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Urteil Kantonsgericht (SZ)

Kopfdaten
Kanton:SZ
Fallnummer:ZK2 2017 35
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Kammer
Kantonsgericht Entscheid ZK2 2017 35 vom 16.08.2017 (SZ)
Datum:16.08.2017
Rechtskraft:In Rechtskraft
Leitsatz/Stichwort:Ausweisung (landwirtschaftliche Pacht)
Schlagwörter : Berufung; Pacht; Berufungsgegner; Pachtzins; Berufungsführerin; Recht; Zahlung; Vi-act; Pachtzinse; Vereinbarung; Parteien; Sachverhalt; Finanziellen; Gesuch; Verfahren; Verhältnis; Verhältnisse; Ziffer; Pachtverhältnis; Zahlen; KG-act; Berufungsgegners; Bezahlt; Kündigung; Bezahlen; Landwirtschaftliche; Pachtzinses; Rechtsschutz; Vorinstanz; Bestritten
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 257 ZPO ; Art. 257d OR ; Art. 281 OR ; Art. 282 OR ; Art. 292 StGB ; Art. 293 OR ; Art. 337 ZPO ; Art. 42 BGG ;
Referenz BGE:131 III 467; 138 III 123; 138 III 620;
Kommentar zugewiesen:
Studer, Koller, Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 2015
Hofmann, Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Art. 257 ZPO, 2017
Göksu, Kommentar, 2. A., Zürich, Art. 257 ZPO, 2016
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:Reto Heizmann;
Entscheid
ZK2 2017 35 - Ausweisung (landwirtschaftliche Pacht)

Beschluss vom 16. August 2017
ZK2 2017 35


Mitwirkend
Kantonsgerichtsvizepräsident Dr. Reto Heizmann,
Kantonsrichter Bettina Krienbühl und Pius Schuler,
a.o. Gerichtsschreiberin MLaw Deborah Basso.


In Sachen

A.________,
Gesuchstellerin und Berufungsführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt MLaw B.________,

gegen

C.________,
Gesuchsgegner und Berufungsgegner,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. D.________,




betreffend
Ausweisung (landwirtschaftliche Pacht)
(Berufung gegen die Verfügung des Einzelrichters am Bezirksgericht March vom 12. April 2017, ZES 2016 503);-

hat die 2. Zivilkammer,
nachdem sich ergeben und in Erwägung:
1. a) Mit Urteil des Bezirksgerichts March vom 8. Februar 2012 wurde die am 9. Juni 2000 vor dem Zivilstandsamt Vorderthal geschlossene Ehe zwischen C.________ (nachfolgend Berufungsgegner) und A.________ (nachfolgend Berufungsführerin) geschieden (Vi-act. 2/3). In Ziffer 8d der Scheidungskonvention legten die Parteien fest, dass der Berufungsgegner das im Alleineigentum der Berufungsführerin stehende landwirtschaftliche Gewerbe „F.________“ (Grundstücke GB aaa, bbb, ccc und ddd I.________) weiterhin bewirtschaftet. Sie vereinbarten einen monatlichen Pachtzins von Fr. 1‘124.00 und hielten Folgendes fest (Vi-act. 2/3):
[ ], wobei die Ehefrau/Gesuchstellerin, sofern es die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers nicht ermöglichen, auf die Bezahlung eines Pachtzinses verzichtet, alsdann bei veränderten finanziellen Verhältnissen er (der Ehemann/Gesuchsteller) verpflichtet ist, den Pachtzins zu bezahlen.
Daraufhin überwies der Berufungsgegner der Berufungsführerin monatlich Fr. 1‘100.00 (Vi-act. 2/4). Am 7. Februar bzw. 1. März 2015 unterzeichneten die Parteien eine „Vereinbarung betreffend die Abänderung der Regelung der Kinderbelange“ (Vi-act. 2/5, nachfolgend „Vereinbarung vom 1. März 2015“), worin sie in Ziffer 2 unter dem Titel „finanzielle Regelungen“ festhielten:
Der Pachtzins für den vom Vater von der Mutter gepachteten Landwirtschaftsbetrieb beträgt Fr. 1‘100.00 pro Monat und ist vom Vater monatlich zu bezahlen.
Gemäss den „Schlussbestimmungen“ in Ziffer 3 werde diese Vereinbarung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Ausserschwyz (KESB) zur Genehmigung vorgelegt. Unbestrittenermassen legten die Parteien die Vereinbarung jedoch nicht der KESB vor.
b) Mit Schreiben vom 17. Februar 2016 drohte die Berufungsführerin dem Berufungsgegner (für den Fall des Bestehens eines Pachtvertrags) im Sinne von Art. 21 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die landwirtschaftliche Pacht (LPG; SR 221.213.2) die Kündigung des Pachtvertrages per 30. August 2016 an, sofern der ausstehende Pachtzins vom Januar 2016 nicht bis am 29. Februar 2016 beglichen sein sollte (Vi-act. 2/9). Am 25. Juli 2016 überwies der Berufungsgegner der Berufungsführerin einen Betrag in Höhe von Fr. 6‘840.00 mit dem Vermerk: „Pachtzins: F.________ März bis und mit August 2016“ (Vi-act. 2/12). Daraufhin informierte die Berufungsführerin den Berufungsgegner am 5. September 2016, dass aufgrund der nicht bezahlten Pachtzinse der Monate Januar und Februar 2016 das Pachtverhältnis per 31. August 2016 definitiv aufgelöst sei (Vi-act. 2/13). Zudem setzte sie ihm eine letztmalige Frist von zehn Tagen, in denen der Berufungsgegner das „F.________“ freiwillig zu verlassen habe. Mit Schreiben vom 30. September 2016 wandte sie sich nochmals an den Berufungsgegner und hielt fest, dass das Pachtverhältnis am 31. August 2016 geendet habe und sie die trotz beendigtem Pachtverhältnis erfolgten Zahlungen mit Vermerk Pachtzins nicht akzeptiere, weil kein Pachtvertrag bestehe und somit kein Pachtzins zu zahlen sei (Vi-act. 2/14). Weil der Berufungsgegner den Pachtgegenstand nicht verliess, reichte die Berufungsführerin am 11. Oktober 2016 ein Ausweisungsgesuch beim Präsidium des Bezirksgerichts March ein (Vi-act. 1). Am 8. November 2016 nahm der Berufungsgegner zum letztgenannten Gesuch Stellung (Vi-act. 7). Dagegen replizierte die Berufungsführerin unaufgefordert am 17. November 2016, woraufhin der Berufungsgegner am 1. Dezember 2016 duplizierte (siehe Vi-act. 9 und 11).
c) Am 12. April 2017 verfügte der Einzelrichter am Bezirksgericht March was folgt (Vi-act. 13):
2. Auf die Klage ZES 16 503 wird nicht eingetreten.
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1‘500.00 werden der Gesuchstellerin überbunden und mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
4. Die Gesuchstellerin wird verpflichtet, dem Gesuchsgegner eine Parteientschädigung von Fr. 2‘500.00 (inkl. MWST und Auslagen) zu bezahlen.
5. [Rechtsmittelbelehrung]
6. [Zufertigung].
d) Gegen diese Verfügung erhob die Berufungsführerin am 28. April 2017 Berufung beim Kantonsgericht und stellte folgende Rechtsbegehren (KG-act. 1):
7. In Gutheissung der Berufung sei die Verfügung des Einzelrichters des Bezirksgerichts March vom 12. April 2017 aufzuheben und es sei dem Berufungsbeklagten in Feststellung, dass das Pachtverhältnis zwischen der Berufungsklägerin und dem Berufungsbeklagten betreffend das landwirtschaftliche Gewerbe F.________, umfassend die Grundstücke GB I.________ Nr. aaa, Nr. bbb, Nr. ccc und Nr. ddd, per 30. August 2016 endete, richterlich zu befehlen, das frühere Pachtobjekt innert zehn Tagen seit Eintritt der Rechtskraft des Urteils ordnungsgemäss zu räumen.

Für den Fall, dass der Berufungskläger das landwirtschaftliche Gewerbe F.________, umfassend die Grundstücke GB I.________ Nr. aaa, Nr. bbb, Nr. ccc und Nr. ddd nicht innert zehn Tagen seit Eintritt der Rechtskraft des Räumungsbefehls verlässt, seien dem Berufungsbeklagten folgende indirekten Zwangsmassnahmen anzudrohen:

8. Die Strafandrohung gemäss Art. 292 StGB;
9. Eine Ordnungsbusse von CHF 1‘000.00 für jeden Tag der Nichterfüllung;
10. Den umgehenden polizeilichen Vollzug.

Es sei die zuständige Polizeibehörde im Sinne von Art. 236 Abs. 3 i.V.m. Art. 337 Abs. 1 ZPO zu beauftragen, die Grundstücke GB I.________ Nr. aaa, Nr. bbb, Nr. ccc und Nr. ddd auf Vorlage des rechtskraftbescheinigten Urteils hin umgehend zwangsweise zu räumen, soweit der Berufungsbeklagte diese Grundstücke nicht innert zehn Tagen seit Eintritt der Rechtskraft des Räumungsbefehls verlassen hat.
9. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zu Lasten des Berufungsbeklagten.
Im Rahmen ihres Aktenüberweisungsschreibens vom 2. Mai 2017 beantragte die Vorinstanz, die Berufung sei abzuweisen (KG-act. 5). Am 12. Mai 2017 reichte der Berufungsgegner seine Berufungsantwort ein und forderte die Abweisung der Berufung unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Berufungsführerin (KG-act. 7). Am 20. Juni 2017 machte die Berufungsführerin eine unaufgeforderte Eingabe (KG-act. 15). Zu diesem Schreiben äusserte sich der Berufungsgegner am 12. Juli 2017 innert erstreckter Frist (KG-act. 18).
9. Die Berufungsführerin verlangte mit ihrem Ausweisungsgesuch vom 11. Oktober 2016 die Gewährung von Rechtsschutz in klaren Fällen (Vi-act. 1) und macht in ihrer Berufung geltend, die Vorinstanz habe Art. 257 ZPO unrichtig angewendet sowie den Sachverhalt und die Rechtslage falsch beurteilt (KG-act. 1).
a) Art. 257 Abs. 1 ZPO sieht unter dem Titel "Rechtsschutz in klaren Fällen" vor, dass das Gericht Rechtsschutz im summarischen Verfahren gewährt, wenn zum einen der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar (lit. a) und zum anderen (kumulativ) die Rechtslage klar ist (lit. b).
aa) Der Sachverhalt ist unbestritten, wenn der Gesuchsgegner den rechtlich relevanten Sachverhalt anerkennt, ihn nicht bestreitet oder ihn nicht substantiiert bestreitet (Hofmann, in: Spühler/Tenchio/Infanger, Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. A., Basel 2017, N 10 zu Art. 257 ZPO). Sofort beweisbar ist ein Sachverhalt im Sinne von Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO, wenn er ohne zeitliche Verzögerung und ohne besonderen Aufwand nachgewiesen werden kann. Der Beweis ist in der Regel durch Urkunden zu erbringen (BGE 138 III 123 E. 2.1.1). Der Kläger hat den vollen Beweis der anspruchsbegründenden Tatsachen zu erbringen, so dass klare Verhältnisse herrschen; blosses Glaubhaftmachen genügt für die Geltendmachung des Anspruchs nicht (BGE 138 III 620 E. 5.1.1; Hofmann, a.a.O., N 10b zu Art. 257 ZPO). Können Zweifel am Sachverhalt mit den verfügbaren Beweismitteln nicht sofort aus der Welt geräumt werden, bleibt der Rechtsschutz in klaren Fällen aus (Göksu, in: Brunner/Gasser/Schwander, Schweizerische Zivilprozessordnung Kommentar, 2. A., Zürich 2016, Art. 197-408 ZPO, N 7 zu Art. 257 ZPO; Urteil des Kantonsgerichts Schwyz, ZK2 2014 83 vom 6. Juli 2015, E. 3.aa). Es genügt, wenn der Gesuchsgegner substantiierte und schlüssige Einwendungen vorträgt, die in tatsächlicher Hinsicht nicht sofort widerlegt werden können und die geeignet sind, die bereits gebildete richterliche Überzeugung zu erschüttern (BGE 138 III 620 E. 5.1.1; Hofmann, a.a.O., N 10c zu Art. 257 ZPO). Offensichtlich unbegründete oder haltlose Einwendungen, über die sofort entschieden werden kann, reichen demgemäss nicht aus (sog. „Schutzbehauptungen“, BGE 138 III 620 E. 5.1.1; Sutter-Somm/Lötscher, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), 3. A., Basel 2016, N 7 zu Art. 257 ZPO).
bb) Eine klare Rechtslage liegt vor, wenn sich die Rechtsfolge bei der Anwendung des Gesetzes unter Berücksichtigung der Lehre und Rechtsprechung ohne Weiteres ergibt und damit die Rechtsanwendung zu einem eindeutigen Ergebnis führt (Hofmann, a.a.O., N 11 zu Art. 257 ZPO). Dies ist nicht der Fall, wenn die Anwendung einer Norm einen Ermessens- oder Billigkeitsentscheid erfordert (BGE 138 III 123 E. 2.1.2). Kein klares Recht liegt insbesondere vor, wenn Verträge der Auslegung bedürfen (siehe Hofmann, a.a.O., N 11a zu Art. 257 ZPO).
cc) Die Auslegung eines Vertrags wirft komplexe Fragen im Bereich der Abgrenzung zwischen klarem Sachverhalt und klarem Recht auf. Die zunächst vorzunehmende subjektive Vertragsauslegung, d.h. ob übereinstimmende Willensäusserungen vorliegen und also ein natürlicher Konsens besteht, ist eine Sachverhaltsfrage, die in einem zweiten Schritt vorzunehmende, objektive Vertragsauslegung nach Vertrauensprinzip stellt eine Rechtsfrage dar (BGE 131 III 467 E. 1.1). Diese objektive, rechtliche Betrachtung der auszulegenden Willenserklärungen ist notwendigerweise mit einer Ermessensausübung verbunden, was im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 257 ZPO nicht zulässig ist (Sutter-Somm/Lötscher, a.a.O., N 10a zu Art. 257 ZPO). Bei einem Vertrag, der nach Vertrauensprinzip auszulegen ist, besteht somit primär ein illiquider Sachverhalt (keine subjektiv übereinstimmenden Willensäusserungen) und weil die Rechtsanwendung bzw. die Vertragsauslegung gerichtliches Ermessen erfordert, ist die Rechtslage ebenfalls unklar (siehe Hofmann, a.a.O., N 11a zu Art. 257 ZPO).
b) Der Berufungsgegner setzt den Vorbringen der Berufungsführerin Einreden und Einwendungen entgegen, weshalb der Sachverhalt als bestritten gilt. Folglich ist zu prüfen, ob die Berufungsführerin die Einwendungen des Berufungsgegners sofort entkräften resp. den von ihr geltend gemachten Sachverhalt sofort beweisen kann. Die Berufungsführerin macht im Wesentlichen geltend, die eingereichten Unterlagen würden die Bestreitungen des Berufungsgegners sofort widerlegen.
aa) Vorab bringt sie die Scheidungskonvention vom 8. Februar 2012 vor und behauptet, darin sei festgehalten, dass der Berufungsgegner ihr einen Pachtzins zu bezahlen habe, sie jedoch auf letzteren verzichten könne. Der Berufungsgegner sei aber verpflichtet, bei veränderten finanziellen Verhältnissen einen Pachtzins zu bezahlen. Der Berufungsgegner macht geltend, bereits die Formulierung von Ziffer 8d im Scheidungsurteil bezüglich des monatlichen Pachtzinses sei ungenau. Daraus gehe ein Verzicht der Berufungsführerin hervor bzw. dass ein Pachtzins nur bei veränderten finanziellen Verhältnissen geschuldet sei. Ferner sei zu beachten, dass ein einseitiger Verzicht nach Belieben der Berufungsführerin keinen Sinn mache, weil eine Gläubigerin stets auf Zahlungen verzichten könne. Aus Ziffer 8d ergebe sich deshalb keine unbedingte Zahlungsverpflichtung.
Ziffer 8d des Scheidungsurteils vom 8. Februar 2012 (Vi-act. 2/3) bestimmt, dass die Berufungsführerin, „sofern es die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers (vorliegend des Berufungsgegners) nicht ermöglichen, auf die Bezahlung eines Pachtzinses verzichtet, alsdann bei veränderten finanziellen Verhältnissen er (der Ehemann/Gesuchsteller) verpflichtet ist, den Pachtzins zu bezahlen“. Ob es bezüglich des Verzichts an einem subjektiv übereinstimmenden Willen fehlt, wie die Parteien zumindest sinngemäss vorbringen, ist offen, ebenso, ob durch diesen Wortlaut bereits ein Verzicht vorliegt oder ein solcher noch an weitere Voraussetzungen geknüpft ist. Jedenfalls ist Ziffer 8d der Scheidungskonvention auch aufgrund des unbestimmten Begriffs der „veränderten finanziellen Verhältnisse des Ehemanns“ auslegungsbedürftig und somit nicht klar im Sinne von Art. 257 ZPO.
bb) Bezüglich der Vereinbarung vom 1. März 2015 bringt die Berufungsführerin vor, diese sei auch ohne Genehmigung der KESB gültig, weil sie gerade zum Zweck gehabt habe, die unklaren finanziellen Regelungen der Parteien zu definieren. Die Genehmigung durch die KESB sei zudem nur deshalb nicht erfolgt, weil der gemeinsame Sohn E.________ nun doch in der Obhut der Berufungsführerin habe verbleiben wollen, was die finanziellen Belange jedoch nicht tangiere. Der Berufungsgegner bringt dagegen vor, die Bedingung, welche in der Vereinbarung vom 1. März 2015 festgelegt worden sei, sei nie eingetreten, weil die ganze Vereinbarung nicht durch die KESB genehmigt und das Scheidungsurteil vom 8. Februar 2012 durch diese Vereinbarung nie geändert worden sei.
Unbestrittenermassen legten die Parteien die Vereinbarung nie der KESB zur Genehmigung vor. Das Verhältnis zwischen der Vereinbarung und der Scheidungskonvention aus dem Jahr 2012 ist nicht geregelt. So ist nicht festgelegt, ob durch die Vereinbarung das Scheidungsurteil geändert wird. Auch die Gültigkeit der Vereinbarung vom 1. März 2015 ohne die Genehmigung der KESB ist fraglich. Des Weiteren ist die Behauptung, die Zuweisung des Kindes in die Obhut des einen oder anderen Elternteils habe keine Auswirkungen auf die finanziellen Verhältnisse, in Zweifel zu ziehen. Derjenige Elternteil, in dessen Obhut das Kind verbleibt, hat bekanntermassen höhere Ausgaben, weshalb sich die Obhutszuweisung in aller Regel auf die finanziellen Verhältnisse auswirkt. Es bedürfte folglich weiterer Abklärungen bzw. einer Vertragsauslegung durch das Gericht, um die aufgezeigten Unklarheiten (Gültigkeit der Vereinbarung und Wirkung bezüglich des Scheidungsurteils) auszuräumen.
cc) In Bezug auf die Zahlung vom 25. Juli 2016 des Berufungsgegners behauptet die Berufungsführerin, die Pachtzinse für Januar und Februar 2016 seien durch diese Überweisung nicht bezahlt worden, sondern nur die Pachtzinse der Monate März bis August 2016. Ein Versehen seitens des Berufungsgegners sei nicht substantiiert, weil er in allen Zahlungen den Zahlungszweck für den entsprechenden Monat angegeben habe, dies zeige auch die Zahlung vom 1. September 2016 (Zahlungszweck: Pachtzahlung September 2016, siehe Vi-act. 2/6). Der Berufungsgegner bringt hingegen vor, er habe den allfällig für Januar 2016 geschuldeten und gemahnten Pachtzins durch seine Zahlung vom 25. Juli 2016 getilgt, zumal sich der versehentlich falsche Vermerk beim Zahlungszweck nicht nachteilig für ihn auswirke. Er habe fristgerecht einen Betrag in Höhe von Fr. 1‘100.00 bezahlt. Gemäss mietrechtlicher Lehre und Rechtsprechung sei die Zahlungsfrist (in casu von sechs Monaten) auch durch die versehentliche Zahlung eines zwar fälligen, aber noch nicht durch Zahlungsaufforderung abgemahnten Pachtzinses eingehalten.
Unstrittig ist, dass der Berufungsgegner am 25. Juli 2016 eine Zahlung mit dem Zahlungszweck „Pachtzins: F.________ März bis und mit August 2016“ tätigte (Vi-act. 12). Zur Frage, ob die Zahlung mit dem falschen Zahlungszweck gültig ist, findet sich weder in Art. 21 LPG noch in der Rechtsprechung zu Art. 21 LPG eine Antwort. Gemäss Botschaft zum LPG schliesst Art. 21 LPG (früher Art. 23 LPG) an Art. 282 OR (früher Art. 293 OR) an (siehe Botschaft zum LPG vom 11. November 1981, S. 282). Art. 282 OR wiederum stellt eine Sonderregel des Verzugsrechts dar und entspricht Art. 257d OR des Mietrechts (Studer/Koller, in: Honsell/Vogt/Wiegand, Basler Kommentar, Obligationenrecht I, Art. 1-529 OR, 6. A., Basel 2015, N 1 zu Art. 282 OR). Gemäss Lehre und Rechtsprechung zu Art. 257d OR gilt die Zahlungsfrist als eingehalten, wenn der Mieter anstelle des verlangten Mietzinses versehentlich einen zwar fälligen, aber noch nicht durch Zahlungsaufforderung gemahnten Mietzins bezahlt (Lachat et al., Mietrecht für die Praxis, 8. A., Zürich 2009, S. 544; vgl. Entscheid des Appellationsgerichts Tessin vom 1. September 1993 E. 3 in: mp 1/94, S. 21 ff.). Die Einwendung des Berufungsgegners scheint daher begründet zu sein. Aus der Anwendung von Art. 21 LPG unter Berücksichtigung der Lehre und Rechtsprechung ergibt sich nicht ohne Weiteres ein für den Standpunkt der Berufungsführerin sprechendes eindeutiges Ergebnis. Deshalb liegt kein klares Recht im Sinne von Art. 257 ZPO vor.
dd) Die Berufungsführerin macht ferner geltend, aufgrund ihres Schreibens vom 17. Februar 2016 habe dem Berufungsgegner bewusst sein müssen, dass er die Pachtzinse für die Monate Januar und Februar 2016 bis zum 30. August 2016 zu bezahlen gehabt habe, ansonsten das Pachtverhältnis gemäss Art. 21 LPG aufgelöst resp. gekündigt sei. Der Berufungsgegner bringt dagegen vor, Art. 21 Abs. 1 LPG verlange einen fälligen und gemahnten Pachtzins sowie einen Zahlungsrückstand bzw. Zahlungsverzug. Der Zahlungstermin sei jedoch von den Parteien frei vereinbar, wobei oftmals auf Art. 281 Abs. 1 OR zurückgegriffen werde. Vorliegend hätten er und die Berufungsführerin keinen bestimmten Verfalltag, sondern einen monatlichen Pachtzins vereinbart. Deshalb könne er auch nicht ohne Mahnung in Verzug bzw. Zahlungsrückstand geraten. Es sei unklar, wann die Pachtzinse fällig seien. Ferner sei zu betonen, dass die Berufungsführerin nur den Pachtzins für den Monat Januar 2016 gemahnt habe und somit zur Verhinderung der Pachtauflösung nicht alle bis August 2016 fälligen Pachtzinse bezahlt sein müssten. Ein Zahlungsverzug liege nach Art. 21 Abs. 1 LPG nur vor, wenn der ausstehende Zins, für den die Auflösung des Pachtverhältnisses angedroht worden sei, nach sechs Monaten nicht bezahlt sei. Mangels eines fälligen Pachtzinses bzw. eines Pächterverzugs könne nicht nach Art. 21 Abs. 1 LPG vorgegangen werden und die Kündigung des Pachtverhältnisses erweise sich als unwirksam.
Die Parteien haben nur einen monatlichen Pachtzins vereinbart, ohne einen genauen Zahlungstermin festzulegen. Der Pächterverzug setzt voraus, dass der Pachtzins fällig ist (Studer/Hofer, Das landwirtschaftliche Pachtrecht, Kommentar zum LPG, 2. A., Brugg 2014, N 432). Weil das LPG keine spezifische Regelung zur Fälligkeit des Pachtzinses vorsieht, sind die Bestimmungen des OR anwendbar (Art. 1 Abs. 4 LPG). Gemäss Art. 281 Abs. 1 OR muss der Pachtzins am Ende eines Pachtjahres, spätestens aber am Ende der Pachtzeit bezahlt werden, wenn kein anderer Zeitpunkt vereinbart wurde oder ortsüblich ist. Die Fälligkeit der Pachtzinse ergibt sich weder aus Ziffer 8d der Scheidungskonvention noch aus Ziffer 2 der Vereinbarung vom 1. März 2015. Zudem wäre bei einem Zahlungsrückstand des Pächters nach Art. 282 Abs. 1 OR zunächst eine Zahlungsfrist zu setzen und erst nach unbenutztem Ablauf zu kündigen (Studer/Koller, a.a.O., N 4 zu Art. 282 OR). Somit wäre näher abzuklären, ob die am 17. Februar 2016 ausgesprochene Kündigung überhaupt gültig ist.
ee) Diesbezüglich bringt der Berufungsgegner vor, die Berufungsführerin habe in ihrem Kündigungsschreiben vom 17. Februar 2016, in Missachtung der gesetzlichen Bestimmungen, lediglich eine Nachfrist von zwölf Tagen anstatt sechs Monaten zur Zahlung des Januar-Pachtzinses angesetzt, weshalb die Kündigung nichtig sei. Zu diesem Vorbringen äusserte sich die Berufungsführerin nicht.
Gemäss Art. 21 Abs. 1 LPG gilt ein Pachtverhältnis als aufgelöst, wenn der ausstehende Zins innert sechs Monaten nach Kündigungsandrohung nicht bezahlt wurde. Vorliegend setzte die Berufungsführerin dem Berufungsgegner nur eine Zahlungsfrist von zwölf Tagen anstelle von sechs Monaten. Ob und falls ja die vom Berufungsgegner gerügte, im Schreiben vom 17. Februar 2016 der Berufungsführerin zu kurz angesetzte Kündigungsfrist Konsequenzen für die Kündigung hat, kann offen bleiben, zumal sich die Berufungsführerin nicht zum Vorwurf äusserte und dieser deshalb unbestritten ist und nicht widerlegt wurde.
ff) Überdies hielt sie im Schreiben vom 30. September 2016 an den Berufungsgegner fest, dass dieser trotz Beendigung des Pachtverhältnisses Pachtzinse bezahlt habe (Vi-act. 2/14). Diese Zahlungen mit dem Vermerk Pachtzins akzeptiere sie jedoch nicht resp. verrechne sie als Schadenersatzansprüche. Dies weil kein Pachtvertrag bestehe und auch kein Pachtzins zu bezahlen sei. Wie diese Ausführungen der Berufungsführerin zu werten sind, wäre mittels Auslegung zu eruieren, was jedoch wiederum gegen das Vorliegen eines klaren Falles im Sinne von Art. 257 ZPO spricht.
c) Weil die Berufungsführerin ihre Vorbringen nicht hinreichend, d.h. mit Urkundenbeweis, begründet und die Einwendungen des Berufungsgegners nicht sofort entkräften kann, liegt kein klarer Fall vor. Die Bestreitungen des Berufungsgegners sind substantiiert und schlüssig. Der Sachverhalt ist weder unbestritten noch sofort beweisbar und auch die Rechtslage ist unklar, sodass keine der Voraussetzungen für die Gewährung des Rechtsschutzes in klaren Fällen nach Art. 257 ZPO gegeben ist.
Es ist ferner zu erwähnen, dass im summarischen Verfahren naturgemäss kein zweiter Schriftenwechsel stattfindet, weil breite Schriftlichkeit dem Wesen dieses Verfahrens zuwiderläuft (Botschaft zur ZPO, BBl 2006, S. 7350). Jedoch kam es vorliegend bereits im vorinstanzlichen Verfahren zu einer Replik und Duplik (siehe Vi-act. 9 und 11). Auch im Verfahren vor Kantonsgericht reichten die Parteien nebst Berufung und Berufungsantwort (KG-act. 1 und 7) noch weitere, mehrseitige Eingaben ein (KG-act. 15 und 18). Diese Tatsache ist als weiteres Indiz gegen das Vorliegen eines klaren Falles zu werten. Abschliessend ist die Vorinstanz zu Recht nicht auf das Gesuch um Gewährung von Rechtsschutz in klaren Fällen eingetreten.
10. Zusammenfassend ist die Berufung abzuweisen. Die Gerichtskosten gehen ausgangsgemäss zulasten der Berufungsführerin (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsvertreter des Berufungsgegners verlangte in der Berufungsantwort vom 12. Mai 2017 eine Parteientschädigung von Fr. 2‘000.00 inkl. MWST und Auslagen, bei einem Arbeitsaufwand von sieben Stunden zum Stundenansatz von Fr. 250.00 (KG-act. 7). Dies erscheint angemessen, weshalb die Parteientschädigung auf Fr. 2‘000.00 festzusetzen ist.
Ist streitig, ob die Voraussetzungen für die Anordnung der Räumung der streitbetroffenen Liegenschaft im summarischen Verfahren nach Art. 257 ZPO (sog. "Rechtsschutz in klaren Fällen") gegeben sind, ist als Streitwert der durch die Verzögerung mutmasslich entstehende Schaden zu betrachten, wenn die Voraussetzungen einer Ausweisung im Verfahren nach Art. 257 ZPO verneint werden. Dieser besteht im hypothetisch anfallenden bzw. entgangenen Miet- oder Gebrauchswert für die Zeit, bis voraussichtlich ein Ausweisungsentscheid in einem Prozess im ordentlichen Verfahren ergehen könnte (BGer 4D_79/2015 vom 22. Januar 2016 E. 1). Die Vorinstanz ging von einer normierten Dauer von zwölf Monaten aus (fünf Monate Summarverfahren und sieben Monate vereinfachtes oder ordentliches Verfahren). Vorliegend ist in Anlehnung an die Überlegungen der Vorinstanz und aufgrund des bereits längeren Summarverfahrens eine Dauer von siebzehn Monaten (zehn Monate Summarverfahren [November 2016 bis August 2017] und sieben Monate vereinfachtes oder ordentliches Verfahren [September 2017 bis März 2018]) anzunehmen. Bei einem streitigen Pachtzins von Fr. 1‘100.00 beträgt der Streitwert somit Fr. 18‘700.00;-
beschlossen:
1. Die Berufung wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 2‘500.00 werden der Berufungsführerin auferlegt und von ihrem Kostenvorschuss in Höhe von Fr. 2‘500.00 bezogen.
3. Die Berufungsführerin hat den Berufungsgegner mit Fr. 2‘000.00 (inkl. Auslagen und 8 % MWST) zu entschädigen.
4. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung nach Massgabe von Art. 72 ff. BGG Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden; die Beschwerdeschrift muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen. Der Streitwert der Hauptsache beträgt Fr. 18'700.00.
5. Zufertigung an Rechtsanwalt MLaw B.________ (2/R), an Rechtsanwalt lic. iur. D.________ (2/R), an die Vorinstanz (1/A) sowie nach Eintritt der Rechtskraft an die Vorinstanz (1/R, mit den Akten) und die Kantonsgerichtskasse (1/ü, im Dispositiv).
Namens der 2. Zivilkammer
Der Kantonsgerichtsvizepräsident


Die a.o. Gerichtsschreiberin


Versand
18. August 2017 lul
Quelle: https://www.kgsz.ch
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