ZK1 2023 14 - Erbteilung/Herabsetzung
Kantonsgericht Schwyz
1
Beschluss vom 17. August 2023
ZK1 2023 14
Mitwirkend
KantonsgerichtsPräsident Reto Heizmann,
Kantonsrichter Pius Schuler, Josef Reichlin,
Jeannette Soro und Clara Betschart,
Gerichtsschreiberin Julia L??nd.
In Sachen
A.__,
Kläger und Berufungsführer,
vertreten durch Rechtsanwalt B.__,
gegen
1. C.__,
Beklagte und Berufungsgegnerin,
vertreten durch Rechtsanwältin D.__,
2. E.__,
Beklagter und Berufungsgegner,
vertreten durch Rechtsanwalt F.__,
3. G.__,
Beklagter und Berufungsgegner,
vertreten durch Rechtsanwalt H.__,
betreffend
Erbteilung/Herabsetzung
(Berufung gegen die Verfügung des GerichtsPräsidenten am Bezirksgericht Höfe vom 9. Februar 2023, ZGO 2022 6);-
hat die 1. Zivilkammer,
nachdem sich ergeben und in Erwägung:
1. Der Berufungsführer reichte am 12. Mai 2022 Klage betreffend Erbteilung/Herabsetzung beim Bezirksgericht Höfe ein (Vi-act. A/I). Die Berufungsgegner stellten mit Klageantwort vom 14. September 2022 einen Nichteintretensantrag mit der Begründung, die Klagebewilligung sei dem Berufungsführer am 26. Januar 2022 zugegangen, er habe seine Klage jedoch erst am 12. Mai 2022 eingereicht, was gemäss EuFräb zu spät sei (Vi-act. A/II-IV). Der GerichtsPräsident am Bezirksgericht Höfe trat auf die Klage mit Verfügung vom 9. Februar 2023 nicht ein, auferlegte die Gerichtskosten von Fr. 2000.00 dem Berufungsführer, nahm diese unter Hinweis auf die Nachzahlungspflicht gemäss Art. 123 ZPO infolge Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung auf die Gerichtskasse und verpflichtete den Berufungsführer, den Berufungsgegnern je eine Parteientschädigung von Fr. 2000.00 zzgl. MWST zu bezahlen.
Am 15. März 2023 erhob der Berufungsführer rechtzeitig Berufung beim Kantonsgericht mit dem Antrag, es sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich MWST zulasten der Berufungsgegner (KG-act. 1, S. 2). C.__ (nachfolgend: Berufungsgegnerin 1) und G.__ (nachfolgend: Berufungsgegner 3) teilten mit Eingaben vom 24. bzw. 27. April 2023 mit, sie würden auf eine Berufungsantwort verzichten (KG-act. 8 und 10). E.__ (nachfolgend: Berufungsgegner 2) beantragte mit Berufungsantwort vom 1. Mai 2023, die Berufung sei abzuweisen, soweit auf diese eingetreten werde, und der vorinstanzliche Entscheid sei zu bestätigen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. MWST zulasten des Berufungsfährers (KG-act. 12, S. 2). Mit Eingabe vom 8. Mai 2023 beantragte der Berufungsführer, es sei ihm für die Berufung die unentgeltliche Rechtspflege betreffend die Gerichtskosten zu bewilligen, er sei von der Leistung eines Gerichtskostenvorschusses zu entbinden und es sei die Frist zur Leistung des Vorschusses vorläufig abzunehmen (KG-act. 14). In Erwägung, dass der Berufungsführer in seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege fälschlicherweise von einem Kostenvorschuss von Fr. 25000.00 anstelle des verlangten Vorschusses von Fr. 2000.00 ausgehe und dass unter diesen Umständen aufgrund der in den eingereichten Beilagen deklarierten Einkommens- und Vermögenswerte nicht anzunehmen sei, der Berufungsführer ersuche (weiter) um unentgeltliche Rechtspflege, wurde Letzterem mit verfahrensleitender Verfügung vom 12. Mai 2023 eine letzte Nachfrist zur Leistung des Kostenvorschusses von Fr. 2000.00 angesetzt (KG-act. 15). Der Berufungsführer liess sich nicht mehr vernehmen und bezahlte den Kostenvorschuss von Fr. 2000.00 fristgerecht (vgl. KG-act. 15).
2. a) Der Erstrichter erwog, Art. 142 Abs. 2 ZPO und Art. 4 Abs. 2 EuFräb sähen dieselbe Berechnungsmethode für Monatsfristen vor. Eine nach Monaten bestimmte Frist sei nicht etwa durch AbZählen einzelner Tage zu berechnen, sondern ende am zahlenmässig gleichlautenden Tag des letzten Monats wie ein bestimmter zugrunde liegender Tag. Dies sei unbestritten. Strittig sei, ob es sich beim zugrunde zu legenden Tag um den Ereignistag den Folgetag handle (angefochtene Verfügung, E. 5). Der Berufungsführer habe die Klagebewilligung unbestrittenermassen am 26. Januar 2022 erhalten (Ereignistag). Gemäss Art. 209 Abs. 3 ZPO betrage die Frist zur Einreichung der Klage beim Gericht nach Eröffnung der Klagebewilligung drei Monate. Je nachdem, ob der Berechnung einer Monatsfrist zahlenmässig der Ereignisoder der Folgetag zugrunde zu legen sei, ende die Frist am 26. 27. April 2022 und unter BeRücksichtigung der Gerichtsferien, die gemäss Art. 145 Abs. 1 lit. a ZPO zu einem Fristenstillstand von 15 Tagen führen würden, am 11. 12. Mai 2022. Mit Verweis auf Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 EuFräb und den entsprechenden Erläuterungsbericht kam der Erstrichter zum Schluss, dass der dies a quo gemäss EuFräb dem Ereignistag entspreche. Es sei ausgeschlossen, dass das EuFräb die Definition, wann eine Frist zu laufen beginne, dem nationalen Prozessrecht überlasse. Nach dem EuFräb habe die dreimonatige Frist zur Klageeinreichung folglich am 11. Mai 2022 geendet und die Eingabe des Berufungsfährers vom 12. Mai 2022 sei mithin verspätet erfolgt (angefochtene Verfügung, E. 7). Im Rahmen der systematischen Auslegung von Art. 142 ZPO gebiete es die Normenhierarchie, dass nationales Recht völkerrechtskonform auszulegen sei. Dem könne insofern Rechnung getragen werden, als der ?Tag, an dem die Frist zu laufen begann nach Art. 142 Abs. 2 ZPO entsprechend dem dies a quo gemäss EuFräb, also dem Ereignistag, ausgelegt werde, womit eine Monatsfrist am zahlenmässig gleichen Tag wie der Ereignistag ende (angefochtene Verfügung, E. 8). Vertrete man hingegen die Ansicht, dass eine völkerrechtskonforme Auslegung der ZPO nicht möglich sei, liege eine echte Kollision zwischen der ZPO und dem EuFräb vor. Nach der sog. Schubert-Praxis sehe sich das Bundesgericht ausnahmsweise an ein völkerrechtswidriges Bundesgesetz gebunden, sofern der Gesetzgeber den Widerspruch zum internationalen Recht bewusst gewollt habe. Hierfür Müssten sich die Räte Gründlich mit den Folgen des Normverstosses auseinandergesetzt haben. Aus den Materialien der ZPO ergebe sich indes nicht, dass der Gesetzgeber mit der ZPO in Widerspruch zum EuFräb habe treten wollen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass er sich im Einklang mit dem EuFräb sah und die Absätze 1 und 2 des Art. 142 ZPO getrennt betrachtet habe sich des Widerspruchs einer kombinierten Anwendung der beiden Absätze zum EuFräb nicht bewusst gewesen sei. Somit ginge das EuFräb als völkerrechtliche Verpflichtung der Schweiz im Konfliktfall der ZPO ohnehin vor (angefochtene Verfügung, E. 9). Die Klage des Berufungsfährers vom 12. Mai 2022 sei demnach verspätet erfolgt (angefochtene Verfügung, E. 10).
b) Der Berufungsführer macht dagegen geltend, nach Art. 142 Abs. 1 ZPO beginnen Fristen, die durch Mitteilung ein Ereignis ausgelöst würden, erst am folgenden Tag zu laufen. Eine Monatsfrist ende folglich gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung im letzten Monat an dem Tag, der dieselbe Zahl trage wie der Tag, an dem Frist zu laufen begonnen habe, was dem auf das fristauslösende Ereignis folgenden Tag vorliegend dem auf die Zustellung der Klagebewilligung folgenden Tag entspreche. Dies sähen auch die Mehrheit der Lehre und einige kantonale Gerichte so, während sich das Bundesgericht zu dieser Frage noch nicht explizit geäussert habe (KG-act. 1, N 46). Der Berufungsführer macht weiter geltend, im Prozessrecht Müssten sich die Rechtssuchenden auf den klaren Wortlaut des Gesetzes verlassen können. Art. 142 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO seien würtlich auszulegen. Triftige Gründe für eine Abweichung vom klaren und unmissVerständlichen Wortlaut ergüben sich keine. Auch in weiteren bundesrechtlichen Prozessordnungen (ATSG, StPO) beginnen Monatsfristen an dem auf die Mitteilung bzw. das fristauslösende Ereignis folgenden Tag zu laufen (KG-act. 1, N 7). Die dreimonatige Frist zur Einreichung der Klage habe damit an dem auf die Zustellung vom 26. Januar 2022 folgenden Tag am 27. Januar 2022 zu laufen begonnen und sich aufgrund des Fristenstillstands um 15 Tage verlängert, sodass sie am 12. Mai 2022 geendet habe. Damit sei die Klage rechtzeitig erfolgt (KG-act. 1, N 10).
c) Der Berufungsgegner 2 macht zusammengefasst geltend, es sei der Auffassung der Vorinstanz zu folgen (KG-act. 12, N 5, 9 und 21).
3. Das Europäische übereinkommen über die Berechnung von Fristen vom 16. Mai 1972 (EuFräb; SR 0.221.122.3), das für die Schweiz am 28. April 1983 in Kraft trat, gilt gemäss dessen Art. 1 Abs. 1 lit. a für die Berechnung von durch Gesetz, Gerichtsoder VerwaltungsBehörden festgesetzte Fristen auf dem Gebiet des Zivil-, Handels- und Verwaltungsrechts einschliesslich des diese Gebiete betreffenden Verfahrensrechts. Die Bestimmungen des übereinkommens sind direkt anwendbar (self-executing) und gelten nicht nur im internationalen, sondern auch im innerstaatlichen Verhältnis (Urteil des Bundesgerichts 9C_396/2018 vom 20. Dezember 2018, E. 2.2; Rapport explicative de la Convention europäische sur la computation des dlais, chiffre 13; Benn, in: Späher/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. A. 2017, Art. 142 ZPO N 10; vgl. präambel des EuFräb). Bei der streitgegenständlichen dreimonatigen Frist zur Einreichung der Klage nach Eröffnung der Klagebewilligung im Sinne von Art. 209 Abs. 3 ZPO handelt es sich um eine durch Gesetz festgesetzte Frist auf dem Gebiet des Zivilverfahrensrechts (Art. 1 lit. a ZPO), womit das EuFräb anwendbar ist.
Laut Art. 2 EuFräb bedeutet der Ausdruck dies a quo im Sinne dieses übereinkommens den Tag, an dem die Frist zu laufen beginnt, und der Ausdruck dies ad quem den Tag, an dem die Frist abläuft. Art. 3 Abs. 1 EuFräb sieht vor, dass Fristen, die in Tagen, Wochen, Monaten Jahren ausgedRückt sind, von Mitternacht des dies a quo bis Mitternacht des dies ad quem laufen. Gemäss Art. 4 Abs. 2 EuFräb ist der dies ad quem bei Monatsoder Jahresfristen der Tag des letzten Monats des letzten Jahres, der nach seiner Zahl dem dies a quo entspricht, oder, wenn ein entsprechender Tag fehlt, der letzte Tag des letzten Monats. Der Erstrichter erwog in Bezug auf letztere Bestimmung, eine Monatsfrist ende demnach an demjenigen Tag, der zahlenmässig dem dies a quo entspreche. Beim dies a quo handle es sich gemäss EuFräb um den Ereignistag, was nicht unbestritten sei, sich aber klar aus dem EuFräb und den dazuGehörigen Materialien ergebe (angefochtene Verfügung, E. 7). Der Berufungsführer macht dagegen unter Bezugnahme auf einen Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich geltend, das EuFräb definiere nicht, ob eine Frist am Zustellungstag am Tag danach zu laufen beginne (KG-act. 1, N 8).
a) Ausgangspunkt der Gesetzesauslegung ist der Wortlaut der Bestimmung (grammatikalisches Element; BGE 147 V 342, E. 5.5.4.1; Kramer, Juristische Methodenlehre, 6. A. 2019, S. 67). Ist dieser klar, d.h. eindeutig und unmissVerständlich, darf von ihm nur abgewichen werden, wenn ein triftiger Grund für die Annahme besteht, der Wortlaut ziele am wahren Sinn der Regelung vorbei. Anlass für eine solche Annahme können die Entstehungsgeschichte der Bestimmung (historisches Auslegungselement), ihr Zweck (teleologisches Auslegungselement) der Zusammenhang mit anderen Vorschriften (systematisches Auslegungselement) geben, so namentlich, wenn die grammatikalische Auslegung zu einem Ergebnis führt, das der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann (BGE 147 V 342, E. 5.5.4.1). Ist der Wortlaut einer Bestimmung nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, muss unter BeRücksichtigung aller Auslegungselemente nach deren wahren Tragweite gesucht werden. Abzustellen ist namentlich auf die Entstehungsgeschichte der Norm und ihren Zweck, auf die dem Text zugrunde liegenden Wertungen sowie auf die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt. Die Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen (BGE 145 V 2, E. 4.1; zur Publikation vorgesehenes Urteil des Bundesgerichts 9C_474/2022 vom 5. Juni 2023, E. 3.2).
b) Gemäss dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 2 EuFräb entspricht der dies ad quem, bei dem es sich nach der Legaldefinition in Art. 2 EuFräb um den Tag handelt, an dem die Frist abläuft, bei nach Monaten berechneten Fristen nach seiner Zahl dem dies a quo, also dem Tag, an dem die Frist zu laufen beginnt (Art. 2 EuFr??b), es sei denn, ein entsprechender Tag fehle, dann endet die Frist am letzten Tag des letzten Monats. Ob eine Frist am Ereignisoder Folgetag beginnt, lässt sich dem Wortlaut dieser Bestimmungen nicht entnehmen und es wäre dem Berufungsführer aufgrund einer isolierten Betrachtung des Wortlauts von Art. 2 und Art. 4 Abs. 2 EuFräb somit zuzustimmen, dass das EuFräb nicht regelt, wann (am Tag der Zustellung am Tag danach) eine Monatsfrist zu laufen beginnt (KG-act. 1, N 8; vgl. Beschluss LB140093-O des Obergerichts des Kantons Zürich vom 17. Februar 2015, E. 6e).
Dem steht indes entgegen, dass Art. 3 Abs. 1 EuFr??b für Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresfristen vorsieht, dass diese von Mitternacht des dies a quo bis Mitternacht des dies ad quem laufen. Würtlich heisst dies im Kontext der Legaldefinitionen nach Art. 2 EuFräb, dass Monatsfristen am dies a quo am Tag, an dem die Frist zu laufen beginnt um Mitternacht zu laufen beginnen und am Tag, an dem die Frist abläuft, um Mitternacht enden. Mitternacht bedeutet gemäss dem erläuternden Bericht zum EuFräb §24 heures bzw. §24 hours, also 24 Uhr (Rapport explicative de la Convention europäische sur la computation des dlais, chiffre 21; Explanatory Report to the European Convention on the Calculation of Time-Limit, paragraph 21). Der Zeitpunkt 24:00 Uhr ist aus naturwissenschaftlicher Sicht identisch mit dem Zeitpunkt 00:00 Uhr des Folgetags; dazwischen besteht keine auch keine logische Sekunde (Beschluss VI ZB 74/06 vom 8. Mai 2007 des deutschen Bundesgerichtshofs, N 11 f.). Weil um 24 Uhr also ein neuer Tag beginnt und der dies a quo nach Art. 2 EuFräb der Tag ist, an dem eine Frist zu laufen beginnt, die Frist nach Art. 3 Abs. 1 EuFr??b aber am dies a quo erst um Mitternacht und damit entgegen dessen wörtlichen Definition nach Art. 2 EuFräb erst am Folgetag zu laufen beginnt, ist die Regelung von Art. 3 Abs. 1 EuFr??b i.V.m. Art. 2 EuFräb widersprächlich.
Im übrigen vermag ein Vergleich mit den Fassungen von Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 EuFräb in den offiziellen Vertragssprachen Englisch und Französisch zur Klürung dieser Unklarheit aufgrund ihrer mit der deutschen Fassung inhaltlich deckungsgleichen Texte nichts beizutragen (European Convention on the Calculation of Time-Limits, article 2: öfor the purpose of this Convention the term dies a quo means the day from which the time-limit runs and the term dies ad quem means the day on which the time-limit expires, article 3, paragraph 1: ?Time-limits expressed in days, weeks, months or years shall run from the dies a quo at midnight to the dies ad quem at midnight Convention europäische sur la computation des dlais, article 2: Aux fins de la präsente Convention, les mots dies a quo dsignent le jour partir duquel le dlai commence courir et les mots dies ad quem le jour où le dlai expire, article 3, paragraphe 1: Les dlais exprimés en jours, semaines, mois ou annes, courent partir du dies a quo, minuit, jusqu’au dies ad quem, minuit).
Aufgrund der beschriebenen Unklarheit des Wortlauts der erwähnten Bestimmungen des EuFräb ist mittels der in der vorstehenden E. 3a angefährten Auslegungselemente nach deren wahren Tragweite zu suchen.
c) Aus historischer und teleologischer Warte spricht für den Fristbeginn an dem auf den dies a quo folgenden Tag, dass nach einem auf das römische Recht zurückgehenden Grundprinzip des Fristenrechts die Fristberechnung nach Kalendertagen, also Zeiträumen zwischen Mitternacht und Mitternacht (sogenannte Zivilkomputation), erfolgt, womit einhergeht, dass nur Tage mitgezählt werden, die voll zur Verfügung stehen (BGE 144 III 152, E. 4.4.2). Diesem Prinzip kann nur insofern Rechnung getragen werden, als mit Mitternacht das Tagesende des dies a quo und mithin der Tageswechsel auf den Folgetag gemeint sein muss, weil ansonsten, d.h. bei der Rückwirkenden Betrachtung von Mitternacht als Tagesbeginn, der erste (mitzuZählende) Tag der Frist nicht ganz zur Verfügung Stände.
Weiter lässt sich dem erläuternden Bericht zum EuFräb in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 EuFräb entnehmen, diese Bestimmung stelle eine in den meisten Mitgliedsstaaten anerkannte Regel auf, wonach der Tag, an dem die Frist zu laufen beginne (dies a quo), bei der Berechnung der Frist nicht beRücksichtigt werde, während der Tag, an dem die Frist ablaufe, d.h. der dies ad quem, beRücksichtigt werde (Rapport explicative de la Convention europäische sur la computation des dlais, chiffre 21; BGE 125 V 37, E. 4b; vgl. BBl 1979 II 109, S. 113 f.). Zweck einer solchen Regelung war und ist der Schutz der von einer Frist betroffenen Person davor, dass ihr nicht nur ein Bruchteil des Tags des fristauslösenden Zeitpunkts zur Verfügung steht (vgl. BGE 144 III 152, E. 4.4.2).
In Anbetracht dieser überlegungen spricht sowohl eine historische als auch eine teleologische Auslegung von Art. 3 Abs. 1 EuFräb dafür, dass Monatsfristen am Tag zu laufen beginnen, der auf den dies a quo folgt.
Hauptsächlich aus systematischer Perspektive ergibt sich, dass gemäss Botschaft zum EuFräb die Regelungen von Art. 77 Abs. 1 Ziff. 1 OR von Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 VwVG, die jeweils den Folgetag als Fristbeginn definieren, im Einklang mit diesem übereinkommen ständen. Das Abstellen in Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 VwVG auf die Mitteilung der Frist an die Parteien auf das Ereignis, das die Frist auslöse, stelle keinen Widerspruch zu Art. 3 Abs. 1 EuFräb dar, sondern präzisiere dessen Geltungsbereich (BBl 1979 II 109, S. 114). Insofern führen auch systematische überlegungen zum Schluss, dass Fristen nach Art. 3 Abs. 1 EuFräb an dem auf den dies a quo folgenden Tag zu laufen beginnen.
Weil Monatsfristen am auf den dies a quo folgenden Tag zu laufen beginnen, ist wiederum zu schlussfolgern, dass der dies a quo gemäss EuFräb der vorangehende Tag sein muss, der eine Frist auslöst, also der sog. Ereignistag (so auch: Ernst/Oberholzer/Sunaric, Fristen und Fristberechnung im Zivilprozess (ZPO SchKG BGG), 2. A. 2021, N 262; Hoffmann-Nowotny/Brunner, in: Oberhammer/Domej/Haas [Hrsg.], Kurzkommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. A. 2021, Art. 142 ZPO N 7; Philipp Weber, Monatsfristen nach ZPO: Dürfs es bitzeli meh sii, in: Jusletter vom 19. März 2012, N 13). Für diese Schlussfolgerung spricht zudem ein Vergleich mit den Erwägungen des Bundesgerichts zu Art. 31 StGB, wonach die dreimonatige Strafantragsfrist gemäss dieser Bestimmung mit Kenntnis der Person des täters ausgelöst werde und am darauffolgenden Tag um 00:00 Uhr zu laufen beginne (BGE 144 IV 161, Regeste und E. 2.1 ff. = Pra 108 [2019] Nr. 21). Es müsse zwischen dem Tag, an dem das fristauslösende Ereignis eintrete, und dem Tag, an dem die Frist tatsächlich zu laufen beginne, unterschieden werden (BGE 144 IV 161, E. 2.2.1 = Pra 108 [2019] Nr. 21). Der dies a quo als solcher werde nicht aufgeschoben. Vielmehr betreffe der Aufschub allein den Tag, an dem die Frist zu laufen beginne (BGE 144 IV 161, E. 2.3.2 = Pra 108 [2019] Nr. 21). Zwar wird Art. 31 StGB als strafrechtliche Bestimmung nicht vom Anwendungsbereich des EuFräb erfasst (Art. 1 EuFräb und Rapport explicative de la Convention europäische sur la computation des dlais, chiffre 18); weil das Bundesgericht diesen überlegungen aber die allgemeine wie dargelegt in das EuFräb übernommene Regel zugrunde legt, wonach eine Frist, deren Beginn von einer Mitteilung vom Eintritt eines Ereignisses abhängt, am Tag danach zu laufen beginnt (BGE 144 IV 161, E. 2.2.1 = Pra 108 [2019] Nr. 21), können diese überlegungen analog bzw. in systematischer Auslegung für das EuFräb herangezogen werden. Diese Rechtsprechung des Bundesgerichts legt somit ebenfalls nahe, dass Monatsfristen im Anwendungsbereich des EuFräb an dem auf den fristauslösenden Ereignistag (= dies a quo) folgenden Tag zu laufen beginnen.
Aus diesen Gründen ist die im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 EuFräb widersprächliche (wörtliche) Definition des dies a quo gemäss Art. 2 EuFräb, wonach mit diesem Ausdruck der Tag gemeint ist, an dem die Frist zu laufen beginnt, so auszulegen, dass der dies a quo als der (Ereignis-)Tag, an dem die Frist ausgelöst wird, zu verstehen ist und mithin entgegen dem Wortlaut von Art. 2 EuFräb nicht als der Tag, an dem die Frist tatsächlich zu laufen beginnt.
d) Weiter stellt sich die Frage, ob die Definition des dies a quo als (Ereignis-)Tag, an dem die Frist ausgelöst wird, auch für Art. 4 Abs. 2 EuFräb gilt, wonach Monatsfristen an demjenigen Tag, der nach seiner Zahl dem dies a quo entspricht, wenn dieser Tag fehlt, am letzten Tag des letzten Monats der Frist enden. Eine wörtliche Auslegung von Art. 2 EuFräb ergibt, dass die in dieser Bestimmung enthaltene Legaldefinition im Sinn dieses übereinkommens gilt. Weil Legaldefinitionen die Funktion haben, Begriffe so zu definieren, dass sie im ganzen Erlass einheitlich in einem bestimmten Sinne verwendet werden können und sie somit einen Sprachgebrauch für den ganzen Erlass regeln (BGE 143 II 297, E. 5.4.2), muss auch die Definition des dies a quo als (Ereignis-)Tag, an dem die Frist ausgelöst wird, für das gesamte EuFr??b und insofern auch für Art. 4 Abs. 2 EuFräb Geltung haben. Dafür spricht in systematischer Hinsicht ferner die einleitende Stellung der Legaldefinition des dies a quo in Art. 2 EuFräb, woraus abzuleiten ist, dass der dies a quo in den folgenden Artikeln einheitlich in diesem Sinn zu interpretieren ist. Gemäss der Botschaft zum EuFräb hat dieses übereinkommen die Vereinheitlichung der Regeln über die Art und Weise der Berechnung von Fristen im innerstaatlichen sowie internationalen Bereich zum Zweck (BBl 1979 II 109, S. 110). Insofern ist auch vor einem historischen sowie teleologischen Hintergrund anzunehmen, dass innerhalb des EuFräb eine einheitliche Definition des dies a quo angestrebt war. Die vorstehend dargelegte Auslegung des dies a quo als fristauslösender Ereignistag ist somit auch im Hinblick auf Art. 4 Abs. 2 EuFr??b massgeblich.
e) Der Berufungsführer stellt sich auf den Standpunkt, der Beginn des Fristenlaufs am Folgetag müsse zum Ablauf der Frist an dem dem Folgetag zahlenmässig entsprechenden Monatstag im letzten Monat führen (vgl. KG-act. 1, N 6 ff.). Ist der dies a quo im Rahmen des EuFräb jedoch wie vorstehend dargelegt als Ereignistag zu verstehen, so ergibt sich aus einer wörtlichen und systematischen Auslegung von Art. 4 Abs. 2 EuFräb, dass der letzte Tag einer nach Monaten ausgedRückten Frist nach seiner Zahl dem fristauslösenden Ereignistag entspricht. Das verfolgte Ziel einer solchen Regelung besteht zum einen darin, dem von einer Frist Betroffenen die ganze Dauer der Monatsfrist zu garantieren, und zum anderen in der BeRücksichtigung der unterschiedlichen Anzahl Tage pro Monat (vgl. BGE 144 IV 161, E. 2.3.2 = Pra 108 [2019] Nr. 21). Im Unterschied zu einer Frist nach Tagen steht eine Frist von einem Monat vollständig zur Verfügung, wenn der Tag des Fristablaufs zahlenmässig dem Tag der Frist-Eröffnung entspricht: Erhält bspw. eine Partei durch Entgegennahme einer entsprechenden Verfügung am 1. März um 10:37 Uhr Kenntnis von einer einmonatigen Frist, so steht dieser Partei mit Fristablauf am 1. April um 24:00 Uhr ein ganzer Monat zur Verfügung, Nämlich vom 2. März, 00:00 Uhr, bis und mit 1. April, 24:00 Uhr (zuzüglich der etwas mehr als 13 Stunden am 1. März ab 10:37 Uhr bis Mitternacht). Der Fristablauf erst am folgenden Tag hätte daher eine Verlängerung der Monatsfrist um weitere 24 Stunden, d.h. um einen weiteren Tag, zur Folge, was mit dem Zweck der Gewährleistung einer effektiven Monatsfrist nicht vereinbar ist (Philipp Weber, a.a.O., N 5 und N 13; vgl. Hoffmann-Nowotny/Brunner, a.a.O., Art. 142 ZPO N 6). Somit führt eine teleologische Auslegung zu einem Frist-Ablauf an demjenigen Tag im letzten Monat, der dem fristauslösenden Ereignistag entspricht, weil grundsätzlich nur so die Gewährleistung einer effektiven Monatsfrist sichergestellt ist.
Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch, dass das Bundesgericht in BGE 125 V 37 erwog, nach einer allgemeinen Verfahrensüregel beginnen Fristen, deren Beginn von einer Mitteilung abhänge, am Tag nach der Mitteilung zu laufen. Werde die Frist in Monaten ausgedRückt, so ende sie am Tag, der in seiner Zahl dem Tag der Zustellung des Entscheids entspreche, oder, wenn kein entsprechender Tag vorhanden sei, am letzten Tag des Monats. Würde die Frist Nämlich an dem Tag ablaufen, der zahlenmässig dem Tag nach der Zustellung entspreche, würde sie ohne Grund um einen Tag verlängert. Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen kam das Bundesgericht zum Schluss, die zu beurteilende dreimonatige Frist habe an dem auf die Zustellung vom 9. Juli folgenden Tag, am 10. Juli, zu laufen begonnen und am 9. Oktober geendet (BGE 125 V 37, E. 4a; vgl. auch BGE 119 119 V 89, E. 4a). Die Anwendung des EuFräb führe zu keinem anderen Ergebnis: In Anwendung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 EuFräb habe die Frist ebenfalls am Tag der Zustellung, am 9. Juli (dies a quo), zu laufen begonnen und am 9. Oktober (dem Tag, der dem dies a quo entspreche) geendet (BGE 125 V 37, E. 4b; vgl. auch BGE 144 IV 161, E. 2.2.1 f. = Pra 108 [2019] Nr. 21 und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-4977/2014 vom 11. Februar 2015, E. 4.2.4). Der Lehrmeinung, wonach diese Praxis gestützt auf den klaren Wortlaut von Art. 142 ZPO zwischenzeitlich überholt sei (Benn, a.a.O., Art. 142 ZPO N 10; Staehelin, in: Sutter-Somm/Hasen?b?hler/Leuenüberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. A. 2016, Art. 142 ZPO N 11), steht entgegen, dass das Inkrafttreten der ZPO nichts an der Gültigkeit des EuFräb, auf welches übereinkommen sich das Bundesgericht wie erwähnt bezieht, änderte und diese bundesgerichtlichen Erwägungen somit für die Frage der Auslegung der Bestimmungen des EuFräb nach wie vor zutreffend und zu berücksichtigen sind (betreffend den grundsätzlichen Vorrang völkerrechtlicher Normen vor widersprechendem Landesrecht vgl. nachstehend E. 4). Demzufolge beginnt eine in Monaten ausgedRückte Frist im Anwendungsbereich des EuFräb an dem auf den Ereignistag folgenden Tag zu laufen und endet im letzten Monat an demjenigen Tag, der in seiner Zahl dem fristauslösenden Ereignistag entspricht, bei dessen Fehlen am letzten Tag des Monats.
In systematischer Sicht kommt hinzu, dass diese Berechnungsart von Fristen auch für Monatsfristen im Anwendungsbereich des BGG und von Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR mutatis mutandis gilt (BGE 144 IV 161, E. 2.3.2 = Pra 108 [2019] Nr. 21). Laut Botschaft zum EuFräb ist die Art der Fristüberechnung in Art. 4 Abs. 2 EuFräb derjenigen im Obligationenrecht gleich (BBl 1979 II 109, S. 114, m.H.a. Art. 76 und Art. 77 Abs. 1 Ziff. 2 und Ziff. 3 OR). Für Monatsfristen sieht Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR vor, dass der Zeitpunkt des Fristablaufs auf denjenigen Tag des letzten Monats fällt, der durch seine Zahl dem Tag des Vertragsabschlusses entspricht, und, wenn dieser Tag in dem letzten Monat fehlt, auf den letzten Tag dieses Monats. Demgemäss ist bei der Berechnung ganzmonatiger Fristen der gleiche Monatstag unter Hinzuzahlung der zu berechnenden Monate beizubehalten, sodass eine Monatsfrist z.B. vom 5. Juni bis zum 5. Juli läuft, was faktisch dazu führt, dass der erste Tag nicht mitgezählt wird (Rolf H. Weber, in: Hausheer [Hrsg.], Berner Kommentar, Schweizerisches Zivilgesetzbuch, Das Obligationenrecht, Die Erfüllung der Obligation, Art. 6896 OR, 2005, Art. 77 OR N 25; vgl. Gross, in: Honsell [Hrsg.], Kurzkommentar, Obligationenrecht, 2014, Art. 77 OR N 4). Ebensolches ergibt sich aus BGE 144 III 152, in welchem Entscheid das Bundesgericht erwog, Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR stelle sicher, dass dem Leistenden ein voller Monat ein voller mehrere Monate umfassender Zeitraum zur Verfügung stehe. Damit der leistenden Person nicht nur ein Bruchteil des Tags des fristauslösenden Zeitpunkts verbleibe, werde dieser Tag zu ihrem Schutz nicht mitgezählt (BGE 144 III 152, E. 4.4.2). Die zu beurteilende einmonatige Frist ende in Anwendung von Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR in Folge des Abschlusses des Arbeitsvertrags am 15. Juli grundsätzlich am 15. August (BGE 144 III 152, E. 4.3 und E. 4.4.3). Dies stimmt mit der dargelegten Auslegung von Art. 4 Abs. 2 EuFräb überein, wonach der letzte Tag der Frist zahlenmässig grundsätzlich dem Ereignistag entspricht (vgl. Merz, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. A. 2016, Art. 142 ZPO Fn. 37). Weil das EuFräb nach dessen Art. 1 Abs. 1 auch auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts gilt, spricht für dieses Auslegungsergebnis ausserdem, dass das Bundesgericht bezüglich des ATSG erklärte, bei Monatsfristen sei das fristauslösende Ereignis die Zustellung des Entscheids für die Bestimmung des Fristablaufs massgebend (BGE 131 V 314, E. 4.6; Urteil des Bundesgerichts U 228/04 vom 7. November 2006, E. 3.23.4). Die Schlussfolgerung, dass Monatsfristen nach Art. 4 Abs. 2 EuFräb grundsätzlich im letzten Monat der Frist an demjenigen Monatstag enden, der zahlenmässig dem fristauslösenden Ereignistag entspricht, stätzt sich somit auch auf historische und systematische überlegungen.
f) Zusammengefasst ergibt sich im Sinne der vorstehenden Erwägungen, dass der letzte Tag einer Monatsfrist gemäss Art. 4 Abs. 2 EuFräb nach seiner Zahl dem fristauslösenden Ereignistag entspricht. Weil sich das Kantonsgericht im Beschluss ZK2 2014 13 vom 12. August 2014 (= EGV-SZ 2014, A 3.4) nicht zu den Bestimmungen des EuFräb äusserte, erübrigen sich weitere Ausführungen zu diesem Entscheid.
Im Folgenden ist auf das Verhältnis der genannten Regelungen des EuFräb zu den Bestimmungen der Schweizerischen Zivilprozessordung (ZPO) betreffend Monatsfristen einzugehen.
4. Gemäss Art. 27 des Wiener übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der VertRüge (VRK; SR 0.111) gehen völkerrechtliche Normen nach der Praxis des Bundesgerichts in der Rechtsanwendung widersprechendem Landesrecht vor (BGE 148 II 169, E. 5.2, m.w.H.). Ebenso enthält Art. 2 ZPO einen Vorbehalt für die Bestimmungen des Staatsvertragsrechts. Eine Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs völkerrechtlicher Normen ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts lediglich allenfalls dann anzunehmen, wenn der Gesetzgeber bewusst die völkerrechtliche Verpflichtung missachten und insofern die politische Verantwortung hierfür übernehmen will und wenn keine menschenoder freizügigkeitsrechtliche Verpflichtungen der Schweiz infrage stehen (sog. Schubert-Praxis; BGE 148 II 169, E. 5.2, m.w.H.). Der Vorrang des Völkerrechts gilt auch in Bezug auf Abkommen, die nicht Menschenrechte zum Gegenstand haben, und besteht ebenso gegenüber späteren, d.h. nach der völkerrechtlichen Norm in Kraft getretenen, Bundesgesetzen. Eine später erlassene Norm des Bundesrechts ist daher vorbehältlich der Schubert-Praxis in größtmöglicher übereinstimmung mit den Grundsätzen und Zielen des einschlägigen Abkommens auszulegen (BGE 141 II 436, E. 4.1).
a) Laut Art. 142 der Schweizerischen Zivilprozessordung vom 19. Dezember 2008 (ZPO), die am 1. Januar 2011 in Kraft trat, beginnen Fristen, die durch eine Mitteilung den Eintritt eines Ereignisses ausgelöst werden, am folgenden Tag zu laufen (Abs. 1). Berechnet sich eine Frist nach Monaten, so endet sie im letzten Monat an dem Tag, der dieselbe Zahl trägt wie der Tag, an dem die Frist zu laufen begann. Fehlt der entsprechende Tag, so endet die Frist am letzten Tag des Monats (Abs. 2). Eine Mehrheit der Lehre spricht sich für eine kombinierte Betrachtungsweise dieser beiden Absätze von Art. 142 ZPO aus und nimmt folglich in übereinstimmung mit deren Wortlaut an, dass Monatsfristen an dem auf die Zustellung folgenden Tag zu laufen beginnen und im letzten Monat der Frist an dem (dem Folgetag) entsprechenden Monatstag enden (Benn, a.a.O., Art. 142 ZPO N 17; Frei, in: Hausheer/Walter [Hrsg.], Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Band I, 2012, Art. 142 ZPO N 12; Gloor/Umbricht Lukas, in: Oberhammer/Domej/Haas [Hrsg.], Kurzkommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. A. 2021, Art. 209 ZPO N 8; Infanger, in: Späher/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. A. 2017, Art. 209 ZPO N 22; Jenny/Jenny, in: Gehri/Jent-Sürensen/Sarbach [Hrsg.], ZPO-Kommentar, 2. A. 2015, Art. 142 ZPO N 5; Merz, a.a.O., Art. 142 ZPO N 22; Staehelin, a.a.O., Art. 142 ZPO N 11; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2021, Art. 209 ZPO N 3). Diese Auslegung steht im Widerspruch zur vorstehend dargelegten völkerrechtlichen Regelung des Beginns und Endes von Monatsfristen gemäss EuFräb, zu dessen Bestimmungen sich zahlreiche die Mehrheitsmeinung vertretende Autoren nicht explizit äussern. Es bleibt somit zu prüfen, ob der Gesetzgeber betreffend Art. 142 Abs. 2 ZPO bewusst das zuvor (am 28. April 1983) in Kraft getretene EuFräb missachtete.
b) Im Vorentwurf der Expertenkommission zur ZPO vom Juni 2003 war in Art. 134 Abs. 2 vorgesehen, dass Monatsfristen im letzten Monat an demjenigen Tag enden, der dieselbe Zahl trägt wie der Tag, an dem sie mitgeteilt wurden. Diese Berechnungsregel entsprach gemäss dem Bericht zum Vorentwurf geläufigen Vorbildern (Bericht zum Vorentwurf der Expertenkommission zur ZPO, S. 71) und wäre im Einklang mit dem EuFräb gestanden. Das Wort mitgeteilt bzw. Mitteilung nach Art. 134 Abs. 1 des Vorentwurfs zur ZPO wurde in den Vernehmlassungen als zu ungenau kritisiert (so etwa die Kantone Genf, Jura und Luzern die Organisation AVGE in der Zusammenstellung der Vernehmlassungen zum Vorentwurf zur ZPO, S. 378 f.; Ernst/Oberholzer/Sunaric, a.a.O., N 262 und Fn. 357). Im übrigen beinhalten die Materialien keine weiteren Informationen zu den BewegGründen, weshalb der Wortlaut dieser Bestimmung geändert wurde (vgl. auch Philipp Weber, a.a.O., N 12). Laut dem nun geltenden Art. 142 Abs. 2 ZPO enden Monatsfristen wie erwähnt im letzten Monat (der Frist) an demjenigen Tag, der dieselbe Zahl trägt wie der Tag, an dem sie zu laufen begannen. In der Botschaft zur ZPO heisst es wiederum, dass gängig Prozessrecht übernommen sowie dass die Regelung über den Beginn und die Berechnung einer Frist auf die Bundesrechtspflege abgestimmt werde (BBl 2006 7221, S. 7308, m.H.a. Art. 44 und Art. 45 BGG). Weder aus dem Verweis auf Art. 44 und Art. 45 BGG, welche Bestimmungen keine explizite Regelung zum Ende von Monatsfristen enthalten (Amstutz/Arnold, in: Niggli/Uebersax/Wiprächti?ger/Kneubühler [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. A. 2018, Art. 45 BGG N 4), noch der übrigen Botschaft lässt sich ein Hinweis darauf entnehmen, dass sich der Gesetzgeber in Art. 142 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO bewusst über das EuFräb hätte hinwegsetzen wollen (vgl. BBl 2006 7221, S. 7308 f.). Auch in den Vernehmlassungen finden sich keine derartigen Voten (Zusammenstellung der Vernehmlassungen zum Vorentwurf zur ZPO, S. 378 f.). In Anbetracht dessen sah sich der Gesetzgeber wohl im Einklang mit dem EuFräb (Ernst/Oberholzer/Sunaric, a.a.O., N 262), zumal er sowohl in Bezug auf den Vorentwurf als auch betreffend die abweichende spätere Monatsfristenregelung in der ZPO davon ausging, gängige Regeln zu übernehmen (Philipp Weber, a.a.O., N 11 f.). Dementsprechend ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber in Art. 142 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO bewusst die völkerrechtliche Regelung der in Monaten ausgedRückten Fristen gemäss Art. 4 Abs. 2 EuFräb missachtete. Eine Ausnahme im Sinn der Schubert-Praxis vom Grundsatz des Vorrangs völkerrechtlicher Normen vor widersprechendem Landesrecht ist somit nicht gegeben und es ist Art. 4 Abs. 2 EuFräb anzuwenden, wonach der letzte Tag einer Monatsfrist wie dargelegt zahlenmässig dem fristauslösenden Ereignistag entspricht. In übereinstimmung mit dieser Regelung der Monatsfristen im EuFräb sind denn auch Art. 142 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO entgegen ihrem Wortlaut und ihrer Systematik so auszulegen, dass die beiden Absätze unabhängig voneinander, also isoliert, zu betrachten sind und Monatsfristen nach Art. 142 Abs. 2 ZPO folglich im letzten Monat an demjenigen Tag enden, der dieselbe Zahl trägt wie der Tag, an dem die Frist ausgelöst wurde, wenn der entsprechende Tag fehlt, am letzten Tag des Monats (Philipp Weber, a.a.O., N 16; Ernst/Oberholzer/Sunaric, a.a.O., N 262 und Hoffmann-Nowotny/Brunner, a.a.O., Art. 142 ZPO N 6).
c) Den Akten lässt sich in übereinstimmung mit den Parteivorbringen und der angefochtenen Verfügung entnehmen, dass der Berufungsführer die Klagebewilligung am 26. Januar 2022 zugestellt erhielt (Vi-act. A/I, Ziff. I.3; Vi-act. KB 3 f.; angefochtene Verfügung, E. 6). Gemäss Art. 209 Abs. 3 ZPO berechtigt die Klagebewilligung nach deren Eröffnung, d.h. u.a. nach deren Zustellung (Art. 239 Abs. 1 lit. b ZPO; vgl. auch Beschluss LA210039-O des Obergerichts des Kantons Zürich vom 18. Januar 2022, E. IV.1.3 f.), während dreier Monate zur Einreichung der Klage beim Gericht (vgl. BGE 140 III 227, E. 3.1 = Pra 104 [2015] Nr. 35). Der Tag der Zustellung der schriftlichen Klage?bewilligung, der 26. Januar 2022, gilt somit als fristauslösender Ereignistag im Sinne der vorstehenden Erwägungen, sodass die dreimonatige Klagefrist grundsätzlich am zahlenmässig entsprechenden Tag im letzten Monat der Frist, d.h. am 26. April 2022, endet. während der Gerichtsferien steht die Frist zur Klageeinreichung nach Art. 145 ZPO still (BGE 138 III 615, Regeste und E. 2.4 = Pra 102 [2013] Nr. 36), d.h. vorliegend vom siebten Tag vor dem 17. April 2022 (Ostersonntag) bis und mit dem siebten Tag danach (Art. 145 Abs. 1 lit. a ZPO; vgl. BGE 139 V 490, Regeste und E. 2.2). Der Stillstand dauert also insgesamt 15 Tage (Hoffmann-Nowotny/Brunner, a.a.O., Art. 145 ZPO N 3; Sutter-Somm/Seiler, Handkommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2021, Art. 145 ZPO N 4, m.w.H.). Die grundsätzlich am 26. April 2022 nach den Gerichtsferien endende dreimonatige Klagefrist verlängert sich folglich um diese Stillstandsperiode von 15 Tagen (EGV-SZ 2014, A 3.4, E. 2b, m.w.H.; Hoffmann-Nowotny/Brunner, a.a.O., Art. 145 ZPO N 5 f.; Merz, a.a.O., Art. 145 ZPO N 13), womit sie am 11. Mai 2022 definitiv endete. Der Erstrichter kam insofern zu Recht zum Schluss, die vom Berufungsführer am 12. Mai 2022 erhobene Klage sei zu spät erfolgt (angefochtene Verfügung, E. 10). Somit ist das erstrichterliche Nichteintreten auf die Klage des Berufungsfährers nicht zu beanstanden und die Berufung dementsprechend abzuweisen.
5. a) Ausgangsgemäss sind die Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von Fr. 2000.00 dem unterliegenden Berufungsführer aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
b) Mangels Antrags und Aufwands haben die Berufungsgegnerin 1 und der Berufungsgegner 3, die beide auf eine Berufungsantwort verzichteten (KG-act. 8 und 10), keinen Anspruch auf eine Entschädigung. Demgegenüber hat der Berufungsführer den Berufungsgegner 2 für dessen Berufungsantwort vom 1. Mai 2023 (KG-act. 12) gestützt auf Art. 106 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 95 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 lit. b ZPO zu entschädigen. Die Entschädigung spricht das Gericht gemäss Art. 105 Abs. 2 ZPO nach den Tarifen zu (Art. 96 ZPO). Im Berufungsverfahren beträgt das Honorar 20 bis 60 % der in 8 und 9 GebTRA festgesetzten Ansätze, wobei der noch vor der Berufungsinstanz infrage kommende Streitwert massgebend ist ( 11 GebTRA). Der (gebühren)Streitwert wird gemäss Art. 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. 3 GebTRA durch das Rechtsbegehren bestimmt, weshalb im Rechtsmittelverfahren auf die BerufungsAnträge abzustellen ist (vgl. Frey, Grundsätze der Streitwertbestimmung, Diss. 2017, N 206). Lautet das Rechtsbegehren nicht auf eine bestimmte Geldsumme, so setzt das Gericht gemäss Art. 91 Abs. 2 ZPO den Streitwert fest, sofern sich die Parteien darüber nicht einigen ihre Angaben offensichtlich unrichtig sind. Die klagende Partei muss den Streitwert in der Klage angeben (Art. 221 Abs. 1 lit. c ZPO) und die beklagte Partei hat den angegebenen Streitwert substanziiert zu bestreiten. äussert sie sich nicht dazu begnügt sie sich mit einer pauschalen Bestreitung, gilt der von der klagenden Partei angegebene Streitwert als anerkannt und es liegt eine stillschweigende Einigung der Parteien auf diesen Wert vor (Urteil des Bundesgerichts 4A_83/2016 vom 22. September 2016, E. 4.4). Kann das Gericht nicht auf die Angaben der Parteien abstellen, muss es den Streitwert autoritativ festsetzen, d.h. auf der Grundlage objektiver Kriterien ermessensweise Schätzen (K?lz, in: Oberhammer/Domej/Haas [Hrsg.], Kurzkommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. A. 2021, Art. 91 ZPO N 9).
Weil sich weder die Parteien noch der Erstrichter zur Höhe des Streitwerts äussern, ist dieser autoritativ festzusetzen. Ist in einem Erbteilungsprozess der Anteil eines am Gesamtnachlass Berechtigten streitig, so stellt lediglich dessen im Streit stehendes Betreffnis den Streitwert dar (BGE 127 III 396, E. 1b.cc; Urteil des Bundesgerichts 5A_803/2015 vom 14. Januar 2016, E. 3.2). Demnach entspricht der Streitwert dem vom Berufungsführer geltend gemachten Pflichtteil von Fr. 685258.90 (Vi-act. A/I, N 14). Folglich bewegt sich der Tarifrahmen für diesen Berufungsprozess zwischen Fr. 1100.00 (20 % von Fr. 5500.00) bis Fr. 23760.00 (60 % von Fr. 39600.00). Innerhalb dieses Tarifürahmens bestimmt sich die Höhe des Honorars nach der Wichtigkeit der Streitsache, ihrer Schwierigkeit, dem Umfang und der Art der Arbeitsleistung sowie dem notwendigen Zeitaufwand ( 2 GebTRA). Wird die Vergütung pauschal zugesprochen, gilt die Mehrwertsteuer als in diesem Betrag enthalten ( 2 Abs. 2 GebTRA). Der Berufungsgegner 2 reichte keine spezifizierte Kostennote ins Recht, weshalb die Vergütung nach pflichtgemüssem Ermessen festzusetzen ist ( 6 Abs. 1 GebTRA). Weil sich im Berufungsverfahren gegen den erstrichterlichen Nichteintretensentscheid einzig prozessrechtliche Fragen stellten, die Schwierigkeit der Streitsache aufgrund der nätigen Normen-/Gesetzesauslegung aber dennoch als überdurchschnittlich zu bewerten ist, ist die Entschädigung für die knapp 9-seitige Berufungsantwort (KG-act. 12) ermessensweise auf pauschal Fr. 1200.00 festzusetzen (inkl. Auslagen und MWST);-
beschlossen:
Die Berufung wird abgewiesen und die Verfügung des GerichtsPräsidenten am Bezirksgericht Höfe vom 9. Februar 2023 bestätigt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 2000.00 werden dem Berufungsführer auferlegt und vom geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe bezogen.
Der Berufungsführer hat den Berufungsgegner 2 für das Berufungsverfahren mit pauschal Fr. 1200.00 (inkl. Auslagen und MWST) zu entschädigen.
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung nach Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden; die Beschwerdeschrift muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen. Der Streitwert beträgt Fr. 685258.90.
Zufertigung an Rechtsanwalt B.__ (2/R), Rechtsanwältin D.__ (2/R), Rechtsanwalt F.__ (2/R), Rechtsanwalt H.__ (2/R), die Vorinstanz (1/A) sowie nach definitiver Erledigung an die Vorinstanz (1/R, mit den Akten) und an die Kantonsgerichtskasse (1/, im Dispositiv).
Namens der 1. Zivilkammer
Der KantonsgerichtsPräsident Die Gerichtsschreiberin
Versand
17. August 2023 kau