Zusammenfassung des Urteils ZZ.1998.21: Strafkammer
Der Präsident des Kantonsgerichts nimmt an einer nicht öffentlichen Sitzung teil, um über die Beschwerde von J.________ aus Lausanne gegen die Entscheidung des Vorsitzenden des Beschwerdeausschusses zu entscheiden, der der Beschwerdeführerin für ihre Pflichtverteidigung in einer Streitsache zwischen C.________ und F.________ gegen G.________ eine Entschädigung von 3'292,50 CHF zugesprochen hat. Die Anwältin J.________ hat gegen diese Entscheidung Beschwerde erhoben und argumentiert, dass die Entschädigung auf der Grundlage aller in ihrer Liste vom 25. März 2009 aufgeführten Stunden festgelegt werden sollte. Nach Prüfung der Angelegenheit wird die Entschädigung für die Anwältin auf 5'423,05 CHF festgelegt, und die Gerichtskosten belaufen sich auf 215,20 CHF.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | ZZ.1998.21 |
Instanz: | Strafkammer |
Abteilung: | - |
Datum: | 10.09.1997 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Einfuhr harter Pornografie zum Eigengebrauch |
Schlagwörter : | Pornografie; Verbot; Einfuhr; Bundesrat; Kommission; Lagern; Schweiz; Jugendschutz; Erwachsene; Ständerat; Barkeit; Gewaltdarstellungen; Person; Kreis; Grenze; Nationalrat; Hinweis; Vorbereitungshandlung; Besitz; Tathandlungen; Eigenkonsum; Vorbereitungshandlungen; Verbreitungsabsicht; Falschgeld; Botschaft; Darstellungen |
Rechtsnorm: | Art. 135 StGB ;Art. 197 StGB ;Art. 244 StGB ; |
Referenz BGE: | 103 IV 249; |
Kommentar: | Schweizer, Trechsel, , Zürich, Art. 135 StGB, 1989 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
7. b) Während Erwerb und Besitz im Katalog der Tathandlungen in Art. 197 Ziff. 3 StGB fehlen, der blosse Eigenkonsum harter Pornografie somit straflos bleibt, werden u.a. Herstellung, Lagerung und Einfuhr genannt, und zwar ohne irgendwelche einschränkenden Zusätze. Die Strafbarkeit dieser Vorbereitungshandlungen wird für den Fall nicht ausgeschlossen, dass sie dem reinen Eigenkonsum dienen. Das Erfordernis der Verbreitungsabsicht fehlt, das z.B. in der entsprechenden Bestimmung des deutschen Strafgesetzbuches in Art. 244 StGB bezüglich der Einfuhr von Falschgeld ausdrücklich verlangt wird. So ist Rehberg beizupflichten, wenn er ausführt, das Gesetz verbiete in absoluter Weise zehn verschiedene Verhaltensweisen (Das revidierte Sexualstrafrecht, AJP 1993, S. 29). Der Wortlaut der Bestimmung erweist sich folglich als klar, womit zu prüfen bleibt, ob Hinweise dafür bestehen, dass er nicht deren wahren Sinn wiedergibt.
8. a) Der Beschäftigung mit den Materialien ist vorauszu-schicken, dass auch die Entstehungsgeschichte von Art. 135 StGB betreffend Gewaltdarstellungen von Interesse ist, da sich die dortige Umschreibung der Tathandlungen vollständig mit derjenigen von Art 197 Ziff. 3 StGB deckt und beide Bestimmungen in demselben Revisionsverfahren entstanden und den gleichen gesetzgeberischen Willen ausdrücken.
b) Laut der bundesrätlichen Botschaft zu Art. 197 StGB (BBl 1985, S. 1088 ff.) kommen dem Strafrecht auf dem Gebiet der Pornografie drei Aufgaben zu: Schutz Jugendlicher vor der Wahrnehmung solcher Darstellungen, Schutz auch Erwachsener vor ungewollter Konfrontation mit Pornografie sowie Verbot der harten Pornografie schlechthin. Dieses absolute Verbot dient in erster Linie dem vorbeugenden Jugendschutz, doch sollen daneben auch Erwachsene geschützt werden (a.a.O., S. 1091). Die Expertenkommission wollte demgegenüber die harte Pornografie lediglich einschränken. Nach ihrem Vorentwurf hätte sich nur strafbar gemacht, wer harte Pornografie an Personen unter 18 Jahren vermittelt in Verkehr setzt bzw. an die Öffentlichkeit bringt (SJZ 78, S. 252); straflos wäre zudem geblieben, wer solche Werke aufgrund persönlicher Beziehungen im Familienoder Freundeskreis einer Person unter 18 Jahren vermittelt hätte (BBl 1985, S. 1091). Der Bundesrat erachtete allerdings auch das Weiterreichen im privaten Kreis für nicht weniger schädlich als die Vermittlung an einen grösseren Kreis. Ein grundsätzliches Verbot erleichtere überdies einen konsequenten Jugendschutz, da keine Ausnahmen missbräuchlich in Anspruch genommen werden könnten. Ziff. 3 beziehe im Unterschied zu Ziff. 1 bezüglich der weichen Pornografie - nicht nur Verletzungs-, sondern auch Vorbereitungshandlungen wie Einfuhr und Lagern ein, um legale Umgehungsmöglichkeiten auszuschalten (a.a.O., S. 1091).
In seiner Botschaft zu Art. 135 StGB verwies der Bundesrat hinsichtlich der Tathandlungen vollumfänglich auf seine Ausführungen zu Art. 197 Ziff. 3 StGB (a.a.O., S. 1045).
c) In der Erstbehandlung im Ständerat wollte die vorberatende Kommission beim Gewaltdarstellungsverbot in Art. 135 StGB einen Abs. 4 einfügen, wonach straflos bleibe, wer solche Gegenstände Vorführungen Personen unter 18 Jahren zeige, zu denen er eine enge persönliche Beziehung hat, sowie wer solche Gegenstände zu diesem Zweck herstelle, einführe lagere (Amtl. Bull. StR 1987, S. 370). Der Bundesrat wollte jedoch an einem generellen Verbot festhalten, damit schon die Einfuhr solcher Produkte verhindert und diese bereits an der Grenze beschlagnahmt werden könnten. Bei Schaffung einer Nische, wie sie die Kommission vorsehe, werde es dazu kommen, dass auch Jugendliche unter 18 Jahren diese Darstellungen zu Gesicht bekämen (a.a.O., S. 371). Der Antrag der Kommission wurde in der Folge mit 15 gegen 9 Stimmen abgelehnt.
Bei der nachfolgenden Beratung zu Art. 197 Ziff. 3 StGB stand ein analoger Antrag der Kommission zur Debatte. Ständerat Arnold als Mitglied der Kommissionsminderheit bemerkte, harte Pornografie sei auch für Erwachsene "Gift" und es solle mit einem entschiedenen Verbot ohne Einschränkungen dafür gesorgt werden, dass solche Darstellungen in der Schweiz nicht möglich seien. Man sei sich einig, dass Gewaltdarstellungen abzulehnen seien und alles vorgekehrt werden müsse, damit solche Bänder weder über die Grenze kämen, noch in der Schweiz hergestellt, verbreitet gezeigt würden. Die harte Pornografie aber sei Gewaltdarstellungen gleichzustellen. Folge man dem Mehrheitsantrag und lasse Vorführungen im Familienkreis zu, so habe er grosse Befürchtungen, dass die Bänder dann auch in die Hände von Jugendlichen und zum Haus hinaus in beliebige weitere Kreise gelangen würden (a.a.O., S. 402). Obwohl Ständerat Hänsenberger dafür plädierte, man solle nicht eigenartige Menschen, welche solche Dinge für sich persönlich ihren engsten Kreis sammeln würden, kriminalisieren, wandte der Bundesrat wiederum ein, eine Lockerung des Verbotes öffne dem Missbrauch Tür und Tor. Ein ab solutes Verbot liege im Interesse eines wirksamen Jugendschutzes (a.a.O., S. 402). Der Antrag der Kommission wurde sodann mit 15 zu 13 Stimmen abgelehnt.
Bei der Beratung von Art. 135 StGB im Nationalrat war die vorberatende Kommission einstimmig zu der Auffassung gelangt, nur ein vollkommenes Verbot sei durchsetzbar (Amtl. Bull. NR 1989, S. 708). Es wurden zwar diverse Änderungsanträge gestellt, welche auf eine Lockerung der Strafbarkeit hinzielten (z.B. Straflosigkeit von Vorbereitungshandlungen resp. Strafbarkeit derselben nur bei Gewerbsmässigkeit, vgl. Anträge Bodenmann bzw. Nabholz, a.a.O., S. 706), jedoch allesamt verworfen. Es wurde vorgebracht, ein generelles Verbot schiesse weit über das Ziel hinaus (Nationalrat Bodenmann, a.a.O., S. 710 f.), es könne nicht Sache des Staates sein, Erwachsenen vorzuschreiben, was sie sehen dürften (Nationalrat Müller, a.a.O., S. 716) und mit einem totalen Verbot würden private Konsumenten, welche sich solche Dinge allenfalls aus Neugier zu Gemüte führten, gewerbsmässigen Importeuren, etc., gleichgestellt (Nationalrätin Nabholz, a.a.O., S. 712). Diese Argumente konnten sich jedoch gegenüber der bei weitem überwiegenden Auffassung nicht durchsetzen, dass solange man "Brutalos" für Erwachsene zulasse, seien diese Erzeugnisse im Umlauf, und es sei unmöglich, den angestrebten Jugendschutz durchzuführen (s. nur Nationalrätin Spoerry, a.a.O., S. 716; Bär, S. 715; Nationalrat Nussbaumer, S. 709; Bundesrat Koller, S. 723); auch hier wurde betont, man könne nur bei einem generellen Verbot die Ware bereits an der Grenze beschlagnahmen und damit den Zugang zum Markt erschweren (Nationalrätin Zölch, a.a.O., S. 714; Grendelmeier, S. 719).
Im Differenzbereinigungsverfahren vor dem Ständerat fragte Ständerat Schoch unter Hinweis auf den verworfenen Zusatzantrag der Kommission an, ob es richtig sei, dass nach dem Sinn der Norm ein "skurriler Vogel", der zu Hause "Brutalos" aufbewahre und nur selbst von diesen Gebrauch mache, nicht strafbar sei, da der Sinn der Norm der Jugendschutz sei (Amtl. Bull. StR 1989, S. 296). Der Bundesrat erwiderte unter Hinweis auf die Botschaft zu Art. 197 Ziff. 3 StGB, dass mit dem Einbezug von Herstellung, Einfuhr, Inverkehrbringen und Lagern legale Umgehungsmöglichkeiten ausgeschaltet werden sollen. Lagern sei also im Sinne der Absicht gemeint, die Gewaltdarstellungen später Dritten zu zeigen gar in Verkehr zu bringen. Er verwies dabei auf BGE 103 IV 249 betr. das Lagern von Falschgeld (a.a.O., 299).
9. Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich, dass es kein Versehen Zufall ist, wenn Art. 197 Ziff. 3 StGB entgegen anderen Strafbestimmungen, z.B. Art. 244 StGB 204 a.F. StGB bezüglich der Einfuhr der inkriminierten Gegenstände keine Verbreitungsabsicht fordert. Art. 197 Ziff. 3 und 135 StGB wurden bewusst als abstrakte Gefährdungsdelikte ausgestaltet; die Intention des Gesetzgebers ging dahin, die Schweiz so weit als möglich von den betreffenden Erzeugnissen freizuhalten und, wie mehrmals betont wurde, diese schon an der Grenze aus dem Verkehr zu ziehen. So erklärt sich denn auch die auf den ersten Blick befremdliche Konsequenz, dass sich strafbar macht, wer harte Pornografie aus dem Ausland zum Eigenkonsum in die Schweiz bringt, hingegen straflos bleibt, wer solche Produkte in der Schweiz für denselben Zweck erwirbt, denn die Einfuhr auch ohne Verbreitungsabsicht erhöht die abstrakte Gefahr, dass harte Pornografie auf den schweizerischen Markt gelangt. Diejenigen Stimmen, welche eine Einschränkung der Strafbarkeit für sinnvoller hielten, konnten sich in den Räten nicht durchsetzen; hervorgehoben sei insbesondere die Streichung des Zusatzes zu Art. 197 Ziff. 3 StGB, wonach straflos geblieben wäre, wer harte Pornografie einführt, um sie einer Person unter 18 Jahren zu zeigen, zu der er eine enge Beziehung hat. Im übrigen lässt sich der Hinweis des Bundesrates auf das Lagern von Falschgeld, einmal abgesehen davon, dass in Art. 244 StGB die Absicht, das Geld in Umlauf zu bringen, ausdrücklich genannt wird, von vornherein nicht auf die Einfuhr übertragen, da sich der Bundesrat dabei auf die Abgrenzung von strafbarem Lagern zu straflosem Besitz bezog.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass der Wortlaut von Art. 197 Ziff. 3 StGB den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt und folglich auch die Einfuhr harter Pornografie mit der Absicht, sie für sich allein zu konsumieren, unter Strafe steht. Man kann sich natürlich mit einem Teil der Lehre fragen, ob es sinnvoll ist, eine Vorbereitungshandlung derart weitgehend zu kriminalisieren (s. z.B. Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, Zürich 1989, N 10 zu Art. 135), und die gegenwärtige Regelung als zu restriktiv und unliberal kritisieren, genauso, wie man auch mit guten Gründen fordern könnte, dass bereits der Besitz harter Pornografie strafbar sein soll. Es ist jedoch Sache des Gesetzgebers, keinesfalls aber des Richters, eine Änderung der Rechtslage in der einen anderen Richtung herbeizuführen. (...)
Obergericht Strafkammer, Urteil vom 10. September 1997
Das Bundesgericht schützte am 3. April 1998 die Verurteilung des X. und wies die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ab.
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