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Urteil Versicherungsgericht (SO)

Zusammenfassung des Urteils VSKLA.2017.1: Versicherungsgericht

Die Klägerin A. hat gegen die Vaudoise Leben Versicherungsgesellschaft AG Klage erhoben, da die Beklagte die Rentenzahlungen aufgrund einer angeblichen Überentschädigung eingestellt hat. Die Klägerin fordert eine rückwirkende Invalidenrente ab 1. Januar 2015. Das Gericht entscheidet zugunsten der Klägerin und verurteilt die Beklagte zur Auszahlung der Invalidenrente. Es wird festgestellt, dass keine Überentschädigung vorliegt, da die Rentenleistungen der Klägerin die Unterdeckung nicht ausgleichen. Die Beklagte muss zudem eine Parteientschädigung von CHF 4'248.00 zahlen. Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Das Urteil kann innert 30 Tagen beim Bundesgericht angefochten werden.

Urteilsdetails des Kantongerichts VSKLA.2017.1

Kanton:SO
Fallnummer:VSKLA.2017.1
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:-
Versicherungsgericht Entscheid VSKLA.2017.1 vom 19.10.2017 (SO)
Datum:19.10.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Berufsvorsorge
Schlagwörter : Vorsorge; Leistung; Säule; Rente; Überentschädigung; Leistungen; Schaden; Erwerbsunfähigkeit; Invalide; Renten; Beklagten; Recht; Person; Erwerbsausfall; Bundesgericht; Schadens; Anspruch; Urteil; Klage; Koordination; Bestimmungen; Rentenleistung; Sozialversicherung; Einkommen; Rentenleistungen; Bundesgerichts; Eintritt
Rechtsnorm:Art. 1 BV ;Art. 16 ATSG ;Art. 24 BV ;Art. 34a BV ;Art. 4 BV ;Art. 49 BV ;Art. 53 VVG ;Art. 69 ATSG ;Art. 71 VVG ;Art. 73 BV ;Art. 80 BV ;Art. 82 BV ;
Referenz BGE:115 II 226; 117 V 394; 121 III 285; 122 V 151; 123 V 193; 128 V 243; 134 V 64; 137 V 373; 138 III 416; 140 V 57; 141 V 405;
Kommentar:
Bühler, Spühler, Berner Bd. II, 1, 1, Art. 151 ZGB, 1980

Entscheid des Kantongerichts VSKLA.2017.1

Urteil vom 19. Oktober 2017

Es wirken mit:

Präsident Flückiger

Oberrichterin Weber-Probst

Oberrichter Kiefer

Gerichtsschreiber Isch

In Sachen

A.___ vertreten durch Herbert Bracher, Fürsprecher

Klägerin

gegen

Vaudoise Leben Versicherungsgesellschaft AG, Place de Milan, 1001 Lausanne, vertreten durch Dr.iur. Beat Frischkopf, Rechtsanwalt

Beklagte

betreffend Berufsvorsorge (Klage vom 29. Dezember 2016)


zieht das Versicherungsgericht in Erwägung:

I.

1. 

1.1 Per 1. April 1999 schloss A.___ (nachfolgend: Klägerin) bei den Vaudoise Versicherungen (nachfolgend: Beklagte) die gebundene Vorsorge RHYTHMOcapital «Uno» (Säule 3a) ab (KB [Klagebeilage] 3).

1.2 Mit Verfügung vom 18. Juni 2010 wurde der Klägerin aufgrund einer fortschreitenden Multiple Sklerose mit Wirkung ab 1. Juli 2010 eine halbe Invalidenrente basierend auf einem Invaliditätsgrad von 50 % zugesprochen.

1.3 In der Folge richtete auch die Beklagte der Klägerin Rentenzahlungen aus. Mit Schreiben vom 18. Februar 2015 (V-Nr. [Akten der Vaudoise] 2) teilte die Beklagte der Klägerin mit, man habe den Rentenanspruch überprüft und festgestellt, dass aufgrund des fehlenden wirtschaftlichen Ausfalls im Jahr 2013 die Rentenzahlungen der Beklagten nicht geschuldet gewesen wären. So werde der wirtschaftliche Ausfall bereits durch die IV-Rente sowie die Rente der 2. Säule gedeckt. Es liege damit eine Überentschädigung vor. Somit würden die Rentenleistungen per sofort eingestellt. Zudem sei der bereits ausgerichtete Rentenbetrag für das Jahr 2013 von CHF 6000.00 zurückzuerstatten.

Dazu liess die Klägerin mit Schreiben vom 5. Mai 2015 (KB 9) Stellung nehmen und ausführen, die Leistungseinstellung sei zu Unrecht erfolgt. Mit Schreiben vom 25. Juni 2015 (V-Nr. 3) hielt die Beklagte im Wesentlichen an ihrer Ansicht betreffend Rentenrückforderung bzw. Renteneinstellung fest, wobei sie eine neue Überentschädigungsberechnung erstellte und zum Schluss kam, die Klägerin habe im Jahr 2013 zumindest einen wirtschaftlichen Ausfall von CHF 632.00 erlitten, womit sich die Rückforderung bzw. Überentschädigung auf CHF 5368.00 belaufe.

2. Am 29. Dezember 2016 lässt die Klägerin gegen die Beklagte Klage erheben (A.S. [Akten-Seite] 1 ff.) und folgende Rechtsbegehren stellen:

1.    Die Beklagte sei zu verurteilen, der Klägerin rückwirkend per 1. Januar 2015 eine Invalidenrente gestützt auf eine Erwerbsunfähigkeit von 50 % ausmachend jährlich CHF 6000.00 bis auf weiteres auszurichten.

2.    Die Rentenleistungen seien entsprechend ihrer Fälligkeit vierteljährlich nachschüssig gemäss mittlerem Verfall beginnend am 31. März 2015 zu 5 % zu verzinsen.

3.    Unter Kostenund Entschädigungsfolgen.

3. Mit Klageantwort vom 7. Februar 2017 (A.S. 17 ff.) stellt die Beklagte die Anträge, die Klage sei, soweit darauf einzutreten sei, vollumfänglich abzuweisen. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Klägerin.

4. Mit Stellungnahme vom 29. März 2017 verweist die Klägerin im Wesentlichen auf ihre bisherigen Ausführungen (A.S. 32 ff.) und reicht weitere Unterlagen zu den Akten.

5. Mit Stellungnahme vom 24. April 2017 lässt sich die Beklagte abschliessend vernehmen (A.S. 39 ff.).

6. Mit Verfügung vom 5. September 2017 (A.S. 53) wird der Klägerin Frist gesetzt bis 26. September 2017, dem Versicherungsgericht Unterlagen einzureichen, welche die Höhe der der Klägerin ab 1. Januar 2015 ausbezahlten Rentenleistungen (Rente der Invalidenversicherung sowie Rente der 2. Säule der beruflichen Vorsorge) belegen.

7. Mit Schreiben vom 25. September 2017 (A.S. 56) reicht die Klägerin die entsprechenden Belege fristgerecht ein.

8. Auf die Ausführungen der Parteien in ihren Rechtsschriften wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen; im Übrigen wird auf die Akten verwiesen.

II.

1.

1.1 Bei der gebundenen Vorsorge im Rahmen der Säule 3a handelt es sich um eine anerkannte und steuerlich begünstigte berufliche Vorsorgeform im Sinne der Art. 82 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge (BVG) vom 25. Juni 1982 und Art. 1 der Verordnung über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (BVV 3) vom 13. November 1985. Sich daraus ergebende Streitigkeiten fallen in die Zuständigkeit der kantonalen Berufsvorsorgegerichte (Art. 73 BVG; Urteil des Bundesgerichts vom 11. Februar 2008, 163/06, E. 3.2).

1.2 Das Versicherungsgericht ist nach Art. 73 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) und § 54 Abs. 1 des Gesetzes über die Gerichtsorganisation (GO; BGS 125.12) zur Beurteilung der vorliegenden Streitsache über Ansprüche einer Versicherten gegenüber einer Vorsorgeeinrichtung sachlich und örtlich zuständig.

2. Gemäss den Ausführungen der Klägerin sei es unbestritten, dass es sich bei der Erwerbsunfähigkeitsdeckung gemäss der gebundene Vorsorge RYTHMOcapital um eine Schadensversicherung handle. Weiter dürfte wohl unbestritten sein, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin bedingt durch ihre Erkrankung (Multiple Sklerose mit Paraparese) um 50 % eingeschränkt sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehe im Privatversicherungsrecht jedoch kein generelles Überentschädigungsverbot. Im vorliegenden Fall sei somit die intersystemische Koordination zwischen Privatversicherungsund Sozialversicherungsrecht zu diskutieren. Diesbezüglich fänden sich im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) keine Bestimmungen. Um eine intersystematische Koordination zu regeln, müssten Vorsorgepolicen die dazugehörenden AVB eine Subsidiaritätsklausel enthalten. Im konkreten Fall fänden sich in den AVB der Beklagten weder eine Regelung der intranoch der intersystemischen Koordination. Eine Äusserung zur Koordination fehle gänzlich. Komme hinzu, dass das Überentschädigungsverbot nicht der Privilegierung eines Leistungspflichtigen zu Lasten des Versicherten der Sozialversicherungen diene. Vielmehr habe der Versicherte gemäss dem Äquivalenzprinzip für die Leistungen die geschuldeten Prämien bezahlt. Eine versicherte Rentenleistung von CHF 6'000.00 bei 50%iger Erwerbsunfähigkeit vermöge den tatsächlich entstandenen Schaden schliesslich bei Weitem nicht zu decken. Wäre der Beklagten zu folgen, und ohne, dass im Vertrag entsprechende explizite Ausführungen zu finden seien, immer eine Überentschädigungsberechnung vorzunehmen, so wären derartige gebundene Vorsorgeverträge, wie der vorliegend zur Diskussion stehende, für einen Grossteil der erwerbstätigen Bevölkerung, nämlich für diejenigen Personen, die lediglich ein geringes ein mittelmässiges Jahreseinkommen erzielten, sinnund zwecklos, kämen sie doch gerade bei Eintritt einer erheblichen Invalidität nicht in den Genuss von Leistungen der privaten Vorsorge. Es sei nicht Sinn und Zweck der privaten Vorsorge, bei Eintritt eines erheblichen Schadens gestützt auf die behauptete Überentschädigung keine lediglich noch geringfügige Leistungen aus der privat finanzierten Vorsorge zu erhalten. Des Weiteren sei erwähnt, dass sich zur vorliegend zu entscheidenden Rechtsfrage kein einziges Urteil finde, weder auf kantonaler noch auf Bundesebene. Daraus dürfe durchaus der Schluss gezogen werden, dass die Rechtsauffassung der Beklagten für gewöhnlich nicht ihrer eigenen und auch nicht derjenigen ihrer Konkurrentinnen auf dem Markt der gebundenen Vorsorge 3a entspreche. Sodann sei dem Schreiben der Arbeitgeberin vom 6. März 2017 zu entnehmen, dass die Klägerin als Valide 2015 hypothetisch ein Jahresbruttoeinkommen von CHF 63492.55 und 2016 ein solches von CHF 64127.45 erzielt hätte. Werde das Jahressalär als Invalide - da Gleiches mit Gleichem zu vergleichen sei - um die Positionen (Weihnachtsgeld und Gratifikation) bereinigt, welche die Klägerin auch als Valide erhalten hätte, so resultiere ein Jahresbruttoeinkommen für 2015 und 2016 von je CHF 31330.00. Der krankheitsbedingte Einkommensverlust betrage 2015 CHF 32162.55 und 2016 CHF 32797.45. Da dieser Einkommensverlust auf die aus der Multiple Sklerose resultierende Arbeitsunfähigkeit zurückzuführen sei, resultiere aus dem eingetretenen Schaden von CHF 32162.55 für 2015 bzw. CHF 32797.45 für 2016 ein gerundeter Invaliditätsgrad von je 51 %.

Die Beklagte vertritt in ihren Rechtschriften die Ansicht, es handle sich bei dieser gebundenen Vorsorge-Police wohl unbestreitbar nicht um eine Summensondern um eine Schadensversicherung und somit müsse sich die Klägerin jegliche Ersatzeinkommen und jegliche Ersatzleistungen anrechnen lassen. Behaftet werde die Klägerin bei ihrer Zusage, wonach sie die IV-Rente und die Leistungen der Vorsorgestiftung von total CHF 21888.00, nämlich CHF 11568.00 von der IV und CHF 10320.00 von der 2. Säule, damals erhalten habe. Ebenso werde sie bei der Zusage behaftet, dass der wirtschaftliche Ausfall lediglich CHF 21135.00 betrage und somit kein Schaden entstanden sei, sondern eine Überentschädigung von CHF 753.00 resultiert habe. Sodann setze Erwerbsunfähigkeit gemäss Definition von Ziff. 2.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) voraus, dass nicht bloss ein Erwerbsausfall aufgezeigt werden könne, sondern auch «ein diesem entsprechender finanzieller Nachteil» erlitten werde. Genau daran aber scheitere ein Anspruch der Klägerin auf Ausrichtung von Versicherungsleistungen, weil sie nämlich diesen finanziellen Nachteil nicht habe nachweisen können. Gemäss Ziff. 2.3 der hier massgebenden AVB gebe eine Erwerbsunfähigkeit von weniger als 25 % weder Anspruch auf Prämienbefreiung noch auf Rente. Mit anderen Worten: Die Klägerin müsste den Nachweis dafür erbringen können, dass sie trotz der IVund BVG-Rente noch einen finanziellen Nachteil erleide (Ziff. 2.1 AVB), welcher mindestens 25 % betrage (Ziff. 2.3 AVB). Glücklicherweise erleide die Klägerin diesen finanziellen Nachteil aber nicht, indem sie durch andere Sozialversicherer (IV und Pensionskasse, also die Säulen 1 und 2) den finanziellen Nachteil habe abfedern können bzw. der behauptete (aber bestrittene) Schaden zumindest nicht die erforderliche Höhe von 25 % aufweise. Da die Voraussetzungen einer Leistungspflicht und insbesondere die Anrechenbarkeit von Versicherungs- / Ersatzleistungen, welche einen allfälligen finanziellen Nachteil ausgleichen würden, in den AVB explizit aufgeführt und geregelt würden, bedürfe es keiner subsidiärer Koordinationsregeln, wie dies die Klägerin fordere. Des Weiteren könne dem Bestätigungsschreiben der Arbeitgeberin vom 6. März 2017 entnommen werden, dass es sich bei diesen Angaben um reine Annahmen handle. Da sie diese Lohnentwicklung somit nur unverbindlich angegeben habe, könne darauf nicht abgestellt werden. Richtig sei, dass das Weihnachtsgeld und die Gratifikation unberücksichtigt bleiben könnten, da diese als Gesunde wie auch als Kranke erhältlich gewesen seien und erhältlich seien. Es bleibe somit dabei, dass der Erwerbsausfall entsprechend der Reduktion des Arbeitspensums CHF 31330.00 im Jahre 2015 und ebenso im Jahre 2016 betrage. Schliesslich ergebe sich auch indirekt aus Art. 53 VVG, dass eine Überentschädigung nicht zulässig sei. Schliesslich sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin durch den Abschluss einer gemischten Lebensversicherung im Rahmen der gebundenen Vorsorge der Säule 3a auch an gewisse Pflichten seitens des Bundesgesetzgebers gebunden sei, eben weil die versicherte Person im Gegenzug Privilegien für sich in Anspruch nehmen wolle. So könne die versicherte Person die Prämienbeiträge steuerlich in Abzug bringen, was bei einer «normalen» gemischten Lebensversicherung nicht möglich sei. Bei einer allfälligen Streitigkeit mit dem Versicherer würden sich der Gerichtsstand wie auch das Verfahren (Stichwort Untersuchungsmaxime) nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen richten und der Versicherte werde vor einem teuren Prozessverfahren weitgehend verschont. Diese Tatsachen rechtfertigten eine analoge Anwendung der Bestimmungen des ATSG und somit ein Verbot einer Überentschädigung auch für Leistungen der gebundenen Vorsorge der Säule 3a nach Art. 69 ATSG. Mit Sicherheit habe der Gesetzgeber nicht die Anhäufung von Vermögen fördern wollen, wenn diese mittels Inanspruchnahme von Steuerabzügen bewirkt werden solle und solche Steuerabzüge andern Steuerzahlern vorenthalten seien.

Streitig und zu prüfen ist somit, ob eine Überentschädigung bei Leistungen der gebundenen Vorsorge der Säule 3a im vorliegenden Fall unzulässig ist und bejahendenfalls, ob bei der Klägerin tatsächlich eine Überentschädigung vorliegt.

3.

3.1 Verträge der gebundenen Vorsorge unterstehen dem Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (VVG; Urteil des Bundesgerichts 9C_18/2016 vom 7. Oktober 2016; BGE 141 V 405 E 3.3; BGE 138 III 416; Rudolf Küng, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, 2001, N. 18 zu Art. 76 VVG, S. 1014; FRANÇOIS GUISAN, Le contrat de prévoyance liée conclu avec des établissements d'assurance, in: Prévoyance professionnelle et fiscalité, Cedidac Nr. 7, 1986, S. 61 ff., 67).

3.2 Bei der vorliegenden gebundenen Vorsorge handelt es sich unbestrittenermassen um eine Schadensversicherung. Die Schadensversicherung zeichnet sich dadurch aus, dass der Versicherer den entstandenen Schaden deckt, wobei eine Höchstsumme vereinbart sein kann. Die Höhe des Schadens ist für die Ermittlung der geschuldeten Versicherungsleistung das massgebende Kriterium. Die Leistung hängt davon ab, dass tatsächlich ein Vermögensverlust eingetreten und nachgewiesen ist. Der Versicherte soll nicht gleichzeitig Schadenersatz und Versicherungsdeckung erhalten (Yael Strub, Der Regress des Schadensversicherers de lege lata - de lege ferenda, ZStP - Zürcher Studien zum Privatrecht Band/Nr. 227, 2011, S. 49).

Die Schadensversicherung regelt das VVG in den Art. 48 - 72. Sie dient konkreter Bedarfsdeckung. In ihr setzt eine Versicherungsleistung eine durch den Eintritt des befürchteten Ereignisses verursachte tatsächliche Vermögenseinbusse voraus, und sie entspricht maximal der Vermögenseinbusse. Die Versicherungsleistung soll nur zum Ausgleich der durch den Schadenfall entstandenen Vermögenseinbusse dienen und nicht zu einer Überentschädigung führen (Felix Walter Lanz, Adverse Selection und Moral Hazard in der Privatund Sozialversicherung, LBR - Luzerner Beiträge zur Rechtswissenschaft Band/Nr. 77, 2014, S. 159). Im privatversicherungsrechtlichen Leistungsrecht können sich beim Vorliegen einer sog. Doppelbzw. Mehrfachversicherung gemäss Art. 71 i.V.m. Art. 53 VVG koordinationsrechtliche Fragen stellen, indem dasselbe Interesse gegen dieselbe Gefahr zur gleichen Zeit bei mehreren Versicherern versichert ist, so dass das Total der Versicherungssumme höher ausfällt als der eingetretene Schaden, womit eine sog. Überversicherung vorliegt. Diesfalls sind die Versicherer bei Eintritt des Versicherungsfalls nach Art. 71 Abs. 1 VVG im Verhältnis ihrer Versicherungssummen zum Gesamtbetrag zur Leistungserbringung verpflichtet, wobei die massgebende Überentschädigungsgrenze im tatsächlich eingetretenen Schaden besteht (Claudia Caderas, Koordinationsund Überentschädigungsfragen beim Zusammenfallen von Leistungen der freiwilligen Krankentaggeldversicherung mit Erwerbsausfallentschädigungen des Sozialversicherungsrechts, HAVE Schriftenreihe Band/Nr. 8, 2016, S. 53; vgl. Boll, BSK VVG, 2001, N 1 und N 7 zu Art. 71).

In einem aus koordinationsrechtlicher Sicht vergleichbaren Fall gelangte das ehemalige Eidgenössische Versicherungsgericht durch eine analoge Anwendung des VVG bzw. der zwingenden VVG-Norm von Art. 71 Abs. 1 und jener von Art. 53 VVG zur Lösung der Koordinationsfrage. Es stellte fest, dass die konkurrierenden Leistungen von Pensionskassen und Taggeldversicherungen sich im Sinne von Art. 53 VVG auf den gleichen Schaden beziehen würden. Auch die Pensionskassenleistungen (offenbar alle, nicht nur jene im Obligatoriumsbereich) hätten den Charakter einer Schadenversicherung und nicht einer Summenoder Personenversicherung, wie schon aus BGE 115 II 226 hervorgehe. Sie seien damit auch dem Entschädigungsprinzip unterworfen. In dieser Situation sei Art. 71 Abs. 1 VVG die adäquate Koordinationsnorm zur Regelung von Leistungskollisionen zwischen Berufsvorsorge im Überobligatorium und einer privaten Taggeldversicherung, wo immer beide Versicherungszweige in ihren internen Bestimmungen Vorschriften enthielten, welche sonst zu einer Entschädigungslücke führen würden (vgl. SZS 2007 S. 105, 114; BGE 128 V 243). Weiter wurde in BGE 128 V 243 konkretisierend festgehalten, im Bereich der weitergehenden beruflichen Vorsorge sei, um sowohl eine Entschädigungslücke als auch eine Überversicherung zu vermeiden, Art. 71 Abs. 1 VVG analog anzuwenden, wobei beide Versicherungsträger in ihren allgemeinen Bedingungen ebenfalls die Möglichkeit vorsehen müssten, die Leistungen bei einer allfälligen Überversicherung kürzen zu können.

Dies muss dementsprechend auch für den Bereich der privaten Vorsorge gelten, womit zu prüfen ist, ob die Beklagte in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen eine solche Bestimmung enthält.

3.3 Gemäss der Gebundenen Vorsorgepolice Nr. 00582058 8801 vom 22. Dezember 2014 (KB 3) gelten als anwendbare Versicherungsbedingungen die Allgemeinen Bedingungen: Ausgabe 1. Januar 1996. Die Klägerin stellt sich auf den Standpunkt, eine ausdrückliche Regelung betreffend die Frage, ob eine Überentschädigung auch bei Leistungen der gebundenen Vorsorge der Säule 3a unzulässig sei, finde sich darin nicht. Dagegen vertritt die Beklagte die Ansicht, die Erwerbsunfähigkeit setze gemäss Definition von Ziff. 2.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) voraus, dass nicht bloss ein Erwerbsausfall aufgezeigt werden könne, sondern auch «ein diesem entsprechender finanzieller Nachteil» erlitten werde. Genau daran aber scheitere ein Anspruch der Klägerin auf Ausrichtung von Versicherungsleistungen, weil sie nämlich diesen finanziellen Nachteil nicht habe nachweisen können.

Die von der Beklagten erwähnte Bestimmung (Ziff. 2.1 AVB) lautet folgendermassen: «Erwerbsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge medizinisch objektiv feststellbarer Krankheit eines Unfalls ausserstande ist, ihren Beruf eine andere zumutbare Erwerbstätigkeit auszuüben (ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage) und sie dadurch gleichzeitig einen Erwerbsausfall einen diesem entsprechenden finanziellen Nachteil erleidet.»

Unbestritten ist unter den Parteien, dass die Klägerin infolge Krankheit in ihrer Arbeitsund Leistungsfähigkeit um 50 % eingeschränkt ist und infolgedessen grundsätzlich Anspruch auf Leistungen der Beklagten hat. Umstritten ist dagegen, ob die zweite Voraussetzung der vorgenannten Bestimmung «Erwerbsausfall einen diesem entsprechenden finanziellen Nachteil» vorliegend noch erfüllt ist, nachdem die Klägerin bereits Leistungen der Invalidenversicherung und aus der 2. Säule erhält. Es stellt sich demnach vorweg die Frage, ob die Beklagte damit in ihren Bestimmungen implizit auch ein Überentschädigungsverbot statuiert hat. Dies muss im Lichte der vorgehenden Ausführungen, wonach eine Schadensversicherung eben grundsätzlich nur den Schaden decken, aber nicht eine darüber hinausgehende Bereicherung ermöglichen soll, grundsätzlich bejaht werden. Die Überentschädigungsgrenze besteht im tatsächlich eingetretenen und weiter bestehenden Schaden. Da die Klägerin bereits eine IVund eine BVG-Rente erhält, besteht somit die Möglichkeit, dass eine Überentschädigung gegeben ist, womit ein Anspruch auf Leistungen der Beklagten diesfalls zu verneinen wäre.

Die vorgehend unter E. II. 3.2 dargelegte Systematik des VVG spricht ebenfalls für diese Auslegung, zumal sich der Grundsatz des Überversicherungsverbots mittlerweile durch die meisten Versicherungszweige zieht, wenn es auch bislang an einem ausdrücklichen Überversicherungsverbot im Privatversicherungsrecht fehlt (vgl. Felix Walter Lanz, Adverse Selection und Moral Hazard in der Privatund Sozialversicherung, LBR - Luzerner Beiträge zur Rechtswissenschaft Band/Nr. 77, 2014, S. 159). Hürzeler stellt sich (in: BVG und FZG, 2010, S. 496) im Zusammenhang mit der weitergehenden Vorsorge an sich zu Recht auf den Standpunkt, es sei zu bedenken, dass auch exzedenten Vorsorgeleistungen durchaus schadenausgleichender Charakter zukomme, was die Frage aufwerfe, ob richtigerweise auch in der weitergehenden beruflichen Vorsorge von einer zwingenden Überentschädigungsabschöpfung auszugehen wäre, wie dies in der Literatur vereinzelt vertreten werde. Diese Argumentation dürfte grundsätzlich auch für die private Vorsorge Geltung haben. Für diese Auslegung spricht schliesslich auch der Umstand, dass das Bundesgericht die gebundene Vorsorge verschiedentlich der 2. Säule gleichgestellt und, soweit die BVV 3 keine einschlägigen Bestimmungen enthielt, die Regelungen der zweiten Säule beigezogen hat, wie nachfolgend aufgezeigt wird.

3.4 Gemäss Art. 1 Abs. 1 BVV 3 gibt es bei der Säule 3a zwei anerkannte Vorsorgeformen: die gebundene Vorsorgeversicherung bei Versicherungseinrichtungen (lit. a) und die gebundene Vorsorgevereinbarung mit Bankstiftungen (lit. b; vgl. dazu auch Jaques-André Schneider, in: Handkommentar zum BVG und FZG, Schneider/Geiser/Gächter [Hrsg.], 2010, N. 6 ff. zu Art. 82 BVG;HANS-ULRICH STAUFFER, BVG/FZG-Kommentar, 3. Aufl. 2013, N. 1 ff. zu Art. 82 BVG; derselbe, Berufliche Vorsorge, 2. Aufl. 2012, S. 769 f. Rz. 2032 ff.). Dem hier zu beurteilenden Fall liegt ein zwischen den Parteien geschlossener Lebensversicherungsvertrag, mithin die Variante gemäss Art. 1 Abs. 1 lit. a BVV 3, zu Grunde (BGE 141 V 405 E. 3.1; vgl. zu den dabei zu erfüllenden Kriterien: STEPHAN FUHRER, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 2011, S. 509 f. Rz. 22.51).

Die Säule 3a, die in der bundesrätlichen Botschaft vom 19. Dezember 1975 als «freiwillige berufliche Vorsorge» bezeichnet und so von der «Selbstvorsorge» der Säule 3b abgegrenzt wird (BBl 1976 I 149 ff., 215 unten Ziff. 435), ergänzt die zweite Säule (Schneider, a.a.O., N. 1 zu Art. 82 BVG; Francine Oberson, La pratique du droit, La prévoyance professionnelle, 2013, S. 161). Sie ist der zweiten Säule («zweite Säule im engeren Sinne») gleichgestellt (Botschaft, a.a.O., 216 Ziff. 435) und unterscheidet sich von dieser im Wesentlichen durch ihre Freiwilligkeit (BGE 141 V 405 E. 3.2; Urteil des Bundesgerichts 2A.292/2006 vom 15. Januar 2007 E. 6.3). Zudem hat die Säule 3a in Bezug auf die zweite Säule nicht nur ergänzende Funktion, sondern ersetzt diese in gewissen Fällen (beispielsweise bei Selbständigerwerbenden, die keiner Vorsorgeeinrichtung nach Art. 80 BVG angehören; vgl. Art. 7 Abs. 1 lit. b BVV 3; vgl. dazu Schneider, a.a.O., N. 19 ff. zu Art. 82 BVG).

Da sich die gebundene Vorsorge aus der zweiten Säule ableitet (BGE 121 III 285 E. 1d S. 289), hat die Praxis verschiedentlich subsidiär, soweit die BVV 3 keine einschlägigen Bestimmungen enthielt, die Regelungen der zweiten Säule beigezogen. So hat das Bundesgericht beispielsweise die zur zweiten Säule ergangene Rechtsprechung, wann die für Hinterlassenenleistungen vorausgesetzte Qualifikation der Unterstützung als erheblich in zeitlicher Hinsicht gegeben ist, auch im Bereich der Säule 3a für anwendbar erklärt (BGE 140 V 57). Weiter hat es entschieden, dass der Begriff der Invalidität in der Säule 3a nicht weiter zu fassen ist als in der zweiten Säule (Urteil 2A.292/2006 vom 15. Januar 2007 E. 6.4). In BGE 121 III 285 E. 3 S. 290 hat es den Grundsatz der beschränkten Pfändbarkeit der Ansprüche aus zweiter Säule (vgl. dazu auch Art. 39 und 30b BVG) auf die Ansprüche aus dritter Säule übertragen (BGE 141 V 405 E. 3.2; vgl. dazu Art. 4 Abs. 1 und 2 BVV 3).

Gestützt auf Art. 34a Abs. 1 hat der Bundesrat in Art. 24 Abs. 1 Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge (BVV2, SR 831.441.1) angeordnet, dass die Vorsorgeeinrichtung ihre Invalidenleistungen kürzen kann Stauffer, Berufliche Vorsorge, 2. Aufl., Zürich 2012, N 971), soweit diese zusammen mit anderen anrechenbaren Einkünften des Versicherten 90 % des mutmasslich entgangenen Verdienstes übersteigen. Als anrechenbare Einkünfte gelten gemäss Art. 24 Abs. 2 BVV2 Leistungen gleicher Art und Zweckbestimmung, die der anspruchsberechtigten Person aufgrund des schädigenden Ereignisses ausgerichtet werden, wie namentlich Renten Kapitalleistungen (mit ihrem Rentenumwandlungswert) inund ausländischer Sozialversicherungen resp. Vorsorgeeinrichtungen. Im Überobligatoriumsbereich und auch in der privaten Vorsorge können sich die Vorsorgeeinrichtungen dagegen weitgehend frei einrichten (vgl. Art. 49 Abs. 1 BVG). Sie haben dabei aber den verfassungsmässigen Minimalstandard (rechtsgleiche Behandlung, Willkürverbot, Verhältnismässigkeit) zu wahren. Im Überobligatorium gelten daher nicht Art. 34a BVG und Art. 24 BVV 2, sondern die reglementarischen Bestimmungen. Diese können auch strenger sein als die Ordnung der BVV 2, solange die Leistungen gemäss Obligatorium eingehalten werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_37/2010 vom 4. August 2010 E. 2.2 mit Hinweisen). Dennoch dürfte zumindest eine sinngemässe Anwendung der Bestimmungen auf den vorliegenden Fall im Lichte von BGE 141 V 405 gerechtfertigt sein, soweit die AVB der Beklagten diesbezüglich keine abweichenden Bestimmungen enthalten.

3.5 Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass es gestützt auf Ziff. 2.1 der AVB sowie auf Art. 53 i.V.m Art. 71 VVG sowie angesichts der Nähe der gebundenen Vorsorge zur 2. Säule gerechtfertigt ist, im vorliegenden Fall von einem grundsätzlichen Überentschädigungsverbot auszugehen. Somit ist nachfolgend zu prüfen, ob in casu tatsächlich eine Überentschädigung gegeben ist und die Beklagte demzufolge ihre Leistungen zu Recht eingestellt hat.

4.

4.1 Eine Überentschädigung liegt vor, wenn derselben Person verschiedene Leistungen zum Ausgleich des durch ein und dasselbe Ereignis verursachten Schadens für dieselbe Zeitspanne ausgerichtet werden und die Summe der Leistungen den Schaden übertrifft (Bundesgerichtsurteil 4A_116/2008 vom 13. Juni 2008, E. 4.2).

4.2 Eine Überentschädigung liegt in analoger Anwendung von Art. 69 ATSG in dem Masse vor, als die Versicherungsleistungen den wegen des Versicherungsfalls mutmasslich entgangenen Verdienst zuzüglich der durch den Versicherungsfall verursachten Mehrkosten und allfälliger Einkommenseinbussen von Angehörigen übersteigen (Abs. 2). Die Leistungen werden um den Betrag der Überentschädigung gekürzt.

Unter dem mutmasslichen entgangenen Einkommen ist das hypothetische Einkommen zu verstehen, das die versicherte Person ohne Invalidität erzielen könnte (BGE 122 V 151 E. 3c S. 154). Massgeblich ist dabei der Zeitpunkt, in dem sich die Kürzungsfrage stellt (BGE 123 V 193 E. 5a S. 197). Vorliegend eingeklagt ist die Weiterausrichtung der Rente per 1. Januar 2015, womit dies der massgebliche Zeitpunkt ist. Das mutmassliche entgangene Einkommen ist rechtlich nicht mit dem versicherten Lohn dem beim Eintritt der Invalidität tatsächlich erzielten Lohn identisch; allerdings gilt die Vermutung einer Kongruenz mit dem von der Invalidenversicherung festgesetzten Valideneinkommen (BGE 134 V 64 E. 4.1.3 S. 70), wobei im Einzelfall Abweichungen zulässig sind, wenn dafür ein begründeter Anlass besteht (vgl. dazu Urteile des Bundesgerichts B 10/07 vom 6 Februar 2008 E. 5.3, sowie 9C_404/2008 vom 17. November 2008 E. 7).

5.

5.1 Zunächst stellt sich die Frage, welche Leistungen in die Überentschädigungsberechnung einzubeziehen sind.

5.2 Es können nur solche Leistungen koordiniert werden, die kongruent sind. Demnach müssen sich die zu koordinierenden Leistungen auf dasselbe Ereignis beziehen und derselben Person ausgerichtet werden. Zudem müssen die Leistungen sachlich gleich sein, was sich nach ihrer Art und ihrem Zweck beurteilt. Grundsätzlich können nur Leistungen kongruent sein, die in derselben Zeitspanne ausgerichtet werden, wobei die Gerichtspraxis Ausnahmen zulässt (Grundsatz der Globalberechnung; vgl. BGE 117 V 394; Ueli Kieser, Leistungen der Sozialversicherung, Zürich 2003, S. 94 ff.).

5.3 Vorliegend sind sich die Parteien zu Recht darin einig, dass sowohl die Rente der Invalidenversicherung als auch die Rente der 2. Säule der beruflichen Vorsorge in die Überentschädigungsberechnung einzubeziehen sind. Beide Leistungen werden der Klägerin nämlich wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen infolge der fortschreitenden Multiple Sklerose ausgerichtet.

6.

6.1 In einem nächsten Schritt ist gewissermassen eine Erfolgsrechnung zu erstellen, wobei die «Einnahmen» (Leistungen der Sozialversicherung, allfällige weiterhin erzielte Erwerbseinkommen) den «Ausgaben» (entgehende Einkommen, zusätzliche Mehrkosten) gegenüberzustellen sind (Art. 69 Abs. 2 ATSG; vgl. Kieser, a.a.O., S. 94 f.). Eine solche sogenannte Globalrechnung hat auch die Beschwerdegegnerin zur Berechnung der Überentschädigung per 2013 durchgeführt. Diese Vorgehensweise ist im Hinblick auf die analog anzuwendende geltende Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. BGE 132 V 27 E. 3.1, 117 V 395 E. 3 m.H.) trotz teilweiser gegenteiliger Lehrmeinung (Schlauri, Koordinationsfragen in der Unfallversicherung de lege lata und ferenda, S. 235 ff.) grundsätzlich nicht zu beanstanden.

6.2 Als Einnahmen sind alle kongruenten Leistungen der Sozialversicherung zu erfassen. Erzielt die versicherte Person weiterhin ein Erwerbseinkommen, ist auch dieses hinzuzurechnen (Kieser, a.a.O., S. 94). Bei den Ausgaben ist zusammenzustellen, was der versicherten Person und allenfalls ihren Angehörigen wegen des eingetretenen Risikos entgeht, bzw. wo ihr deswegen Mehrkosten entstehen (Kieser, a.a.O. S. 94 f.).

6.3

6.3.1 Gemäss den Angaben der Arbeitgeberin der Klägerin, der B.___, hätte die Klägerin im Jahr 2015 in einem 100 %-Pensum ein Einkommen von CHF 63'492.55 erzielt. Hierbei sind eine allfällige Gratifikation und das «Weihnachtsgeld» nicht berücksichtigt. Sodann erzielte die Klägerin in ihrem 50 %-Pensum im Jahr 2015 ein Einkommen von CHF 31'330.00 wobei demnach auch hier die tatsächlich erhaltenen Gratifikationen und das Weihnachtsgeld nicht einzurechnen sind. Damit betrug der wirtschaftliche Ausfall im Jahr 2015 CHF 32'162.55.

Die Beklagte bringt in diesem Zusammenhang vor, dem Bestätigungsschreiben der Arbeitgeberin vom 6. März 2017 könne entnommen werden, dass es sich bei diesen Angaben um reine Annahmen handle. Da sie diese Lohnentwicklung somit nur unverbindlich abgegeben habe, könne darauf nicht abgestellt werden. Dem ist entgegenzuhalten, dass es sich bei den vorgenannten Lohnangaben der B.___ ab 2011 betreffend eines 100 %-Pensums nur insofern um Annahmen handelt, weil die Klägerin bereits per November 2010 auf ein 50 %-Pensum reduziert hatte und damit die Lohnerhöhungen in einem 100 %-Pensum zwangsläufig Annahmen darstellen. Dies ist bei Arbeitgeberauskünften im Zusammenhang mit Valideneinkommen denn auch üblich. Hinweise, dass die im Schreiben vom 6. März 2017 von der B.___ gemachten Angaben betreffend Lohn und Lohnerhöhungen unzutreffend wären, sind weder aus den Akten ersichtlich noch werden solche von der Beklagten vorgebracht. Auf die Angaben der B.___ kann somit abgestellt werden. Am Ergebnis würde sich im Übrigen nichts ändern, wenn man entsprechend dem Standpunkt der Beklagten (vgl. Duplik, S. 2) von einem Erwerbsausfall von CHF 31'330.00 ausginge.

6.3.2 Dem errechneten wirtschaftlichen Ausfall (Ziff. 6.3.1 vorstehend) sind die der Klägerin im Jahr 2015 ausbezahlten Rentenleistungen der Invalidenversicherung sowie der 2. Säule der beruflichen Vorsorge gegenüberzustellen. Gemäss Bescheinigung der C.___ vom 5. September 2017 (A.S. 58) erhält die Klägerin von der D.___ seit April 2010 bis auf Weiteres eine monatliche Invalidenrente von CHF 860.00, bzw. auf das ganze Jahr aufgerechnet CHF 10'320.00. Zudem erhält sie gemäss Bescheinigung der SVA Basel-Landschaft eine monatliche Invalidenrente von CHF 968.00, bzw. pro Jahr CHF 11'616.00. Damit erhielt sie im Jahr 2015 von der Invalidenversicherung sowie der 2. Säule der beruflichen Vorsorge Rentenleistungen im Gesamtbetrag von CHF 21'936.00.

Somit entstand der Klägerin für das Jahr 2015 eine Unterdeckung von CHF 10'226.55 (CHF 32'162.55 - CHF 21'936.00). Demnach ergibt sich auch mit dem Rentenbetrag von CHF 6'000.00, welchen die Klägerin von der Beklagten jährlich beansprucht, keine Überentschädigung.

6.4 Schliesslich macht die Beklagte geltend, gemäss Ziff. 2.3 der hier massgebenden AVB gebe eine Erwerbsunfähigkeit von weniger als 25 % weder Anspruch auf Prämienbefreiung noch auf Rente. Somit müsste die Klägerin den Nachweis dafür erbringen können, dass sie trotz der IVund BVG-Rente noch einen finanziellen Nachteil erleide (Ziff. 2.1 AVB), welcher mindestens 25 % betrage (Ziff. 2.3 AVB). Die Klägerin erleide diesen finanziellen Nachteil aber nicht, da sie durch andere Sozialversicherer (IV und Pensionskasse, also die Säulen 1 und 2) den finanziellen Nachteil habe abfedern können bzw. der behauptete (aber bestrittene) Schaden zumindest nicht die erforderliche Höhe von 25 % aufweise.

Diese Auslegung der AVB überzeugt nicht. Gemäss Ziff. 2.1 AVB der Beklagten liegt eine Erwerbsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person infolge medizinisch objektiv feststellbarer Krankheit eines Unfalls ausserstande ist, ihren Beruf eine andere zumutbare Erwerbstätigkeit auszuüben (ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage) und sie dadurch gleichzeitig einen Erwerbsausfall einen diesem entsprechenden finanziellen Nachteil erleidet. Dass die Beklagte nur dann leistungspflichtig wäre, wenn dieser finanzielle Nachteil auch nach Auszahlung aller Rentenleistungen der übrigen Sozialversicherer immer noch mindestens 25 % beträgt, kann aus den AVB entgegen der Ansicht der Beklagten aber nicht abgeleitet werden. Vielmehr ist der Grad der Erwerbsunfähigkeit durch einen Vergleich der Erwerbseinkommen zu bestimmen. Dies ergibt sich klar aus Ziff. 21. Abs. 2 der AVB: «Der Grad der Erwerbsunfähigkeit entspricht der Differenz zwischen dem Erwerbseinkommen, das die versicherte Person vor dem Eintritt der Erwerbsunfähigkeit erzielt hat, und demjenigen, das die versicherte Person nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit erzielt bei ausgeglichenem Arbeitsmarkt erzielen könnte.» Diese Definition stimmt inhaltlich mit der Bemessung des Invaliditätsgrades nach Art. 16 ATSG überein. Für eine Auslegung, wonach das Invalideneinkommen um Versicherungsleistungen der 1. und 2. Säule zu erhöhen wäre, besteht keine Grundlage. Der Argumentation der Beklagten folgend wären die Begriffe «Erwerbsunfähigkeit», «Erwerbsausfall» und «finanzieller Nachteil» gleichzustellen. Dies geht so aber nicht aus den AVB hervor. So spricht Ziff. 2.3 ausdrücklich und nur von einer «Erwerbsunfähigkeit von weniger als 25 %», welche weder Anspruch auf Prämienbefreiung noch auf Rente gebe. In Ziffer 2.1 AVB stellen die Begriffe «Erwerbsausfall» «finanzieller Nachteil» unter dem Titel «Definition der Erwerbsunfähigkeit» lediglich einzelne Definitionskriterien dar. Nach Ziff. 2.3 AVB muss somit in begrifflicher Hinsicht damit ein Anspruch auf Leistung entsteht die Erwerbsunfähigkeit bzw. die Arbeitsunfähigkeit 25 % betragen, nicht aber der Erwerbsausfall bzw. der finanzielle Nachteil. Die in Ziff. 2.3 genannte Voraussetzung einer Mindesterwerbsunfähigkeit von 25 % ist demnach nicht mit einem Erwerbsausfall einem finanziellen Nachteil in der Höhe von 25 % gleichzusetzen. Die genannte Erwerbsunfähigkeit von 25 % gilt vielmehr als «Schwelle» für den Eintritt des Versicherungsfalls. Die Erwerbsunfähigkeit beträgt bei der Klägerin unbestrittenermassen 50 %, womit der Versicherungsfall fraglos eingetreten ist.

7. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Klägerin mindestens seit dem 1. Januar 2015, ab welchem vorliegend Rentenleistungen von der Beklagten gefordert werden, eine jährliche Unterdeckung zu verzeichnen hat, welche die von der Beklagten zu zahlenden Rentenleistungen von jährlich CHF 6'000.00 übersteigt. Somit ist die Klage in dem Sinne gutzuheissen, dass die Beklagte der Klägerin rückwirkend per 1. Januar 2015 eine Invalidenrente gestützt auf eine Erwerbsunfähigkeit von 50 % ausmachend jährlich CHF 6000.00 auszurichten hat.

Auf Invalidenrenten der beruflichen Vorsorge sind erst ab dem Zeitpunkt der Betreibung Klageanhebung Verzugszinsen zu bezahlen (BGE 137 V 373 E. 6.6 S. 382). Die Klägerin liess am 29. Dezember 2016 Klage erheben, womit ihr ab diesem Datum Verzugszinsen zuzusprechen sind. Der Zinssatz beträgt 5 % (BGE 119 V 131 E. 4d S. 135).

8. Bei diesem Verfahrensausgang hat die Klägerin Anspruch auf eine Parteientschädigung. Diese hat sich ohne Rücksicht auf den Streitwert nach dem zu beurteilenden Sachverhalt und der Schwierigkeit des Prozesses zu bemessen.

Der Vertreter der Klägerin macht mit den Kostennoten vom 2. Mai 2017 sowie vom 28. September 2017 eine Honorarforderung von total CHF 5'472.75 geltend, wobei er den geltend gemachten Aufwand von 14.45 Stunden zu einem Stundenansatz von CHF 330.00 abgerechnet hat. Gemäss § 160 Abs. 2 GebT ist bei anwaltlicher Vertretung für den Stundenansatz zwar ein Rahmen von CHF 230.00 bis 330.00 möglich. Praxisgemäss gewährt das Versicherungsgericht aber einen Ansatz von mehr als CHF 260.00 nur in ganz aussergewöhnlichen Fällen. Ein solcher liegt hier nicht vor. Die Frage nach der Geltung eines Überentschädigungsverbots ist zwar vergleichsweise komplex, ihr kam jedoch letztlich keine entscheidende Bedeutung zu. Aus den rechtlichen Ausführungen des Vertreters der Klägerin geht den auch nicht hervor, dass zur Erarbeitung der Rechtsschriften aussergewöhnlich komplexe rechtliche Abklärungen notwendig gewesen wären. Damit erscheint ein Stundenansatz von CHF 260.00 angemessen. Auch der geltend gemachte Aufwand von 14.45 Stunden erscheint eher hoch, kann aber aufgrund der Schwierigkeit der Sache noch als angemessen gelten. Somit beläuft sich die Parteientschädigung auf CHF 4'248.00 (14.45 x CHF 260.00, zuzüglich CHF 176.35 Auslagen und 8 % Mehrwertsteuer). Hinsichtlich der eingerechneten Auslagen ist festzuhalten, dass gemäss § 160 Abs. 5 GebT lediglich CHF 0.50 pro Fotokopie vergütet werden und nicht wie vom Vertreter der Klägerin geltend gemacht CHF 1.00.

9. Gestützt auf Art. 73 Abs. 2 BVG sind für das vorliegende Verfahren keine ordentlichen Kosten zu erheben. Von diesem Grundsatz abzuweichen, besteht im vorliegenden Fall kein Anlass.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Klage wird gutgeheissen.

2.    Die Beklagte hat der Klägerin rückwirkend per 1. Januar 2015 eine Invalidenrente von monatlich CHF 500.00 bzw. jährlich CHF 6000.00 auszurichten.

3.    Die Monatsrenten für Januar 2015 bis November 2016 sind ab 29. Dezember 2016, die weiteren Betreffnisse ab Ende des jeweiligen Monats, zu 5 % zu verzinsen.

4.    Die Beklagte hat der Klägerin eine Parteientschädigung von CHF 4'248.00 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen.

5.    Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vorund Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn

Der Präsident Der Gerichtsschreiber

Flückiger Isch



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