Interessen Unterlagen herauszugeben Auskünfte zu erteilen. Die Aufbewahrungspflicht gemäss Art. 958 f. OR treffe die Klägerin und nicht die Beklagte (act. 19 S. 2 f.).
Prozessverlauf
Die Klägerin machte ihre Klage mit Eingabe vom 5. Dezember 2013 rechtshängig (act. 1). Mit Verfügung vom 9. Dezember 2013 wurde der Klägerin Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses von CHF 2'200.- und der Beklagten Frist zur Beantwortung der Klage angesetzt (act. 4). Die Klägerin leistete den Kostenvorschuss fristgerecht (act. 6). Die Klageantwort (act. 9) reichte die Beklagte innert der ihr angesetzten Nachfrist (act. 7) am 23. Januar 2014 ein. Die Klägerin nahm dazu mit Eingabe vom 27. Februar 2014 Stellung (act. 14). Zu dieser Eingabe reichte die Beklagte am 15. April 2014 eine Stellungnahme (act. 19) ein, welche der Klägerin am 23. April 2014 (act. 20) zugestellt wurde.
Formelles
Streitwert
Die Klägerin beziffert den Streitwert ihrer Klage auf CHF 35'071.-. Die Beklagte geht demgegenüber von einem Streitwert von maximal CHF 10'000.aus. Nach Art. 91 Abs. 2 ZPO setzt das Gericht den Streitwert fest, wenn das Rechtsbegehren nicht auf eine bestimmte Geldsumme lautet und sich die Parteien darüber nicht einigen ihre Angaben offensichtlich unrichtig sind (Art. 91 Abs. 2 ZPO). Bei der Festsetzung des Streitwerts hat das Gericht auf die Vorbringen und Interessen der Parteien abzustellen. Bei einem Begehren auf Herausgabe von Bilanzen und Erfolgsrechnungen etwa ist der Streitwert vom letztlich verfolgten wirtschaftlichen Zweck abhängig zu machen (VIKTOR RÜEGG, in: SPÜHLER/TENCHIO/ INFANGER, Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N 6 f. zu Art. 91 ZPO). Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage auf Information und Herausgabe von Unterlagen im Wesentlichen den wirtschaftlichen Zweck, ein ihr zustehendes Guthaben im Betrag von CHF 35'071.auf einem Bankkonto, dessen Angaben sie nicht (mehr) kennt, ausfindig zu machen. Der Streitwert der vorliegenden Klage ist daher nach diesem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin auf CHF 35'071.festzusetzen.
Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürich ist unbestritten und damit gegeben (Art. 18 ZPO).
Da der Streitwert wie dargelegt auf CHF 35'071.zu schätzen ist und es sich um eine Streitigkeit aus der Tätigkeit der Beklagten als Revisionsstelle der Klägerin handelt, ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch die sachliche Zuständigkeit des Einzelgerichts des Handelsgerichts des Kantons Zürich für dieses Verfahren im Rechtsschutz in klaren Fällen gegeben (Art 6 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit
§ 45 lit. d und § 44 lit b GOG).
Rechtsschutz in klaren Fällen
Der im summarischen Verfahren (Art. 248 lit. b ZPO) erteilte Rechtsschutz in klaren Fällen setzt nach Art. 257 Abs. 1 lit. a und b ZPO voraus, dass der Sachverhalt unbestritten sofort beweisbar und die Rechtslage klar ist. Kann dieser Rechtsschutz nicht gewährt werden, so tritt das Gericht auf das Gesuch nicht ein (Art. 257 Abs. 3 ZPO). Insoweit die vorliegende Klage nicht gutgeheissen werden kann, ist somit nicht darauf einzutreten.
Genügende Bestimmtheit Rechtsbegehren Ziff. 1
Die Beklagte vertritt die Auffassung, Rechtsbegehren Ziffer 1, mit dem die Herausgabe sämtlicher Unterlagen und Informationen im Zusammenhang mit dem Mandatsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten verlangt wird, sei nicht genügend bestimmt.
Eine positive Leistungsklage auf Herausgabe einer Sache Vornahme einer anderen Handlung ist so präzise zu bezeichnen, dass sie als Urteilstext und ohne weiteren Abklärungen als Vollstreckungsgrundlage dienen kann (D ANIEL FÜLLEMANN, in: BRUNNER/ GASSER/SCHWANDER, DIKE Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Zürich/St. Gallen 2011, Art. 84 N 4 m.w.H.). Genügende Bestimmtheit des Rechtsbegehrens Ziff. 1 ist hinsichtlich der von der Klägerin verlangten Herausgabe sämtlicher Unterlagen im Zusammenhang mit dem Mandatsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu bejahen. Die herausverlangten Unterlagen sind durch die Nennung des Vertragsverhältnisses genügend bestimmt. Allerdings bedeutet dies nicht, dass ein derart umfassender Anspruch der Klägerin auf Herausgabe besteht.
Auch die von der Klägerin mit demselben Begehren verlangte Herausgabe sämtlicher Informationen im Zusammenhang mit dem Mandatsverhältnis zwischen den Parteien erweist sich nicht als unbestimmt. Die Klägerin stützt ihre Ansprüche nämlich auf Art. 400 Abs. 1 OR, wonach der Beauftragte schuldigt ist, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und alles, was ihm infolge derselben aus irgendeinem Grunde zugekommen ist, zu erstatten. Dabei umfasst die Rechenschaftspflicht neben der Abrechnungspflicht auch die Pflicht des Beauftragten, dem Auftraggeber über die Geschäftsführung Auskunft zu erteilen (Informationspflicht). Der Beauftragte hat den Auftraggeber über alles, was für diesen von Bedeutung sein kann, rechtzeitig, wahrheitsgetreu und vollständig zu informieren. Diese Rechenschaftsablage muss hinreichend ausführlich und verständlich sein, berichtmässig alle wesentlichen Vorgänge umfassen und auch über eigene Fehler Auskunft geben (R OLF H. WEBER, in: HONSELL/VOGT/WIEGAND, Basler Kommentar Obligationenrecht I, 5. Aufl. 2011, N 2 ff. zu Art. 400 OR). Dass die Klägerin die Herausgabe sämtlicher Informationen aus dem Mandatsverhältnis zwischen den Parteien verlangt, bedeutet daher, dass Gegenstand ihres Begehrens alle nach Art. 400 Abs. 1 OR vom Beauftragten geschuldeten Informationen sind. Ziffer 1 des Rechtsbegehrens ist somit auch in dieser Hinsicht genügend bestimmt (Art. 84 Abs. 1 ZPO).
Informationspflicht und Ablieferungspflicht Art. 400 OR
Die Klägerin stützt ihre Ansprüche auf Herausgabe von Unterlagen und Informationen gegen die Beklagte auf Art. 400 Abs. 1 OR. In Bezug auf die zur Rechenschaftsablegung nach dieser Bestimmung gehörende Informationspflicht des Beauftragten kann zunächst auf die obigen Ausführungen unter Erwägung 3.4.2. verwiesen werden. Zudem ist festzuhalten, dass die Information für den Auftraggeber Grundlage dient, um beurteilen zu können, ob der Beauftragte allgemein seine Pflichten erfüllt und ob er sich im Besonderen an die Weisungen hält bzw.
ob ein Schadenersatzanspruch in Frage kommt (ROLF H. WEBER, in: HONSELL/ VOGT/WIEGAND, a.a.O., N 3 zu Art. 400 OR). Im Rahmen der Ablieferungspflicht gemäss Art. 400 Abs. 1 OR hat der Beauftragte alles abzuliefern, was ihm bei der Ausführung des Auftrags vom Auftraggeber von Dritten zugekommen und nicht bestimmungsgemäss verbraucht ist. Dazu gehören Vermögenswerte und Dokumente, die im Rahmen der Auftragsausführung erworben geschaffen worden sind. Nicht herauszugeben sind hingegen die von der Kontrollstelle einer Aktiengesellschaft von sonst mit der Überprüfung, Bewertung und Erarbeitung von Bilanzierungsrichtlinien und der Prüfung von Jahresabschlüssen einer Firma Beauftragten erstellten, mit dem Auftrag zusammenhängenden Arbeitspapiere (ROLF H. WEBER, in: HONSELL/VOGT/ WIEGAND, a.a.O., N 12 zu Art. 400 OR).
Keine Herausgabepflicht besteht für Unterlagen, die den Beauftragten nur in die Lage versetzen sollen, die Geschäftsbesorgung durchzuführen und die nicht eigentlich Gegenstand der ihm aufgetragenen Tätigkeit sind. Im Rahmen der Rechenschaftspflicht sind jedoch dem Auftraggeber auf Verlangen von diesen Unterlagen Kopien anzufertigen, wobei der Auftraggeber die entstehenden Kosten zu übernehmen hat (WALTER FELLMANN, in: Berner Kommentar, Das Obligationenrecht, Bern 1992, N 136 zu Art. 400 OR m.w.H.). Die Rechenschaftsablegungsund Ablieferungspflicht wird spätestens durch die Auftragsbeendigung aktualisiert und überdauert sofern verlangt - die Ausführungsobligation. Als Nebenleistungspflicht ist die Forderung auf Rechenschaftsablegung selbständig klagbar (ROLF H. WEBER, in: HONSELL/VOGT/WIEGAND, a.a.O., N 25 zu Art. 400 OR).
Da somit die Rechenschaftsund Ablieferungspflicht die Ausführungsobligation überdauert, hätte auch eine allfällige Beendigung des Revisionsauftrages nach Revision der Jahresrechnung 2012 der Klägerin durch die Beklagte keinen Einfluss auf diese Pflichten. Zudem endete das Geschäftsjahr 2013 der Klägerin, welches gemäss der vorliegenden Bilanz per 31. Dezember 2012 und Erfolgsrechnung für das am 31. Dezember 2012 abgeschlossene Geschäftsjahr (act. 3/5) dem Kalenderjahr entspricht, erst nach Einleitung des vorliegenden Verfahrens mit Eingabe vom 5. Dezember 2013, und es wurde nicht geltend gemacht, die Beklagte hätte bereits vor Ende des Geschäftsjahres Unterlagen für die Revision der Jahresrechnung 2013 von der Klägerin erhalten diesbezügliche Ar-
beiten begonnen. Demnach sind Unterlagen im Zusammenhang mit der Revision der Jahresrechnung 2013 nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Es ist daher nicht näher darauf einzugehen, dass die Beklagte eine Wiederwahl als Revisionsstelle für das Geschäftsjahr 2013 bestreitet.
Nach klarer Rechtslage hat die Beklagte die Klägerin über alles, was für die Klägerin von Bedeutung sein kann, wahrheitsgetreu und vollständig zu informieren (Art. 400 Abs. 1 OR). Die Klägerin legt jedoch in ihrer Klagebegründung nur dar, dass sie von der Beklagten über ihre aktuellen und früheren Kontoverbindungen, soweit sie der Beklagten bekannt sind, Informationen wünscht. Diese Information verlangt die Klägerin indessen explizit in Ziffer 2 ihres Rechtsbegehrens. Hingegen macht die Klägerin keinerlei Ausführungen dazu, dass sie noch weitere Informationen über deren Auftragsausführung von der Beklagten benötigt und verlangt in welcher Hinsicht die Beklagte ihre Informationspflicht nicht erfüllt hätte. Angesichts der einzig begründeten, aber in Ziffer 2 des Rechtsbegehrens zusätzlich explizit verlangten Information über aktuelle und frühere Kontoverbindungen der Klägerin erweist sich Rechtsbegehren Ziffer 1 im Bezug auf die Herausgabe von sämtlichen Informationen abgesehen von Kontoverbindungen im Zusammenhang mit dem Mandatsverhältnis zwischen den Parteien als nicht rechtgenügend begründet und illiquid. Dieses Begehren kann somit im vorliegenden Verfahren nicht gutgeheissen werden, weshalb darauf nicht einzutreten ist.
Auch die in Rechtsbegehren Ziffer 2 explizit verlangte Information über sämtliche aktuellen und früheren Kontoverbindungen der Klägerin begründet letztere mit dem zwischen den Parteien bestehenden Auftragsverhältnisses über die Revision. Dabei macht sie nicht geltend, dass ein über einen gewöhnlichen Revisionsvertrag hinausgehendes Vertragsverhältnis bestanden hätte. Inwiefern ihrer Ansicht nach die Information der Aktiengesellschaft - der Klägerin - über deren Kontoverbindungen Gegenstand der Rechenschaftsablegung durch die Revisionsstelle - die Beklagte im Rahmen eines gewöhnlichen Revisionsmandats sein soll, legt die Klägerin nicht dar. Nach Art. 400 Abs. 1 OR ist die Beklagte als Revisionsstelle nur verpflichtet, die Klägerin über ihre Geschäftsführung und über in diesem Zusammenhang für die Klägerin bedeutsame Umstände zu informieren.
Es ist nicht ersichtlich, dass die früheren und aktuellen Kontoverbindungen der Klägerin für letztere im Zusammenhang mit der Ausführung der Revision durch die Beklagte von Bedeutung wären. Die Klägerin hätte dies im Einzelnen zu begründen, denn sie kann nicht einfach jegliche Information gestützt auf die Rechenschaftspflicht von der Beklagten verlangen. Rechtsbegehren Ziffer 2 erweist sich daher nicht als rechtsgenügend begründet, weshalb im vorliegenden Verfahren betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen nicht darauf einzutreten ist.
Im Rahmen der verlangten Herausgabe sämtlicher Unterlagen im Zusammenhang mit dem Mandatsverhältnis zwischen den Parteien ist zu unterscheiden zwischen den Revisionsberichten und Revisionsnotizen (i.e. die Dokumentation der Revision) sowie den Unterlagen, welche die Beklagte von der Klägerin zur Erfüllung des Auftrages erhalten hat. Letztere unterliegen gemäss klarer Rechtslage der Ablieferungspflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR. Die Beklagte macht jedoch in Bezug auf die Herausgabe dieser Unterlagen geltend, sie habe diese Pflicht bereits vollständig erfüllt, da sie der Klägerin jeweils nach abgeschlossener Revision die erhaltenen Unterlagen zurückgegeben habe und mit Ausnahme der Revisionsnotizen über keine Unterlagen der Klägerin verfüge (act. 9 S. 3). Die Klägerin erachtet es nicht als glaubwürdig, dass bei der Beklagten der schriftliche Bericht über das Ergebnis der Revision der Klägerin nach Art. 729b Abs. 1 OR sowie sämtliche Unterlagen, welche zu diesem Revisionsbericht beigetragen haben, nicht vorhanden sind. Sie ist der Meinung, die von der Beklagten gesetzlich zu erstellenden Unterlagen müssten bei ihr im Doppel als Kopie vorhanden sein. Die Beklagte könne nicht derart naiv sein, über ihre Revisionsmandate keine Dokumentation für sich selbst zu behalten und ihre Unterlagen zurückzugeben (act. 14 S. 4 f.). Damit macht die Klägerin aber gerade nicht geltend, dass die Beklagte die von der Klägerin erhaltenen Unterlagen nicht bereits zurückgegeben habe, sondern auch sie geht nur davon aus, dass die Beklagten die von ihr selbst im Rahmen der Revision zu erstellenden Unterlagen und insbesondere ihre eigene Dokumentation noch aufbewahrt. Die Beklagte hat demnach ihre Ablieferungspflicht bezüglich der von der Klägerin zur Auftragsausführung erworbenen Unterlagen bereits erfüllt. Es besteht kein Anspruch der Klägerin mehr auf Herausgabe
solcher Unterlagen. In dieser Hinsicht ist daher auf das Begehren nicht einzutreten.
Zu den bei der Beklagten unbestrittenermassen noch vorhandenen Dokumentationen der Revisionen und den Revisionsberichten ist sodann Folgendes zu sagen:
Erstellung und Übergabe der Revisionsberichte bilden den Gegenstand der Hauptleistungspflicht der Beklagten als Revisionsstelle, und es wurde nicht behauptet, die Beklagte hätte den Revisionsauftrag in irgendeinem Jahr nicht erfüllt. Entsprechend hat sie die Revisionsberichte der Klägerin bereits übergeben. Ein Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Revisionsberichte besteht daher nicht mehr. Des Weiteren sind die Dokumentationen der Revisionen der Beklagten als Arbeitspapiere zu qualifizieren und unterliegen als solche wie unter Erwägung 4.1. dargelegt nicht der Ablieferungspflicht. Die Klägerin hat demnach keinen Anspruch auf deren Herausgabe.
Indessen hat die Beklagte der Klägerin nach klarer Rechtslage im Rahmen der Rechenschaftspflicht auf deren Kosten Kopien ihrer Arbeitspapiere anzufertigen. Zudem würde es Treu und Glauben widersprechen, wenn die Beklagte der Klägerin nicht auch auf deren Kosten Kopien der bei ihr noch vorhandenen, der Klägerin dagegen nicht mehr vorliegenden Revisionsberichte anfertigen müsste. Hierzu ist ferner festzuhalten, dass die Beklagte aufgrund der seit 1. Januar 2008 geltenden Aufbewahrungspflicht gemäss Art. 730c Abs. 1 OR zumindest die Revisionsberichte und die Dokumentationen der Revisionen der Jahresrechnungen der Klägerin seit der Jahresrechnung 2007 (Revision im Jahr 2008) noch aufbewahren muss. Die Beklagte bestätigt denn auch, dass sich noch über die Revisionsnotizen verfügt (act. 19 S. 3), und macht nicht geltend, dass ihr irgendwelche Revisionsberichte Revisionsnotizen aus der Zeit seit Gründung der Klägerin im Jahr 2006 nicht mehr vorliegen würden. Als letzte Jahresrechnung der Klägerin hat die Beklagte sodann unstrittig diejenige von 2012 revidiert. Die Beklagte ist daher zu verpflichten, der Klägerin Kopien der Revisionsberichte und der Dokumentationen der Revisionen der Jahresrechnungen der Klägerin seit deren Grün- dung am 28. September 2006 bis zur Jahresrechnung 2012 zu übergeben.
Da die Kopien nach klarer Rechtslage auf Kosten der Klägerin zu erstellen sind, ist die Beklagte Zug um Zug gegen Ersatz der dadurch anfallenden Kosten zur Übergabe der Kopien an die Klägerin zu verpflichten.
Fazit
Die Beklagte ist Zug um Zug gegen Ersatz der dadurch anfallenden Kosten zu verpflichten, der Klägerin Kopien der Revisionsberichte und der Dokumentationen der Revisionen der Jahresrechnungen der Klägerin seit deren Gründung am
28. September 2006 bis zur Jahresrechnung 2012 anzufertigen und zu übergeben. Im Übrigen ist auf die Klage nicht einzutreten.
Die Klägerin beantragt als Vollstreckungsmassnahme, die Verpflichtung der Beklagten mit der Androhung der Bestrafung mit Busse im Falle der Widerhandlung nach Art. 292 StGB zu verbinden. Das urteilende Gericht kann in seinem Entscheid bereits konkrete Vollstreckungsmassnahmen anordnen (Art. 337 Abs. 1 ZPO). Als Vollstreckungsmassnahme kommt bei einem Entscheid auf eine Verpflichtung zu einem Tun die beantragte Strafdrohung nach Art. 292 StGB (Art. 343 Abs. 1 lit. a ZPO) in Betracht, wobei sich diese bei einer juristischen Person gegen deren Organe richtet. Die Verpflichtung der Beklagten zur Anfertigung und Übergabe der Kopien an die Klägerin Zug um Zug gegen Ersatz der Kosten ist daher mit der Androhung der Bestrafung der Organe der Beklagten mit Busse wegen Verstosses gegen Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung zu verbinden.
Gerichtskosten und Parteientschädigung
Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts (Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG) und richtet sich vorliegend nach dem tatsächlichen Streitinteresse von CHF 35'071.- (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). In Anwendung von § 4 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 GebV OG ist die Gerichtsgebühr auf rund zwei Drittel der Grundgebühr festzusetzen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen und die Parteientschädigungen wettzuschlagen (Art. 106 Abs.
2 ZPO). Die der Klägerin auferlegte Hälfte der Kosten sowie CHF 700.- der der Beklagten auferlegten Kosten sind aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss zu decken. Der Klägerin ist für die aus dem Vorschuss bezogenen CHF 700.- der der Beklagten auferlegten Kosten der Rückgriff auf die Beklagte einzuräumen.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Zug um Zug gegen Ersatz der dadurch anfallenden Kosten Kopien der Revisionsberichte und der Dokumentationen der Revision der Jahresrechnungen der Klägerin seit deren Gründung am 28. September 2006 bis zur Jahresrechnung 2012 zu übergeben, unter Androhung der Bestrafung der Organe der Beklagten mit Busse wegen Verstosses gegen Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung.
Im Übrigen wird auf die Klage nicht eingetreten.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 3'000.-.
Die Kosten werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt. Die der Klägerin auferlegte Hälfte der Kosten sowie CHF 700.- der der Beklagten auferlegten Kosten werden aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss gedeckt. Der Klägerin wird für die aus dem Vorschuss bezogenen CHF 700.- der der Beklagten auferlegten Kosten der Rückgriff auf die Beklagte eingeräumt.
Die Parteientschädigungen werden wettgeschlagen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art.
113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 35'071.-.
Zürich, 15. Mai 2014
Handelsgericht des Kantons Zürich Gerichtsschreiberin:
Claudia Marti
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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