Zusammenfassung des Urteils SGSTA.2004.170: Steuergericht
Die Demandantin fordert von den Beklagten die Rückzahlung der Salden der Konten Nr. [...] und [...] in Höhe von 493'051 Fr. 31 bzw. 874'247 Fr. 70 plus Zinsen von 5 % pro Jahr ab dem 12. Juni 2002. Die Beklagten bestreiten, diese Beträge schulden, da sie der Ansicht sind, dass die genannten Beträge nicht durch Dokumente oder die Expertise gerechtfertigt sind. Sie bestreiten auch den Zeitpunkt, ab dem die Zinsen laufen. Das Gericht entscheidet, dass die Beklagten die genannten Beträge zahlen müssen, da die Bedingungen vertraglich festgelegt wurden und die Expertise die Richtigkeit der Berechnungen bestätigt. Die Zinsen laufen ab dem 13. Juni 2002. Es gibt keinen Grund, zusätzlich zu den genannten Beträgen weitere 600 Fr. zu zahlen.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | SGSTA.2004.170 |
Instanz: | Steuergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 26.09.2005 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Reingewinn, nachträglich verbuchte Mietzinsen, verdeckte Gewinnausschüttung |
Schlagwörter : | Leistung; Mietzins; Jahresrechnung; Gesellschaft; Gewinnausschüttung; Rekurrentin; Missverhältnis; Leistung; Betrag; Rechnung; Mietkosten; Aufwendungen; Gesellschafter; Einsprache; Rekurs; Recht; Rückstellungen; Mietzinse; Abschluss; Erfolg; Steuerbilanz; Massgeblichkeit; Buchungen; Prinzip; Imparitäts |
Rechtsnorm: | Art. 58 DBG ;Art. 63 DBG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Sachverhalt:
1. Die X. GmbH ist eine Gesellschaft, die unter anderem Beschäftigungsprogramme für Arbeitslose anbietet. In der Erfolgsrechnung 2000 machte sie erstmals Mietkosten für Mobiliar und Maschinen im Betrag von Fr. 114'880.-geltend. Eine Nachfrage des Steueramts (KStA) ergab, dass es sich hier um Aufwendungen der Jahre 1996 - 2000 handelt, die der Gesellschafter Y. der X. GmbH in Rechnung gestellt hatte. Am 11. Februar 2002 stellte das KStA der X. GmbH eine provisorische Veranlagung zu. Von den geltend gemachten Mietkosten wurde ein Betrag von Fr. 10'080.-für Mietkosten des Jahres 2000 anerkannt. Die restlichen Mietkosten von Fr. 104'800.-wurden dem Gesellschafter Y. als verdeckte Gewinnausschüttung aufgerechnet. In der definitiven Veranlagung vom 2. April 2004 wurde diese Aufrechnung bestätigt. Der Reinverlust der X. GmbH des Jahres 2000 reduzierte sich daher von Fr. 428'216.-auf Fr. 323'416.--. Diese Reduktion führte dazu, dass im Jahr 2002 ein Reingewinn von Fr. 42'380.-versteuert werden musste.
2. Mit Schreiben vom 14. April 2004 erhob die X. GmbH Einsprache. Dabei wurde geltend gemacht, dass es sich beim aufgerechneten Betrag um Mietzinse der Jahre 1996 - 1999 gehandelt habe, die dem Gesellschafter Y. ausbezahlt worden seien, sobald die Differenzen zwischen der X. GmbH und dem Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) Solothurn bzw. dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) Bern ausgeräumt worden seien.
Mit Entscheid vom 29. September 2004 wurde die Einsprache abgewiesen. Dabei wurde festgehalten, dass nach dem Massgeblichkeitsprinzip die beim Abschluss relevanten, den Erfolg betreffenden, Tatbestände in die jeweilige Jahresrechnung miteinzubeziehen seien, sofern sie beim Erstellen des Abschlusses bekannt waren bekannt sein mussten. Der Mietzins hätte daher gemäss Priodizitätsprinzip in der jeweiligen Erfolgsrechnung geltend gemacht werden müssen. Ein nachträgliches Fakturieren könne nicht akzeptiert werden. Andernfalls wäre es möglich, im Nachhinein Abschlüsse aus Vorjahren indirekt zu korrigieren. Von einem fremden Dritten würde eine solche Vorgehensweise auch nicht akzeptiert werden. Ein Revisionsgrund sei in casu nicht gegeben.
3. Gegen den Einspracheentscheid erhob die X. GmbH (Rekurrentin) mit Schreiben vom 25. Oktober 2004 Rekurs und Beschwerde ans Steuergericht mit dem sinngemässen Begehren, die aufgerechnete verdeckte Gewinnausschüttung von Fr. 104'800.-sei der Jahresrechnung 2000 als Mietzinsaufwand zu belasten.
In seiner Vernehmlassung vom 10. November 2004 beantragte das KStA, Rekurs und Beschwerde seien kostenfällig abzuweisen. Für die Begründung verwies sie auf den Einspracheentscheid. Zudem machte sie geltend, dass die Aufrechnung im Jahr 2000 zu einer Reduktion des Verlusts führe. Erst im Jahr 2002 würde sich dies auf die Gewinnsteuern auswirken.
Erwägungen:
1. Im vorliegenden Fall ist streitig, ob in einer Jahresrechnung auch Aufwendungen früherer Jahre verbucht werden können. Die Zusammensetzung des Steuerobjekts und die Berechnung des Reingewinns werden in § 91 StG geregelt. Eine nahezu identische Regelung findet sich in Art. 58 DBG. Die im Bundesrecht entwickelten Grundsätze können daher grundsätzlich auch auf das kantonale Recht übertragen werden. Es rechtfertigt sich somit, Rekurs und Beschwerde gemeinsam zu behandeln.
2. Die vom Steuerpflichtigen aufgestellte Handelsbilanz ist grundsätzlich auch für die Steuerbilanz massgeblich (vgl. U.R. Behnisch, Zur Massgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz, in: Festschrift Bär, Bern 1998, S. 25 f.; P. Locher, Kommentar zum DBG, Art. 58 N 11). Das sogenannte Massgeblichkeitsprinzip muss aber durchbrochen werden, wenn handelsrechtswidrige Buchungen vorgenommen wurden. Derartige Buchungen sind zu berichtigen (R. Benz, Handelsrechtliche und steuerrechtliche Grundsätze ordnungsgemässer Bilanzierung, S. 194 ff.).
3. Eines der grundlegenden sowohl in der Handelswie auch in der Steuerbilanz zu berücksichtigenden Prinzipien ist das Imparitätsprinzip. Gemäss diesem Prinzip sind Erträge erst bei deren Realisierung auszuweisen, während Aufwendungen bereits zu berücksichtigen sind, wenn sie sich für die Rechnungsperiode bloss aktualisieren (P. Böckli, Aktienrecht, § 8 N 126). Ein Aufwand gilt dann als aktualisiert, wenn aus Vorgängen bis zum Abschlusstag Verluste Risiken erkennbar sind (vgl. R. Benz, a.a.O., S. 98). Ein Folgeprinzip des Imparitätsprinzips ist das Rückstellungsprinzip. Dieses Prinzip besagt, dass für ungewisse Verpflichtungen und drohende Verluste und Risiken aus schwebenden Geschäften Rückstellungen (Art. 63 DBG, § 35 Abs. 2 StG) zu passivieren sind. Ein weiterer hier massgebender Grundsatz ordnungsgemässer Rechnungslegung ist das Periodizitätsprinzip. Demnach sind in der Jahresrechnung sämtliche Aufwendungen zu berücksichtigen, die zur Erzielung der in der Berichtsperiode verbuchten Erträge erforderlich waren (vgl. Fachempfehlungen für Rechnungslegung 3/12).
Mietzinsforderungen entstehen grundsätzlich bereits mit dem Vertragsabschluss (P. Higi, Zürcher Kommentar, Art. 257c N 7). Die in einem Jahr anfallenden Mietzinse sind daher aufgrund des Imparitätsund des Periodizitätsprinzips auch im gleichen Jahr zu verbuchen. Ein Grund, weshalb die Mietzinsaufwendungen der Jahre 1996 - 1999 in casu nicht der jeweiligen Jahresrechnung, sondern erst der Jahresrechnung 2000 belastet worden sind, ist nicht ersichtlich. Zweifellos war es bereits vor dem Jahr 2000 offensichtlich, dass die Rekurrentin für die von ihr benutzen Räume ein Entgelt abzuliefern hat. Mangels Rechnung hätten hier zumindest angemessene Rückstellungen verbucht werden müssen. Nachdem die Rekurrentin auch nicht in Ansätzen versucht, die nachträgliche Verbuchung zu begründen, kann auch ein Nachholen von Rückstellungen nicht in Frage kommen. Die Mietzinse der Jahre 1996 - 1999 können daher der Jahresrechnung 2000 nicht belastet werden.
4. Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung wird die Zuweisung eines Gewinns einer Kapitalgesellschaft an die Inhaber von Beteiligungsrechten (oder diesen nahestehende Personen) verstanden, die buchmässig nicht als solche ausgewiesen, sondern durch Buchungen verdeckt werden, die diese geldwerten Leistungen entweder überhaupt nicht in einem unrichtigen Licht erscheinen lassen (vgl. E. Känzig, Die eidgenössische Wehrsteuer, Art. 49 N 75; P. Locher, a.a.O., Art. 58 N 97; R. Heuberger, Die verdeckte Gewinnausschüttung aus Sicht des Aktienrechts und des Gewinnsteuerrechts, S. 181 ff.). Merkmale einer verdeckten Gewinnausschüttung sind:
a) Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung;
b) Leistung erfolgt an Anteilsinhaber eine diesem nahestehende Person;
c) Erkennbarkeit des Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung.
Im folgenden gilt es, die einzelnen Kriterien zu untersuchen:
a) Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung
Nachdem in der Jahresrechnung 2000 nur die Mietzinsaufwendungen des Jahres 2000 berücksichtigt werden können, versteht es sich von selbst, dass zwischen der Leistung der Gesellschaft im Betrag von Fr. 114'880.-- und der Gegenleistung ein eklatantes Missverhältnis besteht (vgl. R. Heuberger, a.a.O., S. 182 ff.).
b) Leistung erfolgt an Anteilsinhaber eine diesem nahestehende Person
Die Leistung der Rekurrentin wurde zwar im Jahr 2000 mangels Liquidität noch nicht ausbezahlt, doch erhielt der Gesellschafter Y. einen Anspruch auf den in den transitorischen Passiven verbuchten Betrag von Fr. 114'880.--. Y. besitzt 55 % der Stammanteile der Rekurrentin. Im Handelsregister ist er zudem als einziger Geschäftsführer eingetragen. Der Rechtsgrund der Leistung liegt offenbar im Beteiligungsverhältnis des Leistungsempfängers (causa societatis). Die Rekurrentin hat offensichtlich nicht mit diesen Forderungen gerechnet. Andernfalls hätte man ausreichende Rückstellungen verbucht. Von einem unabhängigen Dritten hätte man derart überraschende und verspätete Mietzinsrechnungen nicht akzeptiert. Auch das zweite Kriterium ist somit erfüllt.
c) Erkennbarkeit des Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung
Das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist offensichtlich. Es wäre für die handelnden Organe zweifellos erkennbar gewesen (vgl. mit zahlreichen Beispielen zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung R. Heuberger, a.a.O., S. 222).
Insgesamt ergibt sich somit, dass die Vorinstanz die im Jahr 2000 geschäftsmässig nicht begründeten Mietzinsaufwendungen von Fr. 104'800.-zu Recht Y. als verdeckte Gewinnausschüttung aufgerechnet hat.
6. Rekurs und Beschwerde erweisen sich somit als unbegründet und sind abzuweisen.
Steuergericht, 26. September 2005
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