Zusammenfassung des Urteils Nr. 41/2003/1: Obergericht
Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, hat am 13. September 2011 ein Urteil in einem Fall von mehrfacher Veruntreuung gefällt. Der Angeklagte wurde schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von 26 Monaten verurteilt. Er muss Schadensersatz in Höhe von Fr. 38'432.- und Fr. 25'000.- leisten. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Angeklagten auferlegt, aber endgültig abgeschrieben. Der Angeklagte hat Berufung eingelegt, die jedoch abgelehnt wurde. Die Gesamtstrafe beträgt 26 Monate Freiheitsstrafe.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 41/2003/1 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 23.01.2004 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 147a Abs. 1, Art. 148 Abs. 1 lit. a, Art. 256 Abs. 3, Art. 288 Ziff. 1 lit. b und Art. 365 Ziff. 2 ZPO; Forderung aus Hauswartvertrag; Zuständigkeit; Parteientschädigung aus der Staatskasse |
Schlagwörter : | Verfahren; Vertrag; Einzelrichter; Entscheid; Beklagten; Recht; Mietvertrag; Forderung; Klage; Staatskasse; Vereinbarung; Obergericht; Forderungen; Vertrags; Kanton; Verrechnung; Hauswartvertrag; Zuständigkeit; Kündigung; Arbeitsvertrag; Streitigkeit; Hauswartanstellung; Mietsachen; Kantonsgericht |
Rechtsnorm: | Art. 147a ZPO ;Art. 256 ZPO ;Art. 343 OR ;Art. 370 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Viktor Aepli, Zürcher Zürich, Art. 120 OR, 1991 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Veröffentlichung im Amtsbericht vorgesehen.
Bilden ein Mietvertrag und eine gleichzeitig abgeschlossene Vereinbarung betreffend Hauswartanstellung keine Einheit in dem Sinn, dass der Bestand des einen Vertrags von der Gültigkeit des andern abhinge, so wird jeder Vertrag von seinen eigenen Rechtsnormen beherrscht (E. 2b).
Dementsprechend ist für mietrechtliche Ansprüche grundsätzlich vorerst das Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungsbehörde für Mietsachen zu durchlaufen, während Ansprüche aus der Hauswartvereinbarung nach den Vorschriften über arbeitsvertragliche Streitigkeiten geltend zu machen sind (E. 2c).
Fehler im Verantwortungsbereich des erstinstanzlichen Richters begründen keinen Anspruch der obsiegenden Partei auf eine Entschädigung aus der Staatskasse, wenn sich die unterliegende Partei mit dem angefochtenen Entscheid der Vorinstanz identifiziert hat. In unentgeltlichen Verfahren fehlt die Grundlage für Entschädigungen aus der Staatskasse (E. 5a).
B. vermietete an D. und F. eine 5-Zimmerwohnung. Mit separater Vereinbarung übertrug er ihnen gleichzeitig die Besorgung der Hauswartarbeiten an der Liegenschaft. Nachdem F. den Hauswarts-Job gegenüber B. gekündigt hatte, reichte B. beim Kantonsgericht eine Forderungsklage ein. Der Einzelrichter des Kantonsgerichts verneinte seine Zuständigkeit, trat auf die Klage nicht ein und verwies den Kläger an die kantonale Schlichtungsstelle für Mietsachen. Gegen diese Verfügung erhob B. Nichtigkeitsbeschwerde ans Obergericht. Dieses hiess die Beschwerde gut und wies die Sache zur Weiterführung des Verfahrens an den Einzelrichter zurück.
Aus den Erwägungen:
.- ...
Der Einzelrichter ist im wesentlichen aus folgenden Gründen auf die Klage nicht eingetreten und hat den Kläger an die Kantonale Schlichtungsstelle für Mietsachen verwiesen: Bei der Kündigung des Hauswartvertrags gälten die Regeln jener Vertragsart - Mietvertrag Arbeitsvertrag -, welche den überwiegenden Teil der typischen Leistung ausmachten; dabei sei bei überwiegendem Mietzins von einem Mietvertrag auszugehen, während ein Arbeitsvertrag anzunehmen sei, wenn der Hauswartlohn den Mietzins übersteige. Vorliegend übersteige der Mietzins den Hauswartlohn, was für ein Mietverhältnis spreche. Der Mietzins sei zwar gemäss Darstellung des Klägers bisher auch nach der Kündigung des Hauswartvertrags unverändert geblieben, der von den Mietern (Beklagte) gesamthaft zu zahlende Betrag erhöhe sich jedoch indirekt durch die Schadenersatzforderung aus Verzug, Nichtoder Schlechterfüllung des Hauswartvertrags. Ferner dürfte auch der Zustand vor und nach Übernahme des Hauswartvertrags nach mietrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen sein. Folglich sei von einem überwiegend mietrechtlichen Verhältnis auszugehen.
Die Parteien haben am 13. Juni 2000 einen Mietvertrag mit einem Monatsmietzins von total Fr. 1'715.- und eine Vereinbarung betreffend die Hauswartsanstellung mit einer monatlichen Vergütung von Fr. 240.abgeschlossen. Dabei hat die Vereinbarung betreffend die Hauswartanstellung den Charakter eines Arbeitsvertrags i.S.v. Art. 319 des Schweizerischen Obligationenrechts vom 30. März 1911 (OR, SR 220; vgl. Streiff/von Kaenel, Arbeitsvertrag, 5. A., Zürich 1993, Art. 319 N. 11, S. 41). Die beiden Verträge wurden zwar gleichzeitig abgeschlossen. Die verschiedenen Leistungen bilden nach dem insoweit übereinstimmenden Parteiwillen nicht eine Einheit in dem Sinn, dass der Bestand des Mietvertrags von der Gültigkeit der Vereinbarung betreffend Hauswartanstellung beziehungsweise Arbeitsvertrag abhinge. Diese Selbständigkeit der beiden Vereinbarungen zeigt sich insbesondere im Umstand, dass mit der Kündigung vom 30. Januar 2002 ausschliesslich die Hauswartanstellung aufgelöst wurde, während der Mietvertrag in der Folge weitergeführt wurde. Es liegt insoweit eine weitgehend äusserliche Vertragsverbindung vor, indem die beiden Verträge lediglich durch den gleichzeitigen Vertragsschluss miteinander verknüpft wurden. Eine derartige (zulässige) äusserliche Verbindung von Vereinbarungen (gekoppelte Verträge) hat zur Folge, dass jeder Vertrag von seinen eigenen Rechtsnormen beherrscht wird (Alfred Koller in: Guhl/Koller/Schnyder/Druey, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. A., Zürich 2000, § 40 N. 19, S. 334; Roger Weber
in: Honsell/Vogt/Wiegand [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht I,
3. A, Basel/Genf/München 2003, Art. 253a/253b OR N. 18a, S. 1301).
Dies bedeutet, dass Streitigkeiten, die sich aus der Auflösung der vorliegenden Hauswartsvereinbarung ergeben, bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.-, der vorliegend nicht überschritten wird, entgegen der Ansicht des Einzelrichters und der Beklagten als arbeitsvertragliche Streitigkeit im beschleunigten Verfahren zu behandeln sind (Art. 343 Abs. 2 OR i.V.m. Art. 288 Ziff. 1 lit. b der Zivilprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 3. September 1951 [ZPO, SHR 273.100]). Die Klage war im Rahmen dieser Verfahrensart direkt beim Einzelrichter des Kantonsgerichts einzuleiten (Art. 148 Abs. 1 lit. a ZPO).
Die Beklagten machen geltend, bei Bejahung der arbeitsrechtlichen Zuständigkeit müsste die Verrechnung von Forderungen aus dem Mietverhältnis in einem separaten, mietrechtlichen Verfahren geltend gemacht werden. Genau darum gehe es dem Kläger. Dieser versuche mit der Wahl des arbeitsrechtlichen Verfahrens eine Verrechnung der ihm bekannten Gegenforderungen aus Mietvertrag durch die Beklagten zu erschweren. Sollte das Obergericht wider Erwarten den Standpunkt des Klägers schützen, so wären hinsichtlich der gegenseitigen Forderungen zwei parallele Verfahren zu führen, in denen es je um rund Fr. 3'000.gehe.
Richtig ist, dass für mietrechtliche Ansprüche grundsätzlich vorerst das Schlichtungsverfahren vor der kantonalen Schlichtungsbehörde zu durchlaufen ist (Art. 147a Abs. 1 ZPO), während arbeitsvertragliche Rechtsbegehren ohne Sühneverfahren, im beschleunigten Verfahren, direkt beim zuständigen Gericht beim vorliegend massgebenden Streitwert von unter Fr. 8'000.beim Einzelrichter rechtshängig zu machen sind (Art. 148 Abs. 1 lit. a
i.V.m. Art. 288 Ziff. 1 lit. b ZPO und Art. 343 Abs. 2 OR, Art. 73b lit. a ZPO). Diese Situation kann in der Tat zu Kompetenzproblemen führen, da eine durch Verrechnungseinwand des Beklagten aus Mietvertrag neu eingeführte Verrechnungsforderung nach dem Gesagten grundsätzlich nicht ohne vorgängiges Schlichtungsverfahren vom durch den Kläger angerufenen Einzelrichter im beschleunigten Verfahren beurteilt werden darf. Mit der Annahme der Beklagten, diesfalls rechtfertige es sich, mit dem Einzelrichter anzunehmen, die Schlichtungsbehörde sei zuständig, wird das Problem jedoch nicht gelöst. Denn die Schlichtungsstelle für Mietsachen ist grundsätzlich für arbeitsrechtliche Streitigkeiten nicht zuständig (vgl. Viktor Aepli, Zürcher Kommentar, Zürich 1991, Vorbemerkungen zu Art. 120-126 OR N. 126 f.,
S. 155). Dabei fällt vorliegend in Betracht, dass eine konkrete Verrechnungsforderung aus Mietvertrag von den Beklagten im Verfahren nicht dargelegt wurde, welchem Umstand freilich keine entscheidende Bedeutung zukommt. Was die Klageforderung anbetrifft, so enthält die Kostenzusammenstellung,
in welcher die Teilforderungen der Klage aufgeführt sind, aufgrund vorläufiger Prüfung entgegen der Behauptung der Beklagten keine Forderungen, welche erkennbar auf dem Mietvertrag beruhen, während wohl alle Positionen der Hauswartvereinbarung zuzuordnen sind. Es ist somit davon auszugehen, dass Gegenstand der Klage, wenn nicht ausschliesslich, so doch in weit überwiegendem Ausmass Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis bilden.
Sollte sich im weiteren Verfahren ergeben, dass auch Forderungen aus dem Mietverhältnis Gegenstand der Klageforderung und Verrechnungsforderungen bilden, was nach dem Gesagten als fraglich erscheint, so wäre immerhin zu prüfen, ob aus prozessökonomischen Gründen von einer Abtrennung dieser mietrechtlichen Forderungen abzusehen ist und alle Forderungen im arbeitsrechtlichen Prozess zu beurteilen sind (vgl. Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. A., Zürich 1997, § 58
N. 8, S. 263; vgl. zum Ganzen: Aepli, Vorbemerkungen zu Art. 120-126 OR N. 126 ff., S. 155).
Für eine andere Beurteilung der Zuständigkeitsfrage spricht auch nicht die von den Beklagten angeführte Literaturstelle (Lachat/Stoll/Brunner, Mietrecht für die Praxis, 5. A., Zürich 2002, Kapitel 2 N. 3.2, S. 29 f.). Danach ist der Hauswartvertrag zwar normalerweise ein gemischter Vertrag, bei dessen Kündigung die Regeln desjenigen Vertrags anzuwenden sind, der den überwiegenden Teil der typischen Leistung ausmacht. Hier ist aber nach dem Gesagten die für den gemischten Vertrag typische notwendige Verknüpfung zwischen Mietund Arbeitsverhältnis gerade nicht gegeben, da aus den Abmachungen und aus deren Vollzug durch die Parteien nicht zu schliessen ist, dass der eine Vertrag nicht gelten soll ohne den anderen. Der Fall von insoweit unabhängigen Verträgen wird von den genannten Autoren an der fraglichen Stelle, auf die sich die Beklagten berufen, mit dem Verweis auf einen kantonalen Entscheid ausdrücklich vorbehalten; sie erachten damit den genannten Grundsatz, wonach bei der Kündigung des überwiegenden Teils der typischen Leistung die Regeln des entsprechenden Vertrags anzuwenden sind, nur auf den gemischten Vertrag anwendbar (vgl. Lachat/Stoll/Brunner, Kapitel 2, S. 29, Fn. 81 mit Hinweis auf MP 1995, S. 59 [Entscheid des Amts-
gerichtspräsidenten Olten-Gösgen vom 13. März 1994]).
.- Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vorliegende Streitigkeit in die für Arbeitsprozesse geltende Zuständigkeit fällt. Der Kläger hat die Klage daher zu Recht direkt beim Einzelrichter des Kantonsgerichts eingeleitet (Art. 148 Abs. 1 lit. a ZPO i.V.m. Art. 288 Ziff. 1 lit. b ZPO und Art. 343 Abs. 2 OR, Art. 73b lit. a ZPO). Dieser hat sich somit i.S.v. Art. 365 Ziff. 2 ZPO unbefugterweise für unzuständig erklärt. Demnach ist die Nichtigkeitsbeschwerde gutzuheissen und die angefochtene Verfügung aufzuheben
(Art. 370 Abs. 1 erster Teilsatz ZPO); die Sache ist zur Weiterführung des Verfahrens an den Einzelrichter zurückzuweisen (Art. 370 Abs. 2 ZPO).
.- ...
.a) Der Kläger beantragt, es sei ihm aus der Staatskasse eine Prozessentschädigung zuzusprechen.
Hebt die Rechtsmittelinstanz einen fehlerhaften, von keiner Partei beantragten Entscheid der Vorinstanz auf, mit dem sich auch der Rechtsmittelbeklagte nicht identifiziert hat, so sind nach der Zürcher Rechtsprechung, auf die sich der Kläger beruft, die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf die Staatskasse zu nehmen (Frank/Sträuli/Messmer, § 66 N. 5, S. 299, und § 68
N. 18b, S. 301). Die Beklagten haben hier ausdrücklich die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde beantragt und sich insoweit mit dem Entscheid des Einzelrichters im Sinn der genannten Rechtsprechung identifiziert. Die Voraussetzungen der genannten Rechtsprechung für eine Entschädigung zu Lasten der Staatskasse sind damit nicht erfüllt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger angeführten Entscheiden des Obergerichts. In beiden Entscheiden ging es im Unterschied zum vorliegenden Prozess - nicht um unentgeltliche Verfahren (...). Das Obergericht ging im Entscheid vom 7. Juli 1995 i.S. S. davon aus, dass die obsiegende Partei gemäss Art. 254 und 256 Abs. 1 ZPO in einem Zivilprozessverfahren grundsätzlich Anspruch hat, von der unterliegenden Partei entschädigt zu werden. Dieses Anspruchsverhältnis bildete auch die Ausgangslage für die Anwendung der Regel von Art. 256 Abs. 3 ZPO, wonach Kosten, die von keiner Partei veranlasst wurden, auf die Staatskasse genommen werden (OGE vom 7. Juli 1995 i.S. S., E. 4, Amtsbericht 1995, S. 78 f., mit Hinweis auf Art. 256 Abs. 2 ZPO in der Fassung vom 3. September 1951, heute Art. 256 Abs. 3 ZPO). Die erwähnte Ausgangslage ist in unentgeltlichen Verfahren nicht gegeben. Die angeführte Praxis kann daher in arbeitsrechtlichen Verfahren wie dem vorliegenden grundsätzlich nicht angewendet werden. Im vom Kläger angeführten, nicht publizierten Entscheid des Obergerichts vom 8. Juni 2001 (i.S. B., E. 3, S. 6 f.) berief sich das Obergericht ausdrücklich auf die erwähnte Zürcher Rechtsprechung, deren Voraussetzungen nach dem Gesagten vorliegend nicht erfüllt sind, da sich die Beklagten mit dem angefochtenen Entscheid des Einzelrichters identifiziert haben (Frank/Sträuli/Messmer, § 68 N. 18b, S. 305).
b) ...
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