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Urteil Bezirksgericht Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:CG150021
Instanz:Bezirksgericht Zürich
Abteilung:1. Abteilung
Bezirksgericht Zürich Entscheid CG150021 vom 07.04.2016 (ZH)
Datum:07.04.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verbot der Datenbearbeitung
Zusammenfassung : Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Beschluss vom 19. Dezember 2016 über eine Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichts im summarischen Verfahren entschieden. Der Beklagte und Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X, hatte gegen die provisorische Rechtsöffnung in Höhe von Fr. 21'494.- Einspruch erhoben. Das Gericht wies die Beschwerde ab, da der Beklagte nicht den formellen Anforderungen an die Beschwerde genügte und keine konkreten Beanstandungen gegen das Urteil vorbrachte. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- wurden dem Beklagten auferlegt, Parteientschädigungen wurden nicht zugesprochen.
Schlagwörter : Daten; Beklagten; Person; Recht; Personen; Interesse; Schweiz; Behörde; Banken; Klägers; Program; Behörden; Schweizer; Personendaten; Programm; US-Behörde; US-Behörden; Kunden; Persönlichkeit; Datenlieferung; Sinne; Verletzung; US-Programm; Verbot; Gericht; Verfahren
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ; Art. 111 ZPO ; Art. 13 DSG ; Art. 139 IPRG ; Art. 15 DSG ; Art. 207 ZPO ; Art. 228 ZPO ; Art. 229 ZPO ; Art. 271 StGB ; Art. 28 ZGB ; Art. 28a ZGB ; Art. 292 StGB ; Art. 3 DSG ; Art. 4 DSG ; Art. 6 DSG ; Art. 60 ZPO ; Art. 8 ZGB ; Art. 95 ZPO ;
Referenz BGE:109 II 338; 137 II 431; 97 II 97;
Kommentar:
-
Entscheid

Bezirksgericht Zürich

  1. Abteilung

    Geschäfts-Nr.: CG150021-L / U_anonymisiert

    Mitwirkend: Vizepräsident Dr. iur. E. Pahud, Bezirksrichterin lic. iur. K. Graf, Ersatzrichterin lic. iur. J. Stark sowie Gerichtsschreiberin MLaw

    T. Canzek

    Urteil vom 7. April 2016

    Bitte beachten: Gegen dieses Urteil wurde Berufung ans Obergericht erhoben. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

    in Sachen

    1. A.,

Kläger

vertreten durch Fürsprecher Dr. iur. W. vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

  1. AG,

    Beklagte

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y. vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. Z.

    betreffend Verbot der Datenbearbeitung

    Rechtsbegehren:

    (act. 2 S. 2)

    Es sei der Beklagten zu verbieten, Personendaten des Klägers an eine Justizoder Verwaltungsbehörde der Vereinigten Staaten von Amerika, insbesondere dem Department of Justice, zu übermitteln einer solchen Behörde offenzulegen, unter Androhung der Ungehorsamsstrafe gemäss Art. 292 StGB im Widerhandlungsfalle;

    [ ]

    alles unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten.

    Erwägungen:

    1. Gegenstand des Verfahrens

      Hintergrund des Verfahrens bildet das vom US-Justizministerium (Department of Justice; DoJ) publizierte Program for Non-Prosecution Agreements or NonTarget Letters for Swiss Banks zur Bereinigung des Steuerstreits der Schweizer Banken mit den USA sowie die von der Beklagten in Aussicht gestellte Übermittlung von Informationen an US-Behörden, insbesondere die namentliche Nennung des Klägers im Zusammenhang mit von der Beklagten betreuten Bankverbindungen mit einem Bezug zu den USA. Mit der vorliegenden Klage wehrt sich der Kläger gegen die Datenlieferung.

    2. Prozessverlauf; Prozessuales

1. Prozessverlauf

Am 25. September 2014 stellte der Kläger ein Schlichtungsgesuch beim Friedensrichteramt der Kreise 4 und 5 der Stadt Zürich, worauf am 5. November 2014 die Schlichtungsverhandlung durchgeführt wurde. Nach deren Scheitern wurde am

11. November 2014 die Klagebewilligung erteilt (act. 1). Mit Eingabe vom

3. Februar 2015 machte der Kläger beim hiesigen Gericht die vorliegende Klage

anhängig und stellte gleichzeitig den Antrag auf Erlass vorsorglicher Massnahmen (act. 2). Mit Beschluss vom 19. Februar 2015 wurde einerseits dem Kläger die Leistung eines Prozesskostenvorschusses auferlegt; andererseits wurde der Beklagten Frist angesetzt, um zum Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen Stellung zu nehmen (act. 6). Am 26. Februar 2015 leistete der Kläger den Kostenvorschuss innert Frist (act. 10). Nach durchgeführtem Schriftenwechsel (act. 11; act. 16; act. 21) wurde mit Beschluss vom 21. April 2015 das Gesuch des Klägers um Erlass vorsorglicher Massnahmen gutgeheissen. Der Beklagten wurde im Sinne einer vorsorglichen Massnahme für die Dauer des Verfahrens verboten, Personendaten betreffend den Kläger an eine Justizoder Verwaltungsbehörde der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) zu übermitteln offenzulegen. Zudem wurde der Beklagten Frist zur Einreichung der Klageantwort angesetzt (act. 23). Diese erfolgte fristgerecht mit Eingabe vom 19. Juni 2015 (act. 25). Mit Verfügung vom 20. Juni 2015 wurde die Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels angeordnet und dem Kläger Frist zur Einreichung einer Replik angesetzt (act. 29). Nachdem die Replik fristgerecht eingegangen war (act. 31), wurde der Beklagten Frist zur Einreichung einer Duplik angesetzt (act. 34). Die Duplik wurde innert Frist mit Eingabe vom 7. Januar 2016 erstattet (act. 36). Mangels Verzichts auf die Hauptverhandlung (vgl. act. 41) wurde auf den 7. April 2016 zur Hauptverhandlung vorgeladen (act. 51). Am 17. Februar 2016 reichte der Kläger eine (nachgebesserte) Noveneingabe ein (act. 47), die der Beklagten zugestellt wurde (act. 53). Die diesbezügliche Stellungnahme der Beklagten vom 10. März 2016 (act. 56) wurde dem Kläger zugestellt mit dem Hinweis, dass eine allfällige Stellungnahme anlässlich der Hauptverhandlung erfolgen könne (act. 59). Am

7. April 2016 wurde die Hauptverhandlung durchgeführt (Prot. S. 11 ff.).

  1. Zuständigkeit

    Das hiesige Gericht ist gestützt auf Art. 2 Ziff. 1 LugÜ sowie Art. 24 LugÜ (international) örtlich zuständig (s. bereits Beschluss vom 21. April 2015 [act. 23 E. 2.1]). Die sachliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts folgt aus § 19 GOG (s.a. Beschluss vom 19. Februar 2015 [act. 6 E. 1]).

  2. Anwendbares Recht

    Das anwendbare Recht bestimmt sich nach Art. 139 Abs. 1 und 3 IPRG. Danach unterstehen Ansprüche aus Verletzung der Persönlichkeit durch das Bearbeiten von Personendaten nach Wahl des Geschädigten dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Geschädigten (lit. a), des gewöhnlichen Aufenthaltsbzw. des Niederlassungsorts des Urhebers (lit. b) des Erfolgsorts (lit. c), wobei in den Fällen von lit. a und lit. c der Schädiger mit dem Eintritt des Erfolgs in diesem Staat rechnen musste. Die Wahlerklärung kann jederzeit nach Eintritt des den Anspruch begründenden Ereignisses erfolgen, bereits vor erst im Prozess. Sie ist auch implizit möglich (BSK IPRG-Dasser, Art. 139 N 21 mit Verweis auf Art. 138 N 12 f. und N 24; Rosenthal/Jöhri, Handkommentar DSG, Zürich 2008,

    Art. 139 IPRG N 15).

    Wie im Beschluss vom 21. April 2015 (act. 23 E. 2.2.2) ausgeführt, hat der Kläger keine ausdrückliche Rechtswahl getroffen. Jedoch stützt er seinen Anspruch ausdrücklich auf das Schweizer Datenschutzgesetz sowie das Schweizer Bankengesetz (act. 2 Rz. 22 ff., 45 ff.; act. 31 Rz. C.27 ff., C.67 ff.). Dies stellt eine implizite Wahlerklärung dar, so dass vorliegend Schweizer Recht anwendbar ist.

  3. Rechtsschutzinteresse

    1. Die Beklagte macht geltend, mindestens 27 der 45 Konti, in deren Zusammenhang der Name des Klägers erscheine, seien den US-Behörden von Steuerpflichtigen im Rahmen eines so genannten Offshore Voluntary Disclosure Program (OVDP) bereits gemeldet worden (act. 36 Rz. 7 ff.). In der erneuten Nennung des Klägers gegenüber denselben Behörden sei keine Datenbekanntgabe im Sinne des DSG zu sehen und es bestehe kein Rechtsschutzinteresse am Verbot der Datenübermittlung derselben Daten an dieselben Behörden (act. 36 Rz. 15 ff.).

    2. Das Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses der klagenden Partei ist eine Prozessvoraussetzung (Art. 59 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO), die von Amtes wegen zu prüfen ist (Art. 60 ZPO). Bei Unterlassungsklagen ist ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse des Klägers gegeben, wenn das Verhalten des Beklagten eine künftige Rechtsverletzung ernsthaft befürchten lässt, d.h. eine solche mit einer gewissen Unmittelbarkeit droht (BGer 5A_228/2009 vom 8. Juli 2009, E. 4.1 m.H.). Ob eine Rechtsverletzung droht, ist jedoch primär Voraussetzung für die Entstehung des Unterlassungsanspruchs (Wiederholungs-, Begehungsgefahr). Der Nachweis des Rechtsschutzinteresses (im Sinne einer Prozessvoraussetzung) ist deshalb bei Unterlassungsklagen leicht zu machen (BGE 97 II 97 E. 5b).

      Vorliegend ist unbestritten, dass die Beklagte die Daten des Kläger an das DoJ herausgeben will, mithin eine Handlung unmittelbar droht. Bestritten ist, ob diese Handlung materiell eine Persönlichkeitsverletzung (unzulässige Bekanntgabe von Personendaten) darstellt. Das Rechtsschutzinteresse ist zu bejahen und die Frage der Persönlichkeitsverletzung im Rahmen der Anspruchsprüfung zu erörtern. Im Übrigen wird sich zeigen, dass entgegen der Beklagten ohnehin nicht angenommen werden kann, das DoJ habe bereits Kenntnis von den Personendaten des Klägers (dazu hinten E. IV/2.2).

  4. Novenrecht

    1. Der Kläger reichte am 17. Februar 2016 mittels Noveneingabe zwei neue Beweismittel ein (act. 46 ff.). Bei den eingereichten Verlautbarungen des DoJ (act. 49/72+73), so führt er aus, handle es sich um echte Noven, da sie erst nach Einreichung der Replik ergangen seien (act. 47 Rz. I.2). Demgegenüber hält die Beklagte dafür, das Vorbringen der Noven sei verspätet, sei die Eingabe doch erst mehr als 40 bzw. 20 Tage nach Veröffentlichung der eingereichten Urkunden erfolgt (act. 56 Rz. 4 ff.).

    2. Art. 229 ZPO regelt das sog. Novenrecht, d.h. die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Bedingungen die Parteien neue Tatsachen und Beweismittel vorbringen können. Wurde wie vorliegend ein zweiter Schriftenwechsel durchgeführt, werden in der Hauptverhandlung Noven nur noch berücksichtigt, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und erst nach Abschluss des Schriftenwechsels entstanden gefunden worden sind wenn sie trotz zumutbarer Sorgfalt nicht vorher vorgebracht werden konnten (Art. 229 Abs. 1

ZPO). Bei Entstehung vor Beginn der Hauptverhandlung sind sie im Rahmen des je ersten mündlichen Parteivortrags gemäss Art. 228 Abs. 1 ZPO vorzubringen. Nicht zwingend, aber zulässig ist die Einreichung einer separaten Noveneingabe vor dem Hauptverhandlungstermin (DIKE ZPO-Pahud, Art. 229 N 1, 7 ff., 14 [online-Stand 30.08.2013]; BSK ZPO-Willisegger, Art. 229 N 9; KuKo ZPONaegeli/Mayhall, Art. 229 N 10; strenger: ZK ZPO-Leuenberger, Art. 229 N 9;

HGer ZH, ZR 112 [2013] Nr. 35, S. 140).

Die vom Kläger eingereichten zwei neuen Beweismittel datieren vom

23. Dezember 2015 bzw. vom 27. Januar 2016. Sie sind erst nach Einreichung der Replik entstanden. Es hätte entsprechend in zeitlicher Hinsicht genügt, wenn sie zu Beginn der Hauptverhandlung vorgebracht worden wären. Die Einreichung mittels separater Noveneingabe war jedenfalls rechtzeitig.

Nach dem Ausgeführten wurde im Übrigen auch seitens der Beklagten ein vom

21. März 2016 datierendes Dokument (act. 64) anlässlich der Hauptverhandlung rechtzeitig eingereicht (vgl. Prot. S. 15).

III. Sachverhalt und Parteivorbringen
  1. Sachverhalt

    1. Der Kläger ist seit mehr als 25 Jahren im Fürstentum Liechtenstein als diplomierter Treuhänder und Buchhalter tätig, mittlerweile selbstständig. Er arbeitete von 2004 bis Dezember 2011 als Geschäftsführer und Treuhänder für die C. in Vaduz und ab Gründung der D. AG in Zürich im Jahr 2008 zusätzlich für diese als Relationship Manager. Er fungierte als Verwaltungsrat, Stiftungsrat Trustee für verschiedene Bankkunden der Beklagten. In dieser Funktion hatte er für 45 Bankkonti, bei denen ein US-Staatsangehöriger als Kontoinhaber wirtschaftlich Berechtigter aufgeführt war, eine Zeichnungsberechtigung (act. 2 Rz. 7, 10, 18; act. 25 Rz. 22, 27).

    2. Die Beklagte ist eine Schweizer Bank in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Sie gehört zur Gruppe der E. Bank. Ende März 2015 wurde bekanntgegeben, dass die F. Bank das unter der Marke B. geführte Private-Banking-Geschäft der E. Bank bzw. ausgewählte Kundenbeziehungen in Form einer Vermögens- übertragung (Asset Deal) erworben hat (act. 2 Rz. 8; act. 5/21; act. 31 Rz. A.1; act. 33/33+34; act. 36 Rz. 24).

    3. Unter dem Datum vom 29. August 2013 publizierte das US-Justizministerium (Department of Justice; DoJ) das Program for Non-Prosecution Agreements or Non-Target Letters for Swiss Banks (US-Programm) zur Bereinigung des Steuerstreits der Schweizer Banken mit den USA (act. 5/20). Dieses ermöglicht es den Banken, ihre strafrechtliche Verantwortlichkeit im Hinblick auf mögliche Verstösse gegen US-Recht zu bereinigen. Sie können am US-Programm in einer von vier Kategorien teilnehmen. Die Beklagte nimmt am US-Programm als Kategorie-2-Bank teil. Dabei handelt es sich um Banken, gegen welche die USBehörden keine Strafuntersuchung führen, die aber Grund zur Annahme haben, gegen die US-Gesetzgebung verstossen zu haben, und ein sogenanntes NonProsecution-Agreement (NPA) anstreben. Gestützt auf Ziff. II.D.2.b.v des USProgramms ist der Kläger als Teil der sogenannten D.2-Liste (Leaver-Liste) dem DoJ zu melden (act. 2 Rz. 10, 18; act. 25 Rz. 21 ff.; act. 31 Rz. C.16; act. 56

Rz. 16).

Mit Verfügung des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) vom 28. März 2014 wurde der Beklagten eine Bewilligung gemäss Art. 271 StGB erteilt. Es wurde ihr im Zusammenhang mit der Bereinigung ihrer rechtlichen Situation mit den USA bewilligt, mit den zuständigen US-Behörden im Rahmen der schweizerischen Gesetzgebung zu kooperieren (act. 13/2). Die Bewilligung wurde mit Verfügung vom 26. März 2015 verlängert (act. 27/8).

Die Beklagte informierte den Kläger mit Schreiben vom 14. Mai 2014 sowie vom

25. August 2014, dass sie am US-Programm teilnehmen werde und seinen Namen dem DoJ zu übermitteln gedenke. Der Kläger erhob Widerspruch gegen die geplante Datenübermittlung. Mit Schreiben vom 1. September 2014 verlangte er, dass sein Name bei sämtlichen von der Beklagten aufgelisteten Konti geschwärzt werde, und mit Schreiben vom 12. September 2014 bekräftigten seine inzwischen

mandatierten Rechtsvertreter den erhobenen Widerspruch (vgl. act. 2 Rz. 18 ff., act. 5/3; act. 5/27; act. 5/28).

Am 25. September 2014 wurde das Schlichtungsverfahren eingeleitet und am 3. Februar 2015 wurde die vorliegende Klage anhängig gemacht (vorne E. II/1).

Im Dezember 2015 schloss die Beklagte mit dem DoJ ein NPA (von der Beklagten am 19. bzw. 21. Dezember 2015 und vom DoJ am 23. Dezember 2015 unterzeichnet; act. 38/33). Gemäss dieser Vereinbarung verpflichtet sich die Beklagte angesichts ihres darin beschriebenen Verhaltens und im Sinne des USProgramms zur Bezahlung einer Summe von USD 78'484'000.an das DoJ, und zwar as a penalty (act. 38/33 S. 2).

  1. Standpunkt des Klägers

    Der Kläger hält im Wesentlichen dafür, die von der Beklagten geplante Bekanntgabe seiner Daten verstosse gegen das Datenschutzgesetz und sei unzulässig. Die beabsichtige Datenlieferung würde in schwerwiegender Weise in seine Grundrechte eingreifen, insbesondere in seine Bewegungsfreiheit, seine psychische Integrität sowie in die Eigentumsgarantie und Wirtschaftsfreiheit (act. 31 Rz. C.21). Sie könnte zur Folge haben, dass gegen ihn durch US-Behörden strafund/oder verwaltungsrechtliche Verfahren wegen angeblicher Verletzung Beihilfe zur Verletzung des US-Steuerrechts eröffnet würden (act. 2 Rz. 4), wie dies in vergleichbaren Fällen auch gegen Personen aus der B.-Gruppe schon geschehen sei (vgl. act. 31 Rz. C.37, C.39 f.). Solche strafund/oder verwaltungsrechtliche Verfahren hätten schwerwiegende Auswirkungen auf sein geschäftliches und privates Leben. Würden die USA eine Person zur Verhaftung ausschreiben, laufe diese in jedem Staat, der mit den USA einen Auslieferungsvertrag abgeschlossen habe, Gefahr, verhaftet und an die USA ausgeliefert zu werden. Entsprechend könnte er sich praktisch nur noch im Fürstentum Liechtenstein bewegen (act. 2 Rz. 4, 35; act. 31 Rz. C.44 f.). Er (der Kläger) sei auch Geschäftsführer und Alleinaktionär einer Treuhandgesellschaft mit Sitz in Singapur, und da Singapur mit den USA ein Auslieferungsabkommen abgeschlossen habe, bliebe ihm nichts anderes übrig, als seine Geschäftstätigkeit in Singapur zu beenden und sein Geschäft zu verkaufen (act. 31 Rz. C.44 f., C.47). Zudem würden strafrechtliche Verfahren seine berufliche Integrität und Reputation in schwerer Weise beeinträchtigen (act. 2 Rz. 4, 35; act. 31 Rz. C.47, C.50). Erschwerend trete hinzu, dass ehemalige Kundenberater der Beklagten, die mit ihm zusammen gearbeitet hätten, ins Visier der US-Behörden geraten seien. Die Beklagte habe ihren Bankkunden Strukturen wie Stiftungen, Trusts Offshore-Gesellschaften quasi inhouse verkauft, d.h. der jeweilige Kundenberater habe ihm (dem Kläger) den Auftrag gegeben, eine entsprechende Struktur zu errichten und darin als Direktor, Stiftungsrat Trustee Einsitz zu nehmen. Im Rahmen laufender Untersuchungen gegenüber ehemaligen Kundenberatern der Beklagten könnte so auch er in den Fokus der US-Behörden geraten (act. 2 Rz. 9 f., act. 31 Rz. C.38). Zudem bestehe die Gefahr, dass die US-Behörden versuchen könnten, von ihm Informationen über die von ihm betreuten Strukturen und deren wirtschaftlich Berechtigte erhältlich zu machen (act. 31 Rz. C.33). Wie ein Rechtsanwalt sei ein Treuhänder im Fürstentum Liechtenstein an das Berufsgeheimnis gebunden. Würde gegen ihn aufgrund der Datenlieferung in den USA ein Verfahren eröffnet, würde er in einen unauflöslichen Interessenskonflikt (berufliche Schweigepflicht gegen Interesse auf Abwendung eines Strafverfahrens Minimierung des Strafmasses) gelangen (act. 31 Rz. C.49).

    Ein Rechtfertigungsgrund für eine Datenlieferung, insbesondere ein überwiegendes öffentliches Interesse, liege nicht vor (act. 2 Rz. 31). Das öffentliche Interesse bestehe in der Erhaltung eines starken Finanzplatzes Schweiz, nicht in der Erhaltung von einzelnen, nicht systemrelevanten Finanzinstituten (act. 31 Rz. C.2, C.82). Die wirtschaftliche Fortexistenz der Beklagten sei ein rein privates Interesse und kein öffentliches (act. 31 Rz. C.52). Auch habe die Beklagte inzwischen ihr Kerngeschäft an die F. Bank verkauft. Ihr Mitarbeiterbestand und der Kundenstamm seien stark geschrumpft. Von ihrer Existenz hänge keine erhebliche Zahl von Arbeitsplätzen ab. Die verbleibende Rumpfstruktur sei für den Schweizer Finanzplatz bedeutungslos und wäre auch ohne Intervention der US-Justiz längerfristig nicht überlebensfähig. Die Konsequenzen eines allfälligen Kollapses der Beklagten wären nicht gravierender als der Konkurs eines anderen KMU (act. 31 Rz. C.5, C.53, C.57, C.64, C.78). Schliesslich gebe es auch ein öffentliches Interesse an der Nichtlieferung der Daten des Klägers. Durch die beabsichtigte Preisgabe würde der Schweizer Volkswirtschaft, dem Rechtshilferecht und nicht zuletzt der Souveränität der Schweiz Schaden zugefügt. Zudem verschaffe jede Datenlieferung der US-Justiz zusätzliche Munition, um weitere Finanzinstitute, Bankmitarbeiter und Dritte wie Treuhänder und Anwälte rechtlich zu belangen (act. 31 Rz. C.59). Im Übrigen sei nicht anzunehmen, dass die US-Behörden auf punktuelle gerichtliche Verbote der Datenübermittlung mit der Beendigung des Programms reagieren würden (act. 31 Rz. C.19 f., 56, C.82).

  2. Standpunkt der Beklagten

Die Beklagte trägt vor, mit dem Abschluss des NPA einen Meilenstein in ihrer Auseinandersetzung mit dem DoJ erreicht zu haben. Ausstehend sei aber noch die Erfüllung der Pflichten aus dem NPA. Dafür sei die entsprechende Kooperation weiterhin erforderlich (act. 36 Rz. 41). Unter dem abgeschlossenen NPA müsse sie dem DoJ bestimmte Angaben hinsichtlich Konti mit einem US-Bezug übermitteln, die seit dem 1. August 2008 geschlossen worden seien. Unter anderem seien die Namen der Personen anzugeben, die mit den betreffenden Konti in Verbindung gestanden hätten, wie z.B. Kundenbetreuer, Kundenberater, Vermögensverwalter Anwälte (act. 36 Rz. 48). Sie werde demnächst also in den nächsten Wochen - die II.D.2-Daten liefern müssen. Zu diesem Zeitpunkt müsse es ihr möglich sein, mit den US-Behörden zu kooperieren und die geforderten Daten vollständig bekanntzugeben (act. 36 Rz. 52; act. 56 Rz. 14). Die Übermittlung von materially false, incomplete, or misleading testimony or information hätte für sie gravierende Konsequenzen. Das DoJ könne sie immer noch anklagen, wenn sie die Bestimmungen des NPA verletze (act. 36 Rz. 49). Von ihrer Existenz hänge eine erhebliche Zahl von Arbeitsplätzen ab, bei ihr selber wie auch bei ihren Zulieferern und Kunden. Die Folgekosten würde in erheblichem Masse die Öffentlichkeit tragen (act. 25 Rz. 49; act. 36 Rz. 28).

Im Zentrum des US-Programms stehe sodann die Stärkung des angeschlagenen Finanzplatzes Schweiz. Bei der Datenübermittlung gehe es mithin nicht um sie, die Beklagte, sondern um ihren Beitrag zur Erledigung des Steuerstreits mit den USA (act. 25 Rz. 53; act. 36 Rz. 22). Die Schweizer Banken seien mit Nachdruck

aufgefordert worden, bei der Lösung des Steuerstreits zu kooperieren (act. 25 Rz. 7). Die auf höchster politischer Ebene verhandelte Lösung in Form des USProgramms verdeutliche die Wichtigkeit und das Interesse der Schweiz an der Beilegung des Steuerstreits sowie insbesondere an der Teilnahme der Schweizer Banken am US-Programm (act. 25 Rz. 10, 50). Der Bundesrat habe sie mit Verfügung vom 28. März 2014 zur Datenlieferung ermächtigt (act. 36 Rz. 38 ff.) und mache ebenso wie das Genfer Obergericht und der Eidgenössische Datenschutzund Öffentlichkeitsbeauftragte keinen Unterschied zwischen systemrelevanten und anderen Banken. Er anerkenne das öffentliche Interesse an ihrem Erhalt. Ansonsten hätte er die Verfügung nicht erlassen und auch nicht verlängert (act. 36 Rz. 42, 47, 61). Der ganze Finanzplatz hänge stark von einer einwandfreien Reputation ab. Auch der Untergang einzelner Finanzinstitute könne diese schädigen. Somit bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an ihrem (der Beklagten) Weiterbestand und damit an der Verhinderung einer existenzgefährdenden Anklage (act. 36 Rz. 20, 28; act. 56 Rz. 18 f.).

Auf der anderen Seite könne der Kläger kein reelles Interesse an einem Verbot der Datenlieferung nachweisen. Er beschränke sich auf die pauschale Behauptung nicht weiter begründeter Konsequenzen (act. 25 Rz. 38; act. 36 Rz. 74, 81). Es lägen keinerlei objektive Anhaltspunkte vor, wonach die Datenübermittlung ein Strafverfahren ein anderes Verfahren gegen den Kläger auslösen könnte (act. 25 Rz. 38 f.). Die zu übermittelnde II.D.2-Liste enthalte keine Wertung des klägerischen Verhaltens, sondern besage einzig, dass der Kläger für 45 Kundenbeziehungen mit einem Gesamtvermögen von USD 130 Mio. als Zeichnungsberechtigter tätig gewesen sei. Diese Aussage begründe keinen Verdacht gegen den Kläger (act. 25 Rz. 45; act. 36 Rz. 66). Die in den II.D.2-Listen genannten Personen seien weder zwingend schuldhaft, noch hätten sie unbedingt eine Strafverfolgung zu befürchten (act. 36 Rz. 67 f.). In früheren Fällen, in denen zeichnungsberechtigte Vermögensverwalter im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden US-Kundengeschäft von Schweizer Banken in den USA verfolgt worden seien, hätten schwerwiegende Verstösse gegen US-Gesetze zur Debatte gestanden und konkrete Verdachtsmomente vorgelegen (act. 25 Rz. 41). Der Kläger behaupte nicht, je solche Verstösse begangen zu haben, und der Beklagten lägen keine entsprechenden Hinweise Verdachtsmomente vor. Es sei unbestritten, dass dem Kläger keine Gehilfenschaft zur Steuerhinterziehung vorgeworfen werden könne. Bei objektiver Betrachtung bestehe keinerlei ernsthafte Gefahr, dass der Kläger als Folge der geplanten Datenübermittlung in den Fokus der US-Justiz gelangen könnte und gegen ihn Anklage erhoben würde (act. 25 Rz. 42; act. 36 Rz. 75 f., 80 f.). Zudem sei es aufgrund der grossen Zahl von Personendaten, die das DoJ im Rahmen des US-Programms von Schweizer Banken erhalten werde, höchst unwahrscheinlich, dass die US-Behörden gegen Personen wie den Kläger individuell Anklage erheben würden (act. 25 Rz. 44; act. 36 Rz. 69). Alleine ihre eigene Gesamtübermittlung umfasse eine sehr grosse Menge an Daten. Die Zeilen betreffend den Kläger seien in dieser Masse kaum wahrnehmbar (act. 25 Rz. 25).

Die öffentlichen Interessen an der Übermittlung würden die Interessen des Klägers am Verbot der Datenlieferung überwiegen. Die Datenübermittlung in die USA sei damit nach Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG gerechtfertigt (act. 25 Rz. 54). Mindestens

27 der 45 betroffenen Konti seien den US-Behörden von Steuerpflichtigen im Rahmen eines OVDP ohnehin bereits gemeldet worden (act. 36 Rz. 7 ff.). In der erneuten Nennung des Klägers gegenüber denselben Behörden sei keine Datenbekanntgabe im Sinne des DSG zu sehen (act. 36 Rz. 15 ff.).

IV. Beurteilung
  1. Allgemein

    Wer durch die Bearbeitung von Personendaten widerrechtlich in seiner Persönlichkeit verletzt wird, kann gemäss Art. 15 Abs. 1 DSG in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 ZGB zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen und nach Art. 28a ZGB verlangen, dass eine drohende Verletzung verboten bzw. eine bestehende Verletzung beseitigt festgestellt wird.

    Die Bearbeitung von Personendaten entgegen den allgemeinen Datenbearbeitungsgrundsätzen stellt im Sinne einer nicht widerlegbaren Vermutung eine Persönlichkeitsverletzung dar (Rosenthal/Jöhri, Art. 6 N 27, Art. 12 N 14). Ist eine

    Persönlichkeitsverletzung erstellt, so ergibt sich daraus grundsätzlich auch die Widerrechtlichkeit. Jede Verletzung der Persönlichkeit ist als Verletzung eines absoluten Rechtsguts widerrechtlich, ausser es liegt ein Rechtfertigungsgrund vor.

    Die Beweislast für das Vorliegen einer Persönlichkeitsverletzung trägt nach der allgemeinen Regel die betroffene Partei, jene für das Bestehen einer hinreichenden Rechtfertigung hingegen die Daten verarbeitende Gegenpartei, die sich darauf beruft (Art. 8 ZGB; BSK DSG-Rampini, Art 15 N 3; Rosenthal/Jöhri, Art. 6 N 36, Art. 12 N 8 m.H.).

  2. Bearbeiten von Personendaten

    1. In Art. 3 DSG werden die im Gesetz verwendeten Begriffe definiert. Gemäss dessen lit. e gilt jeder Umgang mit Personendaten als bearbeiten, unabhängig von den angewandten Mitteln und Verfahren, insbesondere das Beschaffen, Aufbewahren, Verwenden, Umarbeiten, Bekanntgeben, Archivieren Vernichten von Daten. Gemäss Art. 3 lit. f DSG bedeutet Bekanntgeben das Zugänglichmachen von Personendaten wie das Einsichtgewähren, Weitergeben Veröffentlichen. Bekanntgeben meint damit jede aktive Weitergabe und jedes passive Zugänglichmachen von Personendaten, die es einem Dritten ermöglichen, vom Inhalt personenbezogener Informationen Kenntnis zu nehmen (BGer 2C_437/2011 vom 24. Februar 2012, E. 2.3 m.H.). Eine Bekanntgabe liegt immer dann vor, wenn durch ein Verhalten bewirkt wird, dass Personen zu Informationen Zugang erhalten, die ihnen vorgängig nicht bekannt waren, wenn der Umfang der Personendaten, der einem bestimmten Personenkreis schon zugänglich ist, erweitert wird (Rosenthal/Jöhri, Art. 3 N 76).

    2. Nicht strittig ist vorliegend, dass die Datenlieferung an eine US-Behörde grundsätzlich ein unzulässiges Bearbeiten von Personendaten, eine Bekanntgabe im Sinne von Art. 3 lit. f DSG darstellt. Die Beklagte bringt aber vor, mit Bezug auf

      27 der insgesamt 45 betroffenen Konti sei der Name des Klägers den USBehörden von Steuerpflichtigen im Rahmen eines Offshore Voluntary Disclosure Program (OVDP) bereits gemeldet worden. Bei einem solchen OVDP müsse die steuerpflichtige Person der US-Bundessteuerbehörde (Internal Revenue Service;

      IRS) zahlreiche Angaben machen sowie diverse Unterlagen zu ihren Bankbeziehungen im Ausland einreichen. Es müssten insbesondere die Namen von Dritten genannt werden, die für die Konti beim ausländischen Bankinstitut tätig gewesen seien. Gemacht werden müssten Angaben zu individual(s), affiliates and/or organ[i]zation(s) (e.g., banks, independent financial advisors, trust or corporate service providers) who advised or assisted you in opening and using/maintaining the account. lnclude contact information for individual(s) and/or organization(s) (act. 36 Rz. 11; act. 38/20). Unvollständige falsche Angaben im OVDP könnten die Selbstanzeige ungültig machen und strafrechtliche Folgen nach sich ziehen (act. 36 Rz. 7 ff.). Unter diesen Umständen sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Name des Klägers ebenfalls offengelegt worden sei. In der erneuten Nennung des Klägers gegenüber denselben Behörden sei keine Datenbekanntgabe im Sinne des DSG zu sehen (act. 36 Rz. 15 ff.).

      Es mag sein, dass der Name des Klägers im Rahmen eines OVDP gemeldet worden ist. Beweisen lässt sich das mit den von der Beklagten eingereichten Closing Agreements bzw. Pre-Clearance Approvals (act. 37/21-32) allerdings nicht. Sodann liegen zum einen nur für maximal 12 Konti überhaupt Unterlagen zu OVDPs bei den Akten (act. 37/21-32); die von der Beklagten ausgedrückte Bereitschaft, weitere Unterlagen einzureichen (act. 36 Rz. 14), genügt nicht (vgl. Art. 221 Abs. 2 lit. c ZPO; Art. 229 ZPO). Zum andern müssen im OVDP zwar Drittpersonen gemeldet werden, welche die steuerpflichtige Person beraten bzw. ihr dabei geholfen haben, das Bankkonto zu eröffnen und zu benützen/führen (who advised or assisted you in opening and using/maintaining the account, act. 37/20). Die Beklagte nennt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zeichnungsberechtigung des Klägers davon erfasst wird bzw. dass der Kläger in dieser Hinsicht tätig wurde. Schliesslich behauptet auch die Beklagte nicht, dass eine steuerpflichtige Person die Daten dem DoJ bekannt gegeben habe. Vielmehr ist die Meldung auch gemäss Darstellung der Beklagten gegenüber dem IRS erfolgt. Beim DoJ und dem IRS handelt es sich entgegen den Behauptungen der Beklagten (act. 36 Rz. 17) - nicht um dieselben Behörden, sondern um zwei verschiedene US-Behörden, die nicht einmal zum gleichen Ministerium gehören. Das IRS ist

      Teil des US-Finanzministeriums, während das DoJ Teil des USJustizministeriums ist.

      Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dem DoJ seien die Daten des Klägers schon bekannt, und handelt es sich bei der beabsichtigten Datenübermittlung um ein Bekanntgeben von Personendaten im Sinne von Art. 3 lit. f DSG.

  3. Schwerwiegend persönlichkeitsgefährdende grenzüberschreitende Datenbekanntgabe (Art. 6 Abs. 1 DSG)

    1. Art. 6 DSG regelt die grenzüberschreitende Bekanntgabe von Personendaten. Danach dürfen Personendaten nicht ins Ausland bekannt gegeben werden, wenn dadurch die Persönlichkeit der betroffenen Person schwerwiegend gefährdet würde, namentlich weil eine Gesetzgebung fehlt, die einen angemessenen Schutz gewährleistet (Art. 6 Abs. 1 DSG). Darüber hinaus sind bei der grenzüberschreitenden Datenbekanntgabe auch die allgemeinen Grundsätze der Datenbearbeitung zu beachten (BSK DSG-Mauer-Lambrou/Steiner, Art. 6 N 11a; Rosenthal/Jöhri, Art. 6 N 2; Epiney/Fasnacht, in: Belser/Epiney/Waldmann [Hg.], Datenschutzrecht, Bern 2011, § 10 Rz. 4).

    2. Zunächst ist festzuhalten, dass bereits eine gegen den Willen des Klägers erfolgende Datenbekanntgabe als solche einen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht darstellt. Verletzt wird dadurch sein Interesse an informationeller Selbstbestimmung, an der Verhinderung der Zweckentfremdung seiner Daten, am Verlust der Kontrolle über die Datenbearbeitung. Zu bejahen ist aber auch ein ganz konkretes, spezifisches Interesse an einer Verhinderung der Datenlieferung in die USA. Der Kläger wirkte für die Beklagte bzw. ihre Kunden als liechtensteinischer Anbieter von Offshore-Strukturen (act. 45 S. 4). Angesichts dieser Tätigkeit ist es gut möglich, dass sich das DoJ für ihn interessieren könnte, werden doch Offshore-Konstrukte mit einigem Grund nicht nur mit Korruption und Geldwäsche, sondern auch mit Steuervermeidung in Verbindung gebracht. Ob die Tätigkeit insbesondere gegen das Recht der USA verstossen hat ob wie beide Parteien betonen (vgl. act. 25 Rz. 42; act. 36 Rz. 75 f., 80 f.) alles legal war, ist unter diesem Gesichtspunkt von untergeordneter Bedeutung. Die Gefahr eines entsprechenden Verdachts und damit einer strafrechtlichen Verfolgung in den USA besteht durchaus. Damit verbunden wäre die Unsicherheit bei Reisen in die USA in andere Staaten, in denen mit der Auslieferung an die USA gerechnet werden müsste (dazu z.B. OGer ZH, LB150052 vom 8. Februar 2016, E. 4.3.1 m.H.).

      Auf entsprechende Risiken deuten auch weitere Umstände hin: Gemäss den unbestritten gebliebenen Ausführungen des Klägers seien seit 2008 38 Personen angeklagt worden, darunter auch Personen aus der B.-Gruppe (act. 31 Rz. C.37). Auch gleiche der Sachverhalt betreffend eine der verhafteten Personen dem Verhältnis zwischen der Beklagten und der C., für die der Kläger als Geschäftsführer tätig war (act. 31 Rz. C.41). Die Beklagte selbst führte aus, den bisher in den USA verfolgten Personen sei unter anderem vorgeworfen worden, mit zahlreichen USKunden (regelmässig mehr als 100) aktiv zusammengewirkt zu haben, um Vermögen in grosser Höhe (regelmässig über USD 100 Mio.) vor den USSteuerbehörden zu verbergen (act. 25 Rz. 41). Der Kläger verfügte bei 45 Konti mit einem Gesamtvermögen von rund USD 130 Mio. über eine Zeichnungsberechtigung (act. 36 Rz. 66). Selbst nach den Kriterien der Beklagten kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass sich die US-Behörden für den Kläger interessieren könnten. Zudem ist es wie der Kläger mutmasst (act. 31 Rz. C.39 f.) möglich, dass sich die US-Behörden zunächst auf die grossen Fische fokussieren und erst später - nach Erhalt der Daten ihre Verfolgungstätigkeit ausweiten. Dafür spricht auch die vom Kläger wiedergegebene Aussage des stellvertretenden Staatsanwalts des DoJ, James Cole, das DoJ habe sich der weltweiten Verfolgung von Finanzinstituten verschrieben, die grenzüberschreitende Steuerhinterziehung erleichtert hätten, ebenso wie von Personen, die sich ihren Steuernund Meldepflichten entzogen hätten, und von Personen, die ihnen dabei geholfen hätten (act. 31 Rz. C.42).

      Unter diesen Umständen würde die Persönlichkeit des Klägers durch eine Datenlieferung an das DoJ schwerwiegend gefährdet.

    3. Eine schwerwiegende Gefährdung der Persönlichkeit des Klägers ergibt sich sodann unmittelbar aus dem im Gesetz ausdrücklich genannten Kriterium, dass im Zielland ein angemessener Datenschutz fehlt. So ist es gerichtsnotorisch, dass

      die USA über einen ungenügenden Datenschutz verfügen (OGer ZH, LB150052 vom 8. Februar 2016, E. 4.3.1 m.H.). Entsprechendes lässt sich der auf der Homepage des Eidgenössischen Datenschutzund Öffentlichkeitsbeauftragten abrufbaren Staatenliste entnehmen (, zuletzt besucht am 7. April 2016). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass im Joint Statement des DoJ und des Eidgenössischen Finanzdepartements vom 29. August 2013 (act. 5/20) festgehalten wird, die USA dürften die gelieferten Daten für sämtliche nach US-Recht zulässigen Zwecke verwenden (OGer ZH, LB150052 vom 8. Februar 2016, E. 4.3.2 m.H.).

    4. Festzuhalten ist, dass die Datenlieferung in die USA die Persönlichkeit des Klägers schwerwiegend gefährden würde und gemäss Art. 6 Abs. 1 DSG grundsätzlich verboten ist.

  4. Rechtfertigung durch überwiegendes öffentliches Interesse

      1. In Frage steht, ob sich die Beklagte für eine Bekanntgabe der Personendaten auf einen Rechtfertigungsgrund stützen kann. Bei der grenzüberschreitenden Datenbekanntgabe gilt dabei Folgendes: Fehlt eine Gesetzgebung, die einen angemessenen Schutz gewährleistet, so können Personendaten ins Ausland nur bekannt gegeben werden, wenn ein Fall von Art. 6 Abs. 2 lit. a bis g DSG vorliegt. Die dortige Aufzählung ist abschliessend (Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über den Datenschutz vom 19. Februar 2003, BBl 2003 S. 2129; BSK DSG-Mauer-Lambrou/Steiner, Art. 6 N 22c; Rosenthal/Jöhri, Art. 6 N 36; OGer ZH, LB150052 vom 8. Februar 2016, E. 4.4). Bei der grenzüberschreitenden Datenbekanntgabe kommt es insbesondere auf ein privates Interesse des Verletzers, wie es in Art. 13 Abs. 2 DSG erwähnt wird, nicht an. Von vornherein nicht gegeben (und nicht geltend gemacht) sind sodann vorliegend die in Art. 6 Abs. 2 lit. a-c sowie e-g aufgezählten Bedingungen. Zu prüfen ist einzig, ob im Sinne von lit. d die Bekanntgabe im Einzelfall für die Wahrung eines überwiegenden öffentlichen Interesses [ ] unerlässlich ist.

      2. Mit dem öffentlichen Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG ist das öffentliche Interesse aus Schweizer Sicht gemeint. Soll die Datenbekanntgabe auf die Forderung den Wunsch eines ausländischen Staates hin erfolgen, ist massgebend, ob es den schweizerischen Interessen dient, dieser Forderung bzw. diesem Wunsch nachzukommen (Passadelis, in: Passadelis/Rosenthal/Thür [Hg.], Datenschutzrecht, Basel 2015, Rz. 6.59; Rosenthal/Jöhri, Art. 6 N 60 f.). Zu fragen ist damit vorliegend, ob aus Sicht der Schweiz ein überwiegendes öffentliches Interesse an einer Lieferung der Daten des Klägers an das DoJ besteht.

      1. Dabei ist vorab festzuhalten, dass zur Begründung des öffentlichen Interesses entgegen der Beklagten (vgl. act. 25 Rz. 7, 11 f., 53; act. 36 Rz. 37 ff., insbes. Rz. 42, 47, 97) nicht einfach auf Äusserungen von Bundesbehörden (Parlament, Bundesrat) der FINMA, welche die Wichtigkeit einer Bereinigung des Steuerstreits der Banken mit den USA hervorstreichen, abgestellt werden kann. Diese Äusserungen haben nicht nur keine bindende Wirkung für das Gericht, sondern gründeten auch nicht auf eingehenden Auseinandersetzungen mit dem nun vorliegenden US-Programm, dem inzwischen abgeschlossenen NPA dem Datenschutzrecht. In der Verfügung des EFD vom 28. März 2014, mit welcher der Beklagten die Bewilligung nach Art. 271 StGB erteilt wurde (act. 13/2; vorne E. III/1.3), wird zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, die Bewilligung entbinde nicht von der Einhaltung des übrigen Schweizer Rechts, insbesondere der Bestimmungen über den Datenschutz. Entsprechend hat das Gericht das Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses im konkreten Einzelfall zu prüfen.

      2. Ausgangspunkt bildet die (notorische) Tatsache, dass eine Bank, die von den USA wegen mangelnder Kooperation angeklagt wird, vom Untergang bedroht ist (BGE 137 II 431 E. 4.3.1). Unter dem Aspekt des öffentlichen Interesses ist von Bedeutung, welche Auswirkungen ein solcher Untergang auf die Schweizer Volkswirtschaft und das schweizerische Finanzsystem hätte. So hat das Bundesgericht in seinem Leitentscheid über die Lieferung von Bankkundendaten an USBehörden an die Systemrelevanz der betreffenden Bank angeknüpft (BGE 137 II 431 E. 4.1 f., E. 4.4). In der Zwischenzeit wurden auch vom Gesetzgeber entsprechende Wertungen vorgenommen und Regelungen betreffend systemrelevante

        Banken ins Bankengesetz eingefügt (Art. 7 ff. BankG). Eine Bank ist dann systemrelevant, wenn deren Ausfall die Schweizer Volkswirtschaft und das schweizerische Finanzsystem erheblich schädigen würde (Art. 7 Abs. 1 BankG). Entscheidende Kriterien sind Grösse, Vernetzung und Substituierbarkeit der erbrachten Finanzdienstleistungen, namentlich wenn es um Funktionen wie das inländische Einlagenund Kreditgeschäft den Zahlungsverkehr geht (vgl. Art. 8 Abs. 1 und 2 BankG). Gestützt auf Art. 8 Abs. 3 BankG hat alsdann die Schweizerische Nationalbank (SNB) die für die Schweiz systemrelevanten Banken bezeichnet: Es handelt sich um die Credit Suisse Group AG, die UBS AG, die Zürcher Kantonalbank, die Raiffeisen Finanzgruppe und die PostFinance AG (vgl. , zuletzt besucht am 23. März 2016). Damit steht fest, dass die Beklagte nicht zu den systemrelevanten Banken gehört, weshalb auch nicht angenommen werden kann, ihr Ausfall würde die Schweizer Volkswirtschaft und das Schweizer Finanzsystem erheblich schädigen. Daran ändert nichts, dass ihre Muttergesellschaft, die E. Bank, vom Financial Stability Board als global systemrelevante Bank geführt wird (, zuletzt besucht am 23. März 2016). Massgebend ist allein die Wertung aus schweizerischer Sicht.

      3. Mangels Systemrelevanz der Beklagten ist grundsätzlich zu schliessen, dass bei ihrem allfälligen Kollaps das schweizerische öffentliche Interesse nicht (in genügend erheblicher Weise) tangiert wäre (OGer ZH, LB150052 vom

8. Februar 2016, E. 4.4.1.1) und kein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG vorliegt.

Auch wenn man aber bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses nicht ausschliesslich auf das Kriterium der Systemrelevanz der Beklagten abstellt, kommt man, wie sich zeigen wird, zu keinem anderen Ergebnis (sogleich E. 4.3).

      1. Die Schweizer Wirtschaft ist geprägt von einem im internationalen Vergleich relativ grossen und bedeutenden Bankensektor. Die Schweiz hat denn auch zweifellos ein Interesse an der Beilegung des Steuerstreits mit den USA ohne weitere Strafverfahren Anklagen gegen Schweizer Banken. Indem mittlerweile sämtliche Banken, die sich in der Kategorie 2 des US-Programms eingereiht haben, ein NPA mit dem DoJ abgeschlossen haben, ist ein bedeutender Schritt in diese Richtung erfolgt. Die Beklagte weist freilich zu Recht darauf hin, dass sie auch nach Abschluss des NPA verpflichtet ist, die Daten des Klägers zu übermitteln (act. 36 Rz. 24, 41, 49). So hält das US-Programm ausdrücklich fest, dass die II.D.2-Daten (Leaver-Liste) erst bei Ausführung des NPA zu übermitteln sind (upon execution of an NPA the Swiss Bank must provide information including; act. 27/1). Auch im NPA der Beklagten mit dem DoJ (act. 38/33) steht nichts Gegenteiliges. Dort ist vielmehr festgehalten, dass das DoJ diesen Vertrag gestützt auf die Vorlage der II.D.2-Informationen durch die Beklagte bei Ausführung des NPA schliesse (The Department enters into this Agreement based, in part, on the following Swiss Bank Program factors (c) B.s production of information about its U.S. Related Accounts, including upon execution of the Agreement (v) the name and function of any relationship manager, client advisor, asset manager, financial advisor, trustee, fiduciary, nominee, attorney, accountant, or other individual or entity functioning in a similar capacity known by B. to be affiliated with said account at any time during the Applicable Period; act. 38/33 S. 2 f.). Zur endgültigen Beilegung des Steuerstreits ist damit erforderlich, dass die Bank die Pflichten gemäss NPA erfüllt, insbesondere auch die Pflicht zur Datenübermittlung. Kommen nun einzelne Banken ihren mit dem NPA eingegangenen Pflichten nicht vollständig nach, stellt sich die Frage der Konsequenzen.

      2. Nicht zu erwarten ist, dass die USA bzw. das DoJ das Programm gegenüber allen Banken beenden würden, zumal sich in den einzelnen NPA keine entsprechende Klauseln finden, die bei einer Verletzung eines NPA Sanktionen gegen- über den anderen Banken und insbesondere die Kündigung der übrigen NPA erlauben würden.

      3. Was die Beklagte als solche betrifft, hängen von ihrer Existenz wie bei jedem anderen Unternehmen - Arbeitsplätze ab, bei ihr selber wie auch bei ihren Zulieferern und Kunden. Die Beklagte hat aber nicht dargetan, wie viele Arbeitsplätze bei ihr in Gefahr wären, sondern spricht nur unsubstanziiert von einer erheblichen Zahl (act. 25 Rz. 49; act. 36 Rz. 28). Dazu kommt, dass die Beklagte nicht dargelegt hat, inwiefern nach dem Verkauf von Kundenbeziehungen an die

        F. Bank noch Arbeitsplätze gefährdet sind, auch wenn mehrere hundert Kundenbeziehungen bei ihr verbleiben. Der Mitarbeiterbestand und der Kundenstamm der Beklagten sind gemäss unbestritten gebliebener Ausführungen des Klägers (act. 31 Rz. B.5, C.53, C.57, C.78) bereits im Vorfeld der Übernahme stark geschrumpft. Immerhin spricht sie selbst davon, dass diese abgewickelt werden müssen (act. 36 Rz. 25). Abgesehen davon, dass jeder einzelne Arbeitsplatzverlust bedauerlich ist, wären die Folgen eines Konkurses der Beklagten jedenfalls nicht grösser als bei jedem grösseren Unternehmen und vermögen kein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG zu begründen.

      4. Sodann ist offen, ob es bei einer Nichtlieferung der Daten des Klägers (und von allfälligen weiteren Personen) aufgrund eines gerichtlichen Verbots an die Beklagte tatsächlich zu einer Strafanklage gegen sie kommen würde. Den Schutz eines NPA geniesst sie zwar nur bei Erfüllung der Pflichten gemäss NPA, insbesondere auch der Pflicht zur vollständigen Datenübermittlung. Im NPA ist diesbezüglich festgehalten, dass die Beklagte der Strafverfolgung unterliegt, wenn die Steuerabteilung des DoJ nach eigenem Ermessen feststellt, dass die Beklagte einer ihrer Vertreter wesentlich falsche, unvollständige irreführende Aussagen Informationen gemacht bzw. gegeben haben anderweitig eine Bestimmung des NPA Bedingungen des US-Programms wesentlich verletzt haben (if the Tax Division determines, in its sole discretion, that: (b) B. or any of its representatives have given materially false, incomplete, or misleading testimony or information; or

        (d) B. has otherwise materially violated any provision of this Agreement or the terms of the Swiss Bank Program, then (i) B. shall thereafter be subject to prosecution ; act. 38/33 S. 5). Es ist aber grundsätzlich davon auszugehen, dass die USA die Schweizer Rechtsordnung respektieren, und hierauf deutet die jüngste Entwicklung denn auch hin. Dem DoJ dürfte nicht entgangen sein, dass - nach diversen vorsorglichen Verboten verschiedene Urteile gefällt wurden, die einzelnen Banken Datenlieferungen verboten haben, zumal diese Urteile in den Medien thematisiert worden sind (Urteil des Tribunal de Première Instance Genève C/1271/2013-7 vom 28. Mai 2015 [zweitinstanzlich bestätigt durch Urteil des Arrêt de la Cour de Justice, Chambre civil, C/1271/2013 vom 11. Dezember 2015]; Urteil des Bezirksgericht Horgen CG140026-F vom 9. Juli 2015 [zweitinstanzlich bestätigt durch OGer ZH,

        LB150052 vom 8. Februar 2016]). Dennoch hat das DoJ seit Ende März 2015 in steigender Kadenz bis Ende Januar 2016 mit sämtlichen Banken der Kategorie 2 ein NPA abgeschlossen (act. 49/73). Insgesamt hat das DoJ mit Schweizer Banken 78 NPA abgeschlossen (Liste samt Datum abrufbar unter

        , zuletzt besucht am 23. März 2016). Erzielt wurden all diese Einigungen mithin, obwohl einzelne Gerichte die Datenherausgabe verboten haben und notorisch ist, dass noch etliche Prozesse betreffend Datenlieferung in der Schweiz pendent sind. Im Weiteren muss davon ausgegangen werden, dass die Beklagte das DoJ vor der Unterzeichnung des NPA über das hängige Verfahren (bzw. allfällige mehrere hängige Verfahren) betreffend ein Verbot der Datenherausgabe informiert hat. Einerseits würde eine fehlende Information der Beklagten gegen Treu und Glauben verstossen. Andererseits musste gemäss NPA ein qualifizierter unabhängiger Prüfer die von der Beklagten gemäss Ziff. II.D.2 des US-Programms offenzulegenden Informationen verifizieren ( a qualified independent examiner who has verified the information B. disclosed pursuant to II.D.2 of the Swiss Bank Program) und bei seiner Bestätigung einen Vorbehalt anbringen, dass ein Teil der Daten fehle bzw. geschwärzt sei. Die fehlenden Daten standen somit dem Abschluss des NPA nicht im Wege. Unter diesen Umständen ist nicht anzunehmen, das DoJ werde das NPA widerrufen, wenn die Daten nicht geliefert werden können, weil die Beklagte im hängigen Gerichtsverfahren trotz redlichen Bemühens unterlegen ist. Schliesslich stellt die Nichtlieferung der den Kläger betreffenden Daten kaum eine wesentliche Verletzung des NPA bzw. des US-Programms (bzw. eine wesentlich unvollständige Lieferung) dar, zumal die Zeilen betreffend den Kläger gemäss den Ausführungen der Beklagten in der sehr grossen Menge an Daten, die sie übermitteln werde, kaum wahrnehmbar seien (act. 25 Rz. 25). Insgesamt erscheint das Risiko einer Strafanklage gegen die Beklagte somit gering, auch wenn es nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann.

      5. Gleiches wie für die Beklagte gilt im Übrigen für die anderen Banken, die ein NPA abgeschlossen haben, aber aufgrund eines gerichtlichen Verbots nicht alle verlangten Daten liefern können. Nicht zu rechnen ist deshalb mit einem reihenweisen Kollaps von Bankinstituten mit entsprechend schwerwiegenden Folgen für

die Schweizer Wirtschaft (vgl. OGer ZH, LF140075 vom 3. März 2015, E. 3.5.5, wonach die kumulierten privaten Interessen mehrerer Banken öffentliche Interessen begründen könnten).

4.4 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass kein überwiegendes öffentliches Interesse, zu dessen Wahrung die Datenbekanntgabe unerlässlich ist (Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG), angenommen werden kann. Auch ein anderer Rechtfertigungsgrund ist nicht zu sehen und wurde nicht geltend gemacht.

Nicht geprüft werden muss im Übrigen, ob die Datenbekanntgabe an die USBehörden auch eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung im Sinne von Art. 12 Abs. 2 lit. a DSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 DSG darstellt, auf die sich der Kläger sinngemäss beruft, indem er eine Verletzung des Bankkundengeheimnisses geltend macht (act. 2 Rz. 41 f.; act. 31 Rz. C.67 f., C.70 f.).

  1. Unterlassungsanspruch

    1. Wer in seiner Persönlichkeit durch die Bearbeitung von Personendaten durch private Personen widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen (Art. 15 Abs. 1 DSG in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 ZGB) und insbesondere beantragen, die drohende Verletzung zu verbieten (Art. 15 Abs. 1 DSG in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Ein solches Unterlassungsbegehren setzt voraus, dass die widerrechtliche Handlung unmittelbar droht, d.h. dass das Verhalten des Verletzers die künftige Rechtsverletzung ernsthaft befürchten lässt. Die Beurteilung, ob eine Verletzung begangen wiederholt werde, ist nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Das Interesse an der Unterlassungsklage muss im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch vorhanden sei, eine Persönlichkeitsverletzung im Zeitpunkt des Urteils also unmittelbar bevorstehen (BGE 109 II 338 E. 3; BGer 5A_228/2009 vom

      8. Juli 2009, E. 4). Das Verbot muss zudem verhältnismässig sein.

    2. Dass eine Übermittlung der klägerischen Daten an US-Behörden, insbesondere an das DoJ, unmittelbar droht, wird von der Beklagten nicht bestritten. Eine Begehungsgefahr ist damit zu bejahen. Ein Verbot, die klägerischen Daten an

      US-Behörden zu übermitteln, ist zudem nach dem Ausgeführten verhältnismässig, weshalb es antragsgemäss auszusprechen ist.

    3. Wie beantragt ist das Verbot für den Widerhandlungsfall mit der Androhung der Bestrafung der verantwortlichen Organe der Beklagten gemäss Art. 292 StGB mit Busse bis zu Fr. 10'000.zu verbinden.

V. Kostenund Entschädigungsfolgen

1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Prozesskosten der unterliegenden Partei, somit der Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Prozesskosten umfassen die Kosten für das Schlichtungsverfahren und die Entscheidgebühr sowie die Parteientschädigung (Art. 95 ZPO).

    1. Bei nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten bemisst sich die Entscheidgebühr gemäss § 5 Abs. 1 GebV OG nach dem tatsächlichen Streitinteresse, dem Zeitaufwand des Gerichts und der Schwierigkeit des Falls. Sie beträgt in der Regel Fr. 300.bis Fr. 13'000.-.

      Vorliegend fand ein doppelter Schriftenwechsel statt und es wurde eine Hauptverhandlung durchgeführt. Zudem musste über das klägerische Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen entschieden werden, wobei dieses gutgeheissen wurde. Der Sachverhalt und der Umfang der Rechtsschriften sind grundsätzlich überschaubar. Hingegen ist das Streitinteresse beider Parteien hoch und es stellten sich relativ komplexe Rechtsfragen. Eine Entscheidgebühr von Fr. 12'000.erscheint vor diesem Hintergrund angemessen.

    2. Bei nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten wird die Grundgebühr der Parteientschädigung nach der Verantwortung und dem notwendigen Zeitaufwand der Anwältin des Anwaltes und nach der Schwierigkeit des Falls festgesetzt (§ 2 Abs. 1 AnwGebV). Sie beträgt in der Regel Fr. 1'400.bis Fr. 16'000.- (§ 5 Abs. 1 AnwGebV). Der Anspruch auf die Gebühr entsteht mit der Erarbeitung der Begründung Beantwortung der Klage. Die Gebühr deckt auch den Aufwand für

      die Teilnahme an der Hauptverhandlung ab (§ 11 Abs. 1 AnwGebV). Für weitere notwendige Rechtsschriften wird ein Zuschlag berechnet (§ 11 Abs. 1 AnwGebV).

      Vorliegend erscheint eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 15'000.als angemessen. Nicht zuzusprechen ist mangels Antrags sowie aufgrund des ausländischen Wohnsitzes des Klägers ein Mehrwertsteuerzusatz (vgl. Kreisschreiben der Verwaltungskommission des OGer ZH vom 17. Mai 2006 über die Mehrwertsteuer).

    3. Die Gerichtskosten sind mit dem vom Kläger geleisteten Vorschuss zu verrechnen. Der Fehlbetrag ist nachzufordern (Art. 111 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat dem Kläger den Vorschuss von Fr. 9'000.sowie die von ihm bezogenen Kosten für das Schlichtungsverfahren in der Höhe von Fr. 700.- (act. 1 S. 2) zu ersetzen (Art. 111 Abs. 2 ZPO; Art. 207 Abs. 2 ZPO).

Es wird erkannt:

  1. Der beklagten Partei wird unter Androhung der Bestrafung ihrer verantwortlichen Organe gemäss Art. 292 StGB mit Busse bis Fr. 10'000.im Widerhandlungsfall verboten, Personendaten der klagenden Partei an eine Justizoder Verwaltungsbehörde der USA, insbesondere an das Department of Justice, zu übermitteln einer solchen Behörde offenzulegen.

    Art. 292 StGB (Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen) lautet wie folgt: Wer der von einer zuständigen Behörde einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.

  2. Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 12'000.festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten werden der beklagten Partei auferlegt und mit dem geleisteten Vorschuss der klagenden Partei verrechnet. Der Fehlbetrag von Fr. 3'000.wird von der beklagten Partei nachgefordert.

  4. Die beklagte Partei wird verpflichtet, der klagenden Partei eine Parteientschädigung von Fr. 15'000.zu bezahlen. Zudem hat sie der klagenden Partei den Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 9'000.sowie die Kosten für das Schlichtungsverfahren von Fr. 700.zu ersetzen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien.

  6. Eine Berufung gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammer, Postfach, 8021 Zürich, erklärt werden. In der Berufungsschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.

    Zürich, 7. April 2016

    BEZIRKSGERICHT ZÜRICH

    1. Abteilung

Der Vorsitzende:

Dr. E. Pahud

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw T. Canzek

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