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Urteil Versicherungsgericht (SO)

Zusammenfassung des Urteils VSBES.2015.305: Versicherungsgericht

Der Fall handelt von einem Mann namens C.________, der eine finanzielle Unterstützung für die Zahlung der obligatorischen Krankenversicherungsprämien erhält. Nach einer Überprüfung reduzierte das Amt für Kranken- und Unfallversicherung (OCC) seine Unterstützung, was zu einem Rechtsstreit führte. Das Gericht bestätigte die Entscheidung des OCC, da der berechnete Nettoertrag des Klägers unter der gesetzlichen Grenze lag. Der Richter, Frau Röthenbacher, entschied, dass der Rekurs von C.________ abgewiesen wird, die Entscheidung des OCC bleibt bestehen. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben und keine Entschädigungen gewährt.

Urteilsdetails des Kantongerichts VSBES.2015.305

Kanton:SO
Fallnummer:VSBES.2015.305
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:-
Versicherungsgericht Entscheid VSBES.2015.305 vom 22.12.2016 (SO)
Datum:22.12.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Beiträge
Schlagwörter : ändig; Erwerbstätigkeit; AK-Nr; Verfügung; Einkommen; Urteil; Einsprache; Tragsverfügung; Provision; Bundesgericht; Ausgleichskasse; Beitragsverfügung; Versicherungsgericht; Recht; Einspracheentscheid; Kantons; Arbeitgeber; Vergütung; Entscheid; Bundesgerichts; Person; Verfahren; Solothurn; Versicherungsgerichts
Rechtsnorm:Art. 53 ATSG ;
Referenz BGE:119 V 161; 122 V 169; 123 V 161; 141 V 514;
Kommentar:
Ueli Kieser, ATSG- 3. Auflage, Zürich, Art. 53 ATSG, 2015
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts VSBES.2015.305

Urteil vom 22. Dezember 2016

Es wirken mit:

Präsident Flückiger

Gerichtsschreiber Häfliger

In Sachen

A.___

Beschwerdeführerin

gegen

Ausgleichskasse Kt. Solothurn, Postfach 116, 4501 Solothurn,

Beschwerdegegnerin

betreffend persönliche AHV/IV/EO-Beiträge für Selbständigerwerbende pro 2011 (Einspracheentscheid vom 19. November 2015)

zieht der Präsident des Versicherungsgerichts in Erwägung:

I.

1.

1.1 Am 6. November 2012 meldete die Steuerbehörde der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn (nachfolgend Beschwerdegegnerin), A.___ (nachfolgend Beschwerdeführerin) habe im Jahr 2011 ein Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit von CHF 119375.00 erzielt (Ausgleichskasse Beleg [AK-]Nr. 1). Gestützt darauf erliess die Beschwerdegegnerin am 11. September 2013 eine Beitragsverfügung, mit der sie die Beschwerdeführerin zur Bezahlung persönlicher Sozialversicherungsbeiträge (AHV/IV/EO) auf Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit für das Jahr 2011 im Betrag von insgesamt CHF 13198.20 verpflichtete (AK-Nr. 2).

1.2. Am 22. September 2013 sandte die Beschwerdeführerin diese Beitragsverfügung an die Beschwerdegegnerin zurück. Sie erklärte, die Meldung der Steuerbehörde treffe in keiner Weise zu, denn sie sei seit 1. November 1986 ununterbrochen zu 100 % bei der B.___ in [...] angestellt und habe während dieser Zeit keine nebenberuflichen Erwerbstätigkeiten (weder selbständig noch unselbständig) ausgeübt (AK-Nr. 3). Am 3. November 2013 teilte sie der Beschwerdegegnerin ausserdem mit, beim von der Veranlagungsbehörde angenommenen Einkommen aus selbständiger Tätigkeit im Jahr 2011 handle es sich um eine einmalige Provisionszahlung, die durch Zufall entstanden sei und keiner erwerbsmässigen Tätigkeit entspreche (AK-Nr. 5).

1.3 In der Folge leitete die Beschwerdegegnerin die Unterlagen an die Ausgleichskasse der Aargauischen Industrieund Handelskammer (nachfolgend AK AGIH) zur Beurteilung weiter, da diese für die arbeitgebende Person zuständig sei. Sie bat die AK AGIH mitzuteilen, ob die Beschwerdeführerin als Unselbständige zu betrachten sei (AK-Nr. 6). Eine Mitarbeiterin der AK AGIH teilte der Beschwerdegegnerin am 19. Mai 2014 telefonisch mit, man gehe nun von einem Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit aus und habe dementsprechend Lohnbeiträge bei der C.___, welche die Provisionszahlung ausgerichtet hatte, in deren Eigenschaft als Arbeitgeberin erhoben. Die C.___ habe jedoch Einsprache erhoben und der Fall sei noch pendent (AK-Nr. 7).

2. Mit Verfügung vom 27. Mai 2014 hob die Beschwerdegegnerin die Beitragsverfügung vom 11. September 2013 über die AHV/IV/EO-Beiträge für das Jahr 2011 auf. Zur Begründung wurde erklärt, man habe die Angelegenheit aufgrund der Ausführungen der Beschwerdeführerin geprüft und sei zum Schluss gekommen, dass es sich nicht um eine selbständige Tätigkeit handle, da Provisionen zum mass-gebenden Lohn und nicht zum selbständigen Einkommen gehörten. Für das Abrechnen der Sozialversicherungsbeiträge sei die C.___, welche der Beschwerdeführerin die Provision ausbezahlt hatte, als Arbeitgeberin zuständig (AK-Nr. 8).

3.

3.1 Mit Einspracheentscheid vom 12. August 2014 wies AK AGIH die Einsprache der C.___ gegen die Feststellungsverfügung vom 1. April 2014, mit der die Provisionszahlung als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit bezeichnet worden war, ab (AK-Nr. 9).

3.2 Die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde der C.___ vom 8. September 2014 hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 30. Juni 2015 (AK-Nr. 10) gut. Es erwog, die Tätigkeit der Beschwerdeführerin erfülle sowohl Elemente einer selbständigen wie auch einer unselbständigen Tätigkeit; insgesamt sei von einem Überwiegen der ersteren auszugehen. Wie sich dem Urteil weiter entnehmen lässt, vertrat eine Minderheit innerhalb des Gerichts die gegenteilige Auffassung. Das Urteil vom 30. Juni 2015 wurde auch der Beschwerdeführerin, die zum Verfahren beigeladen worden war, zugestellt; es blieb unangefochten.

4.

4.1 Mit Beitragsverfügung vom 9. September 2015 setzte die Beschwerdegegnerin die durch die Beschwerdeführerin zu bezahlenden persönlichen AHV-Beiträge pro 2011 erneut fest, und zwar wiederum auf den Betrag von insgesamt CHF 13198.20. Sie hielt fest, diese Verfügung ersetze jene vom 11. September 2013 (AK-Nr. 12). Gleichzeitig stellte sie der Beschwerdeführerin Verzugszinsen von CHF 1776.25 in Rechnung (AK-Nr. 17.6).

4.2 Die dagegen am 20. September 2015 erhobene Einsprache der Beschwerdeführerin (AK-Nr. 13), die diese am 7. Oktober 2015 ergänzte (AK-Nr. 15), wies die Beschwerdegegnerin mit Entscheid vom 19. November 2015 ab (AK-Nr. 16).

5. Am 28. November 2015 erhebt die Beschwerdeführerin gegen den Einspracheentscheid vom 19. November 2015 Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit dem Rechtsbegehren, die Nachtragsverfügung der Beschwerdegegnerin vom 9. September 2015 sei als nichtig zu erklären (Aktenseite [A.S.] 6 ff.).

6. In der Beschwerdeantwort vom 12. Januar 2016 beantragt die Ausgleichskasse, die Beschwerde sei abzuweisen (A.S. 14 f.); dazu äussert sich die Beschwerdeführerin am 17. Januar 2016 (A.S. 18 ff.). Die Beschwerdegegnerin teilt am 25. Januar 2016 mit, auf eine weitere Stellungnahme zu verzichten (A.S. 22).

7. Auf die Ausführungen der Parteien in ihren Rechtsschriften wird im Folgenden, soweit notwendig, eingegangen. Im Übrigen wird auf die Akten verwiesen.

II.

1.

1.1 Die Sachurteilsvoraussetzungen (Einhaltung von Frist und Form, örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts) sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

1.2 Streitig ist, ob die Beschwerdegegnerin am 9. September 2015 zu Recht eine Beitragsverfügung für Selbständigerwerbende erlassen und darin die Beschwerdeführerin verpflichtet hat, Beitrage aus selbständiger Tätigkeit für das Jahr 2011 von insgesamt CHF 13198.20 zu bezahlen (AK-Nr. 12).

1.3 Der Präsident des Versicherungsgerichts beurteilt sozialversicherungsrechtliche Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 30'000.00 als Einzelrichter (§ 54bis Abs. 1 lit. a Kantonales Gesetz über die Gerichtsorganisation [GO, BGS 125.12]). Da der Streitwert unter dieser Grenze liegt, fällt die Angelegenheit in die einzelrichterliche Zuständigkeit.

2. Zu prüfen ist zunächst in formeller Hinsicht, ob über das Beitragsstatut der Beschwerdeführerin bereits mit der Verfügung vom 27. Mai 2014 (AK-Nr. 8) rechtskräftig entschieden wurde, wie es die Beschwerdeführerin geltend macht.

2.1 Die Verfügung vom 27. Mai 2014 ist überschrieben mit «Aufhebungsverfügung betreffend die Verfügung über die AHV/IV/EO-Beiträge für das Jahr 2011». Die Beschwerdegegnerin führt aus, gemäss einer ergänzend eingeholten Auskunft der Steuerbehörde vom 2. Dezember 2013 handle es sich «beim selbstständigen Einkommen um Verkaufsprovisionen». Gemäss Art. 7 lit. g Verordnung über die Altersund Hinterlassenenversicherung (AHVV, SR 831.101) gehörten zum massgebenden Lohn (aus unselbständiger Erwerbstätigkeit) insbesondere Provisionen und Kommissionen. Man habe die Angelegenheit neu geprüft und sei zum Schluss gekommen, dass es sich nicht um eine selbständige Tätigkeit handle. Provisionen gehörten zum massgebenden Lohn und nicht zum selbstständigen Einkommen. Die C.___ sei daher für die Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge zuständig. Die entsprechenden Beiträge seien der C.___ bereits durch die Ausgleichskasse Aargauischer Arbeitgeber in Rechnung gestellt worden. Gestützt auf diese Ausführungen werde die Verfügung vom 11. September 2013 aufgehoben (AK-Nr. 8).

2.2 Verwaltungsverfügungen sind grundsätzlich nicht nach ihrem bisweilen unzutreffenden Wortlaut, sondern nach ihrem wirklichen rechtlichen Gehalt zu verstehen (BGE 120 V 496 E. 1a S. 497; Urteile des Bundesgerichts 8C_761/2009 vom 14. Dezember 2009 E. 3 und I 566/02 vom 24. April 2003 E. 2.1). Eine in diesem Sinn vorzunehmende Auslegung der Verfügung vom 27. Mai 2014 führt zum Ergebnis, dass diese keine abschliessende Beurteilung der Rechtsnatur der Vergütung von CHF 119375.00 enthielt. Die Beschwerdegegnerin erliess keinen Einspracheentscheid, mit dem die angefochtene Verfügung aufgehoben und festgestellt worden wäre, dass kein AHV-beitragspflichtiges Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit vorliegt, sondern beschränkte sich darauf, die Verfügung vom 11. September 2013 mittels Verfügung aufzuheben. Es handelte sich nicht um einen reformatorischen, sondern um einen rein kassatorischen Entscheid. Wie aus den vorstehend wiedergegebenen Erwägungen hervorgeht, sollte nicht abschliessend festgelegt werden, bei der Vergütung von CHF 119375.00 handle es sich um Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit. Vielmehr lautete die Verfügung dahingehend, dass die Beschwerdegegnerin zurzeit von einem Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit ausgehe und deshalb die für die Arbeitgeberin zuständige Ausgleichskasse, welche diese Auffassung teile, eine entsprechende Beitragsverfügung an die «Arbeitgeberin», die C.___, erlassen habe. Aus dieser Formulierung wurde deutlich, dass im dortigen Verfahren über die AHV-Beitragspflicht für das fragliche Entgelt entschieden werden sollte. Die Beschwerdeführerin wurde denn auch zum nachfolgenden Rechtsmittelverfahren, das mit dem Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 30. Juni 2015 (AK-Nr. 10) seinen Abschluss fand, beigeladen. Der Auffassung der Beschwerdeführerin, über ihre Beitragspflicht für die Vergütung von CHF 119375.00 sei mit der Verfügung vom 27. Mai 2014 rechtskräftig entschieden worden, kann deshalb nicht gefolgt werden. Der rechtlich relevante Inhalt der Verfügung vom 27. Mai 2014 lautet vielmehr dahingehend, dass die ursprüngliche Beitragsverfügung vom 11. September 2013 aufgehoben wurde und der Entscheid über das Beitragsstatut im Verfahren mit der «Arbeitgeberin» gefällt werden sollte.

3. Vor dem Hintergrund der soeben dargelegten Auslegung der Verfügung vom 27. Mai 2014 erweist sich der Antrag der Beschwerdeführerin, die Nachtragsverfügung vom 9. September 2015 (respektive der sie ersetzende Einspracheentscheid vom 19. November 2015) sei als nichtig zu erklären, als unbegründet. Vielmehr handelte die Beschwerdegegnerin folgerichtig, indem sie das rechtskräftige Ergebnis des Verfahrens über das Beitragsstatut abwartete und anschliessend, entsprechend diesem Ergebnis, eine neue Beitragsverfügung erliess. Die darin enthaltene Beurteilung, die Vergütung von CHF 119375.00 bilde (eben doch) Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit, steht im Einklang mit dem rechtskräftigen Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 30. Juni 2015 (AK-Nr. 10); dieses hält in Erwägung 2.2, S. 6, fest, es sei von einer selbständigen Erwerbstätigkeit auszugehen. Die Beschwerdeführerin, welche durch das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zum dortigen Beschwerdeverfahren beigeladen worden war und auch eine Stellungnahme eingereicht hatte (vgl. E. 2.4, S. 3, des Urteils), muss das Urteil vom 30. Juni 2015 gegen sich gelten lassen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_834/2013 vom 18. Juli 2014 E. 1.1). Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen.

4. Wenn man, entgegen dem Gesagten, davon ausgehen wollte, mit der Verfügung vom 27. Mai 2014 sei rechtskräftig entschieden worden, dass die Vergütung von CHF 119375.00 kein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit darstelle, wäre eine spätere Korrektur dieser Einschätzung nach der Rechtsprechung (BGE 121 V 1) möglich und zulässig, falls die Voraussetzungen einer prozessualen Revision (Art. 53 Abs. 1 ATSG) einer Wiedererwägung (Art. 53 Abs. 2 ATSG) erfüllt sind. Der Vollständigkeit halber ist zu prüfen, ob diese Konstellation vorliegt.

4.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die einmalige Vermittlungsprovision sei weder als selbständiges noch als unselbständiges Einkommen zu betrachten, sondern bilde überhaupt kein Erwerbseinkommen. Deshalb seien keine Sozialversicherungsbeiträge zu erheben. Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen, denn die Vergütung von CHF 119375.00 geht eindeutig auf eine Tätigkeit zurück, so dass sich nur die Frage stellen kann, ob diese selbständiger unselbständiger Natur ist.

4.2 Die beitragsrechtliche Unterscheidung zwischen Selbständigerwerbenden und Unselbständigerwerbenden beruht auf einer unabhängigen Begriffsbildung, die sich insbesondere mit dem, was üblicherweise unter einem (Un-)Selbständigen verstanden werden mag, nicht zu decken braucht. Bei Versicherten, die mehrere Tätigkeiten gleichzeitig ausüben, ist jedes Erwerbseinkommen gesondert auf seinen beitragsrechtlichen Charakter zu überprüfen; dies sogar dann, wenn die verschiedenen Erwerbstätigkeiten in ein und derselben Unternehmung ausgeübt werden (vgl. Urteile des Bundesgerichts 9C_132/2011 vom 26. April 2011 E. 3.2; BGE 122 V 169 E. 3b S. 172; BGE 104 V 126 E. 3b S. 127). Zudem hat der Umstand, dass eine beitragspflichtige Person gleichzeitig einer Ausgleichskasse als selbständig erwerbend angeschlossen ist, für die Qualifikation eines Entgelts AHV-rechtlich keine Bedeutung (BGE 119 V 161 E. 3c S. 165). Ebenso wenig vermag umgekehrt die Tatsache, dass eine beitragspflichtige Person bereits mit einer Ausgleichskasse als Unselbständige abrechnet, die beitragsrechtliche Qualifikation des Einkommens aus einer weiteren Tätigkeit zu präjudizieren (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_132/2011 vom 26. April 2011 E. 3.2; BGE 123 V 161 E. 4a S. 167).

Charakteristische Merkmale einer selbständigen Erwerbstätigkeit sind die Tätigung erheblicher Investitionen, die Benützung eigener Geschäftsräumlichkeiten sowie die Beschäftigung von eigenem Personal. Das spezifische Unternehmerrisiko besteht darin, dass unabhängig vom Arbeitserfolg Kosten anfallen, welche die versicherte Person selber zu tragen hat. Für die Annahme selbständiger Erwerbstätigkeit spricht sodann die gleichzeitige Tätigkeit für mehrere Gesellschaften in eigenem Namen, ohne indessen von diesen abhängig zu sein. Massgebend ist dabei nicht die rechtliche Möglichkeit, Arbeiten von mehreren Auftraggebern anzunehmen, sondern die tatsächliche Auftragslage.

Von unselbständiger Erwerbstätigkeit ist auszugehen, wenn die für den Arbeitsvertrag typischen Merkmale vorliegen, d.h. wenn der Versicherte Dienst auf Zeit zu leisten hat, wirtschaftlich vom Arbeitgeber abhängig ist und während der Arbeitszeit auch in dessen Betrieb eingeordnet ist, praktisch also keine andere Erwerbstätigkeit ausüben kann. Indizien dafür sind das Vorliegen eines bestimmten Arbeitsplans, die Notwendigkeit, über den Stand der Arbeiten Bericht zu erstatten sowie das Angewiesensein auf die Infrastruktur am Arbeitsort. Das wirtschaftliche Risiko des Versicherten erschöpft sich diesfalls in der Abhängigkeit vom persönlichen Arbeitserfolg oder, bei einer regelmässig ausgeübten Tätigkeit, darin, dass bei Dahinfallen des Erwerbsverhältnisses eine ähnliche Situation eintritt, wie dies beim Stellenverlust eines Arbeitnehmers der Fall ist (BGE 122 V 169 E. 3c S. 172 f).

Die Frage, ob im Einzelfall selbständige unselbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, beurteilt sich praxisgemäss nicht auf Grund der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien. Entscheidend sind vielmehr die wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die zivilrechtlichen Verhältnisse vermögen dabei allenfalls gewisse Anhaltspunkte für die rechtliche Qualifikation zu bieten, ohne jedoch ausschlaggebend zu sein. Als unselbständig erwerbstätig ist im Allgemeinen zu betrachten, wer von einem Arbeitgeber in betriebswirtschaftlicher bzw. arbeitsorganisatorischer Hinsicht abhängig ist und kein spezifisches Unternehmerrisiko trägt. Aus diesen Grundsätzen allein lassen sich indessen noch keine einheitlichen, schematisch anwendbaren Lösungen ableiten. Die Vielfalt der im wirtschaftlichen Leben anzutreffenden Sachverhalte zwingt dazu, die beitragsrechtliche Stellung eines Erwerbstätigen jeweils unter Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Weil dabei vielfach Merkmale beider Erwerbsarten zu Tage treten, muss sich der Entscheid oft danach richten, welche dieser Merkmale im konkreten Fall überwiegen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_132/2011 vom 26. April 2011 E. 3.2 mit Hinweisen; BGE 119 V 161 E. 2).

4.3 Nach Lage der Akten erfolgte die Vergütung von CHF 119375.00 für die Vermittlung einer Liegenschaft. Der Beschwerdeführerin war für den Verkauf der Liegenschaft eine Provision zugesagt worden, wobei ein bestimmter Mindestpreis vorgegeben war. Es handelte sich um eine einmalige Tätigkeit, die nichts mit der sonstigen Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin zu tun hatte; diese war weder in die Arbeitsorganisation der C.___ eingebunden noch weisungsgebunden und handelte in frei bestimmter Selbstorganisation. Es bestand kein Konkurrenzverbot, keine Rechenschaftspflicht und keine wirtschaftliche Abhängigkeit von der Arbeitsbzw. Auftraggeberin. Diese Umstände sprechen stark für eine selbständige Erwerbstätigkeit. Dass die Beschwerdeführerin keine erheblichen Investitionen zu tätigen hatte und mit Ausnahme der eigenen Spesen keine Unkosten (Miete, Personal) tragen musste, ist dieser Art der Tätigkeit inhärent und kann daher nicht entscheidend sein. Es handelt sich somit beitragsrechtlich um Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit.

4.4

4.4.1 Der Versicherungsträger kann auf formell rechtskräftige Verfügungen Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (Art. 53 Abs. 2 ATSG). Das Erfordernis der zweifellosen Unrichtigkeit ist in der Regel erfüllt, wenn eine Leistungszusprechung aufgrund falsch unzutreffend verstandener Rechtsregeln erfolgt ist wenn massgebliche Bestimmungen nicht unrichtig angewandt wurden (BGE 140 V 77 E. 3.1 S. 79). Zweifellos unrichtig ist die Verfügung auch, wenn ihr ein unhaltbarer Sachverhalt zugrunde gelegt wurde, insbesondere, wenn eine klare Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes zu einem unvollständigen Sachverhalt führte (vgl. Art. 43 Abs. 1 ATSG; Urteile des Bundesgerichts 9C_692/2014 vom 22. Januar 2015 E. 2 und 8C_736/2014 vom 29. November 2014 E. 2.1).

4.4.2 Die Verfügung vom 27. Mai 2014 muss jedenfalls deshalb als zweifellos unrichtig gelten, weil sie auf einer eindeutig unzureichenden Abklärung des Sachverhalts beruhte. Der Beschwerdegegnerin verfügte bei Erlass der Verfügung einzig über die Steuermeldung (AK-Nr. 1), welche lediglich die Einkommenszahl enthält, die ergänzende Mitteilung der Steuerbehörde, es handle sich um eine einmalige Verkaufsprovision aus einem Hausverkauf (vgl. AK-Nr. 4) sowie die Erklärung der Beschwerdeführerin, es handle sich um eine einmalige Provisionszahlung, welche durch Zufall entstanden sei und der keine erwerbsmässige Tätigkeit zugrunde liege (vgl. AK-Nr. 5). Diese Informationen erlaubten offensichtlich keine zuverlässige Beurteilung der Frage, wie das betroffene Einkommen zu behandeln sei. Die vertraglichen Beziehungen zwischen der Beschwerdeführerin und der Verkäuferin des Hauses wurden ebenso wenig abgeklärt wie der Rahmen, in dem die Tätigkeit ausgeübt wurde. Offenbar schloss die Beschwerdegegnerin direkt aus der Bezeichnung «Provision» auf eine unselbständige Erwerbstätigkeit, was eindeutig zu kurz greift. Wegen dieser klaren Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes ist die Verfügung vom 27. Mai 2014 als zweifellos unrichtig zu bezeichnen. Die erhebliche Bedeutung, welche für eine Wiedererwägung überdies vorausgesetzt wird, ist bei vierstelligen Beträgen ohne weiteres gegeben (vgl. Ueli Kieser: ATSG-Kommentar, 3. Auflage, Zürich 2015, Art. 53 N 58) und liegt demnach bei der hier zur Diskussion stehenden Beitragssumme ebenfalls vor. Die Beschwerdegegnerin war somit befugt, auf die Verfügung vom 27. Mai 2014 zurückzukommen, falls man entgegen E. II. 2 hiervor davon ausgeht, mit dieser sei rechtskräftig über das Beitragsstatut entschieden worden.

Damit kann offen bleiben, ob eine zweifellose Unrichtigkeit auch deshalb zu bejahen wäre, weil die Elemente, die für eine selbständige Erwerbstätigkeit sprechen, gegenüber denjenigen, die eine Qualifikation als unselbständige Erwerbstätigkeit nahelegen könnten, deutlich überwiegen (vgl. E. II. 4.2 hiervor).

4.5 Nach dem Gesagten sind die Voraussetzungen für ein Zurückkommen auf die Verfügung vom 27. Mai 2014 unter dem Titel der Wiedererwägung gemäss Art. 53 Abs. 2 ATSG erfüllt. Demzufolge ist die Qualifikation des Einkommens von CHF 119375.00 frei und ohne Bindung an die seinerzeitige Beurteilung zu prüfen (vgl. BGE 141 V 514 E. 5.2 S. 520). Dies führt, wie bereits dargelegt (E. II. 4.2 hiervor), in Übereinstimmung mit dem Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 30. Juni 2015 zur Annahme eines selbständigen Erwerbseinkommens.

5. Zusammenfassend lässt es sich nicht beanstanden, dass die Beschwerdegegnerin mit dem hier angefochtenen Einspracheentscheid vom 19. November 2015 die Vergütung von CHF 119375.00 als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit behandelt und entsprechende Sozialversicherungsbeiträge erhoben hat. Deren Berechnung wird nicht beanstandet und gibt keinen Anlass zu einer Korrektur. Demzufolge bleibt es beim hier angefochtenen Einspracheentscheid vom 19. November 2015 und der durch diesen bestätigten Beitragsverfügung vom 9. September 2015 (AK-Nr. 12). Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie ist abzuweisen.

6. Grundsätzlich ist das Verfahren kostenlos. Von diesem Grundsatz abzuweichen, besteht im vorliegenden Fall kein Anlass.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vorund Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn

Der Präsident Der Gerichtsschreiber

Flückiger Häfliger

Auf die gegen den vorliegenden Entscheid erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil 9C_62/2017 vom 21. März 2017 nicht ein.



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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