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Urteil Versicherungsgericht (SO)

Zusammenfassung des Urteils VSBES.2018.108: Versicherungsgericht

Die Beschwerdeführerin A. hat sich bei der Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn gemeldet, um Arbeitslosenentschädigung zu beantragen. Die Kasse lehnte den Anspruch ab, da der Ehemann der Beschwerdeführerin dem Verwaltungsrat der C. AG angehörte. Trotz Einspruch wurde die Ablehnung bestätigt. Die Beschwerdeführerin reichte beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Beschwerde ein, die jedoch abgewiesen wurde, da ihr Ehemann weiterhin eine arbeitgeberähnliche Stellung innehatte. Die Beschwerdeführerin hatte somit keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Die Beschwerdegegnerin, die juristische Dienstleistungen anbietet, gewann den Rechtsstreit.

Urteilsdetails des Kantongerichts VSBES.2018.108

Kanton:SO
Fallnummer:VSBES.2018.108
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:-
Versicherungsgericht Entscheid VSBES.2018.108 vom 04.12.2018 (SO)
Datum:04.12.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verneinung der Anspruchsberechtigung
Schlagwörter : Arbeit; Anspruch; Arbeitslosenentschädigung; ALK-Nr; Ehemann; Entscheid; Person; Betrieb; Solothurn; Versicherungsgericht; Personen; Ehegatten; Bundesgericht; Kantons; Verwaltungsrat; Stellung; Einsprache; Parteientschädigung; Frist; Arbeitnehmer; Unternehmen; Konkubinat; Urteil; Akten; Eigenschaft; Handelsregister; Rubin; Bundesgerichts; Partner; Hinweis
Rechtsnorm:Art. 13a ATSG ;
Referenz BGE:122 V 270; 123 V 234; 137 V 133;
Kommentar:
Ueli Kieser, Kommentar zum ATSG, 2015
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts VSBES.2018.108

Urteil vom 4. Dezember 2018


Vizepräsidentin Weber-Probst

Oberrichter Marti

Oberrichter Kiefer

Gerichtsschreiber Haldemann


A.___

Beschwerdeführerin

gegen


Juristische Dienstleistungen, Rathausgasse 16, 4509 Solothurn

Beschwerdegegnerin

betreffend Verneinung der Anspruchsberechtigung (Einspracheentscheid vom 22. März 2018)


zieht das Versicherungsgericht in Erwägung:

I.       

1. Die Versicherte A.___ (fortan: Beschwerdeführerin) meldete sich am 1. November 2017 bei der Öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn (fortan: Beschwerdegegnerin) zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an (Akten der Beschwerdegegnerin / ALK-Nr. 7). Mit Verfügung vom 3. Januar 2018 verneinte die Beschwerdegegnerin einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. November 2017 (ALK-Nr. 1). Zur Begründung gab sie an, B.___, der Ehemann der Beschwerdeführerin, gehöre dem Verwaltungsrat der C.___ AG an, nehme also bei der vormaligen Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin eine arbeitgeberähnliche Stellung ein. Die dagegen erhobene Einsprache (ALK-Nr. 6) wies die Beschwerdegegnerin mit Entscheid vom 22. März 2018 ab (Aktenseite / A.S. 1 ff.).

2. Am 23. April 2018 erhebt die Beschwerdeführerin beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn (fortan: Versicherungsgericht) Beschwerde mit dem Rechtsbegehren, die angefochtene Verfügung vom 22. März 2018 sei aufzuheben und der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. November 2017 zu bejahen, unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerin (A.S. 4 ff).

Die Beschwerdegegnerin stellt mit Beschwerdeantwort vom 8. Juni 2018 folgende Anträge (A.S. 11 ff.):

1.    Die Beschwerde sei abzuweisen.

2.    Es sei keine Parteientschädigung zu sprechen.

3.    Gerichtskosten seien keine aufzuerlegen.

Die Beschwerdeführerin gibt dazu innert der Frist bis 2. Juli 2018 (s. A.S. 18) keine Replik ab und lässt sich auch sonst nicht mehr vernehmen (s. A.S. 21).

II.

1. Die Sachurteilsvoraussetzungen (zulässiges Anfechtungsobjekt, Einhaltung von Frist und Form, örtliche, sachliche und funktionelle Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, Legitimation) sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten. Streitig ist, ob der Beschwerdeführerin ab 1. November 2017 Arbeitslosenentschädigung zusteht.

2.

2.1 Versicherte, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, finanziell am Betrieb beteiligte Personen Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen massgeblich beeinflussen können, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten, haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung (Art. 31 Abs. 3 lit. c Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung / AVIG, SR 837.0). Diese Regelung nebst der dazu entwickelten Rechtsprechung findet analog auch auf die Arbeitslosenentschädigung nach Art. 8 ff. AVIG Anwendung: Wenn ein Arbeitnehmer nach der Entlassung seine arbeitgeberähnliche Stellung im Betrieb beibehält und dadurch die Entscheidungen des Arbeitgebers weiterhin bestimmen massgeblich beeinflussen kann, so hat er insbesondere die Möglichkeit, sich bei Bedarf wieder in seiner Firma anzustellen und damit seine Arbeitslosigkeit nach eigenem Belieben zu verlängern zu beenden. Unter solchen Umständen besteht kein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (s. BGE 123 V 234 E. 7b S. 239; Boris Rubin: Commentaire de la loi sur lassurance-chômage, Genf 2014, Art. 10 N 18 + 19 sowie Art. 31 N 40). Anders verhält es sich, wenn nicht nur das Arbeitsverhältnis gekündigt, sondern auch der Betrieb geschlossen wird, das Ausscheiden des betreffenden Arbeitnehmers mithin definitiv ist; dasselbe gilt für den Fall, dass das Unternehmen zwar weiterbesteht, der Arbeitnehmer aber mit der Kündigung endgültig jene Eigenschaften verliert, derentwegen er vom Leistungsanspruch ausgenommen wäre (s. BGE 123 V 234 E. 7b S. 238 f.). Entscheidend ist der Zeitpunkt des effektiven Rücktritts von der arbeitgeberähnlichen Position, welcher unmittelbar wirksam ist, und nicht die Löschung des Eintrags der betreffenden Person im Handelsregister (Rubin, a.a.O., Art. 10 N 32 sowie Art. 31 N 42).

2.2 Ob Arbeitnehmer einem obersten betrieblichen Entscheidungsgremium angehören und ob sie in dieser Eigenschaft massgeblich Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen nehmen können, ist auf Grund der internen betrieblichen Struktur zu beantworten (BGE 122 V 270 E. 3 S. 272 f.). Keine Prüfung des Einzelfalles ist indes erforderlich, wenn sich die massgebliche Entscheidungsbefugnis bereits zwingend aus dem Gesetz selbst ergibt, was z.B. bei mitarbeitenden Verwaltungsräten einer Aktiengesellschaft der Fall ist (BGE 123 V 234 E. 7a S. 237).

2.3 Der Ausschluss der in Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG genannten Personen vom Entschädigungsanspruch ist absolut zu verstehen (BGE 123 V 234 E. 7a S. 237). Begegnet werden soll nicht nur dem ausgewiesenen Missbrauch an sich, sondern bereits dem Risiko eines solchen, welches der Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung an arbeitgeberähnliche Personen und deren Ehegatten inhärent ist (Barbara Kupfer Bucher, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum AVIG, 4. Aufl., Zürich 2013, S. 16 mit Hinweisen).

3.

3.1 Die Beschwerdeführerin war zuletzt bei der C.___ AG angestellt. Die Arbeitgeberin löste dieses Arbeitsverhältnis per 31. Oktober 2017 aus wirtschaftlichen Gründen auf (ALK-Nr. 4). Der Ehemann der Beschwerdeführerin, B.___, ist seit dem 19. Oktober 2011 als einziges Mitglied des Verwaltungsrates der C.___ AG mit Einzelunterschrift im Handelsregister eingetragen (vorher als Präsident, s. Handelsregisterauszug vom 1. Juni 2018, ALK-Nr. 5). In dieser aktienrechtlichen Funktion kam dem Ehemann eine arbeitgeberähnliche Stellung im Unternehmen zu, ohne dass die interne Organisation der C.___ AG näher geprüft werden müsste (s. E. II. 2.2 hiervor). Die Beschwerdeführerin bestreitet im Übrigen nicht, dass ihr Ehemann dem Verwaltungsrat bis zum angefochtenen Einspracheentscheid angehörte.

Die Beschwerdeführerin wurde somit zwar entlassen und schied aus der C.___ AG aus, da aber ihr Ehemann im Unternehmen weiterhin als Verwaltungsrat amtete und eine arbeitgeberähnliche Stellung einnahm, besitzt sie keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung.

3.2 Was die Beschwerdeführerin in Einsprache und Beschwerdeschrift vorbringt, dringt nicht durch:

3.2.1 Es trifft zwar zu, dass sich Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG seinem Wortlaut nach nur auf die Kurzarbeitsentschädigung bezieht. Arbeitgeberähnliche Personen und deren Ehegatten sind jedoch, wie bereits dargelegt, nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts auch vom Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ausgeschlossen (s. E. II. 2.1 hiervor). Die Auffassung der Beschwerdeführerin, die Beschwerdegegnerin habe ihren Anspruch allein wegen der verwaltungsinternen Weisungen des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) verneint, ist daher unrichtig.

3.2.2 Der Einwand, die Beschwerdeführerin habe selber keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der C.___ AG (s. ALK-Nr. 6), ist unbehelflich. Laut Gesetz und Praxis sind nicht nur arbeitgeberähnliche Personen, sondern eben auch deren Ehegatten vom Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ausgeschlossen (s. E. II. 2.1 hiervor).

3.2.3 Die massive Verschlechterung der Geschäftslage und die Absicht des Ehemanns, die C.___ AG zu verkaufen zu liquidieren (s. ALK-Nr. 6), bedeutet nicht, dass eine Rückkehr der Beschwerdeführerin an den früheren Arbeitsplatz unmöglich ist und kein Missbrauchsrisiko mehr besteht. Die Beschwerdeführerin macht einerseits nicht geltend, der Betrieb sei endgültig und unwiderruflich eingestellt worden. Andererseits ergeben sich aus den Akten keine Umstände, welche eine Reaktivierung des Betriebs und damit eine Wiedereinstellung der Beschwerdeführerin ausschliessen würden (wie z.B. die Veräusserung von betriebsnotwendigem Material die Kündigung von für den Betrieb wichtigen Verträgen, s. n. publ. Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn VSBES.2013.179 vom 11. Juni 2014 E. II. 2.1, mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin erwähnt selber, dass der Verkauf des Betriebes in Erwägung gezogen werde und ihre frühere Arbeit vom Ehemann sowie vom stellvertretenden Geschäftsführer übernommen worden sei (ALK-Nr. 6); von einer definitiven Stilllegung des Betriebs kann daher noch keine Rede sein.

3.2.4 Die Beschwerdeführerin rügt weiter, der bedingungslose Ausschluss von Ehegatten von der Anspruchsberechtigung stelle gegenüber eingetragenen Partnern und Konkubinatspartnern eine Ungleichbehandlung sowie Diskriminierung dar, was nach der Schweizerischen Bundesverfassung unzulässig sei (vgl. Art. 8 Abs. 1 und 2 BV, SR 101). Dem kann nicht gefolgt werden. Solange eine eingetragene Partnerschaft dauert, ist sie im Sozialversicherungsrecht einer Ehe gleichgestellt (Art. 13a Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts / ATSG, SR 830.1). Eingetragene Partner werden demnach entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin im Rahmen von Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG gleich behandelt wie Eheleute. Eine Gleichstellung mit Konkubinatspaaren sieht Art. 13a ATSG demgegenüber nicht vor (Ueli Kieser: Kommentar zum ATSG, 3. Aufl., Zürich 2015, Art. 13a N 5), weshalb der Konkubinatspartner einer arbeitgeberähnlichen Person nicht vom Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ausgeschlossen ist (Rubin, a.a.O., Art. 31 N 43; Kupfer Bucher, a.a.O., S. 16 mit Hinweis). Diese unterschiedliche Behandlung findet ihren Grund darin, dass Ehe und Konkubinat unterschiedliche Formen des Zusammenlebens mit unterschiedlichen Rechtswirkungen darstellen (vgl. dazu BGE 137 V 133 E. 7 S. 142).

3.3 Zusammenfassend stellt sich die Beschwerde als unbegründet heraus und ist abzuweisen.

4. Bei diesem Verfahrensausgang steht der Beschwerdeführerin keine Parteientschädigung zu.

Die Beschwerdegegnerin wiederum hat als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisation abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (vgl. etwa BGE 128 V 133 E. 5b, 126 V 150 E. 4a).

5. In Beschwerdesachen der Arbeitslosenversicherung sind keine Verfahrenskosten zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen und keine Verfahrenskosten erhoben.

Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vorund Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn

Die Vizepräsidentin Der Gerichtsschreiber

Weber-Probst Haldemann



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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