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Urteil Kantonsgericht (SZ)

Zusammenfassung des Urteils BEK 2023 102: Kantonsgericht

In dem vorliegenden Fall ging es um eine Beschwerde gegen die Überwachungsverfügung eines Einzelrichters am Zwangsmassnahmengericht, die vom Kantonsgericht abgewiesen wurde. Der Beschuldigte hatte beantragt, die Verfügung der Staatsanwaltschaft aufzuheben und die Überwachungsmassnahme rückgängig zu machen. Es wurde festgestellt, dass die Genehmigung der Zufallsfunde aus der Überwachung rechtmässig war. Der Beschuldigte wurde beschuldigt, am bandenmässigen Betäubungsmittelhandel beteiligt zu sein. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und die Gerichtskosten in Höhe von CHF 1'500 wurden dem Beschuldigten auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts BEK 2023 102

Kanton:SZ
Fallnummer:BEK 2023 102
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:-
Kantonsgericht Entscheid BEK 2023 102 vom 09.10.2023 (SZ)
Datum:09.10.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Überwachung
Schlagwörter : Beschuldigte; Zufallsf; Beschuldigten; Staat; Überwachung; Staatsanwaltschaft; Genehmigung; Kantonsgericht; Zwangsmass­nahmengericht; Zufallsfunde; Einzelrichter; KG-act; Genehmigungsentscheid; Anordnung; Tatverdacht; Recht; Zufallsfundes; Kantonsgerichts; Verdacht; Telefon; Abteilung; Verfügung; Einzelrichters; Drogenhanf; Verteidiger; Aussagen; Zeitpunkt; Jean-Richard-dit-Bressel
Rechtsnorm:Art. 19 BetmG;Art. 278 StPO ;Art. 279 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 428 StPO ;
Referenz BGE:140 IV 40;
Kommentar:

Entscheid des Kantongerichts BEK 2023 102

BEK 2023 102 - überwachung
Kantonsgericht Schwyz
1





Beschluss vom 9. Oktober 2023
BEK 2023 102


Mitwirkend
KantonsgerichtsPräsident Reto Heizmann,
Kantonsrichterinnen Clara Betschart und Ilaria Beringer,
Gerichtsschreiber Mathis B?sch.



In Sachen
A.__,
Beschuldigter und Beschwerdeführer,
erbeten verteidigt durch Rechtsanwalt B.__,

gegen

Staatsanwaltschaft, 1. Abteilung, SSB, Einsiedlerstrasse 55, 8836 Bennau,
StrafverfolgungsBehörde und Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Staatsanwältin C.__,




betreffend
überwachung
(Beschwerde gegen die Verfügung des Einzelrichters am Zwangsmaßnahmengericht vom 22. März 2023, ZME 2023 37);-



hat die Beschwerdekammer,

nachdem sich ergeben und in Erwägung:
1. Der Einzelrichter am Zwangsmaßnahmengericht genehmigte am 22. März 2023 die Verwendung der Zufallsfunde gegen den Beschuldigten aus der genehmigten Einzelüberwachung des Anschlusses +41 xx von D.__, den die Staatsanwaltschaft des bandenmässigen Betäubungsmittelhandels mit synthetischen Drogenhanf dringend verdächtigt. Die Staatsanwaltschaft teilte diese Genehmigung dem Beschuldigten am 13. Juli 2023 mit. Der Verteidiger des Beschuldigten erhob rechtzeitig Beschwerde ans Kantonsgericht mit den Begehren (sic):
1. Es ist die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 13. Juli 2023 aufzuheben.
2. Es hat das Kantonsgericht auf seinen Genehmigungsentscheid vom 22. März 2023 zurückzukommen bzw. festzustellen, dass die Voraussetzungen von Art. 269 Abs. 1 lit. a StPO (dringender Tatverdacht) und lit. b StPO (schweres Drogendelikt) nicht gegeben sind.
3. Es ist das Einvernahmeprotokoll vom 14. April 2023 in seinen wesentlichen Teilen hinsichtlich den beanstandeten Telefonverkehr und die dazu vom Beschwerdeführer gemachten Aussagen aus dem Recht zu weisen bzw. aus der derzeitigen Strafakte hinsichtlich den Beschwerdeführer zu entfernen.
4. Unter a/o Kostenfolgen zu Lasten Staat.

Der Einzelrichter am Zwangsmaßnahmengericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, sei doch einerseits die Anordnung einer neuen überwachung bei personellen Zufallsfunden nach Art. 278 Abs. 2 StPO nicht erforderlich und andererseits sei ohne erschöpfende Beweisabw?gungen bei der Prüfung des Tatverdachts auf die Beweislage zum Zeitpunkt des Genehmigungsentscheids abzustellen (KG-act. 4). Auch die Staatsanwaltschaft verlangt eine Abweisung der Beschwerde mit dem Hinweis, dem Beschuldigten werde nicht die gefährdung vieler Menschen, sondern die gewerbs- und bandenmässige Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (synthetischer Drogenhanf) vorgeworfen (KG-act. 8). Der Beschuldigte liess sich dazu am 16. August 2023 kurz vernehmen. Er hält an seinen Rechtsbegehren auf Aufhebung der gegen ihn verfügten Telefonabhürung und Entfernung der entsprechenden Akten aus seinem Strafverfahrensdossier fest (KG-act. 10).
2. Personen, deren Postoder Fernmeldeverkehr überwacht wurde welche die überwachte Postadresse den überwachten Fernmeldedienst mitbenutzten, können innert der Beschwerdefrist nach Erhalt der Mitteilung Beschwerde nach den Artikel 393397 StPO führen (Art. 279 Abs. 3 StPO). Der Beschuldigte ist beschwerdelegitimiert, wird er doch aufgrund eines aus der überwachung stammenden Zufallsfundes strafrechtlich verfolgt (vgl. Jositsch/Schmid, PK, 4. A. 2023, Art. 279 StPO N 13; Weiteres s. unten E. 3). Die Beschwerdeinstanz beurteilt die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der überwachungsmass?nahme gestützt auf die Sachlage im Zeitpunkt der Anordnung (Jean-Richard-dit-Bressel, BSK, 3. A. 2023, Art. 279 StPO N 13). Beschwerdeobjekt ist vorliegend entgegen dem zweiten Beschwerdeantrag nicht ein Entscheid des Kantonsgerichts, sondern der Genehmigungsentscheid des Einzelrichters am Zwangsmaßnahmengericht vom 22. März 2023.
3. Erkenntnisse über Straftaten einer Person, die in der Anordnung keiner strafbaren Handlung beschuldigt wird, können verwendet werden, wenn die Voraussetzungen für eine überwachung dieser Person erfüllt sind (Art. 278 Abs. 2 StPO). Die Staatsanwaltschaft ordnet unverzüglich die überwachung an und leitet das Genehmigungsverfahren ein (ebd. Abs. 3). Aufzeichnungen, die nicht als Zufallsfunde verwendet werden dürfen, sind von den Verfahrensakten gesondert aufzubewahren und nach Abschluss des Verfahrens zu vernichten (ebd. Abs. 4). Es soll aber auch möglich sein, einen Zufallsfund gegen eine Drittperson zu verwenden, ohne diese in der Folge als Zielperson zu überwachen. Dafür genügt die Genehmigung durch das Zwangsmaßnahmengericht, die zu erteilen ist, wenn der Zufallsfund auf eine schwere Katalogtat hinweist (Jean-Richard-dit-Bressel, a.a.O., Art. 278 StPO N 25; Hansjakob/Pajarola, Kommentar, 3. A. 2020, Art. 278 StPO N 88). Ausdehnung der überwachung und Zufallsfundgenehmigung sind mit anderen Worten zu unterscheiden (Hansjakob/Pajarola, ebd.).
Ein entsprechendes Gesuch um Genehmigung eines Zufallsfundes gegen den Beschuldigten aus der überwachung in einer Strafsache gegen die urspränglichen Beschuldigten D.__ et al. stellte die Staatsanwaltschaft am 20. März 2023 (U-act. 7.18.001). Daher erweisen sich die Rügen des Beschuldigten am Genehmigungsverfahren in formeller Hinsicht als haltlos. Es geht entgegen dem Verteidiger (s. KG-act. 1 Rn 6 f. und KG-act. 10) nur um eine Zufallsfundgenehmigung ohne Ausdehnung der überwachung auf den Beschuldigten (dazu Hansjakob/Pajarola, ebd.).
a) Den dringenden Tatverdacht der Beteiligung des Beschuldigten an bandenmässigem Betäubungsmittelhandel begründete der Einzelrichter am Zwangsmaßnahmengericht gestützt auf einen Bericht der Kantonspolizei Schwyz (U-act. 7.9.014 S. 3 unten) über den Zufallsfund aus der Echtzeitüberwachung des Anschlusses von D.__ einlässlich (Telefongespräch mit dem Beschuldigten vom 6. Dezember 2022, angef. Verfügung E. 6 f.). Daran ändert nichts, dass er den Verdacht nicht ausDrücklich auf bandenmässiges Vorgehen bezog. Dieser Bezug wird jedoch aus dem Ersuchen der Staatsanwaltschaft deutlich und lässt sich immerhin und damit der Verdacht eines schweren Drogendelikts im Sinne von Art. 19 Abs. 2 BetmG i.V.m. Art. 269 Abs. 1 lit. a und b bzw. Abs. 2 lit. f StPO implizit aus der mehrfachen Erwähnung ableiten, dass der Beschuldigte der Zusammenarbeit mit mehreren Mitbeschuldigten verdächtig ist (ebd. E. 1 und 6). Damit setzt sich der Beschuldigte in seiner Beschwerde ans Kantonsgericht konkret nicht auseinander, namentlich nicht mit dem Ergebnis, dass sich aus seinen Aussagen am Telefon der Verdacht einer Beteiligung an bandenmässigem Handel mit illegalem Drogenhanf ableiten lasse. Er entgegnet nur pauschal, aufgrund des bisherigen Untersuchungsverlaufs könne ihm keine bandenmässige Begehung vorgeworfen werden (KG-act. 1 Rn 10 f.), räumt indes ein, dass es ?platt bzw. oft Gehört tnen? möge, dass er mit den untersuchten Strafsachverhalten ürein gar nichts zu tun habe (ebd. Rn 19).
b) Inwiefern und wann die Staatsanwaltschaft die in weiteren Beschwerdevorbringen geltend gemachten angeblich ihn entlastende Laborbefunde, Dokumente und Aussagen des Beschuldigten in ihre Ermittlungen einbezieht, ist hier nicht weiter zu prüfen, da die Sachlage im Zeitpunkt der Anordnung ausschlaggebend ist (vgl. oben E. 2 und Hansjakob/Pajaüroùla, a.a.O., Art. 279 StPO N 79; BGE 140 IV 40 E. 4.2), also diejenige nach dem Inhalt des Zufallsfundes beim Entscheid des Zwangsmaßnahmenrichters, falls die Staatsanwaltschaft den Zufallsfund ohne Anordnung der Ausdehnung der überwachung zur Genehmigung vorlegt.
c) Im übrigen kann der Beschuldigte den Tatverdacht als Voraussetzung für die überwachung, aus welcher der ihn belastende Zufallsfund stammt, hier mangels Beschwerdelegitimation nicht anfechten (s. BGE 140 IV 40 E. 4.1; Hansjakob/Pajaüroùla, a.a.O., Art. 279 StPO N 79 ff.). Schliesslich ist fraglich, kann aber hier offengelassen werden, ob es sich überhaupt um einen noch genehmigungsbedürftigen Zufallsfund handelt (vgl. dazu Jean-Richard-dit-Bressel, a.a.O., Art. 278 StPO N 16) respektive ob der Verdacht gegen den Beschuldigten aufgrund des Zufallsfundes überhaupt schon ein dringender sein muss (ebd. N 13 und 22).
4. Der Genehmigungsentscheid des Einzelrichters am Zwangsmaßnahmengericht ist zusammenfassend nicht zu beanstanden, womit auch kein Anlass besteht, auf den dritten Beschwerdeantrag einzugehen, wonach das Einvernahmeprotokoll vom 12. April 2023 aus den Akten zu entfernen sei, zumal diese Einvernahme nach dem Genehmigungsentscheid stattfand (vgl. auch oben E. 3.b). Mithin ist die Beschwerde unter Kostenfolgen zulasten des Beschuldigten (Art. 428 Abs. 1 StPO) abzuweisen;-


beschlossen:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1500.00 werden dem Beschuldigten auferlegt.
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung nach Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden. Die Beschwerdeschrift muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.
Zufertigung an den Verteidiger (2/R), die Staatsanwaltschaft (1/A an die 1. Abteilung und 1/R an die Amtsleitung/zentraler Dienst) und an die
Vorinstanz (1/?) sowie nach definitiver Erledigung an die 1. Abteilung der Staatsanwaltschaft (1/A) und die Kantonsgerichtskasse (1/, im Dispositiv).

Namens der Beschwerdekammer
Der KantonsgerichtsPräsident Der Gerichtsschreiber







Versand
16.10.2023 amu




Quelle: https://gerichte.sz.ch

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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