Zusammenfassung des Urteils IV 2016/322: Versicherungsgericht
Der Beschwerdeführer beantragte die Abgabe eines hochmodernen elektronischen Kniegelenks vom Typ `Genium` anstelle des bisherigen `C-Leg`. Nach einer ausführlichen Analyse des Falls und einer Anhörung von Experten entschied das Versicherungsgericht, dass der Beschwerdeführer tatsächlich Anspruch auf das `Genium`-Kniegelenk hat, da es seine Bedürfnisse besser erfüllt und eine angemessene Versorgung gewährleistet. Die Kosten für das Gerichtsverfahren und die Expertise wurden der unterliegenden Partei auferlegt, und dem Beschwerdeführer wurde eine angemessene Entschädigung zugesprochen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2016/322 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 17.12.2018 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 21 Abs. 2 IVG; Ziff. 1.01 Anh. HVI. Ein dem aktuellsten Stand der Technik entsprechendes elektronisches Kniegelenk kann nicht ohne Weiteres als eine „Luxusversorgung“ qualifiziert werden, sondern durchaus einfach und zweckmässig sein. Die Frage, ob eine Tarifvereinbarung mit einem Hilfsmittellieferanten besteht, hat mit dem (grundsätzlichen) Anspruch einer versicherten Person auf ein Hilfsmittel nichts zu tun (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 17. Dezember 2018, IV 2016/322). |
Schlagwörter : | „Genium; „Genium“; „C-; „C-Leg; Leg“; „C-Leg“; IV-act; Prothese; Versorgung; Hilfsmittel; Kniegelenk; Franken; IV-Stelle; Abgabe; Technik; Anspruch; Gelenk; Tarif; Verfügung; „Genium“-Gelenk; Abklärung; Oberschenkelprothese; Funktion |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 143 V 190; |
Kommentar: | -, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen, Art. 217 ff., 1993 |
Präsident Ralph Jöhl, Versicherungsrichterinnen Monika Gehrer-Hug und Karin HuberStuderus; Gerichtsschreiber Tobias Bolt
Geschäftsnr.
IV 2016/322
Parteien
A. ,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Jürg Gasche Bühler, Strassburgstrasse 10, 8004 Zürich,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
Gegenstand Hilfsmittel Sachverhalt A.
Im Oktober 1974 wurde bei A. eine osteo-myoplastische Oberschenkelamputation links durchgeführt (IV-act. 9). Die Ausgleichskasse sprach ihm am 19. Dezember 1974 unter anderem eine Rohrskelett-Oberschenkelprothese zu (IV-act. 10). Im Laufe der Jahre übernahm die Invalidenversicherung die Kosten für wiederholte Anpassungen der prothetischen Versorgung. Mit einer Mitteilung vom 24. April 2007 verlängerte die IV-Stelle ihre Kostengutsprache für eine prothetische Versorgung für die Zeit bis zum 31. Mai 2017 (IV-act. 201).
Im Mai 2007 liess der Versicherte erstmals eine Versorgung mittels eines Kniegelenk-Systems „C-Leg“ beantragen (IV-act. 202). Zur Begründung liess er anführen, dass es mit der konventionellen Prothese immer wieder zu teilweise folgeschweren Stürzen gekommen sei. Das Kniegelenk-System „C-Leg“ biete eine unvergleichlich höhere Sicherheit in allen Gangphasen. Die IV-Stelle wies dieses Begehren mit einer Verfügung vom 23. Oktober 2007 ab (IV-act. 211). Sie hielt fest, der Versicherte sei auch mit der konventionellen Prothese beruflich erfolgreich und rentenausschliessend eingegliedert. Das „C-Leg“ koste etwa dreimal so viel wie eine konventionelle Prothese und könne deshalb nicht als einfach und zweckmässig angesehen werden. Im Dezember 2007 liess der Versicherte eine Versorgung mit einer konventionellen Prothese in Verbindung mit einem „C-Walk-Fuss“ be¬antragen (IV-act. 212). Das Spital B. berichtete im August 2008 über immer wieder auftretende Stürze des Versicherten (IV-act. 224). Im September 2008 notierte Dr. med. C. vom IVinternen regionalen ärztlichen Dienst (RAD), die Versorgung mit einem „C-Walk-Fuss“
sei nicht einfach und zweckmässig (IV-act. 225). In der Folge wurde das Begehren um
eine Versorgung mit einem „C-Walk-Fuss“ zurückgezogen (IV-act. 227).
Im November 2011 beantragte die Internistin Dr. med. D. eine „Erneuerung einer ‚C-Leg‘-Prothese“ (IV-act. 228). Zur Begründung führte sie an, der Versicherte müsse an seinem Arbeitsplatz lange Wege zurücklegen und täglich mehrere Stockwerke via Treppe bewältigen. Mit einer „C-Leg“-Prothese könnte er wesentlich entlastet werden. Zudem könnte die Sturzgefahr reduziert werden. Im Übrigen leide der Versicherte mittlerweile an einer fortgeschrittenen Femoropatellararthrose rechts. Das arthrotische rechte Knie müsse durch eine optimale prothetische Versorgung entlastet werden. Im April 2012 teilte die IV-Stelle dem Versicherten mit, dass sich ihres Erachtens der Sachverhalt seit der abweisenden Verfügung vom 23. Oktober 2007 nicht wesentlich verändert habe, weshalb sie keine Veranlassung für eine Versorgung mit einer „C-Leg-Prothese“ sehe (IV-act. 234).
Am 31. März 2013 beantragte der Allgemeinmediziner Dr. med. E. die Abgabe eines elektronischen Modular-Prothesen-Kniegelenks „Genium“ (IV-act. 235). Zur Begründung führte er an, der Versicherte sei voll berufstätig, wobei er viel stehen, gehen und knien müsse. In der Freizeit betätige er sich handwerklich und sportlich (Tauchen, Reiten). Im Jahr 2012 sei er während der Arbeit zweimal gestürzt, einmal auf einer Treppe. Da die Prothese ihn beim Treppensteigen nicht unterstütze, müsse er Treppen hüpfend bewältigen. Im Stand sei die Prothese nicht stabil. Im rechten Knie habe sich eine Arthrose entwickelt. Aus medizinischer Sicht sei eine Entlastung des rechten Knies durch eine in sämtlichen Phasen stabile Prothese links unerlässlich. Der Versicherte habe die Prothese „Genium“ zehn Tage ausprobieren können. Danach habe er sich kaum mehr an das Gehen mit der konventionellen Prothese gewöhnen können. Auch ein Orthopädie-Techniker beantragte am 8. April 2013 die Abgabe einer Prothese vom Typ „Genium“ (IV-act. 237). Am 11. September 2013 nahm ein Orthopädie-Techniker der SAHB Stellung zum Leistungsbegehren (IV-act. 245). Er hielt fest, unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände könne mit einem elektronischen Kniegelenk eine Entlastung der vorhandenen gesundheitlichen Situation bewirkt werden. Der nun eingeschlagene Weg einer bestmöglichen Versorgung sei aber nicht korrekt, da durchaus Alternativen zum „Genium“-Gelenk existierten. In Frage komme insbesondere ein „C-Leg“. Die Zusprache eines „C-Leg“ sei aber nur nach einem
„Assessment“ zulässig. Ein solches sei bislang noch nicht durchgeführt worden. Die SAHB empfehle weitere Abklärungen zur Prüfung der Abgabe eines „C-Leg“ eines vergleichbaren elektronischen Kniegelenks. In der Folge forderte die IV-Stelle den Versicherten auf, eine Vergleichsofferte für ein „C-Leg“ erstellen zu lassen (IV-act. 246). Am 11. Juli 2014 ersuchte Dr. E. erneut um die Abgabe einer Prothese vom Typ
„Genium“ (IV-act. 257). Er reichte einen Bericht der Klinik F. vom 12. Juni 2014 ein (IV-act. 258). In diesem hatte der technische Orthopäde Dr. med. G. ausgeführt, mit einem konventionellen Kniegelenk werde der Versicherte nicht mehr im bisherigen Umfang arbeitstätig sein können. Mit einem „C-Leg“ werde die Einschränkung deutlich geringer sein, aber nur mit einem „Genium“ sei der Erhalt einer uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit möglich, denn der Versicherte arbeite teilweise auf Sand, auf Sandstrahlstaub sowie auf Böden mit einem weichen Untergrund und er verrichte manuelle Arbeiten. Dafür sei er auf ein hochleistungsfähiges computerassistiertes Kniegelenk angewiesen. Die IV-Stelle forderte die Klinik F. in der Folge auf, eine Vergleichsofferte für eine „C-Leg“-Prothese zu erstellen (IV-act. 259). Am 18. September 2014 antwortete die H. AG, sie werde keine Vergleichsofferte erstellen (IV-act. 263). Daraufhin erteilte die IV-Stelle der SAHB den Auftrag, nochmals Stellung zur Frage nach der Notwendigkeit einer Versorgung mit einer Prothese vom Typ
„Genium“ zu nehmen und eine Vergleichsberechnung für ein „C-Leg“ zu erstellen (IVact. 265). Am 1. Dezember 2014 teilte die SAHB mit (IV-act. 270), die Versorgung mit einem elektronischen Kniegelenk sei sinnvoll und legitim. Laut einer Auskunft des Bundesamtes für Sozialversicherungen bestehe aber kein Anspruch auf eine bestmögliche Versorgung. Gestützt auf die Erkenntnisse der letzten Abklärung vertrete die SAHB deshalb nach wie vor die Ansicht, dass die Versorgung mit einem „C-Leg“ ausreichend sei. Dieser Stellungnahme lag eine Vergleichsberechnung der Kosten für ein „C-Leg“ bei.
Mit einem Vorbescheid vom 9. Dezember 2014 teilte die IV-Stelle dem Versicherten mit (IV-act. 273), dass sie die Zusprache einer Oberschenkelprothese mit einem elektronischen Kniegelenk vom Typ „C-Leg“, „Reho“ „Pliée“ vorsehe. Die Mehrkosten für eine Prothese vom Typ „Genium“ könnten dagegen nicht übernommen werden. Dagegen liess der Versicherte am 29. Januar 2015 einwenden (IV-act. 274), der Sachverhalt sei ungenügend abgeklärt. Er beantrage eine vertiefte Abklärung der beruflichen Situation, die Einholung einer Stellungnahme des RAD zum Bericht von Dr.
G. sowie die Durchführung einer vergleichenden Ganganalyse. Die SAHB habe im September 2013 einen „Tendenzbericht“ abgeliefert. Bereits der entsprechende Auftrag der IV-Stelle an die SAHB sei tendenziös und suggestiv gewesen. Die SAHB habe ihren Auftrag ungenügend erfüllt. Der Bericht von Dr. G. sei nicht ausreichend gewürdigt worden. Der vorgesehene Entscheid verletze die Menschenwürde des Versicherten sowie das Gleichbehandlungsgebot und sei willkürlich. Mit einer Verfügung vom 11. Februar 2015 sprach die IV-Stelle dem Versicherten eine Oberschenkelprothese mit einem elektronischen Kniegelenk vom Typ „C-Leg“, „Reho“ „Pliée“ zu (IV-act. 275). Bezugnehmend auf die Einwände des Versicherten führte sie aus, die SAHB habe eine eingehende Abklärung am Wohnort und an den Arbeitsplätzen des Versicherten durchgeführt. Eine Prothese vom Typ „C-Leg“ decke alle üblichen Gehansprüche ab, die sich im Alltag des Versicherten stellten. Es bestehe kein Anspruch auf die bestmögliche Versorgung. Das „Genium“-Gelenk sei im SVOT-
Tarif nicht enthalten. Dagegen liess der Versicherte am 18. März 2015 eine Beschwerde erheben (IV-act. 281). Am 22. Mai 2015 forderte die IV-Stelle die SAHB auf, diverse Fragen zu beantworten (IV-act. 298). Die SAHB hielt in einer fachtechnischen Beurteilung vom 19. August 2015 fest (IV-act. 300), der Versicherte habe sich angesichts des hängigen Beschwerdeverfahrens geweigert, weitere Auskünfte zu erteilen. Trotzdem könnten die Fragen der IV-Stelle beantwortet werden. Die SAHB habe sich an die Weisungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen sowie an die Vorgaben des KHMI und der HVI gehalten. Beim „Genium“-Kniegelenk handle es sich um eine nicht tarifierte Leistung, die gemäss dem Art. 9 des „Tarifvertrages“ nur vergütet werden könne, wenn die Honorierung mit dem Versicherer vereinbart worden sei. Eine solche Vereinbarung existiere aber nicht. Der Versicherte sei zudem sicherlich in der Lage, seine Tätigkeit in der Qualitätskontrolle, die er in einem Vollpensum ausübe, mit einem „C-Leg“ zu verrichten. Zwar habe die SAHB den Betrieb nicht besichtigt, aber der Versicherte habe die Verhältnisse genau beschrieben. Auch Dr.
G. habe sich nur auf die Schilderungen des Versicherten gestützt. Das „C-Leg“ sei mit einem ausreichenden Schutz vor Wasser versehen, weshalb aus dem Umstand, dass der Versicherte bei seinen Tätigkeiten Wasser ausgesetzt sei, keine Notwendigkeit für die Abgabe eines „Genium“-Gelenks abgeleitet werden könne. Angesichts des intensiven Engagements des Versicherten in verschiedenen Bereichen sei dieser auf eine Versorgung mit einem Kniegelenk der Mobilitätsklasse drei
angewiesen. Diese Anforderung werde vom „C-Leg“ erfüllt. Das Bundesamt für Sozialversicherung habe auf eine Anfrage der SAHB hin mitgeteilt, dass es die Finanzierung eines „Genium“-Gelenks nicht befürworte. Der Wunsch des Versicherten sei nachvollziehbar, aber eine entsprechende Kostengutsprache durch die Invalidenversicherung könne nicht befürwortet werden.
Mit einer Verfügung vom 21. August 2015 widerrief die IV-Stelle ihre Verfügung vom 11. Februar 2015, um weitere Abklärungen zu tätigen (IV-act. 304), da sie offenbar befürchtete, die SAHB werde noch einige Zeit benötigen, um die Anfrage vom 22. Mai 2015 zu beantworten (vgl. IV-act. 306-2). In der Folge liess sie einen aktuellen Auszug aus dem individuellen Beitragskonto (sog. IK) erstellen und sie forderte den Versicherten auf, aktuelle Buchhaltungsunterlagen betreffend seine selbständige Nebenerwerbstätigkeit einzureichen (vgl. IV-act. 307 f.). Am 22. Oktober 2015 beauftragte sie erneut die SAHB mit einer umfassenden Abklärung vor Ort unter Berücksichtigung sämtlicher Tätigkeiten des Versicherten (IV-act. 320). Am 9. März 2016 berichtete die SAHB (IV-act. 336), der Ver¬sicherte lege täglich eine Gehstrecke von etwa vier bis fünf Kilometern zurück. In seiner Haupttätigkeit verbringe er nicht einmal die Hälfte der Zeit sitzend. Als selbständiger Restaurator bewege er Einzelstücke mit einem Gewicht von bis zu 50 Kilogramm. Teilweise arbeite er im Nassbereich. Die Taucharbeiten hätten zwischenzeitlich stark abgenommen. Die Tauchgänge fänden jeweils ohne die Prothese statt. Zusätzlich arbeite der Versicherte als Hausmeister in einem Reitstall. In seiner Freizeit fahre er Kanu. Angesichts dieser hohen Mobilitätsanforderungen werde die Abgabe einer elektronischen Knieprothese immer noch als sinnvoll erachtet. Es bestehe aber kein Anspruch auf die bestmögliche Versorgung. Auf eine telefonische Anfrage der IV-Stelle hin teilte der OrthopädieTechniker der SAHB am 22. März 2016 mit, das „C-Leg“ (Version 4) entspreche dem heutigen Standard (IV-act. 337).
Mit einem Vorbescheid vom 17. Mai 2016 teilte die IV-Stelle dem Versicherten mit,
dass sie ihm eine Oberschenkelprothese mit einem elektronischen Kniegelenk vom Typ
„C-Leg“, „Reho“ „Pliée“ zusprechen werde (IV-act. 344). Dagegen liess der Versicherte am 17. Juni 2016 und am 18. Juli 2016 einwenden (IV-act. 345 und 348), mit einer solchen Prothese sei sein Hilfsmittelanspruch nicht hinreichend befriedigt. Er beantrage eine Prothese mit einem Kniegelenk vom Typ „Genium“ und eventualiter
weitere Abklärungen bezüglich der Besonderheiten des Arbeitsplatzes und der Freizeitbeschäftigung sowie die Durchführung eines differenzierten Kostenvergleichs. Mit einer Verfügung vom 19. August 2016 sprach ihm die IV-Stelle eine Oberschenkelprothese mit einem elektronischen Kniegelenk vom Typ „C-Leg“, „Reho“ „Pliée“ zu (IV-act. 349).
B.
Am 22. September 2016 liess der Versicherte (nachfolgend: der Beschwerdeführer) eine Beschwerde gegen die Verfügung vom 19. August 2016 erheben (act. G 1). Sein Rechtsvertreter beantragte die Versorgung mit einem Kniegelenk vom Typ „Genium X3“ und eventualiter die Rückweisung der Sache zu weiteren Abklärungen an die IV-Stelle (nachfolgend: die Beschwerdegegnerin), insbesondere zur Durchführung einer vergleichenden Ganganalyse mit einem „C-Leg“ und einem „Genium X3“. Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, der Beschwerdeführer könne nur mit einem „Genium X3“ angemessen eingegliedert werden. Durch die bisherige „Unterversorgung“ seien bereits Gesundheitsschäden
verursacht worden. Die Beschwerdegegnerin habe den massgebenden Sachverhalt nur rudimentär und ungenügend abgeklärt.
Die Beschwerdegegnerin beantragte am 12. Dezember 2016 die Abweisung der Beschwerde (act. G 6). Zur Begründung führte sie aus, der Sachverhalt sei entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers umfassend ermittelt worden. Die Abklärungen hätten ergeben, dass der Beschwerdeführer seine Haupterwerbstätigkeit, bei der er
„ein nicht unerhebliches Einkommen“ erziele, mit einem „C-Leg“ uneingeschränkt ausüben könne. Es wäre nicht verhältnismässig, dem Beschwerdeführer die über ein Vollpensum hinausgehenden Erwerbsmöglichkeiten und Freizeitaktivitäten zu finanzieren. Zudem bestehe kein Anspruch auf eine bestmögliche Versorgung. Gemäss der Ziff. 1.01 Anh. HVI könnten Fussund Beinprothesen schliesslich ohnehin nur gemäss dem Tarifvertrag mit dem Schweizerischen Verband der Orthopädie-Techniker (SVOT) vergütet werden, der aber keine Vergütung eines Kniegelenks vom Typ
„Genium“ vorsehe.
Der Beschwerdeführer liess am 30. Januar 2017 an seinen Anträgen festhalten
(act. G 9). Die Beschwerdegegnerin verzichtete auf eine Duplik (act. G 11).
Am 24. September 2018 teilte das Versicherungsgericht den Parteien mit (act. G 25), dass es vorsehe, einen Orthopädietechniker mündlich zu den Unterschieden der in Frage kommenden Kniegelenksprothesen zu befragen. Zudem werde das Gericht sich im Sinne eines Augenscheins den Gebrauch der Prothese durch den Beschwerdeführer demonstrieren lassen. Die Beweisabnahme fand am 29. November 2018 statt. Der Beschwerdeführer gab dabei an, das „C-Leg“ sei ihm vor etwa einem Jahr zugesprochen worden, nämlich im Oktober 2017. Seit gestern trage er allerdings ein
„Genium“. Auf eine entsprechende Aufforderung des Gerichts hin ging er im Gerichtssaal mehrmals auf und ab. Das Gangbild war bis auf ein leichtes Hinken normal. Der Beschwerdeführer hielt fest, das Gehen mit dem „Genium“-Gelenk sei viel weniger ermüdend. Der Unterschied sei vor allem stark spürbar, wenn er auf dem Reithof arbeite wenn er in seinem Hauptberuf Dinge tragen müsse, was oft vorkomme. Generell trage er die Prothese jeden Tag von 6.30 Uhr bis 22 Uhr. Die Prothese sei zwar unbequem, aber für die Fortbewegung notwendig. Das Anund Ausziehen dauere einige Zeit, weshalb er die Prothese tagsüber nicht ausziehe. Sein rechtes Knie sei mittlerweile ein „Totalschaden“. Er habe seine Werkstatt komplett umrüsten und insbesondere mit Hebetischen und Seilzügen ausstatten müssen. Der Orthopädietechniker I. führte aus, der Gang mit dem „Genium“ sei natürlicher und weniger „hart“, weil das Gelenk dafür sorge, dass man mit einem leichten Winkel (4 Grad) auftrete, während man mit einem „C-Leg“ ohne einen Winkel und folglich entsprechend „platt“ auftrete. Hauptverantwortlich für den Unterschied sei ein Sensor, der durch ein Rohr in der Nähe des Fusses angebracht werden könne. An sich würde das „Genium“-Gelenk ein wechselschrittiges Treppensteigen ermöglichen, aber der Stumpf des Beschwerdeführers sei dafür zu kurz; es fehle die Kraft, um das Bein entsprechend hoch zu heben. Dank des Fussensors könne man mit dem „Genium“ besser auf einem schiefen unebenen Grund, zum Beispiel auf Pflastersteinen, gehen. Wenn man ein, zwei Sekunden still stehe, versteife sich das Gelenk automatisch, was die Standsicherheit erheblich erhöhe. Zudem verfüge das „Genium“ über die Funktion „walk to run“ respektive über einen „Fluchtmodus“, der eine rasche Änderung des Schrittempos ermögliche. Das sei beispielsweise hilfreich, wenn man sich am Bahnhof in einer grösseren Menschenmenge bewege und das (sich teilweise wechselnde) Tempo der Mitmenschen mithalten müsse. Ohne diese Funktion müsse man auf die Seite gehen und warten, bis man Platz habe, um im eigenen Tempo gehen
zu können. Das „Genium“ verfüge über eine OPG-Funktion („optimierter physiologischer Gang“). Das bedeute, dass der natürliche Gang so nachgebildet werde, dass man sich nicht auf das Gehen konzentrieren müsse. Ein Kunde habe das einmal als „gratis laufe“ bezeichnet: Man habe den Kopf frei für andere Dinge, was gerade dann von Vorteil sei, wenn man beispielsweise Dinge tragen müsse. Insgesamt sei die Belastung beim Gehen geringer und es träten viel weniger Stürze auf. Ein „C- Leg“ reiche eigentlich für viele Fälle aus, gerade wenn man eher weniger aktiv sei. Das
„Genium“ sei aber für viele Berufe zweckmässig, zum Beispiel für Geometer, weil das Gehen weniger Konzentration erfordere. Sowohl das „C-Leg“ als auch das „Genium“ erfüllten die Ansprüche der Mobilitätsstufen drei und vier (uneingeschränkter Aussenbereichsgeher beziehungsweise uneingeschränkter Aussenbereichsgeher mit besonders hohen Funktionsansprüchen), aber das „Genium“ könne auch für die Mobilitätsstufe zwei (eingeschränkter Aussenbereichsgeher) also schon kurze Zeit nach einer Amputation eingesetzt werden, weil das Gehen damit einfacher und natürlicher sei. Das „C-Leg“ sei seit etwa 20 Jahren, das „Genium“ seit etwa fünf, sechs Jahren auf dem Markt. Die Akkulaufzeit des „Geniums“ sei deutlich länger als jene des „C-Leg“. Das „Genium“ sei keine Luxuslösung, sondern einfach der Ausdruck des technischen Fortschritts. Bei Prothesen gebe es ohnehin keine Luxuslösungen, denn auch die beste Prothese stelle keinen vollwertigen Ersatz für ein verlorenes Kniegelenk dar. Ein „C-Leg“ koste 17’400 Franken, ein „Genium“ 32’500 Franken. Vom
„C-Leg“ gebe es keine wassergeschützte Variante; das „Genium X3“ entspreche einem
„Genium“, sei aber wassergeschützt aufgebaut, sodass man damit im Wasser stehen könne. Ein „Genium X3“ koste 40’500 Franken. Beim „C-Leg“ und beim „Genium“ müsse alle zwei Jahre ein Service durchgeführt werden, der beim „C-Leg“ 2’000-4’000 Franken und beim „Genium“ 6’000 Franken koste. Beim „Genium X3“ müsse jedes Jahr ein Service für 6’000 Franken durchgeführt werden.
Erwägungen
1.
Eine versicherte Person hat gemäss dem Art. 21 Abs. 1 IVG im Rahmen einer vom Bundesrat aufgestellten Liste (vgl. Art. 14 IVV und Anh. HVI) einen Anspruch auf jene Hilfsmittel, die sie für die Ausübung der Erwerbstätigkeit, zur Erhaltung oder
Verbesserung der Erwerbsfähigkeit, für die Schulung, für die Ausund Weiterbildung zum Zweck der funktionellen Angewöhnung benötigt. Darüber hinaus besteht gemäss dem Art. 21 Abs. 2 IVG auch ein Anspruch auf jene Hilfsmittel, die eine versicherte Person infolge ihrer Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt für die Selbstsorge benötigt. Der Verordnungsgeber hat jene Hilfsmittel, auf die nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 1 IVG ein Anspruch besteht, das heisst die erwerblich eingliederungsrelevanten Hilfsmittel, mit einem Asterisk versehen (vgl. Art. 2 Abs. 2 HVI). Die nicht mit einem solchen Asterisk versehenen Hilfsmittel werden unabhängig von ihrer erwerblichen Eingliederungswirksamkeit abgegeben, wenn die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 IVG erfüllt sind. Gemäss der Ziff. 1.01 Anh. HVI besteht - unabhängig von der erwerblichen Eingliederungswirksamkeit (kein Asterisk) ein Anspruch auf definitive funktionelle Fussund Beinprothesen, wobei die Vergütung gemäss dem SVOTTarifvertrag zu erfolgen hat. Auf diese Tarifklausel wird in der E. 2 eingegangen.
Aufgrund der Akten steht zweifelsfrei fest, dass der Beschwerdeführer für die Fortbewegung auf eine Oberschenkelprothese mit einem elektronischen Kniegelenk angewiesen ist. Auch zwischen den Parteien ist unbestritten, dass die bisherige Versorgung ohne ein elektronisches Kniegelenk ungenügend ist. Der Orthopädietechniker I. hat das anlässlich der Sachverständigenbefragung ebenfalls nochmals anschaulich begründet. Offenbar haben das „C-Leg“ sowie die entsprechenden Konkurrenzprodukte über Jahre hinweg dem Stand der Technik entsprochen, bevor diese Modelle dann vom „Genium“ als dem neuen Stand der Technik überholt worden sind. Das widerspiegelt sich auch in den Leistungsbegehren des Beschwerdeführers, der zunächst mehrmals um die Abgabe eines „C-Leg“ und dann im Jahr 2013 erstmals um die Abgabe eines „Genium“ ersucht hat. Die Praxis der Invalidenversicherung scheint der technischen Entwicklung mit einer Verzögerung von jeweils einer Evolutionsstufe „hinterherzuhinken“, denn solange das „C-Leg“ dem
Stand der Technik entsprochen hatte, wurden offenbar nur nicht-elektronische Gelenke abgegeben, aber sobald das „C-Leg“ technisch überholt war, wurde es dann in den Leistungskatalog aufgenommen, während die Abgabe des dann aktuellen Gelenks - nämlich des „Genium“ - (wiederum) prinzipiell verweigert wurde. Möglicherweise ist die Ur¬sache für dieses „Hinterherhinken“ im Umstand zu erblicken, dass es für gewöhnlich eine gewisse Zeit dauert, bis die bürokratischen Prozesse - die Evaluation
der neuen Möglichkeiten, die Abänderung von Tarifverträgen etc. eine Versorgung gemäss dem vorher noch aktuellen, inzwischen aber bereits überholten Stand der Technik erlauben. Die Geschichte der prothetischen Versorgung des Beschwerdeführers lässt aber eher vermuten, dass die Sozialversicherung bewusst dem Stand der Technik mit der Begründung „hinterherhinkt“, dass das IVG nur die Abgabe von einfachen, zweckmässigen Hilfsmitteln und nicht eine bestmögliche Versorgung erlaube. Dieser Grundsatz ist zwar an sich gesetzmässig, aber die Gleichsetzung des „aktuellen Standes der Technik“ mit einer „Luxusversorgung“ (bzw. von „vorletztem Stand der Technik“ mit „einfach und zweckmässig“) beruht auf einem Auslegungsfehler. Die Abgrenzung zwischen „einfach und zweckmässig“ und „luxuriös (respektive „bestmöglich“) hat nämlich nichts mit dem Stand der Technik zu tun, sondern bezieht sich vielmehr auf das Verhältnis zwischen dem Funktionsumfang und dem Eingliederungszweck, den das Hilfsmittel verfolgt. Mit der Beschränkung des Hilfsmittelanspruchs auf eine einfache und zweckmässige Versorgung soll sichergestellt werden, dass nur die Kosten jener Hilfsmittel vergütet werden, deren Funktionsumfang genügt, um den Eingliederungszweck des Hilfsmittels zu erfüllen. Eine unzulässige „Luxusversorgung“ liegt also vor, wenn ein kostspieligeres Hilfsmittel im Hinblick auf die Kompensation der ausgefallenen Körperfunktion (beziehungsweise im Hinblick auf die Erfüllung des Eingliederungszwecks) nicht mehr leistet als ein günstigeres Hilfsmittel, seine Funktion aber viel angenehmer, bequemer sonstwie
„luxuriöser“ erfüllt aber über zusätzliche Funktionen verfügt, die für die Erfüllung des Eingliederungszwecks irrelevant sind. Nur wenn man davon ausgehen müsste, dass sich ein technischer Fortschritt bezüglich eines Hilfsmittels generell nicht auf den Eingliederungszweck, sondern auf Zusatzfunktionen sonstige „luxuriöse“ Annehmlichkeiten auswirken würde, könnte (der Beschwerdegegnerin folgend) eine Verknüpfung zwischen dem Stand der Technik und der Abgrenzung zwischen „einfach und zweckmässig“ und „luxuriös“ hergestellt werden. Eine solche generelle Annahme ist aber offensichtlich unhaltbar, denn in den meisten Fällen zielt ein technischer Fortschritt bezüglich eines Hilfsmittels auf eine bessere Erfüllung des Eingliederungszwecks ab. Wenn man überhaupt eine generelle Regel aufstellen könnte, dann müsste diese also nicht „aktueller Stand der Technik = Luxusversorgung“, sondern „aktueller Stand der Technik = am zweckmässigsten“ lauten. Jedenfalls kann die gesetzliche Einschränkung, wonach ein Hilfsmittel einfach und zweckmässig sein
muss, der Abgabe eines dem aktuellen Stand der Technik entsprechenden Hilfsmittels definitionsgemäss nicht entgegenstehen, wenn dieses den Versorgungszweck besser erfüllt. Aus den Angaben des Orthopädietechnikers I. geht hervor, dass die beiden elektronischen Kniegelenke grundsätzlich denselben Funktionsumfang aufweisen. Allerdings „arbeitet“ das „Genium“ offenbar wesentlich präziser und „natürlicher“. Es erfüllt den vom Hilfsmittel angestrebten Zweck also deutlich besser als das (veraltete)
„C-Leg“. Darinist nicht etwa ein - nicht von der Invalidenversicherung zu vergütender besonderer„Luxus“, sondern vielmehr eine wesentlich bessere Eignung des „Genium“ zu erblicken, das ureigenste Ziel der prothetischen Versorgung, nämlich die Kompensation der nicht mehr vorhandenen Körperfunktion, zu erreichen. Entgegen der offenbar von der Beschwerdegegnerin vertretenen Ansicht schliesst der Umstand, dass das „Genium“ im Verfügungszeitpunkt dem aktuellen Stand der Technik von elektronischen Kniegelenken entsprochen hat, die Abgabe einer entsprechenden Prothese also nicht aus. Den Berichten der SAHB und dem Bericht von Dr. G. lässt sich entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit dem „Genium“ in allen Lebensbereichen wesentlich mobiler als mit dem „C-Leg“ ist. Das „Genium“ erfüllt den Zweck einer Oberschenkelprothese mit einem elektronischen Kniegelenk also klar besser als das „C-Leg“, das heisst es ist deutlich wirksamer. Ausserdem dürfte eine Versorgung mit einem „Genium“ eher als eine Versorgung mit einem „C-Leg“ geeignet sein, die weitere Verschlechterung des Zustandes des rechten Knies des Beschwerdeführers zu verlangsamen. Das Bundesgericht hat in seinem Leitentscheid BGE 143 V 190 darauf hingewiesen, dass sich die Invalidenversicherung nicht der fortlaufenden Entwicklung im Bereich der technisch-orthopädischen Versorgungsmöglichkeiten verschliessen dürfe (E. 7.3.2). Es hat im selben Entscheid die Abgabe eines „Genium“-Gelenks zwar aus nicht nachvollziehbaren Gründen von
der beruflichen Eingliederungswirksamkeit abhängig gemacht, obwohl es sich gerade nicht um ein Hilfsmittel im Sinne des Art. 21 Abs. 1 IVG, sondern um ein solches im Sinne des Art. 21 Abs. 2 IVG handelt. Aber auch wenn man der Sichtweise des Bundesgerichtes folgen würde, wären die Voraussetzungen für die Abgabe eines
„Genium“-Gelenks vorliegend erfüllt, denn der Beschwerdeführer muss in seinem Hauptberuf jeden Arbeitstag weite Wege (vier bis fünf Kilometer pro Tag) zurücklegen und mehrere Treppen überwinden, wobei er häufig (teils wertvolle) Gegenstände tragen muss. Es liegt also ein dem BGE 143 V 190 zugrunde liegenden Sachverhalt
vergleichbarer Sachverhalt vor, was es auch in Anwendung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung rechtfertigen würde, dem Beschwerdeführer ein
„Genium“-Gelenk zuzusprechen.
Der Kostenunterschied zwischen einem „C-Leg“ und einem „Genium“ ist mittlerweile nicht mehr so gross wie zunächst angenommen: Das „Genium“ kostet
„nur“ knapp 15’000 Franken mehr als das „C-Leg“. Auf die Dauer fällt zwar auch der teurere Service (ca. 2’000-4’000 Franken pro zwei Jahre) ins Gewicht, aber selbst unter Berücksichtigung dieser Mehrkosten erweist sich die Abgabe des wesentlich besser wirksamen „Genium“ als verhältnismässig. Angesichts des Umstandes, dass das Bundesgericht beispielsweise Kosten von mindestens 140’000 Franken für die Implantation von vier Marknägeln bei einer 1,42 Meter kleinen Versicherten ohne Beschwerden als verhältnismässig qualifiziert hat, obwohl damit maximal ein Längenzuwachs von zehn Zentimetern hat erreicht werden können (vgl. das Urteil des Bundesgerichtes 8C_664/2014 vom 21. Mai 2015 und den durch dieses aufgehobenen Entscheid IV 2012/261 des St. Galler Versicherungsgerichtes vom 1. Juli 2014), müssen die Mehrkosten für das „Genium“ als verhältnismässig und der von der entsprechend gezielteren Versorgung zu erwartende Erfolg zweifellos als wesentlich bezeichnet werden. Die Verhältnismässigkeit der Abgabe eines „Genium“, mit dem der Beschwerdeführer über Jahre hinweg wesentlich mobiler und standfester sein wird, ist ohne Weiteres zu bejahen. Zusammenfassend hat der Beschwerdeführer also einen Anspruch auf die Abgabe eines „Genium“. Anders verhält es sich in Bezug auf das
„Genium X3“, dessen Anschaffung nochmals etwa 8’000 Franken teurer wäre und das alle zwei Jahre Mehrkosten von 6’000 Franken verursachen würde, weil es jedes Jahr statt nur jedes zweite Jahr einem Service unterzogen werden müsste. Diese nicht unerheblichen Mehrkosten werden durch den einzigen, als unwesentlich zu qualifizierenden Vorteil - die Möglichkeit, im Wasser zu stehen beziehungsweise zu waten zu schwimmen - nicht aufgewogen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass auch das „Genium“ spritzwasserfestist. Der Anspruch des Beschwerdeführers beschränkt sich also auf ein (gewöhnliches) „Genium“.
2.
Die Prothesenpassteilliste zum SVOT-Tarifvertrag beinhaltet sowohl das „C-Leg“ als auch das „C-Leg 4“, nicht aber das „Genium“. Bei letzterem handelt es sich also um eine nicht tarifierte Leistung. Gemäss dem Art. 8 Abs. 9 des SVOT-Tarifvertrages werden Leistungen, die nicht im Tarif enthalten sind, nur dann vergütet, wenn sie vorgängig mit dem zuständigen Versicherer vereinbart worden sind. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass kein Anspruch auf ein „Genium“ bestehen könne, solange dessen Vergütung noch nicht vereinbart worden sei. Die Frage nach dem Tarif respektive nach der Vergütung betrifft nämlich nicht das (öffentlich-rechtliche) Verhältnis zwischen dem Versicherungsträger und der versicherten Person, sondern das (privatrechtliche) Verhältnis zwischen dem Versicherungsträger und dem Hilfsmittellieferanten. Das Fehlen einer Tarifvereinbarung kann sich folglich nicht auf
den Anspruch einer versicherten Person auf ein bestimmtes Hilfsmittel auswirken, denn dieser Anspruch besteht unabhängig davon, nach welchen Kriterien der Versicherungsträger den Hilfsmittellieferanten bezahlt. Sobald einmal ein Anspruch auf eine nicht tarifierte Leistung bejaht worden ist, bleibt dem Versicherungsträger nichts anderes übrig, als sich mit dem den zuständigen Hilfsmittellieferanten bezüglich der Vergütung der Kosten für das entsprechende Hilfsmittel zu einigen. Aus der in der Ziff. 1.01 Anh. HVI enthaltenen Klausel, wonach die Vergütung gemäss dem SVOTTarifvertrag zu erfolgen habe, kann also nicht abgeleitet werden, ein nicht tarifiertes Hilfsmittel dürfe a priori gar nicht abgegeben werden. Eine solche Interpretation der HVI wäre offensichtlich gesetzwidrig. Die Beschwerdegegnerin deren Aufsichtsbehörde wird sich also betreffend die Vergütung des „Genium“ mit dem SVOT mit dem spezifischen Leistungserbringer zu einigen haben. Diese rein privatrechtliche Frage gehört allerdings nicht zum Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.
3.
Die angefochtene Verfügung erweist sich zusammenfassend als rechtswidrig. Sie ist aufzuheben und dem Beschwerdeführer ist eine Oberschenkelprothese mit einem elektronischen Kniegelenk „Genium“ zuzusprechen. Die Gerichtskosten von 600 Franken sind der unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. Diese hat auch die Kosten für die Expertise durch den Orthopädietechniker I. von 743.15 Franken zu bezahlen. Dem Beschwerdeführer wird der von ihm geleistete Kostenvorschuss
zurückerstattet. Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten. Angesichts des Umstandes, dass sich das Verfahren auf eine isolierte Rechtsfrage beschränkt hat, für die nur verhältnismässig wenig Akten massgebend gewesen sind, ist der erforderliche Vertretungsaufwand an sich als deutlich unterdurchschnittlich zu qualifizieren. Für die Beweisabnahme durch das Gericht ist allerdings ein relevanter Mehraufwand entstanden, der es rechtfertigt, von einem insgesamt durchschnittlichen Vertretungsaufwand auszugehen. Die Parteientschädigung wird deshalb praxisgemäss auf 3’500 Franken (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) festgesetzt.
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
In Gutheissung der Beschwerde wird die angefochtene Verfügung vom 19. August 2016 aufgehoben und dem Beschwerdeführer wird eine Oberschenkelprothese mit einem elektronischen Kniegelenk „Genium“ zugesprochen.
2.
Die Beschwerdegegnerin hat die Gerichtskosten von 600 Franken zu bezahlen; dem Beschwerdeführer wird der von ihm geleistete Kostenvorschuss von 600 Franken zurückerstattet.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat die amtlichen Kosten von 743.15 Franken zu bezahlen.
4.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer mit 3’500 Franken zu
entschädigen.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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