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Urteil Kantonsgericht (SZ)

Zusammenfassung des Urteils BEK 2017 192: Kantonsgericht

Die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts hat das Strafverfahren wegen Betrugs gegen C.____ und E.____ eingestellt. Die kantonale Staatsanwaltschaft hatte die Verfahren gegen die Beschuldigten eingestellt, jedoch wurde die Beschwerde der BVG-Auffangeinrichtung gutgeheissen. Diese verlangte die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Klageerhebung. Die Beschwerdekammer hob einige Teile der angefochtenen Verfügung auf und wies die Kosten dem Staat zu. Die Beschwerde wurde teilweise gutgeheissen, und die Verfahrenskosten wurden dem Staat auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts BEK 2017 192

Kanton:SZ
Fallnummer:BEK 2017 192
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Kammer
Kantonsgericht Entscheid BEK 2017 192 vom 05.07.2018 (SZ)
Datum:05.07.2018
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht (Urteil 6B_872/2018 vom 12.10.2018)
Leitsatz/Stichwort:Einstellung Strafverfahren (Betrug)
Schlagwörter : Staat; Staatsanwaltschaft; Beschuldigte; Beschuldigten; Verfahren; Kläger; Verfügung; IV-Stelle; Kantons; Person; Interesse; Verfahren; Sinne; Unfall; Einstellung; Betrug; U-act; Leistung; Entschädigungen; Verteidigungen; Kantonsgericht; Klägerin; Zweifel; Verhalten; Beschwerdeverfahren; Dispositiv
Rechtsnorm:Art. 104 StPO ;Art. 105 StPO ;Art. 106 StPO ;Art. 115 StPO ;Art. 118 StPO ;Art. 119 StPO ;Art. 12 BV ;Art. 135 StPO ;Art. 146 StGB ;Art. 322 StPO ;Art. 382 StPO ;Art. 42 BGG ;Art. 428 StPO ;Art. 54 BV ;Art. 60 BV ;Art. 87 AHVG ;
Referenz BGE:143 IV 302;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts BEK 2017 192

BEK 2017 192 - Einstellung Strafverfahren (Betrug)
Beschluss vom 5. Juli 2018
BEK 2017 192

Mitwirkend
Kantonsgerichtspräsident Dr. Urs Tschümperlin,
Kantonsrichter Clara Betschart und Josef Reichlin,
Gerichtsschreiber lic. iur. Mathis Bösch.


betreffend
Einstellung Strafverfahren (Betrug)
(Beschwerde gegen die Verfügung der kantonalen Staatsanwaltschaft vom 20. November 2017, SUB 2012 479/480);-


hat die Beschwerdekammer,
nachdem sich ergeben und in Erwägung:

1. Die kantonale Staatsanwaltschaft führt wegen Betrugs etc. gegen C.__ und E.__ aufgrund von Strafanzeigen der IV-Stelle Schwyz und der A.__ vom 26. Oktober 2012 eine Strafuntersuchung (U-act. 8.1.01). Während die IV-Stelle rechtskräftig geschützt durch das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz (U-act. 8.1.03 f.) - die Rückerstattung der zu Unrecht erbrachten Leistung verfügte, forderte die A.__ von dem Beschuldigten schriftlich unter Androhung der Betreibung und einer Strafanzeige bis zum 15. November 2012 Fr. 143‘445.70 zurück (U-act. 8.1.05). In der Untersuchung verlangt sie die Verfolgung und Bestrafung der für die Straftat verantwortlichen Person und macht zivilrechtlich die geforderten Fr. 143‘445.70 zuzüglich Zins geltend (U-act. 8.1.09). Mit Verfügung vom 20. November 2017 stellte die kantonale Staatsanwaltschaft die Verfahren gegen die Beschuldigten folgendermassen ein:
2. Die Strafverfahren gegen C.__ und E.__ wegen Betruges (Art. 146 Abs. 1 StGB), angeblich begangen
2.1 zwischen 2002 und 2010 im Zusammenhang mit bei der IV-Stelle Schwyz gestellten Anträgen um IV-Rente, Ergänzungsleistungen sowie Hilflosenentschädigung inkl. Mitwirkung bei deren Verlängerung,
2.2 am 1. März 2004 durch Stellen eines Rentenantrages bei der A.__ inkl. allfälliger Mitwirkung bei deren Verlängerung,
werden im Sinne der Erwägungen eingestellt (Art. 319 Abs. 1 lit. b StPO).
3. Die Strafverfahren gegen C.__ und E.__ wegen unrechtmässigen Erwirkens von Leistungen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 AHVG, Art. 70 IVG und Art. 31 Abs. 1 lit. b ELG, werden im Sinne der Erwägungen eingestellt (Art. 319 Abs. 1 lit. d StPO).
4. Das Strafverfahren gegen E.__ wegen unberechtigten Waffenbesitzes (Art. 33 Abs. 1 WG) sowie Missachtung der Meldepflicht (Art. 34 Abs. 1 lit. i WG) wird im Sinne der Erwägungen eingestellt (Art. 319 Abs. 1 lit. b und d StPO).

Im Weiteren wurden die Zivilansprüche von Gesetzes wegen auf den Zivilweg verwiesen (Ziff. 4), Beschlagnahmungen aufgehoben (Ziff. 5), Anordnungen über eine Einziehung und das erhobene DNA-Profils getroffen (Ziff. 6 f.) sowie die Verfahrenskosten auf die Staatskasse genommen und über die Genugtuungsansprüche der Beschuldigten sowie Entschädigungen deren amtlichen Verteidigungen (Ziff. 8 ff.) verfügt. Die BVG-Auffangeinrichtung erhob am 13. Dezember 2017 rechtzeitig Beschwerde beim Kantonsgericht. Sie verlangt die Einstellungen laut Ziff. 1.1 und 1.2 der angefochtenen Verfügung rückgängig zu machen und die Sache an die Staatsanwaltschaft zur Klageerhebung zurückzuweisen und als Folge davon die Zivilansprüche, die Verfahrenskosten, die Parteientschädigung und die Genugtuung neu festzusetzen. Die Staatsanwaltschaft verzichtete mit der Aktenüberweisung am 19. Dezember 2017 auf Gegenbemerkungen (KG-act. 5). Die Beschuldigten beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei (KG-act. 7 und 12). Die Beschwerdeführerin replizierte am 11. Mai 2018 (KG-act. 16), wozu sich der Beschuldigte am 31. Mai 2018 vernehmen liess (KG-act. 18).
3. Jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung Änderung eines Entscheides hat, kann ein Rechtsmittel ergreifen (Art. 382 Abs. 1 StPO). Partei ist neben den Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft die Privatklägerschaft (Art. 104 Abs. 1 StPO). Privatkläger ist eine geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Strafoder Zivilkläger zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO), was vorliegend die Beschwerdeführerin unbestrittenermassen tat (vgl. oben E. 1). Geschädigt ist eine Person, die durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). Vorliegend geht es nicht um Antragsdelikte im Sinne von Art. 115 Abs. 2 StPO.
a) Die Beschuldigten bestreiten die Legitimation der Beschwerdeführerin unter anderem mit dem Hinweis auf den Entscheid der Beschwerdekammer vom 19. Februar 2018 (BEK 2017 124). Danach kann eine Fürsorgebehörde nicht als Zivilklägerin auftreten, weil deren Ansprüche auf Rückerstattungen öffentlich-rechtlicher Natur sind (ebd. E. 2.a). Zum Auftritt als Strafklägerin fehlte der Fürsorgebehörde desweitern die Geschädigtenstellung, da durch die den Rückerstattungsansprüchen zugrundeliegende mutmassliche Täuschung über die Sozialbedürftigkeit nicht ihre privaten bzw. persönlichen Interessen, sondern ausschliesslich die Gemeindefinanzen betroffen waren (ebd. E. 2.b). Ausdrücklich offengelassen wurde in jenem Beschluss die Frage, inwiefern öffentlich-rechtliche Anstalten wie kantonale IV-Stellen mit eigener Rechtspersönlichkeit als Strafkläger auftreten könnten.
b) Die beschwerdeführende Auffangeinrichtung ist eine in Form einer privatrechtlich und im Handelsregister eingetragenen Stiftung autonom organisierte Vorsorgeeinrichtung (Art. 54 und 60 BVG; Hürzeler, SHK, 2010, Art. 60 BVG N 1; vgl. auch Mazzucchelli/Postizzi, BSK, 2. Aufl., 2014, Art. 115 N 32). Sie gilt als Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. e des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Art. 54 Abs. 4 BVG), soweit sie in Erfüllung ihr übertragener öffentlich-rechtlicher Aufgaben des Bundes tätig ist (vgl. Stauffer, Rechtsprechung BVG, 3. Aufl., 2013, S. 14). Hoheitlich kann sie über den Anschluss von Arbeitgebern und deren entsprechende Beiträge sowie Schadenersatz Verfügungen erlassen (Art. 60 Abs. 2bis i.V.m. Abs. 1 lit. a und b sowie Art. 12 Abs. 2 BVG; vgl. auch Stauffer, a.a.O., S. 215). Die sonstigen Rechtsbeziehungen hier also diejenigen zum versicherten Beschuldigten sind privatrechtlicher Natur (Stauffer, Berufliche Vorsorge, 2. Aufl. 2012, N 1864).
c) In Abgrenzung zum erwähnten Fürsorgefall (oben lit. a) ist hier massgeblich, dass sich entgegen der Auffassung des Beschuldigten die mutmasslichen Straftaten nicht gegen kollektive Gemeindefinanzen, sondern gegen das private Stiftungsvermögen richten, welches die Beschwerdeführerin zur Deckung der Risiken aus der Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben, die sie selber trägt (Hürzeler, ebd., N 2), äufnen muss. Durch die verzeigten Betrugshandlungen wurde dieses private Vermögen der Beschwerdeführerin unmittelbar verletzt, weshalb sie als geschädigte (juristische) Person des Privatrechts Strafklage erheben kann. Da sie erklärte, als Strafklägerin auftreten zu wollen (U-act. 8.1.09), kann hier offen gelassen werden, ob sie auch als Zivilklägerin berechtigt wäre, adhäsionsweise Rückforderungsansprüche geltend zu machen (Art. 119 StPO). Als Strafklägerin ist sie im Sinne von Art. 382 Abs. 1 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 lit. b, Art. 115 Abs. 1 und Art. 118 Abs. 1 StPO grundsätzlich beschwerdebefugte Partei (vgl. auch Art. 322 Abs. 2 StPO).
Man könnte nun die vorliegende Abgrenzung dahingehend kritisieren, dass die Unterscheidung zwischen Verletzungen von Rechten einer öffentlichen Institution und einer privaten Person nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist (vgl. ebenfalls Art. 105 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 StPO) und nichts mit der Frage zu tun habe, ob die Verletzungen unmittelbar wirken.
aa) Evolutionär lag die staatliche Strafverfolgung im öffentlichen Interesse, dass der Einzelne seinen Strafanspruch dem Staat abtritt (vgl. Capus, ZStrR 2013 S. 412 ff.), um Rache und Fehde zu verdrängen (vgl. Bommer, Offensive Verletzungsrechte im Strafprozess, 2006, FN 866 und S. 247 f.) bzw. Selbstjustiz eine „Justiz der Befangenheit“ auszuschalten (Lüderssen, Rechtsfreie Räume, 2012, S. 456). Aus aufklärerisch-freiheitlicher Warte betrachtet war dem durch eine Straftat verletzten Bürger ein persönliches Interesse am Ausgang des konkreten Strafverfahrens dagegen nicht abzusprechen und folgedessen seine prozessuale Stellung zu verbessern (vgl. Pfenninger, Probleme des schweizerischen Strafprozessrechts, 1966, S. 86 und 90). Ein solches persönliches Interesse fehlt einer staatlichen Behörde, weshalb sich teleologisch betrachtet ihre Beteiligung nicht aufdrängt.
bb) Zudem wäre es vorbehältlich Art. 104 Abs. 2 StPO mit dem Gebot der Waffengleichheit (Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO) nicht ohne weiteres zu vereinbaren, wenn der Staat neben der im Gemeinschaftsinteresse untersuchenden Staatsanwaltschaft bzw. dem urteilenden Gericht zusätzlich seine direkt betroffene, womöglich aus demselben Steuersubstrat wie die Strafjustiz finanzierte Behörde als Geschädigte auftreten liesse (vgl. zudem zum Aspekt der Gewaltenteilung BEK 2017 124 E. 2.b mit Hinweisen).
cc) Abgesehen davon geht auch das Gesetz zumindest implizit davon aus, dass die Parteistellung als geschädigte Person nur beanspruchen können soll, wer in seinen privaten Interessen persönlich betroffen ist (vgl. Küffer, BSK, 2. Aufl. 2014, Art. 106 StPO N 31; Guidon, Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, 2011, S. 114). Art. 105 StPO listet ausgehend von der beschuldigten Person und der Privatklägerschaft die übrigen privaten Personen auf, die im Strafprozess eine Rolle spielen können (Botschaft BBl 2006 II S. 1163). Daher können ausser der Staatsanwaltschaft (Art. 104 Abs. 1 lit. c StPO) nur privat Betroffene als Strafkläger auftreten. Nur sie haben rechtsfriedenstaugliche (dazu Capus a.a.O. S. 421 ff.) Interessen, die es nahelegen, ihnen ein Feld in dem in einer Strafuntersuchung der Staatsanwaltschaft vorbehaltenen Interventionsbereich einzuräumen. Hier kann die Beschwerdeführerin dieses Feld besetzen, weil sie anders als die Fürsorgebehörde für ihre irrtümliche Leistungserbringung mit ihrem privaten Vermögen haftet. Daher besitzt sie das private, noch nicht im Prozessualen durch ihre möglicherweise vorliegende Selbstgefährdung (dazu unten E. 3.b; vgl. auch Capus, a.a.O., S. 414) zu hinterfragende Interesse, das Ausmass der strafrechtlichen Intervention der Staatsanwaltschaft zu kontrollieren.
d) Inwiefern das Vermögen der Beschwerdeführerin durch die Einstellung gemäss Dispositivziffer 1.1 unmittelbar betroffen wäre, legt sie nicht dar, weshalb auf ihre Beschwerde diesbezüglich nicht einzutreten ist (vgl. indes noch unten E. 6).
4. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren hinsichtlich des die Beschwerdeführerin betreffenden Sachverhalts gestützt auf Art. 319 Abs. 1 lit. b StPO ein. Danach verfügt die Staatsanwaltschaft die vollständige teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn kein Straftatbestand erfüllt ist.
a) Nach Auffassung der Beschwerdeführerin hätten die Zweifel der Unfallversicherung am adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und den psychischen Problemen des Beschuldigten sie nicht zu weiteren Abklärungen veranlassen müssen. Die andere Sichtweise der Staatsanwaltschaft missachte in rechtlicher Hinsicht die Grundlagen der sozialversicherungsrechtlichen Koordination. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz habe rechtskräftig entschieden, dass die Rückforderungen der IV-Stelle rechtmässig seien und in den Erwägungen dazu deutlich qualifizierte Täuschungshandlungen festgestellt. Sozialversicherungsrechtlich sei für die IV-Stelle und für sie nicht massgebend, welche Ursache die vorgetäuschten gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten, weshalb das diagnostizierte unfallbedingte Schleudertrauma kein Thema bei der Rentenzusprache sei. Die IV-Stelle habe auf die Arztberichte, welche die vom Beschuldigten beklagten Beschwerden bestätigten, abgestellt, was für sie als Vorsorgeeinrichtung verbindlich sei.
Dagegen argumentiert der Beschuldigte sinngemäss, die Beschwerdeführerin hätte sich infolge der angezweifelten Unfallkausalität danach fragen müssen, ob und welche Ursachen seine Beschwerden hätten, wenn es nicht der Unfall gewesen sein sollte. Auch behauptet er, die Verwertung von Observationsergebnissen sei strafprozessual unzulässig.
b) Soweit der Beschuldigte geltend macht, es sei nicht erwiesen, dass er die Sozialversicherungsbehörden getäuscht hätte, ist darauf nicht weiter einzugehen. Die Staatsanwaltschaft stellte nicht aus diesem Grund das Verfahren ein. Vielmehr erachtete sie die Täuschungen mangels Aufmerksamkeit der Beschwerdeführerin nicht als arglistig, weil die Beschwerdeführerin Gründe, welche die Leistungsberechtigung des Beschuldigten infrage stellten, übersehen habe. Mögliche Zweifel stehen jedoch Arglist nicht von selbst entgegen, weshalb das blosse Übersehen von Gründen zu Zweifeln, arglistiges Verhalten mutmasslicher Betrüger umso weniger ausschliessen lässt. Vorliegend ist der Umstand, dass der Unfallversicherer einen Kausalzusammenhang zum Unfall anzweifelt, zudem keiner offensichtlichen Falschangabe des Versicherten gleichzusetzen. Selbst wenn der Beschwerdeführerin ein leichtfertiges Nichtbeachten von Zweifeln des Unfallversicherers vorgeworfen werden könnte, wäre daher die Annahme einer die Strafbarkeit ausschliessenden Opferverantwortung nur zulässig, wenn die Unaufmerksamkeit der Beschwerdeführerin, das betrügerische Verhalten der Täter in den Hintergrund rückte (vgl. etwa BGE 143 IV 302 E. 1.4.1). Die Staatsanwaltschaft stellt vorliegend weder das vom Verwaltungsgericht festgestellte eklatante Ausmass der Täuschungen infrage noch legt sie dar, inwiefern Zweifel an der Unfallursache für die sozialversicherungsrechtliche Leistungspflicht der Beschwerdeführerin erheblich sein sollen. Daher ist nicht ersichtlich, weshalb die sozialversicherungsrechtlich festgestellten Simulationen der Beschuldigten angesichts des Verhaltens der Beschwerdeführerin in strafrechtlicher Hinsicht konkret vernachlässigbar wären. Die Beschwerdeinstanz darf die unzulängliche Begründung der angefochtenen Verfügung nicht substituieren und dem Sachrichter vorgreifend den Fall abschliessend beurteilen, umso weniger als allgemein eine der Strafbarkeit entgegenstehende Opferverantwortung nur in Ausnahmefällen zu bejahen ist. Deshalb ist die Beschwerde in Bezug auf den bei der Beschwerdeführerin gestellten Rentenantrag gutzuheissen.
5. Die von der amtlichen Verteidigerin thematisierte Schuldfähigkeit der Beschuldigten ist von der Staatsanwaltschaft bislang nicht behandelt worden und kann daher nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sein.
6. Ebenso wenig ist die von den Beschuldigten aufgeworfene Frage der Verwertbarkeit von Observationsergebnissen im Beschwerdeverfahren zu beurteilen, weil die Staatsanwaltschaft diese nicht zum Thema der angefochtenen Verfügung machte. Eine strafausschliessende Unverwertbarkeit ist von vorneherein nicht ohne weiteres ersichtlich.
7. Zusammenfassend ist die beide Beschuldigten betreffende Beschwerde gutzuheissen, soweit auf sie einzutreten ist. Bei der mithin fortzusetzenden Untersuchung des betrügerischen Verhaltens gegenüber der Beschwerdeführerin kann die Staatsanwaltschaft die Angaben und das Verhalten der Beschuldigten gegenüber der IV-Stelle berücksichtigen, obwohl auf die Beschwerde gegen Dispositivziffer 1.1 der angefochtenen Verfügung nicht einzutreten ist (vgl. oben E. 2.d). Da das Strafverfahren bezüglich des in Dispositivziffer 1.2 der angefochtenen Verfügung zu Unrecht eingestellten Sachverhalts weiterzuführen ist, sind als Folge davon die Anordnungen betreffend die Zivilansprüche, Beschlagnahmungen und DNA-Profilen (Ziff. 4, 5 und 7), die Kostenregelungen (Ziff. 8 und 9), die Entschädigungen (Ziff. 11 und 13) sowie die Genugtuungszusprache (Ziff. 12) ebenfalls aufzuheben. Die Staatsanwaltschaft wird die Verfahrenskosten separiert auferlegen und die Entschädigungen der amtlichen Verteidigungen neu festsetzen müssen.
Ausgangsgemäss gehen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu Lasten des Staates (Art. 428 Abs. 4 StPO). Die Entschädigungen der amtlichen Verteidigungen im Beschwerdeverfahren bleiben bei der Hauptsache (Art. 135 Abs. 2 StPO);-


beschlossen:
1. In Gutheissung der Beschwerde werden Dispositivziffern 1.2, 4, 5, 7, 8, 9, 11, 12 und 13 der angefochtenen Verfügung aufgehoben. Im Übrigen wird auf die Beschwerde nicht eingetreten.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1‘200.00 gehen zu Lasten des Staates. Die geleistete Sicherheit von Fr. 1‘200.00 wird der Beschwerdeführerin aus der Kantonsgerichtskasse zurückbezahlt.
3. Die Entschädigungen der amtlichen Verteidigungen bleiben bei der Hauptsache.
4. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung nach Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden. Die Beschwerdeschrift muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.

5. Zufertigung an die Beschwerdeführerin (1/R), die amtlichen Verteidigungen (je 2/R), die kantonale Staatsanwaltschaft (2/R, mit den Akten) und die Oberstaatsanwaltschaft (1/R) sowie nach definitiver Erledigung an die Kantonsgerichtskasse (1/ü, im Dispositiv).

Namens der Beschwerdekammer
Der Kantonsgerichtspräsident

Der Gerichtsschreiber









Versand
9. Juli 2018 kau
Quelle: https://www.kgsz.ch

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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