E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Kassationsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:AA100024
Instanz:Kassationsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Kassationsgericht des Kantons Zürich Entscheid AA100024 vom 05.06.2011 (ZH)
Datum:05.06.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Rechtliches Gehör, Begründung­spflicht
Zusammenfassung : Ein Mann wurde in die psychiatrische Klinik B. eingewiesen und stellte am gleichen Tag ein Entlassungsgesuch. Nachdem er am nächsten Tag aus der Klinik ausgetreten war, wurde das Verfahren als gegenstandslos abgeschrieben und keine Kosten erhoben. Der Mann reichte Beschwerde ein, da ihm keine Parteientschädigung zugesprochen wurde. Das Gericht wies die Beschwerde ab, da der Mann keinen begründeten Fall für eine Parteientschädigung darlegen konnte. Er wird mit den Kosten des Verfahrens belastet.
Schlagwörter : Obergericht; Wille; Willen; Beweis; Recht; Heirat; Person; Direktor; Urteil; Organ; Zivil; Bundesgericht; Obergerichts; Nichtigkeitsbeschwerde; Versicherungsgesellschaft; Jahresprämie; Zeuge; Heiratsfall; Beweiswürdigung; Aussagen; Kassationsgericht; Gericht; Rechtsvorgängerin
Rechtsnorm:Art. 113 BGG ; Art. 119 BGG ; Art. 4 BV ; Art. 40 VVG ; Art. 404 ZPO ; Art. 42 BGG ; Art. 55 ZGB ; Art. 6 EMRK ; Art. 93 BGG ;
Referenz BGE:122 III 223; 125 I 135;
Kommentar:
-
Entscheid

Kassationsgericht des Kantons Zürich

Kass.-Nr. AA100024-P/U/ys

Mitwirkende: die Kassationsrichter Herbert Heeb, Vizepräsident, Andreas Donatsch, die Kassationsrichterin Yvona Griesser, die Kassationsrichter Reinhard Oertli und Matthias Brunner sowie der juristische Sekretär Jürg-Christian Hürlimann

Zirkulationsbeschluss vom 5. Juni 2011

in Sachen

A,

,

Kläger, Appellant Beschwerdeführer

vertreten durch Rechtsanwalt

gegen

L AG,

,

Beklagte, Appellatin und Beschwerdegegnerin

vertreten durch Rechtsanwalt

betreffend

Forderung
Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein Urteil der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 29. Januar 2010 (LB080095/U)

Das Gericht hat in Erwägung gezogen:

I.

1. Am 26. März 1994 schloss der Kläger, gesetzlich vertreten durch seinen Vater, bei der X [Versicherungsgesellschaft] (Rechtsvorgängerin der Beklagten und Beschwerdegegnerin) eine „Heiratsversicherung“ über Fr. 100'000.-ab (BG act. 3/2, deutsche Übersetzung BG act. 3/3). Es handelte sich um eine gemischte Lebensversicherung (Erlebnisfall-Kapital und Todesfallrisiko) als Hauptversicherung kombiniert mit einer Heiratszusatzversicherung. Dabei wurde die ErlebnisfallSumme vorzeitig ausbezahlt, falls der Versicherungsnehmer vor Ablauf der Versicherungsdauer heiratete. Der Vertragsbeginn war auf den 3. September 1994, das Vertragsende auf den 3. September 2010 festgesetzt. Die Erstprämie war am

3. September 1994, die Folgeprämien waren jeweils auf den 1. September fällig. Nach Darstellung des Klägers heiratete er am 1. August 2004 und liess der Beklagten in der Folge das notariell beglaubigte und übersetzte Heiratszertifikat sowie die Identitätspapiere der Eheleute zukommen. Da der Kläger auf mehrfaches Verlangen der Beklagten nicht in der Lage war, eine „Original-Heiratsurkunde“ einzureichen und die Beklagte einen Verdacht auf eine Fälschung des ihr eingereichten „Original Marriage Certificate“ hatte, trat sie am 17. Januar 2005 gestützt auf Art. 40 VVG vom Versicherungsvertrag zurück (BG act. 3/23) und bezahlte dem Kläger am 5. April 2005 den Rückkaufswert der Versicherungsprämie in Höhe von Fr. 58'911.--. Mit seiner Klage vom 3. April 2007 begehrte der Kläger, es sei die Beklagte zur Bezahlung der Differenz zu Fr. 100'000.--, also Fr. 41'089.-zuzüglich für das Jahr 2004 zu viel bezahlte Restprämie von Fr. 590.60 (ein Zwölftel der Jahresprämie von Fr. 7'087.40), total also Fr. 41'679.60, zu verpflichten (BG act. 1).

Mit Urteil vom 28. November 2008 verpflichtete das Bezirksgericht Zürich (3. Abteilung) die Beklagte, dem Kläger Fr. 41'089.-zu bezahlen. Im Übrigen wies das Bezirksgericht die Klage ab (BG act. 61 = OG act. 66). Gegen dieses Urteil erhob der Kläger Berufung an das Obergericht soweit das Bezirksgericht seine Klage

abwies (OG act. 67). Das Obergericht (II. Zivilkammer) nahm mit Beschluss vom

29. Januar 2010 Vormerk, dass das bezirksgerichtliche Urteil insoweit in Rechtskraft erwachsen sei, als die Klage im Umfang von Fr. 41'089.-gutgeheissen und im Umfang der verlangten Zinsen abgewiesen wurde. Mit gleichzeitig ergangenem Urteil wies das Obergericht die Klage im Mehrbetrag von Fr. 590.60 ab (OG act. 97 = KG act. 2).

2. Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde beantragt der Kläger, es sei das genannte Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen. Ausdrücklich richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde nur gegen das Urteil, nicht aber gegen den gleichzeitig ergangenen Beschluss des Obergerichts (KG act. 1 S. 2 Antrag 1 und Begründung Ziff. II/1). Die Beklagte beantragt Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde (KG act. 14 S. 2). Das Obergericht verzichtet auf eine Vernehmlassung (KG act. 9).

Der Vizepräsident des Kassationsgerichts verlieh der Nichtigkeitsbeschwerde mit Verfügung vom 1. März 2010 aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Kostenund Entschädigungsregelung des angefochtenen Urteils (KG act. 9, Dispositiv Ziff. 5). Der Kläger leistete die ihm mit gleicher Verfügung auferlegte Prozesskaution fristgerecht (KG act. 10).

Seit dem 1. Januar 2011 steht die Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (ZPO) in Kraft. Für Verfahren, die bei deren Inkrafttreten bereits rechtshängig sind, gilt gemäss Art. 404 Abs. 1 ZPO das bisherige Verfahrensrecht bis zum Abschluss vor der betreffenden Instanz weiter. Für das vorliegende Beschwerdeverfahren gelangen daher die Bestimmungen der (auf den 31. Dezember 2010 aufgehobenen) zürcherischen ZPO vom 13. Juni 1976 (ZPO ZH) wie auch des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 13. Juni 1976 (GVG) weiterhin zur Anwendung. Ebenso ist mit Bezug auf die Beurteilung der erhobenen Rügen das bisherige Prozessrecht heranzuziehen, weil im Beschwerdeverfahren zu prüfen ist, ob der angefochtene Entscheid im Zeitpunkt der Fällung mit einem der in § 281 ZPO ZH bezeichneten Nichtigkeitsgründe behaftet war. Dementsprechend richten sich auch die Nebenfolgen (Gerichtsgebühr und Prozessentschädigung) des Beschwerdeverfahrens betragsmässig nach dem bisherigen Recht, d.h. nach

den obergerichtlichen Verordnungen über die Gerichtsgebühren vom 4. April 2007 (GGebV) bzw. über die Anwaltsgebühren vom 21. Juni 2006 (aAnwGebV) (vgl.

§ 23 der Gebührenverordnung des Obergerichts [GebV OG] vom 8. September 2010 und § 25 der Verordnung über die Anwaltsgebühren [AnwGebV] vom

8. September 2010).

II.
  1. Der Streitwert im Berufungsverfahren vor Obergericht und auch im vorliegenden Kassationsverfahren beträgt Fr. 590.60 und erreicht damit offensichtlich nicht den Mindeststreitwert von Fr. 30'000.-gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG. Damit kann der angefochtene Entscheid beim Bundesgericht grundsätzlich nicht mit Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 72 ff. BGG, sondern lediglich mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde mit eingeschränkter Kognition gemäss Art. 113 BGG angefochten werden. Allerdings soll, so der Beschwerdeführer in seiner Berufungserklärung (OG act. 67 S. 3 Ziff. 4) und in der Beschwerdebegründung (KG act. 1 S. 5 Ziff. II/1), die streitige Frage der pro rata Rückerstattung der Jahresprämie im Heiratsfall über den konkreten Fall hinaus Signalwirkung für sämtliche identischen Versicherungsverträge der Beklagten haben. Es ist deshalb möglich, dass ein Fall von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG vorliegt, also die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht trotz Nichterreichens des Mindeststreitwerts zulässig ist, da sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Darüber hat jedoch das Bundesgericht im Fall seiner Anrufung und nicht das Kassationsgericht zu entscheiden. Es ist deshalb im vorliegenden Kassationsverfahren vom Regelfall der Nichtzulässigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht beim gegebenen Streitwert auszugehen. Damit ist die Nichtigkeitsbeschwerde bezüglich aller Nichtigkeitsgründe gemäss § 281 Ziff. 1 - 3 ZPO ZH zulässig und es erfolgt kein Ausschluss auf Grund der Subsidiaritätsregelung von § 285 ZPO ZH.

  2. a) Das Obergericht hält fest, der Beschwerdeführer mache geltend, die Beschwerdegegnerin habe bei Versicherungsabschluss beabsichtigt, im Heiratsfall die Jahresprämie pro rata zurück zu erstatten, entsprechend dem Usus auf dem Markt und ihrer bisherigen Praxis. Schon das Bezirksgericht habe zutreffend festgehalten, dass sich aus der Praxis anderer Versicherungsgesellschaften keine Rückschlüsse auf die Praxis der X [Versicherungsgesellschaft] ziehen liessen, und dass bei drei Fällen, in welchen es zu Prämienrückzahlungen der Beschwerdegegnerin gekommen sei, nicht von einer Praxis gesprochen werden könne, aus welcher Rückschlüsse auf die Willenslage der X [Versicherungsgesellschaft] bei Vertragsabschluss gezogen werden könnten, zumal bei zwei dieser drei Fälle die Police einige Jahre früher abgeschlossen worden sei, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) von 1986 zugrunde gelegen hätten und entsprechend auch andere vertragliche Absprachen hätten getroffen worden sein können (KG act. 2 S. 12 f. Erw. 2.8.2, unter Hinweis auf OG act. 66 S. 17 f. Erw. 5.2 bis 5.5).

    Der Beschwerdeführer rügt, weder das Obergericht noch das Bezirksgericht hätten geprüft, ob und wenn ja, inwieweit die AVB 1996 von den dem hier zugrunde liegenden AVB 1993 abwichen und wenn ja, ob diese Abweichungen für die hier entscheidende Frage (Teilbarkeit der Prämie) relevant seien. Nachdem das Obergericht im Zusammenhang mit dem hier diskutierten Versicherungsvertrag selber ausführe, zur Heirat fänden sich „in den AVB keine Bestimmungen“, sei es willkürlich, wenn es zumindest implizit davon ausgehe, in den älteren AVB von 1996 fänden sich Bestimmungen, namentlich solche „zur Heirat“, die eine unterschiedliche Betrachtungsweise „bei zwei dieser drei Fälle“ gegenüber dem vorliegenden Fall rechtfertigen würden.

    Sofern man den Vorinstanzen nicht habe zur Pflicht machen wollen, die Abweichungen der AVB 1996 von den AVB 1993 zu prüfen, sei von einer Verletzung der Fragepflicht (§ 55 ZPO ZH) auszugehen, hätte das Obergericht in einem solchen Fall zumindest den Beschwerdeführer auffordern müssen, sich zu den allenfalls unterschiedlichen Regelungen in den AVB 1986 und 1993 zu äussern.

    Als Folge sei die Erwägung des Obergerichts, bei zwei dieser drei früheren Fälle sei die Police einige Jahre früher abgeschlossen worden, hätten die AVB von 1986 zugrunde gelegen und entsprechend hätten auch andere vertragliche Absprachen (als im vorliegenden Fall) getroffen worden sein können, zu streichen. Damit fehle es nun an einer Begründung, womit sich eine Verletzung der Begründungspflicht und damit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergäbe (KG act. 1 S. 5 - 7 Ziff. II/2).

    b) Es trifft wohl zu, dass das Obergericht keinen Vergleich des Inhalts der AVB 1986 und 1993 vornimmt und damit auch nicht prüft, ob die Frage der Teilbarkeit der Prämie im Fall einer Eheschliessung je nach Anwendbarkeit der einen der anderen AVB anders zu beurteilen sei. Darauf kommt es jedoch nicht an. Die grundlegende Feststellung, dass zwei der drei vom Beschwerdeführer zum Vergleich herangezogenen Versicherungsverträge einige Jahre früher unter der Herrschaft abgeschlossen wurden und dass in der Zwischenzeit die AVB revidiert worden sind, trifft zu. Selbst wenn sich weder die AVB von 1993, auf welche im Versicherungsvertrag zwischen dem Beschwerdeführer und der X [Versicherungsgesellschaft] verwiesen wird (BG act. 3/2 S. 1 „General Insurance Conditions (CGA): V11/1993“), noch die früheren AVB von 1986 sich zur Frage der Teilbarkeit der Prämie bzw. Rückerstattung eines Teils der bereits geleisteten Jahresprämie im Fall einer Eheschliessung äussern, weist der Erlass neuer AVB darauf hin, dass die allgemeinen, nicht auf den konkreten Fall beschränkten Vorstellungen der X [Versicherungsgesellschaft], unter welchen Bedingungen sie Versicherungsverträge schliessen wolle, im Wandel sind. Damit ist die Ansicht des Obergerichts, auf Grund der erfolgten Prämienrückzahlungen durch die X [Versicherungsgesellschaft] in drei ähnlich wie dem vorliegenden Fall gelagerten Fällen, wovon in zwei Fällen der Versicherungsabschluss mehrere Jahre zurück liege, liesse sich nicht auf den Willen der X [Versicherungsgesellschaft] beim Abschluss des Versicherungsvertrags mit dem Beschwerdeführer, im Fall der Eheschliessung des Beschwerdeführers gleich zu verfahren, schliessen, vertretbar und nicht willkürlich. Selbst wenn der Beschwerdeführer aufgezeigt hätte, dass die AVB von 1986 und 1993 zur Frage der Prämienteilung bei Eheschliessung des Versicherungsnehmers keine voneinander abweichenden bzw. keine Bestimmungen enthalten, würde dies daran nichts ändern, so dass sich diesbezüglich eine richterliche Befragung des Beschwerdeführers erübrigt und nicht geprüft werden muss, ob die Voraussetzungen der Ausübung der richterlichen Fragepflicht im Sinn von § 55 ZPO ZH erfüllt seien.

  3. a) Das Obergericht führt aus, richtig sei, dass der tatsächliche Wille einer juristischen Person durch ihre Organe gebildet werde. Selbst wenn aber ein Direkteor der Beschwerdegegnerin, wie der Beschwerdeführer geltend mache, angeben würde, die Beschwerdegegnerin habe in den Jahren 1980 bis 1995 im Sinn gehabt, den unverbrauchten Anteil der Jahresprämie im Heiratsfall pro rata zurück zu erstatten bzw. den Agenten mitgeteilt hätte, dass die Beschwerdegegnerin auch im Heiratsfall die unverbrauchte Jahresprämie pro rata erstatte, liesse dies nicht auf den tatsächlichen Willen der Beschwerdegegnerin als juristische Person schliessen. Zu beachten sei, dass unterschiedliche Organbegriffe auseinanderzuhalten seien. Der Ausdruck „Organ“ werde oft in der Bedeutung von Funktionsmittelpunkt verwendet; man bezeichne damit eine der Stellen, bei der zentrale Aufgaben, wie diejenige der Willensbildung, der Geschäftsführung der Kontrolle zusammengefasst seien. In diesem Sinne stellten Generalversammlung, Verwaltung(srat) und Revisionsstelle Organe der Aktiengesellschaft dar. Davon zu unterscheiden sei der Begriff des Organs im Sinne von Personen, die für eine Gesellschaft nach aussen handelnd auftreten, wie etwa das Verwaltungsratsmitglied, der Direktor Prokurist. Diese engere Bedeutung habe das Wort „Organ“ in Art. 55 ZGB. Mit Organ sei hier der nach aussen auftretende Funktionsträger, das Exekutivorgan, gemeint. Ein Direktor vermag dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben und die juristische Person mit seinen Handlungen zwar verpflichten (Art. 55 Abs. 1 und 2 ZGB) sie müsse sich das Handeln ihrer Organe grundsätzlich als eigenes anrechnen lassen, selbst wenn dieses unrechtmässig sei gegen den Willen der übrigen Organe der Aktionäre geschehe - nicht aber deren tatsächlichen Willen bilden. Dass der tatsächliche Wille der Beschwerdegegnerin bezüglich pro rata Rückerstattung der Jahresprämie im Heiratsfall in Generalversammlungsoder Verwaltungsratsbeschlüssen z.B. Protokollen eines dafür als zuständig erklärten Ausschusses niedergelegt wäre, sei nicht behauptet worden (KG act. 2 S. 13 f. Erw. 2.8.3).

Der Beschwerdeführer rügt, diese Erwägung leide an einem unlösbaren Widerspruch. Es sei nicht nachvollziehbar und geradezu unverständlich, weshalb ein Direktor zwar dem Willen der juristischen Person Ausdruck geben vermöge, im Gegensatz dazu es sich aber aus den vom Beschwerdeführer dargelegten Ausführungen eines Direktors der Beschwerdegegnerin nicht auf den tatsächlichen Willen der Beschwerdegegnerin als juristische Person schliessen lasse. Es komme hinzu, dass das Obergericht in Erwägung 2.8.1 auf Seite 12 des angefochtenen Urteils ausführe, der Wille stelle eine innere Tatsache dar, die nicht direkt bewiesen werden könne. Das Obergericht bleibe die Erklärung schuldig, weshalb die bezeichneten Ausführungen eines Direktors der Beschwerdegegnerin nicht zumindest Indizien sein sollten, aus denen auf das Vorhandensein eines entsprechenden Willens geschlossen werden könne. Die (antizipierte) Beweiswürdigung, wonach aus den beschriebenen Aussagen nicht auf den tatsächlichen Willen der Beschwerdegegnerin als juristische Person geschlossen werden könne, stelle somit eine willkürliche tatsächliche Annahme dar, weshalb der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und das Verfahren zur Verbesserung des Mangels an das Obergericht zurückzuweisen sei. Der Nachteil zulasten des Beschwerdeführers sei evident, habe das Obergericht mit dieser willkürlichen tatsächlichen Annahme den offerierten Zeugen Direktor Gerhard Mayer (vgl. KG act. 2 S. 8 unten) bzw. seine mutmasslichen Aussagen entwertet und damit eine vom Beschwerdeführer offerierte Zeugeneinvernahme umgangen. Der Beschwerdeführer fährt fort, selbst wenn auf die mutmasslichen Aussagen des bezeichneten Direktors der Beschwerdegegnerin ohne in Willkür zu verfallen nicht abgestellt werden könnte und sich daraus „nicht auf den tatsächlichen Willen der Beklagten als juristische Person schliessen“ liesse, bleibe im Dunkeln, wie das Obergericht zu dieser Auffassung gelangt sei. Damit verletze das Obergericht die Begründungspflicht bzw. den Anspruch auf rechtliches Gehör (KG act. 1 S. 7 f. Ziff. II/3).

b) Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs umfasst auch den Anspruch auf Berücksichtigung der rechtzeitig und formrichtig gestellten Beweisanträge. Das bedeutet aber nicht, dass sämtliche angebotenen Beweise vom Richter abgenommen werden müssen. Auf eine Beweisabnahme kann dann verzichtet werden, wenn das Beweismittel als solches untauglich ist, wenn bereits feststehende Tatsachen (noch einmal) bewiesen werden sollen, wenn im vornherein gewiss ist, dass der offerierte Beweis aus materiellrechtlichen Gründen unerheblich prozessrechtlich unzulässig ist wenn er wegen Offenkundigkeit einer Tatsache nicht nötig ist (vgl. Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Auflage,

Zürich 1979, S. 321; Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen ZPO,

  1. Auflage, Zürich 1997, N 3 ff. zu § 140). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 4 aBV (vgl. jetzt Art. 9 und 29 Abs. 2 BV) ist die antizipierte (vorweggenommene) Beweiswürdigung in beschränktem Umfang zulässig; der Richter darf danach das Beweisverfahren schliessen, wenn er den Sachverhalt für genügend geklärt erachtet, d.h. wenn er aufgrund bereits abgenommener Beweise davon überzeugt ist, dass über die erheblichen Tatsachen kein zusätzlicher Beweis mehr geführt zu werden braucht. Das Bundesgericht überprüfte dabei im Rahmen der früher zulässigen staatsrechtlichen Beschwerde nur, ob der Richter ohne Willkür annehmen durfte, die weiteren Beweise könnten am feststehenden Beweisergebnis nichts ändern (BGE 122 III 223/24). Dies dürfte im Rahmen der heute und im vorliegenden Fall gegebenen subsidiären Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG gleich gehandhabt werden. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass auch Art. 6 EMRK einer solchen antizipierten Beweiswürdigung durch den Richter grundsätzlich nicht entgegensteht (vgl. BGE 125 I 135; ferner G. Walter, Das Recht auf Beweis im Lichte der EMRK und der Bundesverfassung, ZBJV 1991, S. 316 ff., 319 mit Beispielen).

    Nach der Praxis des Kassationsgerichtes ist die vorweggenommene Beweiswür- digung zulässig, wenn mit Sicherheit gesagt werden kann, dass die Abnahme des Beweises auch dann an der richterlichen Überzeugung nichts mehr ändern könnte, wenn ihr Ergebnis die vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung stützen würde (ZR 87 Nr. 125, Erw. 4a; RB 1999 Nr. 87, 1985 Nr. 54). Dabei wird auch vom Kassationsgericht die antizipierte Beweiswürdigung des Sachrichters nicht frei, sondern im Rahmen von § 281 Ziff. 2 ZPO ZH allein auf ihre Vertretbarkeit hin überprüft, mit anderen Worten darauf, ob die sachrichterliche Annahme der Gewissheit willkürlich ist nicht (von Rechenberg, Die Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilund Strafsachen nach zürcherischem Recht, 2. Auflage, Zürich 1986, S. 42).

    Daraus, dass ein Direktor dem Willen der juristischen Person Ausdruck geben vermag, lässt sich nicht ohne weiteres schliessen, dass jede Äusserung eines Direktors dem tatsächlichen Willen der juristischen Person entspricht. Ein Direktor

    kann sich irren. Seine Äusserungen können auf unzutreffenden Vermutungen, welches der Willen der gesetzlichen Organe einer Aktiengesellschaft zu einer bestimmten Frage sei, auf einem fehlerhaften Verständnis einer entsprechenden Willensäusserung der Organe beruhen. In dem Sinne ist es denkbar, dass nicht dem tatsächlichen Willen der Beschwerdegegnerin als juristische Person entspricht, wenn der vom Beschwerdeführer als Zeuge angerufene Direktor Gerhard Mayer angibt, die Beschwerdegegnerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin habe in den Jahren 1980 bis 1995 im Sinn gehabt, den unverbrauchten Anteil der Jahresprämie im Heiratsfall pro rata zurück zu erstatten bzw. den Agenten mitgeteilt, dass die Beschwerdegegnerin auch im Heiratsfall die unverbrauchte Jahresprämie pro rata erstatte. Eine weitere Frage ist, sofern ein Irrtum eines Direktors, Agenten einer anderen zur Vertretung der Beschwerdegegnerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin befugten Person über deren tatsächlichen Willen vorliegt, wie weit die Beschwerdegegnerin durch entsprechende Äusserungen gegenüber dem Beschwerdeführer gebunden sei. Dies ist letztlich eine rechtliche Frage, wobei von Belang sein kann, unter welchen tatsächlichen Umständen die fraglichen Äusserungen gefallen sind.

    Das Obergericht begründet nicht, weshalb auf Grund einer allfälligen Zeugenaussage des angerufenen Direktors im vom Beschwerdeführer behaupteten Sinn jedenfalls nicht geschlossen werden könne, dies entspreche dem tatsächlichen Willen der Rechtsvorgängerin der Beschwerdegegnerin bzw. die entsprechenden tatsächlichen Äusserungen seien nicht dergestalt, dass der Beschwerdeführer auf einen solchen Willen habe schliessen dürfen. Die Möglichkeit allein, dass Aussagen des angerufenen Zeugen auf einem Irrtum Missverständnis beruhen könnten, also nicht in jedem denkbaren Fall den tatsächlichen Willen der Beschwerdegegnerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin wiedergeben müssen, genügt nicht, um solchen Aussagen in antizipierter Beweiswürdigung zum vornherein Beweiswert abzusprechen. Worauf die Aussagen des Zeugen über den tatsächlichen Willen der Beschwerdegegnerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin zur streitigen Frage beruhen und ob der Zeuge einem solchen Willen glaubhaft Ausdruck gebe bzw. glaubhaft Indizien für einen solchen Willen vortrage, kann erst durch Würdigung dieser Aussagen, nachdem sie abgenommen wurden, sicher festgestellt werden.

    Das Obergericht hat somit ohne genügende Begründung ein angerufenes Beweismittel nicht abgenommen bzw. eine nicht nachvollziehbare antizipierte Beweiswürdigung vorgenommen. Dies führt zur Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Rückweisung der Sache an das Obergericht.

  2. Da das angefochtene Urteil ohnehin aufzuheben ist, kann offen bleiben, ob dieses an weiteren, vom Beschwerdeführer gerügten Nichtigkeitsgründen leidet, weshalb auf die entsprechenden Vorbringen (KG act. 1 S. 8 ff., Ziff. 4 ff.) nicht inhaltlich eingegangen werden muss.

Es kommt hinzu, dass die II. Zivilkammer des Obergerichts, an welche die Rückweisung im vorliegenden Fall erfolgt, die Ansicht vertritt, im Fall einer Rückweisung sei das Verfahren vor der Vorinstanz nach neuem und nicht nach bisherigem Zivilprozessrecht fortzuführen (vgl. Beschluss vom 12. Januar 2011, NK100014-O/U, Erw. 7.1). Darüber, ob diese Ansicht zutrifft, hat nicht das Kassationsgericht, sondern wird dereinst das Bundesgericht auf entsprechende Beschwerde hin zu befinden haben. Soweit der Beschwerdeführer, über die zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führende unzulässige antizipierte Beweiswürdigung und Nichtabnahme einer offerierten Zeugenaussage hinaus, weitere prozessuale Mängel, insbesondere die Nichtabnahme von Beweismitteln, rügt, wird das Obergericht zu prüfen haben, wie diesbezüglich im weiteren Verfahren unter neuem Prozessrecht vorzugehen sei.

III.

Ausgangsgemäss wird die Beschwerdegegnerin für das Kassationsverfahren kostenund entschädigungspflichtig (§ 64 Abs. 2 ZPO ZH, § 68 Abs. 1 ZPO ZH).

Beim vorliegenden Beschluss handelt es sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Demnach ist gegen ihn die subsidiäre

Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG an das Bundesgericht nur unter den in Art. 93 BGG genannten Voraussetzungen zulässig. Ob diese erfüllt sind, entscheidet das Bundesgericht.

Das Gericht beschliesst:

  1. In Gutheissung der Beschwerde wird das Urteil der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 29. Januar 2010 aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr für das Kassationsverfahren wird festgesetzt auf Fr.

    800.--.

  3. Die Kosten des Kassationsverfahrens werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

  4. Die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin für das Kassationsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 500.-zu entrichten.

  5. Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von

    Art. 90 ff. BGG innert 30 Tagen nach dessen Empfang schriftlich durch eine Art. 42 BGG entsprechende Eingabe subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG an das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, erhoben werden. Ferner ist nach Massgabe von Art. 74 Abs. 2

    lit. a BGG (Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung) allenfalls die ordentliche Beschwerde gemäss Art. 72 ff. BGG an das Bundesgericht zulässig. Werden beide Beschwerden erhoben, sind sie in der gleichen Rechtsschrift einzureichen (Art. 119 Abs. 1 BGG). Der Streitwert beträgt Fr. 590.60.

    Hinsichtlich des Fristenlaufes gelten die Art. 44 ff. BGG.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, die II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich und das Bezirksgericht Zürich (3. Abteilung), je gegen Empfangsschein.

KASSATIONSGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Der juristische Sekretär:

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.