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Urteil Obergericht (SH)

Kopfdaten
Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 40/2018/1/K
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 40/2018/1/K vom 24.08.2018 (SH)
Datum:24.08.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Wahrung der Beschwerdefrist; Berchtoldstag; privatrechtliche Baueinsprache; Prozesskostenverteilung bei Gegenstandslosigkeit - Art. 5 und Art. 11 Europäisches Übereinkommen über die Berechnung von Fristen; Art. 742 ZGB; Art. 106 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 107 Abs. 1 lit. b und lit. e, Art. 142 Abs. 3, Art. 257 Abs. 1, Art. 261 Abs. 1, Art. 404 und Art. 405 ZPO; Art. 69 Abs. 5 BauG; Art. 1 Abs. 1 lit. b Ruhetagsgesetz. Der 2. Januar (Berchtoldstag) ist als vom kantonalen Recht anerkannter Feiertag im Sinne von Art. 142 Abs. 3 ZPO zu betrachten (E. 2.1). Das kantonale privatrechtliche Baueinspracheverfahren ist mit Erlass der ZPO unzulässig geworden. Privatrechtliche Baueinsprachen können im Begriffsverständnis der ZPO als Gesuch um Rechtsschutz in klaren Fällen oder als Gesuch um vorsorgliche Massnahmen qualifiziert werden (E. 3.2 und 4.3). Bei den Voraussetzungen in Art. 257 Abs. 1 ZPO (Rechtsschutz in klaren Fällen) handelt es sich um Prozessvoraussetzungen. Fehlen diese bereits bei Eintritt der Rechtshängigkeit, geht das Nichteintreten der Gegenstandslosigkeit vor (E. 4.4). Wird das ein Bauvorhaben betreffende Zivilverfahren infolge Aufhebung der Bau-bewilligung gegenstandslos, ist für die Prozesskostenverteilung namentlich zu berücksichtigen, welche Partei Anlass zum Gesuch gegeben hat, welches der mutmassliche Prozessausgang gewesen wäre und bei welcher Partei die Gründe eingetreten sind, die dazu geführt haben, dass das Verfahren gegenstandslos wurde. War eine Partei in guten Treuen zur Prozessführung veranlasst, fällt dies ebenfalls ins Gewicht (E. 4.5).
Schlagwörter : Recht; Beschwer; Beschwerde; Beschwerdeführer; Gesuch; Verfahren; Kanton; Beschwerdegegnerin; Feiertag; Partei; Schweiz; Sinne; Baubewilligung; Standslos; Zivilprozessordnung; Rechtsmittel; Kantons; Baueinsprache; Massnahme; Schweizerische; Kommentar; Rechtsschutz; Massnahmen; [Hrsg]; Privatrechtlich; Fälle; Fällen; Vorsorgliche; Schaffhausen; Zivilprozessordnung
Rechtsnorm: Art. 1 ZPO ; Art. 106 ZPO ; Art. 110 BV ; Art. 110 ZPO ; Art. 111 ZPO ; Art. 142 ZPO ; Art. 20a ArG ; Art. 257 ZPO ; Art. 261 ZPO ; Art. 321 ZPO ; Art. 323 ZPO ; Art. 404 ZPO ; Art. 405 ZPO ; Art. 49 BV ; Art. 60 ZPO ; Art. 742 ZGB ;
Referenz BGE:124 II 527; 138 III 702; 139 I 206; 140 III 315; 141 III 23; 143 III 183; 144 III 117;
Kommentar zugewiesen:
Arnold Marti, Kommentar BGer 5A_948, 2015
Daniel Willisegger, Basler Kommentar, Zivilprozessordnung, 2017
Urwyler, Grütter, Kommentar, 2. A., Zürich, 2016
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
Wahrung der Beschwerdefrist; Berchtoldstag; privatrechtliche Baueinsprache; Prozesskostenverteilung bei Gegenstandslosigkeit - Art. 5 und Art. 11 Europäisches Übereinkommen über die Berechnung von Fristen; Art. 742 ZGB; Art. 106 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 107 Abs. 1 lit. b und lit. e, Art. 142 Abs. 3,

Art. 257 Abs. 1, Art. 261 Abs. 1, Art. 404 und Art. 405 ZPO; Art. 69 Abs. 5 BauG; Art. 1 Abs. 1 lit. b Ruhetagsgesetz.

Der 2. Januar (Berchtoldstag) ist als vom kantonalen Recht anerkannter Feiertag im Sinne von Art. 142 Abs. 3 ZPO zu betrachten (E. 2.1).

Das kantonale privatrechtliche Baueinspracheverfahren ist mit Erlass der ZPO unzulässig geworden. Privatrechtliche Baueinsprachen können im Begriffsverständnis der ZPO als Gesuch um Rechtsschutz in klaren Fällen oder als Gesuch um vorsorgliche Massnahmen qualifiziert werden (E. 3.2 und 4.3).

Bei den Voraussetzungen in Art. 257 Abs. 1 ZPO (Rechtsschutz in klaren Fällen) handelt es sich um Prozessvoraussetzungen. Fehlen diese bereits bei Eintritt der Rechtshängigkeit, geht das Nichteintreten der Gegenstandslosigkeit vor (E. 4.4).

Wird das ein Bauvorhaben betreffende Zivilverfahren infolge Aufhebung der Baubewilligung gegenstandslos, ist für die Prozesskostenverteilung namentlich zu berücksichtigen, welche Partei Anlass zum Gesuch gegeben hat, welches der mutmassliche Prozessausgang gewesen wäre und bei welcher Partei die Gründe eingetreten sind, die dazu geführt haben, dass das Verfahren gegenstandslos wurde. War eine Partei in guten Treuen zur Prozessführung veranlasst, fällt dies ebenfalls ins Gewicht (E. 4.5).

OGE 40/2018/1/K vom 24. August 2018 Veröffentlichung im Amtsbericht

Sachverhalt

A. und B., C. und D., E., F. und G. sowie H. beantragten beim Kantonsgericht Schaffhausen, der X. AG sei das vom Stadtrat Schaffhausen bewilligte Abbruchund Bauvorhaben zu verbieten. In der Folge hob das Obergericht des Kantons Schaffhausen im öffentlich-rechtlichen Rechtsmittelverfahren die Baubewilligung auf. Die Einzelrichterin des Kantonsgerichts schrieb das bis dahin sistierte kantonsgerichtliche Verfahren als gegenstandslos ab und auferlegte A. und B., C. und D., E., F. und G. sowie H. die Prozesskosten. Die gegen den Kostenentscheid gerichtete Beschwerde hiess das Obergericht teilweise gut.

Aus den Erwägungen
      1. Der Kostenentscheid ist selbständig nur mit Beschwerde anfechtbar (Art. 110 ZPO). Die Beschwerde ist in summarischen Verfahren innert zehn Tagen beim Obergericht schriftlich und begründet einzureichen (Art. 321 Abs. 1 und 2 ZPO). Fristen, die durch eine Mitteilung oder den Eintritt eines Ereignisses ausgelöst werden, beginnen am folgenden Tag zu laufen (Art. 142 Abs. 1 ZPO). Fällt der letzte Tag einer Frist auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen am Gerichtsort vom Bundesrecht oder vom kantonalen Recht anerkannten Feiertag, so endet sie am nächsten Werktag (Art. 142 Abs. 3 ZPO). Art. 142 Abs. 3 ZPO schliesst nicht nur gesetzliche Feiertage ein, sondern auch solche, die jenen gleichgestellt sind (Botschaft des Bundesrats vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7308). Gemäss Art. 145 Abs. 2 lit. b ZPO gilt der Fristenstillstand nach Abs. 1 für das summarische Verfahren nicht.

        Die angefochtene Verfügung wurde den Beschwerdeführern am 20. Dezember 2017 zugestellt. Demnach begann die Beschwerdefrist am 21. Dezember 2017 zu laufen. Sie endete am Samstag, 30. Dezember 2017, verlängerte sich jedoch über den 31. Dezember 2017 (Sonntag) und den 1. Januar 2018 (Feiertag, vgl. dazu die nachfolgenden Ausführungen) bis am 2. Januar 2018. Fraglich ist, ob es sich auch beim 2. Januar (Berchtoldstag) um einen Feiertag im Sinne von Art. 142 Abs. 3 ZPO handelt. Das Obergericht hat sich bisher nie explizit mit dieser Frage befasst. Die Parteien äussern sich in ihren Rechtsschriften nicht dazu; die Prozessvoraussetzungen sind jedoch von Amtes wegen zu prüfen (Art. 60 ZPO).

      2. Der einzige Feiertag von Bundesrechts wegen ist der Bundesfeiertag am

        1. August (vgl. Art. 110 Abs. 3 BV; Art. 20a Abs. 1 Satz 1 des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel vom 13. März 1964 [Arbeitsgesetz, ArG, SR 822.11]). Die Kantone können höchstens acht weitere Feiertage im Jahr den Sonntagen gleichstellen und sie nach Kantonsteilen verschieden ansetzen (Art. 20a Abs. 1 Satz 2 ArG).

        Im Kanton Schaffhausen bestimmt Art. 1 Abs. 1 lit. b des Gesetzes betreffend die öffentlichen Ruhetage und den Ladenschluss vom 5. Dezember 1977 (Ruhetagsgesetz, SHR 900.200) neben dem 1. August die (acht) Feiertage Neujahr, Karfreitag, Ostermontag, 1. Mai, Auffahrt, Pfingstmontag, Weihnachtstag und Stephanstag. Gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung bezeichnet der Regierungsrat die im Sinne von Art. 18 Abs. 2 (heute Art. 20a Abs. 1) ArG den Sonntagen gleichgestellten Ruhetage. Dies hat er in der Verordnung zum Arbeitsgesetz und zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung vom 22. März 2011 (SHR 822.101) getan. Deren § 7 Abs. 1 sieht als im Sinne von Art. 20a ArG den Sonntagen gleichgestellte Feiertage vor: Neujahr, Karfreitag, Ostermontag, 1. Mai, Auffahrt, Pfingstmontag, Weihnachtstag und Stephanstag. Daraus ergibt sich, dass es sich im Kanton

        Schaffhausen zwar beim 1. Januar (Neujahr) um einen gesetzlichen Feiertag handelt, grundsätzlich nicht jedoch beim 2. Januar (Berchtoldstag).

      3. Gemäss § 33 Abs. 1 der Verordnung über die Arbeitsverhältnisse des Staatspersonals vom 14. Dezember 2004 (Personalverordnung, SR 180.111), welche Bestimmung grundsätzlich lediglich für das Arbeitsverhältnis des (öffentlichrechtlich angestellten) Personals des Kantons gilt (vgl. § 1 Abs. 1 Personalverordnung), gilt als Feiertag - neben den vorstehend genannten Tagen - auch der Berchtoldstag. An diesem Tag sind die Dienststellen der kantonalen Verwaltung, einschliesslich der Gerichte, grundsätzlich geschlossen (vgl. § 32 Personalverordnung). Der Website der Schweizerischen Post lässt sich entnehmen, dass auch deren Filialen im Kanton Schaffhausen am Berchtoldstag geschlossen sind (vgl. https://places.post.ch/, zuletzt besucht am 21. August 2018).

        Die Schweiz hat überdies das Europäische Übereinkommen über die Berechnung von Fristen vom 16. Mai 1972 (SR 0.221.122.3; nachfolgend: EuFrÜb) ratifiziert. Dieses gilt auch für rein inländische Sachverhalte (vgl. Art. 1 Abs. 1 EuFrÜb; BGer 5A_550/2017 vom 25. Juli 2017 E. 3 f.; Jurij Benn, in: Spühler/Tenchio/Infanger, Basler Kommentar, Zivilprozessordnung, 3. A., Basel 2017, Art. 142 N. 10,

        S. 835 f.). Gemäss Art. 5 EuFrÜb wirkt auch ein Tag, der wie ein gesetzlicher Feiertag behandelt wird, fristverlängernd. Art. 11 EuFrÜb sieht vor, dass die Vertragsparteien gegenüber dem Europarat anzugeben haben, welche Tage in ihrem Hoheitsgebiet oder in einem Teil desselben gesetzliche Feiertage sind oder im Sinne von Art. 5 EuFrÜb wie solche behandelt werden. Das entsprechende Verzeichnis für die Schweiz, auf das im Übrigen auch das EuFrÜb in der Schweizerischen Systematischen Rechtssammlung (SR) und die Website des Europarats (https:// www.coe.int/en/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/076/declarations p_ auth=A3HGaTcR, zuletzt besucht am 21. August 2018) mit einem Link verweisen, ist auf der Website des Bundesamts für Justiz aufgeschaltet (Gesetzliche Feiertage und Tage, die in der Schweiz wie gesetzliche Feiertage behandelt werden, https://www.bj.admin.ch/dam/data/bj/publiservice/service/zivilprozessrecht/kant - feiertage.pdf, Stand 1. Januar 2011, zuletzt besucht am 21. August 2018). Für den Kanton Schaffhausen führt das Verzeichnis den Berchtoldstag als Tag, der wie gesetzliche Feiertage behandelt wird, an (S. 19; vgl. zur unklaren Rechtsverbindlichkeit dieses Verzeichnisses Benn, Art. 142 N. 10 und 26a, S. 836 und 840; Nina

        J. Frei, in: Hausheer/Walter [Hrsg.], Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Band I, Bern 2012, Art. 142 N. 17, S. 1580; Barbara Merz, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar, 2. A., Zürich/St. Gallen 2016, Art. 142 N. 31, S. 1047).

      4. Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen rechtfertigt es sich, den Berchtoldstag im Kanton Schaffhausen als vom kantonalen Recht anerkannten

Feiertag im Sinne von Art. 142 Abs. 3 ZPO zu betrachten (vgl. dazu auch Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen FS.2012.1 vom 29. März 2012, CAN 2013 Nr. 17; Beschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 2. April 2003, ZR 103/2004 Nr. 13; ferner BGE 124 II 527 E. 2b S. 528 und BGer 5D_81/2015

vom 4. April 2016 E. 2.4.3).

Mit Einreichung der im Übrigen formgerechten Beschwerde am 3. Januar 2018 ist die Rechtsmittelfrist demnach gewahrt, weshalb darauf einzutreten ist.

    1. [ ]

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3. Die Baubewilligung vom 7. Dezember 2010 wurde am 20. Dezember 2010 versandt. Mit Eingabe vom 10. Januar 2011 erfolgte eine privatrechtliche Baueinsprache im Sinne von Art. 69 Abs. 5 des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen vom 1. Dezember 1997 (Baugesetz, BauG, SHR 700.100). Die Schweizerische Zivilprozessordnung trat auf den 1. Januar 2011 in Kraft und ersetzte die bis dahin geltende Zivilprozessordnung des Kantons Schaffhausen vom 3. September 1951 (aZPO SH). Zu prüfen ist, welche Verfahrensordnung vor Kantonsgericht anzuwenden war.
      1. Das Kantonsgericht stützte sich auf die ZPO. Es führte aus, die Einsprache sei nach Treu und Glauben in erster Linie als Gesuch um Rechtsschutz in klaren Fällen im Sinne von Art. 257 ZPO und eventualiter als Gesuch um vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 261 ff. ZPO zu verstehen.

      2. Die Beschwerdeführer machen in ihrer Replik geltend, dass die Baueinsprache als Rechtsmittel im Sinne von Art. 405 ZPO zu qualifizieren sei. Sie richte sich gegen eine Baubewilligung, die vor Inkrafttreten der ZPO verfügt und zugestellt worden sei. Im vorinstanzlichen Verfahren hätte daher die altrechtliche kantonale Zivilprozessordnung des Kantons Schaffhausen angewendet werden müssen.

      3. Die Beschwerdegegnerin bringt in der Duplik vor, dass die ZPO gemäss Art. 404 Abs. 1 ZPO für alle Verfahren gelte, die nach ihrem Inkrafttreten rechtshängig gemacht worden seien. Die Beschwerdeführer hätten ihre Klage auf Erlass eines Bauverbots mit Eingabe vom 10. Januar 2011 rechtshängig gemacht. Es sei nicht einzusehen, weshalb bei einem Bauinhibitionsverfahren eine andere Regelung gelten soll.

    1. Entscheidend ist mithin, ob die Baueinsprache vom 10. Januar 2011 ein Rechtsmittel im Sinne von Art. 405 Abs. 1 ZPO darstellt.

      1. Steht der Ausführung einer Baute oder Anlage aus öffentlich-rechtlichen Gründen nichts entgegen, erteilt die zuständige Behörde vorbehältlich allfälliger Rechtsmittel die Baubewilligung (Art. 67 Abs. 1 BauG). Unter der Marginalie Rechtsmittel statuiert Art. 69 Abs. 5 BauG, dass privatrechtlich begründete Einsprachen gegen ein Bauvorhaben innert 20 Tagen ab Erhalt des Baurechtsentscheids zur Erwirkung eines Bauverbots schriftlich beim zuständigen Richter zu erheben sind. Dieses Bauinhibitionsverfahren ist mit Erlass der ZPO aufgrund der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV) unzulässig geworden (BGer 5A_948/2015 und 5A_949/2015 vom 12. April 2016 E. 3 f.). Es stellte, wie dies bereits der Wortlaut der beiden zitierten Bestimmungen andeutet, nach kantonalem Verständnis ein an die Baubewilligung anknüpfendes Rechtsmittelverfahren dar (vgl. Arnold Marti, Kommentar zu BGer 5A_948/2015, ZBl 2017 397). Dies indiziert auch der Umstand, dass privatrechtliche Einsprachen gegen die erteilte Baubewilligung zu erheben waren, während sich Einwendungen gegen das Baugesuch richten und als solche während der Auflagefrist erhoben werden müssen (Art. 62 Abs. 1 BauG). Entsprechend wurde in der Baubewilligung vom 7. Dezember 2010 denn auch der Wortlaut von Art. 69 Abs. 5 BauG im Sinne einer Rechtsmittelbelehrung wiedergegeben.

      2. Indes sind der Begriff des Rechtsmittels und die Frage, wann Rechtshängigkeit eines Verfahrens im Sinne von Art. 404 Abs. 1 ZPO begründet wird, bundesrechtlich zu verstehen.

Rechtsmittel im Sinne von Art. 405 Abs. 1 ZPO richten sich gegen einen gerichtlichen Entscheid in Zivilsachen (vgl. Art. 1 ZPO), mithin - abgesehen von der Rechtsverzögerungsbeschwerde (Art. 319 lit. c ZPO) - gegen einen formellen Entscheid des Gerichts. Als Rechtsmittel in diesem Sinn werden in der Lehre die im

9. Titel der ZPO (Art. 308 ff.) aufgeführten Rechtsmittel beziehungsweise Rechtsbehelfe der Berufung, der Beschwerde, der Erläuterung und der Berichtigung genannt (BGE 138 III 702 E. 3.4 S. 703 mit entsprechenden Hinweisen). Mit diesen Instituten ist die in Art. 69 Abs. 5 BauG vorgesehene privatrechtliche Baueinsprache nicht vergleichbar. Auch aus der von den Beschwerdeführern zitierten Literaturstelle (Daniel Willisegger, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilprozessordnung, 3. A., Basel 2017, Art. 405 N. 4, S. 2608) ergibt sich, dass sich Rechtsmittel gegen fehlerhafte Entscheide richten. Dies war bei der privatrechtlichen Baueinsprache anders: Der Gemeinderat prüft im Baubewilligungsverfahren, ob das Baugesuch den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BauG); er prüft es hingegen nicht aus zivilrechtlicher Sicht, jedenfalls soweit die öffentlich-rechtliche Ordnung nicht ausnahmsweise an das Privatrecht anknüpft (vgl. BGer 1C_554/2015 vom 2. Mai 2016 E. 4.2;

BGer 1C_300/2009 und 1C_302/2009 vom 7. Juni 2010 E. 6.3). Die Baubewilligung wird erteilt, wenn der Ausführung der Baute oder Anlage aus öffentlich-rechtlichen Gründen nichts entgegensteht (Art. 67 Abs. 1 BauG). Das Bauinhibitionsverfahren hatte hingegen zivilrechtliche Fragen, insbesondere sachenrechtliche Abwehransprüche, zum Gegenstand (vgl. Marti, ZBl 2017 397; sodann auch BGer 5A_948/2015 und 5A_949/2015 vom 12. April 2016 E. 3.1). Es knüpfte somit zwar zeitlich an das (öffentlich-rechtliche) Baubewilligungsverfahren an, zielte aber nicht auf die Korrektur oder Überprüfung des Baurechtsentscheids, und stellt damit kein Rechtsmittelverfahren im Sinne von Art. 405 Abs. 1 ZPO dar.

Privatrechtliche Baueinsprachen, die nach Art. 297 ff. aZPO SH im (summarischen) Befehlsverfahren und ohne vorangehendes Schlichtungsverfahren beurteilt wurden, können im Begriffsverständnis der ZPO als Gesuch um Rechtsschutz in klaren Fällen (Art. 257 ZPO) oder als Gesuch um vorsorgliche Massnahmen (Art. 261 ff. ZPO) qualifiziert werden (siehe nachfolgende E. 4.3.2). Entsprechend fand Art. 404 Abs. 1 ZPO (e contrario) und damit die ZPO auf das vorinstanzliche Verfahren Anwendung, da die Rechtshängigkeit des Verfahrens erst nach dem

31. Dezember 2010 (nämlich mit Postaufgabe vom 10. Januar 2011) begründet wurde.

    1. Gegen die vorinstanzliche Qualifikation der Rechtsbegehren der Beschwerdeführer als Gesuche um Rechtsschutz in klaren Fällen und eventualiter um vorsorgliche Massnahmen wendet die Beschwerdegegnerin ein, aus dem klaren und unmissverständlichen Antrag (Abbruchund Neubauverbot) in der Eingabe vom

      10. Januar 2011 ergebe sich unmissverständlich, dass ein Gesuch um Rechtsschutz in klaren Fällen gestellt worden sei. Da auch das Kantonsgericht den Schluss gezogen habe, dass weder die Voraussetzung eines sofort beweisbaren Sachverhalts noch diejenige einer klaren Rechtslage erfüllt sei, hätte auf das Gesuch nicht eingetreten werden dürfen. Dagegen bringen die Beschwerdeführer vor, die Beschwerdegegnerin habe gegen den Abschreibungsentscheid keine Berufung erhoben und sei daher mit ihren diesbezüglichen Ausführungen nicht zu hören. Die Beschwerdegegnerin entgegnet, es habe für sie kein Anlass bestanden, die Verfügung mit Berufung anzufechten, da der Abschreibungsentscheid ihrem Eventualantrag entsprochen habe und die Beschwerdeführer zur Übernahme von Gerichtskosten und Parteientschädigung verpflichtet worden seien. Ausserdem hänge der Entscheid über die Kostenund Entschädigungsfolgen wesentlich von der Beantwortung der Eintretensfrage ab.

    2. Bei selbständiger Anfechtung des Kostenentscheids ist das vorinstanzliche Dispositiv in der Sache grundsätzlich verbindlich und bildet nicht (auch nicht vorfrageweise) Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Die Überprüfung des Kos-

      tenentscheids darf grundsätzlich nicht dazu führen, dass indirekt auch der Entscheid in der Sache beurteilt wird (vgl. Urwyler/Grütter, in: Brunner/Gasser/ Schwander [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar, 2. A., Zürich/St. Gallen 2016, Art. 110 N. 1, S. 802). Diese Praxis ist indes auf Fälle zugeschnitten, in denen auch die durch den Kostenentscheid begünstigte Partei den Entscheid in der Hauptsache mit Berufung oder Beschwerde hätte anfechten können (vgl. ähnlich OGer ZH RU140019 vom 30. Mai 2014 E. II.1). Dies ist vorliegend nicht der Fall: Die Beschwerdegegnerin ist durch die Verfügung vom 18. Dezember 2017 nicht materiell beschwert, besteht der Hauptunterschied zwischen Nichteintretensund Abschreibungsentscheid doch in der unterschiedlichen Regelung der Prozesskostenverteilung (Art. 106 Abs. 1 gegenüber Art. 107 Abs. 1 lit. e ZPO), die ohnehin zu Gunsten der Beschwerdegegnerin ausfiel. Auf eine Beschwerde der Beschwerdegegnerin wäre daher mangels Beschwer nicht einzutreten gewesen. Eine Anschlussbeschwerde ist ausgeschlossen (Art. 323 ZPO). Es kann daher in dieser besonders gelagerten Konstellation ausnahmsweise auch der Verfahrensausgang überprüft werden, allerdings nur vorfrageweise im Hinblick auf die Kostenverteilung.

    3. Zunächst ist das mit Eingabe vom 10. Januar 2011 gestellte Rechtsbegehren unter der ZPO zu qualifizieren.

      1. Privatrechtlich begründete Einsprachen gegen ein Bauvorhaben gemäss Art. 69 Abs. 5 BauG wurden grundsätzlich im (summarischen) Befehlsverfahren beurteilt. Dem Richter standen sämtliche Möglichkeiten des Befehlsverfahrens offen. Bei Gutheissung einer Baueinsprache wurde in der Regel als blosse vorsorgliche Massnahme ein provisorisches Bauverbot erlassen und Frist angesetzt, um die Sache im ordentlichen Verfahren prüfen zu lassen (Art. 297 Ziff. 2 i.V.m. Art. 298 lit. b Ziff. 2 aZPO SH). Doch konnte im Befehlsverfahren auch ein definitives Bauverbot erlassen werden, wenn klares Recht und unbestrittene oder sofort feststellbare tatsächliche Verhältnisse vorlagen (Art. 297 Ziff. 1 i.V.m. Art. 298 lit. b Ziff. 1 aZPO SH; OGE vom 1. Juli 1988 E. 3, Amtsbericht 1988, S. 74, mit Hinweisen). Waren dagegen die Voraussetzungen auch nur für ein provisorisches Bauverbot nicht erfüllt, so war die Einsprache abzuweisen (OGE 40/2007/6 vom 9. November 2007 E. 4).

      2. Allein aufgrund des Umstands, dass das kantonale Bauinhibitionsverfahren mit dem Inkrafttreten der ZPO unzulässig wurde, kann auf die privatrechtliche Baueinsprache nicht ein Nichteintretensentscheid erfolgen. Sie ist vielmehr bundesrechtskonform zu behandeln, was denn auch keine Partei in Frage stellt, und entweder als Gesuch um Rechtsschutz in klaren Fällen (Art. 257 ZPO) oder eventuell als Gesuch um vorsorgliche Massnahmen (Art. 261 ff. ZPO) entgegenzunehmen (vgl. Marti, ZBl 2017 399; siehe auch KGer SZ ZK2 2016 29 vom 25. Juli 2016,

EGV-SZ 2016, S. 28 ff., E. 2e). Entgegen der Beschwerdegegnerin kann im Lichte der altrechtlichen Schaffhauser Regelung aus dem Wortlaut des Rechtsbegehrens nicht gefolgert werden, damit seien keine vorsorglichen Massnahmen gemeint. Es erscheint vielmehr nachvollziehbar, das Rechtsbegehren mit dem Kantonsgericht und im Einklang mit der Praxis zum Bauinhibitionsverfahren sinngemäss dahingehend zu verstehen, dass um Rechtsschutz in klaren Fällen ersucht wird und - für den Fall, dass dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind - ein Bauverbot in Form einer vorsorglichen Massnahme verlangt wird.

      1. Rechtsschutz in klaren Fällen wird gewährt, wenn der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar und die Rechtslage klar ist (Art. 257 Abs. 1 ZPO). Kann dieser Rechtsschutz nicht gewährt werden, so tritt das Gericht auf das Gesuch nicht ein (Art. 257 Abs. 3 ZPO); die Abweisung des Gesuchs ist ausgeschlossen (BGE 140 III 315 E. 5 S. 317 ff.). Die Vorinstanz hat einleitend zu Recht darauf hingewiesen, dass in Summarverfahren grundsätzlich ohne zweiten Schriftenwechsel entschieden wird (vgl. BGE 144 III 117 E. 2.1 S. 117 f.).

      2. Bei den Voraussetzungen in Art. 257 Abs. 1 ZPO handelt es sich nach herrschender Lehre um Prozessvoraussetzungen (Ingrid Jent-Sørensen, in: Oberhammer/Domej/Haas [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, Kurzkommentar,

        2. A., Basel 2014, Art. 257 N. 13, S. 1208; Leuenberger/Uffer-Tobler, Schweizeri-

        sches Zivilprozessrecht, 2. A., Bern 2016, Rz. 11.182, S. 391; Boris Müller, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar, 2. A., Zürich/St. Gallen 2016, Art. 59 N. 83, S. 484; Sutter-Somm/Lötscher, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 3. A., Zürich/Basel/ Genf 2016, Art. 257

        N. 4, S. 1894; a.A. Dieter Hofmann, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilprozessordnung, 3. A., Basel 2017, Art. 257 N. 9, S. 1492).

        Fehlte eine Prozessvoraussetzung bereits bei Eintritt der Rechtshängigkeit, geht das Nichteintreten der Gegenstandslosigkeit vor (Müller, Art. 59 N. 24 ff., S. 464, mit Hinweisen; vgl. auch BGE 139 I 206 E. 1.1 S. 208; BGer 4D_79/2015 vom

        22. Januar 2016 E. 2.3; weitergehend Spühler/Dolge/Gehri, Schweizerisches Zivil-

        prozessrecht, 9. A., Bern 2010, § 35 N. 152, S. 151, wonach selbst bei Fehlen von Prozessvoraussetzungen im Urteilszeitpunkt das Nichteintreten auf die Klage der Gegenstandslosigkeit stets vorgeht).

      3. Zur Diskussion steht vorliegend eine Dienstbarkeit, die der Beschwerdegegnerin (als Eigentümerin des belasteten Grundstücks GB Nr. yyy) das Recht einräumt, bei einer Überbauung des belasteten Grundstücks den zugunsten der Beschwerdeführer (als [Mit-]Eigentümer des berechtigten Grundstücks GB Nr. zzz) bestehenden Fussund Fahrweg auf eigene Kosten auf eine geeignetere Stelle zu verlegen.

Das in Art. 742 ZGB eingeräumte Recht auf Verlegung einer Grunddienstbarkeit ist zwingend (vgl. Peter Liver, Zürcher Kommentar, Die Dienstbarkeiten und Grundlasten, Bd. I: Die Grunddienstbarkeiten, 2. A., Zürich 1980, Art. 742 N. 14 ff.,

S. 525 ff.; Christina Schmid-Tschirren, in: Büchler/Jakob [Hrsg.], Schweizerisches Zivilgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. A., Basel 2018, Art. 742 N. 11, S. 2182). Es spricht aber nichts dagegen, dieses Recht an für den Belasteten günstigere Voraussetzungen zu knüpfen, wie dies die Parteien vorliegend getan hatten (kein Interessennachweis notwendig). Das Gesetz berechtigt hingegen (zwingend) zur Verlegung der Dienstbarkeit, wenn sie auf eine für den Berechtigten nicht weniger geeignete Stelle erfolgt. Es erscheint daher entgegen den Beschwerdeführern fraglich, ob eine Verlegung nur dann in Frage kommen darf, wenn sie auf eine geeignetere Stelle erfolgt. Dies kann aber offen bleiben:

Die Beschwerdeführer führten in ihrer Baueinsprache vom 10. Januar 2011 aus, das Bauvorhaben führe zu einer Verschlechterung des Fussund Fahrwegs, zudem habe die Beschwerdegegnerin die Verlegung der Dienstbarkeit entgegen dem Wortlaut von Art. 742 Abs. 1 ZGB nicht verlangt. Schliesslich sei ihnen (vom vormaligen Eigentümer) eine maximale Firsthöhe der geplanten Baute auf dem Grundstück der Beschwerdegegnerin vertraglich zugesichert worden, welche das Bauvorhaben nicht einhalte. Diese Behauptungen bestritt die Beschwerdegegnerin in ihrer Eingabe vom 23. Oktober 2017 und machte unter Hinweis auf Architektenberichte geltend, der Fussund Fahrweg wäre in verschiedener Hinsicht verbessert worden. Die maximale Firsthöhe sei ihr weder vertraglich überbunden noch sei sie im Grundbuch eingetragen worden.

Die Einwendungen der Beschwerdegegnerin sind substanziert und schlüssig. Es erscheint glaubhaft, dass der Fussund Fahrweg - aufgrund der direkteren und breiteren Zufahrt - insgesamt geeigneter zu liegen gekommen wäre. Auch wird die Behauptung der Beschwerdeführer, die strassenund rückseitige Schliessung der Zufahrt mit einem Garagentor wäre ein massiver Nachteil gewesen, entkräftet: In den Architektenberichten wird dargelegt, dass die Tore über eine Zeitschaltuhr gesteuert worden und grundsätzlich offen geblieben wären. Zum Schutz gegen Vandalismus hätte die Zufahrt in Absprache mit allen Eigentümern in vorgängig definierten Zeitfenstern geschlossen werden können. Die Bewohner des dienstbarkeitsberechtigten Grundstücks hätten die Tore jederzeit mit Funksendern oder Schlüsselschaltern öffnen können. Dass die Beschwerdegegnerin privatrechtlich an eine maximale Firsthöhe gebunden gewesen wäre, haben die Beschwerdeführer nicht belegt und es besteht offenbar insbesondere kein entsprechender Grundbucheintrag. Die Darstellung der Beschwerdeführer, die Beschwerdegegnerin hätte die Verlegung der Dienstbarkeit verlangen müssen, widerspricht dem Wort-

laut des Grundbucheintrags, der insofern über die in dieser Hinsicht nicht zwingende Regelung in Art. 742 ZGB hinausgeht. Das Vorliegen eines sofort beweisbaren Sachverhalts ist unter diesen Umständen zu verneinen, zumal die Beschwerdeführer den vollen Beweis der anspruchsbegründenden Tatsachen zu erbringen gehabt hätten (BGE 141 III 23 E. 3.2 S. 26; BGer 4A_127/2018 vom

24. April 2018 E. 2.3). Damit fehlt es an der Voraussetzung von Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO. Diese war bereits bei Eintritt der Rechtshängigkeit nicht erfüllt. Auf das Gesuch um Rechtsschutz in klaren Fällen wäre demnach nicht einzutreten gewesen. Für die Abschreibung des Gesuchs infolge Gegenstandslosigkeit hätte in dieser Hinsicht kein Raum bestanden.

Hätten die Beschwerdeführer vorliegend einzig um Rechtsschutz in klaren Fällen ersucht, wären sie vollumfänglich kostenpflichtig geworden (Art. 106 Abs. 1 ZPO).

      1. Hingegen war auf das sinngemäss als Eventualbegehren erhobene Gesuch um vorsorgliche Massnahmen einzutreten. Die Vorinstanz hat dieses zu Recht infolge der Aufhebung der Baubewilligung als gegenstandslos abgeschrieben.

      2. Angefochten ist die Kostenverteilung, wobei auch diesbezüglich die ZPO anwendbar ist (vorangehende E. 3.2.2).

      3. Nach Art. 106 Abs. 1 Satz 1 ZPO werden die Prozesskosten der unterliegenden Partei auferlegt. Gemäss Art. 106 Abs. 2 ZPO werden sie nach dem Ausgang des Verfahrens verteilt, wenn keine Partei vollständig obsiegt hat. Nach Art. 107 Abs. 1 lit. b ZPO kann das Gericht insbesondere dann von den Verteilungsgrundsätzen abweichen und die Prozesskosten nach Ermessen verteilen, wenn eine Partei in guten Treuen zur Prozessführung veranlasst war. Gleiches gilt nach Art. 107 Abs. 1 lit. e ZPO, wenn das Verfahren als gegenstandslos abgeschrieben wird und das Gesetz wie hier nichts anderes vorsieht. Dabei ist namentlich zu berücksichtigen, welche Partei Anlass zum Gesuch gegeben hat, welches der mutmassliche Prozessausgang gewesen wäre und bei welcher Partei die Gründe eingetreten sind, die dazu geführt haben, dass das Verfahren gegenstandslos wurde (BGer 4D_65/2017 vom 24. Oktober 2017 E. 3.1 mit Hinweisen). Die Subsumtion des vorliegenden Sachverhalts unter diese Kriterien stellt Rechtsanwendung dar, die im Beschwerdeverfahren überprüft werden kann (Art. 320 lit. a ZPO).

      4. Gemäss der im Zusammenhang mit privatrechtlichen Einsprachen erfolgten kantonalen Rechtsprechung konnte im Fall, dass bereits die Kriterien der Gesuchsveranlassung und der Verursachung der Gegenstandslosigkeit in die gleiche Richtung zielten, das Kriterium des mutmasslichen Obsiegens nur berücksichtigt

        werden, wenn es eindeutig auf die andere Seite ausfiel (OGE vom 24. Februar 1989 E. 3b, Amtsbericht 1989, S. 69). Daran ist unter der ZPO nicht festzuhalten, kann im Rahmen von Art. 107 Abs. 1 lit. e ZPO doch insbesondere auch auf den mutmasslichen Prozessausgang abgestellt werden (vgl. BGer 5A_327/2016 vom 1. Mai 2017 E. 3.4.2 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 143 III 183).

      5. Unter kantonalem Recht wurde der Bauherr als Veranlasser des Bauinhibitionsverfahrens angesehen, auch mit Blick darauf, dass das von ihm initiierte Ausschreibungsverfahren als eine Art Provokationsverfahren vorausging (OGE vom

24. Februar 1989 E. 3a, Amtsbericht 1989, S. 69). Zwar ist der Bauuntersagungsprozess unter der ZPO nicht mehr prozessual an das Baubewilligungsverfahren geknüpft. In der Sache verhält es sich jedoch gleich, veranlasste doch die Beschwerdegegnerin mit ihrem Baugesuch (und der gestützt darauf erteilten Baubewilligung) das Verfahren zur Durchsetzung der behaupteten privatrechtlichen Ansprüche der Beschwerdeführer (Kriterium der Verfahrensveranlassung).

Indem die Beschwerdegegnerin ein aus öffentlich-rechtlichen Gründen mangelhaftes Bauprojekt eingereicht hat, ist die Aufhebung der Baubewilligung (OGE 60/2012/8 und 60/2012/10 vom 9. Juni 2017) in ihrem Bereich zu suchen und muss auch die Gegenstandslosigkeit des vorliegenden Verfahrens als von ihr verursacht gelten (Kriterium der Verursachung der Gegenstandslosigkeit).

Bei der Prüfung des mutmasslichen Prozessausgangs ist zu berücksichtigen, dass es sich um ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen handelt. Das Gericht trifft die beantragten Massnahmen, wenn die gesuchstellende Partei deren Voraussetzungen glaubhaft macht (Art. 261 Abs. 1 ZPO), darunter insbesondere die Dringlichkeit der Massnahmen (Thomas Sprecher, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilprozessordnung, 3. A., Basel 2017, Art. 261 N. 39 und

N. 54, S. 1562 ff. und S. 1566). Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn für ihr Vorhandensein aufgrund objektiver Anhaltspunkte eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, selbst wenn das Gericht noch mit der Möglichkeit rechnet, dass sie sich nicht verwirklicht haben könnte (BGer 4A_500/2017 vom 12. Februar 2018

E. 2.1 mit Hinweisen). Inwiefern das beantragte Bauverbot dringlich ist, wird in der Baueinsprache vom 10. Januar 2011 nicht hinreichend dargetan. Es ist daher davon auszugehen, dass es den Beschwerdeführern mutmasslich nicht gelungen wäre, die Dringlichkeit der beantragten Massnahmen glaubhaft zu machen. Gleiches gilt im Übrigen in Anbetracht des in vorangehender E. 4.4.3 Ausgeführten betreffend das Glaubhaftmachen einer (befürchteten) Verletzung eines ihnen zustehenden Anspruchs.

Das Kantonsgericht auferlegte die Kosten vollumfänglich den Beschwerdeführern. Es würdigte die Kriterien der Gesuchsveranlassung und der Verursachung der Gegenstandslosigkeit indes nicht im dargestellten Sinn. Auch berücksichtigte es nicht,

dass sich die Beschwerdeführer 10 Tage nach Inkrafttreten des neuen Zivilprozessrechts aufgrund der noch fehlenden Praxis - wie unter bisherigem Recht - nach Art. 69 Abs. 5 BauG zur privatrechtlichen Baueinsprache auch unter der ZPO veranlasst sahen (vgl. Art. 107 Abs. 1 lit. b ZPO). Damit hat es Recht im Sinne von Art. 320 lit. a ZPO verletzt.

4.6. Soweit die Rechtsmittelinstanz die Beschwerde gutheisst, entscheidet sie neu, wenn die Sache spruchreif ist (Art. 327 Abs. 3 lit. b ZPO). Da keine weiteren Abklärungen notwendig sind, erweist sich die vorinstanzliche Kostenund Entschädigungsregelung als spruchreif.

Auf das Hauptbegehren war nicht einzutreten, was grundsätzlich zur Kostentragungspflicht der Beschwerdeführer führte (vorangehende E. 4.4.3). In Bezug auf die beantragten vorsorglichen Massnahmen erscheint es mit Blick auf die für die Kostenverteilung bei Gegenstandslosigkeit grundsätzlich gleichbedeutenden Kriterien und die Verfahrensveranlassung durch die noch unter altem Recht eröffnete Baubewilligung angebracht, die Prozesskosten beiden Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen und keine Parteientschädigung zuzusprechen. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände, insbesondere des Gewichts der Rechtsbegehren und der kurz vor der Gesuchseinreichung am 10. Januar 2011 erfolgten Änderung der Rechtslage, erscheint es angemessen, die Prozesskosten des vorinstanzlichen Verfahrens den Beschwerdeführern zu drei Vierteln und der Beschwerdegegnerin zu einem Viertel aufzuerlegen und mit dem von den Beschwerdeführern im vorinstanzlichen Verfahren geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen. Die Beschwerdegegnerin ist zu verpflichten, den Beschwerdeführern einen Viertel der vorinstanzlichen Gerichtskosten zu erstatten (vgl. Art. 111 ZPO). Die ermessensweise festgesetzte Parteientschädigung in Höhe von Fr. 2'000.- ist um die Hälfte zu reduzieren (vgl. zur Berechnung im Allgemeinen David Jenny, in: SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 3. A., Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 106 N. 9, S. 930; Rüegg/Rüegg, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilprozessordnung, 3. A., Basel 2017, Art. 106 N. 8, S. 682).

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