Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2016/46: Obergericht
X. lebt seit 1990 in der Schweiz und beantragte 2012 und 2014 die Einbürgerung. Nach verschiedenen Entscheidungen auf kommunaler und kantonaler Ebene wurde sein Einbürgerungsgesuch abgelehnt. Das Obergericht entschied teilweise zugunsten von X. und wies den Fall zur weiteren Abklärung zurück. Es wurde festgestellt, dass die finanzielle Situation von X. genauer geprüft werden müsse, insbesondere in Bezug auf seine Firma und mögliche Einkommensquellen. Der Bürgerausschuss vermutete, dass X. seine wahren Einnahmequellen verschleierte, was zur Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs führte. Das Obergericht kritisierte die unzureichende Sachverhaltsabklärung und wies den Fall zur erneuten Prüfung an den Bürgerausschuss zurück.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 60/2016/46 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 29.05.2018 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Einbürgerungsverfahren; Abklärung der finanziellen Verhältnisse; Untersuchungsgrundsatz - Art. 37 Abs. 1 und Art. 50 Abs. 1 BV; Art. 14 aBüG; Art. 6 Abs. 2 lit. f BüG SH; Art. 5 VRG. Die Erteilung des Gemeindebürgerrechts fällt in den Autonomiebereich der Gemeinde. Auch in diesem Bereich ist die Gemeinde an die Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns und an die Grundrechte gebunden. Die gerichtliche Kontrolle ist insofern beschränkt, als das Gericht nicht die eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen der Gemeindebehörde setzen darf, wenn deren Entscheid nachvollziehbar ist (E. 3). Im Einbürgerungsverfahren gilt in erster Linie die Untersuchungsmaxime; die Behörde ist zur sorgfältigen Sachverhaltsermittlung verpflichtet (etwa durch Einholung aktueller Amtsberichte der Polizei und der Steuerbehörden oder durch Einsichtnahme in die Geschäftsbuchhaltung). Der Gesuchsteller hat jedoch bei der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken. Dabei trifft die Behörde eine Aufklärungspflicht; sie muss den Gesuchsteller geeignet auf die zu beweisenden Tatsachen hinweisen (E. 5 und 5.4). Bezüglich der finanziellen Verhältnisse ist zu prüfen, ob die aktuelle wirtschaftliche Situation hinreichend gefestigt erscheint. Die vergangene finanzielle Entwicklung ist nur insoweit von Bedeutung, als sie Rückschlüsse auf die aktuelle Situation zulässt (E. 5.2). Vermutet die Behörde, dass der Gesuchsteller seine wahren Einnahmequellen verschleiert, so hat sie bei verbleibenden erheblichen Zweifeln weitere angemessene Abklärungen zu treffen. Unterlässt sie dies, so hat sie den massgeblichen Sachverhalt ungenügend abgeklärt (E. 5.4). |
Schlagwörter : | Einbürgerung; Gemeinde; Gesuch; Bürgerrat; Sachverhalt; Bürgerrecht; Recht; Behörde; Verhältnisse; Stadt; Situation; Schweiz; Schaffhausen; Gesuchs; Einbürgerungsverfahren; Gesuchsteller; Sachverhalts; Abklärung; Obergericht; Entscheid; Regierungsrat; Bürgerrechts; Kanton; Merkblatt; Firma; Eltern; üsse |
Rechtsnorm: | Art. 10 B?G;Art. 111 BGG ;Art. 14 B?G;Art. 15 B?G;Art. 29 BV ;Art. 29a BV ;Art. 37 BV ;Art. 38 BV ;Art. 5 BV ;Art. 50 BV ;Art. 50 B?G;Art. 6 B?G;Art. 7 B?G; |
Referenz BGE: | 119 Ia 21; 129 I 232; 135 I 265; 137 I 235; 138 I 305; 139 I 169; 140 II 65; 141 I 60; |
Kommentar: | - |
Die Erteilung des Gemeindebürgerrechts fällt in den Autonomiebereich der Gemeinde. Auch in diesem Bereich ist die Gemeinde an die Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns und an die Grundrechte gebunden. Die gerichtliche Kontrolle ist insofern beschränkt, als das Gericht nicht die eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen der Gemeindebehörde setzen darf, wenn deren Entscheid nachvollziehbar ist (E. 3).
Im Einbürgerungsverfahren gilt in erster Linie die Untersuchungsmaxime; die Behörde ist zur sorgfältigen Sachverhaltsermittlung verpflichtet (etwa durch Einholung aktueller Amtsberichte der Polizei und der Steuerbehörden durch Einsichtnahme in die Geschäftsbuchhaltung). Der Gesuchsteller hat jedoch bei der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken. Dabei trifft die Behörde eine Aufklärungspflicht; sie muss den Gesuchsteller geeignet auf die zu beweisenden Tatsachen hinweisen (E. 5 und 5.4).
Bezüglich der finanziellen Verhältnisse ist zu prüfen, ob die aktuelle wirtschaftliche Situation hinreichend gefestigt erscheint. Die vergangene finanzielle Entwicklung ist nur insoweit von Bedeutung, als sie Rückschlüsse auf die aktuelle Situation zulässt (E. 5.2).
Vermutet die Behörde, dass der Gesuchsteller seine wahren Einnahmequellen verschleiert, so hat sie bei verbleibenden erheblichen Zweifeln weitere angemessene Abklärungen zu treffen. Unterlässt sie dies, so hat sie den massgeblichen Sachverhalt ungenügend abgeklärt (E. 5.4).
OGE 60/2016/46 vom 29. Mai 2018
Veröffentlichung im Amtsbericht
SachverhaltX. lebt seit 1990 in der Schweiz und verfügt über die Niederlassungsbewilligung. Im Jahr 2012 stellte er erstmals ein Gesuch um Einbürgerung, das er aber zurückzog, nachdem ihm der Stadtrat Schaffhausen dies nahegelegt hatte. Im Herbst 2014 stellte er erneut ein Einbürgerungsgesuch. Nach dem Vorstellungsgespräch beschloss der Stadtrat, das Gesuch um vier Jahre zurückzustellen. In der Folge beantragte X. die wiedererwägungsweise Gutheissung seines Gesuchs. Der Stadtrat leitete das Gesuch in ablehnendem Sinn ans kantonale Amt für Justiz und Gemeinden weiter. Auf dessen Ersuchen erteilte das Staatssekretariat für Migration
(SEM) die eidgenössische Einbürgerungsbewilligung. Der Bürgerrat der Stadt Schaffhausen lehnte das Gesuch von X. um Erteilung des Gemeindebürgerrechts jedoch ab. Der Regierungsrat wies einen hiergegen erhobenen Rekurs ab. Das Obergericht hiess eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde von X. teilweise gut und wies die Sache zur vollständigen Abklärung des Sachverhalts und zum neuen Entscheid an den Bürgerrat zurück.
Aus den Erwägungen 1.3. [ ] Der Beschwerdeführer hat sein Gesuch [ ] vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Schweizer Bürgerrecht vom 20. Juni 2014 (BüG, SR 141.0, in Kraft seit 1. Januar 2018) gestellt. Gemäss Art. 50 Abs. 2 BüG ist daher das alte Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts vom 29. September 1952 in der Fassung vom 1. Januar 2013 anwendbar (nachfolgend: aBüG). Massgebend ist sodann grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt des vorliegenden Entscheids (vgl. zum Ganzen Arnold Marti, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Schaffhausen, Diss. Zürich 1986, S. 241 f. und S. 259).Schweizerbürgerin Schweizerbürger ist, wer das Bürgerrecht einer Gemeinde und das Bürgerrecht des Kantons besitzt (Art. 37 Abs. 1 BV). Der Bund erlässt Mindestvorschriften über die Einbürgerung durch die Kantone und erteilt die Einbürgerungsbewilligung (Art. 38 Abs. 2 BV). Gemäss Art. 14 aBüG ist bei der Prüfung der Eignung zur Einbürgerung insbesondere danach zu fragen, ob der Gesuchsteller in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist, mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist, die schweizerische Rechtsordnung beachtet und die innere äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet. Sodann müssen die Wohnsitzerfordernisse gemäss Art. 15 aBüG erfüllt sein. Die Kantone sind in der Ausgestaltung der Einbürgerungsvoraussetzungen insoweit frei, als sie hinsichtlich der Wohnsitzerfordernisse der Eignung Konkretisierungen vornehmen können (vgl. BGE 139 I 169 E. 6.3 S. 173).
Wer sich um die Erteilung des Gemeindeund Kantonsbürgerrechts bewirbt, muss aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse hierzu geeignet sein (Art. 6 Abs. 1 des kantonalen Bürgerrechtsgesetzes vom 23. September 1991 [BüG SH, SHR 141.100]). Geeignet ist nach Art. 6 Abs. 2 BüG SH insbesondere, wer in die kommunalen, kantonalen und schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist (lit. a), mit den Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen des Landes vertraut ist (lit. b), die schweizerische Rechtsordnung beachtet und die innere und äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet (lit. c), die mit dem Bürgerrecht verbundenen Rechte und Pflichten kennt (lit. d), ausreichende Sprachkenntnisse zur Verständigung mit
Behörden und Mitbürgern besitzt (lit. e) und geordnete persönliche und finanzielle Verhältnisse aufweist (lit. f). Das Bürgerrecht kann aus achtenswerten Gründen auch erteilt werden, wenn die lit. e und f nur teilweise erfüllt sind (Art. 6 Abs. 3 BüG SH).
Art. 9 der Einbürgerungsverordnung der Stadt Schaffhausen vom 4. April 2000 (RSS 125.1) statuiert keine weitergehenden Voraussetzungen für die Einbürgerung, sondern hält fest, dass sich diese nach den Bestimmungen der eidgenössischen und kantonalen Bürgerrechtsgesetzgebung richten. Namentlich zwecks rechtsgleicher Ausübung des Ermessens zu beachten ist indes das Merkblatt für die Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern in der Stadt Schaffhausen in der ab 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2017 gültig gewesenen Fassung (vgl. dazu OGE 60/2010/55 vom 1. Juli 2011 E. 4 sowie Christian R. Tappenbeck, Das Bürgerrecht in der Schweiz und seine persönlichkeitsrechtliche Dimension, Freiburger Diss., Zürich/Basel/Genf 2011, S. 434 f.).
Die Erteilung des Gemeindebürgerrechts fällt in den Autonomiebereich der Gemeinde (vgl. Art. 37 f. und Art. 50 Abs. 1 BV; Art. 5 und Art. 105 KV; Art. 10 Abs. 1 BüG SH). Das Obergericht prüft die Rechtmässigkeit des kommunalen Handelns ( ) und greift ein, wenn eine Gemeinde ihr Ermessen nicht pflichtgemäss, das heisst in Widerspruch zum Sinn und Zweck der Bürgerrechtsgesetzgebung, ausübt. Die Gemeinden sind auch im Autonomiebereich an die Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns (Art. 5 BV) und die Grundrechte (Art. 7 ff. BV) gebunden. Das Obergericht ist aufgrund der Rechtsweggarantie zu einer umfassenden Rechtsund Sachverhaltsprüfung verpflichtet (Art. 29a BV). Seine Kognition darf nicht enger sein als jene des Bundesgerichts (Art. 111 Abs. 3 BGG). Die gerichtliche Kontrolle ist jedoch insofern beschränkt, als das Gericht nicht die eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen der Gemeindebehörde setzen darf, wenn deren Entscheid nachvollziehbar ist, also auf einer vertretbaren Würdigung der massgebenden Sachumstände beruht. Es gilt, sowohl den Gestaltungsbereich der Gemeinde zu wahren als auch die Rechte der einbürgerungswilligen Personen zu schützen (vgl. zum Ganzen BGE 137 I 235 E. 2.4 f. S. 239; Benjamin Schindler, Die Gemeindeautonomie als Hindernis für einen wirksamen Rechtsschutz, in: Rüssli/Hänni/Häggi Furrer [Hrsg.], Staatsund Verwaltungsrecht auf vier Ebenen, Festschrift für Tobias Jaag, Zürich/Basel/Genf 2012, S. 145 ff.; Kilian Meyer, in: Waldmann/Belser/Epiney [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesverfassung, Basel 2015, Art. 50 N. 31 f.,
S. 962 f.; Tappenbeck, S. 433 f.).
[ ]
Dass der Beschwerdeführer die Wohnsitzfristen erfüllt (Art. 15 Abs. 1 aBüG, Art. 7 Abs. 1 BüG SH), ausreichende Sprachkenntnisse aufweist und in die
kommunalen, kantonalen und schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist, wurde von der zuständigen kommunalen Behörde geprüft und wird von keiner Seite in Frage gestellt. Streitig und zu prüfen ist, ob das Kriterium der geordneten finanziellen Verhältnisse (Art. 6 Abs. 2 lit. f BüG SH) erfüllt ist und der diesbezüglich massgebliche Sachverhalt korrekt und vollständig abgeklärt wurde. Im Einbürgerungsverfahren gilt in erster Linie die Untersuchungsmaxime (vgl. Art. 5 VRG). Der Gesuchsteller hat indes bei der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken. Dies gilt für alle Arten von Tatsachen, mithin auch für eventuell Nachteiliges und insbesondere für Umstände, welche der Gesuchsteller besser kennt als die Behörden und welche diese ohne dessen Mitwirkung nicht nicht mit vernünftigem Aufwand erheben könnten. Das Ausmass der Mitwirkungspflicht richtet sich nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Die Behörde trifft eine Aufklärungspflicht, d.h. sie muss den Gesuchsteller im Einbürgerungsverfahren geeignet auf die zu beweisenden Tatsachen hinweisen. Untersuchungsgrundsatz und Mitwirkungspflicht ändern sodann an der objektiven Beweislast nichts, wonach grundsätzlich diejenige Partei die Folgen einer allfälligen Beweislosigkeit eines Sachumstands zu tragen hat, die daraus Vorteile ableitet (vgl. zum Ganzen BGE 141 I 60 E. 5.2 S. 68 f.; BGE 140 II 65 E. 3.4 S. 64 ff.; BGer 2C_58/2017 vom 23. Juni 2017 E. 2.2.1).
Die Stadt Schaffhausen hat das Kriterium der geordneten finanziellen Verhältnisse im Merkblatt für die Einbürgerung insofern näher umschrieben, als geregelte Einkommensverhältnisse, keine offenen Betreibungen, keine Steuerrestanzen etc. erwartet werden. Diese Voraussetzungen werden von keiner Seite in Frage gestellt und sind nicht zu beanstanden. Eine Gemeinde kann bei der Einbürgerung verlangen, dass die finanzielle Situation als gefestigt erscheint . Dies hat das Obergericht beispielsweise bei einem Unternehmer verneint, weil seine noch kein Jahr alte Firma sich in mit dem Neubeginn verbundenen finanziellen Schwierigkeiten befand (vgl. OGE 60/2010/55 vom 1. Juli 2011 E. 4 sowie das Merkblatt für die Einbürgerung der Stadt Schaffhausen, vorne E. 2). Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass dieses Kriterium im neuen Merkblatt, das seit 1. Januar 2018 gültig ist, zwar präziser, aber nicht grundlegend anders umschrieben ist (vgl. www.stadt-schaffhausen.ch > Private > Persönliches & Familie > Einbürgerung).
Der Beschwerdeführer reichte im Einbürgerungsverfahren letztlich sämtliche eingeforderten Unterlagen ein, insbesondere einen Betreibungsregisterauszug [ ], demgemäss er weder Betreibungen noch offene Verlustscheine hatte, sowie eine [ ] Bestätigung der Steuerverwaltung, wonach alle definitiv veranlagten Steuern beglichen und die provisorischen Steuern 2015 bezahlt wurden ( ). Im Beschwerdeverfahren reichte er sodann von seinem Steuerberater erstellte Unterlagen ein, um zu belegen, dass seine [ ]-Firma sich gut entwickelt und im Jahr
2017 einen Bruttogewinn von rund Fr. 200'000.erzielt habe. Dass der Beschwerdeführer mit seiner Firma Gewinn erzielt und insoweit über ein geregeltes Einkommen verfügt, zogen weder der Bürgerrat noch der Regierungsrat in Zweifel. Sie gingen indes davon aus, nach nur dreijähriger Tätigkeit und unter Berücksichtigung des geschäftlichen Hintergrunds sei die finanzielle Situation noch nicht hinreichend gefestigt. In dieser Situation war es grundsätzlich zulässig, einen strengen Massstab anzulegen. Der Beschwerdeführer hatte unbestritten früher gravierende finanzielle Probleme ( ). Als der Bürgerrat sein Einbürgerungsgesuch entschied, war der Beschwerdeführer allerdings bereits seit mehr als vier Jahren selbständig tätig, dies anscheinend erfolgreich (vgl. dazu indes sogleich, E. 5.3). Aus Art. 6 Abs. 2 lit. f BüG SH geht hervor, dass die Einbürgerungsbehörde zu prüfen hat, ob die aktuelle wirtschaftliche Situation hinreichend gefestigt erscheint (vgl. vorne, E. 5.1). Der finanzielle Lebenslauf ist in diesem Kontext - nur, aber immerhin von Bedeutung, falls er Rückschlüsse auf die aktuelle Situation zulässt.
Der Bürgerrat ging von einer unklaren Gesamtsituation aus. Man wisse nicht, womit der Beschwerdeführer seine Schulden zurückbezahlt und wovon er im Jahr 2011 gelebt habe. Zuerst habe er von einer Erbschaft gesprochen und sich später dahingehend korrigiert, dass ihn die Eltern unterstützt hätten. Man vermute, dass er Geld aus Quellen bezogen habe, die er nicht näher nennen wolle. Zu dieser Einschätzung gelangte der Bürgerrat offenbar, weil der Beschwerdeführer im ersten Gespräch mit einer Delegation des Bürgerrats im Jahr 2013 erläutert hatte, er habe die Schulden aus dem Konkurs mit Hilfe einer Schuldenberatung abzahlen können, von Ersparnissen gelebt und zudem sukzessive Geld von den Eltern erhalten. Die Delegation des Bürgerrats betrachtete die wirtschaftliche Situation als suspekt und vermutete, der Beschwerdeführer habe einen Nebenerwerb. Nach dem zweiten Gespräch [ ] 2015 ging man davon aus, dass die Firma nur als Vorwand für andere Geschäfte betrieben wird, wobei diese Vermutung unbewiesen im Raum steht. Der Bewerber bleibe für die Anwesenden suspekt. Im Moment stünden aber wenig Argumente zur Verfügung, um das Gesuch abzuweisen. Im Protokoll der Beratung des Bürgerrats [ ] wurde denn auch festgehalten, der Bewerber habe keine Betreibungen, er habe zudem auch die aktuellsten Steuern bezahlt und die AHV-Beiträge korrekt abgerechnet. Die Rückzahlung der Schulden habe er damit begründet, dass Eltern und Verwandte ihn unterstützt hätten. Belege dafür gebe es hingegen keine, weshalb die Herkunft dieser Mittel letztlich unklar bleibe. Es liege die Vermutung nahe, dass er das Geld aus Quellen bezogen habe, die er nicht näher nennen mochte. Unbeantwortet geblieben sei die Frage, womit er 2011 seine Lebenskosten bestritten habe. Es müsse daher angenommen wer-
den, dass der Beschwerdeführer aus unbekannten Quellen nicht unerhebliche finanzielle Mittel bezogen habe, die er gegenüber den Einbürgerungsorganen nicht habe darlegen wollen.
Die zitierten Aktenstellen lassen darauf schliessen, dass die Vermutung, der Beschwerdeführer könnte einen dubiosen Nebenerwerb ausüben bzw. unter dem Deckmantel der [ ]-Firma anderen, allenfalls unrechtmässigen Tätigkeiten nachgehen, massgeblich zum abweisenden Einbürgerungsentscheid beigetragen hat. Nun kann diese Möglichkeit zwar nicht ausgeschlossen werden. Hingegen enthalten die vorliegenden Akten keinerlei aktuellen und konkreten Hinweise auf irgendwelche mit Blick auf die Einbürgerung problematischen Aktivitäten des Beschwerdeführers. Dass dieser in einem Einbürgerungsgespräch zuerst von einer Erbschaft gesprochen und diese Aussage später dahingehend korrigiert hat, dass ihn im Jahr 2011 die Eltern unterstützt hätten, mag zwar ein Widerspruch sein. Es könnte sich aber auch um eine blosse Präzisierung gehandelt haben; dies liesse sich allenfalls dann beurteilen, wenn ein Wortprotokoll des Einbürgerungsgesprächs vorläge, was jedoch nicht der Fall ist. Dass keine Belege über die Geldzuwendungen der Eltern vorliegen, könnte darauf zurückzuführen sein, dass der Beschwerdeführer von Familienangehörigen finanziell unterstützt wurde, ohne dass jemand darüber Buch geführt hat. Wenn die Behördenmitglieder aufgrund früherer Delinquenz und Konkursverfahren (vgl. hinten, E. 6) und unklarer, vager nicht erteilter Auskünfte des Beschwerdeführers vermuteten, dieser wolle seine wahren Einnahmequellen verschleiern, so hätten sie bei verbleibenden erheblichen Zweifeln allerdings weitere angemessene Abklärungen treffen müssen. Im Einbürgerungsverfahren wird über den rechtlichen Status von Einzelpersonen entschieden. Dies hat, auch wenn nach wie vor kein Rechtsanspruch auf Einbürgerung besteht (vgl. BGer 1D_4/2016 vom 4. Mai 2017 E. 1.3.3 m.H. auf Peter Uebersax, Das Bundesgericht und das Bürgerrechtsgesetz, mit Blick auf das neue Recht, BJM 4/2016, S. 169 ff., 174, 187), unter Wahrung der Grundrechte und der einschlägigen Verfahrensbestimmungen zu erfolgen. Dazu gehört die Pflicht zur sorgfältigen Sachverhaltsermittlung (vgl. vorne, E. 5). Es wäre möglich gewesen, aktuelle Amtsberichte von der Polizei und den Steuerbehörden anzufordern. Ebenfalls hätte z.B. der Beschwerdeführer aufgefordert werden können, einer Delegation des Bürgerrats Einblick in die Geschäftsbuchhaltung zu gewähren, die Delegation hätten einen Augenschein vor Ort vornehmen können, um sich davon zu überzeugen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich, wie vorgebracht, einen gut laufenden [ ]-Handel betreibt (vgl. Art. 5 VRG). Indem der Bürgerrat dies unterliess, hat er den massgeblichen Sachverhalt ungenügend abgeklärt, und der Regierungsrat hat in der Folge ohne weitere Abklärungen entschieden. Damit erweist sich die Beweiserhebung im Einbürgerungsverfahren als ungenügend (vgl. BGE
141 I 60 E. 5.2 S. 69; BGE 138 I 305 E. 1.4.3 S. 310 f.; BGE 129 I 232 E. 3.3 S. 237
f.; BGE 119 Ia 21 E. 1c S. 26).
Zusammenfassend wurde das Einbürgerungsgesuch des Beschwerdeführers aufgrund eines nicht hinreichend abgeklärten Sachverhalts abgewiesen (vgl. Art. 5 VRG). Angesichts der vorliegenden konkreten Umstände und des dem Bürgerrat zustehenden Ermessens kann es nicht Aufgabe des Obergerichts sein, weitere Abklärungen zu tätigen bzw. anstelle der hierfür zuständigen Behörde den Sachverhalt zu vervollständigen (vgl. dazu Marti, S. 262 ff.). Die Verfahrensmängel führen daher zur teilweisen Gutheissung der Beschwerde in dem Sinne, als der angefochtene Beschluss des Regierungsrats [ ] aufzuheben ist, ohne dass die weiteren strittigen Punkte noch vertieft abzuklären wären. Aus prozessökonomischen Gründen klarzustellen ist jedoch, dass dem Beschwerdeführer wie dies der Regierungsrat korrekt festgehalten hat - nicht vorgeworfen werden kann, dass seine libanesische Ehefrau und die drei gemeinsamen Kinder getrennt von ihm im Libanon leben (vgl. dazu Tappenbeck, S. 441 ff., mit weiteren Hinweisen). Die familiäre Konstellation ist aber immerhin insoweit auch für das Einbürgerungsgesuch des Beschwerdeführers von Bedeutung, als er als Vater von insgesamt fünf Kindern unterhaltsverpflichtet ist (wobei er für die drei 2007, 2008 und 2010 geborenen, bei ihrer Mutter im Libanon lebenden Kinder gemäss einem libanesischen Gerichtsentscheid [ ] monatlich US$ 2'000.zu bezahlen hat). Mit Bezug auf die lange zurückliegenden strafrechtlichen Verurteilungen (Zeitraum 1990 bis 2000) ist darauf hinzuweisen, dass das Merkblatt der Stadt Schaffhausen darauf abstellt, dass keine Strafregistereinträge vorliegen (vgl. vorne, E. 2).
Die Angelegenheit ist aufgrund des Prinzips der Gemeindeautonomie direkt an den Bürgerrat zurückzuweisen. Dieser hat den Sachverhalt - unter Vorbehalt der Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers (wobei dieser vom Bürgerrat jeweils in geeigneter Weise auf die zu beweisenden Tatsachen hinzuweisen ist, vgl. vorne,
E. 5) vollständig abzuklären und anschliessend einen neuen Entscheid zu fällen. Dabei ist der Bürgerrat an die Rechtsauffassung des Obergerichts gebunden (vgl. Marti, S. 265). Das Gesuch ist weiterhin nach altem Recht zu behandeln (vgl. Art. 50 Abs. 2 BüG) und beförderlich zum Abschluss zu bringen (vgl. Art. 29 Abs. 1 BV; BGE 135 I 265 E. 4.4 S. 277).
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