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Urteil Steuergericht (SO)

Zusammenfassung des Urteils SGSTA.2019.38: Steuergericht

Die Beschwerdeführerin war als Zimmermädchen angestellt und wurde aufgrund einer Verletzung an der Schulter arbeitsunfähig. Die kantonale Arbeitslosenkasse lehnte ihren Antrag auf Arbeitslosenentschädigung ab, da sie nicht nachweisen konnte, dass sie mindestens zwölf Monate arbeitsunfähig war. Nach einem langwierigen Rechtsstreit und medizinischen Gutachten wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich über zwölf Monate arbeitsunfähig war und somit Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hatte. Die Beschwerdegegnerin wurde angewiesen, die übrigen Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen. Der Richter war männlich, die Gerichtskosten betrugen CHF 0, die verlorene Partei war eine Behörde.

Urteilsdetails des Kantongerichts SGSTA.2019.38

Kanton:SO
Fallnummer:SGSTA.2019.38
Instanz:Steuergericht
Abteilung:-
Steuergericht Entscheid SGSTA.2019.38 vom 04.11.2019 (SO)
Datum:04.11.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Staats- und Bundessteuer 2017
Schlagwörter : Einsprache; Steuererklärung; Ermessen; Veranlagung; Punkte; Steuergericht; Rekurrent; Recht; Rekurs; Steuerjahr; Vorinstanz; Verfahren; Beweismittel; Thal-Gäu; Ermessensveranlagung; Belege; Begründung; Veranlagungsbehörde; Bundessteuer; Anforderungen; Steuerjahre; Rechtsmittel; Staats; Akten; Eingabe; ülle
Rechtsnorm:Art. 130 DBG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Richner, Hand zum DBG, Art. 140 DBG, 2016
Marti, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Art. 140 DBG, 2017
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SGSTA.2019.38

Urteil vom 4. November 2019

Es wirken mit:

Präsident: Müller

Richter: Kellerhals, Roberti

Sekretär: Hatzinger

In Sachen SGSTA.2019.38; BST.2019.34

A Y

v.d.

gegen

Veranlagungsbehörde Thal-Gäu

betreffend Staatsund Bundessteuer 2017


hat das Steuergericht den Akten entnommen:

1. Mit Veranlagung der Veranlagungsbehörde (VB) Thal-Gäu vom 1. April 2019 wurde der Steuerpflichtige A Y für die Staatsund Bundessteuer 2017 nach Ermessen veranlagt, da er die Steuererklärung 2017 nicht eingereicht hatte. Gegen die Veranlagung liess der Steuerpflichtige am 30. April 2019 Einsprache erheben; es wurden diverse Anträge gestellt und verschiedene Punkte moniert, die Steuererklärung wurde aber nicht eingereicht.

Mit Verfügung vom 7. Mai 2019 trat die VB Thal-Gäu auf die Einsprache nicht ein. Die Eingabe erfülle die strengen Anforderungen an eine Einsprache gegen eine Ermessensveranlagung nicht; es seien weder die ausgefüllte Steuererklärung noch andere Belege eingereicht worden. Die Einsprache sei daher unzulässig.

2. Gegen diesen Einspracheentscheid gelangte der Steuerpflichtige (nachfolgend Rekurrent) mit Rekurs und Beschwerde der Vertretung vom 7. Juni 2019 an das Kantonale Steuergericht. Es wurde verlangt, der angefochtene Einspracheentscheid sei aufzuheben und die Einsprache gegen die Ermessensveranlagung materiell zu prüfen; unter Kostenund Entschädigungsfolge. Dazu wurde vor allem ausgeführt, mit der Einreichung der Steuererklärung 2017 sei zugewartet worden, da für dieses Steuerjahr nochmals dieselben Punkte wie in den Jahren 2015 und 2016 streitig seien. Die Steuererklärung 2017 sei inzwischen am 22. Mai 2019 nachgereicht worden. Am 5. Juni 2019 habe eine Einspracheverhandlung über die Steuerjahre 2015 und 2016 stattgefunden; der Rekurrent habe in dieser Hinsicht in allen gerügten Punkten vollumfänglich Recht erhalten. Das Vorgehen der VB erscheine im Gesamtkontext als stossend, überspitzt formalistisch und allenfalls rechtsmissbräuchlich. Die Einsprache vom 30. April 2019 enthalte konkrete Begründungen zu den einzelnen monierten Punkten. Die Eingabe genüge den gesetzlichen Anforderungen und es sei darauf einzutreten.

Mit Vernehmlassung vom 19. Juni 2019 beantragte die VB Thal-Gäu (Vorinstanz), Rekurs und Beschwerde seien kostenfällig abzuweisen resp. es sei darauf nicht einzutreten. Dazu wurde im Wesentlichen angeführt, es sei unerheblich, dass für die Steuerjahre 2015 und 2016 noch Verfahren offen gewesen seien, da jedes Steuerjahr für sich alleine ein selbständiges Verfahren bilde. Zudem seien in der Einsprache nur vier Punkte begründet worden; in der Steuererklärung 2017 gehe es aber um mehr Punkte, die nach Ermessen eingeschätzt worden seien. Es genüge nicht, in der Einsprache nur einzelne Punkte anzuführen.

Dazu liess der Rekurrent am 30. August 2019 wie folgt Stellung nehmen: Die Vorinstanz mache keine formellen Versäumnisse in der Rekurs-/Beschwerdeschrift geltend. An den bisherigen Rechtsbegehren und Ausführungen werde vollumfänglich festgehalten. In der Einsprache sei nur zu denjenigen Punkten Stellung genommen worden, welche mit der Auffassung des Rekurrenten nicht übereinstimmen würden. Es sei nicht notwendig, gegen alle Punkte der Ermessensveranlagung Einsprache zu erheben.

****************

Das Steuergericht zieht in Erwägung:

1. Rekurs (betreffend Staatssteuer) und Beschwerde (betreffend direkte Bundessteuer) erfolgten formund fristgerecht. Das Steuergericht ist sachlich zuständig (§ 160 Abs. 1 Steuergesetz, StG, BGS 614.11; Art. 140 Abs. 1 Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, DBG; § 4 der Vollzugsverordnung zum DBG, BGS 613.31). Auf die Rechtsmittel ist einzutreten.

2.1 Ist die Vorinstanz auf eine Einsprache nicht eingetreten, so bleibt es dem Steuergericht grundsätzlich verwehrt, im Rahmen des Rekursund Beschwerdeverfahrens eine materielle Prüfung des Sachverhalts vorzunehmen. Vielmehr hat sich das Gericht einzig mit der Prü-fung des Nichteintretensentscheids der Vorinstanz zu begnügen. Stellt sich in diesem Rah-men heraus, dass auf eine Einsprache einzutreten gewesen wäre, so sind die Akten zur Durchführung des ordentlichen Einspracheverfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen. Wurde zu Recht auf eine Einsprache nicht eingetreten, so kann das Einspracheverfahren nicht über die Rechtsmittel des Rekurses und der Beschwerde zum Steuergericht verlagert werden. Es ist daher nachfolgend zu prüfen, ob der Nichteintretensentscheid der Vorinstanz zu beanstanden ist nicht (vgl. zum Ganzen Richner et al., Handkommentar zum DBG, 3. A., Zürich 2016, Art. 140 N 44).

2.2 Die Veranlagungsbehörde stellt zusammen mit der steuerpflichtigen Person die für eine vollständige und richtige Besteuerung massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Ver-hältnisse fest. Zu diesem Zweck auferlegt das Gesetz dem Steuerpflichtigen verschiedene Verfahrenspflichten. Einzureichen ist insbesondere die korrekt ausgefüllte Steuererklärung samt den vorgeschriebenen Beilagen. Zudem muss der Steuerpflichtige auch sonst alles tun (Erteilung von Auskünften, Aufbewahrung und Vorlegung von Belegen usw.), um eine vollständige und richtige Veranlagung zu ermöglichen (Mitwirkungspflichten; vgl. § 140 ff. StG, Art. 124 ff. DBG). Nach § 147 Abs. 2 StG respektive Art. 130 Abs. 2 DBG nimmt die Veranlagungsbehörde die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vor, wenn der Steuerpflichtige trotz Mahnung diesen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwandfrei ermittelt werden können.

2.3 Nach Art. 132 ff. DBG respektive § 149 ff. StG ist die Einsprache gegen die Veranlagungsverfügung innert 30 Tagen von der Zustellung an gerechnet einzureichen. Eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen kann der Steuerpflichtige nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten. Die Einsprache ist zu begründen und allfällige Beweismittel sind zu nennen. Genügt sie diesen Anforderungen nicht, wird darauf nicht eingetreten. Insbesondere genügen Teilnachweise den Anforderungen an eine Einsprache gegen eine Ermessensveranlagung nicht; vielmehr muss umfassend nachgewiesen werden, dass die erfolgte Veranlagung offensichtlich unrichtig ist. Der kantonale und der eidgenössische Gesetzgeber sehen eine qualifizierte Begründungspflicht vor; was Beweise betrifft, ist zumindest ein konkretes Beweisangebot erforderlich; eine diesen Begründungsanforderungen genügende Einsprache muss innert der Einsprachefrist vorgelegt werden; die Erfordernisse der Begründung und der Nennung der Beweismittel stellen bei Einsprachen gegen eine Ermessenseinschätzung Prozessvoraussetzungen dar (Bundesgerichtsurteil vom 30.4.2014, 2C_312/2014, E. 2.1; vgl. auch Richner et al., Art. 54, 56 und 60).

3.1 Im konkreten Fall reichte der Rekurrent die Steuererklärung 2017 zuerst nicht ein; er wurde daher unbestritten gemahnt und am 1. April 2019 nach Ermessen eingeschätzt. In der Einsprache vom 30. April 2019 wurde die Ermessenseinschätzung kritisiert und auf die Steuererklärung 2017 verwiesen, welche nachgereicht werde. Die VB trat am 7. Mai 2019 auf die Einsprache nicht ein. Der Rekurrent erachtet vorliegend vor allem das Vorgehen der Vorinstanz als überspitzt formalistisch, da damals im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Verfahrens noch ein Einspracheverfahren betreffend die Steuerjahre 2015 und 2016 lief; dort seien die gleichen Punkte kritisiert und jene Einsprache sei inzwischen gutgeheissen worden.

3.2 Dem Steuergericht liegen hier nur die Akten des streitigen Steuerjahrs 2017 vor. Rechtsmittelverfahren für frühere Steuerjahre haben auf das Verfahren 2017 keinen Einfluss; dies ist an sich unbestritten (Replik vom 30.8.2019). Eine Einsprache gegen eine Ermessensveranlagung muss wie gesehen umfassend sein (vgl. oben, E. 2.3); die Eingabe muss begründet sein und die Beweismittel sind zumindest zu nennen. Die vorliegende Einsprache ist nur teilweise ausreichend begründet. So ist der dortige Antrag unzureichend, die Ziffern der Steuererklärung seien gemäss noch einzureichender Steuererklärung 2017 zu übernehmen (vgl. Richner, a.a.O., Art. 132 N 57). Zudem ist beim Beweismittelangebot die Aussage in der Einsprache ungenügend, wonach die Steuererklärung 2017 infolge fehlender Belege noch nicht erstellt werden könne. Das Beweismittelangebot muss klar und unmissverständlich sein. Das Einreichen der Steuererklärung von unbestimmten anderen Belegen abhängig zu machen, ohne die Belege zu benennen und festzuhalten, warum diese noch nicht vorliegen können, ist unzureichend. Das Steuergericht kann so nicht überprüfen, ob das weitere Zuwarten auf die Steuererklärung aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist (vgl. Martin Zweifel/Silvia Hunziker, in Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, 3. Aufl., Basel 2017, Art. 132 N 36 mit Hinw. auf KGer FR, 6.11.2009). Überspitzter Formalismus Rechtsmissbrauch können hier nach dem Ausgeführten nicht vorliegen.

Rekurs und Beschwerde erweisen sich somit als unbegründet und sind daher abzuweisen.

4. Bei diesem Verfahrensausgang hat der Rekurrent die Kosten zu tragen. Diese sind in Anwendung der §§ 3 und 150 des Gebührentarifs (BGS 615.11) auf CHF 500 festzusetzen (Grundgebühr, kein Zuschlag). Ausgangsgemäss ist keine Parteientschädigung geschuldet.

****************

Demnach wird erkannt:

1.      Rekurs und Beschwerde werden abgewiesen.

2.      Die Gerichtskosten von CHF 500 werden dem Rekurrenten/Beschwerdeführer zur Bezahlung auferlegt.

Im Namen des Steuergerichts

Der Präsident: Der Sekretär:

Dr. Th. A. Müller W. Hatzinger

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung beim Bundesgericht (Adresse: Schweizerisches Bundesgericht, 1000 Lausanne 14) Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angaben der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten.

Dieser Entscheid ist schriftlich zu eröffnen an:

- Vertreter des Rekurrenten/ Beschwerdeführers (eingeschrieben)

- VB Thal-Gäu (mit Steuerakten)

- KStA, Recht und Aufsicht

- Finanzdepartement

- Steuerregisterführer EG

- EStV, Hauptabt. dir. BSt, Bern

Expediert am:



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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