E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht (SH)

Kopfdaten
Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 60/2003/28
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 60/2003/28 vom 24.10.2003 (SH)
Datum:24.10.2003
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 17 BV; Art. 17 Abs. 1 KV; Art. 34 VRG; Art. 68 und Art. 71 StPO; § 6 Abs. 2, § 8 Abs. 3 und § 10 GerBerV. Auflagen für die Gerichtsberichterstattung über nichtöffentliche Strafverhandlungen; Sanktionsordnung und Rechtsschutz
Schlagwörter : Gericht; Recht; Richters; Kanton; Kantons; Gerichtsberichterstatter; Obergericht; Verhandlung; Kantonsgericht; Beschwerde; Auflage; GerBerV; Beschwerdeführerin; Justiz; Aufgr; Auffassung; öffentlich; Rechtsweg; Rechtsschutz; Entscheid; Nichtöffentliche; Rechtsweggarantie; Verhandlungen; Vorliegen; Radio; Munot; Justizverwaltung; Vorliegenden; Gemeinde; Nichtöffentlichen
Rechtsnorm: Art. 17 BV ; Art. 29a BV ; Art. 30 BV ; Art. 36 BV ; Art. 66 StPO ; Art. 68 StPO ; Art. 71 StPO ; Art. 72 StPO ; Art. 74 StPO ; Art. 79 StPO ;
Referenz BGE:113 Ia 309;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
Art. 17 BV; Art. 17 Abs. 1 KV; Art. 34 VRG; Art. 68 und Art. 71 StPO;§ 6 Abs. 2, § 8 Abs. 3 und § 10 GerBerV. Auflagen für die Gerichtsberichterstattung über nichtöffentliche Strafverhandlungen; Sanktionsordnung und Rechtsschutz (Entscheid des Obergerichts Nr. 60/2003/28 vom
  1. Oktober 2003 i.S. Radio Munot Betriebs AG).

    Gegen Justizverwaltungsakte, die nicht mit prozessualen Rechtsmitteln anfechtbar sind, kann aufgrund der Rechtsweggarantie von Art. 17 Abs. 1 KV Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Obergericht erhoben werden (E. 2).

    Das Kantonsgericht ist nicht befugt, zugelassene Gerichtsberichterstatter für eine bestimmte Zeit von künftigen nichtöffentlichen Strafverhandlungen auszuschliessen (E. 3).

    Sofern überwiegende Interessen für eine Geheimhaltung bestehen, kann der Gerichtsvorsitzende den zu nichtöffentlichen Strafverhandlungen zugelassenen Gerichtsberichterstattern die Auflage machen, auch bereits bekannte identifizierende Hinweise (z.B. Verwendung von Ortsnamen) zu unterlassen. Auf Widerspruch hin hat das urteilende Gericht über die betreffende Auflage einen begründeten Entscheid zu fällen, welcher der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Obergericht unterliegt (E. 4b aa und bb).

    Zum Schutz der mutmasslichen Opfer besteht auch bei Sexualdelikten von Lehrern an öffentlichen Schulen ein überwiegendes Interesse an der Geheimhaltung des Namens der betroffenen Gemeinde, selbst wenn dieser im Lauf der Untersuchung schon bekanntgeworden ist (E. 4b cc aaa und 4c bb; Mehrheitsmeinung).

    Nachdem Radio Munot bei der Berichterstattung über nichtöffentliche Strafverhandlungen in zwei Fällen entgegen der Auflage des Gerichtsvorsitzenden die Namen der betroffenen Gemeinden erwähnt hatte, schloss das Kantonsgericht die Gerichtsberichterstatter von Radio Munot für ein Jahr von der Teilnahme an nichtöffentlichen Strafverhandlungen aus. Gegen diese Anordnung setzte sich die Radio Munot Betriebs AG beim Obergericht zur Wehr. Dieses nahm das Begehren als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegen, hob die Anordnung des Kantonsgerichts auf und belegte das Medienunternehmen mit einer Ordnungsbusse.

    Aus den Erwägungen:

    1. .- a) Als erstes stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls welches Rechtsmittel zur Anfechtung des Schreibens des Kantonsgerichts vom

      26. Mai 2003, welches keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, offen steht. Die Beschwerdeführerin hat dagegen Berufung eingelegt, ohne zu begründen, auf welche Vorschriften sie sich hierbei stützt. Die Berufung steht aufgrund der massgebenden Prozessgesetze nur den Prozessparteien zur Anfechtung

      bestimmter Sachentscheide offen (vgl. für die zivilprozessuale Berufung

      Art. 339 ff. der Zivilprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom

      3. September 1951 [ZPO, SHR 273.100] und für die strafprozessuale Berufung Art. 310 ff. der Strafprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom

      15. Dezember 1986 [StPO, SHR 320.100]). Vorliegend geht es jedoch nicht um die Anfechtung eines Sachentscheids durch eine Prozesspartei. Vielmehr wehrt sich Radio Munot gegen die vom Kantonsgericht beschlossene Nicht-

      zulassung seiner akkreditierten Gerichtsberichterstatter zu nichtöffentlichen

      Strafverhandlungen des Gerichts während mindestens eines Jahres. Bei dieser Anordnung, welche die Rechte und Pflichten der akkreditierten Gerichtsberichterstatter betrifft, handelt es sich um einen Akt der Justizverwaltung (vgl. dazu und zum Begriff der Justizverwaltung allgemein Hauser/Schweri, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, Zürich 2002, § 42

      1. 1 ff., insbesondere N. 14, S. 151 ff.). Gegen Akte der Justizverwaltung, welche wie im vorliegenden Fall nicht mit prozessualen Rechtsmitteln angefochten werden können, standen bisher nur aufsichtsrechtliche Anfechtungsmittel zur Verfügung, welche grundsätzlich keinen Anspruch auf Beurteilung gewährten (vgl. dazu auch nachfolgend E. 2e).

        1. Inzwischen ist jedoch am 1. Januar 2003 die neue Kantonsverfassung vom 17. Juni 2002 (KV, SHR 101.000) in Kraft getreten (vgl. Beschluss des Grossen Rates vom 16. Dezember 2002, Amtsblatt für den Kanton Schaffhausen 2002, S. 1974). Diese enthält in Art. 17 Abs. 1 KV als Neuerung eine ausdrückliche Rechtsweggarantie für Rechtsstreitigkeiten jeder Art. Es stellt sich daher die Frage, ob sich eine Anfechtungsmöglichkeit bezüglich der umstrittenen Anordnung des Kantonsgerichts aus dieser Garantie ableiten lasse. Das Kantonsgericht verneint dies und macht geltend, beim umstrittenen Schreiben handle es sich nicht um eine anfechtbare Verfügung im Rechtssinn, sondern lediglich um die Ankündigung einer vorgesehenen Massnahme, wodurch Radio Munot noch nicht beschwert sei. Beschwert werde Radio Munot erst durch eine allfällige konkrete Nichtzulassungsverfügung des Gerichtsvorsitzenden im Zusammenhang mit einem künftigen Strafverfahren. Gegen eine entsprechende Anordnung könne Widerspruch erhoben werden, worauf hierüber das Gericht entscheide. Dieser Entscheid sei nach ausdrücklicher Vorschrift von Art. 71 Abs. 4 StPO endgültig, weshalb eine Anfechtung beim

          Obergericht ausgeschlossen sei. Daran könne Art. 17 Abs. 1 KV nichts ändern. Diese Bestimmung schliesse eine Anfechtung von Verfassungsund Gesetzesbestimmungen ausdrücklich aus. Überdies fehle bisher die für die Umsetzung von Art. 17 Abs. 1 KV erforderliche Ausführungsgesetzgebung. Eine direkte Anwendung dieser Verfassungsbestimmung sei jedenfalls nicht gegen den klaren Wortlaut von Art. 71 Abs. 4 StPO möglich. Im übrigen sei darauf hinzuweisen, dass auch die Rechtsweggarantie von Art. 17 Abs. 1 KV nicht absolut gelte, sondern unter denselben Voraussetzungen wie die übrigen verfassungsmässigen Rechte eingeschränkt werden könne.

        2. Für die Beantwortung der Frage, ob ein anfechtbarer Verwaltungsakt vorliegt, stellt die verwaltungsgerichtliche Praxis des Obergerichts darauf ab, ob es sich um eine Verfügung im Sinn der allgemeinen Verwaltungsrechtslehre handelt. Als Verfügung anfechtbar sind somit grundsätzlich nur individuelle, an bestimmte Einzelpersonen gerichtete Hoheitsakte, durch welche eine konkrete verwaltungsrechtliche Rechtsbeziehung in verbindlicher und erzwingbarer Weise geregelt wird (vgl. OGE vom 25. Februar 2000 i.S. M.,

          E. 2b cc, Amtsbericht 2000, S. 101 mit weiteren Hinweisen).

          Im vorliegenden Fall hat das Kantonsgericht Radio Munot mit Schreiben vom 26. Mai 2003 mitgeteilt, dass dessen akkreditierte Gerichtsberichterstatter aufgrund der Vorfälle vom 15. Januar und 22. Mai 2003 während mindestens eines Jahres nicht mehr zu nichtöffentlichen Strafverhandlungen zugelassen würden. Entgegen der Auffassung des Kantonsgerichts handelt es sich bei diesem Beschluss nicht lediglich um die Ankündigung oder allenfalls Androhung einer späteren Verfügung. Vielmehr wurde die Nichtzulassung für mindestens ein Jahr definitiv beschlossen und insofern ein Rechtsverhältnis rechtsverbindlich geregelt, wobei gleichgültig ist, ob und wieviele künftige Strafverhandlungen diese Anordnung betreffen wird. Ein Nichtzulassungsentscheid im konkreten Einzelfall ist nicht mehr erforderlich, zumal das Schreiben vom 26. Mai 2002 ... keinen Vorbehalt zugunsten einer späteren Entscheidung enthält.

          Aufgrund der Formulierung des Schreibens ist vielmehr klar, dass während der umschriebenen Zeitperiode von mindestens einem Jahr ein allfälliges Gesuch von Radio Munot um Zulassung zu einer konkreten nichtöffentlichen Strafverhandlung unter Hinweis auf den Beschluss vom 26. Mai 2003 abgewiesen würde. Es trifft zwar zu, dass das Gesetz einen Nichtzulassungsentscheid seitens des Kantonsgerichts jedenfalls ausdrücklich nur im konkreten Fall vorsieht (vgl. Art. 71 StPO), doch vermag dies nichts daran zu ändern, dass der Sinn des angefochtenen Schreibens offensichtlich darin besteht, die Gerichtsberichterstatter von Radio Munot im Sinn einer zukunftsgerichteten aufsichtsbzw. disziplinarrechtlichen Massnahme für eine bestimmte Zeit definitiv von nichtöffentlichen Strafverhandlungen auszuschliessen. Ob das

          Kantonsgericht überhaupt befugt ist, eine solche Massnahme auszusprechen, wird Gegenstand der materiellen Prüfung bilden (E. 3; vgl. im übrigen zur Abgrenzung von anfechtbaren Verfügungen und einer blossen Ankündigung oder Androhung einer Verfügung, welch letztere unter Umständen aber ebenfalls anfechtbar ist, Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A., Zürich 1999, § 19 N. 13 f., S. 331 f., und Arnold Marti, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Schaffhausen, Diss. Zürich 1986, S. 109; zum Verfügungscharakter von Aufsichtsund Disziplinarmassnahmen auch Kölz/Bosshart/Röhl, a.a.O., und Marti, S. 109, 127; zur umstrittenen Frage, ob die konventionsund verfassungsrechtlichen Rechtsweggarantien nicht auch für verfügungsfreies Staatshandeln Rechtsschutzansprüche schaffen, Yvo Hangartner, Recht auf Rechtsschutz, AJP 2002, S. 131 ff., S. 153 f. mit weiteren Hinweisen).

          Handelt es sich aber nicht um eine Nichtzulassung zu einer einzelnen konkreten Strafverhandlung, sondern um eine zukunftsgerichtete aufsichtsbzw. disziplinarrechtliche Massnahme, welche nach den massgebenden Grundsätzen der Verwaltungsrechtslehre eine anfechtbare Verfügung darstellt, kann jedenfalls auch nicht gesagt werden, der Rechtsschutz gegen die umstrittene Anordnung werde abschliessend durch die Strafprozessordnung geregelt, welche in Art. 71 Abs. 4 für die Nichtzulassung zu einer konkreten Strafverhandlung auf Widerspruch hin einen endgültigen Entscheid des zuständigen Gerichts vorsieht (vgl. zur Unvereinbarkeit dieser Vorschrift mit der Rechtsweggarantie von Art. 17 Abs. 1 KV im übrigen E. 4). Vielmehr enthält die Strafprozessordnung für eine solche, in die Zukunft gerichtete Massnahme, welche dem Bereich der Justizverwaltung zuzuordnen ist, keine Regelung. Da bisher für Angelegenheiten der Justizverwaltung nur ein ungenügender Rechtsschutz bestand, muss daher geprüft werden, ob und gegebenenfalls welche Anfechtungsmöglichkeit sich aus der neuen Rechtsweggarantie von Art. 17 Abs. 1 KV ergibt.

        3. Gemäss Art. 17 Abs. 1 KV hat jede Person bei Rechtsstreitigkeiten Anspruch auf Beurteilung durch ein kantonales Gericht, also durch eine unabhängige richterliche Behörde des Kantons (vgl. Art. 71 KV). Ausgenommen ist die Anfechtung von Verfassungsbestimmungen und Gesetzen sowie von Entscheiden des Kantonsrats, soweit das Bundesrecht nicht einen gerichtlichen Rechtsschutz auf kantonaler Ebene vorschreibt. Die von der grossrätlichen Spezialkommission Verfassungsrevision am 17. Januar 2000 verabschiedeten Erläuterungen zum Verfassungsentwurf vom gleichen Datum (Amtsdruckschrift Nr. 00-06) halten zu dieser im weiteren Verlauf der Revision nicht mehr veränderten Bestimmung fest (vgl. S. 16), die Garantie des Rechtswegs werde dadurch verfassungsrechtlich geschützt, wie dies einem Trend entspreche. Hingewiesen wurde dabei auf Art. 6 Abs. 1 der Euro-

          päischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK, SR 0.101) und auf die geplante Justizreform im Bund, welche inzwischen von Volk und Ständen angenommen, aber erst teilweise in Kraft gesetzt worden ist. Die dort vorgesehene Rechtsweggarantie schreibt vor, jede Person habe bei Rechtsstreitigkeiten Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde, wobei Bund und Kantone durch Gesetz die richterliche Beurteilung in Ausnahmefällen ausschliessen können (Art. 29a der Schweizerischen Bundesverfassung vom 18. April 1999 [BV, SR 101] in der noch nicht in Kraft gesetzten Fassung vom 8. Oktober 1999 [AS 2002, S. 3147 ff.]; vgl. dazu Häfelin/Haller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 5. A., Zürich 2001, Rz. 845 ff., S. 239 f., und Andreas Kley in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die Schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Zürich/Basel/Genf 2002, Art. 29a, S. 413 ff., sowie zur vorgesehenen Umsetzung der Rechtsweggarantie im öffentlichen Recht des Bundes Bernhard Waldmann, Justizreform und öffentliche Rechtspflege - quo vadis, AJP 2003, S. 747 ff.).

          Durch die Aufnahme von Art. 17 Abs. 1 KV hat der Schaffhauser Verfassungsgeber die vorgesehene neue Rechtsweggarantie der Bundesverfassung vorweggenommen, aber auch erweitert, da Ausnahmen nur für die Anfechtung von Verfassungsund Gesetzesbestimmungen (also für die abstrakte Normenkontrolle) sowie für Entscheide des Kantonsrats vorgesehen sind, soweit das Bundesrecht nicht einen gerichtlichen Rechtsschutz auf kantonaler Ebene vorschreibt (vgl. zu den geplanten neuen Regeln in diesem Bereich Waldmann, S. 758 f.). Für alle übrigen Streitfälle aber enthält Art. 17 Abs. 1 KV eine umfassende Rechtsweggarantie, welche - anders als die noch nicht in Kraft stehende Rechtsweggarantie von Art. 29a BV - durch die Gesetzgebung nicht eingeschränkt werden kann, zumal insoweit kein Vorbehalt zugunsten von Ausnahmen besteht. Zumindest was den Bereich des kantonalen Rechts anbetrifft, dürfte diese neue kantonale Rechtsweggarantie im übrigen auch nach dem Inkrafttreten von Art. 29a BV ihre selbständige Bedeutung behalten, da Art. 29a BV nichts an der bundesstaatlichen Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen ändert (vgl. dazu Kley, Art. 29a N. 9, S. 419).

          Entgegen der Auffassung des Kantonsgerichts kann sodann nicht argumentiert werden, der grundrechtliche Anspruch auf Gerichtszugang nach Art. 17 Abs. 1 KV bestehe nicht absolut, sondern könne unter denselben Voraussetzungen wie die übrigen verfassungsmässigen Rechte (Art. 21 KV) eingeschränkt werden. Nach herrschender Auffassung gilt die allgemeine Umschreibung der Schranken der Grundrechte, wie sie Art. 21 KV in Anlehnung an Art. 36 BV vornimmt, grundsätzlich nur für die Freiheitsrechte, nicht aber für Verfahrensgarantien, bei welchen allfällige Einschränkungen besonders umschrieben werden müssen (vgl. dazu Häfelin/Haller, Rz. 302 f., S. 93 f.,

          und Rainer J. Schweizer in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die Schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Zürich/Basel/ Genf 2002, Art. 36 N. 7, S. 493, je mit weiteren Hinweisen; zu Art. 21 KV auch Erläuterungen der Spezialkommission Verfassungsrevision vom

          17. Januar 2000, S. 20). Würde man eine uneingeschränkte Rechtsweggarantie unter den stillschweigenden Vorbehalt von Ausnahmen stellen, welche sich auf eine gesetzliche Grundlage stützen und einem überwiegenden öffentlichen Interesse entsprechen, würden entsprechende verfassungsmässige Ga-

          rantien denn auch ihren Sinn weitgehend verlieren. Aus diesem Grund können

          die Schrankenvoraussetzungen von Art. 36 BV bei der Umsetzung von Art. 29a BV denn auch höchstens insoweit eine Rolle spielen, als es gilt, die dort ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen zu konkretisieren (vgl. dazu auch Kley, Art. 29a N. 10, S. 419, und Waldmann, S. 751 f.).

        4. In den erwähnten Erläuterungen der Spezialkommission Verfassungsrevision vom 17. Januar 2000 zu Art. 17 Abs. 1 KV wird zusätzlich ausgeführt (vgl. S. 16), die Rechtsweggarantie entspreche im Prinzip - unter Vorbehalt der Entscheide des Kantonsrats - dem heutigen Rechtszustand, zumal Art. 34 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom

          20. September 1971 (VRG, SHR 172.200) bereits eine Generalklausel zugunsten der Anfechtung von Verwaltungsakten enthalte. Diese Bemerkungen treffen insofern nicht ganz zu, als nach der bisherigen Praxis zu Art. 34 VRG neben den Verwaltungsakten des Kantonsparlaments auch Verwaltungsakte

          der Justizbehörden von der Unterstellung unter die Verwaltungsgerichts-

          barkeit ausgenommen waren. Dies führte insofern zu einer bedeutsamen Rechtsschutzlücke, als lediglich Justizverwaltungsakte, welche im Zusammenhang mit konkreten Ziviloder Strafprozessen ergehen, von den Prozessbeteiligten mit der (allerdings nur bedingt Rechtsmittelcharakter aufweisenden) Disziplinarbeschwerde nach Art. 385 ff. ZPO und zum Teil mit dem zivilprozessualen Rekurs (vgl. Art. 354 Ziff. 1 lit. d ZPO für die unentgeltliche Prozessführung und Vertretung) bzw. mit der strafprozessualer Beschwerde nach Art. 327 ff. StPO angefochten werden konnten. Im übrigen aber stand gegen Justizverwaltungsakte in Analogie zu Art. 31 VRG lediglich die ungeschriebene allgemeine Aufsichtsbeschwerde an die vorgesetzte Instanz zur Verfügung, welche als blosser Rechtsbehelf keinen Anspruch auf Beurteilung gewährte (vgl. dazu Marti, S. 77 f. und 126 f., je mit weiteren Hinweisen; vgl. demgegenüber zur ausdrücklich geregelten Justizaufsichtsbeschwerde im Kanton Zürich Hauser/Schweri, § 108 N. 1 ff., S. 373 ff.).

          Seit der Einführung der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Jahre 1972 stellte sich zwar die Frage, ob diese Rechtsschutzlücke nicht durch eine weitergehende Auslegung des Begriffs der Verwaltungsbehörde gemäss Art. 34 VRG geschlossen werden könnte, zumal eben auch eine Justizbehörde

          als Verwaltungsbehörde im materiellen Sinne tätig wird, wenn sie einen Justizverwaltungsentscheid trifft. Das Obergericht hat bisher aufgrund der Entstehungsgeschichte von Art. 34 VRG davon abgesehen (vgl. dazu Marti, S. 75 bei Fn. 3). Nachdem inzwischen jedoch die Kantonsverfassung einen entsprechenden Rechtsschutz ausdrücklich verlangt, bestehen keine Gründe mehr dafür, Justizverwaltungsentscheide durch eine einschränkende Auslegung des Begriffs der Verwaltungsbehörde von einer gerichtlichen Überprüfung auszuschliessen. Vielmehr kann - solange der Gesetzgeber nicht tätig geworden ist - nur auf diesem Wege die Garantie von Art. 17 Abs. 1 KV erfüllt werden. Entgegen der Auffassung des Kantonsgerichts muss hiefür nicht die Ausführungsgesetzgebung zur neuen Kantonsverfassung abgewartet werden, da es sich um eine unmittelbar anwendbare verfassungsmässige Garantie handelt, die seit dem 1. Januar 2003 in Kraft steht und keinen Vorbehalt zugunsten der Gesetzgebung enthält (vgl. zur unmittelbaren Anwendbarkeit verfassungsmässiger Rechtsweggarantien und deren Durchsetzung Häfelin/Haller, Rz. 74, S. 24, Rz. 217 f., S. 70, und Hangartner, S. 144 f.).

          Im übrigen kann darauf hingewiesen werden, dass die im vorliegenden Fall auf dem Weg der Rechtsprechung eingeführte Anfechtungsmöglichkeit von Justizverwaltungsakten demnächst auf Gesetzesstufe verankert werden soll. So schlägt der Regierungsrat dem Kantonsrat im Rahmen des Rechtsetzungsprogramms zur Umsetzung der neuen Kantonsverfassung (Vorlage des Regierungsrates vom 1. Juli 2003; Amtsdruckschrift 03-74) vor, einen neuen Art. 34a VRG zu schaffen, welcher den Rechtsschutz im Bereich der Justizverwaltung wie folgt regelt: Gegen Verwaltungsentscheide der dem Obergericht unterstellten Rechtspflegebehörden kann Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Obergericht erhoben werden (Abs. 1). Erstinstanzliche Verwaltungsentscheide des Obergerichtes können mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde bei einer neu zu schaffenden Rechtspflegekommission für die Justizverwaltung angefochten werden (Abs. 2; vgl. dazu auch die erwähnte Vorlage, S. 14, und Anhang 7).

        5. Gegen den angefochtenen Beschluss des Kantonsgerichts vom 26. Mai 2003 kann somit Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 34 ff. VRG erhoben werden. Die Beschwerdebefugnis von Radio Munot steht ausser Frage, zumal Radio Munot Adressat des angefochtenen Beschlusses ist und durch diesen unbestreitbar belastet wird (Nichtzulassung der akkreditierten Gerichtsberichterstatter zu nichtöffentlichen Strafverhandlungen während mindestens eines Jahres). Da die besondere tatsächliche Betroffenheit für die Beschwerdebefugnis gemäss Art. 36 Abs. 1 VRG genügt und ein Nachweis rechtlich geschützter Interessen nicht erforderlich ist, spielt es entgegen der Auffassung des Kantonsgerichts keine Rolle, ob die Beschwerdeführerin als Medienunternehmen aus dem verfassungsmässigen Anspruch auf Öffentlich-

      keit der Gerichtsverhandlungen (Art. 30 Abs. 3 BV) individuelle Ansprüche ableiten kann oder nicht (vgl. zum erforderlichen Rechtsschutzinteresse i.S.v. Art. 36 Abs. 1 VRG Kölz/Bosshart/Röhl, § 21 N. 17 ff., S. 397 ff., und Marti,

      S. 164 ff., je mit weiteren Hinweisen). Die besondere Rechtsstellung der Beschwerdeführerin ergibt sich ohnehin nicht primär aus dem erwähnten verfassungsmässigen Grundsatz, sondern aus den massgebenden Vorschriften über die Gerichtsberichterstattung (vgl. nachfolgend E. 3).

      Im übrigen ist die als Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu behandelnde Eingabe der Beschwerdeführerin vom 28. Mai 2003 formund fristgerecht eingereicht worden, weshalb auf sie einzutreten ist (Art. 39 Abs. 1 und Art. 40 Abs. 1 VRG).

    2. .- a) In materieller Hinsicht ist zunächst die Befugnis des Kantonsgerichts umstritten, die Gerichtsberichterstatter der Beschwerdeführerin für eine bestimmte zukünftige Zeitperiode von der Teilnahme an nichtöffentlichen Strafverhandlungen auszuschliessen. Das Kantonsgericht hat seine Zuständigkeit damit begründet, es stehe ihm gemäss Art. 71 Abs. 3 StPO zu, bei nichtöffentlichen Strafverhandlungen bestimmten Personen, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen, den Zutritt zur Verhandlung im Sinne einer Ausnahmebewilligung zu gestatten und hierbei die nötigen Auflagen zu machen. In diesem Rahmen würden die akkreditierten Gerichtsberichterstatter zu solchen nichtöffentlichen Strafverhandlungen zugelassen. Wenn sich diese wiederholt nicht an die gemachten Auflagen hielten, müsse zur Aufrechterhaltung eines geordneten Sitzungsbetriebs auch eine Ankündigung einer späteren Nichtzulassung möglich sein. Die Beschwerdeführerin vertritt demgegenüber die Auffassung, eine entsprechende Massnahme sei in den massgebenden Vorschriften nicht vorgesehen; vielmehr sei dafür allenfalls das Obergericht zuständig.

      1. Die besondere Rechtsstellung der akkreditierten Gerichtsberichterstatter ist durch die Verordnung des Obergerichts über die Zulassung und Stellung von Gerichtsberichterstattern vom 26. August 1988 (GerBerV, SHR 320.511) geregelt, für deren Erlass sich das Obergericht hinsichtlich des Strafprozesses auf die in Art. 74 StPO enthaltene Ermächtigung, hinsichtlich der übrigen Prozessarten auf die in der Kantonsverfassung enthaltene subsidiäre Rechtsetzungskompetenz stützt (heute Art. 78 Abs. 4 KV; vgl. dazu auch die vom Obergericht 1988 herausgegebene Broschüre mit Erläuterungen zur Verordnung, insbesondere S. 3 f.; zur Zulässigkeit entsprechender Regelungen auch allgemein BGE 113 Ia 309 ff.). Die Verordnung sieht vor, dass auf Gesuch hin vertrauenswürdige Personen bei den Schaffhauser Gerichten als Gerichtsberichterstatter besonders zugelassen werden können (§ 1 Abs. 1 GerBerV). Zuständig für die Zulassung ist das Obergericht (§ 2 GerBerV). Die zugelassenen Gerichtsberichterstatter erhalten über die Rechte hinaus,

        welche sich aus der Öffentlichkeit der Gerichtssitzungen ergeben, gewisse zusätzliche Vergünstigungen (§ 1 Abs. 2 GerBerV). Insbesondere sind ihnen die Termine öffentlicher Gerichtssitzungen rechtzeitig mitzuteilen (§ 4 GerBerV). Sodann können sie Einsicht in die Anklageschriften und - unter bestimmten Voraussetzungen - auch Einsicht in ergangene Entscheide verlangen (§ 5 GerBerV). Wird die Öffentlichkeit von der Verhandlung durch richterliche Anordnung ausgeschlossen, kann den zugelassenen Gerichtsberichterstattern trotzdem der Zutritt gewährt werden, sofern keine überwiegenden Geheimhaltungsinteressen Dritter oder des Staates entgegenstehen (§ 6 GerBerV). Die zugelassenen Gerichtsberichterstatter treffen andererseits auch besondere Pflichten. So müssen sie über die Verhandlungen und Entscheide der Gerichte wahrheitsgemäss, ausgewogen und sachgerecht berichten und die bestehenden Auflagen für die Berichterstattung beachten (vgl. insbesondere

        § 6 Abs. 2, § 8 und § 9 GerBerV). Werden diese Pflichten schwer oder wiederholt verletzt, kann das Obergericht die Zulassung entziehen und den Betroffenen bis auf ein Jahr, im Wiederholungsfall bis auf drei Jahre von der Zulassung ausschliessen; in leichten Fällen kann das in der Sache zuständige Gericht

        eine Verwarnung oder eine Ordnungsbusse aussprechen (Disziplinarverfahren gemäss § 10 GerBerV).

      2. Aus dieser Ordnung ergibt sich, dass die Aufsicht über die zugelassenen Gerichtsberichterstatter grundsätzlich dem Obergericht zukommt. Dieses ist sowohl für die Zulassung als auch für deren Entzug zuständig (§ 2 und

      § 10 Abs. 1 GerBerV). Lediglich in leichten Fällen kann das in der Sache zuständige Gericht untergeordnete Massnahmen (Verwarnung und Ordnungsbusse) selber aussprechen (§ 10 Abs. 2 GerBerV). Der vom Kantonsgericht beschlossene Ausschluss der zugelassenen Gerichtsberichterstatter der Beschwerdeführerin für mindestens ein Jahr findet somit in der Verordnung keine Stütze, auch wenn er sich auf die Zulassung zu nichtöffentlichen Strafverhandlungen beschränkt. Ein zeitlich befristeter Entzug der Zulassung akkreditierter Gerichtsberichterstatter könnte allein das Obergericht gestützt auf § 10 Abs. 1 GerBerV vornehmen. Aus dem vom Kantonsgericht angeführten Art. 71 Abs. 3 StPO ergibt sich nichts anderes. Diese Bestimmung sieht lediglich vor, dass der Gerichtsvorsitzende im Fall des Ausschlusses der Öffentlichkeit bestimmten Personen, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen, den Zutritt zur Verhandlung, nötigenfalls unter bestimmten Auflagen, gestatten kann. Daraus ergibt sich zwar tatsächlich, dass in solchen Fällen ein Zutritt nur aufgrund einer besonderen Bewilligung möglich ist. Beim Entscheid über solche Bewilligungen aber ist der Gerichtsvorsitzende an den Gleichbehandlungsgrundsatz und die bestehenden Rechtsvorschriften gebunden. Werden die akkreditierten Gerichtsberichterstatter zu solchen nichtöffentlichen Verhandlungen zugelassen, muss dieses Vorrecht aufgrund von

      § 6 GerBerV grundsätzlich allen Gerichtsberichterstattern, welche über die nötige Zulassung verfügen, gewährt werden, zumal andernfalls die besondere Regelung über die Zulassung der Gerichtsberichterstatter und deren Sanktionsordnung (§ 10 GerBerV) unterlaufen werden könnte.

      Allenfalls kann man sich fragen, ob bei gravierenden Pflichtverstössen, bei welchen eine Sanktionierung durch das Obergericht nicht rechtzeitig erlangt werden kann, eine Nichtzulassung zu einer bestimmten Verhandlung durch den Gerichtsvorsitzenden ausgesprochen werden kann. § 10 GerBerV sieht - im Unterschied zu anderen Disziplinarordnungen - keine vorläufigen Massnahmen (z.B. sofortige Suspendierung) vor. Bei schwerwiegenden Pflichtverstössen muss eine solche Suspendierung der Zulassung akkreditierter Gerichtsberichterstatter bis zum Entscheid des Obergerichts jedoch im Interesse eines geordneten Verfahrensgangs möglich sein. Insofern liegt eine echte Lücke in den Regeln über die Gerichtsberichterstattung vor. Diese lässt sich durch eine Anwendung der sitzungspolizeilichen Kompetenzen des Verfahrensleiters schliessen (Art. 64 Abs. 1, Art. 66 Abs. 1 StPO). Freilich darf der Verfahrensleiter von dieser Kompetenz (vorläufiger Entzug der den akkreditierten Gerichtsberichterstattern zustehenden Rechte) nur Gebrauch machen, wenn schwerwiegende Pflichtverletzungen vorliegen und eine aufsichtsrechtliche Anzeige an das Obergericht erfolgt ist. Sodann muss eine solche vorläufige Massnahme aufgrund des Gesagten (E. 2) mit einer Rechtsmittelbelehrung (Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Obergericht) versehen werden. Eine solche Situation ist vorliegend jedoch nicht gegeben, da das Kantonsgericht keine Anzeige ans Obergericht gemacht hat und die Gerichtsberichterstatter der Beschwerdeführerin nicht nur vorläufig, bis zum Entscheid des Obergerichts, sondern definitiv für mindestens ein Jahr von nichtöffentlichen Strafverhandlungen ausgeschlossen hat (E. 2c). Für eine solche Massnahme aber fehlt eine gesetzliche Grundlage, weshalb sie aufzuheben ist.

    3. .- a) Ist die vom Kantonsgericht erlassene Massnahme aufzuheben, stellt sich für das Obergericht als zweitinstanzliche Justizverwaltungsbehörde in der vorliegenden Sache die Frage, ob und gegebenenfalls mit welcher Sanktion die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der fraglichen Berichterstattung zu belegen ist (vgl. zur Befugnis des Obergerichts, im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren selber einen neuen Entscheid zu treffen, Art. 46 VRG und dazu Marti, S. 262 f.). Das Obergericht hat dies der Beschwerdeführerin mitgeteilt und ihr Gelegenheit geboten, sich zu den erhobenen Vorwürfen zu äussern, wovon die Beschwerdeführerin ... Gebrauch gemacht hat. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Obergericht - wie bereits das Kantonsgericht - das Medienunternehmen als verantwortliche Organisation, nicht etwa die einzelnen Gerichtsberichterstatter persönlich ins Recht fasst. Dies ist aufgrund des Wortlauts von § 10 Ger-

BerV zulässig und im vorliegenden Fall insbesondere deshalb angebracht, weil beim umstrittenen Verhalten der Beschwerdeführerin jeweils nicht nur die einzelnen Gerichtsberichterstatter, sondern auch weitere Personen der Redaktion mitgewirkt haben und auch die Geschäftsführung der Beschwerdeführerin involviert war (vgl. ... zur Belangbarkeit des Medienunternehmens auch Erläuterungen zu § 10 GerBerV, Ziff. 1a).

  1. Aufgrund der Stellungnahmen der Parteien und der vorliegenden Akten steht fest, dass Radio Munot am 15. Januar 2003 im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Strafverhandlung i.S. Staatsanwaltschaft gegen

    G. betreffend mehrfache sexuelle Handlungen mit Kindern vom Angeklagten als ...er Lehrer gesprochen hat, obwohl der Gerichtsvorsitzende die anwesenden Medienvertreter zu Beginn der Hauptverhandlung darauf hingewiesen hatte, es seien sämtliche Angaben zu unterlassen, welche auf die beteiligten Personen schliessen lassen könnten; insbesondere seien geographische Angaben zu unterlassen.

    aa) Es trifft zu, dass gemäss § 8 Abs. 3 GerBerV bei der Gerichtsberichterstattung die Namen von Privatpersonen oder andere individualisierende Kennzeichnungen grundsätzlich verwendet werden dürfen, soweit die betreffenden Personen im Zusammenhang mit dem zu beurteilenden Sachverhalt schon öffentlich bekannt geworden sind, worauf die Beschwerdeführerin grundsätzlich zutreffend hingewiesen hat. Im erwähnten Straffall war die betroffene Gemeinde in Presseberichten über das Untersuchungsverfahren aufgrund von Informationen der zuständigen Ämter (Untersuchungsrichteramt und Erziehungsdepartement) bereits mehrfach genannt worden (vgl. insbesondere Schaffhauser Nachrichten vom 18. Mai und 24. Mai 2002). Dies rechtfertigt aber nicht, dass die Beschwerdeführerin sich über die ausdrückliche Anordnung des Gerichtsvorsitzenden einfach hinwegsetzte, zumal dieser den Gerichtsberichterstattern bei Zulassung zu nichtöffentlichen Strafverfahren zusätzliche Auflagen für die Berichterstattung machen kann (Art. 71 Abs. 3 StPO, § 6 Abs. 2 GerBerV). Der Gerichtsvorsitzende hat freilich auch beim Erlass entsprechender Auflagen die berechtigten Informationsinteressen der Öffentlichkeit zu beachten (vgl. dazu insbesondere Art. 72 Abs. 1 StPO), darf aber die Geheimhaltungsinteressen, welche zum Ausschluss der Öffentlichkeit führten (vgl. dazu Art. 71 Abs. 1 StPO), besonders berücksichtigen und muss einen entsprechenden Abwägungsentscheid treffen (vgl. zur Frage der Namensnennung und individualisierenden Kennzeichnung bei Straftaten von Amtspersonen und öffentlichen Funktionsträgern insbesondere die Stellungnahme des Obergerichts im Amtsbericht 1996, S. 129 f., Hauser/Schweri,

    § 136 N. 10, S. 474 f., sowie die Richtlinien 7.4 [Kinder], 7.6 [Namensnennung] und 7.8 [Sexualdelikte] des Schweizerischen Presserates zur Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten; vgl. zum

    Grundsatz der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen, welcher Einblick in die Verfahren und Kontrolle der Justiz ermöglichen soll, und zu den vorgesehenen gesetzlichen Ausnahmen und Einschränkungen auch Häfelin/Haller, Rz. 856 f., S. 242 f., und Reinhold Hotz in: Ehrenzeller/Mastronardi/ Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die Schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Zürich/Basel/Genf 2002, Art. 30 N. 19 ff., insbesondere N. 22 f.,

    S. 434 f.).

    Wenn akkreditierte Gerichtsberichterstatter oder ein betroffenes Medienunternehmen mit einer entsprechenden Auflage für die Gerichtsberichterstattung nicht einverstanden sind, dürfen sie diese nicht einfach missachten, sondern müssen vielmehr gemäss Art. 71 Abs. 4 StPO Widerspruch erheben und einen Entscheid des Gerichts erwirken, der in genügender Form begründet werden muss (Art. 79 Abs. 2 StPO).

    bb) Art. 71 Abs. 4 StPO sieht vor, dass dieser Entscheid endgültig ist, also mit Rechtsmitteln nicht angefochten werden kann. Da jedoch auch entsprechende Auflagen hinsichtlich der Berichterstattung dem Bereich der Justizverwaltung angehören, muss mit diesem Entscheid aufgrund der neuen Rechtsweggarantie von Art. 17 Abs. 1 KV bzw. des in E. 2 Gesagten die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Obergericht eröffnet werden. Art. 17 Abs. 1 KV geht als höherrangiges Recht den Bestimmungen der Strafprozessordnung vor, soweit diese in Justizverwaltungssachen eine Weiterzugsmöglichkeit an eine unabhängigen Rechtsschutzinstanz ausschliesst. Der Sinn einer verfassungsmässigen Rechtsweggarantie besteht denn auch primär darin, den in einfachen Gesetzen nicht vorgesehenen oder gar ausgeschlossenen Rechtsschutz zu gewähren (vgl. dazu auch Hangartner, S. 44). Die entsprechende neue Rechtsschutzmöglichkeit ist zwar mit gewissen praktischen Problemen verbunden, doch bestehen solche auch in andern Bereichen der Verwaltungsrechtspflege und sind durchaus lösbar. So kann zum Beispiel dem Bedürfnis nach sofortiger Wirksamkeit entsprechender Auflagen durch den Entzug der aufschiebenden Wirkung Rechnung getragen werden, während die betroffenen Gerichtsberichterstatter zur Wahrung ihres Rechtsschutzes deren Wiedererteilung beantragen können. Das Obergericht wird gegebenenfalls durch prozessleitende Verfügung über die aufschiebende Wirkung entscheiden und praxisgemäss auf eine entsprechende Beschwerde auch nachträglich eintreten müssen, damit die Rechtsprechung des Kantonsgerichts überprüft werden kann (vgl. dazu Art. 41 VRG und zum Verzicht auf ein aktuelles Rechtsschutzinteresse bei Grundsatzfragen OGE vom 25. Februar 2000 i.S. M., E. 2c, Amtsbericht 2000, S. 106).

    Falls ein akkreditierter Gerichtsberichterstatter bzw. ein betroffenes Medienunternehmen mit einer Auflage des zuständigen Gerichts nicht einverstanden ist, muss aufgrund dieser neuen Rechtslage zukünftig eine verwal-

    tungsgerichtliche Überprüfung verlangt werden. Sofern von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht wird, kann das Obergericht als Verwaltungsgericht im Disziplinarverfahren nach § 10 GerBerV die zugrundeliegende Auflage des zuständigen Gerichts grundsätzlich nicht mehr überprüfen (Prinzip der Bindung der Verwaltungsrechtspflegebehörden an den Entscheid der sachkompetenten Behörde über Vorfragen; vgl. dazu Häfelin/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. A., Zürich 2002, Rz. 71 ff., S. 17 f.). Da im vorliegenden Fall seitens des Kantonsgerichts keine Rechtsmittelbelehrung erfolgt ist und der Rechtsweg überdies unklar war, muss hier ausnahmsweise

    - in Anlehnung an die Praxis des Bundesgerichts zur Frage der Bindung des Strafrichters an Verwaltungsverfügungen (vgl. dazu Häfelin/Müller, Rz. 77 ff., S. 17 f.) eine vorfrageweise Überprüfung der umstrittenen Auflagen des Kantonsgerichts vorgenommen werden.

    cc) Zu prüfen ist daher im folgenden, ob die für die Strafverhandlung vom 15. Januar 2003 vom Gerichtsvorsitzenden gemachte Auflage auf einer genügenden und richtigen Interessenabwägung beruht.

    aaa) Nach Auffassung einer Gerichtsmehrheit ist dies ohne weiteres zu bejahen. Die Verordnung des Obergerichts über die Zulassung und Stellung von Gerichtsberichterstattern vom 26. August 1988 (GerBerV) stammt aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten vom 4. Oktober 1991 (OHG, SR 312.5) am 1. Januar 1993. Die erwähnte Verordnung des Obergerichts muss daher im Lichte des neueren Opferhilfegesetzes angewandt werden. Dieses sieht vor, dass die Behörden die Persönlichkeitsrechte des Opfers in allen Abschnitten des Strafverfahrens zu wahren haben (Art. 5 Abs. 1 OHG). In diesem Sinn ist die Öffentlichkeit von den Verhandlungen auszuschliessen, wenn überwiegende Interessen des Opfers es erfordern; bei Straftaten gegen die sexuelle Integrität ist die Öffentlichkeit sodann - wie im zugrundeliegenden Strafverfahren geschehen - auf Antrag des Opfers von den Verhandlungen auszuschliessen (Art. 5 Abs. 3 OHG).

    Hieraus ergibt sich, dass über entsprechende Verfahren nur mit äusserster Zurückhaltung berichtet werden darf. Es soll alles unterlassen werden, was zu einer weiteren Belastung der Opfer führen könnte. Dies rechtfertigt es auch, selbst in Fällen, in welchen die Öffentlichkeit von den zuständigen Amtsstellen (Untersuchungsrichteramt, Schulbehörden etc.) bereits über einen entsprechenden Vorfall mit Hinweis auf die betroffene Gemeinde informiert wurde, auf die Nennung von Ortsnamen zu verzichten, zumal aufgrund der Gerichtsverhandlung selbst bei zurückhaltender Berichterstattung regelmässig weitere Details der Vorfälle bekannt werden und überdies vermieden werden muss, dass die betroffenen Geschädigten durch die Berichterstattung erneut belastet werden. Nach Auffassung der Gerichtsmehrheit besteht in solchen

    Fällen auch kein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, zumal die nötige Information ja durch die zuständigen Behörden (im vorliegenden Fall insbesondere durch die Schulbehörden als zuständige Verwaltungsbehörden) bereits erfolgt ist (vgl. Stellungnahme des Presserats Nr. 2/2003 i.S. X. gegen Wochenblatt, E. 4). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass aufgrund des kulturellen Hintergrundes einer der mutmasslichen Geschädigten konkret befürchtet werden musste, dass es zu schwerwiegenden Repressalien der Angehörigen gegen den Angeklagten oder die mutmasslichen Opfer selber kommen könnte, wenn erneut in klar erkennbarer Weise über dieses Strafverfahren öffentlich berichtet würde. Dies hat der Gerichtsvorsitzende den Medienvertretern denn auch zur Begründung der gemachten Auflage offenbar ausdrücklich erläutert.

    bbb) Nach Auffassung einer Gerichtsminderheit muss jedoch unterschieden werden. Handelt es sich um Delikte der vorliegenden Art, welche sich in einem privaten Rahmen abgespielt haben, ist aus den erwähnten Gründen (Opferschutz) jedenfalls in engen und überschaubaren örtlichen Verhältnissen auf nähere Hinweise zu Wohnoder Arbeitsort der Betroffenen zu verzichten. Handelt es sich jedoch um Vorfälle, welche sich an einer öffentlichen Institution, insbesondere an einer Schule, abgespielt haben, besteht nach Auffassung der Gerichtsminderheit grundsätzlich ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, insbesondere wenn es - wie im vorliegenden Fall - zu einer Verhaftung des betreffenden Lehrers gekommen ist. Dieses Informationsinteresse ist primär durch die zuständigen Verwaltungsbehörden (vorliegend also durch die Schulbehörden) wahrzunehmen, wie dies im vorliegenden Fall auch geschehen ist. Durch die Verhaftung des Lehrers und die Information der Öffentlichkeit sind die entsprechenden Vorfälle einem relativ grossen Kreis von Leuten bekannt geworden; dies war auch die Absicht der informierenden Behörden, wurde doch durch einen entsprechenden Aufruf nach allfälligen weiteren möglichen Opfern gesucht (vgl. insbesondere Schaffhauser Nachrichten vom 18. Mai 2002). Überdies wurde in den Medien diskutiert, ob sich entsprechende Vorfälle durch Prävention oder mehr Aufmerksamkeit seitens der verantwortlichen Behörden hätte vermeiden lassen (vgl. insbesondere Schaffhauser Nachrichten vom 25. Mai 2002).

    Unter diesen Umständen bestand nach Auffassung der Gerichtsminderheit grundsätzlich ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit, über die Beurteilung der Vorfälle und den Ausgang des Verfahren seitens der zuständigen Gerichtsinstanzen orientiert zu werden. Um dies zu ermöglichen, muss jedoch wie bei der Information am Anfang des Verfahrens die betreffende Gemeinde benannt werden können, da andernfalls der Zusammenhang mit den früheren Meldungen nicht hergestellt werden kann und überdies die Gefahr von Verwechslungen und unnötiger Spekulationen besteht. Eine Ver-

    letzung der Persönlichkeitsrechte bzw. eine zusätzliche Belastung der mutmasslichen Opfer ist für die Gerichtsminderheit bei diesem Vorgehen nicht ersichtlich, können doch nicht eingeweihte Aussenstehende trotz der Nennung der Gemeinde nicht auf die Identität des mutmasslichen Täters bzw. der mutmasslichen Geschädigten schliessen, während der nähere Umkreis der Beteiligten, welchem diese persönlich bekannt sind, wohl auch ohne Nennung der Gemeinde aufgrund der Gerichtsberichterstattung die nötigen Rückschlüsse ziehen kann. Viel wichtiger als ein Verbot der Nennung des Gemeindenamens ist daher die Auflage einer inhaltlich zurückhaltenden Berichterstattung (§ 6 Abs. 2 GerBerV), welche jedoch unbestritten ist. Im übrigen kann auch darauf hingewiesen werden, dass es in unserem Land durchaus üblich ist, dass bei Vorfällen der fraglichen Art an öffentlichen Schulen die betreffende Gemeinde oder bei grösseren Gemeinden allenfalls sogar das betreffende Schulhaus genannt wird. Obwohl somit die Gerichtsminderheit in Fällen wie dem vorliegenden grundsätzlich ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der betroffenen Gemeinde annimmt, erscheint ihr die vorliegend umstrittene Auflage des Gerichtsvorsitzenden aber ausnahmsweise doch als vertretbar, zumal konkrete, vom Gerichtspräsidenten dargelegte Befürchtungen von Repressalien des Vaters einer mutmasslichen Geschädigten bei erneuter öffentlicher Erwähnung der fraglichen Vorfälle bestanden.

    dd) Die umstrittene Auflage erscheint somit hinsichtlich der Strafverhandlung vom 15. Januar 2003 aufgrund einer Interessenabwägung zulässig und verletzt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht die Medienfreiheit (Art. 17 BV), welche entsprechende gesetzlich abgestützte Schutzmassnahmen zugunsten der Opfer von Straftaten durchaus zulässt (vgl. Art. 36 BV; vgl. zum Schutzbereich und zu den zulässigen Einschränkungen der Medienfreiheit auch Häfelin/Haller, Rz. 454 ff., 488 ff., S. 134, 142 ff., sowie Herbert Burkert in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die Schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Zürich/Basel/ Genf 2002, Art. 17 N. 13 ff., 30 ff., S. 260 ff., 265 ff.). Somit aber steht fest, dass die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Strafverhandlung vom 15. Januar 2003 die ihr obliegenden Pflichten in nicht leicht zu nehmender Weise verletzt hat.

  2. aa) Im Fall der Strafverhandlung vom 22. Mai 2003 i.S. Staatsanwaltschaft gegen M. betreffend mehrfache sexuelle Handlungen mit einem Kind, welche ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, hatte der Präsident des Kantonsgerichts die anwesenden Gerichtsberichterstatter wiederum darauf hingewiesen, dass in der Berichterstattung keine Ortsnamen verwendet werden dürften. Trotzdem wurde in der Abendsendung von Radio Munot die Gemeinde ... namentlich erwähnt. Der Chefredaktor von Radio

    Munot erklärte dazu auf Anfrage hin, dies treffe zu, sei aber versehentlich erfolgt, da eine Meldung vom Morgen verwendet worden sei. Bei der eigentlichen Prozessberichterstattung sei der Name der Gemeinde nicht genannt worden, wohl aber in einer Meldung über den Ausschluss von Radio Munot von der Verhandlung um ca. 09.30, weil im damaligen Zeitpunkt dem erst später zugelassenen Gerichtsberichterstatter die Anordnung des Gerichtsvorsitzenden noch nicht bekannt gewesen sei.

    bb) Diese Darstellung der Beschwerdeführerin erscheint aufgrund des bekannten Ablaufs der Ereignisse vom 22. Mai 2003 plausibel und wird auch vom Kantonsgericht nicht in Frage gestellt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin nicht absichtlich gegen die Anordnung des Kantonsgerichtspräsidenten verstossen hat, doch muss ihr zumindest eine erhebliche Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, zumal ihr aufgrund der Vorgeschichte hätte klar sein sollen, dass der Einhaltung der Auflage besondere Bedeutung zuzumessen ist. Es trifft allerdings zu, dass das Kantonsgericht die erwähnte Auflage nicht näher begründet bzw. die erforderliche Interessenabwägung nicht im einzelnen dargelegt hat (vgl. dazu E. 4b aa). Nach Auffassung der Gerichtsmehrheit besteht aber bei Konstellationen der vorliegenden Art (Sexualdelikte an öffentlichen Schulen) stets ein überwiegendes Interesse an der Geheimhaltung des Namens der betroffenen Gemeinde, weshalb auch in diesem Fall von der Zulässigkeit der gemachten Auflage auszugehen ist (vgl. dazu oben E. 4b cc aaa). Die Beschwerdeführerin hat sich daher gemäss der Gerichtsmehrheit bezüglich der Missachtung der Auflage im Zusammenhang mit der Strafverhandlung vom 22. Mai 2003 i.S. M. der fahrlässigen Pflichtverletzung nach § 10 GerBerV schuldig gemacht.

    cc) Demgegenüber vertritt die Gerichtsminderheit die Auffassung, es bestehe im vorliegenden Fall kein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse bezüglich des Namens der bereits durch amtliche Medienmitteilungen während des Untersuchungsverfahrens publik gemachten Gemeinde, zumal bei entsprechenden Vorfällen an öffentlichen Schulen grundsätzlich ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestehe und im Unterschied zur Strafverhandlung vom 15. Januar 2003 i.S. G. von der Vorinstanz keine besonderen Gründe geltend gemacht worden oder aufgrund der Akten ersichtlich seien, weshalb der aus dem Untersuchungsverfahren bereits bekannte Namen der betroffenen Gemeinde nicht entsprechend der allgemeinen Regel von § 8 Abs. 3 GerBerV auch bei der Berichterstattung über die gerichtliche Hauptverhandlung verwendet werden dürfe (vgl. dazu oben E. 4b cc bbb). Nach Auffassung der Gerichtsminderheit liegt daher bezüglich der Strafverhandlung vom 22. Mai 2003 i.S. M. weder eine vorsätzliche noch eine fahrlässige Pflichtverletzung seitens der Beschwerdeführerin vor, zumal die fragliche Auflage nach dieser Auffassung nicht zulässig war.

  3. Für die Gerichtsmehrheit ergibt sich hieraus, dass insgesamt eine wiederholte, der Beschwerdeführerin zuzurechnende Pflichtverletzung vorliegt, doch wurde die erste (absichtlich erfolgte) Pflichtverletzung vom Kantonsgericht informell erledigt und ist bei der zweiten Pflichtverletzung lediglich von einer fahrlässigen Begehung auszugehen (E. 4c bb). Es erscheint daher aufgrund der gegebenen Umstände nach Auffassung der Gerichtsmehrheit nicht angemessen, zur schärfsten Sanktion, nämlich einem befristeten Ausschluss der akkreditierten Gerichtsberichterstatter der Beschwerdeführerin von der Zulassung i.S.v. § 10 Abs. 1 GerBerV zu greifen. Vielmehr entspricht eine Ordnungsbusse i.S.v. § 10 Abs. 2 GerBerV dem Verschulden der Beschwerdeführerin. Der Bussenrahmen ergibt sich aus Art. 68 StPO, welcher heute eine Ordnungsbusse bis Fr. 1'000.- vorsieht (vgl. dazu auch Ziff. 1c der Erläuterungen zu § 10 GerBerV). Im vorliegenden Fall einer wiederholten Pflichtverletzung erscheint in Anbetracht aller Umstände eine Ordnungsbusse von Fr. 700.- als angemessen.

Nach Auffassung der Gerichtsminderheit liegt dagegen nur bezüglich der Auflage in der Strafverhandlung vom 15. Januar 2003 i.S. G. eine Pflichtverletzung seitens der Beschwerdeführerin vor. Auch bei Vorliegen nur einer, aber immerhin einer vorsätzlich erfolgten Pflichtverletzung, wäre an sich eine Ordnungsbusse angebracht. Da sich jedoch auch andere Medien über die fragliche Auflage hinweggesetzt haben und das Kantonsgericht dies durch eine blosse informelle Ermahnung erledigt hat, könnte nach Auffassung der Gerichtsminderheit aus Gründen der Gleichbehandlung nur eine formelle Verwarnung i.S.v. § 10 Abs. 2 GerBerV ausgesprochen werden, zumal es nicht sinnvoll erscheint, nachträglich und nach längerem Zeitablauf gegen die anderen Medien ebenfalls noch ein Disziplinarverfahren einzuleiten.

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.
www.swissactiv.ch
Menschen zusammenbringen, die gemeinsame Interessen teilen
Die Freude an Bewegung, Natur und gutem Essen fördern
Neue Leute treffen und Unternehmungen machen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz