ZK2 2019 34 - Editionsverfügung
Verfügung vom 2. Dezember 2019
ZK2 2019 34
Mitwirkend
Kantonsgerichtsvizepräsident Dr. Reto Heizmann,
Gerichtsschreiberin lic. iur. Antoinette Hürlimann.
In Sachen
1. A.__,
2. B.__,
Beklagte und Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt C.__,
gegen
1. D.__,
2. E.__,
Kläger und Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwältin F.__,
betreffend
Editionsverfügung
(Beschwerde gegen die Editionsverfügung des Vize-Gerichtspräsidenten des Bezirksgerichts Schwyz vom 10. April 2019, ZGO 2018 9);-
hat der Kantonsgerichtsvizepräsident,
nachdem sich ergeben und in Erwägung:
1. a) Am 19. Juni 2018 erhoben der D.__, E.__ sowie weitere Personen beim Bezirksgericht Schwyz Klage gegen die A.__ und B.__. Im Rahmen dieses Prozesses resp. in der Klageschrift verlangten die Kläger die Edition des Steuerbefreiungsgesuchs, der Steuererklärungen, der Steuerveranlagungen und des Steuerbefreiungsentscheides betreffend die A.__ durch die Steuerverwaltung des Kantons Schwyz (Vi-act. 1 S. 19). Mit Editionsverfügung vom 10. April 2019 ersuchte der Vize-Gerichtspräsident des Bezirksgerichts Schwyz die kantonale Steuerverwaltung um Einreichung des Steuerbefreiungsgesuchs und des Steuerbefreiungsentscheides betreffend die A.__.
b) Gegen diese Verfügung erhoben die A.__ und B.__ (nachfolgend Beschwerdeführer) am 6. Mai 2019 Beschwerde beim Kantonsgericht und beantragten, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung zurückzuweisen, eventualiter sei die Vorinstanz anzuweisen, geeignete Massnahmen zum Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Beschwerdeführer anzuordnen (KG-act. 1). Der D.__ und E.__ (nachfolgend Beschwerdegegner) beantragten, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen, resp. auf den Eventualantrag sei nicht einzutreten (KG-act. 6). Mit Eingabe vom 17. Mai 2019 teilte der Vize-Gerichtspräsident des Bezirksgerichts Schwyz dem Kantonsgericht mit, die Steuerverwaltung habe mit Schreiben vom 12. April 2019 die Herausgabe der geforderten Daten verweigert (KG-act. 8). Die Verfahrensleitung des Kantonsgerichts setzte den Parteien alsdann Frist zu freigestellten Stellungnahme, insbesondere zur Frage der Gegenstandslosigkeit (KG-act. 9). Mit Vernehmlassung vom 31. Mai 2019 hielten die Beschwerdegegner an ihren Anträgen fest (KG-act. 10). In ihrer Vernehmlassung vom 3. Juni 2019 hielten die Beschwerdeführer dafür, dass die Beschwerde gegenstandslos geworden sei (KG-act. 11). Am 5. September 2019 teilte der Vize-Gerichtspräsident des Bezirksgerichts Schwyz mit, die Parteien hätten anlässlich der Instruktionsund Vermittlungsverhandlung vom 4. September 2019 einen Vergleich mit Widerrufsvorbehalt bis 30. November 2019 geschlossen, worin sie das Kantonsgericht ersuchten, das vorliegende Beschwerdeverfahren bis dahin bis zum Widerruf einer Partei zu sistieren (KG-act. 14 und 15). Mit Verfügung vom 6. September 2019 wurde das Beschwerdeverfahren sistiert (KG-act. 16). Am 20. November 2019 teilten die Beschwerdeführer mit, sie hätten den Vergleich widerrufen und ersuchten um Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens (KG-act. 17), worauf die Sistierung mit Verfügung vom 21. November 2019 aufgehoben wurde. Weitere Stellungnahmen der Parteien gingen nicht ein (KG-act. 18).
2. a) Gemäss Art. 242 ZPO schreibt das Gericht das Verfahren ab, wenn es aus anderen Gründen (als Vergleich, Klageanerkennung und Klagerückzug) ohne Entscheid endet. Diese Bestimmung gilt sowohl für das ordentliche, das vereinfachte und das summarische Verfahren als auch für das Rechtsmittelverfahren (BSK ZPO-Gschwend/Steck, 3. A., N 4 zu Art. 242 ZPO; Leumann Liebster in: Sutter-Somm et al., Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage, N 1 zu Art. 242 ZPO). Gegenstandslosigkeit tritt nach allgemeiner Umschreibung dann ein, wenn der eingeklagte Anspruch aus einem rechtlichen faktischen Grund erlischt, der vom Willen der anspruchsberechtigten Partei unabhängig ist (Gschwend/Steck, a.a.O., N 7 zu Art. 242 ZPO; Leumann Liebster, a.a.O., N 2 zu Art. 242 ZPO). Ebenso wird das Verfahren bei Wegfall des Rechtsschutzinteresses der klagenden Partei gegenstandslos (Gschwend/Steck, a.a.O., N 11 zu Art. 242 ZPO; Leumann Liebster, a.a.O., N 2 zu Art. 242 ZPO).
b) Vorliegend verweigerte die kantonale Steuerverwaltung mit Schreiben vom 12. April 2019 die Herausgabe der in der angefochtenen Editionsverfügung verlangten Dokumente mit Hinweis auf das bundessteuerliche und das kantonalrechtliche Steuergeheimnis nach Art. 110 DBG bzw. § 130 StG (vgl. KG-act. 6/9). Damit aber erledigte sich der Streitgegenstand, das heisst der Inhalt der angefochtenen Editionsverfügung, ausserprozessual und unabhängig vom Willen der Beschwerdeführer. Folglich haben die Beschwerdeführer die Herausgabe der Dokumente gestützt auf die konkrete Verfügung nicht mehr zu befürchten, mithin sind sie dadurch nicht mehr beschwert. Ob die fraglichen Steuerunterlagen allenfalls, wie die Beschwerdegegner dafürhalten (KG-act. 6 S. 4), gestützt auf eine Einzelfallermächtigung (vgl. Schwyzer Steuerbuch 60.30, Rz. 37) zu einem späteren Zeitpunkt ediert werden können bzw. müssen, ist vorliegend nicht von Bedeutung, da eine solche Herausgabe nicht gestützt auf die angefochtene Editionsverfügung erfolgen könnte, weil hierfür ein entsprechendes Entbindungsgesuch zu stellen wäre, über welches in Form einer nach Massgabe der Verwaltungsrechtspflege anfechtbaren Verfügung zu entscheiden wäre (vgl. Schwyzer Steuerbuch 60.30, Rz. 38). Nach dem Gesagten ist das Beschwerdeverfahren zufolge Gegenstandslosigkeit präsidial abzuschreiben (vgl. § 40 Abs. 2 JG).
3. a) Das Gericht kann von den Verteilungsgrundsätzen gemäss Art. 106 ZPO abweichen und die Prozesskosten (Gerichtskosten und Parteientschädigung, vgl. Art. 95 ZPO) nach Ermessen verteilen, wenn das Verfahren als gegenstandslos abgeschrieben wird und das Gesetz nichts anderes vorsieht (Art. 107 Abs. 1 lit. e ZPO). Wird der Prozess gegenstandslos und sieht das Gesetz nichts anderes vor wie z.B. bei Vergleich, Klageanerkennung Klagerückzug (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO und Art. 109 ZPO), ist für die Kostenverlegung bei Abschreibung wegen Gegenstandslosigkeit nach Art. 107 Abs. 1 lit. e ZPO abhängig vom Einzelfall zu berücksichtigen, welche Partei Anlass zur Klage gab, welches der mutmassliche Prozessausgang gewesen wäre und bei welcher Partei die Gründe eintraten, die zur Gegenstandslosigkeit des Prozesses führten (BSK ZPO-Rüegg/Rüegg, 3. A., N 8 zu Art. 107 ZPO; Jenny, in: Sutter-Somm et al., Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. A., N 15 f. zu Art. 107 ZPO).
b) Es erscheint fraglich, ob der nach der Praxis des Kantonsgerichts im Bereich von Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO als Eintretensvoraussetzung geforderte nicht leicht wiedergutzumachende Nachteil rechtlicher Natur erstellt gewesen wäre (zum Ganzen vgl. Beschluss KGer ZK2 2015 52 vom 10. Februar 2016 E. 2b). Wie es sich diesbezüglich im Einzelnen verhält, kann jedoch offenbleiben. Denn, wie die Beschwerdeführer zu Recht geltend machen, erhielten sie erst nach Ablauf der Beschwerdefrist gegen die Editionsverfügung Kenntnis vom abschlägigen Schreiben der kantonalen Steuerverwaltung. Den Beschwerdeführern ist darin beizupflichten, dass sie die vorliegende Beschwerde nicht erhoben hätten, wäre ihnen das Schreiben der Steuerverwaltung vom 12. April 2019 unverzüglich und nicht erst am 16. Mai 2019, das heisst nach Ablauf der Beschwerdefrist, zugestellt worden (vgl. KG-act. 6/8). Es rechtfertigt sich daher, für das Beschwerdeverfahren ausnahmsweise keine Kosten zu erheben sowie die Beschwerdeführer und die Beschwerdegegner aus der Kantonsgerichtskasse zu entschädigen (vgl. Art. 107 Abs. 2 ZPO). Im Beschwerdeverfahren beläuft sich das Honorar auf Fr. 180.00 bis Fr. 2‘400.00 (§ 12 GebTRA). In Nachachtung der allgemeinen Kriterien nach § 2 Abs. 2 GebTRA, namentlich der Schwierigkeit der Streitsache und des notwendigen Zeitaufwands, sowie dem Umstand, dass beide Rechtsvertreter je zwei kurze Eingaben einreichten, ist die Entschädigung ermessensweise auf je Fr. 1‘000.00 festzusetzen (inkl. Auslagen und MWST, vgl. § 2 Abs. 2 GebTRA);-
verfügt:
1. Das Beschwerdeverfahren wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben.
2. Für das Beschwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben. Die Kostenvorschüsse von je Fr. 750.00 werden den Beschwerdeführern zurückerstattet.
3. Für das Beschwerdeverfahren werden die Beschwerdeführer mit Fr. 1‘000.00 und Beschwerdegegner mit Fr. 1‘000.00 (jeweils inkl. Auslagen und MWST) aus der Kantonsgerichtskasse entschädigt.
4. Gegen diesen Zwischenentscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG Beschwerde in Zivilsachen nach Art. 72 ff. BGG wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 98 BGG) beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden. Die Beschwerdeschrift muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen. Der Streitwert der Hauptsache übersteigt Fr. 30'000.00.
5. Zufertigung an Rechtsanwalt C.__ (3/R), Rechtsanwältin F.__ (3/R), die Vorinstanz (1/R, mit den Akten) sowie nach definitiver Erledigung an die Vorinstanz (1/R) und die Kantonsgerichtskasse (1/ü, im Dispositiv).
Der Kantonsgerichtsvizepräsident Die Gerichtsschreiberin
Versand
2. Dezember 2019 rfl