E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Bezirksgericht Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:CG140080
Instanz:Bezirksgericht Zürich
Abteilung:1. Abteilung
Bezirksgericht Zürich Entscheid CG140080 vom 07.12.2016 (ZH)
Datum:07.12.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Konto; Klagten; Recht; Beklagten; Partei; [act; Vermögens; Rungen; Parteien; Bundes; Person; Forderung; Klage; Transaktion; Zahlung; Verwaltung; Gesellschaft; PartG; Kunde; Geschäfts; Betreibung; Vertretung; Berlin; Aufgr; Organ; Schweiz; Wirtschaftlich; Vergleich; Hintergr
Rechtsnorm: Art. 1 IPRG ; Art. 100 OR ; Art. 102 OR ; Art. 104 OR ; Art. 106 ZPO ; Art. 116 IPRG ; Art. 147 OR ; Art. 151 ZPO ; Art. 154 IPRG ; Art. 158 IPRG ; Art. 2 ZGB ; Art. 2 ZPO ; Art. 3 ZGB ; Art. 5 IPRG ; Art. 55 ZPO ; Art. 85 OR ; Art. 86 OR ; Art. 91 ZPO ;
Referenz BGE:100 II 8; 106 II 320; 111 II 263; 112 Ib 322; 113 II 397; 125 IV 139; 127 III 357; 129 III 535; 131 III 418; 131 III 439; 133 III 116; 137 III 32;
Kommentar zugewiesen:
PalandtHeinrichs, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2015
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Bezirksgericht Zürich

  1. Abteilung

    Geschäfts-Nr. CG140080-L/U

    Mitwirkend: Vizepräsident Dr. iur. E. Pahud als Vorsitzender, Bezirksrichterin lic. iur. S. Nabholz Castrovilli, Bezirksrichter lic. iur. Th. Grob sowie Gerichtsschreiberin MLaw T. Canzek

    Urteil vom 7. Dezember 2016

    in Sachen

    Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (vormals Treuhandanstalt Berlin), Schönhauser Allee 120, 10437 Berlin, Deutschland,

    Klägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt X.

    gegen

    Bank A. AG,

    Beklagte

    vertreten durch Rechtsanwalt Y1. und Rechtsanwalt Y2. betreffend Forderung

    Rechtsbegehren:

    (act. 2 S. 2)

    1. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin zu bezahlen:

    - CHF 3'989'695.75 nebst Zins zu 5 % p.a. seit dem

    3. Oktober 1994; beschränkt jedoch auf CHF 6'006'177.88 nebst Zins zu 5 % p.a. seit dem 9. Januar 2009, solange

    dieser Betrag aufgezinst auf den Urteilstag kleiner ist;

    - USD 62'020'001.15 nebst Zins zu 5 % p.a. seit dem

    3. Oktober 1994; beschränkt jedoch auf USD 86'883'082.92 nebst Zins zu 5 % p.a. seit dem 9. Januar 2009, solange dieser Betrag aufgezinst auf den Urteilstag kleiner ist;

    - EUR 30'510'565.33 nebst Zins zu 5 % p.a. seit dem

    3. Oktober 1994; beschränkt jedoch auf die Summe von (i)

    EUR 33'608'293.80 nebst Zins zu 5 % p.a. seit dem

    9. Januar 2009 und (ii) EUR 6'505'048.49, solange diese Beträge (i und ii; der Betrag von EUR 33'608.293.80 aufgezinst

    auf den Urteilstag) kleiner sind;

    - GBP 512.32 nebst Zins zu 5 % p.a. seit dem 9. Januar 2009;

  2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten.

Erwägungen:

I.

- Gegenstand des Verfahrens Hintergrund des Verfahrens bildet die Wende in der ehemaligen DDR in den Jahren 1989/1990. Die Klägerin (Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, vormals Treuhandanstalt Berlin) macht geltend, die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin (eine Schweizer Bank) habe auf Weisung einer nach der Wende nicht mehr vertretungsbefugten Person Abverfügungen vom Konto einer ostdeutschen Gesellschaft vorgenommen, und verlangt deren Erstattung zuzüg- lich Zins. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Klage.

II.

- Prozessverlauf; Prozessuales -

1. Prozessgeschichte

Am 22. Mai 2014 (Datum Postaufgabe) reichte die Klägerin beim Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 1+2, das Schlichtungsgesuch ein. Die Schlichtungsverhandlung wurde am 30. Juni 2014 durchgeführt; sie führte zu keiner Einigung (act. 1). Am 18. August 2014 ging am hiesigen Gericht die Klage ein (act. 2). Mit Beschluss vom 27. August 2014 wurde von der Klägerin ein Kostenvorschuss einverlangt (act. 8). Nach dessen Eingang wurde der Beklagten mit Verfügung vom 9. September 2014 Frist zur Erstattung der Klageantwort angesetzt (act. 13). Mit Eingabe vom 19. November 2014 erhob die Beklagte die Einrede der fehlenden sachlichen Zuständigkeit des Bezirksgerichts und beantragte, das Verfahren sei auf diese Zuständigkeitsfrage zu beschränken und die Frist zur Erstattung der Klageantwort sei abzunehmen sowie nach dem rechtskräftigen Entscheid über die sachliche Zuständigkeit allenfalls neu anzusetzen (act. 15). Mit Beschluss vom

3. Dezember 2014 wurde das Verfahren einstweilen auf die Frage der sachlichen

Zuständigkeit beschränkt, der Beklagten die Frist zur Erstattung der Klageantwort abgenommen und die Einrede der fehlenden sachlichen Zuständigkeit abgewiesen (act. 18). Die hiergegen erhobene Berufung der Beklagten wurde mit Urteil des Obergerichts vom 20. März 2015 abgewiesen (act. 20). Die Beschwerde ans Bundesgericht wurde mit Urteil vom 19. August 2015 abgewiesen (act. 24/1+2). Nach Eingang der Akten wurde der Beklagten mit Verfügung vom 14. September 2015 erneut Frist zur Klageantwort angesetzt (act. 27). Die Klageantwort ging am

7. Oktober 2015 ein (act. 29). Mit Verfügung vom 23. Oktober 2015 wurde ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet und Frist zur Einreichung der schriftlichen Replik angesetzt (act. 34). Die Replik datiert vom 13. Januar 2016 (act. 38), die Duplik vom 15. April 2016 (act. 45). Mit Verfügung vom 27. April 2016 wurde den Parteien Frist angesetzt, um sich zur Frage des Verzichts auf die Durchführung der Hauptverhandlung zu äussern (act. 48). Nachdem die Parteien einen entsprechenden Verzicht erklärt hatten (act. 51 und 52), wurde dies mit Verfügung vom

23. Mai 2016 vorgemerkt; gleichzeitig wurde der Klägerin Frist angesetzt, um zur

Duplik Stellung zu nehmen (act. 53). Die Stellungnahme zur Duplik ging am

29. Juni 2016 ein (act. 55) und wurde mit Verfügung vom 4. Juli 2016 der Beklagten zugestellt (act. 56). Es folgten Stellungnahmen der Beklagten vom 19. September 2016 (act. 61), der Klägerin vom 26. Oktober 2016 (act. 65) und der Beklagten vom 18. November 2016 (act. 69). Letztere wurde der Gegenseite mit Verfügung vom 21. November 2016 zugestellt (act. 71).

  1. Zuständigkeit

    Das hiesige Bezirksgericht ist zur Beurteilung der Klage (international) örtlich (Art. 1 Abs. 2 IPRG i.V.m. Art. 23 LugÜ; Art. 5 IPRG; act. 4/33) sowie sachlich zuständig (§ 19 GOG; siehe dazu act. 18, act. 20 und act. 24/1+2).

  2. Prozessstandschaft; Prozessführungsbefugnis
    1. Die Klägerin nimmt mit der vorliegenden Klage Ansprüche der von ihr treuhänderisch verwalteten B. Handelsgesellschaft m.b.H. wahr. Sie macht Ansprü- che der B. gegen die Beklagte als Partei kraft Amtes anstelle der B. im eigenen Namen geltend (act. 2 Rz. 11).

    2. Ein Prozessstandschafter führt einen Prozess an Stelle der materiell berechtigten oder verpflichteten Person in eigenem Namen als Partei (BK ZPO-Sterchi, Art. 67 N 22; ZK ZPO-Schwander, Art. 83 N 15; Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. A. Zürich 1997, §§ 27/28 N 68, § 49 N 8; ebenso für das dt. Recht: Zöller/Vollkommer, Zivilprozessordnung, 30. A. Köln 2014, Vor § 50 N 20). Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist dem schweizerischen Recht fremd. Prozessstandschaft ist nur in durch Gesetz geschaffenen Ausnahmefällen möglich (BK ZPO-Sterchi, Art. 67 N 22), wobei sie sich auch aus einer ausländischen Rechtsordnung ergeben kann (vgl. DIKE ZPO-Schwander, Art. 2 ZPO N 28).

    3. Vorliegend stützt sich die Klägerin für ihre Eigenschaft als treuhänderische Verwalterin des sog. Altvermögens der B. bzw. für die Begründung der von ihr geltend gemachten Prozessstandschaft auf das Deutsche Parteiengesetz (PartG DDR), im Wesentlichen auf dessen § 20b (s. zum PartG DDR: BGer

      4A_258/2012 und hinten E. III/1.1). Gemäss § 20b Abs. 2 und 3 PartG DDR wurden die Vermögenswerte von Parteien oder von mit diesen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen der ehemaligen DDR unter die treuhänderische Verwaltung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben oder deren Rechtsnachfolger gestellt. Nach Abs. 1 wurde den Organen der Parteien und parteiverbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen zugleich das Recht entzogen, mit dem Inkrafttreten des Gesetzes ohne Zustimmung der treuhänderischen Verwaltung ihre Vermögenswerte (rechts-)wirksam zu verändern. Diese gesetzliche Treuhand findet Niederschlag in der sog. Prozessführung kraft Amtes: Die (frühere) Treuhandanstalt (nunmehr: Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben [BVS]) hat hinsichtlich des unter Treuverwaltung stehenden Vermögens die Stellung einer Partei kraft Amtes (Zöller/Vollkommer, Zivilprozessordnung, 24. A. Köln 2004, Vor § 50 N 21 m.H.a. BGH WM 95, 2135 = DtZ 96, 20; DtZ 97, 65; s.a.

      30. Auflage desselben Kommentars, Vor § 50 N 21). Bei einer solchen Prozessführung bzw. Parteistellung kraft Amtes handelt es sich um den Hauptfall einer gesetzlichen Prozessstandschaft im deutschen Recht (Zöller/Vollkommer, a.a.O., N 20 f.).

    4. Als Prozessstandschafterin tritt die Klägerin im vorliegenden Verfahren zu Recht in eigenem Namen als Partei auf. Sie ist Partei im formellen Sinn (vgl. Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., §§ 27/28 N 68). Um so mehr gilt dies, wenn man annimmt, bei der treuhänderischen Verwaltung der Klägerin handle es sich um eine sog. echte Verwaltungstreuhand des deutschen Rechts, bei welcher das Treugut zum Vermögen des Treuhänders gehört, so dass dieser in Aktivprozessen betreffend das Treuhandvermögen eigene Ansprüche (für fremde Rechnung) geltend macht (vgl. BGer 4A_242/2015 vom 19. August 2015, E. 2.4.3 f. m.H.).

    5. Die Beklagte hält dafür, die Klägerin erbringe keinen Nachweis der Zuordnung der eingeklagten Vermögenswerte zum Altvermögen gemäss § 20b Abs. 2 PartG DDR, weshalb auf die Klage mangels Prozessführungsbefugnis nicht einzutreten sei (act. 45 Rz. 3 ff., 7, 19 ff.).

      Die Frage, ob es sich bei den eingeklagten Guthaben um Altvermögen im Sinne des Parteiengesetzes handelt, ist sowohl für die Prozessführungsbefugnis (als Eintretensvoraussetzung) als auch für die Begründetheit der Klage erheblich (sog. doppelrelevante Tatsache). Sie ist nicht bei der Prüfung der Eintretensvoraussetzungen, sondern erst im Moment der materiellen Prüfung des eingeklagten Anspruchs zu behandeln (vgl. BGE 137 III 32 E. 2.3; s. hinten E. IV/3.3.2.).

    6. Im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 19. September 2016 trägt die Beklagte neu vor, die Klägerin habe per 1. Januar 2001 ihre operative Tätigkeit eingestellt und übe seither keine Verwaltungstätigkeit mehr aus. Sie habe damals ihre hoheitliche Tätigkeit erfüllt und im Jahr 2003 den Abschlussbericht über ihre Tätigkeit vorgelegt. Seither sei sie eine handlungsunfähige juristische Person. Ihr obliege insbesondere nicht mehr die gesetzliche Treuhandschaft gemäss § 20b Abs. 2 PartG DDR mit den damit verbundenen hoheitlichen Befugnissen, auf die sie sich in diesem Verfahren berufe. Sie könne auch nicht mehr selbst klagen, sondern müsste dies durch ihre Abwicklerin tun (act. 61 Rz. 2, 15).

Dem kann nicht gefolgt werden: Am 28. Oktober 2003 erging das Gesetz zur Abwicklung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvSAbwG; act. 66/3). Damit wurde die Klägerin weder aufgelöst noch wurde ihr die treuhänderische Verwaltung gemäss § 20b Abs. 2 PartG DDR entzogen. Im Wesentlichen wurden lediglich ihre bisherigen Organe (Präsident und Verwaltungsrat) durch einen oder mehrere Abwickler ersetzt (§ 3 BvSAbwG; vgl. a. act. 66/4 S. 1, 8):

§3

Abwickler der Anstalt

Das verbliebene Vermögen der Anstalt wird durch das Bundesministerium der Finanzen oder einen oder mehrere vom Bundesministerium der Finanzen zu bestellende andere Abwickler abgewickelt. Der oder die Abwickler vertreten die Anstalt im Rechtsverkehr.

Mit Verfügung des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. Juni 2008 wurde die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zum Abwickler bestimmt (act. 66/8), welche ihrerseits C. ermächtigte, sie in allen die Abwicklung der BvS betreffenden Angelegenheiten zu vertreten (act. 65 Rz. 13; act. 66/9). C. erteilte den Auftrag

zur verfahrenseinleitenden Klage und unterschrieb die entsprechende Vollmacht (act. 5; act. 65 Rz. 13). Die Klägerin ist damit nach wie vor handlungsfähig und wurde bei der Erhebung der vorliegenden Klage wirksam vertreten.

III.

- Sachverhalt und Parteivorbringen -

    1. Die Klägerin ist eine bundesunmittelbare öffentlich-rechtliche Anstalt der BRD. Das Bundesgericht hat zur Klägerin und zu den Hintergründen ihrer Tätigkeit Folgendes festgehalten (BGer 4A_258/2012 vom 8. April 2013; BGer 4A_242/2015 vom 19. August 2015 [act. 24/2]):

      «Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (vormals Treuhandanstalt Berlin; Klägerin, [ ]) war mit der Privatisierung der praktisch vollständig verstaatlichten Wirtschaft der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) betraut.

      Ihre Entstehung geht auf die Zeit zwischen dem Fall der Berliner Mauer und den ersten freien Wahlen zurück. Am 1. März 1990 fasste der Ministerrat der DDR den Beschluss zur Gründung der Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums. Damals stand noch nicht fest, was mit den staatlichen Betrieben geschehen sollte. Nach den Wahlen zeichnete sich der Übergang zur Marktwirtschaft nach westeuropäischem Vorbild ab. Am

      17. Juni 1990 erliess die Volkskammer der DDR das Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz). Bis zur Deutschen Wiedervereinigung vom 3. Oktober 1990 war die Treuhandanstalt Berlin eine Anstalt des öffentlichen Rechts der DDR. Mit dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (Einigungsvertrag) wurde sie in die BRD überführt und ist heute eine bundesunmittelbare öffentlich-rechtliche Anstalt der BRD.

      Ihre umfangreichsten Aufgaben erfüllte die Klägerin zu Beginn der Neunzigerjahre. Heute beschäftigt sie kein eigenes Personal mehr, sondern besteht

      nur noch als Rechtsund Vermögensträgerin; ihre Aufgaben beschränken sich nunmehr auf die wenigen verbliebenen Geschäfte im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands.

      [ ]

      Am 18. März 1990 erfolgte erstmals eine freie Wahl der Volkskammer der DDR. Daraus resultierte, den klaren Mehrheitsverhältnissen entsprechend, eine grosse Regierungskoalition von ideologisch nach Westdeutschland (Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin) ausgerichteten und demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichteten Parteien.

      Das sehr grosse Vermögen der SED bzw. in der Folge der SED-PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus) und in weit geringerem Ausmass das Vermögen der weiteren staatsnahen Parteien und Massenorganisationen beeinträchtigte die Chancengleichheit der Parteien. Namentlich bei der SED stellte sich wegen der engen Verflechtung mit dem Staat zudem die Frage, inwiefern deren Vermögen dem Staat zusteht und inwiefern es als privates Vermögen den verbliebenen Mitgliedern der SED-PDS zu überlassen war. Sodann war Vermögen aus entschädigungslosen Enteignungen den früher Berechtigten zurückzuerstatten. Das Beanspruchen des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen war auch mit einem praktischen Problem verbunden. Die leitenden Personen innerhalb der SED hatten gegen- über Regierung und Parlament einen Informationsvorsprung, indem sie wussten, wo sich welche Vermögenswerte der Partei befanden. Sie konnten es deshalb beiseiteschaffen, um es dem Zugriff des Staates zu entziehen. Das geschah teils zur persönlichen Bereicherung, teils mit dem Ziel, das Vermögen der Partei zu erhalten.

      Vor diesem Hintergrund beschloss die Volkskammer der DDR am 31. Mai 1990 eine Ergänzung des Parteiengesetzes (PartG DDR) und damit eine Unterstellung des Vermögens der Parteien und der mit ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen unter treuhänderische Verwaltung. Die beiden neuen Bestimmungen wurden

      durch den Einigungsvertrag vom 31. August 1990 Bestandteil des Rechts des vereinigten Deutschlands. Die Bestimmungen von § 20a und § 20b PartG DDR lauten in der heute gültigen Fassung wie folgt:

      § 20a

      1. Die Parteien und die ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen haben vollständig Rechenschaft zu legen,

        1. welche Vermögenswerte seit dem 8. Mai 1945 in ihr Vermögen oder das einer Vorgängeroder Nachfolgeorganisation durch Erwerb, Enteignung oder auf sonstige Weise gelangt sind oder veräussert, verschenkt oder auf sonstige Weise abgegeben wurde;

        2. insbesondere ist eine Vermögensübersicht nach dem Stand vom

          7. Oktober 1989 sowie über die seitdem erfolgten Veränderungen zu erstellen.

      2. Die Rechenschaftspflicht erstreckt sich auf sämtliche Vorgänge und Unterlagen, die für die Beurteilung der Vermögenssituation von Bedeutung sein können, insbesondere auch auf rechtliche, wirtschaftliche oder sonstige Beteiligungen an Unternehmen und geschäftliche Verbindungen, auch wenn sie über andere natürliche oder juristische Personen abgewickelt wurden, wobei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde zu legen ist.

      § 20b

      1. Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes können die Parteien und die ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen Vermögensveränderungen wirksam nur mit Zustimmung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben oder deren Rechtsnachfolger vornehmen.

      2. Zur Sicherung von Vermögenswerten von Parteien oder ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen wird das Vermögen der Parteien und der ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen, das am 7. Oktober 1989 bestanden oder seither an die Stelle dieses Vermögens getreten ist, unter treuhänderische Verwaltung gestellt.

      3. Die treuhänderische Verwaltung wird von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben oder deren Rechtsnachfolger wahrgenommen. Diese führt das Vermögen an die früher Berechtigten oder deren Rechtsnachfolger zurück. Soweit dies nicht möglich ist, ist das Vermögen zugunsten gemeinnütziger Zwecke, insbesondere der wirtschaftlichen Umstrukturierung, in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet zu verwenden. Nur soweit Vermögen nachweislich nach materiellrechtsstaatlichen Grundsätzen im Sinne des Grundgesetzes erworben worden ist, wird es den Parteien und den in § 20a Abs. 1 genannten Institutionen wieder zur Verfügung gestellt.

      4. Im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die treuhänderische Verwaltung nach den Absätzen 2 und 3 auf eine Stelle des Bundes oder eine juristische Person des Privatrechts übertragen. Die Rechtsund Fachaufsicht obliegt dem Bundesministerium der Finanzen, das die Fachaufsicht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und dem jeweils zuständigen Bundesministerium wahrnimmt.»

    2. Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin gegenüber der Beklagten behauptete Ansprüche der von ihr gestützt auf das PartG DDR treuhänderisch verwalteten, heute in Liquidation stehenden B. Handelsgesellschaft m.b.H. (nachfolgend: B.) geltend. Die B. wurde 1951 in der DDR gegründet und hatte ihren Sitz in Ostberlin (act. 2 Rz. 26). Sie war im Aussenhandel tätig, insbesondere im Handel mit Österreich (BGer 4A_258/2012 vom 8. April 2013, E. A.a.c [act. 4/12 S. 4]; BGer 4A_242/2015 vom 19. August 2015, E. A.a.b [act. 24/2]; act. 30/6 S. 51).

      Zu Beginn der 1980er-Jahre waren D. und E. Gesellschafter und Geschäftsführer der B. (act. 30/14; act. 4/47). Ab 1985 war D. alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin (vgl. act. 4/46; act. 47/3 S. 18 f.). Sie wohnte in Wien, stand der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) nahe und war im Handel mit Staaten des damaligen Ostblocks tätig (BGer 4A_258/2012 vom 8. April 2013, E. A.a.c [act. 4/12 S. 4]; act. 30/6 S. 51; act. 2 Rz. 1).

    3. Die Beklagte, eine in Zürich domizilierte Aktiengesellschaft, betreibt eine Bank. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten firmierte im vorliegend interessierenden Zeitraum als Bank AQ. AG (vormals Bank AR. AG), ab 1993 als AS. AG und ab 2003 (nach der Fusion mit der Bank AT. AG, die ihrerseits die Bank AU. AG übernommen hatte) als AV. AG. Im Jahr 2005 wurde diese auf dem Weg der Fusion von der Beklagten übernommen (act. 2 Rz. 46 ff.; act. 4/3; act. 4/25).

    4. Am 1. Juli 1982 eröffnete D. bei der Beklagten namens der B. das Konto mit der Stammnummer 207'550 (act. 2 Rz. 66; act. 4/33; act. 4/40). Die Kontoeröffnungsunterlagen weisen als Antragstellerin und Kontoinhaberin die B.

(B.-Handelsgesellschaft mbH, Berlin) aus. Die B. wird im Dokument Kontoer- öffnung (act. 4/33) in der Rubrik B als Kunde aufgeführt. In der Rubrik F leistete D. unter dem Stempel der B. die sog. Rechtsgültige Firmenunterschrift. Gemäss Rubrik C wurde dem Antrag ein Handelsregisterauszug der B. beigelegt (vgl. act. 30/14; act. 29 Rz. 56; act. 38 Rz. 27).

Die von D. für die B. unterzeichnete Unterschriftskarte führt als Einzelzeichnungsberechtigte D. sowie die bei der B. beschäftigte F. auf (act. 4/43; act. 2 Rz. 77). Unter dem Datum vom 1. April 1985 wurde von D. mit der Unterschrift D., B. Handelsgesellschaft gegenüber der Beklagten auch eine G. aus Wien bevollmächtigt (act. 4/45; act. 2 Rz. 79).

Im Zuge der Kontoeröffnung unterzeichnete D. sodann eine Erklärung, mit der bestätigt wird, dass der Unterzeichnete für eigene Rechnung handelt, also weder für fremde Rechnung noch als Beauftragter, der einem Berufsgeheimnis unterliegt, noch als Vertreter einer Sitzgesellschaft, die von natürlichen Personen beherrscht wird. Unter Rubrik C, genaue Adresse, wird erneut die B. (B. HANDELSGESELLSCHAFT M.B.H., Berlin) aufgeführt (act. 4/40).

Gemäss einer weiteren Erklärung D.s vom 1. Juli 1982, welche sie als Zeichnungsberechtigte unterschrieb, war ihr die Bankpost laufend nach Wien an die

gasse 10 zuzustellen (act. 4/41). Am 16. August 1983 wurde die für die Zustellung der Bankpost massgebende Adresse wie folgt mutiert: Neue Adresse: Frau D., Repräsentants, Wien (act. 4/44). Am 3. Dezember 1990 erging die Weisung, die an B. adressierte Korrespondenz banklagernd zu halten (act. 4/97: Än- derung der Kundenanschrift: Versandart neu banklagernd) und den Versand der Korrespondenz an D. per Adressmaschine vorzunehmen (act. 4/97: Änderung der Korrespondenzadresse: neu Versand mit Adrema; act. 2 Rz. 108). Gemäss einer handschriftlichen Notiz auf dem Mutations-Beleg vom 16. August 1983 (act. 4/44) war die Bankkorrespondenz seit Februar 92 banklagernd zu halten (s.a. act. 4/126 [Aktennotiz H. v. 11.2.92]; act. 2 Rz. 78, 127).

Seitens der Bank war von der Kontoeröffnung bis 1991 I., Direktor im Anlagesektor, für die Betreuung des Kontos der B. zuständig, danach grundsätzlich H., Prokuristin. I. war allerdings auch nach seiner Pensionierung 1991 für die Bank AQ. tätig, wobei er D. als Vertreter der Bank empfing und für die Bank Barauszahlungen an D. tätigte (act. 2 Rz. 66). Leiter des Rechtsdienstes war K.. Geschäftsleitungsmitglied (bis März 1991) und verantwortlicher Vorgesetzter der Kundenbetreuungsgruppe I.s (seit 1985) war L.. Er hatte insbesondere Zahlungsausgänge von über CHF 1 Mio. zu genehmigen (act. 38 Rz. 25; act. 30/5 S. 10).

Der Bank AQ. war bekannt, dass die B. im Aussenhandel der DDR tätig war und Einnahmen aus Provisionsgeschäften erzielte (act. 4/35 S. 2 f.; act. 2 Rz. 94).

Über das Konto bzw. die Unterkonten erfolgte ab 1982 eine Vielzahl von Transaktionen (act. 30/17; act. 4/169 ff., insbes. act. 4/169; act. 4/173; act. 4/188; act. 4/198).

Am 14. Januar 1992 stellte die Klägerin die treuhänderische Verwaltung gemäss

§ 20b PartG DDR am Vermögen der B. und an den Gesellschaftsanteilen der B. fest (act. 2 Rz. 39, 126 m.H.a. act. 4/18+19).

Am 26. Mai 1992 erliess die Bezirksanwaltschaft Zürich eine Kontosperre (act. 2 Rz. 132). Am 7. Juli 1992 wurde die Beklagte angewiesen, sämtliche Festgeldanlagen zu kündigen; die Konten wurden saldiert und das Guthaben an die Klägerin nach Berlin überwiesen (act. 2 Rz. 139).

2. Die Klägerin macht den Erfüllungsanspruch der B. gegenüber der Beklagten geltend. Sie hält dafür, die Belastungen des Kontos seien ab dem 1. Juni 1990 (Inkrafttreten des § 20b PartG DDR) unautorisiert - d.h. ohne Zustimmung von ihr (der Klägerin) bzw. des Vorsitzenden der Unabhängigen Kommission Parteivermögen - erfolgt. Die Abverfügungen, die ab diesem Zeitpunkt auftrags D.s vorgenommen worden seien, hätten keine befreiende Wirkung für die Beklagte, da diese von der Einschränkung der Verfügungsfähigkeit der B. bzw. ihrer Organe gewusst habe oder hätte wissen müssen (act. 2 Rz. 51 ff.). Sie (die Klägerin) bzw. die B. seien mit anderen Worten so zu stellen, wie wenn die Abverfügungen nicht stattgefunden hätten.

Über weite Strecken orientiert sich die Klägerin an den Urteilen des Obergerichts des Kantons Zürich und des Bundesgerichts in Sachen Klägerin gegen Bank V./Bank W. (im Folgenden: Bank W.-Fall; OGer ZH LB110077 vom 20. März 2012; BGer 4A_258/2012 vom 8. April 2013) sowie an den Urteilen des Handelsgerichts des Kantons Zürich und des Bundesgerichts im sog. Bürgermeister-Fall (HGer ZH vom 1. April 2003, ZR 104 [2005] Nr. 28; BGer 4C.157/2003 vom

  1. November 2004; vgl. act. 2 Rz. 151).

  2. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Klage. Sie stellt sich zusammengefasst im Wesentlichen auf den Standpunkt,

    • sie habe keinen Anlass gehabt, an der Verfügungsberechtigung D.s zu zweifeln (vgl. act. 29 Rz. 21 ff., 147 ff.; act. 45 Rz. 66 ff.);

    • das Risiko von Legitimationsmängeln sei aufgrund der AGB wirksam auf die Kundin überwälzt worden (vgl. act. 29 Rz. 162 ff.; act. 45 Rz. 145 ff.);

    • die Gesamtveränderungen auf dem B.-Konto seien weit geringer, als die Klägerin mit ihrem angeblichen Erfüllungsanspruch geltend mache (vgl. act. 29 Rz. 137 ff., 199 ff.);

    • aufgrund eines zwischen der Klägerin und D. abgeschlossenen Vergleichs und der erfolgten Vergleichszahlung sei auch sie (die Beklagte) befreit worden (vgl. act. 29 Rz. 126 ff., 166 ff.; act. 45 Rz. 152 ff.);

    • die Geltendmachung eines angeblichen Erfüllungsanspruchs nach 22jähriger Untätigkeit verstosse gegen Treu und Glauben und das Gebot des offenbaren Rechtsmissbrauchs (vgl. act. 29 Rz. 3 ff.; act. 45 Rz. 208 ff.);

    • ihr (der Beklagten) stehe ein verrechnungsweise geltend gemachter Schadenersatzanspruch zu, da die B. bzw. deren Organ D. sowie die Klägerin durch ihre schuldhaften Unterlassungen zur damaligen Zeit als gesetzliche Vertreter der B. einen möglichen Schaden bei ihr, der Beklagten, überhaupt erst verursacht hätten (vgl. act. 29 Rz. 232 ff.; act. 45 Rz. 18, 238 ff.);

    • die treuhänderische Verwaltung durch die Klägerin erstrecke sich nur auf das sog. Altvermögen (vgl. act. 45 Rz. 3 ff., 19 ff., 169 ff.).

  3. Auf diese und weitere Vorbringen ist - soweit erforderlich - nachfolgend einzugehen.

IV.

- Beurteilung -

  1. Anwendbares Recht
    1. Die Klägerin macht einen vertraglichen Erfüllungsanspruch geltend, der auf der Rechtsbeziehung zwischen der (von ihr treuhänderisch verwalteten) B. und der Beklagten beruht (vorne E. II/3). Die Klägerin und die B. haben bzw. hatten ihren Sitz in Berlin, die Beklagte den ihren in Zürich. Es liegt ein internationales Verhältnis vor, auf welches für die Bestimmung des anwendbaren Rechts das IPRG anwendbar ist (Art. 1 Abs. 1 Bst. b IPRG).

    2. Nach Art. 116 Abs. 1 IPRG untersteht ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl muss ausdrücklich sein oder sich eindeutig aus dem Vertrag oder aus den Umständen ergeben. Im Übrigen untersteht sie dem gewählten Recht (Art. 116 Abs. 2 IPRG).

      Das Kontoeröffnungsformular enthält eine Rechtswahlklausel, nach der sämtliche Rechtsbeziehungen des Kunden mit der Bank dem schweizerischen Recht unterstehen (act. 4/33). Entsprechend ist auf das der vorliegenden Streitigkeit zugrunde liegende (Vertrags-)Verhältnis zwischen der B. und der Beklagten schweizerisches Recht anwendbar, was im Übrigen auch ohne Rechtswahlklausel der Fall wäre (Art. 117 Abs. 3 Bst. c und d IPRG).

    3. Gesellschaften unterstehen grundsätzlich dem Recht des Staates, nach dessen Vorschriften sie organisiert sind (Art. 154 Abs. 1 IPRG). Das Gesellschaftsstatut bestimmt insbesondere die gesetzliche bzw. statutarische Vertretung sowie die konkrete Vertretungsbefugnis (Art. 155 Bst. i IPRG; BGer 4C.157/2003 vom 2. November 2004, E. 2.2; OGer ZH LB110077 vom 20. März 2012, E. IX/1).

      Bei der B. handelte es sich um eine im damaligen Ostberlin (DDR) domizilierte Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Für sie galt bis Oktober 1990 das Recht der DDR (GmbH-Gesetz DDR). Ab Oktober 1990 galt das bundesdeutsche GmbH-Gesetz. Gemäss § 13 beider Fassungen ist die GmbH eine juristische Person. Vertreten wird die Gesellschaft durch ihre Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 beider Fassungen des GmbH-Gesetzes).

      Grundsätzlich untersteht auch die Frage des Schutzes des guten Glaubens an eine nicht gegebene Vertretungsbefugnis dem Gesellschaftsstatut. Dieser Grundsatz erleidet im Interesse des Verkehrsschutzes jedoch eine Einschränkung durch die Sonderanknüpfung von Art. 158 IPRG (BGer 4C.157/2003 vom 2. November 2004, E. 2.3). Nach dieser Bestimmung kann sich eine ausländische Gesellschaft nicht auf die Beschränkung der Vertretungsbefugnis eines Organs oder eines Vertreters berufen, die dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts oder der Niederlassung der anderen Partei unbekannt ist, es sei denn, die andere Partei habe diese Beschränkung gekannt oder hätte sie kennen müssen.

  2. Vertraglicher Erfüllungsanspruch (Saldoberichtigungsanspruch)
    1. Bei der Eröffnung eines Bankkontos schliessen Kunde und Bank in der Regel einen Girovertrag verbunden mit einer Kontokorrentabrede. Beim Girovertrag handelt es sich um einen auf Dauer gerichteten Auftrag zur Besorgung des Zahlungsverkehrs. Er untersteht den Vorschriften über den einfachen Auftrag gemäss Art. 394 ff. OR (Huggenberger, in: Abegg u.a. [Hg.], Schweizerisches Bankenrecht, Zürich 2012, S. 104). Die Kontokorrentabrede hat die laufende Buchung der Zahlungseingänge und -ausgänge unter laufender Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche zum Inhalt (Huggenberger, a.a.O., S. 106). Der einzelne Vergü- tungsauftrag stellt im Rahmen des geschlossenen Girovertrages eine konkretisierende Weisung dar (Guggenheim, Die Verträge der schweizerischen Bankpraxis, Zürich 1986, S. 234, 236).

    2. Die Bank ist vertraglich verpflichtet, dem Kunden das auf dem Konto bestehende Guthaben gemäss den Kontobedingungen auszuzahlen (BGE 111 II 263, 265). Führt die Bank eine Transaktion (namentlich eine Auszahlung oder Überweisung zu Lasten des Kontos) ohne gültige Weisung des Kontoinhabers aus, befreit sie sich in der Regel nicht. Der Kunde hat nach wie vor einen Erfüllungsanspruch, der auch das zu Unrecht abdisponierte Geld umfasst (Koller, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 3. A. Bern 2009, § 75 Rz. 207; HGer ZH, ZR 2005 Nr. 28, E. V/2).

      Die B. hat damit einen vertraglichen Erfüllungsanspruch gegenüber der Beklagten auf Auszahlung des richtigen Saldos.

          1. Konkret fordert die Klägerin von der Beklagten die ab 1. Juni 1990 von D. unzulässig in Auftrag gegebenen [ ] Belastungen der B.-Konten bei der Beklagten zuzüglich Zins (act. 2 Rz. 63, 143 ff., 150, 191 ff.), beschränkt auf die Höhe der noch bestehenden Restforderung gegenüber D. aus dem Komplex AQ. (act. 2 Rz. 197, 215 f.; zu dieser Einschränkung hinten E. IV/7). Unter Einbezug der von der Beklagten in Rechnung gestellten Sollzinsen, welche ohne die unautorisierten Belastungen nicht entstanden wären, handle es sich insgesamt um unautorisierte Abverfügungen von den verschiedenen Währungskonten in folgendem Umfang (act. 2 Rz. 143):

            • Belastungen des CHF-Konto Nr. 207.550.018 (inklusive Sollzinsen) vom 6. Juni 1990 bis 13. April 1992 über total CHF 3'989'695.75 (act. 2 Rz. 145);

            • Belastungen des USD-Konto Nr. 207.550.107 (inklusive Sollzinsen) vom

              6. Juni 1990 bis zum 31. März 1992 über total USD 62'020'001.15 (act. 2

              Rz. 146; act. 4/172; act. 38 Rz. 180 ff.);

            • Belastungen des DEM-Konto Nr. 207.550.204 (inklusive Sollzinsen) vom

              8. Juni 1990 bis 13. April 1992 über total DEM 59'616'588.98 bzw.

              EUR 30'481'477.91 (act. 2 Rz. 147);

            • Belastung des GBP-Konto Nr. 207.550.255 vom 12. September 1991 über GBP 512.32 (act. 2 Rz. 148);

            • Belastung des ATS-Konto Nr. 207.550.352 vom 12. Juli 1990 (inkl. Sollzinsen per 30. September 1990) über ATS 400'251.67 bzw. EUR 29'087.42

              (act. 2 Rz. 149).

          2. Die Beklagte wendet ein, es könne nicht einseitig auf die Abverfügungen abgestellt werden. Es habe auch Zuflüsse gegeben und es seien mit TreuhandAnlagen nicht unerhebliche Erfolge erzielt worden. Entsprechend sei es während

            der Streitperiode (von Anfang Juni 1990 bis Ende Juni 1992) auf dem B.-Konto zu einer Nettovermögensverminderung von lediglich rund USD 16.9 Mio. gekommen. Da ein Kontoinhaber einzig Anspruch auf den Vermögenssaldo habe, wäre ein angeblicher Erfüllungsanspruch in jedem Fall beschränkt auf diese wesentlich geringere Gesamtsaldoveränderung. Zu bedenken sei nämlich, dass sie (die Beklagte) sich nach der klägerischen Hypothese nur einer Haftung hätte entziehen können, indem sie das B.-Konto mit dem Inkrafttreten des PartG DDR gesperrt hätte, so dass faktisch keine Gutschriften mehr erfolgt oder Anlageerfolge erzielt worden wären. Die Klägerin könne nicht einerseits Sollzinsen belasten und anderseits Erfolge aus Anlagen, die von einer nicht autorisierten Person getätigt wurden, beanspruchen (act. 29 Rz. 138 ff.; act. 45 Rz. 281 ff.).

          3. Am 7. Juli 1992 wurden die Konten der B. bei der Beklagten saldiert und das bestehende Guthaben wurde an die Klägerin überwiesen (act. 2 Rz. 139). Der von der Klägerin geltend gemachte Erfüllungsanspruch zielt auf die Zahlung des richtigen Saldos, d.h. desjenigen Saldos, der sich unter Berücksichtigung aller gerechtfertigten Verfügungen, Einund Ausgänge ergibt (BGer 4A_254/2008 vom 18. August 2008, E. 2.2). Rückgängig zu machen sind die einzelnen ungerechtfertigten (unautorisierten) Transaktionen. Die übrige Entwicklung des Kontos wird vom Saldoberichtigungsanspruch nicht erfasst (BGer, ebd., E. 2.2.2).

      Wenn die Beklagte demgegenüber dafür hält, dass auch den Gutschriften, die auf dem Konto in der fraglichen Zeit erfolgten, Rechnung zu tragen sei, wirft sie sinngemäss die Frage einer Vorteilsanrechnung auf (vgl. für das Haftpflichtrecht: BK OR-Brehm, Art. 42 N 27 m.H.; Oftinger/Stark, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, 5. A. Zürich 1995, § 6 Rz. 49 ff.; Rey, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 4. A. Zürich 2008, Rz. 211 ff.; Kuhn, Die Anrechnung von Vorteilen im Haftpflichtrecht, Diss. Bern 1987, 116 ff.; BGE 71 II 86, 89;

      112 Ib 322, 330; 128 III 22, 28). Im Haftpflichtrecht ist für eine Vorteilsanrechnung nach Lehre und Rechtsprechung erforderlich, dass der Vorteil mit dem schädigenden Ereignis in einem inneren Zusammenhang steht, der - ähnlich der adä- quaten Kausalität - aufgrund eines Werturteils festgelegt wird (BGE 112 Ib 322, 330; Rey, a.a.O., Rz. 214; Kuhn, a.a.O.). Nachteil und Vorteil müssen bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein (PalandtHeinrichs, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 74. A. München 2015, Vor

      § 249 BGB N 67 ff., 80 m.H.). So verhält es sich beim Anlageschaden etwa so, dass dort, wo pflichtwidrig erworbene Anlagen einerseits Verluste, anderseits aber auch Gewinne (z.B. Dividenden) bewirken, der Gewinn vom Gesamtschaden in Abzug zu bringen ist (vgl. Rosat, Der Anlageschaden, Bern 2009, S. 114 ff.; Gutzwiller, Rechtsfragen der Vermögensverwaltung, Zürich u.a. 2008, S. 260; BGer 4C.74/2001 vom 17. Oktober 2001). Ob der Gedanke der Vorteilsanrechnung auf den vorliegenden Fall eines vertraglichen Erfüllungsanspruchs übertragen werden könnte, kann offen bleiben, wird doch nicht dargetan und ist nicht ersichtlich, dass zwischen Zuund Abflüssen ein Ursachenzusammenhang bzw. eine Kongruenz der genannten Art vorliegt. Dies wäre etwa der Fall bei den Treuhandanlagen, bei denen der Anlage (Abfluss) die Rückzahlung (Zufluss) gegen- übersteht. Solche Treuhandanlagen wurden zwar von D. in erheblichem Ausmass getätigt. Sie bilden aber nicht Gegenstand der von der Klägerin als ungerechtfertigt monierten Abverfügungen. Vielmehr wurden die bestehenden Treuhandanlagen bei Saldierung des Kontos aufgelöst und die entsprechenden Guthaben der Klägerin überwiesen (vgl. act. 2 Rz. 139; act. 4/144).

      Nach dem Ausgeführten ist entgegen der Beklagten nicht auf die Nettovermö- gensverminderung (zwischen Anfang Juni 1990 und Ende Juni 1992) abzustellen. Entscheidend sind ausschliesslich die Abverfügungen, soweit sie unautorisiert erfolgten.

  3. Fehlende Vertretungsbefugnis D.s
    1. D. trat - den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend - bei der Kontoeröffnung als für die B. handelnde Geschäftsführerin auf. Als solche unterzeichnete sie die rechtsgeschäftlichen Erklärungen (s. vorne E. III/1.4) und handelte sie wäh- rend der gesamten Kontobeziehung (hinten E. IV/4.5).

          1. Am 1. Juni 1990 trat eine Ergänzung des Parteiengesetzes (PartG DDR) in Kraft. Nach § 20b Abs. 1 PartG DDR können die Parteien und die ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen Vermögensveränderungen mit Inkrafttreten des PartG DDR wirksam nur mit Zustimmung der Klägerin (bzw. bis zum 31. August 1990 mit jener des Vorsitzenden der Unabhängigen Kommission Parteivermögen; act. 2 Rz. 37; act. 38 Rz. 3) vornehmen (s. vorne E. III/1.1). Für parteiverbundene juristische Personen galt damit ab 1. Juni 1990 ein gesetzliches Verbot von Vermögensveränderungen (zum Begriff der Vermögensveränderung s. OGer ZH LB110077 vom 20. März 2012,

            E. IX/2/a m.H.: Veräussern, verschenken oder weggeben von Vermögenswerten).

          2. Es liegen rechtskräftige Entscheide der deutschen Verwaltungsrechtspflege vor, wonach die B. am 7. Oktober 1989 eine mit der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) verbundene juristische Person war und damit der treuhänderischen Verwaltung durch die Klägerin nach Massgabe des Parteiengesetzes untersteht (BVerfG vom 29. September 2006, BvR 247/05 u. 248/05 [act. 4/8+9]; BVerwG vom 14. Oktober 2004, 6 B 6/04 u. 6 B 7/04 [act. 4/6+7]; Oberverwaltungsgericht Berlin vom 23. September 2003, 3 B 12.96 [act. 4/4]; vgl. BGer 4A_242/2015 vom 19. August 2015, E. A/b a.E. [act. 24/2]). Auch die schweizerischen Gerichte haben die Parteiverbundenheit der B. bestätigt (BGer 4A_258/2012 vom 8. April 2013, E. 3.5 [act. 4/12]; OGer ZH LB110077 vom

      20. März 2012, E. VIII/1 ff. [act. 4/11]).

          1. Die Beklagte bringt vor, bei den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden Vermögenswerten handle es sich nicht um sog. Altvermögen im Sinne von § 20b Abs. 2 PartG DDR. Dieses umfasse nur das per 7. Oktober 1989 bestehende Vermögen bzw. dessen Früchte und Surrogate. Nur diesem Vermögen habe der gesetzliche Verdacht eines materiell-rechtsstaatswidrigen Erwerbs durch Parteien der ehemaligen DDR angehaftet (act. 45 Rz. 4). Nach der in Deutschland allgemein anerkannten Stichtagspraxis ergebe sich, dass die nach dem 7. Oktober 1989 auf dem B.-Konto erfolgten Einzahlungen (und daraus getä- tigten Auszahlungen) dem Neuvermögen von B. zuzurechnen gewesen seien. Das Stichtagsvermögen von B. bei ihr (der Beklagten) belaufe sich auf CHF 38'183'493.35 (act. 45 Rz. 5, 37 ff.). Auch bezüglich dieses Stichtagsvermö- gens gelte jedoch nach deutscher Gerichtspraxis, dass die treuhänderische Verwaltung durch die Klägerin über Baroder Buchgeld einer Organisation nur solange weiterbestehe, wie der betroffene Geldbetrag hinreichend individualisierbar sei, um ihn einer Partei der ehemaligen DDR (namentlich der SED) zuordnen zu können. Sei das nicht möglich, müsse der Geldbetrag dem Neuvermögen zugeordnet werden, womit die Treuhandverwaltung durch die Klägerin erlösche. Vorliegend sei dies der Fall (act. 45 Rz. 6, 29 f. m.H.a. act. 40/2; s. weiter act. 45 Rz. 38 ff.). Das Verwaltungsgericht Berlin habe im Rahmen seiner umfassenden Beweisaufnahme keinerlei Anhaltspunkte für irgendeinen SED-Bezug der Transaktionen über das B.-Konto gefunden - weder vor noch nach der Wende (act. 45 Rz. 6, 56). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts sei die B. vielmehr von der KPÖ gegründet und finanziert worden (act. 45 Rz. 48 ff.). Die treuhänderische Verwaltung über die Vermögenswerte auf dem B.-Konto bestehe nicht oder sei erloschen bzw. die Klägerin handle rechtsmissbräuchlich, wenn sie die Zustimmung zu Vermögensveränderungen verweigere (act. 45 Rz. 59 f., 62 ff.).

          2. Dem kann nicht gefolgt werden. § 20b Abs. 2 PartG lautet wie folgt:

      Zur Sicherung von Vermögenswerten von Parteien oder ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen wird das Vermögen der Parteien und der ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen, das am 7. Oktober 1989 bestanden oder seither an die Stelle dieses Vermögens getreten ist, unter treuhänderische Verwaltung gestellt.

      Die treuhänderische Verwaltung der Klägerin erstreckt sich damit auf das Vermö- gen, das am 7. Oktober 1989 bestanden hat oder seither an die Stelle dieses Vermögens getreten ist (sog. Altvermögen). Zu den Früchten und Surrogaten, die dem Altvermögen zuzuordnen sind, gehören bei einem parteiverbundenen Wirtschaftsunternehmen grundsätzlich auch neu (nach dem 7. Oktober 1989) erworbene Vermögenswerte. Gemäss dem Deutschen Bundesgerichtshof hat ein Wirtschaftsunternehmen, das nahezu vollständig mit Partei-Altvermögen ausgestattet worden ist, regelmässig kein Neuvermögen, da alle Vermögensgegenstän- de entweder originales Altvermögen, Surrogate des Altvermögens oder aber aus dem Altvermögen gezogene Früchte sind (BGH vom 18. März 1998, S. 10 [act. 40/2]). Im Ergebnis sind sämtliche Vermögenswerte, deren Erwerb auf die geschäftliche Nutzung des belasteten Vermögens zurückzuführen ist, dem Altvermögen zuzuordnen (so OLG Brandenburg vom 1. November 2000, S. 6 m.H. [act. 40/3]).

      Bei der B. handelt es sich - wie rechtskräftig entschieden wurde (vorne

      E. IV/3.2.2) - um eine (mit der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, SED) parteiverbundene Gesellschaft, also entgegen den Ausführungen der Beklagten nicht um eine solche der KPÖ, sondern um eine als Unternehmen der KPÖ getarnte SED-Firma (Oberverwaltungsgericht Berlin vom 23. September 2003, 3 B 12.96, S. 73 [act. 4/4]: [E]s steht fest, dass es sich bei der [B.] um eine als KPÖ- Unternehmen getarnte Firma der SED handelte). Damit ist das gesamte Vermö- gen der B. und mithin auch das gesamte auf dem Konto 207'550 bei der Beklagten liegende Guthaben vom Verbot der Vermögensveränderung gemäss § 20b PartG DDR erfasst.

      Dass es sich bei den nach dem 7. Oktober 1989 erfolgten Zuflüssen - ausnahmsweise - um Neuvermögen gehandelt haben sollte, wird nicht begründet dargetan und ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil betraf etwa das von der Beklagten angeführte betragsmässig bedeutend[e] Beispiel der Einzahlung von rund DM 66.9 Mio. durch die Deutsche Aussenhandelsbank vom 11. Juni 1990 (act. 45 Rz. 55) offensichtlich Altvermögen, handelte es sich doch hierbei - wie die Beklagte weiter festhält - um die Saldierung einer 1986 massgeblich von Konten der B. getätigten Devisenanlage über ursprünglich insgesamt DM 100 Mio. (act. 45 Rz. 55; s.a. act. 29 Rz. 271).

      3.4 D. war damit ab 1. Juni 1990 objektiv nicht mehr befugt, Vermögensverän- derungen vorzunehmen, d.h. insbesondere über die Bankguthaben der B. mittels Barauszahlungen oder anderer das Guthaben vermindernder Transaktionen zu verfügen.

  4. Kenntnis bzw. pflichtwidrige Unkenntnis der Beklagten hinsichtlich der fehlenden Vertretungsbefugnis D.s
    1. Standpunkte der Parteien
      1. Die Klägerin hält dafür, verschiedene Umstände und Vorgänge hätten bei der Beklagten den Verdacht fehlender Vertretungsbefugnis D.s aufkommen lassen müssen:

        • Zunächst habe die Beklagte die wirtschaftliche Berechtigung an der B. nicht bzw. ungenügend überprüft (act. 2 Rz. 75 ff., 81 ff.; act. 38 Rz. 27 ff.).

        • Sodann hätte die Beklagte stutzig werden und die Verbundenheit der B. mit der SED erkennen müssen, zumal insbesondere

          -- in den Medien intensiv über die Wende im Osten, DDR-Scheinfirmen, versteckte SED-Gelder auf Konten in der Schweiz, die Schaffung der Treuhandanstalt etc. berichtet worden sei (act. 2 Rz. 88 ff.);

          -- der Beklagten bekannt gewesen sei, dass die B. im Aussenhandel der DDR tätig gewesen sei und ihre Einnahmen aus Provisionsgeschäften gestammt hätten (act. 2 Rz. 94);

          -- in den Jahren 1986 und 1990 auf dem B.-Konto ungewöhnlich hohe Transaktionen mit der Deutschen Aussenhandelsbank getätigt worden seien (act. 2 Rz. 95 ff.; act. 38 Rz. 32);

          -- vom B.-Konto durch D. grössere Barabhebungen erfolgt seien (act. 2 Rz. 112);

          -- im Dezember 1990 durch D. eine Banklagernd-Erklärung abgegeben und in der Folge nach bankinterner Überweisung auf ein Konto pro Diverse eine Barauszahlung an D. über 140 Millionen Schilling (DEM 19'985'000.-) erfolgt sei (act. 2 Rz. 107 ff.; act. 38 Rz. 35);

          -- in jener Zeit (1989/1990) auch Geldwäscherei ein grosses Thema in den Medien gewesen sei (act. 2 Rz. 119 ff.).

          Allein schon die singuläre zeitgeschichtliche Situation, so die Klägerin, hätte bei der Beklagten Zweifel an der Rechtmässigkeit von Verfügungen über das Vermö- gen einer DDR-Gesellschaft aufwerfen und eine sorgfältige Überprüfung veranlassen müssen (act. 38 Rz. 13 ff., 24). Zur historischen Sondersituation seien die weiteren Umstände hinzu gekommen, die die Beklagte hätten misstrauisch machen müssen und nach der Wende 1990 vertiefte Abklärungen unabdingbar gemacht hätten (act. 38 Rz. 25).

      2. Die Beklagte stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, es hätten keine Verdachtsmomente bestanden, aufgrund welcher sie von einer fehlenden Vertretungsbefugnis D.s hätte ausgehen müssen. Mit den Verhältnissen im Bank W.- Fall sei die Situation nicht vergleichbar:

        • Es hätten keine Hinweise auf eine Nähe der B. zur SED oder zur KPÖ bestanden (act. 29 Rz. 22 ff., 33 ff., 82 ff.). Aus ihrer (der Beklagten) Perspektive sei die B. als ein operativ in Wien tätiger, privater Handelsbetrieb im Import- und Exportgeschäft mit dem damaligen Ostblock erschienen (act. 29 Rz. 41, 65).

        • Die ab 1982 über die betreffende Kontobeziehung abgewickelten Transaktionen hätten den von D. bei der Kontoeröffnung gemachten Angaben zur Geschäftstätigkeit der B. entsprochen und seien (auch aus heutiger Optik) nicht ungewöhnlich gewesen (act. 29 Rz. 63).

        • Die von der Klägerin ins Recht gelegten Zeitungsartikel würden höchstens belegen, wie intransparent sich die Situation damals präsentiert habe (act. 29 Rz. 270). Es sei zudem verfehlt, aus heutiger Sicht einfach vorauszusetzen, Berichte in deutschen Zeitschriften seien zur damaligen Zeit auch in der Schweiz ohne weiteres bekannt gewesen. Es habe damals insbesondere noch kein Internet und keine Agenturen, welche ausländische Nachrichten per E-Mail zustellen, gegeben (act. 29 Rz. 280).

        • Keines der Merkmale, welche gemäss Bundesgericht die beklagte Partei im Bank W.-Fall hätten misstrauisch machen müssen (insbesondere geldwä- schereiverdächtige Transaktionen), liege hier vor (act. 29 Rz. 76 ff.).

    2. Grundsatz des Gutglaubensschutzes nach Art. 158 IPRG
      1. Nach Art. 158 IPRG kann sich eine Gesellschaft nicht auf die Beschränkung der Vertretungsbefugnis eines Organs oder eines Vertreters berufen, die dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts oder der Niederlassung der anderen Partei unbekannt ist, es sei denn, die andere Partei habe diese Beschrän- kung gekannt oder hätte sie kennen müssen (s. vorne E. IV/1.3). § 20b PartG DDR statuiert gemäss Bundesgericht genau eine solche gesetzliche, im Aussenverhältnis wirkende Vertretungsbeschränkung der Organe gewisser Gesellschaften (BGer 4A_258/2012 vom 8. April 2013, E. 5.2). Im Übrigen wäre Art. 158 IPRG - zumindest sinngemäss - auch dann anwendbar, wenn man mit der Klä- gerin davon ausginge, Art. 20b Abs. 1 PartG DDR beschränke nicht (nur) die Vertretungsbefugnis der Organe parteiverbundener Unternehmer, sondern unmittelbar die Vertretungsbefugnis der juristischen Person selber (act. 2 Rz. 167; act. 38 Rz. 141). In der Lehre wird zu Recht festgehalten, Art. 158 IPRG gelte auch (bzw. sogar), wenn ein Sachrecht nicht die Vertretungsbefugnis, wohl aber die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft so einschränkt, dass diese gar nicht Partei gewisser Rechtsgeschäfte sein kann (BSK IPRG-Watter/Roth Pellanda, Art. 158 N 2).

        Zu prüfen ist vorliegend, ob die Beklagte die Beschränkung der Vertretungsbefugnis D.s gemäss § 20b PartG DDR kannte oder hätte kennen müssen, obgleich in der schweizerischen Rechtsordnung keine vergleichbare Regelung existiert (BGer 4A_258/2012 vom 8. April 2013, E. 5.2).

      2. Nicht streitig ist, dass D. vor Inkrafttreten des PartG DDR befugt war, die B. als Geschäftsführerin zu vertreten; ebenso wenig, dass sie bis am 30. Juni 1992 als einzelzeichnungsberechtigte Geschäftsführerin im Handelsregister eingetragen blieb (vgl. act. 29 Rz. 147). In Frage steht konkret, ob die Beklagte wusste oder hätte wissen müssen, dass D. aufgrund der Regelung von § 20b PartG DDR ab Juni 1990 nicht mehr vertretungsbefugt war. Es geht mit anderen Worten um die Gutgläubigkeit der Beklagten mit Bezug auf die weiterbestehende Vertretungsbefugnis D.s.

      3. Guter Glaube bedeutet Unkenntnis eines Rechtsmangels (BK ZGB-Hofer, Art. 3 N 36). Der gute Glaube wird vermutet (Art. 3 Abs. 1 ZGB; zur analogen An-

wendung von Art. 3 ZGB auf Art. 158 IPRG s. BSK IPRG-Eberhard/von Planta, Art. 158 N 19). Wer allerdings bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umstän- den von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen (Art. 3 Abs. 2 ZGB). Anzuwenden ist ein objektiver Massstab. In persönlicher Hinsicht ist auf einen Menschen in der Position der zu beurteilenden Person mit durchschnittlichen Fähigkeiten abzustellen. In sachlicher Hinsicht sind die Umstände des Falles zu berücksichtigen (BK ZGB-Hofer, Art. 3 N 117). Richtschnur für die Bestimmung des Umfangs der gebotenen Aufmerksamkeit bildet die in einer Branche herrschende Verkehrs- übung (BGE 113 II 397, 399; BK ZGB-Hofer, Art. 3 N 125). Bei Banken ergeben sich die bei Kontoeröffnungen und -beziehungen zu beachtenden Obliegenheiten insbesondere aus dem regelmässig erneuerten Selbstregulierungswerk Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken (VSB, erstmals 1977, letztmals 2016; BGE 131 III 418, E. 2.3.3; BK ZGB-Hofer, Art. 3 N 127). Übliche, unverdächtige Geschäfte erfordern keine Erkundigungen oder Nachforschungen. Nur wenn besondere Umstände Anlass zu Zweifeln und Misstrauen geben, müssen Abklärungen getroffen werden (BK ZGB-Hofer, Art. 3 N 127 m.H.; BGE 100 II 8, 15; 122 III 1, 3; HGer ZH, ZR 104/2005 Nr. 28, S. 112). Wenn auf

entsprechende Fragen plausible Antworten gegeben werden, darf sich die Bank in der Regel damit zufrieden geben, zumal wenn sie den Kunden als vertrauenswür- dig kennt (BGE 100 II 8, 16; BK ZGB-Hofer, Art. 3 N 127). Aus der Unterlassung von Nachforschungen darf nur dann das Fehlen des guten Glaubens abgeleitet werden, wenn die betreffenden Vorkehren dazu geführt hätten, dass der Rechtsmangel entdeckt worden wäre (BGE 100 II 8, 16; 131 II 418, 423 E. 2.3.4;

BK ZGB-Hofer, Art. 3 N 122).

Bei der Beurteilung, ob ein Umstand zu einem früheren Zeitpunkt erkennbar war bzw. hätte erkannt werden müssen, ist insbesondere zu beachten, dass man im Nachhinein - wenn man weiss, wie es tatsächlich war - tendenziell geneigt ist anzunehmen, ein Umstand sei bekannt oder erkennbar gewesen, obwohl dies ex ante möglicherweise nicht der Fall war. Das Phänomen wird in der Psychologie als Rückschaufehler bezeichnet (s. BGer 6B_365/2010 vom 14. März 2011,

E. 4.13.1 m.H.) und ist stets im Auge zu behalten.

    1. Fahrlässige Unkenntnis des Wegfalls der Vertretungsbefugnis D.s
      1. Nicht angenommen werden kann vorliegend, die Beklagte bzw. ihre Angestellten und Organe hätten tatsächlich gewusst, dass die B. eine mit der SED verbundene Unternehmung war. Insoweit ist der Einwand der Beklagten, die deutschen Gerichte hätten in den verschiedenen Instanzen unterschiedlich geurteilt und Jahre gebraucht, um die Parteiverbundenheit der B. festzustellen (vgl. act. 29 Rz. 22 ff.), durchaus berechtigt. Tatsächlich waren die genauen Verhältnisse der

        B. bloss wenigen Personen bekannt und der Öffentlichkeit weitestgehend verborgen geblieben. Insbesondere auch die von der Klägerin angeführten Treuhanderklärungen zugunsten der (dem Zentralkomitee der SED unterstehenden) Zentrag GmbH (vgl. act. 2 Rz. 27 f.) wurden geheim gehalten (vgl. act. 29 Rz. 23 ff.; act. 38 Rz. 118). Es war also alles andere als allgemein bekannt, dass es sich bei der B. um einen SED-nahen Betrieb handelte. Noch 1996 verneinte das Verwaltungsgericht Berlin die Parteiverbundenheit der B., und auch das Oberverwaltungsgericht Berlin konstatierte eine nahezu perfekte Tarnung der [B.] als KPÖ- Unternehmen (Oberverwaltungsgericht Berlin vom 23. September 2003, 3 B 12.96, S. 95 [act. 4/4]). Ein konkretes Wissen der Organe der Beklagten diesbezüglich, und damit Bösgläubigkeit im engeren Sinn des Wortes, fällt ihnen bzw. der Beklagten nicht zur Last. Es fragt sich einzig, ob der Beklagten der Gutglaubensschutz deswegen zu versagen sei, weil sie die nach den Umständen gebotene Sorgfalt nicht beachtet habe (Art. 3 Abs. 2 ZGB).

      2. Wie im Bank W.-Fall ist im Wesentlichen zu prüfen, ob die Beklagte aufgrund der konkreten Umstände vor dem Hintergrund der friedlichen Revolution in der DDR und der deutschen Wiedervereinigung auf die Regelung von § 20b PartG DDR hätte stossen müssen (vgl. BGer 4A_258/2012 vom 8. April 2013,

E. 5.2 u. 5.3). M.a.W.: Hätte die Beklagte in Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse mit Blick auf die Frage der Vertretungsbefugnis D.s so stutzig werden müssen, dass sich Nachforschungen aufgedrängt hätten, die letztlich zu § 20b PartG DDR geführt hätten

    1. Massgebliche Verhältnisse während der Kundenbeziehung Beklagte (Bank AQ.) - B.

      Massgebend sind vorliegend neben dem zeitgeschichtlichen Hintergrund (sogleich E. IV/4.4) vor allem die spezifische Kundenbeziehung (E. IV/4.5) sowie die konkreten Umstände der in Frage stehenden Transaktionen (E. IV/4.6).

      1. Das Obergericht machte im erwähnten Bank W.-Entscheid zunächst Ausführungen zum zeitgeschichtlichen Hintergrund des Rechtsstreits und zum Wirtschaftssystem der DDR (OGer ZH LB110077 vom 20. März 2012, E. VIII). Es leitete daraus im Wesentlichen - im Ergebnis in Übereinstimmung mit den oberen deutschen Verwaltungsgerichten - die Parteiverbundenheit der B. ab (dazu vorne IV/3.2.2). Vorliegend von Bedeutung sind jene Ausführungen, die sich mit der Frage auseinandersetzen, was damals allgemein (oder zumindest einem leitenden Bankangestellten) bekannt war und entsprechend als notorisch im Sinne von Art. 151 ZPO bezeichnet werden kann. Das Obergericht hielt dazu fest, was folgt:

        Das Wirtschaftssystem der kommunistischen Staaten Osteuropas war hierzulande im Jahre 1991 in den Grundzügen bekannt. Gängige Umschreibungen lauteten etwa, dass es in den kommunistischen Staaten kein Privateigentum gebe oder dass die Verstaatlichung der Produktionsmittel das zentrale Merkmal sei. Die Wirtschaft in den kommunistischen Staaten Europas war grundsätzlich verstaatlicht. Es gab in der DDR vor der Wende keine privaten Stahlwerke, Supermarktketten, Autofabriken oder Banken. Das darf bei einem leitenden Bankangestellten zwei Jahre nach der Wende als bekannt vorausgesetzt werden. Nicht in allen Einzelheiten bekannt war, wie eng oder wie weit die Ausnahmen vom Grundsatz der Verstaatlichung gefasst waren. Ob es etwa in der DDR möglich war, Eigentum an der eigenen Wohnung oder am selbst bewohnten Haus zu erwerben, ein Coiffeurgeschäft auf eigene Rechnung zu betreiben oder dem Nachbarn ein gebrauchtes Auto zu verkaufen, hätte ein leitender Bankangestellter in der Schweiz im Jahre 1991 vielleicht nicht auf Anhieb sagen können. Die Beispiele zeigen aber auch, wo die Zweifelsfälle und die Grenzen des Allgemeinwissens liegen. Sie betreffen eine Grauzone, die vom Gelegenheitsgeschäft bis zum gewerblichen Kleinunternehmen mit einer Hand voll Beschäftigten geht. Soweit die landläufigen Vorstellungen nicht exakt waren, dürften sie den Spielraum für privatwirtschaftliche Tätigkeit eher unterschätzt als überschätzt haben. Private Unternehmen von einer Grösse, die fünfzig oder gar zweihundert Millionen Franken anhäufen können, gab es in der DDR nach landläufiger Vorstellung nicht. [ ] (OGer ZH LB110077 vom 20. März 2012, E. X/3).

        Dem kann im Grundsatz beigepflichtet werden, und zwar auch mit Blick auf das Jahr 1990. Wenn man sodann heute, ein Viertel Jahrhundert später, zur Veranschaulichung eine in entscheidenden Punkten vergleichbare Situation sucht, bietet sich am ehesten Kuba an. Bei Kuba handelt es sich noch heute um eine weitgehend vom bürokratisch-autoritären Staat kontrollierte sozialistische Planwirtschaft („Wirtschaft Kubas“, in: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Bearbeitungsstand: 14. November 2016, https://de.wikipedia.org/w/index.phptitle=Wirtschaft_ Kubas&oldid=159675991, abgerufen am 21. November 2016). Ein Privatsektor besteht im Wesentlichen nur in Form von kleinen Selbständigen und Genossenschaften in einer reglementierten Zahl von Berufen (ebd.). Im Übrigen ist die wirtschaftliche Tätigkeit Staatsbetrieben vorbehalten. Eine kubanische Gesellschaft, die auf einem Schweizer Bankkonto über mehrere Dutzend bzw. über hundert Millionen Franken verfügt, würde also gewisse Fragen aufwerfen. Konkrete Schlüsse liessen sich aber - und das ist ebenso zu betonen - nicht ziehen. Denn der Allgemeinheit ist durchaus bekannt, dass auch in sozialistischen Ländern nicht alle gleich (bzw. manche gleicher als die anderen) waren und sind. Für die DDR hat etwa das Oberverwaltungsgericht Berlin in diesem Zusammenhang festgehalten, der Aussenwirtschaftsverkehr der DDR sei zwar durch ein staatliches Aussenwirtschaftsmonopol geprägt, festgeschrieben in der DDR-Verfassung. Aber: Selbst im Rahmen bzw. trotz der geltenden Eigentumsund Wirtschaftsordnung herrschte eine absolute Scheu davor, der Zentrale der SED die Hand zu binden [ ], d.h. nicht einmal innerhalb des Wirtschaftsrechts gab es eine Bindung der SED - und vor allem des Politbüros - an das Recht [ ]. Unabhängig davon, was als Rechtsgrundsatz irgendwo stand, entschied im konkreten Fall der Parteiwille (Oberverwaltungsgericht Berlin vom 23. September 2003, 3 B 12.96, S. 93 f. [act. 4/4]). Wenn es im wirtschaftspolitischen Interesse der DDR lag, wurden z.B. auch privatrechtlich organisierte, im Aussenhandel tätige Firmen ins Leben gerufen, unter Geheimhaltung der SED-Verbundenheit (act. 4/4 S. 81). Dieses wirtschaftspolitische Mittel der Legendierung von Firmen wurde sowohl bei Unternehmen mit Sitz im Ausland eingesetzt als auch bei solchen, die auf dem Gebiet der DDR ansässig und als Vertreterfirmen im Aussenhandel tätig waren (act. 4/4 S. 79). Als Eigner und Vertreter der Tarnunternehmen wurden regelmässig ausländische Vertrauensleute (sog. Kommerz-Kommunisten) vorgeschoben (vgl. act. 4/4 S. 80; act. 47/3 S. 87 ff.).

        Es war damit zwar regelwidrig, aber entgegen der Klägerin keineswegs undenkbar, dass eine Wiener Treuhänderin wirtschaftliche Eigentümerin einer DDRHandelsgesellschaft war (act. 2 Rz. 174). Aus dem ostdeutschen Domizil der B., der Höhe der Kontoguthaben und der Tätigkeit im DDR-Aussenhandel konnte und musste nicht auf eine SED-Verbundenheit geschlossen werden. Nicht von ungefähr benötigten denn auch die deutschen Gerichte mehrere Jahre, um die Parteiverbundenheit der B. zu beurteilen. Wie bereits erwähnt verneinte das Verwaltungsgericht eine solche noch im Jahr 1996 (vorne E. IV/4.3.1), und wurde sie vom Oberverwaltungsgericht nur aufgrund zusätzlicher Elemente (geheime Treuhanderklärungen D.s; Absprachen zwischen SED und KPÖ über Gründung der B.; Einfluss der SED auf Besetzung der Führungspositionen bei der B.; vgl. act. 38 Rz. 117) bejaht.

      2. Mit Bezug auf die zeitgeschichtliche Situation verweist die Klägerin im Weiteren auf verschiedenste Artikel aus inund ausländischen Zeitungen, in denen

          1. das Auslandvermögen der SED thematisiert wurde:

            • Der Spiegel vom 20. November 1989 (Fanatiker der Verschwiegenheit [act. 4/73]; act. 2 S. 44 Rz. 92);

            • NZZ vom 4. Dezember 1989 (Rücktritt der gesamten SED-Führung [act. 4/69]; act. 2 S. 43 f. Rz. 92);

            • Tagesanzeiger vom 4. Dezember 1989 (Alte SED-Garde am Ende [act. 4/70]; Die SED am Rande des Abgrunds [act. 4/71]; act. 2 S. 44 Rz. 92);

            • Tagesanzeiger vom 5. Dezember 1989 (Milliarden von DDR-Devisen auf Schweizer Bankkonten [act. 4/72]; Das 100-Milliarden-Gerücht [act. 4/120]; DDR-Justiz sucht untergetauchten Staatssekretär [act. 4/121]; act. 2 S. 44 Rz. 92, S. 59 Rz. 122 f.);

            • NZZ vom 5. Dezember 1989 (Keine Spur von DDR-Milliarden in der Schweiz [act. 4/122]; act. 2 Rz. 123);

            • Die Welt vom 5. Dezember 1989 (Der Mann fürs Geld lief weg, als es ans Zählen ging [act. 4/123]; act. 2 Rz. 123);

            • Weltwoche vom 7. Dezember 1989 (Monetäre Schleimspuren [act. 4/119];

            • Cash vom 15. Dezember 1989 (Die Swiss Connection [act. 4/124]; act. 2 Rz. 123);

            • NZZ vom 2. März 1990 (Rastlose Tätigkeit des DDR-Ministerrates [act. 4/75]; act. 2 Rz. 96);

            • Tagesanzeiger vom 5. Mai 1990 (DDR-Regierung lässt sich nicht kampflos auf Bonn-Kurs zwingen [act. 4/78]; act. 2 Rz 96);

            • NZZ vom 1. Juni 1990 (Staatlicher Zugriff auf das Vermögen der PDS [act. 4/77]; act. 2 Rz. 98);

            • Tagesanzeiger vom 1. Juni 1990 (DDR: Überraschender Schlag gegen SED-Parteibesitz [act. 4/78]; act. 2 Rz. 98);

            • NZZ vom 7. Juni 1990 (Vorbereitung zur DDR-Währungsumstellung [act. 4/79]; act. 2 Rz. 99);

            • Tagesanzeiger vom 14. Juni 1990 (PDS sträubt sich gegen Enteignung [act. 4/80]; act. 2 Rz. 100);

            • NZZ vom 20./21. Oktober 1990 (Nächtliche Durchsuchung der PDSZentrale [act. 4/81]; act. 2 Rz. 102);

            • NZZ vom 24. Oktober 1990 (Sperrung zweier Auslandkonten der PDS [act. 4/82]; act. 2 Rz. 103);

            • NZZ vom 27./28. Oktober 1990 (Illegaler Geldtransfer durch die PDS bestätigt [act. 4/83]; act. 2 Rz. 103);

            • NZZ vom 2. November 1990 (Vermögensaffäre der ehemaligen SED [act. 4/84]; act. 2 Rz. 103);

            • NZZ vom 3./4. November 1990 (Der Besitz der DDR-Parteien im Blickpunkt [act. 4/85]; act. 2 Rz. 103);

            • NZZ vom 12. November 1990 (Revidierte Fassung der PDSVermögensbilanz [act. 4/86]; act. 2 Rz. 103);

            • NZZ vom 3. Dezember 1990 (Ermittlungen zum Auslandvermögen der SED [act. 4/87]; act. 2 Rz. 103);

            • NZZ vom 9. März 1991 (Genaue Prüfung des früheren SEDVermögens [act. 4/88]; act. 2 Rz. 103);

            • NZZ vom 2. Mai 1991 (Die undurchsichtige Finanzlage der PDS [act. 4/89]; act. 2 Rz. 103);

            • Der Spiegel vom 13. Mai 1991 (SED-Kohle retten [act. 4/105]; act. 2 Rz. 113);

            • NZZ vom 17. Mai 1991 (Überforderte Justiz im Fall SchalckGolodkowski [act. 4/90; act. 4/125]; act. 2 Rz. 103, 123);

            • NZZ vom 31. Mai 1991 (Weiterer Auslandbesitz der SED aufgedeckt [act. 4/91]; act. 2 Rz. 103);

            • NZZ vom 29. Juni 1991 (Verschärfte Kontrolle der PDS-Finanzen [act. 4/106]; act. 2 Rz. 106);

            • Die Zeit vom 23. August 1991 (Kronzeuge Schalck [act. 4/108]; act. 2 Rz. 116);

            • Tagesanzeiger vom 21. September 1991 (Versickerten DDR-Devisen in Zürich [act. 4/109]; act. 2 Rz. 117);

            • NZZ vom 25. September 1991 (Prozess in Berlin um den PDSDevisenskandal [act. 4/112]; act. 2 Rz. 118).

        Festzuhalten ist zunächst, dass mit Bezug auf die einzelnen Artikel nicht unterstellt werden kann, sie seien von den massgebenden Personen der Beklagten auch tatsächlich gelesen worden. Das Obergericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht alles, was in auflagenstarken Publikationen zu lesen ist, als bekannt vorausgesetzt werden darf, dass die meisten Leser nur jene Artikel lesen, die sie besonders interessieren, und dass nur ein Teil des Gelesenen langfristig im Gedächtnis haften bleibt (OGer ZH LB110077 vom 20. März 2012, E. X/5). Dies gilt auch für solche Pressetitel, die nach Ansicht der Klägerin zur Pflichtlektüre jedes Bankers gehören (vgl. act. 2 Rz. 98; act. 38 Rz. 35 ). Anfangs der Neunziger Jahre bestand auch noch nicht die Möglichkeit, sich über das Internet zu informieren oder gar auf elektronische Informationsquellen und Datenbanken wie z.B. World-Check zuzugreifen. Der damalige Prüf- und Abklärungsprozess von Banken war bereits aufgrund der Zugänglichkeit von Informationen und der technischen Möglichkeiten mit dem heute geltenden Standard nicht vergleichbar.

        Betrachtet man freilich die damals geführte öffentliche Diskussion als Ganzes, durfte - wie das Obergericht im Bank W.-Fall schliesst - insgesamt innerhalb einer Bank zu Beginn der Neunziger Jahre immerhin als bekannt vorausgesetzt werden, dass die zuständigen deutschen Behörden und die Öffentlichkeit vermuteten, es gebe auf Bankkonti ausserhalb Deutschlands unentdecktes Parteivermögen, wobei Genaueres über den Verbleib dieser Gelder nicht bekannt war (OGer ZH LB110077 vom 20. März 2012, E. X/5).

      3. Zusammenfassend ist festzuhalten: Vor dem Hintergrund des in groben Zü- gen bekannten ostdeutschen Wirtschaftssystems, der Wende in Ostdeutschland sowie der öffentlichen Diskussion über Vermögenswerte der SED im Ausland war ein bei einer schweizerischen Bank liegendes Vermögen einer ostdeutschen Gesellschaft von hundert Millionen Franken geeignet, Fragen aufzuwerfen. Bei kritischer Betrachtung musste sich ein leitender Bankangestellter nach der Wende die Frage stellen, ob nicht die DDR bzw. - nach der Wiedervereinigung am 9. Oktober 1990 - die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin der DDR in

der einen oder anderen Form an diesen Werten berechtigt sei (BGer 4A_258/2012 vom 8. April 2013, E. 5.3.4).

        1. Gleichzeitig ist hervorzuheben, dass entgegen der Ansicht der Klägerin die zeitgeschichtliche Situation und der Umstand, dass eine in Ostdeutschland domizilierte Gesellschaft hierorts über ein hohes Kontoguthaben verfügt, nicht ausreichen, um von einer Bank bzw. ihren Angestellten eine solche kritische Betrachtung (d.h. ein Läuten der Alarmglocken) und die Vornahme besonderer Abklärungen verlangen zu können. Schweizer Banken bzw. ihre Mitarbeiter waren nicht gehalten, bei allen Kontoverbindungen mit einem Bezug zu Ostdeutschland Nachforschungen zu betreiben. Auch irgendwelche über das Konto vorgenommene übliche Transaktionen (wie die vom Obergericht als Beispiel angeführte Routine-Auszahlung über kleinere Beträge, hinter denen ein echter Bargeldbedarf steht [OGer ZH LB110077 vom 20. März 2012, E. X/9]), gaben keinen Anlass zu Abklärungen.

        2. Anders als es die Klägerin darstellt, leiteten auch das Obergericht und das Bundesgericht im Bank W.-Fall die Pflicht zur Vornahme besonderer Abklärungen nicht einfach aus der zeitgeschichtlichen Situation ab. Vielmehr legten sie das Hauptgewicht auf die konkrete, geldwäschereiverdächtige Transaktion. Sie gingen zunächst davon aus, namentlich aufgrund des Umstands, dass die betroffene Bank bereits im Zeitpunkt des ersten Barbezugs offensichtlich eine geldwä- schereiverdächtige Transaktion vor sich gehabt habe, sowie des beträchtlichen Umfangs der fraglichen Barauszahlung im Gegenwert von knapp CHF 200 Mio. könne geschlossen werden, es seien erhöhte Anforderungen an die gebotene Sorgfalt zu stellen (BGer 4A_258/2012 vom 8. April 2013, E. 5.3.1). Erwogen wurde aufgrund der konkreten Umstände, die fragliche Transaktion hätte bei der Bank ganz erhebliche Zweifel daran wecken müssen, ob sich D. die Gelder wirklich bar auszahlen lassen dürfe (so dass es sich aufgedrängt hätte, etwa eine Unbedenklichkeitserklärung bei der Klägerin einzufordern oder Abklärungen - gegebenenfalls in anonymisierter Form - bei der Klägerin zu tätigen; BGer, ebd.,

          E. 5.3.3). Sie stützten sich dabei auf die folgenden konkreten Merkmale der fraglichen Barauszahlung, welche die Bank hätten misstrauisch machen müssen

          (BGer, ebd., E. 5.3.4): Für die Bank war erkennbar, dass die Guthaben ab den Konten in Wien abgehoben werden sollten, womit ein wirtschaftlicher Zweck für ihren Einbezug nicht ersichtlich war; die Zürcher Konten waren blosse Durchlaufkonten; es wurden irreführende Angaben hinsichtlich der wirtschaftlichen Berechtigung gemacht; es wurden hohe Barbeträge im Ausland abgehoben; es wurden für Barabhebungen Quittungen gewünscht, obgleich das Bargeld sogleich wieder bei der Bank hinterlegt wurde; für die Transaktion fielen Bankkommissionen von einer halben Million Franken an.

        3. Etwas anderes bzw. eine weitergehende Bedeutung des (blossen) zeitgeschichtlichen Hintergrunds ergibt sich im Übrigen auch nicht aus den von der Klä- gerin angeführten weiteren Gerichtsentscheiden. Beim Beklagten im Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 19. März 2002 (LB990117; act. 38 Rz. 17

m.H.a. act. 39/4) handelt es sich um einen Rechtsanwalt (und gleichzeitig ein Mitglied des Zentralkomitees der Partei der Arbeit), der Gelder in Empfang nahm, von denen er wusste [ ], dass [sie] treuhänderisch für die SED bzw. die PDS gehalten wurden (act. 39/4 S. 40 ff., 43). Ein solches Wissen bezüglich der SEDZugehörigkeit der Gelder ist vorliegend nicht gegeben. Was das weiter angeführte Strafurteil des Obergerichts vom 28. August 1997 (SB970036; act. 39/5) bzw. BGE 125 IV 139 betrifft (vgl. act. 38 Rz. 18), handelt es sich um die strafrechtliche Aufarbeitung des Bank W.-Falles mit Blick auf den Tatbestand von Art. 305ter Abs. 1 StGB (mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften). Dem dortigen Angeklagten (der bei diversen Unternehmen in leitender Funktion tätig gewesen war und auch in gesamtwirtschaftlichen und -politischen Bereichen überdurchschnittlich ausgebildet war [act. 39/5 S. 27]) wurde vorgeworfen, trotz Zweifeln betreffend der wirtschaftlichen Berechtigung der Kontoinhaberin keine eigenen Nachforschungen zur Person (der ihm nicht persönlich bekannten) D. getroffen zu haben (vgl. BGE 125 IV 139, E. 4). Für den vorliegenden, anders gelagerten Fall lässt sich daraus nichts herleiten. Entgegen der Klägerin (act. 38 Rz. 18) wurde sodann auch in jenem Fall eine Gesamtsicht angestellt. Die Wendung Zu berücksichtigen ist weiter (act. 39/5 S. 27) besagt keineswegs, dass die weiteren Ausführungen zu den konkreten Umständen nur noch zusätzlich oder der Vollständigkeit halber gemacht werden.

4.4.5 In Frage steht damit im vorliegenden Fall im Wesentlichen, ob (neben dem zeitgeschichtlichen Hintergrund und dem Allgemeinwissen bezüglich des Wirtschaftssystems der ehemaligen DDR) besondere Umstände gegeben sind, die - ähnlich wie die geldwäschereiverdächtigen Handlungen im UniCredit Bank Austria-Fall - so auffällig waren, dass die Beklagte bezüglich der Vertretungsbefugnis D.s hätte stutzig werden und besondere Nachforschungen hätte betreiben müssen.

    1. Dabei ist zunächst die konkrete Kontobeziehung zu betrachten:

      1. Das Konto der B. bei der Beklagten bestand seit 1982. Es wurde von D. namens der B. eröffnet. D. und ihr Ehemann waren der Beklagten (d.h. der Bank AQ. bzw. der Vorgängerin AR.) aus bestehenden Kundenbeziehungen bekannt (act. 29 Rz. 28, 52; act. 38 Rz. 122 f., 126 ff.). Der zuständige Kundenbetreuer I. gab zu D. an, diese sei ihm als hochangesehene Person [ ] in Wien bekannt gewesen; sie sei derart anerkannt gewesen, dass sie 1987 den Kommerzialrat (ein österreichischer Berufstitel, der ehrenhalber an Angehörige des Wirtschaftslebens verliehen wird [act. 47/8]) bekommen habe (act. 4/34 S. 170; act. 4/35 S. 2; act. 29 Rz. 53). Sie habe in hohen Gesellschaftskreisen verkehrt,

        u.a. mit Bundeskanzler Vranitzky sowie Mitgliedern der Österreichischen Länderbank und der VOEST, und sie habe unter anderem für Grossunternehmen wie VOEST oder Hoffmann-La Roche als Geschäftsvermittlerin gehandelt (act. 4/34

        S. 170; act. 29 Rz. 53). Gegenüber I. wurde bei der Kontoeröffnung angekündigt,

        dass es sich bei der B. um einen im Importund Exportgeschäft (vor allem mit dem Ostblock) aktiven Geschäftsbetrieb handle, wobei aufgrund des Umfangs der Verträge hohe Kommissionserträge auf das Konto fliessen würden (act. 4/34

        S. 170; act. 29 Rz. 54). Für die B. handelte in der Folge gegenüber der Beklagten stets D..

      2. Über das Konto wurde eine Vielzahl von Transaktionen vorgenommen (act. 30/17; act. 4/169 ff., insbes. act. 4/169; act. 4/173; act. 4/188; act. 4/198). Dass die Kontobewegungen nicht mit der angegebenen Tätigkeit der B. in Einklang standen, wird nicht dargetan und ist nicht ersichtlich. Die Klägerin tut auch nicht dar, was sich bis zur Saldierung konkret verändert haben soll (vgl. act. 38

        Rz. 129 ff. bzgl. act. 29 Rz. 64 ff.). Sie bringt einzig pauschal vor, die Transaktionen hätten nach der Wende zugenommen, und bezieht sich dafür auf eine entsprechende - ebenfalls pauschale - Bejahung des entsprechenden Vorhalts durch I. im Zeugenstand (act. 38 Rz. 39; act. 4/35 S. 4 f.: Frage bzw. Vorhalt des Bezirksanwalts: Es gab grosse Zuflüsse insbesondere von P.; Antwort: Es waren Banküberweisungen von P. und anderen Banken. Es stimmt, dass sie höher waren als früher. Man hat nicht darüber gesprochen.). Dies genügt nicht, um eine grundlegende, für die Beklagte erkennbare Änderung der etablierten Kontobeziehung anzunehmen.

      3. Es bestand damit eine langjährige, konstante Kundenbeziehung. Der Kundenbetreuer I. kannte D. seit Jahren als angesehene und erfolgreiche Geschäftsfrau. Ob sich D. berechtigterweise eines solchen Ansehens erfreute, konnten I. und die Beklagte (als damals kleine Privatbank in Zürich [so act. 38 Rz. 56]) nicht beurteilen. Auf dem Konto waren sodann nicht einfach Gelder parkiert, was hätte verdächtig sein können. Vielmehr wurde in all den Jahren ein intensiver Geschäftsund Zahlungsverkehr über das Konto abgewickelt, wobei als Vertreterin der B. stets D. auftrat. Insgesamt lagen Umstände vor, die geeignet waren, bei der Bank Vertrauen zu begründen, dass es mit dem Konto im Allgemeinen und der Vertretungsbefugnis D.s im Besonderen seine Richtigkeit hat. Nach acht Jahren uneingeschränkter Vertretungsmacht D.s bestand grundsätzlich kein Anlass, diese zu hinterfragen. Nachvollziehbar ist vor diesem Hintergrund auch, wenn die Beklagte vorbringt, die B. sei aus ihrer Perspektive als ein operativ in Wien tätiger, privater Handelsbetrieb im Importund Exportgeschäft mit dem damaligen Ostblock (act. 29 Rz. 41, 65) bzw. als ein von Österreich aus beherrschtes und betriebenes Handelsunternehmen (act. 45 Rz. 275) erschienen, so dass m.a.W. der Umstand, dass die B. ihren Sitz formell in Ostberlin hatte, verblasste.

4.6 Zu prüfen ist, ob Verdachtsmomente vorlagen, d.h. konkrete Umstände, aufgrund derer die Beklagte dennoch hätte Verdacht schöpfen und besondere Abklärungen tätigen müssen.

        1. Die Klägerin wirft der Beklagten vor, sie habe die wirtschaftliche Berechtigung an der B. nicht bzw. ungenügend überprüft (act. 2 Rz. 75 ff., 81 ff.; act. 38

          Rz. 27 ff.), und moniert Ungereimtheiten: So habe etwa der zuständige Kundenbetreuer I. bei der Bezirksanwaltschaft angegeben, D. immer als Bevollmächtigte angesehen zu haben (act. 2 Rz. 75). Die Beklagte scheine zwei Jahre nach der Kontoeröffnung die Kontobeziehung 207'550 aber offenbar plötzlich als Formular B-Beziehung und D. als blosse Treuhänderin betrachtet zu haben (act. 2 Rz. 81 ff.). Auf dem Formular B sei dann allerdings mit einer ziemlich dürftigen Begründung festgehalten worden, D. sei wirtschaftlich Berechtigte (vgl. act. 2 Rz. 84 ff.). Auch zum Hintergrund der (während gewisser Zeiten) ebenfalls zeichnungsberechtigten weiteren Personen (F.; M.) hätten keine Abklärungen stattgefunden (act. 2 Rz. 77).

        2. Die Beklagte führt hierzu aus, es sei zwischen der wirtschaftlichen Berechtigung am Konto und jener an der Kundin (B.) zu unterscheiden. Wirtschaftlich Berechtigte am Konto sei die B. gewesen. I. sei aber überzeugt gewesen, D. sei die wirtschaftlich Berechtigte an der B. gewesen (act. 45 Rz. 104 ff., 109). Bei der Aktennotiz für Formular B-Fälle habe es sich schlicht um einen Irrtum I.s gehandelt (act. 29 Rz. 60 m.H.a. act. 30/5 S. 6).

        3. Gemäss den Kontoeröffnungsunterlagen ist die B. Kontoinhaberin und gleichzeitig wirtschaftlich Berechtigte an den Guthaben (act. 4/40; vorne

E. III/1.4). Die Identität der B. wurde bei der Kontoeröffnung anhand eines Handelsregisterauszugs vom 18. Mai 1977 (act. 30/14) und später anhand eines solchen vom 12. Juli 1984 (act. 4/47) geprüft (act. 29 Rz. 56; act. 38 Rz. 27). Im Rahmen der Kontoeröffnung wurde sodann durch D. im Namen der B. erklärt, dass diese für eigene Rechnung handle, also weder für fremde Rechnung noch als Beauftragte, die einem Berufsgeheimnis unterliegt, noch als Vertreterin einer Sitzgesellschaft, die von natürlichen Personen beherrscht wird (act. 4/40; vorne

E. III/1.4). Welche weiteren Abklärungen sich aufgedrängt hätten, wird von der

Klägerin nicht konkret dargetan und ist nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin dafür hält, dass die Beklagte aufgrund der damals geltenden Standesvorschriften VSB 77 eine schriftliche Erklärung der zuständigen Organe über die Beherrschungsverhältnisse hätte verlangen müssen (act. 38 Rz. 27 m.H.a. act. 4/37, Art. 7 Abs. 1 lit. b), verweist die Beklagte unwidersprochen darauf, dass die B.

operativ tätig und entsprechend gemäss der Juristischen Kommission der Schweizerischen Bankiervereinigung (entgegen dem Wortlaut von Art. 7 VSB 77) nicht als Sitzgesellschaft zu betrachten war, so dass die Einholung einer solchen Erklärung über die Beherrschungsverhältnisse nicht erforderlich war (act. 29 Rz. 55, Fn. 32 m.H.; act. 45 Rz. 106; vgl. heute Art. 39 VSB 2016).

Aber auch wenn es so wäre, dass sich die Beklagte bzw. ihre Mitarbeiter in diesem Zusammenhang mangelnde Sorgfalt vorwerfen lassen müssten, liesse sich für die vorliegend relevante Frage, ob die Beklagte den Wegfall der Vertretungsbefugnis D.s hätte erkennen müssen, nichts herleiten: Konkret in Betracht kam als wirtschaftlich Berechtigte an der Gesellschaft B. (als Kontoinhaberin) aus Sicht der Beklagten nur D. als Gesellschafterin und Geschäftsführerin der B., die über Jahre uneingeschränkt über das Konto verfügte (vgl. a. act. 30/13 [Aktennotiz K.]: Für I. war D. stets die wirtschaftlich Berechtigte an B.; act. 4/55 [Aussage K. im Zeugenstand]: Er [I.] sagte, es sei völlig problemlos. Er kenne Frau D. seit mehr als 10 Jahren. Sie sei in Wien eine bekannte Industrielle, die über weitreichende Geschäftsbeziehungen verfüge. Es sei völlig klar, dass sie hinter der Geschäftsbeziehung stehe.). Auch weitergehende Abklärungen wie die Einholung einer Gesellschafterliste (vgl. act. 2 Rz. 176) hätten im Übrigen keinen anderen Aufschluss gegeben, als dass D. als Gesellschafterin und Geschäftsführerin eben (zumindest formell) Anteilseignerin war. Dass nach den konkreten Gegebenheiten nur der DDR-Staat oder die dort allmächtige Partei wirtschaftlich berechtigt am Konto sein konnte, wie die Klägerin festhält (act. 2 Rz. 72), mag man aus einer Betrachtung ex post bejahen, mussten aber I. und die Beklagte nicht erkennen (und erkannte das Verwaltungsgericht Berlin noch im Jahre 1996 nicht). Wenn die Klägerin weiter behauptet, I. bzw. der Beklagten sei bekannt gewesen, dass D. keineswegs Industrielle gewesen sei, sondern eine in ganz Wien bekannte berufsmässige Treuhänderin und KP-Vertraute, die als solche als Anteilseignerin von Unternehmen des DDR-Aussenhandels-bereichs KoKo von Alexander Schalck-Golodowski und von Unternehmen der KPÖ fungiert habe (act. 2 Rz. 87 f.), wird vollends klar, in welchem Ausmass die Klägerin einem Rückschaufehler unterliegt oder zumindest entsprechend argumentiert (vgl. hierzu vorne

E. IV/4.2.3 a.E.). Vorliegend gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass I. und die

Beklagte derartiges Wissen hatten oder auch nur hätten haben müssen. Aus den von der Klägerin angeführten Umständen, dass I. um D.s Beziehungen nach Ostdeutschland und ihren Kommerzialrats-Titel wusste (vgl. act. 2 Rz. 87), lassen sich keine solchen vertieften Kenntnisse ableiten, ebenso wenig aus der (in einem Mutationsbeleg aufscheinenden) unter dem Namen D.s angebrachten Bezeichnung Repräsentants (vgl. act. 2 Rz. 87 m.H.a. act. 4/44).

Nicht ersichtlich ist im Übrigen, was die Klägerin aus fehlenden Abklärungen zu F. und M. ableiten will.

        1. Die Klägerin führt weiter an, die Beklagte habe in den Jahren 1986 und 1990 auf dem Konto der B. ungewöhnlich hohe Transaktionen mit der für den Devisenhandel zuständigen staatlichen Bank der DDR, der Deutschen Aussenhandelsbank, getätigt, die zwingend hätten hinterfragt werden müssen. Am 14. Januar 1986 habe die Beklagte zu Lasten des Kontos der B. DEM 48'200'034.- an die Deutsche Aussenhandelsbank überwiesen. Nach dem Umsturz im Osten sei auf dem gleichen Konto eine Gutschrift seitens der Deutschen Aussenhandelsbank über DEM 66'857'629.24 erfolgt (act. 4/93: Gutschrift vom 11. Juni 1990). Auch diese im zeitgeschichtlichen Zusammenhang höchst auffälligen Transaktionen seien von der Beklagten nicht hinterfragt worden (act. 2 Rz. 105). Tatsächlich habe es sich bei diesen Transaktionen um einen vom Aussenhandelsminister der DDR, Dr. Gerhard Beil, vermittelten Kredit der B. zur Stützung der DDRZahlungsbilanz gehandelt, der nach der Wende, und zwar unmittelbar nach lnkrafttreten des DDR-Parteiengesetzes am 1. Juni 1990, unbefugt wieder abgezogen und unter anderem über die Beklagte ins westliche Ausland transferiert worden sei (act. 2 Rz. 106; act. 38 Rz. 32 f. m.H.a. act. 4/94 S. 3).

        2. Die Klägerin hält selbst fest, der Beklagten sei bekannt gewesen, dass die

B. im Aussenhandel der DDR tätig war und ihre Einnahmen aus Provisionsgeschäften stammten (act. 2 Rz. 94 m.H.a. act. 4/35 S. 2 f.). Die Deutsche Aussenhandelsbank (DABA) war sodann in der DDR als Spezialinstitut verantwortlich für die Durchführung kommerzieller Zahlungen mit dem Ausland sowie mit Devisenausländern im Inland („Deutsche Außenhandelsbank“ in: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Bearbeitungsstand: 12. August 2016, https://de.wikipedia.

org/w/index.phptitle=Deutsche_Au%C3%9Fenhandelsbank&oldid=156931588, abgerufen am 22. November 2016). Entsprechend vermögen die Geldflüsse zwischen der B. und der DABA als solche nicht zu überraschen; ebenso wenig der Umstand, dass eine zuvor getätigte Festgeldanlage saldiert wurde. Nicht dargetan und nicht ersichtlich ist, wieso die Beklagte deswegen (mit Bezug auf die Frage der Vertretungsbefugnis D.s) hätte misstrauisch werden sollen. Gemäss einer Notiz des Rechtsdienstes der Beklagten erhielt I. von D. bezüglich des Zahlungseingangs von DEM 67 Mio. die Erklärung, es handle sich um die Teilrückzahlung eines der DDR von der KPÖ gewährten Darlehens (act. 30/13). Wenn die Klägerin diese Erklärung als so hanebüchen wie alarmierend bezeichnet, macht sie es sich zu einfach. Sie selbst geht davon aus, dass es sich tatsächlich um die Rückzahlung eines der DDR gewährten Kredits handelte. Inwiefern der Umstand, dass letztlich die KPÖ Darlehensgeberin gewesen sein soll, derart abwegig oder auffäl- lig war, tut sie nicht dar und ist nicht zu sehen. Im Gegenteil ging selbst das Verwaltungsgericht Berlin noch 1996 genau hiervon aus: Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass es sich bei dieser Devisenanlage um einen Kredit der KPÖ an die DDR handelte, der mit dem Ziel gewährt wurde, den Handel der DDR mit den Firmen des KPÖ-Wirtschaftsapparates zu erhalten und zu fördern (Urteil vom

12. Dezember 1996, VG 26 A 788.92, S. 171 [act. 47/3]). Wenn die oberen Instanzen in der Folge zu anderen Schlüssen gelangten als das Verwaltungsgericht Berlin (bzw. die Frage nicht näher prüften; vgl. act. 4/4 S. 203) und sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen lässt, wer hinter dem im Namen der B. gewährten und im Wesentlichen von Konten der B. geleisteten Kredit stand (vgl. act. 55 Rz. 44, 47; act. 147/3 S. 170), ändert dies nichts daran, dass die Erklärung D.s zum Kreditgeber plausibel war. Was den Zeitpunkt vom Juni 1990 betrifft, durfte die Beklagte im Übrigen durchaus annehmen, dass eine Zahlung der DABA in dieser Grössenordnung von den neu installierten Behörden (Regierung de Maizi- ère, Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR, Treuhand etc.) kontrolliert wurde bzw. zumindest nicht ohne deren Wissen erfolgt sein konnte. Die Beklagte konnte in guten Treuen davon ausgehen, dass die neuen ostdeutschen Behörden ihre Pflicht zur Wahrung des Volksvermögens wahrnehmen und weitere ungerechtfertigte Abflüsse

von Geldern ins Ausland verhindern. Vor diesem Hintergrund musste die Rückzahlung des Kredits durch die DABA die Beklagte nicht misstrauisch machen, sondern sie war im Gegenteil geeignet, Vertrauen darin zu schaffen, dass im Verhältnis der B. zur neuen DDR (bzw. nach der Wiedervereinigung zur BRD) alles in bester Ordnung war.

4.6.3 Nichts ändert auch das mit Blick auf den Eingang von DEM 67 Mio. an anderer Stelle angeführte Vorbringen der Klägerin, I. habe spätestens Anfang Juni 1990 auf ein Naheverhältnis D.s zur KPÖ schliessen müssen, eben weil diese ihm erklärt habe, es handle sich um die Rückzahlung eines Kredits, den die DDR von der KPÖ erhalten habe (act. 38 Rz. 165). Auch das Erkennen eines solchen Naheverhältnisses zur KPÖ hätte keinen Anlass gegeben, der Vertretungsbefugnis D.s zu misstrauen. Falls I. (was ihm nicht unterstellt werden kann) im Osthandel besonders bewandert war und um die sog. kommerz-kommunistischen Firmen wusste, hätte er vor dem Hintergrund der Geschäftstätigkeit der B. allenfalls vermuten können, bei dieser handle es sich um eine dieser Firmen, die der KPÖ und ihrem Wirtschaftsapparat zuzurechnen sind und zum Hauptteil nicht den vorgeschobenen Vertrauensleuten (Kommerz-Kommunisten), sondern grösstenteils der KPÖ selbst gehören (act. 47/3 S. 87 m.H.). Dies hätte aber weder Zweifel an der Verfügungsbefugnis D.s über das Konto noch die Vermutung einer SED-Zugehörigkeit der B. aufgedrängt.

        1. Die Klägerin weist im Weiteren darauf hin, dass teilweise mehrfach pro Tag Hunderttausende vom Konto der B. abgeflossen seien, und hält dafür, dass aufgrund der angegebenen Informationen zum Empfänger ein geschäftsmässig begründeter Hintergrund nicht ersichtlich gewesen sei (act. 38 Rz. 39). Allein an

          D. seien mehrere grössere Barauszahlungen erfolgt: CHF 60'000.- und CHF 50'000.- (06.03.1990, act. 4/1 04); DEM 1'285'650.- (Check [act. 2 Rz. 112],

          06.03.1990, act. 4/103); CHF 60'000.- (Check, 07.05.1990, act. 4/104);

          CHF 30'000.- (11.06.1990); CHF 100'000.- (16.10.1990); DEM 200'200.-

          (16.10.1990); DEM 19'985'000.- (04.12.1990); DEM 300'009.51 (Check,

          27.03.1991); DEM 100'009.51 (Check, 28.03.1991); CHF 20'000.- (28.08.1991);

          CHF 62'625.- (11.12.1991 ); CHF 100'000.- (13.04.1992); DEM 100'250.-

          (13.04.1992; act. 38 Rz. 39). Eine Unzahl weiterer Überweisungen seien an Offshore-Gesellschaften oder Konten in der Karibik, auf Nummernkonten im Inund Ausland sowie an Privatpersonen, die weder mit der früheren DDR noch mit der Tätigkeit eines Handelsunternehmens in einen sachlichen Zusammenhang zu bringen gewesen seien, gegangen (act. 38 Rz. 39).

        2. Zunächst ist festzuhalten, dass solche Abflüsse (ebenso wie Zuflüsse) auch in den vorangehenden Jahren unzählige Male vorkamen. Die B. war - wie im Schlussbericht der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermö- gens der Parteien und Massenorganisationen der DDR vom 5. Juli 2006 festgehalten wird - bereits seit den 70er-Jahren wirtschaftlich stark aktiv: Sie [die B.] war als Vermittlerfirma auf Provisionsbasis besonders im Handel zwischen Österreich und der DDR tätig, vertrat gegenüber den Aussenhandelsbetrieben der DDR aber auch andere Firmen, wie z.B. den Schweizer Chemiekonzern Ciba-Geigy. Grossen wirtschaftlichen Erfolg konnte die B. als Generalvertreter der österreichischen Voest Alpine AG verbuchen, als diese 1981 den Zuschlag für die schlüsselfertige Lieferung eines Konverterstahlwerkes in Eisenhüttenstadt erhielt (act. 30/6 S. 51). Die wirtschaftliche Aktivität der B. widerspiegelt sich in den Bewegungen auf dem Konto bei der Beklagten. In gewissen Monaten sind praktisch täglich bzw. teilweise mehrfach täglich Gutschriften oder Belastungen zu verzeichnen (Vergütungen, Devisenkäufe, Treuhandanlagen und -rückzahlungen, Auszahlungen etc.). Die Jahresumsätze bewegten sich stets im Rahmen mehrerer Millionen, teilweise gar mehrerer hundert Millionen (vgl. Kontoauszüge 19821989: act. 30/17; Kontoauszüge 1990-1992: act. 4/169; act. 4/173; act. 4/188; act. 4/198). Was die Eingänge von Provisionszahlungen aufgrund der Geschäftstätigkeit der B. betrifft, erfolgten solche augenscheinlich auch noch in den Jahren 1990 und 1991 (vgl. z.B. act. 30/18: Zahlungen von über DEM 40'000.- bzw. DEM 35'000.- [per 1.6.90], DEM 200'000.- [per 3.7.90; Provision],

          DEM 200'000.- [per 21.9.90; Provision], DEM 210'000.- [per 10.12.90; Provision], DEM 200'000.- [per 25.4.91; Provision]).

        3. Woran sodann zu erkennen gewesen sein soll, dass für Auszahlungen kein geschäftsmässig begründeter Hintergrund bestand bzw. die Zahlungen weder mit der früheren DDR noch mit der Tätigkeit eines Handelsunternehmens in einen sachlichen Zusammenhang zu bringen waren (act. 38 Rz. 39), tut die Klä- gerin nicht dar. Der blosse Hinweis, dass gewisse Zahlungen an OffshoreGesellschaften, auf Konten in der Karibik, auf Nummernkonten im Inund Ausland, an Privatpersonen oder bar an D. erfolgten (vgl. act. 38 Rz. 39), genügt keineswegs. Geschäfte mit und Überweisungen an Offshore-Gesellschaften gelten zwar mit guten Gründen als suspekt und werden nicht von ungefähr mit Steuervermeidung, Korruption und Geldwäsche in Verbindung gebracht. Gleichwohl wurden sie (und werden sie noch heute) in weiten Kreisen in der Schweiz und andernorts als legitim erachtet und waren sie jedenfalls in den 80erund 90erJahren für Schweizer Banken gang und gäbe. Wie auch immer: Es ist kein Grund zu sehen, wieso die Beklagte auf fehlende Vertretungsbefugnis D.s hätte schliessen oder derart Verdacht schöpfen müssen, dass sich besondere Nachforschungen aufgedrängt hätten. Soweit die Klägerin auf eine Erwägung im bezirksgerichtlichen Entscheid in Sachen Klägerin gegen D. verweist, gemäss welcher D. ohne rechtfertigenden Anlass/Grund über das Konto und die dort aufgezeichneten Kundenguthaben der B. verfügte, also m.a.W. rechtsanmassend handelte und die Abverfügungen selbst als nicht gesellschaftsrechtlich motivierte Gewinnabfüh- rungen betrachtet habe (act. 4/1 S. 163; vgl. act. 2 Rz. 44; act. 38 Rz. 7), ist im Übrigen festzuhalten, dass sich das Gericht einfach auf die Behauptungslage im betreffenden Prozess stützte (vgl. act. 4/1 S. 70 ff., E. VI/5.4 ff.; s. zur Verhandlungsmaxime § 54 Abs. 1 ZPO/ZH und Art. 55 Abs. 1 ZPO). Für das vorliegende Verfahren lässt sich daraus nichts gewinnen. Jedenfalls ist nicht zu sehen, woraus die Beklagte hätte erkennen sollen, dass es den Verfügungen an gesellschaftsrechtlicher Motivierung fehlte.

        4. Was Bargeldzahlungen grösseren Umfangs betrifft, gelten solche heutzutage unter dem Gesichtspunkt der Geldwäscherei als potenziell verdächtig (Botschaft zur Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der Groupe d'action financière [GAFI] vom 13. Dezember 2013, BBl 2014 605, 629). Entsprechend haben seit 1. Januar 2016 Händlerinnen und Händler besondere Sorgfaltsund Meldepflichten zu beachten, wenn sie im Rahmen eines Handelsgeschäfts mehr als CHF 100'000.- in bar entgegennehmen (Art. 8a und Art. 9 Abs. 1bis GwG). Damit

wurden allerdings nicht einfach im Wirtschaftsleben bereits allgemein übliche Sorgfaltsregeln oder Selbstverständlichkeiten gesetzlich festgeschrieben. Die Vorschriften stiessen vielmehr in der Vernehmlassung namentlich bei der Wirtschaft und einem Teil der politischen Parteien auf Kritik (Botschaft GAFI, BBl 2014 605, 644). Der Nationalrat lehnte das Verbot hoher Bargeldzahlungen im November 2014 sogar noch ab (vgl. «http://www.nzz.ch/schweiz/nationalrat-will - hohe-bargeldzahlungen-weiterhin-erlauben-1.18433463» und «http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Nationalrat-kippt-Bargeldverbot-vollstaendig/ story/28030040», abgerufen am 12. Oktober 2016). Tatsächlich entsprechen bzw. entsprachen in verschiedenen Branchen Bargeldzahlungen von grossen Summen bis in die heutige Zeit offenbar einer Usanz, so etwa im Immobiliengeschäft (vgl. Botschaft GAFI, BBl 2014 605, 655) oder im Kunsthandel (vgl. Burckhardt/Hösli, Neue strafrechtliche Risiken für Händler bei Barzahlungen über CHF 100'000, in: Jusletter 1. Februar 2016, Rz. 4 m.H.). Vor rund 25 Jahren galten grössere Bargeldzahlungen - auch von weit mehr als CHF 100'000.-, welcher Betrag heute die Ungewöhnlichkeitsbzw. Zulässigkeitsschwelle bildet - als solche jedenfalls kaum als verdächtig. Gleiches galt entsprechend für Barabhebungen bei einer Bank.

Bei den von der Klägerin angeführten Bezügen über DEM 1'285'650.- am 6. März 1990, CHF 60'000.- am 7. Mai 1990, DEM 300'009.51 am 27. März 1991 und

DEM 100'009.51 am 28. März 1991 handelt es sich um solche mittels Check

(act. 2 Rz. 112; act. 38 Rz. 39). Sie erscheinen - in Anbetracht der konkreten Kontobeziehung mit B. - nicht so ungewöhnlich, wie die Klägerin behauptet. Gleiches gilt für die von der Klägerin angeführten Barbezüge über CHF 60'000.- und CHF 50'000.- am 6. März 1990, CHF 30'000.- am 11. Juni 1990, CHF 100'000.-

am 16. Oktober 1990, CHF 20'000.- am 28. August 1991 , CHF 62'625.- am

11. Dezember 1991, CHF 100'000.- am 13. April 1992, DEM 200'200.- am

16.10.1990 und DEM 100'250.- am 13. April 1992. Vor dem Hintergrund der auch in der Vergangenheit über das Konto erfolgten Transaktionen und der gleichzeitig erfolgenden Zuflüsse bestanden weder hinsichtlich der Höhe der ausbezahlten Gelder noch hinsichtlich der Kadenz der Auszahlungen besondere Auffälligkeiten, welche Anlass zu Nachforschungen gegeben hätten. Zumindest tut die Klägerin

keine Umstände dar, vor deren Hintergrund die Bezüge völlig ungewöhnlich und verdächtig gewesen wären (zum umfangmässig mit Abstand grössten Barbezug über DEM 19'985'000.- vom 4. Dezember 1990 siehe sogleich). Ein Teil der Bezüge erfolgte im Übrigen zwar nach dem Mauerfall, aber Monate vor dem Inkrafttreten des Parteiengesetzes.

        1. Schliesslich verweist die Klägerin auf einen Artikel in der NZZ vom 3. Dezember 1990 (act. 4/87), in der von dunklen Vorgängen um das Auslandsvermö- gen der SED berichtet werde, sowie auf den Umstand, dass D. gleichentags die Weisung gegeben habe, an den Kunden (B.) adressierte Korrespondenz banklagernd zu halten (act. 4/97: Änderung der Kundenanschrift: Versandart neu banklagernd). Damit, so die Klägerin, sollte sichergestellt werden, dass auf jeden Fall keine Korrespondenz nach Berlin gelangen würde. Die Korrespondenz-Adresse in Wien für Kontoauszüge an die Geschäftsführerin D. sollte dagegen unverändert bleiben; neu sei lediglich gewesen, dass der Versand per Adressmaschine erfolgen sollte (act. 4/97: Änderung der Korrespondenzadresse: neu Versand mit Adrema; act. 2 Rz. 108). Nur einen Tag später, am 4. Dezember 1990, habe die Beklagte nicht weniger als DEM 19'985'000.- vom Konto Nr. 207.550.204 der B. auf ein bankinternes Konto pro Diverse (KTO.-CPD) mit der Nr. 3.000.100.202 übertragen und sogleich über ein anderes CPD-Konto (Nr. 3.000.100.393) in ös- terreichische Schillinge gewechselt (act. 2 Rz. 109). Bei einem Konto pro Diverse (CPD-Konto) handle es sich um ein sog. Nostro-Konto der Bank, welches zur Filtrierung oder Tarnung von Kundentransaktionen benutzt werde. Derartige Transaktionen seien von der eidgenössischen Bankenkommission explizit als Anhaltspunkte für Geldwäscherei, also für ein fraudulöses, die wahren Gegebenheiten verschleierndes Verhalten betrachtet worden (act. 2 Rz. 110). ln der Tat sei dann der Gegenwert der auf das Nostro-Konto Nr. 3.000.100.202 übertragenen DEM 19'985'000.- noch am gleichen Tag an D. bar in Schillingen ausbezahlt worden (ATS 140 Mio.; act. 2 Rz. 111). Ganz offenkundig handle es sich bei diesem Barbezug um eine Veruntreuung von Mitteln der Gesellschaft durch die Geschäftsführerin (act. 2 Rz. 111). Die Barauszahlung von 140 Millionen Schillingen von einem Nostro-Konto der Bank an eine Geschäftsführerin, die am Vortag die Banklagerndhaltung der Korrespondenz angeordnet hatte, sei für eine Bank

          nicht nur eine per se höchst verdächtige Transaktion, sondern ein derart ungewöhnlicher Vorgang, dass die Transaktion schon von daher ohne sorgfältige und im Einzelnen dokumentierte Abklärungen zum Hintergrund nicht hätte ausgeführt werden dürfen. Das gelte umso mehr unter den damaligen zeitgeschichtlichen Umständen (act. 2 Rz. 111).

        2. Nichts abgeleitet werden kann aus dem im Auslandteil der NZZ erschienen Artikel vom 3. Dezember 1990 (act. 4/87). Zum einen kann - auch soweit es sich um die NZZ handelt, die gemäss Klägerin zur Pflichtlektüre jedes Bankers gehöre - nicht einfach angenommen werden, dieser Artikel sei den massgeblichen Mitarbeitern der Beklagten bekannt gewesen (s. dazu vorne E. IV/4.4.2). Zum andern enthält der Artikel nichts bezogen auf die B. oder D.. Ganz in den Vordergrund gerückt wird vielmehr die Schlüsselfigur Schalck-Golodkowski, der westliche SED-Firmen verwaltet habe.

        3. Näher zu betrachten sind indes die Banklagernd-Erklärung vom 3. Dezember 1990 und der konkrete Ablauf der Transaktion vom 4. Dezember 1990:

Die Instruktion an die Bank, die Bankkorrespondenz bei sich (banklagernd) zurückzubehalten, ist bei im Ausland wohnhaften Kunden praktisch der Regelfall. Nicht selten hat diese Anordnung den Zweck, eine Bankbeziehung namentlich vor den Steuerbehörden geheim zu halten, und sie gilt damit insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Steuerehrlichkeit als fragwürdig. Für die Schweizer Banken war dieser Aspekt freilich in der Vergangenheit kein Thema. Ihr Augenmerk lag im Gegenteil auf der Wahrung von Diskretion, die während der Hochkonjunktur des Bankgeheimnisses Grundlage ihres Geschäftsmodells bildete. Jedenfalls war eine Banklagernd-Erklärung aus Sicht einer Bank nicht geeignet, Argwohn zu erwecken. Die Beklagte weist im Übrigen unwidersprochen darauf hin, dass sich vorliegend faktisch nichts änderte, da die Korrespondenz betreffend die Konten der

B. seit der Kontoeröffnung stets nach Wien zu Handen von D. erfolgte, so dass die Weisung praktisch irrelevant gewesen sei (act. 29 Rz. 274). Aufgrund der praktischen Irrelevanz der Anordnung kann auch aus der zeitlichen Nähe zwischen Banklagernd-Erklärung und Barbezug nichts hergeleitet werden.

Auffallend erscheint immerhin die Höhe des bar bezogenen Betrags. Bei einer Barauszahlung über knapp DEM 20 Mio. handelt es sich objektiv gesehen um eine ungewöhnliche Transaktion (s.a. act. 39/7 S. 5), bei der grundsätzlich von der Bank der wirtschaftliche Hintergrund abzuklären ist (vgl. etwa Reinle, Die Meldepflicht im Geldwäschereigesetz, Zürich/St. Gallen 2007, Rz. 45 f.) und wohl auch zu Beginn der 1990er-Jahre abzuklären gewesen wäre. Die Klägerin weist an sich auch richtig darauf hin, dass Nostro-Konten, Konten pro Diverse sowie Transitoder Durchgangskonten bereits damals als typische Risikozonen einer Bank erkannt wurden (Bernasconi, Erscheinungsformen der Geldwäscherei in der Schweiz, in: SAV, Geldwäscherei und Sorgfaltspflicht, Zürich 1991, S. 7 ff., 15). Entsprechend wurde etwas später (im Jahr 1992) in den von der Klägerin zitierten Richtlinien zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäscherei der EBK vom

18. Dezember 1991 (in Kraft seit 1. Mai 1992) im Hinblick auf die Verhinderung und Bekämpfung der Geldwäscherei von der Verwendung aus technischen Gründen geführter Nostro-Konten der Bank (z.B. Konto pro Diverse, TransitKonto) oder von Konten ihrer Angestellten zur Filtrierung oder Tarnung von Kundentransaktionen abgeraten (act. 4/101). Der Verdacht auf Geldwäscherei (bzw. auf verbrecherische Herkunft der Gelder) bestand im vorliegenden Fall indessen nicht. Die Beklagte weist auch unwidersprochen darauf hin, dass der paper trail nie unterbrochen worden, sondern die Nachverfolgbarkeit der Transaktion jederzeit gewährleistet geblieben sei (act. 29 Rz. 275 f.). Nun ist es möglich, dass vorliegend die Übertragung auf ein bankinternes CPD-Konto nicht aus rein technischen Gründen (etwa zwecks Wechsels in Österreichische Schilling) vorgenommen wurde, sondern um zu verschleiern, dass es sich um eine Barauszahlung handelte (vgl. act. 39/7 S. 5). Wie es sich genau verhalten hat, ist freilich nicht bekannt (und könnte heute - nachdem sowohl D. als auch I. verstorben sind - auch nicht mehr geklärt werden). Auch ein von einem Geschäftsleitungsmitglied abgezeichneter Zahlungsauftrag (act. 2 Rz. 68; act. 38 Rz. 36) - sollte ein solcher ein Viertel Jahrhundert später noch vorhanden sein - würde hier keinen Aufschluss geben. Jedenfalls kann nicht einfach angenommen werden, die Beklagte habe aufgrund dieser Transaktion einen Treueverstoss D.s vermuten müssen, konnte doch D. während vieler Jahre Tag für Tag uneingeschränkt über ein Vielfaches

des hier in Frage stehenden Betrages verfügen. Auch ging es offensichtlich - anders als im von der Klägerin als Referenz zitierten Bürgermeister-Fall (HGer ZH vom 1. April 2003, ZR 104 [2005] Nr. 28, S. 109, 113 f.; BGer 4C.157/2003 vom 2.

November 2004) - nicht darum, das Konto nur wenige Monate nach der Kontoeröffnung zu saldieren bzw. zu plündern. Bis zuletzt (Kontosperre und Saldierung Mitte 1992) kam es vielmehr auch zu erheblichen Zuflüssen auf das Konto. Es handelte sich auch nicht um das Konto einer Gemeinde und bei den angelegten Geldern nicht um beachtliche Rücklagen eines Gemeinwesens [ ], an deren Anlage erhöhte Sicherheitsanforderungen gestellt werden (HGer ZH, ZR 104 [2005] Nr. 28, S. 109, 114). Anders als im Bank W.-Fall liegt sodann nicht ein geradezu lehrbuchhaftes Beispiel einer verdächtigen Transaktion vor, bei welcher die Alarmglocken hätten läuten müssen (s. vorne E. IV/4.4.4.2). Zwar hätten der Beklagten durchaus Zweifel an der Lauterkeit D.s kommen dürfen, was etwa ihre Steuerehrlichkeit betrifft. Dass die Beklagte an der Verfügungsberechtigung D.s hätte zweifeln sollen, kann indessen nicht angenommen werden. Auf Nachfrage hin hätte D. im Übrigen mit grösster Sicherheit eine plausible Begründung geliefert, z.B. dass das Geld an die KPÖ - als Darlehensgeberin des Kredites an die DDR (s. vorne E. IV/4.6.2.2) - zurückgeführt werden soll.

    1. Zusammenfassend ist festzuhalten: Die von der Klägerin angeführten Verdachtsmomente sind nicht geeignet, die Annahme des guten Glaubens der Beklagten umzustossen. Einzig bei der Barauszahlung über knapp DEM 20 Mio. stellt sich ernsthaft die Frage, ob bei der Beklagten die Alarmglocken hätten läu- ten sollen, allerdings entgegen der Klägerin nicht wegen des NZZ-Artikels, der Banklagernd-Erklärung oder der Verwendung eines CPD-Kontos, sondern einzig wegen der Höhe des Betrags. Betrachtet man indes die konkrete Kundenbeziehung, erscheint die Auszahlung nicht mehr so ungewöhnlich und drängen sich Zweifel hinsichtlich der Verfügungsberechtigung D.s nicht auf. Der Beklagten kann kein Vorwurf gemacht werden, weil sie keine besonderen Abklärungen vornahm, aufgrund derer sie - vor dem damaligen zeitgeschichtlichen Hintergrund - auf das Deutsche Parteiengesetz und auf dessen § 20b hätte stossen müssen.

    2. Die Klage ist gestützt auf den Vorbehalt des guten Glaubens gemäss Art. 158 IPRG abzuweisen. Der Vollständigkeit halber (und mit Blick auf Art. 318 Abs. 1 lit. c Ziff. 1 ZPO) ist im Folgenden dennoch auf die weiteren Anspruchsvoraussetzungen bzw. Einwendungen einzugehen.

  1. Haftungsbeschränkung gemäss AGB
    1. Die Beklagte wendet gegen den klägerischen Erfüllungsanspruch weiter ein, sie habe gemäss ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen das Risiko von Legitimationsmängeln und daraus folgender Leistungen an Unberechtigte in zulässigem Umfang auf den Kunden überwälzt. Die zur Zeit der Kontoeröffnung massgebenden AGB sähen (wie bei Banken üblich) vor, dass der Kunde den aus dem Nichterkennen von Legitimationsmängeln entstehenden Schaden trage, sofern die Bank kein grobes Verschulden treffe (Art. 7 Abs. 2 AGB). Art. 2 der AGB bestimme zudem, dass die der Bank bekanntgegebene Unterschriftenregelung (bis auf schriftlichen Widerruf) ausschliesslich gelte, ungeachtet anderslautender Handelsregistereinträge und Veröffentlichung. Als D. die Unterschriftenregelung für das B.-Konto bekannt gegeben habe, sei sie unbestrittenermassen vertretungsbefugt gewesen, und diese Unterschriftenregelung sei erst am 30. Juni 1992 geändert worden (act. 29 Rz. 163; act. 45 Rz. 145).

    2. Die Klägerin hält dafür, das Verhalten der zuständigen Personen der Beklagten (I. als stellvertretender Direktor, K. als Leiter des Rechtsdiensts, L. als Geschäftsleitungsmitglied) sei grob unsorgfältig gewesen. Sie hätten erkennen müs- sen, dass die Vertretungsbefugnis D.s aufgrund von § 20b PartG DDR beschränkt gewesen sei (act. 38 Rz. 47 ff.). Die Haftungsbeschränkungen in den AGB der Beklagten seien allerdings ohnehin unwirksam. Die Leistung an einen Unberechtigten stelle keine Schlechterfüllung, sondern überhaupt keine Erfüllung dar, weshalb sich die Frage einer allfälligen Haftungsreduktion im Rahmen der Art. 100 f. OR gar nicht stelle. Den Schaden, welcher aus dieser unautorisierten Überweisung entstehe, erleide die Bank und nicht der Kunde. Eine Haftungsbeschränkung für ihren eigenen Schaden sei der Bank aber nicht möglich (act. 38 Rz. 52).

          1. Gemäss den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist der aus dem Nichterkennen von Legitimationsmängeln resultierende Schaden vom Kunden zu tragen, sofern die Bank kein grobes Verschulden trifft (Art. 7 Abs. 2 AGB [act. 30/30]).

          2. Die Zulässigkeit solcher Freizeichnungen bestimmt sich nach Art. 100 OR. Gemäss Art. 100 Abs. 1 OR ist eine im Voraus getroffene Vereinbarung, wonach die Haftung für rechtswidrige Absicht oder grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen sei, nichtig. Nach Abs. 2 der Bestimmung kann vom Gericht auch ein zum Voraus erklärter Verzicht auf Haftung für leichtes Verschulden als nichtig betrachtet werden, wenn die Verantwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes folgt. Der Betrieb einer Bank ist gemäss Bundesgericht der Ausübung eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes gleichzusetzen (BGE

            112 II 450). Die Haftung, von der sich die Vertragspartei in den genannten Schranken freizeichnet, kann nach herrschender Lehre neben den positiven Vertragsverletzungen auch die eigentlichen Nichterfüllungsfälle betreffen (BK ORWeber, Art. 100 N 36 m.H.; Gauch/Schluep/Emmenegger, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd. II, 10. A. Zürich 2014, Rz. 3084 m.H.; a.A. Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. A. Zürich 1988, 348).

          3. Vorliegend kann aufgrund der konkreten Umstände, insbesondere der langjährigen Kundenbeziehung und der in Frage stehenden Transaktionen (dazu vorne E. IV/4.5 u. 4.6), keine grobe Fahrlässigkeit angenommen werden. Es kann nicht gesagt werden, die Beklagte bzw. ihre Organe hätten elementarste Sorgfaltspflichten missachtet. Auch leichte Fahrlässigkeit im Sinne von Art. 100 Abs. 2 OR ist zu verneinen. Wollte man indes davon ausgehen, dass leichte Fahrlässigkeit vorliegt, würde es sich jedenfalls nicht rechtfertigen, der Freizeichnungsklausel mittels gerichtlichen Ermessensentscheids die Wirkung zu versagen (Art. 100 Abs. 2 OR). So könnte nicht gesagt werden, die Haftungsbeschränkung erscheine unter den konkreten Umständen als unbillig, etwa weil sie vornehmlich auf eine Monopolstellung der Beklagten oder ein Abhängigkeitsverhältnis zurückzuführen sei (vgl. BK OR-Weber, Art. 100 N 101, 162).

      5.4 Die Freizeichnungsklausel in den AGB der Beklagten ist für den vorliegenden Fall zulässig, die Haftungsbeschränkung wirksam. Die Klage wäre auch aus diesem Grund abzuweisen.

  2. Rechtsmissbrauch
    1. Die Beklagte wendet gegen den Erfüllungsanspruch weiter ein, dessen Geltendmachung nach 22-jähriger Untätigkeit und entgegen früherer Zusicherungen verstosse gegen Treu und Glauben und das Verbot des offenbaren Rechtsmissbrauchs (act. 29 Rz. 178 ff.):

      • Sie (die Beklagte) habe die Jahrzehnte lange Untätigkeit der Klägerin als Verzicht auf die Forderung bzw. ihre Geltendmachung auffassen dürfen (act. 29 Rz. 180).

      • Die verzögerte Rechtsausübung habe zur Folge, dass sich die umstrittene Forderung nicht mehr überprüfen lasse (act. 29 Rz. 188). Die Kronzeugen für die Abwehr der Forderung - D. und I. - seien 2012 bzw. 2015 gestorben, was bei ihr einen gravierenden Beweisnotstand verursache. Bei noch lebenden Zeugen dürfte die einschlägige Erinnerung sodann weitgehend verblasst sein (act. 29 Rz. 194; act. 45 Rz. 224 f., 229).

      • Durch das Zuwarten seien ihre Regressansprüche gegen die verstorbene D. vereitelt worden (act. 45 Rz. 224 f.).

      • Die Klägerin habe ihr bereits 1992 zugesichert, kein Interesse an einem Vorgehen gegen sie zu haben, sondern ihre Ansprüche nur gegen D. geltend machen zu wollen (act. 45 Rz. 211 m.H.a. act. 30/24). Auch 1994 habe die Klägerin erklärt, keine aktuelle Absicht zu haben, sie in ein Verfahren zu ziehen, und die angekündigten Betreibungen nur aus Vorsichtsgründen zur Verjährungsunterbrechung vorzunehmen (act. 45 Rz. 214 m.H.a. act. 30/25).

      • Die besonderen Nachteile des Zuwartens und damit die Rechtsmissbräuchlichkeit manifestiere sich in besonders augenscheinlichem Mass bei der

        exorbitanten klägerischen Zinsforderung von über CHF 100 Mio., die bloss aufgrund des trölerischen Verhaltens der Klägerin habe entstehen können und mittlerweile sogar die behauptete Kapitalforderung übersteige (act. 29 Rz. 195).

    2. Die Klägerin hält dafür, zu keinem Zeitpunkt einen Verzicht auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche gegenüber der Beklagten erklärt zu haben, weder ausdrücklich noch konkludent. Sie habe vielmehr durch die alljährlichen Betreibungen klar gemacht, dass sie an ihrem Anspruch festhalte (act. 38 Rz. 65 f.; s. weiter act. 38 Rz. 68 ff.).

          1. Art. 2 ZGB gebietet ein Verhalten nach Treu und Glauben (Abs. 1) und versagt dem offenbaren Missbrauch eines Rechts den Rechtsschutz (Abs. 2). Nach Lehre und Rechtsprechung kann ein Anspruch aufgrund von Art. 2 ZGB wegen verzögerter Rechtsausübung untergehen, wenn besondere Umstände gegeben sind, welche die Rechtsausübung mit der früheren Untätigkeit in einem unvereinbaren Widerspruch erscheinen lassen (BGE 131 III 439 E. 5.1; 127 III 357

            E. 4c/bb; CHK ZGB-Middendorf/Grob, Art. 2 N 24; BK ZGB-Hausheer/Aebi-Müller,

            Art. 2 N 283 m.H.). Aus dem Zeitablauf bzw. dem Zuwarten mit der Rechtsaus- übung allein kann kein Rechtsuntergang abgeleitet werden. Dem Gläubiger steht es grundsätzlich frei, in welchem Zeitpunkt innerhalb der Verjährungsfristen er seinen Anspruch geltend machen will (vgl. BGE 127 III 357 E. 4c/bb). Das schweizerische Zivilrecht kennt dabei keine Maximalverjährung, kann doch der Eintritt der Verjährung durch periodische gültige Unterbrechungshandlungen beliebig hinausgeschoben werden (BSK-Däppen, Vor Art. 127-142 ZGB N 2). Die frühere Untätigkeit muss vielmehr zusätzlich ein schutzwürdiges Vertrauen in die Nichtgeltendmachung des Anspruchs begründet haben, welches durch die Rechtsausübung enttäuscht würde (BK ZGB-Hausheer/Aebi-Müller, Art. 2 N 269, 283). Ein solches schützenswertes Vertrauen des Verpflichteten wird etwa angenommen, wenn ihm aus der verzögerten Geltendmachung in erkennbarer Weise Nachteile erwachsen sind und dem Berechtigten die frühere Rechtsausübung zumutbar gewesen wäre (BGE 131 III 439 E. 5.1; BGer 4C.37/2004, E. 4), wenn der Berechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs zuwartet, um sich einen

            ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen (BGer, ebd.), oder wenn aus dem Stillschweigen mit Sicherheit auf einen Verzicht geschlossen werden kann (BGE 106 II 320, 324; BK ZGB-Hausheer/Aebi-Müller, Art. 2 N 283 m.H.).

          2. Vorliegend hat die Klägerin mehr als zwei Jahrzehnte zugewartet, bis sie Klage erhoben hat. Die Frage des Rechtsmissbrauchs stellt sich daher durchaus. Allerdings hat die Klägerin erstmals am 13. September 1994 und in der Folge jährlich (act. 2 Rz. 142) ein Betreibungsbegehren gestellt und dabei darauf hingewiesen, die Betreibung erfolge zur Unterbrechung der Verjährung (act. 4/167+168). Die Beklagte konnte damit nicht darauf vertrauen, die Klägerin habe auf die Geltendmachung der behaupteten Ansprüche ihr gegenüber verzichtet bzw. ihr zugesichert, nicht bzw. nie gegen sie vorgehen zu wollen. Solches ergibt sich auch nicht aus dem in einer Aktennotiz festgehaltenen Telefongespräch zwischen K. (von der Beklagten) und dem klägerischen Rechtsvertreter vom 27. August 1992 (gemäss welchem Letzterer betont habe, es bestehe kein Interesse [ ], gegen AQ. oder andere beteiligte Banken vorzugehen [act. 30/24]) oder einem Schreiben von Rechtsanwalt N. an K. vom 13. September 1994 (in dem festgehalten wird, der klägerische Rechtsvertreter habe betont, dass derzeit keine Absicht bestehe, die AQ. in ein Verfahren zu ziehen [act. 30/25]). Auch eine Äusserung der Deutschen Bundesregierung in einer Antwort auf die Kleine Anfrage eines Abgeordneten vom 26. Juli 2011, wonach der Klägerin derzeit keine belastbaren Hinweise [vorlägen], um weitere Verfahren auf Herausgabe, Schadenersatz oder ungerechtfertigte Bereicherung einzuleiten (act. 30/26 S. 5), oder ein in einer Zeitung wiedergegebenes Zitat eines BvS-Sprechers, gemäss welchem nach dem Geldsegen aus dem Bank W.-Fall nichts mehr zu verteilen sei (act. 30/27), sind nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand irgendwelcher Art zu begründen. Die Beklagte durfte nicht darauf vertrauen, die Klägerin verzichte auf die Geltendmachung des in Betreibung gesetzten Anspruchs.

      Mangels widersprüchlichen Verhaltens und Verletzung berechtigten Vertrauens ändern auch allfällige sich für die Beklagte aus dem Zeitablauf ergebende Nachteile (wie insbesondere der Verlust von Regressmöglichkeiten) nichts daran, dass ein allfälliger Anspruch nicht wegen Rechtsmissbrauchs untergegangen wäre. Die

      Beklagte tut im Übrigen auch nicht hinreichend dar, ob und wann sie gegen D. Regress genommen hätte, wenn sie nicht von einem Verzicht ausgegangen wäre. Was den von der Beklagten behaupteten Beweisnotstand betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin als Ansprecherin die Behauptungsund Beweislast trifft. Die Nachteile, die sich insbesondere daraus ergeben, dass unterdessen beteiligte Personen verstorben sind, treffen mithin primär sie. Die geltend gemachte Zinsforderung scheiterte schliesslich - wie zu zeigen sein wird - bereits am Fehlen einer Mahnung. Einer Berufung auf Rechtsmissbrauch bedarf es nicht.

  3. Wirkung des von der Klägerin und D. geschlossenen Vergleichs
    1. Am 1. Oktober 1992 wurde der Klägerin auf einem Guthaben D.s (ATS 1'037'200'000.-; Sperrkonto bei ZKB) ein Arrest für ihre Forderung gegen dieselbe im Zusammenhang mit den Abverfügungen bei der Beklagten bewilligt (Arrest-Nr. 92/810'077; act. 4/30; act. 2 Rz. 58). Die Forderung wurde mit Betreibungsbegehren vom 2. Oktober 1992 (Zahlungsbefehl vom 7. Oktober 1992; Betr.-Nr. 92/3, 497; act. 40/17) und Klage vom 19. Oktober 1992 über CHF 171'155'713.20 nebst Zinsen prosequiert und mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 25. Juni 2008 zugesprochen (act. 4/1; act. 2 Rz. 58). Während hängigem Berufungsverfahren schlossen die Klägerin und D. am 9. Januar 2009 einen Vergleich mit folgendem Wortlaut (act. 4/31):

[Vergleichstext]

Unterzeichnet wurde die Vereinbarung durch die Rechtsvertreter der Klägerin und

D.s sowie durch O. für die ausserhalb der Schweiz hängigen Verfahren. Der verarrestierte Betrag von EUR 106'219'899.78 wurde in der Folge der Klägerin überwiesen (act. 2 Rz. 57 f., 195; act. 4/199).

      1. Die Klägerin erklärt, sie berücksichtige diese Zahlung von D. insoweit, als sie ihren Erfüllungsanspruch gegen die Beklagte auf die Höhe ihrer Restforderung gegen D. beschränke (act. 2 Rz. 60, 198). Diese Einschränkung erfolge freiwillig, um sich nicht dem Vorwurf der Bereicherung auszusetzen (act. 2 Rz. 64 f., 215; act. 38 Rz. 146). Gemäss der Vergleichsvereinbarung mit D. sei die Zahlung der rund EUR 106 Mio. auf ihre (der Klägerin) Forderungen gegen D. wegen deren

        Verfügungen zu Lasten der Konten der B. bei den Banken AQ. und P. anzurechnen gewesen. Damit habe sich aber nur ihre Forderung gegenüber D., nicht automatisch auch ihre Forderung gegen die Beklagte reduziert. Der Grund hierfür sei, dass zwischen der Beklagten und D. keine Solidarschuld bestehe (act. 2 Rz. 197). Bei der Vergleichsvereinbarung handle es sich im Weiteren nicht um einen Forderungsverzicht (auch nicht gegenüber D.), sondern um einen Vollstreckungsverzicht. Noch viel weniger handle es sich um einen Verzicht der Klägerin auf Forderungen gegen die Beklagte (act. 38 Rz. 88). Auch eine Drittwirkung zugunsten der Beklagten ergebe sich aus der Vergleichsvereinbarung nicht (act. 38 Rz. 90).

      2. Demgegenüber stellt sich die Beklagte auf den Standpunkt, dass die Vergleichsvereinbarung zwischen D. und der Klägerin und der in der Folge erhaltene Betrag von rund EUR 106 Mio. einem Erfüllungsanspruch der Klägerin entgegenstehe. Der Vergleich wirke schuldbefreiend für sie, die Beklagte (act. 29 Rz. 166 ff.). Es habe insbesondere dem beidseitigen Parteiverständnis entsprochen, dass die im Zusammenhang mit der Bank AQ. stehenden Forderungen vom Vergleich vollumfänglich umfasst seien und für D. in dieser Beziehung kein Regressrisiko mehr bestehen soll (act. 29 Rz. 132 ff.; s. weiter ebd.). Selbst wenn die Vergleichszahlung keine schuldbefreiende Wirkung hätte, wäre die Geltendmachung des Erfüllungsanspruchs vor dem Hintergrund des geschlossenen Vergleichs stossend und treuwidrig, gehe es doch nicht an, dass sich die Klägerin mehrfach bezahlt mache (act. 29 Rz. 177, 206 ff.).

    1. Die Beklagte macht primär geltend, durch den Vergleich zwischen der Klä- gerin und D. ebenfalls befreit worden zu sein.

      1. Ob und wie weit dem mit einem von mehreren Schuldnern geschlossenen Vergleich befreiende Wirkung für die übrigen Schuldner zukommt, ist durch Auslegung des Vergleichsvertrags nach den allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln (BGE 133 III 116). Die Gefahr des Rückgriffs zu Lasten des am Vergleich beteiligten Schuldners kann dafür sprechen, dass die Parteien des Vergleichs eine Befreiung der Mitschuldner gewollt haben, bildet aber nur ein Auslegungskriterium nebst anderen (BGE 133 III 116 E. 4.3; BSK OR-Graber, Art. 147 N 5).

      2. Die von D. einbringlich gemachte Forderung wurde gemäss der ausdrücklichen Regelung im Vergleich auf die Forderung der BvS gegen Frau D. gemäss Betreibung Nr. 92/3, 497 (Zahlungsbefehl vom 7. Oktober 1992) in Prosequierung des Arrestes Nr. 92/810'077 vom 5. Oktober 1992 angerechnet (Ziffer 3). Gegenstand der Betreibung Nr. 92/3, 497 waren Abverfügungen von Geldern vom Konto 207'550 der B. bei der Beklagten und der Bank P. in der Zeit vom 1. Januar 1989 bis zum 30. Juni 1992 (act. 2 Rz. 60), und damit (auch) die im vorliegenden Prozess geltend gemachten Abverfügungen.

      3. Durch die Anrechnung reduzierte sich die Forderung der Klägerin gegen- über D. im entsprechenden Umfang. Im Restbetrag blieb sie bestehen. Die Klägerin verpflichtete sich (nur, aber immerhin), endgültig von weiteren prozessualen Schritten sowie Betreibungsund Vollstreckungsmassnahmen gegen Frau D. im Zusammenhang mit den eingangs erwähnten Prozessverfahren in der Schweiz und in der Bundesrepublik Deutschland zu Grunde liegenden Sachverhalten abzusehen (Ziffer 4). Es handelt sich - wie die Klägerin zu Recht geltend macht - um einen gegenüber D. erklärten Vollstreckungs-, nicht um einen Forderungsverzicht.

      4. Wurde aber nicht einmal gegenüber D. auf die (Rest-)Forderung verzichtet, ist eine Gesamtwirkung des Vergleichs, d.h. eine Befreiung anderer Schuldner, ausgeschlossen. Ausdrücklich wird dies im ersten Satz von Ziffer 8 festgehalten: Die Wirkungen dieser Vereinbarung beschränken sich auf das Verhältnis der BvS zu Frau D.. Dass dies in der Folge nur mit Blick auf den (Gegenstand eines hän- gigen Prozesses bildenden) Komplex Bank V. bzw. Bank W. konkretisiert wird, ändert nichts.

      5. Nichts ändert vor diesem Hintergrund auch der von der Beklagten angeführte Umstand, dass D. ohne eine Gesamtwirkung mit Regressansprüchen der Beklagten hätte rechnen müssen, genügt doch dieser alleine nicht, um Gesamtbefreiung anzunehmen (BGE 133 III 116 E. 4.3). Der Vergleich durfte und musste nicht so verstanden werden.

    1. Kommt dem Vergleich zwischen der Klägerin und D. auch keine Gesamtwirkung zu, bedeutet dies allerdings nicht, dass die von D. erhältlich gemachten Gelder keine Auswirkungen auf die Ansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten haben:

      1. Die Klägerin machte gegenüber D. u.a. aus dem Komplex AQ. (Abverfügungen von Geldern vom Konto 207'550 der B. bei der Bank AQ. in der Zeit vom

        1. Januar 1989 bis zum 30. Juni 1992) einen Schadenersatzanspruch geltend. Dieser Schadenersatzanspruch bildete Gegenstand der gegen D. geführten Betreibung Nr. 92/3, 497 sowie des vom Bezirksgericht Zürich mit Urteil vom 25. Juni 2008 rechtskräftig erledigten Verfahrens Nr. CG920562 (act. 4/1 Dispositiv-Ziffer 1), und an ihn wurde die von D. erhältlich gemachte Zahlung angerechnet (s.o.

        E. IV/7.3.2). Vorliegend macht die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Erfül- lungsanspruch geltend, der sich auf die gleichen Abverfügungen (während dem kürzeren Zeitraum vom 1. Juni 1990 bis 30. Juni 1992) bezieht.

        Die Klägerin erhob damit aus verschiedenen Rechtsgründen sowohl gegen D. als auch gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der gleichen Abverfü- gungen. Die Forderungen sind kongruent, so dass ein Fall von sog. Anspruchskonkurrenz bzw. unechter Solidarität vorliegt (vgl. BGer 4C.69/2005 vom 14. April 2005, E. 4). Es handelt sich um konkurrierende (und nicht etwa kumulative) Ansprüche auf Befriedigung desselben Leistungsinteresses (vgl. BK OR-Kratz, Art. 143 N 34, 100 ff., Art. 147 N 13 f.). Mit der Leistung eines Schuldners ist die Schuld getilgt und erlischt auch die Leistungspflicht der Mitschuldner, hat doch der Gläubiger lediglich Anspruch auf eine und nicht auf mehrere Leistungen. Dies wird für den Fall der Solidarschuldnerschaft in Art. 147 Abs. 1 OR ausdrücklich festgehalten, gilt aber für Obligationen ganz allgemein (BK OR-Kratz, Art. 147 N 13 f.).

        In Frage steht, inwieweit die Gegenstand der vorliegenden Klage bildenden Belastungen des B.-Kontos durch Leistungen D.s an die Klägerin abgegolten wurden und das diesbezügliche Leistungsinteresse der Klägerin mithin befriedigt ist.

      2. Bei mehreren Schulden gegenüber demselben Gläubiger ist der Schuldner gemäss Art. 86 OR berechtigt, bei der Zahlung zu erklären, welche Schuld er tilgen will (vgl. dazu BK OR-Weber, Art. 86 N 13 ff.).

        Dies ist vorliegend geschehen. Die von D. einbringlich gemachte Forderung wurde nach der ausdrücklichen Regelung im Vergleich auf die Forderung der BvS gegen Frau D. gemäss Betreibung Nr. 92/3, 497 (Zahlungsbefehl vom 7. Oktober 1992) in Prosequierung des Arrestes Nr. 92/810'077 vom 5. Oktober 1992 angerechnet (act. 4/31, Ziffer 3).

      3. Nach Art. 85 Abs. 1 OR kann der Schuldner eine Teilzahlung nur insoweit auf das Kapital anrechnen, als er nicht mit Zinsen oder Kosten im Rückstand ist. Eine abweichende Vereinbarung vorbehalten, ist damit eine Zahlung innerhalb der einzelnen Schuld zunächst an Zinsen und Kosten und erst dann auf das Kapital anzurechnen (ZK OR-Aepli, Art. 85 N 3, 6).

Die Forderung gemäss Betreibung Nr. 92/3, 497 (Zahlungsbefehl vom 7. Oktober 1992) wurde von der Klägerin mit Klage vom 19. Oktober 1992 gerichtlich geltend gemacht und ihr mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 25. Juni 2008 zugesprochen (act. 2 Rz. 58). D. wurde verpflichtet, der Klägerin (mit Bezug auf die Abverfügungen von den Konten der B. bei der Bank AQ. und bei der Bank P. Folgendes zu bezahlen (act. 4/1 S. 177, Dispositiv-Ziffer 1): CHF 6'006'177.88, USD 86'883'082.92, EUR 33'608'293.80 und GBP 512.32, je nebst Zins zu 5 %

seit dem 1. Juli 1992, sowie die Zinsbeträge für den Zeitraum vom 1. Januar 1989

bis zum 30. Juni 1992 in Höhe von CHF 839'362.-, USD 8'391'023.- und EUR 870'774.-. Per 9. Januar 2009 in Euro umgerechnet handelt es sich um folgende Beträge (vgl. a. act. 2 Rz. 216):

- USD 86'883'082.92 + 5 % Zins seit 1.7.92 (USD 71'839'217.60) =

USD 158'722'300.50 = EUR 116'349'795.- (Kurs 0.73304); davon Zins

EUR 52'661'020.05

- EUR 33'608'293.80 + 5 % Zins seit 1.7.92 (EUR 27'788'994.70) =

EUR 61'397'288.50

- GBP 512.32 + 5 % Zins seit 1.7.92 (GBP 423.60) = GBP 935.92 =

EUR 1'037.52 (Kurs 1.10856); davon Zins EUR 469.60

- CHF 839'362.- = EUR 559'594.- (Kurs 0.66669)

- USD 8'391'023.- = EUR 6'150'956.- (Kurs 0.73304)

- EUR 870'774.-

Total EUR 192'644'622.-; davon Kapital EUR 101'301'895.05 und Zins EUR 91'342'726.95 bzw. EUR 91'294'178.88 (so act. 2 Rz. 213).

Die von D. bezahlten EUR 106'219'899.80 sind zunächst an die Zinsforderung von EUR 91'294'178.88 anzurechnen. Alsdann bleiben für die Anrechnung an die Kapitalforderung EUR 14'925'720.92. Es verbleibt damit eine Kapitalrestforderung von rund EUR 86'376'174.-. Nicht zu berücksichtigen sind irgendwelche Gerichtskosten und Prozessentschädigungen aus den gegen D. in der Schweiz und in Deutschland geführten Verfahren von insgesamt EUR 21'420'769.39, wie sie die Klägerin geltend macht (act. 2 Rz. 202 ff., 211). Diese bildeten - worauf die Beklagte zu Recht hinweist (act. 29 Rz. 219) - nicht Gegenstand der Betreibung Nr. 92/3, 497. Für sie wurde im Übrigen auch die Verjährung nicht unterbrochen, da sie im Betreibungsbegehren gegen die Beklagte nicht aufgeführt sind (vgl. BSK OR-Däppen, Art. 135 N 20 m.H.). Der blosse Hinweis auf Kosten genügt hier - entgegen der Ansicht der Klägerin (act. 38 Rz. 112) - nicht.

Ein allfälliger Anspruch gegen die Beklagte fände bezüglich Kapitalforderung insoweit eine obere Grenze.

  1. Verzugszins
    1. Die Klägerin macht Verzugszins von 5 % seit 3. Oktober 1994 (bzw. hinsichtlich der Englischen Pfund seit 9. Januar 2009) geltend. Mit Betreibungsbegehren vom 13. September 1994 habe sie die Forderung gegenüber der Beklagten in Betreibung gesetzt. Der dort nach den damaligen Wechselkursen in Schweizerfranken umgerechnete Betrag von insgesamt CHF 175'905'062.02, entsprechend

      CHF 4'853'377.65, DEM 65'657'966.06, USD 86'758'082.92, GBP 512.32,

      ATS 400'135.- und FRF 5'060.-, zuzüglich kapitalisierter Zinsen, umfasse sämtliche Abverfügungen ab dem 1. Januar 1989 und sei damit höher als der heute geltend gemachte Betrag, welcher nur die Belastungen ab dem 1. Juni 1990 berücksichtige. Die eingeklagten Beträge seien aber in der damals in Betreibung gesetzten Forderung enthalten. Die Schuldbetreibung gelte als Mahnung im Sinne von Art. 102 Abs. 1 OR. Die Beklagte sei durch den Empfang des Zahlungsbefehls am

      3. Oktober 1994 in Verzug gesetzt worden und sei verpflichtet, seither Verzugszinsen von 5 % p.a. zu bezahlen (Art. 104 Abs. 1 OR). Auf den verschiedenen eingeklagten Kapitalbeträgen laufe damit ein Zins von 5 % p.a. seit dem 3. Oktober 1994 (act. 2 Rz. 193).

    2. Die Beklagte hält dafür, der Zahlungsbefehl erfülle die Anforderung an eine den Verzug auslösende Mahnung nicht. So sei als Grund der angeblichen Forderung über CHF 175'905'062.02 lediglich angegeben worden, es handle sich um eine Ersatzforderung aus nicht autorisierten Abverfügungen von Konten der B. bei der Bank AQ., mit der Zusatzbemerkung, die Betreibung erfolge einzig zur Unterbrechung der Verjährung. Eine prüffahige Forderungsaufstellung enthalte der Zahlungsbefehl nicht, und eine solche sei der Bank AQ. bzw. ihren Rechtsnachfolgerinnen vor der Klageschrift vom 15. August 2014 nie zugestellt worden. Bereits aus diesem Grund beginne der Zinsenlauf der (bestrittenen) Forderung frü- hestens mit der Zustellung der Klageschrift. Es folge zudem aus dem Umstand, dass die Klägerin am 19. Oktober 1992 eine Klage über die identische Forderung gegen Frau D. anhängig gemacht habe, dass der Zahlungsbefehl vom 3. Oktober 1992 nicht als Zahlungsaufforderung habe verstanden werden können. Vielmehr sei er ausdrücklich nur zur Unterbrechung der Verjährung erfolgt (act. 29 Rz. 224 ff.).

          1. Ist eine Verbindlichkeit fällig, so wird der Schuldner durch Mahnung des Gläubigers in Verzug gesetzt (Art. 102 Abs. 1 OR). Die Mahnung ist eine an den Schuldner gerichtete Erklärung des Gläubigers, die zum Ausdruck bringt, dass er die Leistung ohne Säumnis verlangt (BGE 129 III 535, 541 E. 3.2.2), bzw. durch die der Gläubiger in unmissverständlicher Weise die unverzügliche Erbringung

            der fälligen Leistung beansprucht (BSK OR-Wiegand, Art. 102 N 5; s.a. CHK ORFurrer/Wey, Art. 102 N 22, 25). Die Mahnung muss den Willen auf Vollziehung der geschuldeten Leistung bestimmt und klar zum Ausdruck bringen (BK ORBecker, Art. 102 N 8; Koller, Die Verbindung von teleologischer Reduktion und Analogie, dargestellt am Beispiel von Art. 102 Abs. 1 und 2 OR, in: FS Kramer,

            S. 517 ff., 523). Sie muss auch deutlich machen, von welchem Zeitpunkt an die

            Nichterbringung der Leistung als Pflichtwidrigkeit angesehen wird, so dass etwa die Rechnungsstellung als solche keine Mahnung darstellt (Koller, FS Kramer, a.a.O., S. 523; Schenker, Die Voraussetzungen und die Folgen des Schuldnerverzugs im schweizerischen Obligationenrecht, Freiburg 1988, Rz. 75, 164 ff.). Ob im Einzelfall die Anforderungen an die Bestimmtheit und Deutlichkeit erfüllt sind, ist aufgrund der konkreten Umstände durch Auslegung nach dem Vertrauensprinzip zu ermitteln (BK OR-Weber, Art. 102 N 67; CHK OR-Furrer/Wey, Art. 102 N 25).

            Die Einleitung der Betreibung bzw. die Zustellung des Zahlungsbefehls ist im Regelfall als Mahnung zu verstehen (BK OR-Weber, Art. 102 N 68; BSK ORWiegand, Art. 102 N 9), soll damit doch grundsätzlich der Schuldner aufgefordert werden, den in Betreibung gesetzten Betrag - innert 20 Tagen (vgl. Art. 88 SchKG) - zu bezahlen (vgl. BSK SchKG-Wüthrich/Schoch, Art. 69 N 5 f.). Die Betreibung kann aber gemäss Art. 135 Ziff. 2 OR (neben Schlichtungsgesuch, Klage, Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs) darüber hinaus auch der Unterbrechung der Verjährung dienen.

          2. Vorliegend hat die Klägerin im Betreibungsbegehren (unter der Rubrik Allfällige weitere Bemerkungen) ausdrücklich darauf hingewiesen, die Betreibung [erfolge] zur Unterbrechung der Verjährung, und dies mittels Unterstreichens hervorgehoben (act. 4/167+168):

      [ ]

      Allfällige weitere Bemerkungen: Betreibung zur Unterbrechung der Verjäh- rung; Forderungsbetrag: [ ]

      Damit durfte und musste davon ausgegangen werden, dass die Klägerin (zumindest zur Zeit) keinesfalls die unverzügliche Erbringung der fälligen Leistung beansprucht. Vielmehr machte die Klägerin nach Treu und Glauben klar, dass sie die Betreibung einzig erhoben hat, um (für alle Fälle) die Verjährung zu unterbrechen (vgl. a. act. 30/25: Schreiben RA N. an Beklagte mit Bezug auf ein Gespräch mit dem klägerischen Rechtsvertreter). Eine Mahnung im Sinne von Art. 102 Abs. 1 OR liegt nicht vor. Die Klägerin hat entsprechend keinen Anspruch auf Verzugszins von 5 % seit 3. Oktober 1994. Nachdem sodann auch noch im Zahlungsbefehl vom 31. Mai 2013 ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, die Betreibung erfolge zur Unterbrechung der Verjährung (act. 30/31), kann der Zinsenlauf frühestens mit Einreichung des Schlichtungsgesuchs am 26. Mai 2014 beginnen (act. 1; vgl. Art. 102 und Art. 104 Abs. 1 OR; zur Mahnung durch Klageerhebung Koller, a.a.O., § 55 Rz. 56; ders., AJP 2006, 363, 365). Eines Rückgriffs auf das Rechtsmissbrauchsverbot (s. act. 29 Rz. 195) bedarf es nicht. Da nicht dargetan wird, wann der Beklagten das Sühnegesuch zugestellt wurde, ist auf den Zeitpunkt der Schlichtungsverhandlung abzustellen. Dort wurde die Beklagte spätestens mit der eingeklagten Forderung konfrontiert. Ab dem 30. Juni 2014 hätte sie damit im Falle eines Erfüllungsanspruchs Verzugszinse geschuldet (Art. 104 Abs. 1 OR).

  2. Verrechnungsforderung der Beklagten
    1. Die Beklagte bringt vor, aufgrund eigener schädigender Unterlassungen der Klägerin komme ihr ein Schadenersatzanspruch aufgrund schuldhafter Vertragsverletzung zu, den sie verrechnungsweise geltend mache. Die Klägerin sei nach Inkrafttreten des PartG DDR mit Bezug auf B. eineinhalb Jahre untätig geblieben, obwohl deren Parteizugehörigkeit nach den heutigen klägerischen Behauptungen für jedermann offensichtlich gewesen sei und die Klägerin anerkenne, spätestens seit Mai 1991 im Besitz der damals geheimen Treuhanderklärungen gewesen zu sein, die für eine Zuordnung der B. als entscheidend betrachtet worden seien (act. 29 Rz. 237 ff.). Sodann habe die B. bzw. D. als deren Organ schuldhaft gehandelt, was sich die Klägerin entgegenhalten lassen müsse (act. 29 Rz. 249 f.).

    2. Dem kann nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass nicht erkennbar ist, worin die Widerrechtlichkeit oder Vertragsverletzung als Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs liegen soll, könnte der Klägerin wegen ihrer Untätigkeit nur dann ein hinreichender Vorwurf gemacht werden, wenn sie um die Konten der

      B. bei der Beklagten gewusst hätte oder konkrete Anhaltspunkte hierfür gehabt hätte, so dass sich z.B. die von der Beklagten erwähnte Kontaktierung der Schweizerischen Bankiervereinigung aufgedrängt hätte (vgl. act. 45 Rz. 243). Das war nicht der Fall. Die Klägerin erfuhr - wie sie unwidersprochen geltend macht - erst am 30. Juni 1992 vom Konto 207.550 bei der Bank AQ. (act. 2 Rz. 131; zur Anrechnung der Handlungen D.s vgl. im Übrigen OGer ZH LB110077 vom 20. März 2012, E. XII/2).

  3. Zusammenfassung

Als Ergebnis ist zusammenfassend festzuhalten:

  • Die Klage ist gestützt auf den Vorbehalt des guten Glaubens gemäss Art. 158 IPRG (E. IV/4) sowie die Haftungsbeschränkung gemäss AGB (E. IV/5) vollumfänglich abzuweisen.

  • Im Falle der grundsätzlichen Bejahung eines Erfüllungsanspruchs der Klägerin würde sich die Forderung infolge Anrechnung der bereits von D. erhältlich gemachten Gelder reduzieren (E. IV/7). Ein Anspruch auf Verzugszins bestünde erst ab 30. Juni 2014 (E. IV/8). Nicht anzunehmen wäre ein Forderungsuntergang zufolge Rechtsmissbrauchs (E. IV/6) oder Verrechnung (E. IV/9).

V.

- Kostenund Entschädigungsfolgen -

  1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Klägerin vollumfänglich kostenund entschädigungspflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Abweisung der Unzuständigkeitseinrede drängt angesichts des begrenzten Aufwandes (vgl. act. 18) keine andere Kostenregelung auf.

  2. Die Höhe der Gerichtsgebühr und der Prozessentschädigung richtet sich primär nach dem Streitwert sowie im Übrigen nach der Schwierigkeit des Falles, dem Zeitaufwand des Gerichts bzw. der Rechtsvertretung sowie der Verantwortung der Rechtsvertretung (§ 4 GebV OG; §§ 4 und 11 Abs. 1 und 2 AnwGebV).

Gemäss Art. 91 Abs. 1 ZPO wird der Streitwert durch das Rechtsbegehren bestimmt, wobei Zinsen nicht hinzugerechnet werden (Art. 91 Abs. 1 ZPO). Damit ist für die Bestimmung des Streitwerts einzig auf die Kapitalforderung abzustellen, obgleich vorliegend die Zinsforderung nominell höher ist (vgl. DIKE ZPODiggelmann, Art. 91 N 17). Auszugehen ist von einem Streitwert von CHF 97'207'987.- (Umrechnungskurse bei Klageeinreichung: USD = 0.90669, EUR = 1.21219, GBP = 1.51266; s.a. act. 2 Rz. 16; act. 8 S. 2).

Die Gerichtsgebühr ist auf CHF 556'800.- (§ 4 Abs. 1 GebV OG) und die Prozessentschädigung ist auf CHF 650'000.- festzusetzen (§ 4 Abs. 1 und § 11

Abs. 1 und 2 AnwGebV).

Es wird erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Entscheidgebühr wird auf CHF 556'800.- festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten werden der klagenden Partei auferlegt und mit dem geleisteten Vorschuss verrechnet.

  4. Die klagende Partei wird verpflichtet, der beklagten Partei eine Parteientschädigung von CHF 650'000.- (zuzüglich 8% Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien.

  6. Eine Berufung gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammer, Postfach, 8021 Zürich, erklärt werden. In der Berufungsschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.

    Zürich, 7. Dezember 2016

    BEZIRKSGERICHT ZÜRICH

    1. Abteilung

Der Vorsitzende:

Dr. iur. E. Pahud

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw T. Canzek

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.
www.swissactiv.ch
Menschen zusammenbringen, die gemeinsame Interessen teilen
Die Freude an Bewegung, Natur und gutem Essen fördern
Neue Leute treffen und Unternehmungen machen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz