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Urteil Obergericht (SH)

Kopfdaten
Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 61/2001/1
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 61/2001/1 vom 12.04.2002 (SH)
Datum:12.04.2002
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 8, Art. 26, Art. 27 Abs. 1, Art. 36, Art. 49 Abs. 1 und Art. 104 BV; Art. 34 KV; Art. 51 und Art. 52 Abs. 1 VRG; Art. 64 LwG; Art. 14 der Weinverordnung; Art. 7, Art. 45 und Art. 46 LwG/SH; § 78 LwV/SH. Festlegung der höchstzulässigen Erträge der Traubenernte 2001; ab­strakte Normenkontrolle
Zusammenfassung : Das Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, hat am 1. Juli 2019 ein Urteil gefällt. Der Beschuldigte wurde des gewerbsmässigen Diebstahls, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs schuldig gesprochen. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt, wovon 521 Tage durch Untersuchungshaft und vorzeitigen Strafvollzug bereits erstanden sind. Zudem muss er eine Busse von Fr. 500.- zahlen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, die vorerst von der Gerichtskasse genommen werden. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt vorbehalten. Das Urteil kann mit einer bundesrechtlichen Beschwerde in Strafsachen angefochten werden.
Schlagwörter : Bundes; Rebbau; Kanton; Ertrag; Kategorie; Rebbaukommission; Trauben; Recht; Interesse; Kantone; Bundesrecht; Gesuch; Schaffhausen; Schaffhauser; Regelung; Landwirtschaft; Branche; Gesuchsteller; Branchenverbands; Flächeneinheit; LwG/SH; Ertragsbegrenzung; Über; Festlegung; Gesetzes; Verfassung; Qualität; Bundesrechts
Rechtsnorm:Art. 104 BV ; Art. 191 BV ; Art. 26 BV ; Art. 27 BV ; Art. 36 BV ; Art. 45 LwG ; Art. 46 LwG ; Art. 64 LwG ; Art. 7 LwG ; Art. 8 BV ; Art. 94 BV ; Art. 95 BV ;
Referenz BGE:120 Ia 71; 120 Ia 72; 120 Ia 81; 121 I 281; 126 I 119; 126 I 184; 91 I 491;
Kommentar:
-
Entscheid
Art. 8, Art. 26, Art. 27 Abs. 1, Art. 36, Art. 49 Abs. 1 und Art. 104 BV;Art. 34 KV; Art. 51 und Art. 52 Abs. 1 VRG; Art. 64 LwG; Art. 14 derWeinverordnung; Art. 7, Art. 45 und Art. 46 LwG/SH; § 78 LwV/SH. Festlegung der höchstzulässigen Erträge der Traubenernte 2001; abstrakte Normenkontrolle (Entscheid des Obergerichts Nr. 61/2001/1 vom
  1. April 2002 i.S. A.).i

    Legitimation zum Gesuch um abstrakte Normenkontrolle (E. 1).

    Die Festlegung der höchstzulässigen Erträge der Traubenernte 2001 durch die kantonale Rebbaukommission

    verfügt über eine genügende gesetzliche Grundlage (E. 2a),

    • verletzt nicht den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (E. 2b),

    • widerspricht weder der Wirtschaftsfreiheit noch der Eigentumsgarantie (E. 2c)

    • und verstösst nicht gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit (E. 2d).

    Die Rebbaukommission des Kantons Schaffhausen fasste am 21. Mai 2001 folgenden Beschluss über die höchstzulässigen Erträge der Ernte 2001 (ABl 2001, S. 826):

    Für das Rebjahr 2001 werden folgende Höchstmengen und Toleranzen festgelegt:

    R x S Blauburgunder übrige Sorten

    In der Kategorie 3 wird kein Höchstertrag festgelegt.

    Kategorie 1

    Kategorie 2

    alle Sorten 5 % alle Sorten 5 %

    1. stellte in der Folge beim Obergericht ein Gesuch um abstrakte Normenkontrolle und verlangte, den Beschluss der kantonalen Rebbaukommission teilweise aufzuheben und die höchstzulässigen Ernteerträge für

Trauben der Kategorie 1 für das Rebjahr 2001 und die folgenden Jahre entsprechend den bundesrechtlich festgesetzten Höchsterträgen festzulegen. Das Obergericht wies das Gesuch ab, soweit es darauf eintrat.

Aus den Erwägungen:

  1. .- Gemäss Art. 51 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 (VRG, SHR 172.200) können unter anderem verwaltungsrechtliche Vorschriften des Kantons unterhalb der Gesetzesstufe jederzeit beim Obergericht wegen Verfassungsund Gesetzwidrigkeit angefochten werden. Der Antrag kann von natürlichen juristischen Personen gestellt werden, die durch die Anwendung dieser Vorschriften in absehbarer Zeit in ihren schutzwürdigen Interessen verletzt werden könnten (Art. 52 Abs. 1 VRG). ...

    1. Beim Beschluss der kantonalen Rebbaukommission über die höchstzulässigen Erträge der Ernte 2001 vom 21. Mai 2001 handelt es sich um einen verwaltungsrechtlichen Erlass unterhalb der Gesetzesstufe. Dessen Ziff. 1 ist somit eine anfechtbare Vorschrift i.S.v. Art. 51 VRG.

    2. Bei der Beurteilung der Legitimationsfrage lehnt sich das Obergericht an die Praxis des Bundesgerichts zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen kantonale Erlasse an. Nach dieser Praxis kann ein Gesuch um abstrakte Normenkontrolle jedenfalls von denjenigen Personen erhoben werden, auf welche der angefochtene Erlass mit einem Minimum an Wahrscheinlichkeit früher später einmal angewandt werden könnte (vgl. OGE vom 3. August 1990

      i.S. R., E. 1 mit Hinweisen, Amtsbericht 1990, S. 73).

      Der Gesuchsteller ist Eigentümer der Rebbauparzelle ... in Trasadingen und von zwei Rebbauparzellen in Hallau und Trasadingen, die er jedoch seinem Sohn verpachtet hat. Demgemäss wurde der hier angefochtene Erlass für die Traubenernte 2001 bereits auf den Gesuchsteller angewandt, weshalb er in seinen schutzwürdigen Interessen unmittelbar betroffen ist.

      Zwar setzt die Legitimation auch ein aktuelles praktisches Interesse des Gesuchstellers voraus. Ausnahmsweise kann aber auf dieses Erfordernis verzichtet werden, wenn sich die aufgeworfene Frage jederzeit unter gleichen ähnlichen Umständen wieder stellen könnte, an ihrer Beantwortung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht und eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre (BGE 121 I 281 f. E. 1). Vorliegend fehlt es zwar an einem aktuellen praktischen Interesse an der Über-

      prüfung des Beschlusses der Rebbaukommission vom 21. Mai 2001, da die Traubenernte 2001 bereits abgeschlossen ist. Dennoch rechtfertigt es sich, das Normenkontrollgesuch zu prüfen, da sich die aufgeworfenen Fragen bei der Traubenernte 2002 wiederum stellen werden, deren Beantwortung im öffentlichen Interesse ist und eine rechtzeitige Überprüfung auch für die Traubenernte 2002 schwierig wäre.

    3. ...

  2. .- ...

  1. Der Gesuchsteller macht in erster Linie geltend, die Delegation der Aufgaben der kantonalen Rebbaukommission an den Vorstand des Branchenverbands Schaffhauser Wein, der primär die Interessen der Weinhändler und nicht der Weinproduzenten wahrnehme, sei unzulässig und von der Gesetzesbestimmung nicht gedeckt.

    aa) Gemäss Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Landwirtschaft vom 29. April 1998 (LwG, SR 910.1) werden die Traubenposten aufgrund ihres natürlichen Zuckergehalts und des Flächenertrags in drei Kategorien eingeteilt. Der Bundesrat kann pro Kategorie die Mindestzuckergehalte sowie den Ertrag pro Flächeneinheit festlegen (Abs. 2). Die Kantone können höhere Mindestzuckergehalte und tiefere Höchsterträge pro Flächeneinheit als diejenigen des Bundesrats festlegen (Abs. 3). In Art. 14 Abs. 1 der Verordnung über den Rebbau und die Einfuhr von Wein vom 7. Dezember 1998 (Weinverordnung, SR 916.140) legte der Bundesrat den Mindestzuckergehalt pro Kategorie fest. Gleichzeitig begrenzte er den Traubenertrag für die Kategorie 1 auf 1,4 kg/m2 1,12 l/m2 für weisse Gewächse sowie auf 1,2 kg/m2 0,96 l/m2 für rote Gewächse (Abs. 2). Im weiteren überliess er es den Kantonen, für die Kategorie 1 tiefere Ertragswerte festzulegen und auch die Flächenerträge für die Kategorien 2 und 3 zu begrenzen (Abs. 3).

    bb) Gemäss Art. 34 der Verfassung des Kantons Schaffhausen vom

    24. März 1876 (KV, SHR 101.000) ist der Grosse Rat - unter Vorbehalt der Volksrechte - der Gesetzgeber. Er hat somit grundsätzlich die Kompetenz, die zulässigen Höchsterträge pro Flächeneinheit festzulegen. Ob und wieweit der kantonale Gesetzgeber seine Zuständigkeit zur Rechtssetzung an ein anderes Organ delegieren darf, ist vorab eine Frage des kantonalen Verfassungsrechts, welches hierzu aber keine ausdrückliche Regelung enthält (vgl. dazu auch Hedy Betschart, Zum Stand des Schaffhauser Verfassungsrechts geltendes Recht und laufende Verfassungsrevision, in: Schaffhauser Recht und Rechtsleben, Festschrift zum Jubiläum 500 Jahre Schaffhausen im Bund, Schaffhausen 2001, S. 71 ff. und S. 86 f.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Delegation von Rechtssetzungskompetenzen zulässig,

    wenn sie nicht durch das kantonale Recht ausgeschlossen ist, sich auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt und das Gesetz die Grundzüge der Regelung selbst enthält, soweit sie die Rechtsstellung des Einzelnen schwerwiegend berührt. Als weiteres Erfordernis wird vorausgesetzt, dass die Delegation in einem Gesetz enthalten ist, welches der Volksabstimmung unterliegt. Auch ein allein vom Kantonsparlament beschlossenes Gesetz kann die Funktion des formellen Gesetzes erfüllen, wenn das kantonale Verfassungsrecht dies so vorsieht (Häfelin/Haller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 5. A., Zürich 2001, Rz. 1872, S. 547; BGE 126 I 184 f.).

    In Art. 46 des Gesetzes über die Förderung der Landwirtschaft vom

    29. November 1999 (LwG/SH, SHR 910.100) delegierte der kantonale Gesetzgeber die Kompetenz zur Festlegung der zulässigen Höchsterträge pro Flächeneinheit an die kantonale Rebbaukommission. Diese Delegation ist durch das kantonale Recht nicht ausgeschlossen, ist auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt und ist in einem Gesetz enthalten, das der Volksabstimmung unterlag. Zwar enthält das Gesetz die Grundzüge der Regelung selbst nicht, doch sind diese bereits bundesrechtlich festgelegt. Im übrigen kann auch nicht gesagt werden, dass durch die fragliche Regelung die Rechtsstellung des Einzelnen schwerwiegend berührt wird. Demnach ist die Delegation der Kompetenz zur Festlegung der zulässigen Höchsterträge pro Flächeneinheit an die kantonale Rebbaukommission zulässig.

    cc) Art. 45 Abs. 1 LwG/SH beauftragt das zuständige Departement des Regierungsrats mit der Ernennung der kantonalen Rebbaukommission. In dieser sollen Produktion, Kelterung und Handel angemessen vertreten sein. Zudem soll je ein Vertreter des Landwirtschaftsamts sowie des Kantonalen Laboratoriums für Lebensmittelkontrolle und Umweltschutz von Amts wegen mit beratender Stimme Einsitz nehmen (Abs. 2). Die Kommission konstituiert sich im übrigen selbst (Abs. 3). Am 12. Dezember 2000 erliess der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen die Landwirtschaftsverordnung (SHR 910.101). Darin bestimmte er in § 78, dass der Vorstand des Branchenverbands Schaffhauser Wein die Aufgabe der kantonalen Rebbaukommission wahrnehme. Dieser Vorstand wiederum wird gemäss den Statuten des Branchenverbands Schaffhauser Wein ... durch die Delegiertenversammlung des Branchenverbands gewählt (§ 4 der Statuten). Damit wird aber Art. 45 Abs. 1 LwG/SH verletzt, der ausdrücklich eine Ernennung der einzelnen Mitglieder der Rebbaukommission durch das zuständige Departement vorsieht. Daran vermögen auch Art. 7 Abs. 1 und 2 LwG/SH nichts zu ändern, die festhalten, dass die Aufsicht über den Vollzug des Gesetzes dem Regierungsrat obliege und er, sofern nicht anderweitig bestimmt, Zuständigkeiten und Verfahren regeln sowie Gemeinden, Firmen und Organisationen Aufgaben übertragen

    könne. Eine solche besondere Vorschrift besteht wie dargelegt in Art. 45 Abs. 1 LwG/SH. Abgesehen davon, wäre es auch problematisch, eine Behörde durch die Bezeichnung des Vorstands einer privaten Vereinigung zu ernennen. So hätte es letztlich allein die private Organisation in der Hand, die Zusammensetzung dieser mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteten Behörde zu bestimmen, was mit den Anforderungen an eine rechtsstaatliche Behördenorganisation unvereinbar wäre.

    Der Stellungnahme des Regierungsrats des Kantons Schaffhausen vom

    22. Januar 2002 ist nun aber zu entnehmen, dass mit Verfügung vom

    22. Januar 2001 das Volkswirtschaftsdepartement wie es Art. 45 Abs. 1 LwG/SH bestimmt - die einzelnen Mitglieder der kantonalen Rebbaukommission für die Amtsdauer 2001-2004 ernannt hat. Ebenfalls bestimmt wurde je ein Vertreter des Landwirtschaftsamts sowie des Kantonalen Laboratoriums für Lebensmittelkontrolle und Umweltschutz. Die Mitglieder der Rebbaukommission sind die zehn Delegierten des Branchenverbands Schaffhauser Wein (mithin auch der Vorstand, vgl. § 4 der Statuten des Branchenverbands Schaffhauser Wein), welche gemäss Protokoll vom 17. Mai 2001 die höchstzulässigen Erträge für die Ernte 2001 festgelegt haben. Die Delegierten des Branchenverbands sind gemäss § 4 der Statuten paritätisch zusammengesetzt. Je fünf Delegierte sind Mitglieder des Schaffhauser Weinbauverbands und des Schaffhauser Einkellererverbands. Produktion, Kelterung und Handel sind somit angemessen vertreten. Damit aber ist der gesetzliche Zustand gemäss Art. 45 Abs. 1 LwG/SH grundsätzlich gegeben, zumal die Rebbaukommission am Anfang der Amtsperiode ernannt wurde und damit nicht lediglich eine nachträgliche Konstruktion darstellt. Die einzelnen Mitglieder der Rebbaukommission sind zwar abgesehen vom Vertreter des Landwirtschaftsamts und des Kantonalen Laboratoriums für Lebensmittelkontrolle und Umweltschutz identisch mit dem Vorstand des Branchenverbands Schaffhauser Wein, doch erfüllten sie ihre Aufgabe als Rebbaukommission nicht als Vorstand eines privaten Verbands nach privatrechtlichen Regeln, sondern als Mitglied einer staatlichen Behörde, für welche die Grundsätze des öffentlichen Rechts zu Anwendung gelangen.

    In diesem Zusammenhang ist noch anzumerken, dass es grundsätzlich durchaus zulässig wäre, eine staatliche Rechtssetzungsbefugnis an eine für die betreffende Branche repräsentative private Organisation zu delegieren, wie dies offenbar mit § 78 der kantonalen Landwirtschaftsverordnung angestrebt wurde. Hierfür kann ein legitimes Bedürfnis bestehen (insbesondere bessere Abstützung einer Regelung bei den betroffenen Kreisen). Eine entsprechende Rechtssetzungsdelegation, welche ebenfalls nur für Fragen von untergeordneter Bedeutung möglich ist, müsste als Abweichung von der üblichen Zustän-

    digkeitsordnung im Bereich der Rechtssetzung jedoch auf Gesetzesstufe ausdrücklich verankert werden. Damit eine staatliche Aufsicht gewährleistet bleibt, müsste überdies die Genehmigung durch eine staatliche Behörde vorbehalten werden (vgl. dazu Häfelin/Haller, Rz. 1886 ff., insbesondere Rz. 1890, S. 552 f., mit weiteren Hinweisen).

  2. Der Gesuchsteller führt im weiteren unter dem Stichwort der derogatorischen Kraft des Bundesrechts aus, der Kanton Schaffhausen habe es nach Inkrafttreten der bundesrechtlichen Weinverordnung am 1. Januar 1999 verpasst, die kantonale Weinbauverordnung vom 10. August 1993 anzupassen, so wie dies die umliegenden Kantone im Sinn des Vorrangs des Bundesrechts getan hätten.

    Das Prinzip der derogatorischen Kraft des Bundesrechts wird in der neuen Bundesverfassung ausdrücklich verankert. Gemäss Art. 49 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) geht Bundesrecht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. Vorliegend ist jedoch nicht ersichtlich, was der Gesuchsteller aus dem Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts zu seinen Gunsten ableiten will. Gemäss Art. 14 Abs. 3 der bundesrätlichen Weinverordnung können die Kantone für die Kategorie 1 tiefere Ertragswerte als die Bundeslimiten festlegen und auch die Flächenerträge für die Kategorien 2 und 3 begrenzen. Die Festlegung der zulässigen Höchsterträge pro Flächeneinheit durch den Kanton Schaffhausen steht damit aber nicht im Widerspruch zum Bundesrecht, weshalb auch keine Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts vorliegt.

  3. Der Gesuchsteller macht im weiteren geltend, die Festsetzung tieferer als der durch die bundesrätliche Weinverordnung festgesetzten Ertragswerte widerspreche der Handelsund Gewerbefreiheit und der Eigentumsgarantie.

    aa) Gemäss Art. 27 Abs. 1 BV ist die Wirtschaftsfreiheit gewährleistet. Sie bedeutet unter anderem das Recht des Einzelnen, uneingeschränkt von staatlichen Massnahmen jede privatwirtschaftliche Tätigkeit frei auszuüben. Garantiert wird somit die freie Konkurrenz im Wirtschaftsleben (Häfelin/Haller, Rz. 628 f., S. 183). Gemäss Art. 95 Abs. 1 BV kann der Bund Vorschriften über die Ausübung der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit erlassen. Solange und soweit der Bund diese ihm zustehende Kompetenz nicht ausgeschöpft hat, dürfen die Kantone die Ausübung der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit in grundsatzkonformer Weise regeln. Solche Einschränkungen müssen auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt sein und sich, nach dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz, auf das für die Verfolgung der staatlichen Ziele Erfor-

    derliche beschränken (Art. 36 BV). Grundsatzwidrige Einschränkungen, d.h. solche, die den freien Wettbewerb behindern, um gewisse Gewerbezweige Bewirtschaftungsformen zu sichern zu begünstigen, darf abgesehen von den kantonalen Regalrechten grundsätzlich nur der Bund erlassen und nur dort, wo die Verfassung solche Abweichungen vorsieht (Art. 94 Abs. 4 BV; vgl. auch Häfelin/Haller, Rz. 695, S. 200).

    aaa) Gemäss Art. 103 und Art. 104 BV kann der Bund im Rahmen der Strukturpolitik und der Landwirtschaftsgesetzgebung vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen. Gestützt auf Art. 104 BV erliess der Bundesgesetzgeber das Bundesgesetz über die Landwirtschaft, auf welchem wiederum die bundesrätliche Weinverordnung beruht. Diese sieht in Art. 14 Abs. 2 ausdrücklich eine quantitative Ertragsbegrenzung vor: Der Traubenertrag für die Kategorie 1 ist auf 1,4 kg/m2 1,12 l/m2 für weisse Gewächse und auf 1,2 kg/m2 0,96 l/m2 für rote Gewächse begrenzt. Die Kantone können aber für die Kategorie 1 tiefere Ertragswerte festlegen und auch die Flächenerträge für die anderen Kategorien begrenzen, ohne an eine vom Bundesrecht aufgestellte Maximalgrenze gebunden zu sein (Abs. 3). Der kantonale Gesetzgeber delegierte die ihm von Bundesrechts wegen zustehende Kompetenz zur Festlegung der zulässigen Höchsterträge pro Flächeneinheit an die kantonale Rebbaukommission (Art. 46 LwG/SH). Der Beschluss der kantonalen Rebbaukommission vom 21. Mai 2001, der den Traubenertrag für die Kategorie 1 für Riesling x Sylvaner auf 1,1 kg/m2 und für übrige weisse Gewächse auf 1,0 kg/m2, für Blauburgunder auf 0,9 kg/m2 und für übrige rote Gewächse auf 1,0 kg/m2 sowie die Traubenerträge für die Kategorie 2 ebenfalls begrenzt, verfügt damit über eine genügende gesetzliche Grundlage und insbesondere über die geforderte Ermächtigung im Bundesrecht bzw. in der Bundesverfassung selbst (vgl. BGE 120 Ia 71 E. 2b = Pra 84 [1995], Nr. 2, S. 4).

    ...

    bbb) Die Ertragsbegrenzung dient der Qualitätsförderung und der Anpassung der Erträge an die Absatzmöglichkeiten. Es sollen Ernteüberschüsse und die damit verbundenen Absatzschwierigkeiten mit kostspieligen Verwertungsmassnahmen sowie der daraus resultierende Preiszerfall vermieden werden. Eine kantonale Intervention kann dann begründet sein, wenn die Produktion bereits übermässig ist. Sie ist aber auch schon zulässig, um der Gefahr einer solchen vorzubeugen (Botschaft des Bundesrats zur Reform der Agrarpolitik: Zweite Etappe [Agrarpolitik 2002] vom 26. Juni 1996, BBl 1996 IV 193 f.; vgl. auch Botschaft des Bundesrats betreffend den Bundesbeschluss über den Rebbau vom 25. November 1991, BBl 1992 I 471 f.). Sowohl die Qualitätssteigerung als auch die Vermeidung von Überproduktion liegen im öffentlichen Interesse, welches insoweit vom Bundesrecht bereits vorgegeben

    ist und vorliegend nicht überprüft werden kann (vgl. dazu das Anwendungsgebot von Art. 191 BV).

    Im Kanton Schaffhausen vermag offenbar der Handel im Rebjahr 2001 die von der Rebbaukommission festgelegten Ertragsmengen der Kategorie 1 nicht in vollem Umfang zu übernehmen, da in den Kellern noch Restbestände früherer Jahre lagern. Es wird demnach lediglich ein Teil der festgelegten Ertragsmenge zum Normalpreis übernommen, eine weiterer Teil wird als Preiskategorie 2 bzw. zu einem noch tieferen Kilogrammpreis abgekauft. Über diese Mengen hinaus wird kein Preis mehr ausgerichtet. In dieser Situation muss aber dasjenige Traubengut, das zum Normalpreis abgegeben werden kann, eine hohe Qualität aufweisen. Zudem muss verhindert werden, dass grosse Mengen Trauben zu einem tiefen Kilogrammpreis abgegeben werden, die dann als Billigwein den Markt überschwemmen. Um eine gute Qualität zu erreichen und eine Überproduktion von Billigwein zu verhindern, ist es notwendig, die vom Bundesrecht festgelegten Maximalertragswerte zu reduzieren. Damit liegen aber die von der Rebbaukommission festgelegten Ertragsmengen sowohl im Interesse des Weinhandels als auch im Interesse der Produzenten selbst und letztlich auch im öffentlichen Interesse, wie es durch das Bundesrecht vorgegeben ist.

    ccc) Die Einschränkung eines Grundrechts ist verhältnismässig, wenn die staatliche Massnahme geeignet ist, um den im öffentlichen Interesse verfolgten Zweck herbeizuführen, wenn sie notwendig ist und wenn zwischen dem gesteckten Ziel und der zu seiner Erlangung notwendigen Freiheitsbeschränkung ein vernünftiges Verhältnis besteht (statt vieler: BGE 126 I 119 E. 5b).

    Die Ertragsbegrenzung ist geeignet, sowohl eine Überproduktion zu verhindern als auch die Qualität des Traubenguts und damit des Weins positiv zu beeinflussen (vgl. zum bereits eingetretenen Erfolg der getroffenen Qualitätsmassnahmen, welcher sich auch im Kanton Schaffhausen feststellen lässt, die erwähnte Botschaft zur Agrarpolitik 2002, BBl 1996 IV 194). Die Ertragsbegrenzung ist aber auch erforderlich, um den angestrebten Erfolg zu erreichen. Eine mildere Massnahme, wie beispielsweise eine Mahnung Anweisung, würde nicht genügen. Der Handel kann wie erwähnt offenbar nicht einmal die festgelegten Ertragsmengen 2001 der Kategorie 1 vollständig übernehmen. Damit ist es aber im Sinn des erwähnten Ziels (vgl. oben E. 2c/aa/bbb) notwendig, dass die Ertragsmengen beschränkt werden. Im Sinn dieses Ziels wiegt der Zweck der Ertragsbegrenzung (Qualitätsförderung, Vermeidung der Überproduktion mit all ihren negativen Folgen) schwerer als das private Interesse der Rebbauern, mehr Traubengut abliefern zu können. Die Qualitätsförderung und die Vermeidung einer Überproduktion stützt den Preis, was sich wiederum positiv auf die Preise für das Traubengut auswirken

    kann. Insoweit liegt die angefochtene Massnahme durchaus auch im Interesse der Traubenproduzenten.

    Im übrigen hat die kantonale Rebbaukommission, wie vom Gesuchsteller geltend gemacht, bei der Festlegung der Ertragsgrenzwerte auch nicht ihren Ermessensspielraum missbraucht. Die bundesrätliche Weinverordnung sieht eine quantitative Ertragsbegrenzung im Sinn von Maximalgrenzen vor. Die Kantone können für die Kategorie 1 tiefere Ertragswerte festlegen und auch die Flächenerträge für die anderen Kategorien begrenzen, ohne an eine vom Bundesrecht aufgestellte Maximalgrenze gebunden zu sein. Indem die Rebbaukommission die Ertragswerte pro Flächeneinheit für die Kategorie 1 und 2 unter den Bundeslimiten festsetzte, hielt sie sich an den Ermessensspielraum. Zudem liess sie sich bei der Ausübung ihres Ermessens auch nicht von unmassgeblichen Gesichtspunkten leiten.

    Schliesslich ist zu erwähnen, dass wie das Protokoll des Branchenverbands Schaffhauser Wein und das Protokoll der Delegiertenversammlung des Kantonalen Weinbauverbands Schaffhausen zeigen - die Produzenten den Ertragsbegrenzungen für das Rebjahr 2001 ebenfalls mehrheitlich zugestimmt haben.

    bb) Damit verfügt die angefochtene Regelung über eine gesetzliche Grundlage insbesondere über die geforderte Ermächtigung in der Bundesverfassung -, ist durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt und verletzt den Verhältnismässigkeitsgrundsatz nicht (BGE 120 Ia 72 E. 3c = Pra 84 [1995] Nr. 2, S. 5). Die getroffene Regelung ist demnach unter dem Aspekt der Wirtschaftsfreiheit zulässig. Gleiches gilt selbstredend auch für die geltend gemachte Verletzung der Eigentumsgarantie, welche soweit sie betroffen ist aufgrund der Landwirtschaftsgesetzgebung denselben Einschränkungen unterliegt wie die Wirtschaftsfreiheit (Art. 26 BV).

    Die bestehende Regelung (Maximallimiten des Bundes und konkrete Ausgestaltung durch die Kantone) rechtfertigt sich im übrigen, weil die Rebberge in der Schweiz sowohl topographisch als auch klimatisch sehr vielfältig und unterschiedlich sind. Diese Vielfalt bedingt, dass die Kompetenz zur Festlegung von Ertragsgrenzen zur Hauptsache bei den Kantonen liegt. Der Bund regelt lediglich die Minimalanforderungen. Die unregelmässigen Ernten im schweizerischen Rebbau erfordern ein flexibles System, das erlaubt, die Erntemenge jedes Jahr an die Lage auf dem Weinmarkt unter Berücksichtigung des Jahresklimas, der Regionen und der Rebsorten anzupassen. Eine Lösung mit starren in einem Gesetz verankerten Werten wäre nicht praktikabel (vgl. Botschaft des Bundesrats betreffend den Bundesbeschluss über den Rebbau vom 25. November 1991, BBl 1992 I 470 f.).

  4. Der Gesuchsteller macht überdies eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geltend. Die Rebbauern seien mit der angefochtenen Regelung gegenüber ihren Konkurrenten in den umliegenden Kantonen und dem Land Baden-Württemberg benachteiligt.

Zunächst ist festzuhalten, dass die bundesrätliche Verordnung, die lediglich die Maximalertragsgrenzen festlegt und im übrigen die Regelung der Ertragsbegrenzung den Kantonen überlässt, es eben gerade den Kantonen ermöglichen will, unterschiedliche Regelungen zu erlassen, die ihren Bedürfnissen Rechnung tragen. Der Bundesgesetzgeber nahm damit in Kauf, dass in den einzelnen Kantonen für die Rebbauern unterschiedliche Regeln gelten.

Zwar trifft es zu, dass zum Beispiel im Kanton Zürich ausschliesslich die Bundeslimiten gelten und im Kanton Thurgau die Ertragsgrenzen für die Kategorie 1 und 2 nur 100 Gramm unter den Bundeslimiten liegen. Dennoch verhält es sich so, dass das kantonale Recht von Kanton zu Kanton verschieden ist und selbst gleich ähnlich lautende Bestimmungen verschieden gehandhabt werden. Dies ist die unabwendbare Folge der in der Bundesverfassung verankerten Eigenständigkeit der Kantone, die insoweit dem Gleichheitssatz von Art. 8 BV vorgeht. Die Verschiedenheit des kantonalen Rechts und der kantonalen Rechtsanwendung verstösst daher nicht gegen diese Verfassungsbestimmung (BGE 91 I 491 E. 3a). Demnach kann darin, dass die einzelnen Kantone von der Befugnis, den Traubenertrag pro Flächeneinheit zu begrenzen, unterschiedlichen Gebrauch machen, keine rechtsungleiche Behandlung erblickt werden (BGE 120 Ia 81 E. 6). Ebenfalls nicht gegen das Gleichheitsgebot verstösst es, wenn die Ertragsbegrenzung in der Schweiz anders geregelt ist als in Deutschland.

i Dieser Entscheid ist auch veröffentlicht in ZBl 2002, S. 590 ff., und in URP 2002, S. 786 ff.

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