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Urteil Handelsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:HG.1999.54 und HG.1999.55
Instanz:Handelsgericht
Abteilung:Handelsgericht
Handelsgericht Entscheid HG.1999.54 und HG.1999.55 vom 25.02.2005 (SG)
Datum:25.02.2005
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 41, 754 und 755 OR (SR 220). Aktienrechtliche Verantwortlichkeit, direkter Gläubigerschaden (Handelsgericht, 25. Februar 2005, HG.1999.54 und HG.1999.55).
Schlagwörter : " Verkauf; Kläg; Kläg; Versicherung; Klagten; -HGK:; Beklagten; Verkaufsgespräch; Produkt; Sorbarix; Kissen; Versicherungen; Preis; Vertrag; Beweis; Depositär; Vertrags; Geschäft; Aussage; Wasser; Gespräche; Recht; Aussagen; Kunde; Kunden; Verkaufsgespräche; Verkäufe; Verkäufer
Rechtsnorm: Art. 146 OR ; Art. 146 StGB ; Art. 41 OR ; Art. 426 OR ; Art. 450 OR ; Art. 55 ZGB ; Art. 60 OR ; Art. 716b OR ; Art. 754 OR ; Art. 760 OR ;
Referenz BGE:111 II 480; 117 II 432; 117 II 570; 119 IV 35; 122 III 176; 122 III 191; 122 III 192; 122 III 194; 124 III 418; 125 III 86; 126 IV 171; 127 III 377; 128 III 29; 128 IV 20; 72 IV 128; 72 IV 65; 74 IV 152;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
Art. 41, 754 und 755 OR (SR 220). Aktienrechtliche Verantwortlichkeit, direkter Gläubigerschaden (Handelsgericht, 25. Februar 2005, HG.1999.54 und HG.1999.55).

Auszug aus den Erwägungen: (...)

2. Sachverhalt und Parteivorbringen

Die A. AG (...) wurde am 6. November 1992 von B., C. (Sohn des Beklagten 1), D. (Beklagter 4) und E. mit je einem Viertel Aktienkapitalanteil (Fr. 100'000) gegründet (kläg. act. 905; kläg. act. 935, Art. 3). Nach der Überschuldungsanzeige durch den Verwaltungsrat vom 22. August 1997 wurde über die A. AG am 29. September 1997 der Konkurs eröffnet.

Ihren Gesellschaftszweck gab die A. AG in den Statuten wie folgt an (kläg. act. 935, Art. 2; Einschübe hinzugefügt):

"Die Gesellschaft bezweckt die Herstellung und den Vertrieb von Produkten aller Art, insbesondere von alternativ-medizinischen Gesundheitsprodukten [insb. Autoluftfilter]

sowie von Produkten aus dem Bereich der Umwelttechnologie [insb. Wasser- und Ölschutzkissen].

Die Gesellschaft ist berechtigt, alle Geschäfte zu tätigen, die direkt oder indirekt mit diesem Zweck in Zusammenhang stehen oder geeignet sind, diesen zu fördern. Insbesondere kann sie auch Patente und Lizenzen erwerben und veräussern (..)".

Für vorliegendes Verfahren ist im Wesentlichen nur der Verkauf von Wasserschutzkissen relevant. Die Ebiox AG hat das "Sorbarix A20" Wasserschutzkissen mit der Schlauchweberei Ettiswil AG zur Wasserabsorption entwickelt und auf dem Markt eingeführt. Bis Ende 1991 hatte die Schlauchweberei Ettiswil für das Produkt die Generalvertretung und hatte nach eigenen Angaben noch Vorrat am Produkt bis Ende 1995 (kläg. act. 949.2). Mit Kaufvertrag vom 21. Juli 1993 verkaufte die Ebiox AG der A. AG neben ihrem gesamten damaligen Lagerbestand an Sorbarix A20 auch die Patente und Marken auf genanntem Produkt sowie den mit der Markteinführung geschaffenen Goodwill für Fr. 593'000.-- (kläg. act. 939.7).

Beim Sorbarix A20 Wasserschutzkissen handelt es sich um ein mit einem wasserabsorbierenden Pulver bzw. Gewebe gefülltes Kissen, das innert kurzer Zeit ca. 20 Liter Wasser absorbieren kann und das auch heute für bestimmte Einsätze v.a. von Feuerwehren benutzt wird.

  1. Der Beklagte 1 war im Gründungszeitpunkt einziger Verwaltungsrat der A. AG (mit einer Namenaktie; kläg. act. 904). Gemäss Art. 2 und 3 des Reglements der Geschäftsleitung der A. AG vom 6. November 1992 wurde die Geschäftsleitung von der Gründung bis mindestens zum 3. März 1993 mit gleichem Mitspracherecht an B., C., D. und E. übertragen (kläg. act. 902 Art. 2 f.; kläg. act. 938, Art. 2 f.). In Art. 4 dieses Reglements ist ferner festgehalten, dass (unter Vorbehalt der jederzeitigen Abänderung; vgl. Art. 10 des Reglements) "alle wichtigen unternehmenspolitischen Entscheide (z.B. Produktepalette, Preispolitik, Marketingstrategie, Regelung der Arbeitsverhältnisse zwischen der A. AG und den Mitgliedern der Geschäftsleitung, Spesenansätze, usw.)" durch Aktienmehrheitsentscheid getroffen würden. Mit Reglement vom 23. Dezember 1992 übertrug der Beklagte 1 die Geschäftsführung - in Abänderung der Art. 2 und 3 des vorhergehenden Reglements (kläg. act. 902) - mit

    sofortiger Wirkung "bis auf weiteres" auf E. als einzigem Mitglied (kläg. act. 903, Art. 7). Doch hatte die Geschäftsleitung die Meinungen der übrigen Aktionäre einzuholen und sich einer zustimmenden Mehrheit der Aktienstimmen zu versichern (kläg. act. 903, Art. 2 f.). Per 26. Februar 1993 schied B. sowohl als Aktionär, wie auch als Angestellter aus der A. AG aus. Seine Anteile wurden von den übrigen Aktionären zu gleichen Teilen übernommen (kläg. act. 934.1). Im Juli 1994 wurden die Aktien der A. AG dann auf die neu gegründete F. AG übertragen; die bisherigen Aktionäre der A. AG wurden Aktionäre der F. AG (kläg. act. 954.1 Ziff. 5; kläg.act. 944, Ziff. 6). An der Generalversammlung vom 14. Juli 1994 wurde die Beklagte 5 (...) neu zur Revisionsstelle gewählt (kläg. act. 944, Ziff. 5.2). Sie amtete für die Jahresrechnungen 1994 (kläg. act. 942; nicht bei den Akten) und 1995 (kläg. act. 952) - also im Frühjahr/ Sommer 1995 und 1996 - als Revisionsstelle der A. AG Per Ende 1994 trat C. als Angestellter aus der A. AG aus (kläg. act. 954.2, Ziff. 7). Per 1. Januar 1995 wurden die Beklagten 2 und 3 als neue Verwaltungsräte mandatiert (kläg. act. 947, 956) und mit Generalversammlungsbeschluss vom 27. Januar 1995 in den Verwaltungsrat der A. AG aufgenommen; der Beklagte 2 als Verwaltungsratspräsident, was er bis zum Konkursausbruch bei der A. AG 1997 blieb; der Beklagte 3 (Chemiker), als Fachmann bis zu seinem Rücktritt am 15. Dezember 1996 (kläg. act. 967). Ebenfalls am 27. Januar 1994 trat der Beklagte 1 als VRP zurück, blieb aber unbestrittenermassen auch nach seinem Rücktritt am 27. Juni 1995 (kläg. act. 954, Ziff. II) formell einfaches Mitglied des Verwaltungsrates bis zum 16. August 1995. In der Generalversammlung vom 27. Juni 1995 wurde sodann der Beklagte 4 formell in den Verwaltungsrat und zum Delegierten des Verwaltungsrates gewählt (kläg. act. 954.1).

  2. Alle Kläger 1-39 behaupten, im Zeitraum zwischen 19. April 1993 und 26. Juni 1995 mit der A. AG einen Kaufvertrag über Sorbarix A20 Wasserschutzkissen abgeschlossen zu haben und dabei mittels unlauterer Verkaufsmethoden absichtlich und in strafrechtlich relevanter Weise arglistig von den A. AG-Verkäufern getäuscht worden zu sein. Ferner lassen sie behaupten, bei der Geschäftstätigkeit der A. AG habe es sich um ein raffiniertes betrügerisches System gehandelt. Es sei von einem Gesamtsystem auszugehen, das durch eine Vielzahl von einzelnen Lügen, Falschinformationen, Unterdrückung von Tatsachen, Anwendung von Tricks und Verschleierungsmethoden bestanden habe. Die Kläger seien unmittelbar zu Schaden gekommen, weil sie von der

    A. AG Waren gekauft hätten, die sich infolge der fehlenden Zusammenarbeit mit

    Versicherungen und Feuerwehren, der Übersättigung am Markt und des durch die A. AG völlig zerstörten Preisgefüges auf dem Markt als unverkäuflich erwiesen hätten. In der Zwischenzeit, d.h. seit der Lieferung der Ware, sei diese auch unbrauchbar geworden und habe entsorgt werden müssen. Der Schaden liege in der Höhe der Gestehungskosten, der Zinskosten, der Kosten für die Lagerung der Produkte und im nutzlosen Aufwand für erfolglose Verkaufsversuche. In vorliegender Klage verlangten sie deshalb von den beklagten Organen Ersatz ihres unmittelbaren Gläubigerschadens. Die eingeklagten Beträge entsprächen den im Konkurs der A. AG kollozierten Forderungen der einzelnen Kläger, für welche sie Verlustscheine erhalten hätten.

    Die A. AG sei schon relativ früh aus den Fugen geraten. Durch die Medienberichte und Schreiben u.a. von Geschädigten an den Verwaltungsrat aufgeschreckt (kläg. act. 600 - 607; kläg. act. 949.60 - 949.62, 949.26, 949.16, 949.10, 949.11), hätte der damalige einzige Verwaltungsrat und spätere Verwaltungsratspräsident (Beklagter 1) schon damals erkennen müssen, dass die Geschäftspraktiken der A. AG der Kontrolle des Verwaltungsrates entgleite. Die einzige bekannte Weisung des Verwaltungsrates seien jene vom 23. Mai 1994 (betreffend Eintrag der Totalsumme; bzw. Hinweis an den Kunden, die im Vertrag eingesetzten Mengen und Preise zu prüfen; kläg. act. 949.1) sowie die weitere Weisung in Form einer Umfrage über die Verkaufsmethode (kläg.act. 949.24) und die entsprechenden Antworten (bekl.1. act. 23) gewesen. Diese Weisungen genügten jedoch in keiner Weise, um eine Firma, die aus den Fugen geraten sei, wieder auf eine korrekte Geschäftstätigkeit zu verpflichten. Es wären ganz klare Weisungen bezüglich der Preise, der Tätigkeit der Depositäre, der Werbung der A. AG sowie der Anpreisung der Zusammenarbeit mit Feuerwehren und Versicherungen notwendig gewesen. Mehr noch: man hätte stichprobenweise prüfen müssen, ob sie auch eingehalten würden. Dies entspreche dem Erfordernis der cura in instruendo. Solche Stichproben hätten sich zwingend aufgedrängt, weil hinlänglich Klagen über das unkorrekte Verhalten der Mitarbeiter der A. AG laut geworden seien. Solche Massnahmen würden jedoch fehlen.

    Auch in der Zeit der übrigen Verwaltungsräte, nämlich des Beklagten 1, 2 und 3 (27.1.1995 - 27.6.1995; kläg. act. 954.0 und 954.1) sowie in der Zeit nach Ausscheiden des Beklagten 1 aus dem Verwaltungsrat der A. AG (ab 28.6.1995 bis zum Konkurs der

    A. AG), seien keine Weisungen des Verwaltungsrates aus den Akten ersichtlich, welche

    die A. AG auf eine seriöse Geschäftsführung verpflichtet hätten und durch welche die unlauteren Massnahmen hätten unterbunden werden können. Hierbei sei u.a. besonders die Einschätzung des Bezirksgerichts Arbon vom 25. Januar 1995 (kläg. act. 508, S. 16) sowie das Obergerichtsurteil Thurgau vom 21. Dezember 1995 (kläg. act. 516, S. 15) von Bedeutung, welche festhielten, dass es sich bei den A. AG-Preisen um Gaunerpreise handle, und dass der Beklagte 1 über die Geschäftspraktiken der A. AG voll informiert sei und dieses Vorgehen akzeptiert habe. Mit dem Versuch die Verantwortung auf die Geschäftsleitung abzuschieben, mache er es sich zu einfach. Auch das Werbeverbot des Landgerichtes Frankfurt am Main gegenüber der A. AG und damit der Verschliessung des deutschen Marktes für die A. AG habe zu keinen Weisungen seitens des Verwaltungsrates geführt, noch habe der Verwaltungsrat in sonst irgend einer Weise reagiert (kläg. act. 513 [Beschluss des Landgerichts Frankfurt

    a.M. i.S. Deutscher Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität gegen A. AG vom 6.7.1995] und kläg. act. 945.3, 955 - 955.3 [Verwaltungsratsprotokolle]; HG.1999.54- HGK: Replik, S. 59 ff.; HG.1999.55-HGK: Replik, S. 57 ff.). Alle Beklagten seien damit auf ihre Weise für die entstandenen Schäden verantwortlich: Die Geschäftsleitung, weil deren Verkaufspolitik geradezu auf die Schädigung der Kunden ausgerichtet gewesen sei; der Verwaltungsrat, weil er sich, obwohl von Aussen gewarnt, beharrlich jeder Kritik entzogen habe und es unterlassen habe, das Steuer herumzuwerfen; die Revisionsstelle, weil sie diese Vorgänge ebenfalls nicht verhindert habe; insbesondere in ihren Berichten keinerlei Vorbehalte angebracht habe.

  3. Die Beklagten bestreiten allesamt aus verschiedenen Gründen ihre Haftung aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit, insbesondere auch im Rahmen des unmittelbaren Gläubigerschadens. Zu den Vorbringen der Beklagten im Einzelnen wird im Rahmen der Erwägungen - soweit erforderlich - eingegangen.

Zu den Vorbringen der Kläger im Einzelnen wird im Rahmen der Erwägungen - soweit erforderlich - eingegangen.

(...).

  1. Grundsätze für die Haftung der Organe einer Aktiengesellschaft

    1. Der Grundsatz der Haftung der Organe einer juristischen Person ist in Art. 55 Abs. 3 ZGB normiert. Das Organ einer juristischen Person ist danach für sein Verschulden im Rahmen der Ausübung seiner Funktionen in der juristischen Person persönlich haftbar. Bezüglich der Verletzung aktienrechtlicher Pflichten wird dieser Grundsatz im Aktienrecht in Art. 754 Abs. 1 OR konkretisiert. Gemäss dieser Bestimmung sind die Mitglieder des Verwaltungsrates und alle mit der Geschäftsführung oder mit der Liquidation befassten Personen sowohl der Gesellschaft, als auch den einzelnen Aktionären und Gesellschaftsgläubigern für den Schaden verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung ihrer (aktienrechtlichen) Pflichten verursachen. Darüber hinaus haftet das Gesellschaftsorgan aufgrund von Art. 55 Abs. 3 ZGB dem Geschädigten aber auch für die Verletzung anderer (nicht aktienrechtlicher) Schutznormen.

    2. Im allgemeinen Haftpflichtrecht wird nach herrschender Lehre und Rechtsprechung zwischen Erfolgs- und Verhaltensunrecht (bei reinen Vermögensschäden) differenziert. Der unmittelbare Schaden (als reiner Vermögensschaden) ist nach der im allgemeinen Haftpflichtrecht gültigen Schutznormtheorie nur zu ersetzen, wenn die Schädigung durch Verstoss gegen eine Norm verursacht wurde, die nach ihrem Zweck vor derartigen Schäden schützen soll (BGE 122 III 192 m.w.N.). Unterlassungen sind dann pflichtwidrig, wenn für das Organ eine spezifische Pflicht zum Handeln bestanden hat (Harald Bärtschi, Verantwortlichkeit im Aktienrecht, Zürich 2001, 282).

    3. Für die Gesellschaftsgläubiger ist im aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsrecht die Unterscheidung von direkter (bzw. unmittelbarer ) und indirekter (bzw. mittelbarer) Schädigung von grundlegender Bedeutung (Widmer / Banz, in: OR-Kommentar, 2. Aufl., Basel 2002, N 13 zu Art. 754 OR). Während bei der mittelbaren Schädigung der Gesellschaftsgläubiger nur deshalb einen Schaden erleidet, weil die Gesellschaft im Konkurs ihren Verpflichtungen gegenüber den Gesellschaftsgläubigern nicht mehr nachkommen kann , ist der Anspruch aus unmittelbarer Schädigung ein Anspruch des Gesellschaftsgläubigers zufolge Verletzung einer Schutznorm; entweder einer aktienrechtlichen (ausschliesslichen) Gläubigerschutznorm oder einer anderen nicht aktienrechtlichen Schutznorm, die den Zweck hat, den Geschädigten vor einem Vermögensschaden zu schützen.

    4. Bezüglich aktienrechtlicher Gläubigerschutznormen ist insbesondere die Verletzung der Art. 716 ff. OR (Aufgaben, Rechte und Pflichten des Verwaltungsrates) bzw. der Art. 728 ff. OR (Aufgaben der Revisionsstelle) zu prüfen. Welche dieser aktienrechtlichen Schutznormen im Rahmen des direkten Gläubigerschadens zum Zuge kommen können, ist jedoch in Lehre und Rechtsprechung umstritten. Deren Anwendungsbereich im Rahmen des direkten Gläubigerschadens wurde jedenfalls durch die Rechtsprechung des Bundesgerichts weitgehend eingeschränkt. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Verletzung aktienrechtlicher Schutznormen z.T. einer (gegenüber dem allgemeinen Haftpflichtrecht) gesonderten Ordnung unterworfen ist

      (u.a. bezüglich Verjährung: es kommt z.B. Art. 760 OR, nicht Art. 60 OR zur Anwendung; Widmer / Banz, Basler Kommentar, 2. Auflage, Basel 2002, N 2 Vor Art. 754-761 OR).

      Im Fall "X Corporation" vom 8. März 1996 (BGE 122 III 176 ff.) entschied das Bundesgericht, dass der einzelne Gläubiger seine Klage nach der Konkurseröffnung über die Gesellschaft auf der Rechtsgrundlage aktienrechtlicher Bestimmungen nur dann direkt gegen das Organmitglied führen könne, wenn der Geschädigte durch die angerufene Schutznorm ausschliesslich geschützt sei (ausschliessliche Gläubigerschutznorm), ansonsten erlösche die Klagelegitimation des Einzelgläubigers mit dem Konkursdekret (vgl. auch Peter Böckli, Verantwortlichkeit der Organmitglieder, in: Charlotte Baer, Aktuelle Fragen der aktienrechtlichen Verantwortlichkeit, Bern 2003, 27 ff., 37). Das Bundesgericht will damit das Privileg prioritärer Rechtsverfolgung mit den Vorteilen des "first in first served" im Sinne eines Wettlaufs zu versiegenden Quellen verhindern, das namentlich bei ungenügender Solvenz des fehlbaren Organs Bedeutung erlangen kann (BGE 122 III 194; Hans Peter Walter, Ungereimtheiten im Verantwortlichkeitsrecht, in: Charlotte Baer (Hrsg.), Aktuelle Fragen zur aktienrechtlichen Verantwortlichkeit, Bern 2003, 73 ff., 91). Die Rechtsprechung des Bundesgerichts scheint in erster Linie dem Zweck zu dienen, die Klagemöglichkeiten aus unmittelbarem Schaden (auf Leistung an den klagenden Gläubiger) möglichst stark zugunsten der Klagen aus mittelbarem Schaden (auf Leistung an die Gesellschaft bzw. an die Konkursmasse) zum Wohle der Gläubigergesamtheit einzuschränken. Nach bestätigter Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt damit im Konkurs der Gesellschaft ein unmittelbarer Gläubigerschaden vor, "wenn das Verhalten des fehlbaren Organs gegen aktienrechtliche Bestimmungen verstösst, die ausschliesslich

      dem Gläubigerschutz dienen, oder die Schadenersatzpflicht auf einem anderen widerrechtlichen Verhalten im Sinne von Art. 41 OR oder einem Tatbestand der culpa in contrahendo beruht" (BGE 127 III 377 E. 3b; 125 III 86 ff. E. 3.a; 122 III 194; Widmer / Banz, a.a.O., N 23 f. zu Art. 754 OR; Bärtschi, a.a.O., 73 ff., 211; Ivo W. Hungerbühler, Der Verwaltungsratspräsident (Diss.), Zürich 2003, 197 u. 200 f.). Werden dahingegen aktienrechtliche Bestimmungen verletzt, die sowohl den Interessen der Aktiengesellschaft als auch dem Schutz der Gläubiger dienen, liegt gemäss genannter Rechtsprechung des Bundesgerichts ein mittelbarer Schaden vor, der nach Konkurseröffnung nur durch die Konkursmasse geltend gemacht werden kann (und hier nicht mehr Prozessthema ist). Das Handelsgericht ist dieser Rechtsprechung in mehreren Entscheiden gefolgt (vgl. insbesondere GVP 2000 Nr. 40 und Nr. 42). Es besteht denn auch kein Anlass von dieser mehrfach bestätigten Rechtsprechung des Bundesgerichts vorliegend abzuweichen.

    5. Als nicht aktienrechtliche Schutznormen stehen straf- wie nebenstrafrechtliche Tatbestände sowie der Tatbestand der culpa in contrahendo im Vordergrund, welche im Zivilprozess (bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen) über Art. 55 Abs. 3 ZGB

      i.V.m. Art. 41 ff. OR zu einer Haftung für einen Vermögensschaden des Gläubigers führen können.

      Insofern sich die Parteien vorliegend auf die Widerrechtlichkeit i.S. einer culpa in contrahendo (nachfolgend abgekürzt: c.i.c.) beziehen, wird diese vorliegend nicht weiter geprüft, weil sich - wie noch zu zeigen sein wird - eine Haftung des Beklagten 4 bereits aus anderen Schutznormen ergibt und den übrigen Beklagten unter dem Titel

      c.i.c. kein haftungsrelevantes Verhalten vorgeworfen werden kann.

    6. Beweisthema beim unmittelbaren Gläubigerschaden sind grundsätzlich der Schaden, die Widerrechtlichkeit, der adäquate Kausalzusammenhang zwischen der Widerrechtlichkeit und dem Schaden sowie das Verschulden des beklagten Organs. Dabei ist zu berücksichtigen: auch wenn die 39 Kläger in vorliegendem Prozess im Sinn einer freiwilligen Streitgenossenschaft gemeinsam vorgehen, handelt es sich doch eigentlich um 39 voneinander unabhängig zu beurteilende Forderungen, denen zwar ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde liegt, für welche aber grundsätzlich die Erfüllung der einzelnen Schadenersatzvoraussetzungen je einzeln pro Kläger substantiiert und

    bewiesen werden müssen bzw. vom Gericht je unabhängig pro Kläger zu beurteilen sind.

  2. Zeitraum der Organstellung der einzelnen Beklagten

Geht man mit den Klägern davon aus, dass ihnen durch die mit der A. AG von Frühjahr 1993 bis Sommer 1995 abgeschlossenen Verträge Schaden erwachsen sei, für den sie die Organe der A. AG verantwortlich machen, so richtet sich der Blick auf diejenigen Personen, die in diesem Zeitraum Organfunktion besassen. Das war einmal unbestrittenermassen der Beklagte 1, der erste Verwaltungsratspräsident der A. AG. Der Beklagte 1 war bis Januar 1995 Verwaltungsratspräsident und bis August 1995 Verwaltungsratsmitglied.

Organfunktionen übte nach den (bestrittenen) Behauptungen der Kläger auch der Beklagte 4 aus. Es steht jedenfalls fest, dass er als Aktionär der A. AG und später der Mutterfirma massgeblich Einfluss auf die Geschäftsführung der A. AG nehmen konnte; fest steht auch, dass der Beklagte 4 als Verkäufer aktiv zumindest gegenüber einzelnen Klägern in Erscheinung trat. Aus dem Reglement der Geschäftsleitung der A. AG vom

6. November 1992 und der Abänderung desselben vom 23. Dezember 1992 geht hervor, dass der Beklagte 4 nach der Gründung der A. AG zuerst formell Geschäftsleitungsfunktion inne hatte (kläg. act. 902, Art. 2) und auch nachher faktisch massgeblichen Einfluss auf die Geschäftsleitung beibehielt (kläg. act. 903, Art. 3). Dies wird zusätzlich bestätigt durch das Protokoll der VR-Sitzung vom 31. März 1995 (kläg. act. 955.1, Ziff. 4):

"Geschäftsführung der A. AG

Die Geschäftsführung der A. AG wurde durch Herrn E. wahrgenommen (siehe dazu das Reglement der Geschäftsleitung der A. AG vom 23.12.92). Tatsächlich traten als Geschäftsführer auch die beiden anderen Aktionäre, Herr D. und Herr C. auf. Herr E. möchte als Geschäftsführer zurücktreten und sich voll dem Aufbau der G.-Consult widmen.

Als neuer Geschäftsführer wird an der nächsten ordentlichen Generalversammlung Herr D. gewählt. Herr D. wird neu ab diesem Datum Delegierter des Verwaltungsrates."

Ab Juni 1995 war der Beklagte 4 somit dann auch formell wieder Organ der Gesellschaft. Die Auffassung, dass der Beklagte 4 in der Geschäftsführung der A. AG eine entscheidende Rolle spielte, wird übrigens auch vom Untersuchungsrichter in der Überweisungsverfügung gegen den Beklagten 4 geteilt. Der UR geht (dies auch aufgrund verschiedener Aussagen von Beteiligten) davon aus, dass die Geschäftsleitung der A. AG in den Händen des "Triumvirats" D.-E.-C. gelegen habe. Das Bundesgericht hält in BGE 128 III 29, Erw. 3a. fest:

"Die Organhaftung nach Art. 754 aOR erfasst nicht nur die Mitglieder des Verwaltungsrates, sondern alle mit der Geschäftsführung betrauten Personen. Als mit der Verwaltung oder Geschäftsführung betraut im Sinne dieser Bestimmung gelten nicht nur Entscheidungsorgane, die ausdrücklich als solche ernannt worden sind. Auch Personen, die tatsächlich Organen vorbehaltene Entscheide treffen oder die eigentliche Geschäftsführung besorgen und so die Willensbildung der Gesellschaft massgebend mitbestimmen, fallen in den Anwendungsbereich der genannten Bestimmung (BGE 124 III 418 E. 1b; 122 III 225 E. 4b; 117 II 432 E. 2b; 107 II 349 E. 5a). In jedem Fall ist

erforderlich, jedoch nicht ausreichend, dass die tatsächlich als Organ handelnde Person den durch die Verletzung einer entsprechenden Pflicht eingetretenen Schaden verhindern kann (BGE 117 II 432 E. 2b mit Verweis auf BGE 111 II 480 E. 2a, wo die formelle Eintragung im Handelsregister ohne diese Möglichkeit für die Haftung als nicht ausreichend angesehen wurde). Für die Organverantwortlichkeit ist zudem erforderlich, dass die nach der internen Organisation tatsächlich mit der Leitung der Gesellschaft befasste Person in eigener Entscheidbefugnis die sich daraus ergebenden Pflichten zu erfüllen hat, sie also selbständig und eigenverantwortlich handelt. Eine blosse Mithilfe bei der Entscheidung genügt demgegenüber für eine Organstellung nicht (BGE 117 II 570 E. 3). Diese Grundsätze entsprechen der herrschenden Lehre, wobei im Einzelnen umstritten ist, ob allein die oberste, der Verwaltung direkt unterstellte Geschäftsleitung als Organ in Frage kommt oder die tatsächliche Geschäftsführung unter Umständen auch durch das Kader unterhalb der Direktion wahrgenommen werden kann (FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, S. 442; BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 2. Aufl., Zürich 1996, S. 1072; MAYA R. PFRUNDER-SCHIESS, Zur Differenzierung zwischen dem Organbegriff nach ZGB 55 und dem verantwortlichkeitsrechtlichen Organbegriff, in: SZW 1993 S. 126; BÄR, Die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1991, in: ZBJV

129/1993 S. 379). In der Lehre wird überwiegend verlangt, dass jedenfalls eine dauernde Zuständigkeit für gewisse, das Alltagsgeschäft generell übersteigende Entscheide in eigener Verantwortung wahrgenommen wird, die sich spürbar auf das Geschäftsergebnis auswirken. Personen in untergeordneter und abhängiger Stellung, wie sie etwa der eines Prokuristen entspricht, können danach höchstens in Ausnahmefällen noch als Organe bezeichnet werden. BGE 117 II 432, in dem eine Prokuristin, die auf Weisung ihres Vorgesetzten eine Zweitunterschrift leistete, als Organ qualifiziert wurde, wird in der Lehre daher mit beachtlichen Gründen kritisiert (HÜTTE, Anmerkungen zu BGE 117 II 432, in: AJP 1992 S. 516 f.; BÖCKLI, a.a.O., S. 1072, Fn. 120; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., S. 442; RITA TRIGO

TRINDADE, La responsabilité des organes de gestion de la société anonyme dans la jurisprudence récente du Tribunal Fédéral, in: SJ 1998 S. 23/24; PETER V. KUNZ, Rechtsnatur und Einredeordnung der aktienrechtlichen Verantwortlichkeit, Diss. Bern 1993, S. 186 f.). Angestellte auf einer hierarchisch untergeordneten Stufe kommen jedenfalls auch dann nicht als Organe in Betracht, wenn sie im Rahmen von Entschlussvorbereitungen oder -ausführungen Entscheide von erheblicher Bedeutung fällen (URS BERTSCHINGER, Arbeitsteilung und aktienrechtliche Verantwortlichkeit, Zürich 1999, S. 58 ff.; FORSTMOSER, Der Organbegriff im aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsrecht, in Festschrift Meier-Hayoz, Bern 1982, S. 141 ff.)." (BGE 128 III 29, Erw. 3a.).

Aufgrund der im Recht liegenden Beweismittel kommt das Handelsgericht zum Ergebnis, dass der Beklagte 4 seit der Gründung Geschäftsleitungsfunktion im Sinne der Organfunktion bei der A. AG ausübte; mithin während der ganzen Dauer i.S. der vorzitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung entweder formelles oder faktisches Organ der A. AG war; mithin alle Verträge der Kläger 1 - 39 während der Organfunktion des Beklagten 4 geschlossen wurden.

Demgegenüber fallen nur noch verhältnismässig wenige Vertragsabschlüsse direkt in die Amtszeit der Beklagten 2 und 3. Diese beiden Organe sind erst im Januar 1995 in den Verwaltungsrat eingetreten. Sie hatten damit auch erst ab diesem Zeitpunkt eine Möglichkeit, Einfluss auf die Geschäftsführung der A. AG zu nehmen. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Beklagten 2 und 3 höchstens am Rande zur Verantwortung gezogen werden können, was den unmittelbaren Gläubigerschaden anbelangt. In die

Periode der Verwaltungsratsmandate der Beklagten 2 und 3 sind lediglich die Vertragsschlüsse der Kläger 1, 13, 14, 16, 17, 18, 19, 23, 26, 32 und 34 gefallen; mithin war das Verhalten der Beklagten 2 und 3 in allen übrigen Fällen nicht kausal, weshalb die Beklagten 2 und 3 gegenüber den übrigen Klägern ohnehin aus unmittelbarem Schaden nicht haften.

Dieselben Überlegungen gelten auch für die Beklagte 5, die als Revisionsstelle erst im Frühjahr/Sommer 1995 und Frühjahr/Sommer 1996 tätig war.

(...).

      1. Zur Rüge der fehlenden Sorgfalt bei der Auswahl, Instruktion und Überwachung der Delegationsträger

        Die Kläger beziehen sich dabei auf Art. 754 Abs. 2 OR, wonach u.a. die Mitglieder des Verwaltungsrates und alle mit der Geschäftsführung betrauten Personen, welche die Erfüllung einer Aufgabe befugterweise einem anderen Organ delegieren, für den von diesem delegierten Organ verursachten Schaden haften, sofern sie nicht nachweisen, dass sie bei der Auswahl, Unterrichtung und Überwachung die nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet haben.

        Art. 754 Abs. 2 OR ist selbst nicht Schutznorm, sondern haftungseinschränkende Exkulpationsnorm. Aufgrund dieser in der Aktienrechtsrevision neu eingeführten Bestimmung haftet das delegierende Organ nicht mehr ohne weiteres für das Verhalten des Delegierten, nämlich dann nicht, wenn dem delegierenden Organ der Nachweis gelingt, dass sich die Person, an welche eine bestimmte Aufgabe als Ganzes delegiert worden ist, nach Ausbildung, beruflichen Fähigkeiten und Charakter für diese Aufgabe eignete (sog. cura in eligendo), dass sodann die erforderlichen Weisungen für die richtige Durchführung der übertragenen Aufgabe erteilt worden sind (sog. cura in instruendo) und dass das delegierende Organ seiner Kontroll- und Aufsichtspflicht nachgekommen ist (sog. cura in instruendo). Die in Art. 754 Abs. 2 OR genannten Sorgfaltspflichten beziehen sich auf andere (Schutz-)normen im Aktienrecht (z.B. Art. 716a Abs. 1 Ziff. 1, 4 und 5 OR; Art. 716b OR), welche ihrerseits nicht ausschliesslich dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger, sondern auch dem Schutz der Interessen der

        Gesellschaft bzw. der Aktionäre dienen; mithin liegen den drei curae gemischte aktienrechtliche Schutznormen zugrunde. Damit können aber weder Art. 754 Abs. 2 OR noch die anderen die drei curae enthaltenen Schutznormen im Rahmen des direkten Gläubigerschadens als ausschliessliche Gläubigerschutznorm angerufen werden. Auch erscheint es im Hinblick auf die bundesgerichtliche Unterscheidung zwischen ausschliesslicher und nicht ausschliesslicher Gläubigerschutznorm widersinnig, wenn diese nicht ausschliesslichen Gläubigerschutznormen im Rahmen des direkten Gläubigerschadens wieder durch die Hintertür von Art. 754 Abs. 2 OR eingeführt werden.

      2. Fazit

Da diejenigen aktienrechtlichen Bestimmungen, welche u.U. als ausschliessliche Gläubigerschutznorm in Frage kämen, vorliegend nicht einschlägig sind, umgekehrt die angerufenen aktienrechtlichen Schutznormen nicht ausschliessliche Gläubigerschutznormen sind, können die Kläger im Rahmen des vorliegenden Prozesses nur auf der Grundlage einer unerlaubten Handlung (Art. 41 ff. OR) klagen. In concreto werden damit nur die von den Klägern angerufenen strafrechtlichen Normen (Betrug, Urkundenfälschung) sowie die angerufenen lauterkeitsrechtlichen Normen im Rahmen von Art. 41 ff. OR zu prüfen sein.

  1. Die Voraussetzung der direkten Beziehung zwischen Beklagtem und Geschädigtem

    1. Zusammenfassung der Rechtsprechung des Bundesgerichts

      Wie bereits dargetan, haftet ein Organ nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts bei widerrechtlichem Verhalten im Sinne von Art. 41 OR sowie beim Tatbestand der culpa in contrahendo aus unmittelbarem Schaden nur dann, wenn es durch sein Verhalten Pflichten verletzt, welche ihm gegenüber dem Geschädigten persönlich obliegen (BGE 122 III 191). M.a.W. wird ein unmittelbarer Schaden geltend gemacht, setzt die Haftung des Organs immer "ein bestimmtes Verhalten (Handeln oder Unterlassen) in der direkten Beziehung zum Geschädigten" voraus (BGE 122 III 192; 106 II 257 ff., 260 f.). Diese Rechtsprechung hat das Bundesgericht in BGE 127 III

      374 Erw. 3.b; 125 III 86 ff. - trotz mehrfacher Kritik aus der Lehre - bestätigt, und erneut festgehalten, dass das aus unmittelbarem Gläubigerschaden ins Recht gefasste Organ nur unter der Voraussetzung des persönlichen Handelns gegenüber dem betroffenen Gläubiger hafte (BGE 125 III 86 ff., 90, Erw. 3.c). In genanntem Entscheid wurde eine Verantwortlichkeit des beklagten Organs einer Gesellschaft verneint, da das Handeln des Organs einzig im Unterzeichnen des Vertrages bestanden hatte, es dagegen zu keinem Kontakt zwischen ihm und dem klagenden Gläubiger im Rahmen der Vertragsausfertigung und -abwicklung gekommen war. Letztere wurden durch zwei Prokuristen einer Zweigniederlassung derselben Gesellschaft geführt (Thema der Widerrechtlichkeit war die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben bzw. vorvertraglicher Aufklärungspflichten im Rahmen der Vertragsverhandlungen). Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass das Verhalten der beiden Prokuristen dem beklagten Organ nicht persönlich angerechnet werden könne (vgl. auch 122 III 195 ff.; 106 II 260 f.; Hungerbühler, a.a.O., 197).

    2. Zwischenergebnis

      1. Betreffend die Beklagte 5

        Insofern die vorliegenden Klagen (HG.1999.54-HGK; HG.1999.55-HGK) gegen die Beklagte 5 gerichtet sind, müssen diese abgewiesen werden, da erstens eine direkte Beziehung zwischen den Klägern und der Revisionsstelle von ersteren weder behauptet noch bewiesen ist, die Kläger zweitens nicht behaupten, sie hätten ihre Vertragsbeziehungen mit der A. AG im Vertrauen auf die Berichterstattung der Beklagten 5 aufgenommen bzw. abgewickelt (vgl. auch Lukas Glanzmann, AJP 7 (1998) 1235 ff, 1237). Die Kläger werfen der Beklagten 5 auch keine Widerrechtlichkeit im Zusammenhang mit einer anderen ausschliesslichen Gläubigerschutznorm, oder einem anderen widerrechtlichen Verhalten i.S.v. Art. 41 OR vor, weshalb den Gesellschaftsgläubigern keine Schutznorm für ein Vorgehen gegen die Beklagte 5 im Rahmen des direkten Gläubigerschadens verbleibt. (vgl. hierzu auch Peter Böckli, Verantwortlichkeit der Organmitglieder, in: Aktuelle Fragen zur aktienrechtlichen Verantwortlichkeit, Bern 2003, 64 f.).

      2. Betreffend den Beklagten 4

        Insofern es sich erweist, dass der Beklagte 4 die Vertragsverhandlungen mit einzelnen der klagenden Gesellschaftsgläubiger selbst geführt hat, sind die Haftungsvoraussetzungen i.S.v. Art. 55 Abs. 3 ZGB i.V.m. Art. 41 OR im Einzelnen weiter zu prüfen.

      3. Betreffend die Beklagten 1 - 3

In Bezug auf die Beklagten 1 - 3 verbleibt keine der angerufenen Schutznormen, da von keinem der Kläger behauptet wird, dass er anlässlich der Vertragsverhandlungen mit dem Beklagten 1, 2 oder 3 in direkter Beziehung gestanden habe (ausgenommen vereinzelte Korrespondenzen mit dem Verwaltungsrat im Nachgang zum eigentlichen Vertragsschluss).

10.3. Welche Kläger standen während den Vertragsverhandlungen in direkter Beziehung zum Beklagten 4

a) Nach Prüfung der Vertragsunterlagen und der klägerischen Behauptungen wird festgestellt, dass der Beklagte 4 nur zu 3 (allenfalls 4) der 39 Kläger in direkter Beziehung gestanden hat. (...).

(...).

13. Die Widerrechtlichkeit

  1. Die Kläger bringen vor, für die vorliegend zu beurteilenden Sachverhalte sei davon auszugehen, dass der Beklagte 4 als Verkaufsleiter und als Geschäftsleitungsmitglied und später Delegierter des Verwaltungsrates in allen bekannten Fällen darauf hingearbeitet habe, von den Geschädigten mittels einer geschickt aufgezogenen Täuschungsstrategie preis- und mengenmässig unrealistische Verträge über Produkte mit allergeringsten Vermarktungschancen zu erwirken. Diese Täuschungsstrategie habe sich in einer ersten Phase auf täuschende Angaben über die Produkte, deren Absetzbarkeit, das Vertriebssystem von A. AG, die exzellenten Verbindungen zu angeblichen Vermittlern und Endabnehmern sowie auf den Gebietsschutz bezogen. Damit hätten die potentiellen Wiederverkäufer überzeugt werden sollen, Stützpunkte der A. AG zu werden. In einer zweiten Phase hätten dann in verschiedenen Fällen

    Täuschungen bezüglich der Rechtsnatur der vertraglichen Beziehungen, der Mengen und Preise stattgefunden. Der Beklagte 4 habe nach diesem deliktischen Strickmuster entweder selbst gehandelt oder andere Mitarbeiter der A. AG dazu veranlasst, Schreiben mit täuschenden Inhalten abzusenden und in Telefongesprächen täuschende Angaben zu machen (HG.1999.54-HGK: KS, S. 30 f., Ziff. 3.1.3.1; HG. 1999.55-HGK: KS, S. 28 f., Ziff. 3.1.3.1).

  2. Der Beklagte 4 hält dem entgegen, die Kläger gäben mit keinem Wort einen Hinweis darauf, worin die Pflichtverletzung des Beklagten 4 in einer direkten Beziehung zu den einzelnen Klägern bestehen soll (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 36 N 161; HG.1999.55- HGK: KA4, S. 35, N 161) bzw., inwiefern der Beklagte 4 gegenüber den Klägern eine Pflichtverletzung begangen haben solle. Die Kläger unterliessen es, detaillierte, dem einzelnen Beklagten zuzuordnende Aussagen zu machen (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 37 N 168; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 36, N 168). Bei den Vorwürfen betreffend pflichtwidrigem Verhalten beschränkten sich die Kläger auf verallgemeinernde Aussagen ohne jeden schlüssigen Hinweis, worin ein Verstoss der Beklagten gegen Gesetz, Statuten oder andere relevante Rechtsgrundlagen bestanden hätte (HG. 1999.54-HGK: KA4, S. 6 f., N 3; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 5 f., N 3). Die pauschale

    Zuordnung von Aussagen mit "X"-Zeichen erfülle die Substantiierungspflicht weder im Straf-, noch im Zivilprozess (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 38 N 172). Die Kläger seien der ihnen obliegenden Behauptungs- und Beweislast in keiner Art und Weise nachgekommen (HG.1999.54/55-HGK: Replik, S. 25 Ziff. 82 f.).

  3. Die Beweislast für die Pflichtwidrigkeit liegt grundsätzlich beim klagenden Gesellschaftsgläubiger (Harald Bärtschi, Verantwortlichkeit im Aktienrecht (Diss.) Zürich 2001 (SSHW 210), 240). Die Wiedergabe einer blossen Norm reicht dabei nicht aus, um dem Erfordernis der Substantiierung der geltend gemachten Ansprüche zu genügen. Die beweisbelastete Partei hat vielmehr die tatsächlichen Vorgänge zu nennen, welche die Zuordnung zur rechtlichen Grundlage überhaupt erst ermöglichen (BGE 4C.341 / 2000 / rnd vom 18. April 2001, Erw. 1.b).

Zur Substantiierungsobliegenheit: Die Kläger beschreiben die Geschäftspraktiken der

A. AG als "betrügerisches System". Sie beanstanden dementsprechend die einzelnen Handlungen, Zusagen, Äusserungen in allgemeiner Art und Weise für alle Kläger, wobei

mit Formulierungen wie "in den meisten Fällen", "teilweise", "in der Regel", "allgemein", etc. darauf hingewiesen wird, dass sich nicht alle Beanstandungen in concreto bei allen Klägern verwirklicht haben. Betreffend die einzelnen Kläger werden die Beanstandungen nur noch tabellarisch in Stichworten zusammengefasst. Der einzelne Kläger lässt dann nur noch mit "X"-Zeichen anzeigen, welche der beanstandeten Handlungen, Zusagen, Äusserungen ihm gegenüber gemacht worden seien. Da es wenig Sinn macht, bei 39 Klägern 39 Mal dieselben Vorwürfe und Argumente im Volltext zu wiederholen, ist - entgegen den Vorbringen der Beklagten - die von den Klägern gewählte Darstellung grundsätzlich nicht zu beanstanden. Die Behauptungen sind durch die allgemeinen Ausführungen hinreichend substantiiert.

    1. Zum Vorwurf der absichtlichen Täuschung i.S.v. Art. 3 lit. b UWG

      1. Zum Argument der Täuschung mittels Werbemailings im Stadium der Vertragsanbahnung

        1. Kläger

          Auf Veranlassung der Geschäftsleitung (auch auf Veranlassung des Beklagten 4) habe die A. AG Werbemailings mit - zumindest als es die vorliegend zu beurteilenden Sachverhalte betreffe - praktisch identischem Inhalt an potentielle Abnehmer für absorbierende Wasserschutzkissen gesendet (BO: z.B. kläg. act. 122/122.2; Köb. act. 1; Wass. act. 1). In denselben habe die A. AG unter Hinweis auf die Vorzüge der Wasserschutzkissen und unter Hinweis auf die "Zusammenarbeit mit Versicherungen" nach interessierten "kompetenten Fachbetrieben" zur "Versorgung von wasserschadengefährdeten Objekten" im Gebiet des potentiellen Abnehmers gesucht und die Adressaten aufgefordert, bei Interesse an der Übernahme einer solchen "permanenten Serviceaufgabe" sich bei der A. AG mit beigelegter Karte (BO: z.B. Köb. act. 27; Wass. act. 31) zu melden. Mit keinem Wort hätten die Mailings erwähnt, dass es der A. AG ausschliesslich darum gegangen sei, den Adressaten Produkte zu verkaufen, welche diese dann ohne Einbindung in ein bereits bestehendes Vertriebssystem an Endabnehmer weiterverkaufen sollten, wie dies schlussendlich den Vorstellungen der Verantwortlichen der A. AG entsprochen habe. Aufgrund der

          Angaben des Beklagten 4 (sowie auch E., C. und H.) sei zudem davon auszugehen, dass der "Versicherungsservice" bei der A. AG gar nie existiert habe (vgl. hiernach Erw. 13.1.3.7). Der in den Werbemailings enthaltene Hinweis auf den bestehenden Versicherungsservice der A. AG habe nur dazu gedient, eine in Wirklichkeit nicht gegebene Nähe zum Versicherungsgewerbe zu suggerieren. Jedenfalls stehe fest, dass keine für die A. AG-Kunden verwertbaren Beziehungen der A. AG zu Versicherungsgesellschaften bzw. Feuerwehren bestanden hätten und dass diese allerhöchstens unverbindlich an den Sorbarix-Produkten interessiert gewesen seien (vgl. HG.1999.54-HGK: KS, S. 41; HG.1999.55-HGK: KS, S. 39; BO: Verweis auf

          bestimmte Aktenstücke aus den Strafakten).

          Ferner stehe fest, dass die Mitglieder der Geschäftsleitung diese Schreiben hätten versenden lassen, obwohl sie gewusst hätten, dass ihre Produkte infolge der zu hohen Preise, der nicht vorhandenen Nachfrage bei Endverbrauchern und teilweise der mangelhaften Eignung zum angepriesenen Zweck nicht abzustossen sein würden. Vielmehr seien diese Werbemailings bewusst so formuliert worden, dass sie dem unbefangenen Leser suggeriert hätten, es gehe bei der anzubahnenden Geschäftsbeziehung um die Übernahme einer längerfristigen Servicearbeit im Zusammenhang mit der Vermarktung der angeblich sehr gefragten Produkte der A. AG. Zudem hätten verschiedene Wendungen den Eindruck erweckt, der Adressat werde die einzige A. AG-Servicestelle in dessen Region sein (Gebietsschutz). Durch den zweiten und dritten Absatz des Werbemailings sei zudem der Eindruck einer bereits erheblichen Nachfrage nach den Produkten geweckt worden. Die Vielfalt der zur Täuschung geeigneten Wendungen seien bewusst so angelegt worden, dass erwähnte Eindrücke suggeriert würden (HG.1999.54-HGK: KS, S. 32 ff. und Replik, S. 44 f.; HG.1999.55- HGK: KS, S. 30 ff. und Replik S. 42 f.; BO: Verweis auf beizuziehende Strafakten). Die Werbung mit den Begriffen "Abgabeservice", "Stützpunkttätigkeit", "Zusammenarbeit mit Versicherungen", "autorisierte Servicestelle" usw. sei der A. AG für Deutschland denn auch mit Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. (BO: kläg. act. 530) verboten worden (HG.1999.54-HGK: Replik, S. 97 f.; HG.1999.55-HGK; Replik, S. 94 f.).

        2. Beklagter 4

          Die Kläger hielten zu Recht fest, dass die Werbemailings keine Einbindung in ein bereits bestehendes Vertriebssystem in Aussicht gestellt oder die Mitarbeit eines Vermittlers propagiert hätten. Damit sei davon auszugehen, dass, wenn diese Umstände nicht erwähnt worden seien, auch keine entsprechenden Zusicherungen geleistet worden seien (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 14 f., N 32; HG.1999.55-HGK: KA4,

          S. 13 f., N 32). Im Übrigen habe die A. AG Hunderte von Versicherungen, Versicherungsagenturen und Feuerwehren angeschrieben, um den Wiederverkäufern den Kontakt zu möglichen Abnehmern zu erleichtern (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 22, N 73; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 21, N 73). Die Werbemailings hätten zwar der Herstellung eines ersten Kontaktes gedient, die Verkaufsverhandlungen seien jedoch unbestrittenermassen in Verkaufsgesprächen zwischen Mitarbeitern der A. AG und den interessierten Wiederverkäufern geführt worden. Entgegen den Behauptungen der Kläger - den Empfängern der Werbemailings sei suggeriert worden, die A. AG strebe eine längerfristige Servicearbeit an - lasse sich erstens ein solcher Inhalt bei objektiver Betrachtung nicht aus den Werbemailings herauslesen, zweitens sei nicht nachvollziehbar, wieso die Wiederverkäufer - wenn sie aufgrund der Werbemailings davon ausgegangen seien, als blosse Servicestelle der A. AG tätig zu werden - nachher Verträge geschlossen hätten, welche keinerlei Hinweise auf eine Tätigkeit als Servicestelle beinhaltet hätten, sondern Kaufverträge gewesen seien (HG.1999.54- HGK: KA4, S. 15, N 35; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 14, N 35). Die Kläger seien denn

          auch nicht in der Lage darzutun, inwiefern ein Zusammenhang zwischen dem von den Klägern angeblich entstandenen Schaden und den Mailings der A. AG bestehe. Insbesondere täten die Kläger nicht dar, wer welche Mailings gelesen habe (HG. 1999.54-HGK: KA4, S. 17, N 41; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 16, N 41).

        3. Beurteilung der Vorbringen und Beweisanträge der Parteien

        ca) Ein entsprechendes Werbemailing zur Vertragsanbahnung hat in den vorliegend noch zu beurteilenden Fällen nur der Kläger 15 zum Beweis verstellt (vgl. Köb. act. 1 und 3) Ein entsprechendes Werbemailing wurde auch bei der A. AG beschlagnahmt (vgl. kläg. act. 122 und 122.2). Der Kläger 5 legt allerdings eine Kopie der mit dem Werbemailing versendeten und von ihm an die A. AG zurückgesendeten Geschäftsantwortkarte ins Recht (Wie. act. 16). Betreffend Kläger 10 liegen weder ein entsprechendes Werbemailing, noch eine Geschäftsantwortkarte im Recht. Nachdem

        die Beklagten jedoch nicht bestreiten, dass die potentiellen Vertragspartner über entsprechende Werbemailings kontaktiert worden sind, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Tatsache, dass auch der Kläger 10 ein solches Werbemailing erhalten hat. Insofern der Beklagte 4 moniert, es sei nicht klar wer welches Mailing erhalten und gelesen habe, so tut er nicht dar, dass auch Werbemailings zur Kontaktaufnahme mit anderem Inhalt versendet worden sind. Demnach ist in allen Fällen auf genannte Exemplare abzustellen. Die Auswirkungen dieser Werbemailings sind deshalb sowohl für den Kläger 5, wie auch die Kläger 10 und 15 zu berücksichtigen.

        Der Inhalt dieses Werbemailings lautet (vgl. z.B. Köb. act. 1 und 3): "Absorbierende Wasserschutzkissen

        Zusammenarbeit mit Versicherungen Sehr geehrte Damen und Herren

        Für den oben erwähnten Bereich suchen wir einen kompetenten Fachbetrieb, welcher die Versorgung von wasserschadengefährdeten Objekten in Ihrem Gebiet übernehmen kann.

        Bei Wasserschäden durch Wasserrohrbruch, Überschwemmungen, Feuerwehreinsätzen (Löschwasser) usw. werden sowohl durch die Versicherungsgesellschaften wie auch Privatpersonen, Firmen und Behörden jährlich Milliardenbeträge aufgewendet.

        Deshalb wird nun immer häufiger das SORBARIX A20 Wasserschutzkissen als Präventiv- oder "Erste-Hilfe"-Massnahme eingesetzt, welches unerwünschtes Wasser in Sekundenschnelle aufsaugt und somit grösseren Schaden verhindert.

        Falls Sie an einer permanenten Serviceaufgabe interessiert sind, bitten wir Sie, beigefügte Karte einzusenden. Ihre Unternehmung würde im Falle einer Versorgungsbereitschaft Ihrerseits den örtlich zuständigen Versicherungsgesellschaften als autorisierte Servicestelle bekannt gemacht.

        Mit freundlichen Grüssen

        A. AG SCHWEIZ

        Versicherungsservice"

        Die Antwortkarte ist vorgedruckt adressiert an "A. AG, z. Hd. Versicherungsservice". Auf der Karte heisst es: "Ja ich interessiere mich für einen solchen Abgabeservice. Zur Klärung aller Einzelheiten bitte ich Sie, einen Termin mit mir zu vereinbaren" (z.B. Wie. act. 16, köb. act. 27).

        cb) Im Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 27. September 1995 wurden die vorstehenden Formulierungen im Werbemailing wiefolgt beurteilt (vgl. kläg. act. 530, S. 4 f.):

        "Die angegriffenen Angaben sind irreführend (...), weil die angesprochenen Gewerbetreibenden mit den verwendeten Angaben Vorstellungen verbinden, die mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmen und die sie, insbesondere diejenigen, für die eine Tätigkeit als Zwischenhändler nicht in Betracht kommt, anlocken, sich mit dem Angebot der Antragsgegnerin [A. AG] näher zu beschäftigen und den angebotenen Gesprächstermin zu vereinbaren (...).

        Die angesprochenen Verkehrskreise verbinden mit den Angaben in dem Anschreiben und der Antwortkarte der Antragsgegnerin die falsche Vorstellung, ihnen werde im Rahmen einer bereits bestehenden Zusammenarbeit zwischen der Antragsgegnerin und verschiedener Versicherungen die Aufgabe angeboten, von der Antragsgegnerin verkaufte oder sonst abzugebende Wasserschutzkissen zu liefern und einzubauen bzw. fachmännisch zu installieren. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin enthalten ihre Schriftstücke keinerlei Hinweis darauf, dass die darin Angesprochenen als Zwischenhändler eine Vertriebstätigkeit aufnehmen sollen. Denn Service bedeutet die Erbringung von Dienstleistungen und hat als solcher mit einer Vertriebstätigkeit nichts zu tun, die die Angesprochenen ausführen sollen. Vielmehr kann im Rahmen eines Abgabe Service ("Abgabeservice") - können Dienstleistungen - von "autorisierten Servicestellen" nur bei dem Einbau, der Auslieferung oder der Wartung der Wasserschutzkissen erfolgen. Auch eine "Versorgung" mit Wasserschutzkissen durch

        einen kompetenten "Fachbetrieb" deutet nicht auf eine Vertriebstätigkeit hin, sondern nach der Bedeutung des Wortes "Versorgung" vornehmlich auf den Einbau und die Auslieferung der Kissen. Zudem wird ein etwaiges auf eine Vertriebstätigkeit hinausgehendes Verständnis des Begriffs "Versorgung" bei den Angesprochenen durch die Angabe verhindert, dass diese "Versorgung" von einem "Fachbetrieb" ausgeführt werden soll. Hinzu kommt, dass die Erwähnung des Umstands in dem Schreiben der Beklagten, dass man den Interessenten bei Versorgungsbereitschaft der zuständigen Versicherungsgesellschaft melden werde, nur einen Sinn macht, wenn die im Betreff bezeichnete Zusammenarbeit mit den Gesellschaften bereits von der Antragsgegnerin aufgenommen worden ist. Das verstärkt und bestätigt den Eindruck, wonach bereits vertragliche, d.h. auf eine Vertriebstätigkeit der Antragsgegnerin gerichtete Beziehungen zu Versicherungsunternehmen bestünden, in deren Rahmen für die Angesprochenen nur noch Platz für Dienstleistungen bei Auslieferung und Einbau der Wasserkissen bleibt."

        Das Kreisgericht St. Gallen kam im Entscheid vom 27. Juni 1997 i.S. J. H. gegen A. AG im wesentlichen zum selben Ergebnis und stufte diese Irreführung sogar als "bewusstes" und "gezieltes" Vorgehen" seitens A. AG ein (vgl. Herb. act. 38, S. 7 f.).

        Das Handelsgericht teilt die vorstehenden Beurteilungen bezüglich des Irreführungspotentials der seitens A. AG im Werbemailing sowie auf der beigelegten Antwortkarte gewählten Formulierungen. Auch wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit den Klägern 5, 10 und 15 das vorzitierte Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M. noch nicht ergangen war, musste der Geschäftsleitung der A. AG - im Wissen um die tatsächlichen Verhältnisse und die eigentlichen Geschäftsziele der A. AG - zumindest klar sein, dass die gewählte Formulierung ein hohes Potential für Missverständnisse auf Seiten der Angesprochenen schafft. Werden trotzdem solche irreführenden Formulierungen gewählt, schafft dies nach dem Grundsatz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr gleichzeitig für die gegenüber den Angesprochenen im Rahmen von Vertragsverhandlungen Auftretenden eine vorvertragliche Klärungspflicht. Wird eine entsprechende Klärung unterlassen, so müssen sich nicht nur die Autoren dieser Werbemailings, sondern auch die auf diesen Vorinformationen aufbauenenden

        A. AG-Verkäufer den Vorwurf einer bewusst gewollten Irreführung gefallen lassen. Ob alle Verkäufer der A. AG über den Inhalt des genannten Werbemailings zwecks

        Vertragsanbahnung informiert waren, ist zwar nicht bekannt. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass der Beklagte 4 als Geschäftleitungsmitglied über den Inhalt dieses Werbemailings Bescheid wusste oder zumindest Bescheid hätte wissen müssen. Dies wird vom Beklagten 4 denn auch nicht bestritten. Vielmehr bestreitet er den Kausalzusammenhang zwischen den Werbemailings und dem seitens der Kläger geltend gemachten direkten Gläubigerschaden. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass zwar das Werbemailing nicht alleinige Ursache des entstandenen Schadens ist. Ein Kausalzusammenhang wäre jedoch nur dann unterbrochen, wenn die für die A. AG gegen aussen Auftretenden ihrer Klärungspflicht gegenüber den mit dem Werbemailing Angesprochenen nachgekommen wären. Im Unterlassungsfall ist die Interpretation, wie sie ein objektiver Durchschnittsleser dem genannten Werbemailing mit grosser Wahrscheinlichkeit entnimmt und auch entnehmen darf, als irreführende Vorinformation im Rahmen der Beurteilung des Ablaufs der Verkaufsgespräche zu berücksichtigen.

      2. Zum Argument der Täuschung im Rahmen der telefonischen Kontaktaufnahme mit Interessenten

        1. Kläger

          Habe der Adressat des Werbemailings sein Interesse mit Rücksendung der Antwortkarte (vgl. z.B. Wass. act. 31) kundgetan, sei er sodann von der Abteilung "Terminplanung" der A. AG telefonisch kontaktiert worden (vgl. HG.1999.54-HGK: KS,

          S. 42 ff.; HG.1999.55-HGK: S. 40 ff., Ziff. 3.1.3.5). Es stehe fest, dass den

          Telefonisten/-innen bzw. Terminplaner/-innen von der Geschäftsleitung von C. erstellte, schriftliche Anweisungen für den Gesprächsablauf erteilt worden seien und diese Anweisungen auch verwendet worden seien. Dies habe der Beklagte 4 auch im Strafverfahren anerkannt (vgl. HG.1999.54-HGK: KS, S. 43 f. und Replik, S. 48; HG. 1999.55-HGK: KS, S. 41 f. und Replik, S. 46; BO: Leitfäden für Einladungsgespräch: "Fragen und Antworten beim Einladungsgespräch (Kurzform)"; Beizug bestimmt genannter Aktenstücke aus den Strafakten sowie Verweis auf weitere Aktenstücke aus den Strafakten; kläg. act. 731.1, 731.2, 731.2.(= kläg. act 122.1 bei A. AG beschlagnahmt, vgl. kläg. act. 122 [von H. anlässlich der Zeugeneinvernahme eingereichte Muster für telefonisches Einladungsgespräch]; kläg. act. 731 [Zeugeneinvernahme von H. über die Herkunft der Musterverkaufsgespräche und der

          Muster für Einladungsgespräche am Telefon]). Bei Nichtbefolgung sei den Telefonisten/-innen und Terminplanern/-innen mit Entlassung gedroht worden. Die Analyse der Leitfäden belege die Vielfalt der zur Täuschung geeigneten Wendungen und zeige, dass letztere bewusst gehalten gewesen seien, die in den Werbemailings suggerierten falschen Eindrücke bezüglich angeblicher Kooperation mit Versicherungen, bezüglich Vertriebssystem, Gebietsschutz und Produktqualität bei entsprechenden Nachfragen seitens der Interessenten zu verstärken.

        2. Behauptungen des Beklagten 4

          Die unter Verweis auf Strafakten gemachten Aussagen von Frau H. und die dazugehörigen Ausführungen in der Klageschrift betreffend Leitfäden zur telefonischen Kontaktaufnahme würden mit Nichtwissen bestritten bzw. mangels ausreichender Substantiierung nicht kommentiert. Auch hier täten die Kläger zudem nicht dar, wer mit wem welchen telefonischen Kontakt gehabt habe (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 17, N 41 f.; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 16, N 41 f).

        3. Beurteilung der Vorbringen und Beweisanträge der Parteien

        Diese Leitfäden, wonach - gemäss H. - die Einladungsgespräche von den Terminplanern abzuwickeln waren, sind unbestrittenermassen nicht vom Beklagten 4 erstellt worden. Der Beklagte 4 bestreitet deren Inhalt denn auch mit Nichtwissen. Doch selbst wenn dem Beklagten 4 der irreführende Inhalt dieser Leitfäden nicht zugerechnet werden kann, ist deren Inhalt bei der Beurteilung vorliegender Sachverhalte doch immerhin dahingehend zu berücksichtigen, als auch in diesem Stadium der Vertragsanbahnung starke Indizien für ein absichtlich täuschendes Verhalten seitens der A. AG bestehen, welches darauf abzielte oder zumindest geeignet war, die Adressaten der A. AG in dem im Werbemailing erzeugten, ersten, nicht den Tatsachen entsprechenden Eindruck erneut zu bestärken.

        Dasselbe gilt auch für die Termin-Bestätigungsschreiben der A. AG (vgl. z.B. für K5: Wie. act. 17; für K10: Rum. act. 1; für K15: Köb. act. 4). Diese wurden den auf die Werbemailings Antwortenden nach telefonischer Vereinbarung eines Besprechungstermins zugesendet. Auf diesen Schreiben heisst der Betreff

        "Absorbierende Wasserschutzkissen; Zusammenarbeit mit Versicherungen". Sodann ist im nachfolgenden Text von "Besuch .... bezüglich des oben genannten Service" die Rede. Auch in diesem Schreiben tauchen dahingegen die Worte "Kauf" oder "Verkauf" nirgends auf. Der durch das Werbemailing entstandene erste Eindruck bei den Adressaten wurde vielmehr im Termin-Bestätigungsschreiben erneut bestärkt.

      3. Zum Argument der Täuschung im Rahmen der (Verkaufs-)gespräche mit Interessenten

        Unbestritten ist, dass zwischen dem Beklagten 4 einerseits und den Klägern 5, 10 und 15 andererseits ein Verkaufsgespräch stattgefunden hat. Die tatsächlichen Behauptungen der Kläger 5, 10 und 15 bezüglich Inhalt und Ablauf dieser Gespräche werden seitens des Beklagten 4 dahingegen allesamt bestritten (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 37, N 167). Die Kläger 5, 10 und 15 tragen die Beweislast.

        1. Behauptungen bezüglich des Klägers 5 (...) im Besonderen

          a) Kläger 5:

          Der Kläger 5 behauptet im Wesentlichen (vgl. HG.1999.54-HGK: KS, S. 111): Anlässlich der Verkaufsverhandlungen seien Versprechungen gemacht worden und der Pulvertrick vorgeführt worden (BO: Wie. act. 15; C. T., ...., Trier, als Zeugin). Der Beklagte 4 habe insbesondere behauptet, die A. AG sei Inhaberin des Alleinvertriebsrechts (Exklusivität des Produkts), es bestünde für das Produkt eine europaweite Preisbindung und ein weltweites Patent, es gehe um die Übernahme einer Servicestelle, es gebe ein vorhandenes Vertriebsnetz zu Versicherungsagenturen in der Umgebung und es bestünden Beziehungen zu Versicherungen auf höchster Ebene, es würden Provisionen an Versicherungen durch die A. AG bezahlt, die A. AG führe für das Produkt eine landesweite Werbekampagne, die Versicherungen würden die Kissen im Schadenfall gratis ersetzen, es bestünde Gebietsschutz (keine anderen Depositäre im Einzugsgebiet), eigene Verkaufsbemühungen seien nicht notwendig (Selbstläufer), jedoch sei dem Depositär Eigenwerbung freigestellt, das Telefon sei wegen hoher Nachfrage ständig besetzt zu halten und das Kissen könne erfolgreich bei

          Hochwasser-katastrophen eingesetzt werden (Wie act. 15). Überdies habe ihm der Beklagte 4 eine Broschüre gezeigt und gesagt, die Kissen seien bereits auf dem Markt und würden viel benützt. Sie seien in der Lage, innert kürzester Zeit Wasser zu binden, wenn das Wasser gebunden sei, hätten sie die Wirkung eines Sandsackes, was weiteres Durchfliessen von Wasser verhindere. Durch Auslegung auf dem Boden werde nach Löscheinsätzen Löschwasser aufgenommen. Diese Kissen würden in Hochwassergebieten präventiv gelagert, u.a. von Hotels, von Privaten, Grossabnehmern, Feuerwehren etc., welche die Kissen benützen würden (HG.1999.54- HGK: KS, S. 21; HG.1999.55-HGK: KS, S. 19).

          a) Beklagter 4

          Es hätten tatsächlich Kontakte mit Versicherungen in der Region des Wiederverkäufers bestanden. Konkrete Vertragsabschlüsse mit Versicherungen seien indes nie zugesichert worden. Die Behauptung, die A. AG habe Provisionszahlungen direkt an die Versicherungsagenturen versprochen, werde bestritten, ebenso die Behauptung, wonach die Versicherten im Schadensfall die Kissen ersetzt erhalten würden. Die A. AG sei ein gewinnorientiertes Unternehmen gewesen. Die Aussage, die A. AG habe behauptet, "das Geschäft laufe von selbst", sei vor dem Hintergrund Unsinn und werde ebenfalls bestritten. Wenn dies den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen hätte, hätte die A. AG das Geschäft sicherlich selbst geführt und nicht an Dritte weitergegeben. Bei den Behauptungen der Kläger handle es sich im Übrigen um reine Parteibehauptungen, welche bestritten würden (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 38, N 172).

          c) Beurteilung der Vorbringen und Beweisanträge bezüglich Kläger 5

          Zum Beweis seiner tatsächlichen Behauptungen über den Ablauf und die Aussagen des Beklagten 4 anlässlich des Verkaufsgesprächs offeriert der Kläger 5 das Aktorum Wie act. 15. Hierbei handelt es sich um die von Rechtsanwalt J. eingereichte Strafklage vom 30. Oktober 1997 betreffend D. L., H. W., H. S. und M. D. gegen C., A. E., D., P.

          M. wegen Betrugs und anderen Delikten. Eine Rechtsschrift der Strafkläger als solche taugt jedoch nicht zum Beweis tatsächlicher Behauptungen, zumal darin im Wesentlichen einfach dieselben tatsächlichen Behauptungen bezüglich des Klägers 5 aufgestellt werden wie im vorliegenden Zivilverfahren. Ferner offeriert der Kläger 5 als

          Beweismittel für den konkreten Ablauf des Verkaufsgesprächs die Zeugenaussage von

          C. T., ...., Trier. Aus den Ausführungen in den Rechtsschriften geht allerdings nicht hervor, wer diese Person ist und wieso und inwiefern sie über den Sachverhalt konkrete Aussagen machen könnte, insbesondere, ob sie beim Verkaufsgespräch am

          7. Februar 1994 ebenfalls anwesend war. Der Kläger 5 genügt damit seiner Substantiierungslast nicht, weshalb das Handelsgericht eine Einvernahme der offerierten Zeugin ablehnen muss.

          Damit hat der Kläger 5 grundsätzlich die Folgen der Beweislosigkeit für den tatsächlichen Ablauf des Verkaufsgesprächs am 7. Februar 1994 zu tragen. Anders ist nur zu entscheiden, wenn das Gericht aufgrund starker Indizien zum Schluss kommt, dass die Verkaufsgespräche alle nach demselben Schema, mit dem von den Klägern behaupteten Inhalt abgelaufen sind. Diesfalls kann davon ausgegangen werden, dass auch im konkreten Verkaufsgespräch zwischen dem Kläger 5 und dem Beklagten 4 letzterer die vom Kläger 5 behaupteten Aussagen und Zusicherungen gemacht hat.

        2. Behauptungen bezüglich des Klägers 10 (...) im Besonderen

          1. Kläger 10:

            Der Kläger 10 behauptet im Wesentlichen (vgl. HG.1999.54-HGK: KS, S. 116): Anlässlich der Verkaufsverhandlungen seien Versprechungen gemacht und der Pulvertrick vorgeführt worden (Rum. act. 31). Der Beklagte 4 habe insbesondere auch behauptet: die A. AG habe das Alleinvertriebsrecht (Exklusivität des Produkts), es bestünde für das Produkt eine europaweite Preisbindung, es gehe um die Übernahme einer Servicestelle (Rum. act. 31), es gebe ein vorhandenes Vertriebsnetz über Versicherungen und Feuerwehren und zu Versicherungsagenturen in der Umgebung, es würden Provisionen an Versicherungen durch die A. AG bezahlt, die A. AG führe für das Produkt eine landesweite Werbekampagne, die Versicherungen würden die Kissen im Schadenfall gratis ersetzen, es bestünde Gebietsschutz (keine anderen Depositäre im Einzugsgebiet), eigene Verkaufsbemühungen seien nicht notwendig (Selbstläufer), jedoch sei dem Depositär Eigenwerbung freigestellt, das Telefon sei wegen hoher Nachfrage ständig besetzt zu halten, es seien Referenzlisten von zufriedenen Abnehmern vorgezeigt worden, sodann habe der Beklagte 4 angegeben, die

            Versicherungsprämien würden durch Versicherer bei Lagerhaltung von Sorbarix reduziert und das Kissen könne erfolgreich bei Grosskatastrophen eingesetzt werden (BO: Rum. act. 31, S. 31-40). Er (Kläger 10) sei beim Vertragsabschluss der Überzeugung gewesen, es seien 54 Stück Sorbarix Kissen vereinbart worden (BO: Rum. act. 12).

          2. Beklagter 4:

            Auf Seite 30 der Strafklage (Rum. act. 31) (wie auch im vorliegenden Zivilprozess) werde auf einen allgemeinen Ablauf der Verkaufsgespräche hingewiesen und an- schliessend mit einem "Kreuz"-System auf den angeblich einzelnen Geschädigten rückgeschlossen. Es handle sich bei diesen Aussagen um präparierte Aussagen in der Hoffnung, damit ein Klagefundament für die Forderung begründen zu können. (BO: Parteiaussage des Beklagten 4; HG.1994.54-HGK: S. 38 f., N 173).

          3. Beurteilung der Vorbringen und Beweisanträge bezüglich Kläger 10

          Rum. act. 12 (Fax des Klägers 10 vom 16.07.1993) wird zum Beweis der Vorstellung des Klägers 10 über die bestellte Menge eingelegt. Er (Kläger 10) hält dort fest, es sei beim persönlichen Verkaufsgespräch u.a. gesagt worden, dass "wir mit einer kleinen Menge anfangen könnten und die Ware für weitere Kunden immer nur nach erfolgtem Auftrag durch die Kunden bestellt werden müsste. Von einer Abnahme von Ware für rund 50'000.-- DM war nie die Rede." Beim Aktorum Rum. act. 31 handelt es sich um die von Rechtsanwalt Gmünder im Auftrag des Klägers 10 dem Untersuchungsrichteramt für Wirtschaftsdelikte eingereichte Strafklage vom 27. Juli 1998. Bezüglich Beweistauglichkeit kann auf das zu Wie. act. 15 Gesagte verwiesen werden (vgl. Erw. 13.1.3.1.c. hiervor). Auch die in der Strafklage zusätzlich angebotenen Beweise (insbesondere Aussage des Klägers 10, vgl. z.B. Rum. act. 31,

          S. 39 betreffend Zeugeneinvernahme des Klägers 10) sind in vorliegendem Zivilverfahren unerheblich. Im Zivilverfahren gilt - im Unterschied zum Strafverfahren - die Verhandlungsmaxime. Die Parteien haben den Prozessstoff zu liefern, dies beinhaltet auch, dass Beweisanträge in den Rechtsschriften selbst enthalten sein müssen. Dahingegen genügt eine Partei ihrer Substantiierungspflicht nicht, wenn sie zum Beweis ihrer Behauptungen auf in der Strafklage offerierte Beweise verweist.

          Auch der Kläger 10 hat damit für den konkreten Ablauf des Verkaufsgesprächs mit dem Beklagten 4 keine tauglichen bzw. nicht hinreichende Beweismittel eingelegt und hat damit grundsätzlich die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen. Anders ist nur zu entscheiden, wenn das Gericht aufgrund starker Indizien zum Schluss kommt, dass die Verkaufsgespräche alle nach demselben Schema, mit dem von den Klägern behaupteten Inhalt abgelaufen sind. Diesfalls kann davon ausgegangen werden, dass auch im konkreten Verkaufsgespräch zwischen dem Kläger 10 und dem Beklagten 4 letzterer die vom Kläger 10 behaupteten Aussagen und Zusicherungen gemacht hat.

        3. Behauptungen bezüglich des Klägers 15 (Franz-Peter Köbler, Köbler Bad-

          Design GmbH) im Besonderen

          1. Kläger 15:

            Der Kläger 15 behauptet im Wesentlichen (vgl. HG.1999.54-HGK: KS, S. 121): Am 9. September 1993 hätten in St. Gallen Vertragsverhandlungen zwischen ihm und dem Beklagten 4 als Vertreter der A. AG stattgefunden. Anlässlich der Verkaufsverhandlungen seien verschiedene mündliche Versprechungen gemacht und der Pulvertrick vorgeführt worden (Köb. act. 26). Der Beklagte 4 habe zudem auch versprochen, es bestünde für das Produkt eine europaweite Preisbindung (Köb. act. 31), die A. AG sei Inhaberin eines weltweiten Patentes und habe das Alleinvertriebsrecht, es gehe um die Übernahme einer Servicestelle zur Versorgung der Region, die A. AG verfüge über ein vorhandenes Vertriebsnetz über Versicherungen und Feuerwehren und habe Beziehungen zu Versicherungsagenturen in der Umgebung; die A. AG habe zudem Beziehungen zu Versicherungen auf höchster Ebene, die A. AG führe für das Produkt eine landesweite Werbekampagne in Print und Bildmedien, die Versicherungen würden die Kissen im Schadenfall gratis ersetzen, es bestünde Gebietsschutz (keine anderen Depositäre im Einzugsgebiet Düsseldorf; Köb. act. 12), eigene Verkaufsbemühungen seien nicht notwendig (Selbstläufer), jedoch sei dem Depositär Eigenwerbung freigestellt, das Telefon sei ständig besetzt zu halten, wegen hoher Nachfrage, das Kissen könne erfolgreich bei Grosskatastrophen eingesetzt werden. Zudem habe der Beklagte 4 Referenzlisten zufriedener Abnehmer vorgezeigt mit Umsätzen bis zu Fr. 150'000.-- (Köb. act. 26, S. 31 - 38).

          2. Beklagter 4:

            Bezüglich der Werthaltigkeit der Aussagen könne auf die Einwendungen, welche bezüglich der Forderungen der Kläger 5 und 10 gemacht worden seien, verwiesen werden (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 39, N 175).

          3. Beurteilung der Vorbringen und Beweisanträge bezüglich Kläger 15

          Beim Aktorum Köb. act. 12 handelt es sich um ein Schreiben des Klägers 15 an die A. AG z.Hd. Herrn E., datiert vom 18. November 1993. Darin drückt der Kläger 15 sein Erstaunen darüber aus, dass er habe feststellen müssen, dass die Werbeschreiben der

          A. AG auch bei anderen Firmen aufgetaucht seien, nachdem ihm bei seinem Besuch am 9. September 1993 in St. Gallen die Sorbarix A20-Alleinvertretung für den Grossraum Düsseldorf zugesichert worden sei. Er verlangte von der A. AG eine Stellungnahme. Beim Aktorum Köb. act. 26 handelt es sich um die von Rechtsanwalt Gmünder u.a. für den Kläger 15 beim Untersuchungsrichteramt für Wirtschaftsdelikte eingereichte Klageschrift. Bezüglich Beweiswert dieses Aktorums kann auf das zu Wie act. 15 bzw. Rum act. 31 Gesagte verwiesen werden (vgl. Erw. 13.1.3.1.c. hiervor). Ein Aktorum Köb. act. 31 ist nicht bei den Akten. Wahrscheinlich liegt hier ein Schreibfehler vor und es sollte heissen: "Köb. act. 26, S. 31".

          Auch der Kläger 15 hat damit für den konkreten Ablauf des Verkaufsgesprächs mit dem Beklagten 4 keine tauglichen bzw. keine hinreichenden Beweismittel eingelegt und hat damit grundsätzlich die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen. Anders ist allerdings dann zu entscheiden, wenn das Gericht aufgrund starker Indizien zum Schluss kommt, dass die Verkaufsgespräche alle nach demselben Schema, mit dem von den Klägern behaupteten Inhalt abgelaufen sind. Diesfalls kann davon ausgegangen werden, dass auch im konkreten Verkaufsgespräch zwischen dem Kläger 15 und dem Beklagten 4 letzterer die vom Kläger 15 behaupteten Aussagen und Zusicherungen gemacht hat.

        4. Zum Ablauf der Verkaufsgespräche im Allgemeinen

          1. Vorbringen der Kläger

            Viele potentielle Interessenten seien nach St. Gallen gegangen, ohne sich bewusst zu sein, dass es um die Abwicklung eines Kaufvertrages gehe (HG.1999.54-HGK: KS, S. 45 ff.; HG.1999.55-HGK: KS, S. 43 ff.; Ziff. 3.1.3.6). Die Gesprächstermine hätten im

            Wesentlichen aus zwei Phasen bestanden. In einer ersten Phase sei das Gespräch

            i.d.R. mit der Vorführung eines "Pulvertricks" eingeleitet worden, welcher den Zweck gehabt habe, die Interessenten gegenüber den nachfolgenden Ausführungen der A.

            AG-Vertreter unkritischer zu machen: Bei der Vorführung habe der A. AG-Vertreter (darunter auch der Beklagte 4) das in den Sorbarix-Kissen enthaltene Absorberpulver in einen Becher gegeben und Wasser darüber gegossen (oder umgekehrt). Innert weniger Sekunden habe sich das Wasser zu einer gelartigen Masse verfestigt; sei der Becher in der Folge umgedreht worden, sei kein Wasser herausgeflossen (HG.1999.54-HGK: KS,

            S. 46; HG.1999.55-HGK: KS, S. 44; Strafakten kläg. act. 301 - 305 [=Einvernahme- protokolle]). Zusätzlich hätten die A. AG-Vertreter sowie die von ihnen verwendeten Unterlagen den Produkten auch Eigenschaften und Eignungen zugeschrieben, welche diese gar nicht hätten (u.a. Staufunktion, bzw. Einsatz bei "Überschwemmungen"; Aufsaugkapazitäten, welche nur bei mechanischem oder manuellem Untertauchen und Fixieren der Kissen erreicht würden; vgl. HG.1999.54-HGK: KS, S. 49; HG.1999.55- HGK: KS, S. 47). Die A. AG-Vertreter hätten gegenüber den Interessenten mündlich nicht nur wahrheitswidrige, unvollständige bzw. täuschende Angaben zu den Produkten gemacht, sondern auch solche betreffend Nachfrage seitens der Endabnehmer und der Absetzbarkeit der Produkte zu A. AG-Preisen, zum Vertriebssystem und den Beziehungen der A. AG zu Versicherungen und Feuerwehren sowie zum Gebietsschutz; dies im Wesentlichen zum erneuten Erwecken, Verstärken und Ergänzen der in den Werbemailings erweckten täuschenden Eindrücke, um die Interessenten zur Übernahme eines A. AG-Stützpunktes zu bewegen und zu diesem Zweck Vertragsdokumente zu unterzeichnen bzw. etwas zu bestellen. Die Interessenten hätten aufgrund der Ausführungen der A. AG-Vertreter anlässlich der Verkaufsgespräche erneut zur Ansicht gelangen müssen, bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zur A. AG hätten sie in ihrer Region lediglich als Depositär zu fungieren. Die A. AG-Vertreter hätten die Interessenten nicht darauf hingewiesen, dass es die eigentliche Absicht der A. AG war, ihnen lediglich Produkte zu verkaufen. Des Weiteren hätten die A. AG-Vertreter gegenüber den Geschädigten wahrheitswidrig behauptet, die A. AG sei der einzige Anbieter dieser Produkte, obwohl andere Lieferanten dieselben Produkte zu erheblich tieferen Ebiox-, bzw. Toyota-Preisen angeboten hätten (vgl. hierzu im Einzelnen die klägerischen Ausführungen: HG. 1999.54-HGK: KS. S. 46 ff.; HG.1999.55-HGK: KS, S. 43 ff.; BO: Beizug verschiedener

            mit Aktencode genannter Strafakten, vgl. HG.1999.54-HGK: KS, S. 48, 49, 50; HG. 1999.55-HGK: KS, S. 46, 47, 48, 50, 52; BO: R. und C. N. als Zeugen; vgl. auch kläg. act. 203 [= Protokoll des Verkaufsgesprächs mit H.]; HG.1999.54-HGK: Replik, S. 50 ff.; HG.1999.55-HGK: Replik, S. 48 ff.; BO: kläg. act. 731.13 [Aussage Major H.P. S. an UR Lee; kläg. act. 734 [Zeugenaussage M. N.]; kläg. act. 553 [Urteil des Bezirksgerichts Linz, S. 9]; T. S., als Zeuge; kläg. act. 949.2 [Schreiben der Schlauchweberei Ettiswil vom 3.6.1994]; Wey. act. 3 und kläg. act. 122.3 [Kalkulationsgrundlagen der A. AG]; Edition eines Standardverkaufsordners der A. AG-Verkäufer durch das KURfWD, UR Lee). Als Schutzbehauptung liessen die Beklagten vortragen, ihr Produkt sei nicht zu vergleichen mit dem ursprünglichen Produkt der Ebiox AG gemäss Patentbeschreibung. Eine innovative Änderung, welche einen höheren Preis rechtfertigen würde, sei indes nicht nachgewiesen (HG.1999.54-HGK: Replik, S. 53; HG.1999.55-HGK: Replik, S. 51; BO: Einholen einer Expertise über die Abweichung der von der A. AG den Klägern verkauften Kissen gegenüber der Patentschrift (kläg. act. 121)).

            In einer zweiten Phase seien vielfach falsche bzw. unvollständige Angaben zu den Bestellmengen und Preisen gemacht worden, um die Interessenten bezüglich der Gesamtverpflichtung zu täuschen. Teilweise hätten die A. AG-Vertreter den Interessenten, um sie vom eigentlichen Kaufvertragsformular abzulenken, zwei Exemplare des Formulars "Basisreglement" zu lesen, auszufüllen und zu unterzeichnen gegeben (teilweise seien auch andere Ablenkungsmanöver wie pausenloses Einreden auf die Interessenten zur Anwendung gekommen). Mit der Übergabe des "Basisreglements" sei vom A. AG-Verkäufer nur der Kommentar verbunden gewesen, darin stehe, was bereits besprochen worden sei, bzw. das Wesentliche, die sog. "Kurzinformation zum Fachbetrieb" stehe im unteren Teil des Dokuments. Diese Äusserungen hätten die Interessenten veranlasst, von einem genauen Durchlesen des "Basisreglements" abzusehen (HG.1999.54-HGK: KS, S. 49 f.; HG.1999.55-HGK: KS,

            S. 47 f.; BO: Beizug aus Strafakten: diverse mit Aktencode bezeichnete Aktenstücke). Währenddessen habe der A. AG-Verkäufer das eigentliche mit "Auftrag" überschriftete Vertragsformular - allerdings oft nicht vollständig (fehlender Gesamtpreis pro Produkt oder pro Gesamtbestellung) - ausgefüllt und dem Interessenten zur Unterschrift vorgelegt. Dabei sei das "Auftrag"-Formular mit den Rubriken für verschiedene Rabattgruppen, Stückzahlen, Artikelbezeichnungen und Nettostückpreisen bewusst

            derart kompliziert und unklar gestaltet worden, dass Rechtsnatur, Bestellmengen und der eigentliche Gesamtpreis sowie auch die übrigen Verbindlichkeiten (insbesondere die Vorleistungspflicht des Käufers) für die Interessenten nicht ohne weiteres sofort transparent gewesen seien. Insbesondere sei nicht klar gewesen, dass es sich um einen Kaufvertrag handle, dass die eingetragenen Stückzahlen sich nicht auf Einzelstücke, sondern auf Packages des Produktes bezogen und dass die eingetragene Stückzahl mit den Preisangaben zur Ermittlung des Gesamtpreises hätte multipliziert werden müssen oder wie die Rabattgruppen zu den übrigen Eintragungen hätten in Beziehung gesetzt werden müssen. Entsprechend klärende Erläuterungen seien seitens der A. AG-Verkäufer nicht gemacht worden (HG.1999.54-HGK: KS, S. 51; HG.1999.55-HGK: KS. S. 49; BO: Edition der Befragungsprotokolle der Strafkläger aus dem Strafverfahren gegen D. und Schmidhauser jun.). Viele der Interessenten hätten deshalb nicht den Umfang ihrer Verpflichtungen realisiert, welche sie mit der Unterzeichnung der Vertragsdokumente einzugehen im Begriff waren; vielmehr seien sie der Ansicht gewesen, sich im Umfang einer Probemenge für einen vergleichsweise geringen Betrag von um die Fr. 1'000.-- zu engagieren oder gar nur für an Lager zu nehmende Ware zu unterzeichnen; dies zumal die Interessenten aufgrund des seitens der A. AG-Vertreter geschaffenen Vertrauensverhältnisses oder aufgrund von Ablenkungsmanövern derselben die Vertragsunterlagen, wenn überhaupt, so nur oberflächlich durchgelesen hätten. Sei einzelnen Interessenten trotzdem der Ausschluss des Gebietsschutzes auf dem "Auftrag" aufgefallen, so seien diesbezügliche Bedenken von den A. AG-Vertretern eiligst beseitigt worden (HG. 1999.54-HGK: KS. S. 52; HG.1999.55-HGK: KS, S. 50; BO: Beizug aus Strafakten:

            diverse mit Aktencode bezeichnete Aktenstücke; Edition der Aussagen verschiedener Geschädigter). In Einzelfällen hätten die A. AG-Vertreter nach der Unterzeichnung durch die Interessenten und vor der Aushändigung des für diesen bestimmten Durchschlags des "Auftrages" - ohne Wissen oder Einverständnis der Interessierten - die Bestellmengen und auch andere Angaben in den unterzeichneten Vertragsdokumenten abgeändert (BO: Strafakten: Überweisungsverfügung D., S. 48 (= kläg. act. 718); vgl. zum ganzen Ablauf auch kläg. act. 200 [=Leitfaden der A. AG "Verkaufsgespräch Sorbarix"] sowie die Ausführungen dazu in den Klageschriften HG. 1999.54-HGK: KS, S. 56 ff.; HG.1999.55-HGK: KS, S. 54 ff.; Edition der Aussagen im Strafverfahren H.). Aufgrund der Aussagen von K. und H. sei erwiesen, dass diese

            mehrere Gesprächstermine des Beklagten 4 mit Interessenten mitverfolgt hätten und dass insbesondere der Beklagte 4 bei diesen Gesprächen den Interessenten fälschlicherweise vorgespiegelt habe, die A. AG verfüge über bereits gute Beziehungen zu Versicherungen und Feuerwehren, und über ein gut funktionierendes Vertriebssystem, in welches die Interessenten als Servicestelle / Depositäre / Abgabestellen in ihrer Region einzufügen seien. Ferner habe er angegeben, der reissende Absatz der nur bei der A. AG erhältlichen Produkte sei aufgrund dieser Beziehungen bzw. des Vertriebssystems ohne weitere Bemühungen der Interessenten gesichert (HG.1999.54-HGK: KS, S. 53 ff.; HG.1999.55-HGK: KS, S. 52 ff.; BO: Edition

            der Aussagen im Strafverfahren H.).

          2. Vorbringen des Beklagten 4

            Soweit die Kläger aufgrund der regelmässigen Demonstrationen der technischen Eigenschaften der wasserabsorbierenden Kissen eine Täuschungsabsicht der A. AG- Verkäufer konstruieren wollten, werde dies bestritten. Die Qualität des Produktes habe hervorragend demonstriert werden können, wenn das in die Sorbarix A20-Kissen eingearbeitete Absorberpulver in einen Becher gegeben und Wasser dazu gegossen worden sei. Diese Demonstration hätten die A. AG-Verkäufer verwendet, um darzulegen, dass das von ihnen verkaufte Produkt in diesem Bereich ausserordentliche Eigenschaften aufgewiesen habe (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 18, N 45; HG.1999.55- HGK: KA4, S. 17, N 45).

            Auch die Vorbringen der Kläger bezüglich des Ablaufs der Gesprächstermine mit den Interessenten (eigentliche Verkaufsgespräche) werden vom Beklagten 4 bestritten. Die Ausführungen seien überdies derart pauschal, dass ein Bezug zu einem bestimmten Kläger nicht hergestellt werden könne. Es sei schlechterdings unmöglich, die einzelnen Behauptungen irgendeinem Kläger einerseits, die - bestrittene - Verantwortlichkeit für den entsprechenden behaupteten Sachverhalt seitens der A. AG einem ihrer Exponenten andererseits zuordnen zu können. Vielmehr seien die Ausführungen der Kläger gespickt mit Formulierungen wie "in den meisten Fällen", "teilweise", "in der Regel", "allgemein", etc. Solche Formulierungen seien für den Schutz eines unmittelbaren Schadens der Kläger aber nicht tauglich (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 17 f., N 43; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 16 f., N 43).

            Auch die Behauptung der Kläger, wonach die A. AG-Vertreter in den mündlichen Verkaufsgesprächen - entgegen den klaren Formulierungen in den einzelnen Vertragsdokumenten - andere Versprechungen gemacht hätten, werde bestritten. Zudem stehe im Basisreglement der deutliche Hinweis darauf, dass allfällige mündliche Vereinbarungen, welche in Widerspruch zu den vorgelegten Dokumenten stünden, keine Gültigkeit hätten (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 25, N 88; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 24, N 88).

            Die Behauptung der Kläger, die Leitfäden "Verkaufsgespräch Sorbarix" seien von C. selbst hergestellt und den A. AG-Vertretern abgegeben worden bzw. diese angewiesen worden, ihre Verkaufsgespräche nach diesen Leitfäden zu gestalten, werde mit Nichtwissen bestritten. Insbesondere werde bestritten, dass der Beklagte 4 die Dokumente "Verkaufsgespräch Sorbarix" selbst erstellt, in Auftrag gegeben oder überhaupt davon Kenntnis gehabt habe. Jedenfalls könne das behauptete Verhalten von C. dem Beklagten 4 nicht angerechnet werden. Die Aussagen des Zeugen K. basierten im Wesentlichen auf "Hörensagen"; im Übrigen werde an den Ausführungen bezüglich der Zeugen K. und H. in der Klageantwort festgehalten (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 20 f., N 56 ff.; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 19 f., N 56 ff., HG.1999.54/55-HGK:

            Duplik, S. 17 Ziff. 48; BO: kläg. act. 515; kläg. act. 200; kläg. act 302 und 303, Ziff. 13).

            Dass die A. AG-Verkäufer im Rahmen der Verkaufsgespräche Ablenkungsmanöver inszeniert haben sollen, sei eine Konstruktion der Kläger. Es könnten zwar, bei der Vielzahl der Geschäfte, welche die A. AG abgeschlossen habe, solche Sachverhalte nicht ausgeschlossen werden, doch reiche dies jedenfalls nicht aus, Verantwortlichkeitsansprüche gegen die Beklagten zu richten. Jedenfalls könne dem Urteil der Gerichtskommission Neutoggenburg vom 16. März 1995 (Seite 9) entnommen werden, dass die Vertragsurkunde aufgrund des Vertrauensprinzips keinen anderen Schluss zulasse, als es sich dabei um einen Kaufvertrag im Sinne von Art. 184 ff. OR handle. Auch wenn der Gesamtpreis nicht angegeben sei, so lasse sich dieser aus den enthaltenen Angaben zweifelsfrei errechnen. Unter diesen Umständen sei es - unter Hinweis, dass es sich bei den Klägern um Kaufleute handle - zweifelsohne an ihnen gewesen, bei Unklarheiten bezüglich der Bestellungen Fragen zu stellen (HG. 1999.54-HGK: KA4, S. 19, N 48 ff.; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 18, N 48 ff., BO: kläg.

            act. 515). Dass das Basisreglement als Ablenkung eingesetzt worden sei, werde

            ebenfalls bestritten. Keinesfalls hätte eine solche Vorgehensweise einem Verkaufssystem entsprochen, welches mit Wissen und Billigung des Verwaltungsrates angewendet worden sei (HG.1999.54/55-HGK: Duplik, S. 18, N 51).

          3. Beurteilung der Vorbringen und Beweisanträge der Parteien

          Die Kläger offerieren zum Beweis ihrer Behauptungen an mehreren Stellen den Beizug von verschiedener mit Aktencode genannter Strafakten. Beispielhaft sei hier die Beweisofferte von HG.1999.54-HGK: KS, S. 48 im Wortlaut zitiert:

          "Strafakten zum ganzen Ablauf [der Verkaufsgespräche]

          Strafakten Thek. Allg. act. IIB/2 S. 5f. Pkt. 6)-9), Pkt. 11); IIB/3 S. 2 zu B.12), S. 3 Pkt. 19) ff., S. 5f. Pkt. D.3)-5) und 9, S. 7 Pkt. D. 15); II/B4 S. 3 Pkt. A. 10), A 13), S. 5 Pkt. B.

          6); IIIA/4, IIIA/5, IIIB/2, S. 3 ff., Pkt. 11, 18 - 21; IIIB/5 2. 1 ff. Pkt. 1 a)-d), Pkt. 3f.; IIIB/6

          S. 1 f.; 3, 7, 9; IIIB/7 S. 3-7; IIIB/9 S. 5 Pkt. 16) vgl. auch Aussagen der Geschädigten

          gem. Ziffern 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9, 11, 14 nachfolgend"

          Zur Zulässigkeit solcher Beweisofferten ist vorab folgendes zu bemerken: Diese Anträge auf Aktenbeizug stehen im Zusammenhang mit dem Antrag in der Klageschrift unter Ziff. 2.5, worin die Kläger u.a. beantragen, es seien sämtliche Strafakten im Strafverfahren E. und weitere Mitbeteiligte (A. AG-Verkäufer) sowie sämtliche Akten in den laufenden Strafprozessen gegen D. und C. vor dem Bezirksgericht St. Gallen beizuziehen. Um welche Aktenstücke aus welchem Verfahren mit welcher Relevanz im Rahmen des direkten Gläubigerschadens für vorliegend zu beurteilende Fälle es sich dabei handelt, kann aus den angegebenen Aktencodes beim besten Willen nicht herausgelesen werden. Dies wäre aber das Mindeste, was unter dem Aspekt der Behauptungslast bzw. Substantiierungsobliegenheit von den Klägern hätte erwartet werden dürfen. In der Art wie das Begehren gestellt ist, bleibt es sowohl der Gegenpartei verwehrt, zum Beweisantrag auf Aktenbeizug substantiiert Stellung zu nehmen, noch kann das Gericht über die Notwendigkeit des Aktenbeizugs entscheiden. Die Kläger sind deshalb mit derart formulierten Beweisanträgen nicht zu hören (vgl. auch GVP 1995 Nr. 58).

          ca) Beweisanträge der Kläger betreffend Pulvertrick und Vorgehen der A. AG- Verkäufer:

          Dass routinemässig der "Pulvertrick" beim Besuch der potentiellen Vertragspartner im Hause A. AG vorgeführt wurde, ist unbestritten. Dahingegen bestreitet der Beklagte 4, dass dieser zwecks Verblüffungseffekt gezeigt wurde; er behauptet vielmehr, dass dadurch die besondere Eigenschaft des Produktes habe gut demonstriert werden können.

          In diesem Zusammenhang sind insbesondere die kläg. act. 302 - 304 [Protokolle mehrerer Einvernahmen von K. durch das Kreisgericht Neutoggenburg (16.03.1995), durch das KURfWD (4.05.1999) und durch das Kantonsgericht Appenzell AR (9.6.1995) von Interesse. K., ein ehemaliger Mitarbeiter der A. AG, hat mit den vorliegend konkret zu beurteilenden Sachverhalten bezüglich der Kläger 5, 10 und 15 zwar nichts zu tun. Seine Aussagen insgesamt sind jedoch Indiz dafür, dass mit dem "Pulvertrick" bewusst ein Verblüffungseffekt geschaffen werden sollte (kläg. act 302, S. 7) und dass die A. AG versucht hat, ein Vertrauensverhältnis mit den Kunden aufzubauen, wodurch die Kunden eben auch etwas vertrauensselig geworden seien und demzufolge nicht mehr so kritisch bei der Unterschrift gewesen seien (kläg. act 302, S. 7). Zu bemerken ist an dieser Stelle, dass der Zeuge K. nach eigenen Angaben mehreren Verkaufsgesprächen des Beklagten 4 beigewohnt hatte (kläg. act 302, S. 9). Bei kläg. act. 304 [Einvernahmeprotokoll des Zeugen K. durch das Kantonsgericht Appenzell A.Rh. vom 9.6.1995] ging es in concreto zu beurteilendem Sachverhalt zwar nicht um die Sorbarix A20 Kissen, sondern um die Luftfilter (vgl. kläg. act. 304, S. 7). Besonders von Interesse sind hier jedoch die Aussagen des Zeugen K. betreffend Verhalten des Beklagten 4 anlässlich von Verkaufsgesprächen (vgl. kläg. act. 304, S. 6 u. 7 unter Zusatzfragen). Der Zeuge K. qualifiziert den Beklagten 4 als raffiniert und unzimperlich. Er wolle einen Abschluss. Er komme um alle Ränke herum. Er beeinflusse den Kunden auf den Abschluss hin. Unzimperlich sei dabei in dem Sinne zu verstehen, dass es dem Unzimperlichen auch egal sei, wenn er den Vertragspartner durch den Abschluss des Vertrages in den Konkurs treibe (vgl. kläg. act. 304, S. 7). Allgemeine Aussagen des Zeugen K. zum Vorgehen seitens A. AG finden sich sodann insb. in kläg. act. 303, Ziff. 11 (Irrtum über Qualität der vertraglichen Beziehungen), Ziff. 14 (Basisreglement), Ziff. 15 (Gesamtpreissumme), Ziff. 17 (Zusammenarbeit mit Versicherungen, Ziff. 18

          (Vertriebssystem), Ziff. 19 (Alleinvertriebsrecht), Ziff. 20 ff. (Einschätzung bezüglich Täuschung der Kunden). Alle genannten Aussagen des Zeugen K. stützen die Sachverhaltsdarstellung der Kläger. Der Beklagte 4 bestreitet zwar die Glaubwürdigkeit der Aussagen von K., der selbst kurz nach seiner Anstellung gekündet hatte, weil er nach eigenen Angaben Zweifel an den Verkaufsmethoden der A. AG bekommen hatte. Das Handelsgericht sieht dem entgegen - unter Berücksichtigung aller weiterer Indizien und im Recht liegenden Beweismittel - keinen Anlass, an der Glaubwürdigkeit der Aussagen von K. zu zweifeln. Vielmehr fügen sich dessen Aussagen - wie noch zu zeigen sein wird - lückenlos in das sich aus den vielen Einzelindizien ergebende Gesamtbild.

          Dahingegen sind die zum Beweis offerierten kläg. act. 301 [Einvernahmeprotokoll W. K. durch das Bezirksgericht Neutoggenburg vom 16. März 1995] und kläg. act. 305 [Einvernahmeprotokoll der Partei J. M. durch das Handelsgericht St. Gallen vom 16. August 1995] kaum für vorliegend zu beurteilende konkrete Sachverhalte von Bedeutung. Beim Einvernahmeprotokoll W. K. geht es um den Einbau von ebenfalls von der A. AG nach einem ähnlichen System vertriebenen Nipondenson-Luftfilter (Verkauf insbesondere an Garagisten für den Einbau im Auto; suggeriertes Vertriebssystem über Empfehlungen von Ärzten). Bei diesem Produkt wurde der Pulvertrick nicht vorgeführt. Auch hatte Herr K. nichts mit den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalten bezüglich Kläger 5, 10 oder 15 zu tun. Auch geht aus diesem Einvernahmeprotokoll nicht hervor, dass mit dem nur als "er" bezeichneten A. AG-Verkäufer der Beklagte 4 gemeint ist. Dasselbe gilt auch für die Aussagen von Josef Merz. Auch sein Verkaufsgespräch hat nicht mit dem Beklagten 4, sondern mit dem Verkäufer O. stattgefunden. Zusammengefasst können für den Beweis der hier zu beurteilenden konkreten Sachverhalte diese zwei Beweismittel höchstens insofern herangezogen werden, als die Aussagen der Herren K. und M. Indiz für den schematischen Ablauf der Verkaufsgespräche sind bzw. in den Verkaufsgesprächen auch in anderen Vertragsbeziehungen nie die Worte Kauf/Verkauf gefallen sind, und sich auch noch andere Vertragspartner der A. AG über die rechtliche Qualität der einzugehenden Vertragsbeziehungen mit der A. AG geirrt haben.

          Sodann wurden R. und C. N. von den Klägern als Zeugen offeriert und kläg. act. 203 [= Protokoll des Verkaufsgesprächs vom 18.3.1996 von Herrn N. und seiner Frau C. N. mit

          H.] zum Beweis verstellt. R und C. N. können indes zum konkreten Ablauf der Verkaufsgespräche bezüglich Kläger, 5, 10 oder 15 nichts aussagen, noch über das Verhalten des Beklagten 4 anlässlich von Verkaufsgesprächen, da ihr Verkaufsgespräch mit Frau H. stattgefunden hat. Eine Einvernahme ist deshalb nicht angezeigt. Bezüglich dem wohl von R. und C. N. verfassten Wortprotokoll (kläg. act.

          203) über den Ablauf des sie betreffenden Verkaufsgesprächs ist immerhin zu bemerken, dass es sehr detailliert und im Einklang mit der seitens der Kläger behaupteten Methode der A. AG-Verkäufer steht. Doch auch dieses Protokoll ist im Rahmen des direkten Gläubigerschadens höchstens als Indiz zu werten, dass die Verkaufsmethoden bei den A. AG-Verkäufern System hatten (u.a. insb. bezüglich Art und Weise der Gesprächsführung und bezüglich Erzeugung zeitlichen Entscheidungsdrucks).

          Zusammengefasst sind die kläg. act. 203 und 301 - 305 damit zumindest Indiz, dass das Vorgehen anlässlich von Verkaufsgesprächen bei der A. AG Methode hatte und auch der Beklagte 4 entsprechend vorgegangen ist.

          cb) Beweisofferten bzgl. Abweichen der mündlichen Versprechen von den schriftlichen Vertragsdokumenten

          Als Beweis wird von den Klägern der Leitfaden der A. AG "Verkaufsgespräch Sorbarix" (kläg. act. 200) offeriert. Der Beklagte 4 bestreitet den Inhalt dieses und anderer Mustergespräche mit Nichtwissen. Allerdings gelingt es dem Beklagten 4 dadurch nicht, erfolgreich zu bestreiten, dass er nicht gleiche oder ähnliche Methoden angewendet hat. Zweifel an seiner Bestreitung sind berechtigt, u.a. aufgrund der Aussagen von K. zum Verhalten des Beklagten 4 anlässlich der Verkaufsgespräche (vgl. hiervor Ausführungen zu kläg. act. 304), zumal - wie das Kreisgericht St. Gallen explizit im Urteil H. gegen A. AG festgestellt hat (Herb. act. 38) und auch beim Handelsgericht gerichtsnotorisch ist (vgl. insb. kläg. act. 529, S. 10, Erw. 3.c) - den Gründern der A. AG (und damit auch dem Beklagten 4) die Art und Weise des Vorgehens schon von der Firma Incen AG her bekannt war (vgl. hierzu auch kläg. act. 514, S. 3 ff. insb. S. 6 f., Ziff. 3; kläg. act. 507 insbesondere S. 10 ff., Ziff. 8; kläg. act. 528, S. 6 - 10). Vielmehr kann festgestellt werden, dass auch dem Handelsgericht die

          Verkaufspraxis sowohl der Incen AG wie der A. AG aus anderen Verfahren amtlich bekannt sind (kläg.act 521 [betrifft Verfahren vor Handelsgericht i.S. A. AG]; kläg. act 529 [betrifft Verfahren vor Handelsgericht i.S. Incen AG]).

          Ferner beantragen die Kläger die Edition der Aussagen im Strafverfahren H. [ehemalige Mitarbeiterin der A. AG in verschiedenen Abteilungen, u.a. auch als Verkäuferin] betreffend Ablauf der Verkaufsgespräche. Die Edition ist indes nicht notwendig, nachdem die Kläger mit der Replik die entsprechenden Protokolle ins Recht gelegt haben (kläg. act. 730 - 733). In kläg. act. 730 gibt die Angeschuldigte an, sie habe die Gesprächsführung vom Beklagten 4 erlernt und diese habe dem Mustergespräch "Verkaufsgespräch Sorbarix" entsprochen (vgl. S. 2 zu Frage B.12). Auf Vorhalt des bei der A. AG beschlagnahmten Verkaufsordners (kläg act. 122.11) sagte sie aus, sie kenne diesen Verkaufsordner, sie hätte einen entsprechenden besessen. Der Inhalt sei ungefähr derselbe gewesen. Der Ordnerinhalt sei ihr vom Beklagten 4 gegeben und jeweils aktualisiert worden (S. 3, zu Frage 19 - 22). Aus kläg. act 733 geht dahingegen hervor, dass u.a. der Beklagte 4 die Aussagen von H. bezüglich Ablauf der Verkaufsgespräche, bezüglich Benutzung bzw. Kenntnis des Musters "Verkaufsgespräch Sorbarix", bezüglich Weisungen über den Nichteintrag der Totalsummen auf den Auftragsformularen sowie über die Verwendung der Begriffe "Kauf/Verkauf" im Verkaufsgespräch bestreitet. Ferner sagten der Beklagte 4 und C. gemäss Zusammenfassung des Untersuchungsrichters aus, es sei den Verkäufern auch gesagt worden, dass die Sorbarix-Produkte nicht nur bei der A. AG bezogen werden könnten (kläg. act. 733, S. 2 oben). Im Zusammenhang mit der Frage, ob bei der A. AG spezielle Verkaufshandbücher existierten, will er sodann auch seinen Vorwurf, K.s Aussagen seien unglaubwürdig belegen. Auf die Frage des Untersuchungsrichters: "Existieren spezielle "Verkaufshandbücher" oder "Anleitungshandbücher" für das Verkaufspersonal", habe K. geantwortet, "Nein, meines Wissens nicht." (kläg. act 303, Ziff. 13). Es ist indes nicht klar, was der Beklagte 4 aus dieser Aussage ableiten will, zumal K. in derselben Befragung unter Ziff. 11 explizit auf die mitgebrachten Dokumente Verkaufsgespräch "Sorbarix" und Verkaufsgespräch "Nipondenson" verwiesen hat. Dass keine Handbücher existierten, heisst dementsprechend offensichtlich nicht, dass nicht Anleitungen zur Gesprächsführung bestanden. Der Einwand des Beklagten 4 ist deshalb ohne Wirkung zu seinen Gunsten. Ausserdem wurde zumindest ein solcher Verkaufsordner bei der

          Hausdurchsuchung bei der A. AG beschlagnahmt (vgl. kläg. act. 122.11). In derselben Einvernahme sagte K. übrigens auf die Frage des Untersuchungsrichters ["Aufgrund entsprechender Behauptungen in zahlreichen Strafklagen entsteht der begründete Verdacht, dass in den Verkaufsgesprächen bewusst mündlich anders verhandelt als nachfolgend schriftlich vereinbart wird. Was ist Ihnen darüber bekannt"] aus: "Ja, das trifft unter verschiedenen Aspekten zu. Beispiele: man sucht in Wirklichkeit einen Käufer und nicht Service-Stellen bzw. Auslieferungspartner; man will nicht eine Mustersendung verkaufen, sondern ein quantitativ ansprechendes Bestellvolumen etc." (kläg. act. 303, Ziff. 20).

          Mit kläg. act. 515 [Urteil der Gerichtskommission Neutoggenburg vom 16.3.1995 i.S. H.

          S. / M. D. AG und M. D.] will der Beklagte 4 ferner belegen, dass die Vertragsdokumente unmissverständlich als Kaufvertrag auszulegen waren und damit einen möglichen diesbezüglichen Irrtum der Depositäre nicht möglich sei. Die Gerichtskommission hat im genannten Urteil erwogen (vgl. S. 9):

          "Die von der Klägerin ins Recht gelegte Vertragsurkunde lässt bei der aufgrund des Vertrauensprinzips gebotenen objektiven Betrachtungsweise einzig den Abschluss eines Kaufvertrages im Sinne von Art. 184 ff. OR erkennen. Die Urkunde, betitelt mit "Auftrag", beinhaltet die Bestellung von 40 "Nipondenso Air-Purifier" (...). (...). Da die beschriebene Vertragsurkunde demzufolge sämtliche wesentlichen Punkte eines Kaufgeschäftes beinhaltet, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass zwischen den Parteien durch den vertrauenstheoretisch zugerechneten normativen Konsens ein Kaufvertrag zustandegekommen ist. (...)."

          Diese Beurteilung wird allerdings von der III. Zivilkammer des Kantonsgerichts in einem anderen Entscheid nicht geteilt (kläg. act. 528: Urteil Kühne Holzbau c. Incen AG [hierbei ist anzumerken, dass gerichtsnotorisch bei der Incen AG im Wesentlichen ähnliche Vertragsdokumente verwendet wurden wie sie vorliegend zu beurteilen sind]):

          "Es ist auch nicht zu übersehen, dass der schriftliche Vertrag und das Basisreglement an Klarheit viel zu wünschen übrig lassen. Auch wenn nach objektiven Gesichtspunkten noch von einem Kaufvertrag gesprochen werden kann, ist es nachvollziehbar, dass bei entsprechender Führung der Vertragsverhandlungen und nicht mehr vollständigem

          Durchlesen - selbst dann müsste dies mit grösster Sorgfalt geschehen, um das Ausmass des Vertrags und die gegenseitigen Pflichten richtig zu erfassen - des schriftlichen Vertrags und des Basisreglements Unklarheiten und damit unterschiedliche Vorstellungen über den Inhalt des Vertrages entstehen können" (vgl. S. 7).

          Das Handelsgericht gelangt in vorliegend zu beurteilenden Sachverhalten zu keinem anderen Ergebnis, denn die Bedeutung der gewählten Formulierungen und der Darstellung im Dokument "Auftrag" kann nicht isoliert von der Vorgeschichte interpretiert werden. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die jeweiligen potentiellen Vertragspartner der A. AG im Zeitpunkt der eigentlichen Verkaufsgespräche bereits durch die Werbemailings sowie durch persönliche Gespräche mit den Terminplanern auf den Irrtum im eigentlichen Sinne "vorgeimpft" worden waren, so dass mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden muss, dass sie bereits mit falschen Vorstellungen zum Verkaufsgespräch kamen. Unter Berücksichtigung dieser Vorgeschichte und unter Berücksichtigung der Art und Weise, wie das Verkaufsgespräch seitens des A. AG-Verkäufers gelenkt worden zu sein scheint, ist es sehr wohl möglich, dass sich der potentielle Vertragspartner der A. AG bis zum Vertragsschluss nicht über die tatsächlich vereinbarten Leistungen im Klaren war.

          Die Kläger beantragen ferner die Edition der Befragungsprotokolle der Strafkläger aus dem Strafverfahren gegen D. und C. betreffend nicht abgegebene klärende Äusserungen seitens der A. AG-Vertreter bezüglich Rabattgruppen und Gestaltung der Vertragsdokumente. Der Beizug ist indes nicht notwendig, da das Handelsgericht die diesbezüglichen Behauptungen der Kläger aufgrund der im Recht liegenden Beweismittel bereits als hinreichend belegt erachtet.

          Zusammenfassend lässt sich aus den vorgenannten Beweismitteln jedenfalls ableiten, dass die Darstellungen der Kläger insbesondere durch die Aussagen von K. und H. gestützt werden, wohingegen die Bestreitungen des Beklagten 4 einer genaueren Prüfung nicht Stand zu halten vermögen. Im Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass - aufgrund der Vorbearbeitung der potentiellen A. AG-Kunden mittels Werbemailing und Einladungsgespräch unter Verwendung zahlreicher Begriffe und Ausdrücke, die nicht den tatsächlichen Vertragsintentionen der A. AG entsprachen

          • viele der potentiellen Depositäre bereits mit falschen Vorstellungen zum Verkaufsgespräch mit den A. AG-Verkäufern kamen. Aufgrund dieser zur Täuschung geeigneten Vorinformation bestand deshalb seitens der A. AG-Verkäufer nach Treu und Glauben Klärungspflicht im Verkaufsgespräch. Insbesondere die im Recht liegenden Aussagen von K. und H. erlauben dahingegen den Schluss, dass die A. AG-Verkäufer die potentiellen A. AG-Kunden zumindest bezüglich des bereits bestehenden Irrtums über die tatsächlichen zu vereinbarenden vertraglichen Leistungen der Vertragsparteien sowie bezüglich die Absatzchancen des Sorbarix A20 bewusst im Unklaren liessen und allfällige kritische Fragen seitens der Depositäre geschickt zu umschiffen suchten. Aufgrund der im Recht liegenden Zeugenaussagen, insbesondere auch der Einschätzung von K., welcher an Verkaufsgesprächen des Beklagten 4 teilgenommen hat (kläg. act. 304), ist ferner davon auszugehen, dass sich der Beklagte 4 ebenso verhalten hat. Auch die schriftlichen Vertragsdokumente (Auftrag und Basisreglement) selbst sind - unter Berücksichtigung der Vorgeschichte - nicht so abgefasst, dass leicht erkennbar ist, welche Vertragspartei welche Leistungen zu erbringen hat. Auch sie beinhalten ein erhebliches Irrtumspotential, insbesondere über den Umfang der Verpflichtungen, wenn die Totalsumme im Vertragsdokument "Auftrag" nicht eingetragen wurde.

            Bezüglich Gebietsschutzgarantie ist festzuhalten, dass im Basisreglement ein solcher Gebietsschutz ausgeschlossen worden ist; dem entgegen steht aber die Formulierung im Werbemailing, die A. AG suche "einen kompetenten Fachbetrieb, welcher die Versorgung in Ihrem Gebiet übernehmen" könne. Bereits aufgrund dieser Formulierung konnte der Eindruck entstehen, dass der potentielle Vertragspartner in seinem Gebiet exklusive Versorgungsstelle sei. Unabhängig davon musste der Geschäftsleitung und damit auch dem Beklagten 4 klar sein, dass die Anzahl Depositäre in einer Region direkt mit den (ohnehin zu A. AG-Preisen nicht existenten) Absatzchancen des einzelnen Depositärs in Beziehung standen.

        5. Zur Täuschung über die Qualität und den Verwendungszweck des Sorbarix A20 Kissens im Besonderen

          1. Kläger

            Die A. AG habe bewusst den Eindruck vermittelt, es handle sich beim Sorbarix A20 Kissen um eine Wunderwaffe gegen jegliche Art von Wasserschäden für jegliche Anwender wie Feuerwehren, Hotels, Banken, Computerfirmen, Industriebetriebe und auch Privathaushalte (HG.1999.54-HGK: KS, S. 19 f.; HG.1999.55-HGK, KS: S. 17 f.;

            BO: kläg. act. 718, S. 19 [Strafakten: Überweisungsverfügung D.]; kläg. act. 302 - 304 [Zeugeneinvernahmen K.]; kläg. act. 203 [Verkaufsgespräch mit N.]; C. N. und R.N., ...., A-1030 Wien, als Zeugen). In der 20-seitigen Broschüre der A. AG werde Sorbarix A20 als die revolutionäre Alternative zu Sandsack und Sägemehl, als Neuheit in Sachen Wasserabsorption dargestellt. U.a. mit einer Fotomontage einer überschwemmten Stadt auf der Titelseite eines Produktprospektes werde suggeriert, es handle sich bei Sorbarix A20 um ein Mittel zur Bekämpfung von Überschwemmungen. Diese Unterlagen, wie auch die darin enthaltenen positiven Berichte im Verkaufsordner (namentlich der Feuerwehr Frankfurt a.M.) hätten die Vertreter der A. AG den Interessenten bei Gesprächsterminen vorgehalten; ihnen sei jedoch keine Gelegenheit eingeräumt worden, diese Unterlagen mehr als zu überfliegen, weshalb die einschränkenden Ausführungen in den Broschüren und Berichten nicht hätten zur Kenntnis genommen werden können. Durch die genannten Angaben auf den Prospekten und das Vorzeigen von Hochwasserkatastrophen in Verbindung mit Sorbarix werde bei den einzelnen Depositären die Vorstellung geweckt, die Wasserschutzkissen seien bei Grosskatastrophen einsetzbar. Gleichzeitig werde die Tatsache verschleiert, dass die Kissen nur für Kleinschäden während kurzer Zeit einsetzbar seien. Entgegen den vollmundigen Angaben der A. AG in ihren Werbeunterlagen und den Ausführungen der A. AG-Verkäufer bei Gesprächen mit Interessenten habe es sich bei Sorbarix A20 keineswegs um ein Allerheilmittel in der Wasserschadenbekämpfung gehandelt, nach dem eine riesige Nachfrage aller möglicher Endabnehmer bestehe. Vielmehr habe es sich um ein Nischenprodukt mit beschränkten Einsatzmöglichkeiten gehandelt, für welches zu A. AG-Preisen praktisch keinerlei Nachfrage bestehe. Insbesondere für grössere Schäden falle der Einsatz der A20 Kissen jedenfalls ausser Betracht. Einzig die A. AG habe unter Zuhilfenahme von Verblüffungseffekten und täuschenden Angaben diese Kissen in grösserer Zahl an ihre "Wiederverkäufer" absetzen können. Damit seien aber die Abnehmer über den Verwendungszweck getäuscht worden (HG.1999.54-HGK: KS, S. 17 f., Replik, S. 49 f. u. 58 f.; HG.1999.55-HGK: KS, S. 15 f., Replik, S. 47 f u. 56; BO: kläg. act. 731.13

            [Aussagen des Kommandanten der Feuerwehr Emmen (S.)]; Strafakten Thek. Allg. act. IA/16; IIIC/6 [Aussagen des Zeugen Bu. / Schlauchweberei Ettiswil]; Thek. Allg. act. IA/ 24.4; IIIC/7 und 8 [Aussage des Zeugen W. / Feuerwehr Frankfurt a.M.]; Thek. Allg,. act. VA/12 und 14 [Aussagen der Gutachter Dr. J. E. und dipl. Ing. M. P.]); M. D. als Zeuge; Herb. act. 14-40 [Dokumentation He. über Verkaufsanstrengungen]; kläg. act. 100 [Verkaufshandbuch]; kläg. act. 101 [Produkte-Prospekt Sorbarix A20]; Wey. act. 4, kläg. act. 122.11, kläg. act. 126, kläg. act. 729, S. 3 Frage 6, S. 4 Frage alinea 1, S. 4

            Frage 9, S. 5 Frage 14, S. 5 Frage 15 u. 16, S. 6 Frage 18-20; kläg. act. 734, 734.1,

            553).

            Soweit die A. AG-Verantwortlichen auf die positiven Tests betreffend Sorbarix A20 hinweisen würden, welche die A. AG bei der EMPA, beim TüV und bei der TNO (niederländisches Pendant zur EMPA) etc. in Auftrag gegeben hätten, sei festzuhalten, dass diese Tests nichts als die Aufsaugkapazität von mechanisch/manuell untergetauchten Sorbarix A20 Kissen unter Laborbedingungen sowie deren Entsorgbarkeit festhielten. Zu den übrigen Qualitäten des Produktes hätten sie sich dahingegen nicht geäussert (vgl. HG.1999.54-HGK: KS, S. 29; HG.1999.55-HGK: KS,

            S. 26 f.; BO: Straf-akten: Tests in Thek Allg. act. IVA/11).

          2. Beklagter 4

            Die A. AG AG habe nie behauptet, die Sorbarix A20 Kissen seien Wundermittel. Aufgrund ihrer überragenden Aufsaugfähigkeiten seien sie aber, wie sich auch aus den diversen Prüfberichten u.a. von staatlichen Stellen (bekl. act. 4.28 - 4.33) ergebe, bei richtigem Einsatz ein äusserst taugliches und wertvolles Mittel zur Bekämpfung von Wasserschäden. Die Verkäufer der A. AG hätten zu Recht auf diese positiven Produkteigenschaften aufmerksam gemacht. Diese Aussagen würden auch nicht von den Herren W., P. und Bu. widerlegt. Vielmehr hätten genannte Personen lediglich persönliche Beurteilungen über die Möglichkeiten des Wiederverkaufs gemacht.

            Der Behauptung, wonach die A. AG-Verkäufer den Produkten Eigenschaften zugesprochen hätten, welche diese gar nicht aufweisen würden, werde widersprochen. Es sei offensichtlich, dass die Sorbarix A20 Kissen nicht geeignet seien, zur alleinigen Bekämpfung von Überschwemmungen bei Hochwasserkatastrophen zu dienen. Der

            Beklagte 4 könne ausschliessen, dass entsprechende Falschangaben gemacht worden seien (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 18 f., N 47; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 17 f., N 47).

          3. Beurteilung der Vorbringen und Beweisanträge der Parteien

          Der Untersuchungsrichter Lee fasste in der von den Klägern zum Beweis offerierten Überweisungsverfügung i.S. D. (kläg. act. 718, insb. S. 19), u.a. die Aussagen des Zeugen Gi. und Wie. (K5) zusammen. Vorab bleibt bezüglich dieses Beweismittels allerdings zu bemerken, dass eine Überweisungsverfügung im Zivilprozess grundsätzlich kein taugliches Beweismittel ist. Immerhin ergeben sich aus der genannten Zusammenfassung des Untersuchungsrichters erneut Indizien für das Verhalten des Beklagten 4 anlässlich von Verkaufsgesprächen, welche die diesbezüglichen Darstellungen der Kläger stützen. Demnach zeigte ihnen D. ebenfalls Produktebroschüren über Sorbarix A20 und habe ihnen erklärt, mit den Kissen könnten Barrieren, Abdichtungen und Sperren gebildet werden, dass die Kissen bei Überflutungen, Wasserschäden, bei Rohrbrüchen, durch Handwerker, Feuerwehren, Heizungsbauern, Installateuren gebraucht würden. Zudem habe er gegenüber Gi. geäussert, dass die A. AG erst gerade eine riesige Menge Kissen an die Mosel geschickt habe, da dort eine Überschwemmung gewesen sei. Gegenüber dem Kläger 5 habe der Beklagte 4 zudem behauptet, die Kissen seien in der Lage, innert kürzester Zeit Wasser zu binden, wenn das Wasser gebunden sei, hätten die Kissen die Wirkung eines Sandsackes, das weiteres Durchfliessen von Wasser verhindere. Die Kissen würden in Hochwassergebieten präventiv gelagert, u.a. von Hotels, auch Private und Grossabnehmer, Feuerwehren etc. würden die Kissen benützen. Bezüglich den zum Beweis offerierten kläg. act. 302 - 304 [Zeugeneinvernahmen K.] sowie kläg. act. 203 [Verkaufsgespräch mit Elektro Nenning] und die beantragte Zeugeineinvernahme von

          C. N. und R. N. wird auf die vorstehenden Erwägungen 13.1.3.4.ca und cb) verwiesen.

          Das des Weiteren zum Beweis offerierte Verkaufshandbuch (kläg. act. 100) besteht aus verschiedenen Werbeprospekten und vorgedruckten Formularen, Presseberichten, etc. Auf der ersten Seite von kläg. act. 100 ist das Bild einer überschwemmten Stadt zu sehen. Gemäss Aussage von K., welcher nur kurze Zeit bei der A. AG tätig war, bestanden solche Verkaufshandbücher für das Verkaufspersonal zumindest seines Wissens nicht (vgl. kläg. act. 303, Ziff. 13). Dahingegen sagte die langjährige

          Mitarbeiterin der A. AG, H., als Angeschuldigte im Strafprozess aus, sie habe ebenfalls einen entsprechenden Verkaufsordner besessen, dessen Inhalt ihr vom Beklagten 4 gegeben worden sei. Zudem sagten die Zeugen Gi. und Wie. im Rahmen der Strafuntersuchung gegen den Beklagten 4 aus, dass ihnen der Beklagte 4 im Rahmen der Verkaufsgespräche Produktbroschüren gezeigt habe (vgl. kläg. act. 718). Auf einem weiteren Produkte-Prospekt (kläg. act. 101, letzte Seite) wird das Sorbarix A20 Kissen als Alternative zu Sandsack und Sägemehl angepriesen. Ein wieder anderer Prospekt trägt die Headline: "Die revolutionäre Neuheit in Sachen Wasser-Absorption" (Wey. act. 4); ebenso auch der Prospekt gemäss Wey. act. 5 (Titelblatt eines A. AG-Prospektes für Sorbarix A20 mit der Headline "Die revolutionäre Alternative zu Sandsack und Sägemehl. - Leicht, handlich, kompakt. Und das bei höchster Effizienz"). Im kläg. act.

          122.11 werden sodann seitens der Kläger weitere Prospekte und Geschäftskorrespondenz der A. AG zum Beweis offeriert; so z.B.: A. AG- Produktprospekt Sorbarix A 20 mit Titel "Innovative customer-orientated solutions"; Testbericht der Branddirektion Frankfurt a.M. (Herr W.) vom 20. Februar 1990 betreffend Sorbarix A20 an die Ebiox System AG, Sursee (wesentlicher Inhalt identisch mit kläg. act. 109); Prüfbericht der EMPA [Überprüfung der Absorptionsfähigkeit von Sorbarix A20 bei Untertauchen und wenn das Kissen bloss auf Wasseroberfläche gelegt wird); Schreiben der Versicherung Colonia, Köln, vom 30.08.1994 an A. AG, worin unter anderem festgehalten wurde: "Wir werden unseren Kunden Ihr Produkt [Sorbarix A20] gerne weiter empfehlen."; Abfalldeklaration des Amts für Umweltschutz Kanton Basel Stadt; Prüfbericht des CNPP; Gutachten der Voralberger Umweltschutzanstalt vom 4.10.1990; Presseartikel; Schreiben vom Staatlichen Hochbauamt Freiburg (D) und vom Kath. Pfarramt St. Trupert, Münstertal (Bestätigung, dass durch Einsatz von Sorbarix A 20 wegen defektem Kirchendach Schäden an Deckengemälden vermieden werden konnten) und weitere Bestellungsschreiben.

          Im Rahmen der Beweiswürdigung sind sodann zu berücksichtigen: kläg. act. 731.13 und kläg. act. 729 [Einvernahmeprotokoll S. (Major der Feuerwehr Emmen): S. 3, Frage 6 (betreffend Zitat des Berichts der Feuerwehr Emmen in A. AG-Prospekt); S. 4 Frage alinea 1 (bezüglich Einsatzmöglichkeiten für Sorbarix A20); S. 4, Frage 9 (Erfahrungsbericht bezüglich Einsatz der Kissen); S. 5, Frage 14 (Keine Alternative zu Sandsack, teilweise Alternative zu Sägemehl); S. 5, Frage 15 u. 16 (bezügl. wirtschaftlich sinnvolle Einsatzmöglichkeiten für Sorbarix A20); S. 6, Frage 18-20

          (bezüglich Rentabilität des Einsatzes von Sorbarix A20 und das Preis- Leistungsverhältnis zu A. AG-Preisen)]; kläg. act. 731.13 [Rechtshilfeersuchen; Stellungnahme von Major S. zu Fragen von Untersuchungsrichter Lee bezüglich Bezugsquelle der Feuerwehr Emmen für Sorbarix A20; Stückpreis (rund Fr. 11.- / Stück); durchschnittlicher Jahresverbrauch: einzelne; etc.] sowie kläg. act. 734 [Einvernahme von M. N. durch Kantonspolizei AR vom 3.7.1996] und kläg. act. 553 [Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 18.4.1995]. Ebenso in die Beurteilung miteinbezogen werden die gemäss Zusammenfassung des Untersuchungsrichters Lee (vgl. kläg. act. 718, S. 19 letzter Absatz ff.) gemachten Aussagen des Zeugen Bu. / Schlauchweberei Ettiswil [Thek. allg. act. IA/16], die Aussagen des Zeugen W. / Feuerwehr Frankfurt a.M. [Thek. Allg. act. IA/24.4; IIIC/7 und 8] sowie die Aussagen der Gutachter Dr. J. E. und dipl. Ing. M. P. [Thek. Allg, act. VA/12 und 14]. Gemäss Zusammenfassung des Untersuchungsrichters beurteilen die genannten Personen die Qualitäten von Sorbarix A20 wie folgt: Bereits zu alten Ebiox-Preisen (ca. Fr. 12.-- / Stück) sei Sorbarix A20 ein Nischenprodukt mit sehr beschränkten Einsatzmöglichkeiten: kleine Wasserschäden, defekte Heizkörper, Abschluss von Tür- oder Fluröffnungen zur Verhinderung der Ausbreitung von Wasser in geringen Mengen; das Preis-Leistungsverhältnis habe schon zu Ebiox-Preisen nicht gestimmt. Die Kissen stellten Verbrauchsmaterial dar, das zu beträchtlichen Preisen nachbeschafft werden müsse. Ein Einsatz sei nur zum Schutz empfindlicher technischer Anlagen wirtschaftlich sinnvoll; zu A. AG-Preisen komme die Anwendung der Kissen aus wirtschaftlichen Gründen selbst bei blosser Verwendung kleiner Mengen kaum in Frage, und für grössere Wassermengen, Hochwasser, Überschwemmungen, Überflutungen von Kellern etc. falle eine Anwendung ausser Betracht. Aus praktischen Gründen falle die Anwendung ausser Betracht, da es (1) div. erheblich wirtschaftlichere, wiederholt einsetzbare und effizientere Mittel wie Pumpen, Sauger, mechanische Sperren und Schwellen, etc. gebe. (2) Wesentlicher Nachteil der Kissen sei: Sie könnten nicht wie behauptet als Sandsack verwendet werden, da sie auch im vollgesogenen Zustand mehr oder weniger das spezifische Gewicht von Wasser hätten und damit von grösseren oder fliessenden Wassermengen einfach weggeschwemmt würden. (3) Die behauptete Absorptionsleistung werde nur bei manuellem oder mechanischem Untertauchen der Kissen erreicht (ansonsten schwämmen sie obenauf).

          (4) Generell - ohne Berücksichtigung der Entsorgungskosten - sei ein Preis von ca. Fr.

          50.--, um zwei Kübel Wasser absorbieren zu können, zu hoch. (5) Auch der Abtransport der Kissen sei mit einigen Mühen verbunden. Zudem sei Wasser kein Schadstoff, der einer raschen Bindung ohne Ansehen der Kosten bedürfe (vgl. aber auch kläg. act 108 [Testbericht der Berufsfeuerwehr Emmen] und kläg. act. 109 [Einschätzung der Qualität und der Einsatzmöglichkeiten von Sorbarix A20 durch Herrn W., Branddirektor von Frankfurt a.M.].

          Zusammenfassend stellt das Handelsgericht bezüglich Täuschung über die Qualität, und den Verwendungszweck des Sorbarix A20 fest: Das Problem liegt weniger in den technischen Qualitäten des Sorabrix A20, obwohl dieses nie im seitens der A. AG und seitens der A. AG-Verkäufer suggerierten umfassenden Umfang eingesetzt werden konnte. So ist u.a. mit den genannten Produkteprospekten der A. AG für Sorbarix A20 belegt, dass durch Fotos von Überschwemmungen und Werbeslogans beim Adressaten genannter Prospekte der Eindruck entstehen musste, Sorbarix A20 sei eine vollwertige Alternative zum Sandsack, was nach Einschätzung der Praktiker und Fachleute aufgrund des geringen Eigengewichts des Kissens (400gr) nachvollziehbar nur sehr eingeschränkt der Fall ist. Das Hauptproblem sieht das Handelsgericht im Einklang mit den Einschätzungen der Praktiker vielmehr darin, dass aufgrund der Kosten-Nutzenanalyse der Einsatz eines Sorbarix A20 Kissens nur sehr beschränkt sinnvoll ist; mithin für dieses Nischenprodukt nur ein sehr beschränkter Absatzmarkt besteht (vgl. hierzu nachfolgend Erw. 13.1.3.6). In diesem Zusammenhang kann eine Täuschung der potentiellen Vertragspartner der A. AG anlässlich der Verkaufsgespräche über den realistischen Umfang des Verwendungszwecks der Sorbarix A20 Kissen festgestellt werden. Aufgrund genannter Angaben von Gesprächspartnern des Beklagten 4 anlässlich von Verkaufsgesprächen, sind entsprechende nicht realistische Anpreisungen bezüglich Verwendungszweck des Sorbarix A20 auch vom Beklagten 4 gemacht worden. Jedenfalls beurteilt das Handelsgericht die diesbezüglichen Bestreitungen des Beklagten 4 als nicht glaubwürdig.

        6. Zur Täuschung über Preise und Vermarktungschancen von Sorbarix A20

          1. Kläger

            Durch die enthusiastischen Schilderungen der Verkäufer der A. AG (auch des Beklagten 4) gegenüber den Depositären betreffend fantastischen Vermarktungschancen und Gewinnmargen beim Vertrieb der Sorbarix-Kissen seien die Interessenten auch über die Preise und Vermarktungschancen des Produktes irregeführt worden (HG.1999.54-HGK: Replik, S. 50 ff.; HG.1999.55-HGK: Replik, S. 48 ff.; BO: kläg. act. 200, 731.15, 734, 734.1, 553; T. S. als Zeuge; Einholung eines

            betriebswirtschaftlichen Gutachtens; kläg. act. 949.2, 731.13, 553; Wey. act. 3; kläg. act. 122.3). Die bei den Depositären erzeugte Vorstellung das Kissen sei konkurrenzlos, da die A. AG das europa- und weltweite Patent halte, sei ebenfalls eine irreführende Angabe gewesen. Es habe von Anfang an eine starke Konkurrenz im Feuerwehrfachhandel bestanden, welche das Produkt zu rund drei bis fünf Mal günstigeren Bedingungen verkauft hätten (kläg. act. 949.2, 734, 553, 731.13). Neben grossen Lagern der bisherigen Generalvertretungen sei ein Konkurrenzprodukt serienreif entwickelt worden, welches ohne Patentverletzung den Markt abgedeckt habe (Herr M. Bu., VRP, c/o Schlauchweberei Ettiswil, als Zeuge; Weyrich act. 3; kläg. act. 122.3; vgl. auch weitere Ausführungen in HG.1999.54-HGK: KS, S. 23 ff.; KS, S. 21 ff. und HG.1999.54-HGK: Replik, S. 100 f.; HG.1999.55-HGK: Replik, S. 97 f. betreffend Preisgestaltung und Marktchancen des Produktes). Allein durch die falschen Empfehlungen und die falsche Preispolitik seitens der A. AG sei die Vermarktungschance für die A. AG-Depositäre praktisch null gewesen und diese seien auf den Kissen "sitzen" geblieben (HG.1999.54-HGK: Replik, S. 101 f.; HG.1999.55- HGK: Replik, S. 98 f.; BO: kläg. act. 553, 731.13, 734).

          2. Beklagter 4

            Der Beklagte 4 bestreitet eine Irreführung der Depositäre über die Preise und Vermarktungschancen durch die Verkäufer. Insbesondere bestreitet er mit Nachdruck, dass er "..... in allen bekannten Fällen darauf hingearbeitet habe, von den Geschädigten mittels einer geschickt aufgezogenen Täuschungsstrategie preis- und mengenmässig unrealistische Verträge über Produkte mit allergeringsten Vermarktungschancen zu erwirken." Die Kläger blieben denn auch jeden Beweis schuldig. Wenn sich die Käufer über das Preis-/Leistungsverhältnis der Produkte falsche Vorstellungen gemacht hätten, sei dies nicht von der A. AG zu vertreten. Die Behauptung, wonach die Verantwortlichen der A. AG (und damit auch der Beklagte 4)

            deliktisch gehandelt hätten, wird vom Beklagten 4 bestritten. (HG.1999.54-HGK: KA4,

            S. 14., N 29; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 13, N 29). Wenn die Kläger behaupteten, es handle sich beim Sorbarix A20-Kissen um ein Produkt, dessen Vertrieb aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Frage komme, so würden sie die Regeln des freien Marktes verkennen, wo sich Angebots- und Nachfragekurven bei der Preisbildung kreuzten (HG.1991.54-HGK: KA4, S. 13, N 27; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 5 f., N 3). Die

            Ansetzung eines im Verhältnis zur Konkurrenz höheren Preises rechtfertige für sich alleine keinesfalls die Annahme einer schädigenden Handlung, für welche die Organe der A. AG einzustehen hätten. Die von den Klägern konstruierte Pflicht des Verwaltungsrates, den Markt bezüglich allfälliger Konkurrenzprodukte und Preisgefüge zu beobachten, müsse sich den Vorwurf der Naivität gefallen lassen. Der Markt orientiere sich grundsätzlich nach den Regeln von Angebot und Nachfrage. Es sei abwegig, dem Verwaltungsrat eine entsprechende Überwachungspflicht aufzuerlegen und aus der angeblichen Verletzung derselben Verantwortlichkeitsansprüche gegen die Beklagten ableiten zu wollen. Die Überprüfung von Preisen der Konkurrenz falle grundsätzlich nicht in die Kompetenz des Verwaltungsrates, sondern sei Sache der operativ tätigen Mitarbeiter der Unternehmung. Der Ruin der A. AG habe denn - entgegen den Behauptungen der Kläger - auch nichts mit der Preisbildung zu tun (HG. 1999.54/55-HGK: Duplik, S. 16, Ziff. 46 u. 49). Die Ausführungen der Kläger belegten weder eine Schädigung noch einen Schaden. Ihre bestrittenen Angaben liessen lediglich darauf schliessen, dass sich die Kläger über die Verwendbarkeit des Produktes und die Chance geirrt hätten, ein ähnliches Produkt (minderer Qualität) bei Konkurrenten günstiger einzukaufen. Daraus könne den Mitgliedern des Verwaltungsrates allerdings kein Vorwurf gemacht werden. Gleiches gelte, wenn sich die Kläger über die Chancen einer Massenverwendung dieser Produkte geirrt hätten (HG.1999.54/55-HGK: Duplik, S. 21 f., Ziff. 68 ff.).

          3. Beurteilung der Vorbringen und Beweisanträge der Parteien

          Die Kläger offerieren diverse Aussagen von Drittpersonen gegenüber Untersuchungsrichter Lee wie z.B. von Major S. von der Feuerwehr Emmen (kläg. act. 731.13) und von M. N. von der F.+ N. GmbH, welche Handel mit Feuerschutzanlagen und Service als Hauptgeschäftstätigeit betreibt (kläg. act. 734 und 734.1). S. gibt an, die Feuerwehr Emmen habe die Sorbarix zum Stückpreis von rund Fr. 11.-- / Kissen

          eingekauft (kläg. act. 731.13, S. 2). Auf die Frage des Untersuchungsrichters an Herrn

          M. N., woher und zu welchem Preis er die Sorbarix-Kissen bezogen habe, gibt dieser an, er habe sie direkt bei der Schlauchweberei Ettiswil/AG bezogen zu einem Einstandspreis von Fr. 274.-- / 40 Stück ohne WUST. Sein letzter Verkaufspreis habe bei Fr. 472.-- / 40 Stück inkl. MWST betragen. Er habe in den Jahren 1991 bis 1993 durchschnittlich ca. 35 Schachteln à 40 Stück pro Jahr verkauft. In einem Schreiben von Herrn Bu. der Schlauchweberei Ettiswil vom 3. Juni 1994 an die M. Schreinerei

          AG, ... (kläg. act. 949.2) teilt dieser auf Anfrage von Herrn M. mit, die Preise für Sorbarix A20 lägen bei ihnen nach wie vor bei Fr. 11.80 pro Kissen, d.h. pro Karton mit 40 Stück bei Fr. 472.--. Für den Wiederverkauf gäben sie zudem gegen G.E. 30 % Rabatt. (...). Zur Zeit befänden sich einige tausend Kissen bei ihnen an Lager. Diese sollten erfahrungsgemäss bis Ende 1995 genügen. (...) Die Firma Ebnöter habe sich nicht mit dem Preis verkalkuliert, sondern lediglich mit der damals angenommenen Bedarfsmenge. Diese sei weit überschätzt worden, sodass kurzum ein Übernahmeinteressent für die Restmenge gesucht und in der Firma A. AG gefunden worden sei.

          Als weiteres Beweismittel wird das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 18. April 1995 (kläg. act 553) offeriert. Das Bezirksgericht Linz kommt darin zum Schluss:

          "Auf Fax-Anfrage der beklagten Partei vom 21.1.1994 hin offerierte die Firma Rosenberger die streitgegenständlichen Wasserschutzkissen um öS 90.-- pro Stück exkl. MWST, so dass nachweislich bis zu diesem Zeitpunkt keine einheitliche Preisgestaltung am Markt durch die klagende Partei [A. AG] erzielt wurde." (S. 9). (...) "Was die qualitative Beschaffenheit der Produkte betrifft, so gelangte das Gericht zur Auffassung, dass die Wasserschutzkissen als Alt- und Neuerzeugung als gleichwertig - mithin konkurrenzfähig - anzusehen sind. Dies ergibt sich - abgesehen davon, dass die Kissen aus beiden Beständen dieselbe Bezeichnung "Sorbarix A20" tragen, was schon auf annähernd gleiche Qualität schliessen lässt - (...). Die vom Zeugen S. angegebene Produktverbesserung hinsichtlich Beschleunigung der Absorptionsfähigkeit und einer Erhöhung der Wasseraufnahmekapazität gegenüber den Altbeständen erachtet das Gericht nicht als entscheidende Qualitätsverbesserung des streitgegenständlichen Produktes; derartige Schwankungen können - wie auch aus der Produktmappe (...) hervorgeht - durch den Wasserhärtegrad bedingt sein, sodass die Produkte aus Alt-

          und Neubeständen als im grossen und ganzen gleichartig, mithin primär konkurrenzfähig, anzusehen sind" (S. 10).

          Ferner werden Kalkulationsgrundlagen der A. AG für Sorbarix absorbierende Wasserschutzkissen für Wiederverkäufer gültig ab Januar 1994 (Wey act. 7 [Kläger 7]) bzw. gültig ab Februar 1995 (kläg. act. 122.3) zum Beweis offeriert:

          Wey. act. 7:

          Rabattgruppe Stückzahl Produkt Stückpreis (Netto)

          1. 54 SORBARIX-Haushaltpackages SFR. 1'170.-- per Package

          2. 108 SORBARIX-Haushaltpackages SFR. 1'053.-- per Package III 216 SORBARIX-Haushaltpackages SFR. 948.-- per Package

          1. 54 SORBARIX-Industriepackages SFR. 2'946.-- per Package

          2. 108 SORBARIX-Industriepackages SFR. 2'710.-- per Package III 216 SORBARIX-Industriepackages SFR. 2'493.-- per Package

          "Ein Haushaltpackage enthält 40 Kissen, ein Industriepackage 120 Kissen. Obige Preise verstehen sich ohne MWST...

          Für Dispositionen unterhalb Rabattgruppe I erhöhen sich die oben aufgeführten Preise um 4 - 7 %."

          Kläg. act. 122.3:

          Rabattgruppe Stückzahl Produkt Stückpreis (Netto)

          1. 54 SORBARIX-Haushaltpackages SFR. 1'370.-- per Package

          2. 108 SORBARIX-Haushaltpackages SFR. 1'235.-- per Package

          3. 216 SORBARIX-Haushaltpackages SFR. 1'110.-- per Package I 54 SORBARIX-Industriepackages SFR. 3'450.-- per Package

          II 108 SORBARIX-Industriepackages SFR. 3'170.-- per Package III 216 SORBARIX-Industriepackages SFR. 2'920.-- per Package

          "Ein Haushaltpackage enthält 40 Kissen, ein Industriepackage 120 Kissen. Obige Preise verstehen sich ohne MWST...

          Für Dispositionen unterhalb Rabattgruppe I erhöhen sich die oben aufgeführten Preise um 4 - 7 %."

          Dass die Konkurrenzprodukte minderwertig gewesen seien, wie dies der Beklagte 4 behaupten lässt, wurde bereits durch das Bezirksgericht Linz mit überzeugender Begründung verneint (vgl. vorzitiertes kläg. act. 553, S. 10) bzw. von den Beklagten weder glaubwürdig dargetan, noch hinreichend bewiesen. Wie das Bezirksgericht Linz in zitiertem Entscheid weiter festhielt, waren die A. AG-Depositäre zumindest bis 1994 nicht die einzigen möglichen Bezugsquellen für Sorbarix A20 für die Endverbraucher. Damit hatten sich die A. AG-Depositäre der Konkurrenz auf dem Markt zu stellen. Aus der Einvernahme Neff (kläg. act. 734), und der Stellungnahme von H.P. Spring (kläg. act 731.13) sowie aus dem Schreiben der Schlauchweberei Ettiswil (kläg. act. 949.2) geht hervor, dass der Marktpreis für Sorbarix A20 für den Endverbraucher bei ca. Fr. 12.-- / Kissen lag. Der Einstandspreis lag nach Aussage Neff bei rund Fr. 7.-- / Kissen. Nun ergibt sich jedoch aus den eingereichten Kalkulationen der A. AG (Wey act. 7 und kläg. act. 122.3), dass der Einstandspreis (ohne Gewinnmarge für den Depositär) für Sorbarix A20 Kissen je nach abgenommener Menge Haushaltpackages und Rabattgruppe (1994) zwischen Fr. 23.70 und Fr. 29.25 / Kissen bzw. (1995) zwischen Fr. 27.75 und Fr. 34.25 / Kissen lag. Dass bei diesen Preisen zum Vornherein keine reellen Absatzchancen für die A. AG-Depositäre bestanden, bedarf kaum weiterer Worte. Der Beklagte 4, als Geschäftsleitungsmitglied und A. AG-Verkäufer musste über die Marktstruktur Bescheid wissen und wusste nach eigenen Angaben darüber auch Bescheid (vgl. kläg.act. 733, S. 2 oben). Auch musste ihm klar sein, dass zu den von

          der A. AG kalkulierten Preisen kaum Abnehmer zu finden sind, die bereit sind, solche Preise (+ Gewinnmarge für den Depositär) zu bezahlen, um zwei Eimer Wasser zu absorbieren und zusätzlich noch die Entsorgungskosten für die Einwegkissen zu tragen. M.a.W. wusste der Beklagte 4, dass das Preis-Leistungsverhältnis zu A. AG- Preisen überhaupt nicht mehr stimmte. Dem Beklagten 4 musste beim Verkaufsgespräch ferner klar sein, dass er dem Depositär Ware zu einem Einstandspreis verkaufte, die für letzteren im Endverkauf zu diesem Preis unverkäuflich war. Vor diesem Hintergrund behaupten die Kläger zu Recht, die mit den Depositären vereinbarten Einstandspreise und Absatzmengen seien als "unrealistisch" zu bezeichnen. Die Ausführungen des Beklagten 4 bezüglich Preisbildung am Markt laufen dagegen ins Leere. Denn nach dem Vertriebssystem der A. AG (vgl. hierzu nachfolgende Erw. 13.1.3.7) musste nicht diese, sondern ihre Depositäre die Produkte gegenüber den eigentlichen Endabnehmern absetzen. Nicht die A. AG, sondern die Depositäre standen im Konkurrenzkampf von Angebot und Nachfrage. Die Depositäre hatten jedoch ihrerseits auf die Preisgestaltung der A. AG keinerlei Einfluss. Vielmehr forderte die A. AG mittels Werbemailings mit irreführendem Inhalt die Depositäre auf, sich bei Interesse der Übernahme einer Funktion als "Servicestelle" zu melden, um ihnen sodann im Rahmen der eigentlichen Verkaufsgespräche die Verwendbarkeit und die Nachfrage nach Sorbarix A20 in einem Umfang zu suggerieren, welche in Bezug auf die Kosten-Nutzenrelation speziell zu von der A. AG kalkulierten Preisen mit Sicherheit nicht gegeben war.

          Wie dargelegt wusste der Beklagte 4, dass auch andere Anbieter dieses Nischenprodukt zu um ein Mehrfaches günstigeren Preisen am Markt anboten und bereits zu diesen Preisen aufgrund der Kosten-/Nutzenrelation ein beschränkter Absatzmarkt bestand, und dass damit zu den um ein Mehrfaches höheren Preisen der

          A. AG kaum Absatzchancen für die Depositäre bestanden. Wenn nun der Beklagte 4 im Wissen um die Preisverhältnisse am Markt und in Mitverantwortung der Preisgestaltung der A. AG den Depositären solche Sorbarix A20 Kissen zu A. AG-Preisen verkaufte, indem er ihnen suggerierte, es bestünden zumindest gute Absatzchancen, muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er damit den Vertragspartnern wissentlich zu genannten A. AG-Einstandspreisen unverkäufliche Ware anbot, sie mithin bewusst über die Preise am Markt und die damit verbundenen Absatzchancen täuschte.

        7. Zur Täuschung über das Vertriebssystem der A. AG

          1. Kläger

            Zur Absicherung des Lügengebäudes und zur Aufrechterhaltung der Täuschung der Käufer sei von der A. AG ein sog. "Versicherungsservice" erfunden worden. In den Werbeschreiben, Inseraten, Telefongesprächen und auch in den Verkaufsgesprächen sei stets aufs Neue suggeriert worden, die A. AG übernehme die Werbung bei den Versicherungen, Feuerwehren und anderen Grossverwendern der Absorptionskissen. Insbesondere sei den Interessierten vorgegaukelt worden, die A. AG unterhalte intensive Beziehungen zu den Versicherungen und Berufsfeuerwehren (HG.1999.54- HGK: Replik, S. 46 f.; HG.1999.55-HGK: Replik, S. 44 f.; BO: kläg. act. 203, S. 2 ff., 6 f.,

            9 f.; kläg. act. 726, 200, 727, 731, S. 3 Ziff. 110; kläg. act. 731.1 - 731.3; Paud. act. 14). Die Verkäufer hätten auch Versicherungen wie Colonia, Winterthur, Allianz usw. genannt (BO: kläg. act. 203, S. 9 unten). Es hätten jedoch mit keiner der Versicherungen Zusammenarbeitsverträge bestanden, welche die Werbeaussagen gerechtfertigt hätten (HG.1999.54-HGK: Replik, S. 98 f.; HG.1999.55-HGK: Replik, S. 95 f.; BO: kläg. act. 949.29 - 949.36; kläg. act. 958.2; Edition von Berichten der Hauptsitze der übrigen von der A. AG genannten Versicherungsgesellschaften). Vielmehr habe dieser Versicherungsservice bei der A. AG im eigentlichen Sinne gar nicht existiert. Die Tätigkeit des "Versicherungsservices" habe nämlich im Wesentlichen darin bestanden, die Depositäre, nachdem sie die Ware bezahlt und erhalten hätten, anzuschreiben, um sie zu bitten, zwei bis fünf Versicherungsadressen zu liefern. Nachdem die Depositäre die entsprechenden Adressen geliefert hatten, seien lediglich die vom Depositär genannten Versicherungsagenturen im Umkreis des "Vertriebspartners" mittels Standardbrief und beigelegter Informationscheckhefte über dessen "Versorgungsbereitschaft" informiert worden (HG.1999.54-HGK: KS, S. 38; HG. 1999.55-HGK: KS, S. 36; BO: Verweis auf Aktenstücke aus den Strafakten; Schm. act. 26 - 32, et al.; vgl. auch kläg. act. 303, Ziff. 17 [Aussage von K.]). Darüber hinaus habe die A. AG überhaupt keinen Support geleistet. Über diese "Nachbehandlung" sei in jedem einzelnen Fall auf einem Formular Protokoll geführt worden (HG.1999.54-HGK: Replik, S. 103 ff. HG.1999.55-HGK: Replik, S. 100 ff.; BO: kläg. act. 726 [Zeugenaussagen von H.]; kläg. act. 958.5, 978.3; Wied. act. 21 et al.).

            Das Suggerieren des nichtvorhandenen Vertriebssystems werde zudem auch durch ein Schreiben eines niederländischen Anwalts belegt. Dieser habe im Auftrag der A. AG

            u.a. einem Gesprächstermin von H. mit Interessenten beigewohnt und sei dabei zum Schluss gekommen, dass der Käufer anhand des Gesprächs sehr einfach den Eindruck bekommen könne, dass alle Verkäufe von Kissen über die Versicherungen laufen würden, ohne dass er selbst noch etwas zu tun brauche (HG.1999.54-HGK: KS, S. 55; HG.1999.55-HGK: S. 53; BO: kläg. act. 958.0; Edition der Aussagen im Strafverfahren H.).

          2. Beklagter 4

            Wenn die Kläger behaupteten, die A. AG-Verkäufer hätten ihre Käufer bewusst mit falschen Informationen beliefert, wonach sie lediglich Depositär für ihre Region seien, werde dies mit Nachdruck bestritten (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 18, N 46; HG.1999.55- HGK: KA4, S. 17, N 46). Vielmehr sei der Verkauf an die Endabnehmer nicht Sache der

            A. AG, sondern der Wiederverkäufer gewesen (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 13 f., N 28; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 12 f., N 28). Wenn die Kläger das Chancen-Risiko-Verhältnis falsch beurteilt hätten, gehe es nicht an, diese Falschbeurteilung als Basis für Verantwortlichkeitsansprüche gegen die Beklagten zu benützen (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 15, N 32; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 14 f., N 32). Es sei des Weiteren

            wahrheitswidrig, wenn die Kläger behaupteten, in ihren Mailings habe die A. AG irgendwelche Verpflichtungen abgegeben, für die Sorbarix A20-Kissen Werbung zu betreiben (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 22, N 72; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 21, N 72).

            Die Kläger monierten unter dem Titel "Zusammenarbeit mit Versicherungen" unwahre Behauptungen in der Werbung sowie Falschaussagen bezüglich Herstellung von Kontakten mit den Versicherungen. Ihre Darstellung unterlegten sie mit nicht datierten Mustergesprächen sowie mit Aussagen, welchen der Bezug zu den von den Klägern geltend gemachten Forderungen gänzlich fehle. Der Beklagte 4 weise diesbezüglich auf die umfangreichen Kontakte seitens der A. AG mit den Versicherungen hin. Zur Kontaktherstellung habe die A. AG Hunderte von Schreiben an Versicherungen oder Versicherungsagenturen, Feuerwehren etc. versendet, um den Wiederverkäufern ihre Arbeit, bzw. den Vertrieb der Produkte zu erleichtern. Insbesondere sei intern ein entsprechendes Servicecenter geführt worden (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 17, N 38 f.; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 16, N 38 f.; BO: Zeugenaussagen von E. , und Z.; Parteiaussage des Beklagten 4). Die Kläger vermöchten denn auch nicht darzulegen, inwiefern die Qualität dieser Kontakte ihre Ansprüche aus Verantwortlichkeit gegenüber

            den Mitgliedern des Verwaltungsrates zu begründen vermöchten (HG.1999.54/55-HGK: Duplik, S. 21 Ziff. 64 f.). Der Beklagte 4 bestreitet explizit, es sei behauptet worden, die

            A. AG habe bereits so gute Beziehungen zu Versicherungen und Feuerwehren hergestellt, dass die Kläger sich nur noch in ein gemachtes Nest setzen müssten, in welchem ihnen der Gewinn gleichsam, ohne weiteres Zutun, in den Schoss fallen würde. Wenn tatsächlich solche Versprechungen gemacht worden wären, hätte dies keine andere Konsequenz gehabt, als dass die Kläger in ein bereits bestehendes Vertriebssystem mit gesicherten, vertraglichen Beziehungen zu Versicherungen und Feuerwehren Einsitz hätten nehmen können und ihre Aufgabe lediglich noch darin bestanden hätte, die Buchhaltung zu führen und fortlaufend den ihrer Firma entstehenden Gewinn aufzuaddieren. Ein solch altruistisches Verhalten seitens der A. AG hätten die Kläger aber mit Fug nicht erwarten können (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 16, N 37; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 15, N 37).

          3. Beurteilung der Vorbringen und Beweisanträge der Parteien

          Zum Beweis ihrer Behauptungen legen die Kläger u.a. Muster für das "Verkaufsgespräch Sorbarix" (kläg. act. 200) ins Recht. Darin werden den A. AG- Verkäufern für das mündliche Verkaufsgespräch Formulierungsvorschläge gemacht:

          "Wir suchen sozusagen für die Versicherungsgesellschaften und Feuerwehren in Ihrem Bereich einen kompetenten Betrieb, der diesen Service übernehmen kann, denn wir vermarkten dieses Produkt inzwischen eigentlich hauptsächlich über die Versicherungsschiene, (...)."(S. 1)

          "Das wichtigste ist natürlich die Vermarktung und es wird jetzt so sein, dass wir Versicherungsgesellschaften und Feuerwehren in Ihrem Bereich darauf hinweisen, dass Ihre Firma diesen Service übernommen hat und die Versicherungen ab sofort Ihre Kunden hier zuweisen können. (...). Jede Versicherungsagentur erhält dazu auch ein sogenanntes Informationscheckheft, wo sie vorgängig ihren Stempel aufdrücken. Wenn der Versicherungsberater nun seinen Kunden in Sachen Gebäude- und Wasserversicherung berät, reisst er so einen Coupon heraus, gibt das dem Kunden mit dem Hinweis, sich solche Kissen zu besorgen, da die Versicherung natürlich im

          Schadenfall lieber die Kissen rückerstattet, als den Schaden zu bezahlen. Zudem wird dem Kunden Ärger erspart." (S. 2)

          Beim Vergleich dieses Mustergesprächs (kläg. act. 200) mit dem sehr detaillierten Protokoll des Verkaufsgesprächs zwischen den C. N., R. N. und H. (kläg. act. 203, S. 2 ff., 6 f., 9 f.) fällt auf, dass sie inhaltlich bezüglich der Beschreibung des Vertriebssystems bzw. der Vermarktung des Produktes im Wesentlichen übereinstimmen:

          H. [...] soll gesagt haben: "Und Sie sehen natürlich sehr geeignet für die Feuerwehr - aber das Hauptgeschäft machen die Versicherungen, die empfehlen uns weiter als Vorbeugung, genau gleich wie ein Feuerlöscher für das Feuer ist das für Wasserschäden an allen Objekten, die gefährdet sind durch Wasserschäden" (vgl. S. 2 des Protokolls).

          (...)

          H: "(...), die arbeiten nur über die Versicherungsschiene, die empfehlen das Produkt weiter aus eigenem Interesse, wieso sollen die das weiterempfehlen, wenn es keinen Nutzen hat, die sagen man kann die Schäden bis um 80% reduzieren, aber nur wenn es [Sorbarix A20] vorhanden ist." (...) und da brauchen wir im Prinzip nur einen Stützpunkt, weil die Versicherungen, die machen die ganzen Weiterempfehlungen, aber die dürfen das Produkt nicht verkaufen, wir brauchen einen Stützpunkt vor Ort, wohin die ihre Kunden schicken können".

          N. [...]: "Was wäre unsere Aufgabe in Ihrem System"

          H: "Wir machen das mit jeder Firma gleich, nicht nur mit Ihrer Firma. D.h. die Versicherung bearbeitet den Markt und die schicken nachher die Leute zu Ihnen und da geht es dann auf Bestellung, aber die sind schon vorinformiert von der Versicherung."

          (...)

          N: "Wer kommt da: Die Versicherungskunden"

          H: "Das ist richtig (...) die Versicherungen haben doch tagtäglich Kundenkontakt und alle Objekte die gefährdet sind durch Wasserschäden, da empfehlen die Versicherungen das jetzt weiter und die schicken die Kunden zu ihnen."

          (S. 4) (...) "das heisst alle Versicherungen, Immobiliengebäude und Sachversicherungen haben Interesse, die empfehlen das Produkt doch weiter oder schreiben es vor das kostet denen doch gar nichts."

          N: (...) Und unsere Firma macht natürlich die ganze Werbung, weil Sie alleine könnten das nie machen (...)."

          H: "D.h. wir werden einen Teil von den Versicherungen mit Ihrer Firmenadresse kontaktieren und da sind Sie jeweils der einzige Ansprechpartner und dadurch haben Sie den Kundenkreis der Versicherungen".

          N: (S. 7): "Das heisst es wird auch in den Medien beworben" H: "Das ist richtig, aber alles über unsere Firma."

          N: "Die Medienaussendungen macht nur die Firma A. AG" H: "Das ist richtig, (...)." (vgl. S. 3 des Protokolls):

          Solche Aussagen des Verkäufers bezüglich Vertriebssystem muss der potentielle Depositär so verstehen, dass er eigentlich nur darauf zu warten braucht, bis die Versicherungskunden bei ihm einkaufen. Die Kläger 5, 10 und 15 behaupten nun, auch der Beklagte 4 habe im Rahmen der Verkaufsgespräche entsprechende Aussagen gemacht und ihnen versichert, eigene Verkaufsbemühungen seien nicht notwendig; es sei bloss das Telefon ständig besetzt zu halten, wegen der hohen Nachfrage.

          Aus dem Einvernahme von H. durch das KURfWD vom 28.2.1997 (kläg. act. 726) geht weiter hervor, dass sie u.a. vom Beklagten 4 bezüglich Führung von Verkaufsgesprächen instruiert worden ist:

          H: "Bei der A. AG waren meine Vorgesetzten die Herren D., E., C., Van het V. und Frau

          Z. (Chefin Terminplanung). (...)"(Auszug aus Protokoll, S. 3)

          H: "Herr D. war mein Vorgesetzter im Verkauf. Auch seine Weisungsbefugnis war umfassend, d.h. für alle Bereiche." (Auszug aus Protokoll, S. 4):

          H: "Eine Verkäuferschulung im eigentlichen Sinne gab es nicht. Man ging einfach ein paar Mal mit einem anderen Mitarbeiter zum Gesprächstermin und musste es nachher können. (..) Ich ging, wie bereits erwähnt, ein paar Mal vor meinem ersten selbständigen Gespräch mit Herrn D. zu seinen Verkaufsgesprächen mit. (...) Er sagte, ich solle die Verkaufsgespräche so führen, wie er dies getan hatte" [hier wird insbesondere der Nichteintrag der Totalsumme hervorgehoben]. (Auszug aus Protokoll,

          S. 4)

          H: "Bei den Verkaufsgesprächen der anderen Verkäufer, bei denen ich dabei war, wurden die Gespräche eigentlich mehr oder weniger so abgewickelt, wie es im "Verkaufsgespräch Sorbarix" steht. Dies betrifft die Gespräche der Herren D., (...)." (Auszug aus Protokoll, S. 7)

          Im Rahmen der Einvernahme durch das KURfWD sagte H. diesbezüglich ferner aus: (kläg. act. 731; Protokoll vom 3.3.1997, S. 3, Ziff. 10):

          UR: "(...): Traf es zu ihrer Zeit zu, dass die A. AG "für Versicherungen vor Ort einen kompetenten Betrieb" suchte; Verwendeten Sie dieses Argument auch bei Ihren Terminen bei Kunden"

          H: "Das entspricht einfach dem, was man uns seitens der Geschäftsleitung immer sagte, dass die A. AG eng mit Versicherungen zusammenarbeite, dass quasi für die Versicherungen gesucht werde. In Einladungsgesprächen und Verkaufsgesprächen sagte ich einfach jeweils, die A. AG arbeite sehr eng mit Versicherungen zusammen, wie Herr D. dies gesagt hatte und wovon ich gemäss den Unterlagen im Verkaufsordner auch ausging. Diese Angaben waren ja auch im "Verkaufsgespräch Sorbarix" und im Leitfaden für das tel. Einladungsgespräch enthalten."

          (kläg. act. 730; Protokoll der Einvernahme vom 3.3.1997): (Auszug aus dem Protokoll, S. 6, zu Ziff. 5 und S. 7, zu Ziff. 15):

          UR: "Welches waren neben Ae. und De Am. die Versicherungen, mit denen die A. AG zusammenarbeitete"

          H: "Un. und Na. Ne., Co., Be., Wi., Ll. hatten ihr Interesse angemeldet. Ob eine Zusammenarbeit bestand, kann ich nicht beurteilen. Uns sagte man einfach, es bestehe eine enge Zusammenarbeit (siehe auch das Werbeschreiben)."

          (...)

          UR: Was verstand die Firma A. AG unter "Service"

          H: Jede Versicherung hätte Kundenadressen (von A. AG-Kunden) erhalten sollen. Meines Erachtens sollte dies bedeuten, dass der Kunde nachher mit Versicherungen zusammenarbeiten könne, dass die Versicherungen ihm die Kunden schicken würden."

          Diese Aussagen von H. lassen zumindest Zweifel an der Bestreitung des Beklagten 4 aufkommen, er habe nie behauptet, die A. AG habe bereits so gute Beziehungen zu Versicherungen und Feuerwehren hergestellt, dass die Kläger sich nur noch in ein gemachtes Nest setzen müssten, in welchem ihnen der Gewinn gleichsam, ohne weiteres Zutun, in den Schoss fallen würde. So wie das Mustergespräch und die von D. geschulte Zeugin die Hauptvermarktungslinie über die "Versicherungsschiene" darstell(t)en, muss der unbefangene Zuhörer dies vielmehr genau so verstehen, dass er den Markt nicht selbst bearbeiten muss, dies vielmehr die Versicherungen in ihrem eigenen Interesse für ihn besorgen würden, was nach den Behauptungen des Beklagten 4 eben gerade nicht der Fall war. Die Zweifel an den Bestreitungen des Beklagten 4 werden weiter verstärkt, wenn man die diesbezüglichen Aussagen des Zeugen K. in die Beurteilung miteinbezieht (kläg. act. 727 [Einvernahmeprotokoll K. durch KURfWD vom 7.3.1996]):

          (Auszug aus dem Protokoll, S. 2, Ziff. 2 und 3)

          UR: Wer hat Sie persönlich bei der Firma A. AG auf Ihre spätere Verkaufstätigkeit vorbereitet"

          K.: "Das waren die Herren E., D. und C." (...) "Die eigentliche Verkaufstätigkeit als solche haben mir Herr D. im Innendienst und Herr C. im Aussendienst vermittelt. Dies geschah dadurch, dass ich bei den Verkaufsgesprächen der Herren D. und C. als Zuhörer einsass, wenn sie die Gespräche mit der Kundschaft führten."

          (Auszug aus dem Protokoll, S. 2, Ziff. 4):

          UR: "(...). und wie wurden die Verkaufsgespräche von wem abgewickelt

          K.: Grundsätzlich haben sich die Verkaufsgespräche so abgewickelt, wie das auch in den beiden Verkaufsanleitungen (act. III/4A und 5) geschrieben steht".

          und weiter in kläg. act. 303, Ziff. 17 f. [Protokoll der Zeugeneinvernahme von K. vom 4.05.1995 durch KURfWD]:

          (Auszug aus dem Protokoll, S. 4, Ziff. 18):

          UR: "Ist es richtig, dass die Vertreter der Firma A. AG ihren potentiellen Kunden anlässlich der Akquisitionsgespräche vorspiegeln, dass sie, die A. AG, eine regionale Servicestelle, bzw. eine Art Depositär suchen und sich selbst um die Akquisitionen von potentiellen Endabnehmern kümmern würden, während in Wirklichkeit die wahre Absicht der A. AG darin besteht, dieser sogenannten "Servicestelle" möglichst viele Produkte zu verkaufen, ohne sich auch nur im Geringsten um die Rekrutierung von Endabnehmern zu kümmern"

          K.: "Dieser Vorwurf trifft im Wesentlichen zu. Allerdings hat die A. AG nie behauptet, sich um die Endabnehmer direkt zu kümmern, sondern es wurde dem A. AG-Kunden in Aussicht gestellt, dass die Endkonsumenten von selbst bei A. AG-Kunden einkaufen, weil ja vorgängig Versicherungsgesellschaften, Feuerwehren, (...) über die Bezugsmöglichkeit beim A. AG-Kunden informiert würden (...)."

          Zum selben Schluss kam auch das Kreisgericht St. Gallen in seinem Urteil vom 15.1./9.7.1997 (Paud. act. 14):

          (Auszug aus den Erwägungen, S. 16, Erw. 5.a):

          "Aufgrund der oben erwähnten Indizien [10 vorher zitierte Urteile anderer Gerichte, u.a. durch BGer bestätigter Entscheid des Kantonsgerichts vom 14.6.95 i.S. Kühne Holzbau / Incen AG] erachtet es das Gericht als erwiesen, dass die Beklagte [A. AG] dem Kläger insbesondere anlässlich des Verkaufsgesprächs - durch verschiedene Ausführungen und Massnahmen unter anderem die folgenden unwahren Vorstellungen suggeriert hat: - Das Absatzrisiko des erwähnten Wasserschutzkissens liege praktisch ausschliesslich bei ihr [A. AG], er [der Kläger] fungiere in diesem System lediglich als Vertriebsstützpunkt der Beklagten. - Die A. AG arbeite eng mit namhaften Versicherungen zusammen. Die Versicherungen würden direkt durch sie [A. AG] informiert und angewiesen, ihre Kunden zum Kläger zu schicken. Demzufolge bestehe eine enorme Nachfrage nach diesen Wasserschutzkissen (...)."

          Dass keine relevanten Beziehungen der A. AG zu Versicherungen bestanden, welche das Vorbringen des Verkaufsarguments der Vermarktung über die Versicherungsschiene gerechtfertigt hätten, belegen auch diverse von den Klägern zum Beweis offerierten Korrespondenzen der A. AG mit Versicherungen. So z.B. die Korrespondenz zwischen der A. AG und der Ae. zwischen 4.11.1994 und 28. 3.1995 (kläg. act. 949.29 - 949.36). Gemäss dieser Korrespondenz will die Ae. nicht mit Sorbarix in Verbindung gebracht werden und die A. AG auffordern, entsprechende Aussagen von AECON im Verkaufsmaterial der A. AG zu entfernen (vgl. insb. 949.29 und 949.34). Sodann wird in dieser Korrespondenz mitgeteilt, dass die Ae. in letzter Zeit öfters von empörten Abnehmern kontaktiert worden sei, die behaupteten, dass Ae. Werbe- oder finanzielle Unterstützung geben werde. Es koste sie viel Zeit und Mühe, das eine und das andere zu erklären und zu verhindern, dass ihr Name in "diskredit" gebracht werde (vgl. 949.34). Auch die Co. Versicherung scheint gemäss deren Schreiben vom 9.2.1995 an die A. AG mit deren Vorgehen nicht einverstanden gewesen zu sein (kläg. act. 958.2):

          Auszug aus diesem Schreiben:

          "Wir [Co.] nehmen Bezug auf unser Schreiben vom 30.08.94, in dem wir zum Ausdruck gebracht haben, dass wir Ihr Produkt gerne an unsere Kunden empfehlen werden. Uns wurde nun bereits mehrfach zugetragen, dass Sie o.g. Schreiben im Original an Firmen,

          die Ihr Produkt vertreiben, weitergeleitet haben. Diese Art der Werbung ist nicht in unserem Sinne. Wir bitten um Stellungnahme."

          Diverse Schreiben der A. AG an Versicherungsgesellschaften zwecks Information über die Versorgungsbereitschaft des Depositärs (Schmieder act. 26 - 32, et al.) bestätigen die Behauptungen der Kläger ebenfalls. Denn diese Schreiben sind als an die betreffenden Versicherungen adressierte (unverbindliche und standardisierte) Werbeschreiben zu qualifizieren. Aus der Art und Weise der Formulierung wie auch aus der Anrede: "Sehr geehrte Damen und Herren" kann auf einen standardisierten Erstkontakt der A. AG mit diesen Versicherungen und nicht auf eine enge Beziehung zu denselben geschlossen werden.

          Als kläg. act. 730.18 liegen sodann diverse Schreiben verschiedener Versicherungen im Recht, in welchem diese unter dem Titel Schadensminderung eine Empfehlung für den Einsatz von Sorbarix A20/08 Wasser-, Ölschutzkissen abgeben. Bei diesen Schreiben scheint es sich allerdings um von der A. AG versendete, vorformulierte Empfehlungsschreiben für Sorbarix A20/A08 zu handeln, bei welchen die angeschriebene Versicherung nur noch das Datum, ihren Stempel und Unterschrift daruntersetzen musste. In diesem Schreiben wird zudem explizit unter PS festgehalten: "dieser Text wird auf keinen Fall zu werbetechnischen Zwecken verwendet." Entgegen dieser Zusage wurden diese Schreiben nach Aussage von H. den Verkäufern als Verkaufsunterlagen abgegeben und von letzteren im Verkaufsgespräch auch eingesetzt.

          U.a. mit kläg. act. 958.5 und Wied. act. 21 (K5) liegen A. AG-interne kundenbezogene Tabellenformulare "Versicherungsservice" im Recht. Aus genannten Dokumenten geht hervor, dass seitens der A. AG über die Anschrift der Versicherungen mit Anzeige der Versorgungsbereitschaft und der Zustellung der Checkhefte hinaus keinerlei weitere Unterstützungsmassnahmen für den einzelnen A. AG-Kunden erbracht wurden.

          Sodann bestätigt der Beklagte 4 in einem Schreiben an RA Acocella vom 24. Juni 1997 (kläg. act. 978.3) selbst, dass ausser dem aus den vorstehend zitierten Aktenstücken herausgelesenen Umfang des eigentlichen "Versicherungsservices" keine weiteren Serviceleistungen der A. AG für die einzelnen A. AG-Kunden erbracht worden sind.

          Der Beklagte beantragt bezüglich Umfang des Versicherungsservices die Zeugeneinvernahmen von E. und Z. sowie seine eigene Parteiaussage. Aufgrund der im Recht liegenden vorzitierten Beweismittel erscheint die Vorgehensweise der A. AG bezüglich "Versicherungsservice" aber liquid. Es erübrigt sich deshalb, die Zeugen zu dieser Frage zu hören, zumal der Beklagte 4 in kläg. act. 978.3 schriftlich den Umfang der seitens der A. AG unter dem Titel "Versicherungsservice" erbrachten Leistungen für den einzelnen A. AG-Depositär selbst bestätigt. Es besteht diesbezügliche Kohärenz zwischen den Aussagen des Beklagten 4 und den Zeugen K. und H. Der Umfang der Serviceleistungen ergibt sich sodann ebenfalls deckungsgleich aus den weiteren seitens der Kläger ins Recht gelegten Beweismitteln. Die Behauptung des Beklagten 4, es sei eng mit Versicherungen zusammengearbeitet worden, ist durch die im Recht liegenden Beweismittel hinreichend widerlegt. Der Beklagte 4 behauptet denn auch nicht, die A. AG habe mehr getan, als standardisierte Empfehlungsschreiben für das Sorbarix A20/08 sowie die Anschrift der einzelnen Versicherungen bezüglich Anzeige der Versorgungsbereitschaft eines bestimmten Depositärs mit Scheckheft versendet zu haben. Diese Schreiben begründen jedoch keinesfalls eine "enge Zusammenarbeit" in einer Qualität, wie dies gegenüber Dritten behauptet worden ist. Die Bestreitung des Beklagten 4, er habe nie behauptet, das Geschäft sei ein "Selbstläufer" erscheint vor diesem Hintergrund nicht glaubwürdig. Auch wenn er dies vielleicht nicht explizit sagte, so ist doch davon auszugehen, dass die Aufforderung an die potentiellen Depositäre, das Telefon sei (wegen der hohen Nachfrage) ständig besetzt zu halten, und das Produkt werde hauptsächlich über die Versicherungsschiene vertrieben, genügten, um beim potentiellen Depositär genau diesen Eindruck zu erwecken. Denn die A. AG- Depositäre mussten nicht davon ausgehen, dass ihnen ein Produkt mit dem Verkaufsargument der Vermarktung über die "Versicherungsschiene" verkauft wurde, obwohl ein solcher Vermarktungskanal mit nennenswerten Absatzchancen gar nicht existierte.

          Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass die potentiellen Depositäre bereits durch die Art und Weise der Formulierungen im Werbemailing, wie u.U. auch im Rahmen des telefonischen Einladungsgesprächs, u.a. durch die Begriffe "Versicherungsservice" und "Servicestelle" bereits mit falschen Vorstellungen zum Verkaufsgespräch gekommen sind (vgl. insb. kläg. act. 713.1 und 731.2). Der Beklagte 4, der nicht nur Verkäufer, sondern auch (bis zu seiner formellen Ernennung) zumindest als

          Geschäftsleitungsmitglied faktisches Organ der A. AG war, musste über den Inhalt betreffender Werbemailings Bescheid wissen, was er denn auch nicht bestreitet. Damit musste er aber auch um die möglicherweise falschen Vorstellungen seiner Gesprächspartner über das Vertriebssystem wissen. Es hätte ihn nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr eine diesbezügliche Aufklärungspflicht gegenüber dem potentiellen Depositär anlässlich des Verkaufsgesprächs getroffen. Dass er dieser nachgekommen ist, behauptet er nicht. Eine Täuschung über das Vertriebssystem ist damit aber selbst dann gegeben, wenn er die Gesprächspartner nur durch diesbezügliches Schweigen in ihrem Irrtum bestärkt hat.

          Nach dem Vorgesagten ist die Indizienlage hinreichend dicht, damit das Gericht davon ausgehen kann, dass der Beklagte 4 auch die Kläger 5, 10 und 15 im Verkaufsgespräch über das Vertriebssystem der A. AG für Sorbarix A20 getäuscht hat.

        8. Abschliessende Beurteilung bezüglich Verletzung von Art. 3 lit. b UWG

Nach Art. 3 lit. b UWG handelt unlauter, wer über sich, seine Firma, seine Waren, Werke oder Leistungen, deren Preise, die vorrätige Menge, die Art der Verkaufsveranstaltung oder über seine Geschäftsverhältnisse unrichtige oder irreführende Angaben macht oder in entsprechender Weise Dritte im Wettbewerb begünstigt. Diese Aufzählung möglicher irreführender oder unrichtiger Angaben ist nicht abschlies-send. "Irreführende" Angaben sind Angaben die zwar richtig sind, jedoch zu einem unrichtigen Schluss führen können. Für die Beurteilung des Sinns einer Angabe ist auf das objektive Verständnis des Durchschnittabnehmers abzustellen. Ob der Einsatz unrichtiger oder irreführender Angaben absichtlich erfolgt oder nicht, ist prinzipiell irrelevant, da auch die fahrlässige sowie die schuldlose Irreführung unter diesen Tatbestand fällt. Der Vorsatz ist einzig für die Länge der Verjährungsfristen massgeblich (vgl. hiervor Erw. 11).

Täuschung über die abzunehmende Menge und die damit verbundene finanzielle Gesamtverpflichtung

Sowohl der Kläger 5 (Wie act. 9), als auch der Kläger 10 (Rum act. 12, S. 1) behaupten explizit, sie seien vom Beklagten 4 über die abzunehmende Menge getäuscht worden.

Auch der Kläger 15 hat im Nachgang des Vertragsschlusses eine Mengenreduktion verlangt, was impliziert, dass er sich ebenfalls nicht klar darüber war, welche Menge er sich anlässlich der Verkaufsverhandlungen mit dem Beklagten 4 abzunehmen einverstanden erklärt hatte (Köb. act. 7, 9, 10). Der Kläger 10 führt sodann in seinem Schreiben vom 16. Juli 1993 an die A. AG (Rum act. 12) diesbezüglich aus, es sei beim persönlichen Verkaufsgespräch u.a. gesagt worden, dass "wir mit einer kleinen Menge anfangen könnten und die Ware für weitere Kunden immer nur nach erfolgtem Auftrag durch die Kunden bestellt werden müsste. Von einer Abnahme von Ware für rund 50'000.-- DM war nie die Rede." Die A. AG offerierte daraufhin dem Kläger 10 zweimal eine Mengenreduktion zuerst von 54 auf 26 und dann auf 18 Haushaltpackages (vgl. Rum act. 3, 8, 9, 15). Diese Aussage deckt sich mit der Aussage des Zeugen K., wonach die Verkaufsvertreter der A. AG anlässlich der Verkaufsgespräche vorgegeben hätten, bloss eine "Mustersendung" zu verkaufen, wohingegen die eigentliche Absicht der Verkäufer bestanden habe, ein "quantitativ ansprechendes Bestellvolumen" zu verkaufen (vgl. kläg. act. 303, Ziff. 20).

Wie aus der vorzitierten Behauptung des Klägers 10 in Rum. act. 12 weiter hervor geht, ist der Irrtum über die vereinbarte Menge in Relation mit dem zu bezahlenden Totalpreis zu beurteilen. Vorab ist nochmals festzuhalten, dass der Beklagte 4 weder beim Abschluss des Kaufvertrags mit dem Kläger 5, noch mit dem Kläger 10 oder Kläger 15 die Gesamtsumme auf dem Vertragsformular eingetragen hat (Wie act. 1, Rum. act. 3, Köb. act. 7). Auch behauptet er nicht, er habe die Totalsumme im Rahmen des Verkaufsgesprächs mit den Klägern 5, 10 oder 15 explizit genannt. Hat er aber davon gesprochen, die Vertragspartner könnten klein einsteigen und dann bei Bedarf nachbestellen, so hat diese Aussage auch Einfluss auf das Verständnis des potentiellen

A. AG-Kunden bezüglich des im "Auftragsformular" notierten Betrags. Ein Kleineinstieg für einen Handwerkerbetrieb liegt durchaus im Rahmen von Fr. 792.-- (Kläger 10 und

15) bzw. Fr. 1‘170.-- (Kläger 5), dahingegen nicht im Rahmen von Fr. 30‘000.-- bis Fr. 40'000.--. Wenn im Rahmen des Verkaufsgesprächs der Betrag der Totalverpflichtung nie fällt, sondern immer nur von Beträgen um die Fr. 1'000.-- die Rede ist, so kann es leicht passieren, dass der A. AG-Kunde den Eindruck erhalten muss, dass sich seine Verpflichtung vorerst in diesem kleinen Rahmen hält. Aus der Überschrift der zwei für die vereinbarte finanzielle Verpflichtung massgeblichen Spalten auf dem Auftragsformular "Nettostückpreis" und "Netto-Betrag" springt dem Betrachter

jedenfalls nicht ins Auge, dass es sich bei der auf dem Auftragsformular in der Spalte "Nettostückpreis" eingetragenen Betrag nicht um die Gesamtverpflichtung handelt. Es ist vielmehr verständlich, dass der Depositär im Vertrauen auf das Besprochene bei bloss kurzer Durchsicht des Auftragsformulars die kleine Einstiegsmenge in Bezug zum eingetragenen Betrag um die Fr. 1'000.-- setzt und diesen Betrag für seine vorläufige finanzielle Gesamtverpflichtung hält, wenn die Totalsumme unter der Spalte "Netto- Betrag" nicht eingetragen worden ist. Die süffisant schadenfreudige Bemerkung des Verkäufers M. in einer Besprechungsnotiz, wonach einer seiner Gesprächspartner "wie ein Tier" zu schwitzen begonnen habe, als er ihm nach seiner Unterschrift auf Nachfrage die Totalsumme genannt habe, legt nahe, dass sich die A. AG-Verkäufer durchaus der Gefahr bewusst waren, dass sich der Gesprächspartner im Verkaufsgespräch bis nach Leistung der Unterschrift nicht über die von ihm eingegangene Gesamtverpflichtung bewusst war (vgl. kläg. act. 223). Dasselbe muss auch für den Beklagten 4 gelten, nachdem er als Geschäftsleitungsmitglied wissen musste, dass viele der von den A. AG-Verkäufern anlässlich der Verkaufsgespräche vereinbarten Abnahmemengen nachträglich reduziert werden mussten. Nach Treu und Glauben hat diese Gefahr des Irrtums des potentiellen A. AG-Kunden über dessen Gesamtverpflichtung, welche durch die Information der potentiellen Vertragspartner im Vorfeld des eigentlichen Verkaufsgesprächs und anlässlich des Verkaufsgesprächs sowie durch die Art der Gestaltung des "Auftragsformulars" seitens der A. AG geschaffen worden ist, aber eine Aufklärungspflicht des A. AG-Verkäufers und mithin in den Verkaufsgesprächen mit dem Kläger 5, 10 und 15 eine diesbezügliche Aufklärungspflicht des Beklagten 4 geschaffen. Dass er dieser Aufklärungspflicht nachgekommen ist, behauptet der Beklagte 4 nicht. Der Nichteintrag der Gesamtsumme auf dem Auftragsformular durch den Beklagten 4 belegt das Gegenteil, denn wenn er die Kläger 5, 10 und 15 über ihre Gesamtverpflichtung vor deren Unterschrift pflichtgemäss aufgeklärt hätte, hätte auch kein Grund bestanden, das Gesamttotal in der Spalte "Netto-Betrag" auf dem "Auftragsformular" nicht einzutragen. Aufgrund dieser Erwägungen und der zitierten Beweismittel ist deshalb davon auszugehen, dass der Beklagte 4 die Kläger 5, 10 und 15 vorsätzlich über deren eingegangene Gesamtverpflichtung im Unklaren gelassen hat, damit den Tatbestand der Täuschung durch irreführende Angaben bezüglich einzugehende Gesamtverpflichtung der Depositäre dadurch erfüllt hat, dass er die Kläger 5, 10 und

15 anlässlich der Verkaufsgespräche nicht entsprechend aufgeklärt bzw. nicht transparent informiert hat.

Betreffend Aufklärungspflicht ist an dieser Stelle noch Folgendes zu präzisieren:

Eine solche Aufklärungspflicht kann sich nicht nur aus den Vorschriften des positiven Rechts (z.B. Anzeigepflicht des Kommissionärs in Art. 426 OR oder des Frachtführers in Art. 450 OR) oder aus freiwilliger Übernahme dieser Pflicht (z.B. wie bei einer vertraglich eingegangenen Äusserungspflicht etwa bei Kontokorrentverhältnissen) ergeben, sondern auch aus den rechtlichen Grundsätzen von Treu und Glauben im Verkehr. Die Praxis verneint zwar eine generelle Aufklärungspflicht zumindest dann, wenn der Täter nicht selbst aktiv durch sein Verhalten Tatsachen oder Umstände gesetzt hat, aufgrund deren bei seinem Vertragspartner ein Irrtum hervorgerufen wird, sondern dieser Irrtum allein darauf beruht, dass der Irrende sich falsche Vorstellungen über gewisse beim anderen liegende Gegebenheiten macht (so ist z.B. beim Abschluss eines Kreditkaufs der Käufer nicht ohne weiteres gehalten, ohne Nachfrage des Verkäufers über seine Vermögenslage Auskunft zu geben, bzw. diesem unaufgefordert anzuzeigen, dass er überschuldet ist, vgl. BGE 72 IV 65). Dahingegen wurde eine Aufklärungspflicht durchwegs dann bejaht, wenn das "Verschweigen" einer aktiven Irreführung durch konkludentes Handeln gleichkam, insbesondere dann, wenn bei unvollständigen Angaben der Adressat dieser Angaben ein falsches Gesamtbild erlangen musste (BGE 74 IV 152; 106 IV 29 ff.; vgl. zum Ganzen auch die diesbezüglichen Ausführungen zum Tatbestand des Betruges bei Günter Stratenwerth / Guido Jenny, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I: Straftaten gegen Individualinteressen, 6. ergänzte und überarb. Aufl., Bern 2003, § 15 N 20 f.). M.a.W. immer dann wenn der Täuschende durch eigenes aktives Verhalten (z.B. unvollständige Angaben; konkludentes Verhalten) beim Adressaten eine nicht den Tatsachen entsprechende Vorstellung schafft, trifft ihn nach Treu und Glauben im Verkehr eine Aufklärungspflicht, zumindest dann, wenn er der Bildung einer falschen Vorstellung in der Person des Irrenden nicht entgegentritt, nachdem er erkannt hat oder erkennen musste, dass sich eine solche falsche Vorstellung beim potentiellen Vertragspartner zu bilden droht oder bereits gebildet hat. Kommt der Täter in dieser Konstellation seiner durch eigenes Verhalten gesetzen Aufklärungspflicht nicht nach, so muss er sich den Vorwurf der Täuschung gefallen lassen.

Täuschung über die Nachfrage nach dem Produkt auf dem Markt in Relation mit den Einstandspreisen der A. AG und in Relation zur Behauptung des Vertriebs über die Versicherungsschiene

Der Kläger 5 lässt mit Schreiben vom 20. Februar 1996 seines Rechtsvertreters der A. AG die Anfechtung des Vertrags mitteilen und hält darin fest, dass er über das Vertriebssystem arglistig getäuscht worden sei; es seien ihm überteuerte und unverkäufliche Produkte verkauft worden (Wie act. 9). Nichts anderes behaupten der Kläger 10 (vgl. Rum act. 31 [Strafklage], S. 32, 34 und 37) und der Kläger 15 (Köb. act.

19 und 20).

Dass die Endabnehmer die Kissen nur zu A. AG-Preisen auf dem Markt kaufen konnten, behauptet der Beklagte 4 selbst nicht. Vielmehr meint er, die A. AG- Depositäre seien selbst schuld, wenn sie sich über das Preis-Leistungsverhältnis des Produktes bzw. dessen Absatzchancen auf dem Markt geirrt hätten. Ob der Beklagte 4

  • was er bestreitet - das Sorbarix A20 Kissen gegenüber den Klägern 5, 10 oder 15 als Allerheilmittel dargestellt hat oder behauptet hat, dass es sinnvoll sei, quasi in jedem Betrieb bzw. in jedem Haus solche Wasserschutzkissen auf Vorrat zu lagern, damit sie im Bedarfsfall schnell eingesetzt werden könnten, kann offen bleiben. Entscheidend ist vielmehr, dass die im Recht liegenden Aussagen verschiedener Fachleute einleuchtend darlegen, dass es sich beim Sorbarix A20 um ein Nischenprodukt handelt, dessen Einsatz sich nur begrenzt lohnt; dies hauptsächlich wegen dem Preis-/ Leistungsverhältnis (NB: zu Ebiox-Verkaufspreisen; Absorbtionsmenge ca. 20 Liter Wasser (= ca. zwei Eimer) zu Ebiox-Preis von rund Fr. 11.-- / Kissen), aber z.T. auch aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften (insbesondere wegen des geringen Eigengewichts (400 g) keine Alternative zum Sandsack für die Dämmung fliessenden Wassers; vgl. insb. kläg. act. 553, 731.13, 734, 949.2). Nun verlangte die A. AG von ihren Depositären gegenüber den Ebiox-Preisen bis zu dreifach höhere Einstandspreise. Eine Gewinnmarge für die Depositäre eingerechnet, lagen die Verkaufspreise, welche A. AG-Depositäre hätten verlangen müssen, weit über dem Marktpreis der anderen Anbieter (vgl. Wey act. 7 und kläg. act. 122.3). Sowohl dieses Preis- / Leistungsverhältnis, wie auch die physikalischen Eigenschaften des Sorbarix A20 haben Einfluss auf die Nachfrage und auf den möglichen Absatz solcher Kissen beim Endabnehmer. Aus vorgenannten Ausführungen der Experten wird klar, dass es

sich jedenfalls nicht um ein Produkt mit vergleichbaren Absatzchancen eines Feuerlöschers handelt, das quasi in jede grössere Immobilie gehört. Gleichzeitig wird auch klar, dass Versicherungen kaum Anlass haben, Sorbarix A20 ihren Kunden weiterzuempfehlen.

Dementgegen wurde bereits festgestellt, dass schon die gewählten Formulierungen in den Werbemailings mit Begriffen wie "Versicherungsservice" und "Servicestelle" geeignet waren, potentielle A. AG-Kunden über den tatsächlichen Inhalt des Vertriebssystems der A. AG "über die Versicherungsschiene" und die Qualität der Beziehungen der A. AG zu den Versicherungen irrezuführen. Denn der Durchschnittsleser solcher Werbemailings durfte aufgrund der Verwendung der Bezeichnung "Versicherungsservice" davon ausgehen, dass die Beziehungen der A. AG zu den Versicherungen von einer Qualität waren, die weit über den tatsächlichen

(z.T. im Zeitpunkt des Verkaufsgesprächs noch gar nicht vorhandenen) Beziehungen zu denselben lagen; konkret, dass im Zeitpunkt des jeweiligen Verkaufsgesprächs mit den potentiellen A. AG-Kunden zwischen der A. AG und Versicherungen bereits verbindliche auf eine Vertriebstätigkeit der A. AG gerichtete Beziehungen bestanden hatten. Sodann wurde festgestellt, dass wenn diese Werbemailings auch nicht vom Beklagten 4 versendet worden sind, dieser als Geschäftsleitungsmitglied dennoch einerseits über deren Inhalt, andererseits über den tatsächlichen Umfang und die tatsächliche Qualität der Vermarktung über die "Versicherungsschiene" Bescheid wusste bzw. wissen musste. Gleichzeitig musste er auch wissen, dass die Kläger 5, 10 und 15 mit durch das von der A. AG an diese gerichtete Werbemailing mit wahrscheinlich unrichtigen, d.h. nicht den Tatsachen entsprechenden Vorstellungen bezüglich Vertriebssystem zum Verkaufsgespräch kamen. Dies hat nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr aber eine Aufklärungspflicht seinerseits anlässlich der Verkaufsgespräche nach sich gezogen. Dass er die Kläger 5, 10 und 15 dahingehend aufgeklärt hat, wird von ihm nicht behauptet. Vielmehr bestreitet er, dass die Angaben über das Vertriebsstystem der A. AG über die "Versicherungsschiene" irreführend seien. Er begründet dies damit, es sei belegt, dass die A. AG zahlreiche Schreiben an Versicherungen gesendet habe. Bei der Analyse dieser Schreiben stellte sich jedoch heraus, dass diese lediglich die Qualität von für die Versicherungen unverbindlichen Werbeschreiben hatten, und diese aufgrund der Formulierungen überdies auf einen Erstkontakt und sicher nicht auf enge Beziehungen zu denselben schliessen lassen.

Damit entlarvt sich aber das Verkaufsargument der A. AG, das Produkt werde heute hauptsächlich über die "Versicherungsschiene" vertrieben, weshalb die A. AG Depositäre für den "Versicherungsservice" suche, als nicht nur irreführend, sondern als wahrheitswidrig. Denn das Sorbarix A20 wurde von der A. AG gerade nicht über die Versicherungsschiene vertrieben, vielmehr vertrieb die A. AG die Kissen über die Depositäre, indem sie ihnen suggerierte, sie könnten mit den Versicherungen zusammenarbeiten bzw. die Versicherungen würden ihre Kunden zu den Depositären senden. Zudem musste der Beklagte 4 auch wissen, dass sich der Einsatz der Sorbarix A20 zu A. AG-Preisen noch weniger rechnete als zu Ebiox-Preisen. Ferner ist einsichtig, dass diejenigen Endabnehmer, welche tatsächlich begrenzten Bedarf nach solchen Kissen haben und andere Bezugsquellen kennen, sicher nicht bei den A. AG- Depositären einkaufen, wenn sie dasselbe Produkt für einen Drittel des Preises bei anderen Anbietern erhalten. Damit ist davon auszugehen, dass dem Beklagten 4 auch im Zeitpunkt der Verkaufsgespräche mit den Klägern 5, 10 und 15 völlig klar war, dass er ihnen Sorbarix A20 Kissen zu einem Einstandspreis verkaufte, aufgrund dessen die Kläger 5, 10 und 15 keine reellen Chancen hatten, diese Kissen an einen Endabnehmer auch nur zu diesem Einstandspreis weiter zu verkaufen. Vor diesem Hintergrund muss die Erklärung, die Depositäre erhielten Checkhefte, welche sie abzustempeln hätten und welche dann von der A. AG den Versicherungen gleichzeitig mit der Information über die Abgabebereitschaft des Depositärs gesendet würden, als gezielte irreführende Massnahme qualifiziert werden, die einzig und allein dem Zweck dienen konnte, die A. AG-Kunden in ihrem Glauben an ihre Einbettung in ein funktionierendes Vertriebssystem zu bestärken bzw. bei den potentiellen A. AG-Kunden die falsche Vorstellung zu bestärken, die Versicherungen würden nur auf diese Information warten und das Geschäft sei für den Depositär ein eigentlicher Selbstläufer. Im gleichen Zug ist auch die Aufforderung an den Depositär zu nennen, er habe das Telefon ständig besetzt zu halten - wie die Kläger 5, 10 und 15 behaupten -, dass es der Beklagte 4 anlässlich des Verkaufsgesprächs mit ihnen vorgebracht habe.

Wer aber in solch krasser Weise für seinen Gesprächspartner aktiv Irrtumspotential schafft und gegen eigenes besseres Wissen wahrheitswidrige Behauptungen als Verkaufsargumente verwendet, bzw. seinen Gesprächspartner in einem aufgrund der Vor-information und der eigenen Erklärungen fast notwendigen Irrtum über die Vermarktungschancen belässt, muss sich den Vorwurf der Irreführung über die

Nachfrage nach dem Produkt und über dessen reelle Absatzchancen i.S. von Art. 3 lit. b UWG gefallen lassen. Weil sich der Beklagte 4 aufgrund seiner Stellung im Unternehmen eine umfassende Kenntnis über die Geschäftspraktiken der A. AG bezüglich der einzelnen Kontaktstufen mit ihren "Depositären" (Mailing, telefonische Terminvereinbarungsgespräche, Verkaufsgespräche, Nachbetreuung) als auch über die tatsächliche Qualität der Beziehungen zu den Versicherungen anrechnen lassen muss, ist auch davon auszugehen, dass er die Kläger 5, 10 und 15 mit Vorsatz getäuscht, bzw. durch Unterlassen einer entsprechenden Aufklärung bzw. konkludentes Handeln die Kläger 5, 10 und 15 vorsätzlich in ihrem Irrtum bestärkt hat.

    1. Zum Vorwurf der Verschleierung abzunehmender Mengen und den Verwendungszweck der Ware i.S.v. Art. 3 lit. i UWG

      1. Kläger

        Mit ihren Methoden der Formulargestaltung und der Gesprächsführung sowie den Ablenkungsmanövern bei der Unterzeichnung habe die Geschäftsleitung der A. AG ihre Vertreter dazu geführt, in zahlreichen Fällen die tatsächlichen Mengen, die den einzelnen Abnehmern in Rechnung gestellt worden seien, zu verschleiern. Es sei hinlänglich bekannt, dass sich viele der Depositäre bis zum Erhalt der Rechnung nicht bewusst gewesen seien, dass sie eine solch riesige Menge an Wasserschutzkissen bestellt hätten (HG.1999.54-HGK, Replik, S. 57 f.; HG.1999.55-HGK, Replik, S. 55; BO:

        u.a. Wass. act. 8). Selbst die Verkäuferin H. habe zugeben müssen, dass kein Depositär 54 oder mehr Pakete gekauft hätte, wenn er die Totalsumme gekannt hätte (BO: kläg. act. 222, 223).

      2. Beklagter 4

        Entgegen der Darstellung der Kläger seien die Verkaufsmethoden der A. AG nicht unlauter gewesen (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 34, N 143; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 33,

        N 143). Es sei nicht von einer systematischen Verschleierung der von den Abnehmern tatsächlich zu übernehmenden Menge auszugehen. Es sei falsch, wenn die Kläger behaupteten, die Geschäftsleitung der A. AG habe ihre Vertreter dazu angehalten, die tatsächlichen Mengen, welche den Kunden verkauft worden seien, zu verschleiern. Die

        Formulargestaltung sei korrekt gewesen und sei auf Intervention des Verwaltungsrates teilweise angepasst worden. Es werde ferner darauf hingewiesen, dass die behauptete Verschleierungsmethode von Personen vorgebracht werde, die sich als Kläger in diesem Verfahren beteiligten (HG.1999.54/55-HGK: Duplik, S. 18 Ziff. 52 und S. 21 f. Ziff. 68 ff.).

      3. Beurteilung der Vorbringen und Beweisanträge der Parteien

      Nach Art. 3 lit. i UWG handelt unlauter, wer die Beschaffenheit, die Menge, den Verwendungszweck, den Nutzen oder die Gefährlichkeit von Waren, Werken und Leistungen verschleiert und dadurch den Kunden täuscht.

      Auch dieser Tatbestand gehört durch das Tatbestandsmerkmal der zu bewirkenden Täuschung zu der Kategorie der Irreführungstatbestände. Auch hier geht es um irreführende Angaben über die eigene Leistung des Wettbewerbsteilnehmers, was bereits von Art. 3 lit. b UWG erfasst ist. Verschleiern bedeutet, durch besondere Massnahmen ein bestehendes Gefälle zwischen der eigenen Leistung und ihrem Schein zugunsten der Ersteren zu verdecken. Die entsprechenden Massnahmen können verschiedenster Art sein und nicht nur in einem Handeln, sondern auch in einem Unterlassen bestehen, so z.B. wenn wichtige Angaben bezüglich der angebotenen Leistung gar nicht oder dergestalt gemacht werden, dass sie in ihrer Bedeutung oder ihrem Ausmass nicht den Tatsachen entsprechend wahrgenommen werden. Die Gefahr (zur) Täuschung reicht aus, m.a.W. die Täuschung muss (noch) nicht eingetreten sein (Mario M. Pedrazzini, Frederico. A. Pedrazzini, Unlauterer Wettbewerb, UWG, 2. Aufl., Bern 2002, S. 146 f., N 6.79 ff.).

      Festzustellen ist an dieser Stelle, dass weder der "Auftrag" des Kläges 5 (Wie act. 1) noch derjenige des Klägers 10 (Rum. act.3) noch derjenige des Klägers 15 (Köb act. 7) eine Totalsumme enthalten. Bezüglich abzunehmender Menge ist auf all diesen "Aufträgen" jedoch eine Spalte "Stückzahl" und eine Spalte "Artikelbezeichnung" aufgeführt. In derselben Tabellenzeile, in welcher die vereinbarte Stückzahl eingetragen wurde, ist in der Spalte "Artikelbezeichnung" festgehalten: "SORBARIX A20 Haushaltpackage (1 Package = 40 Kissen)". Das Landgericht Mannheim hält

      diesbezüglich im rechtskräftigen Urteil gegen den Beklagten 4 fest (vgl. kläg. act. 737, S. 9 f.):

      "(...) Nach der Überzeugung der Kammer war aber der Angeklagte von vornherein insgeheim nur am Verkauf grösserer Mengen des Produkts interessiert. Es fällt nämlich auf und ist nicht wegzudiskutieren, dass nach dem Auftragsformular lediglich die Lieferung einer Stückzahl von 54 an aufwärts ausdrücklich vorgesehen (vorgedruckt) ist, wobei dem Augenschein nach unklar bleibt, ob sich diese Zahl auf "Kissen oder "Packages" bezieht. Denn es heisst immer nur "Netto-Stück-Preis", "Stückzahl", "Stückzahl in Worten". Nirgends ist kenntlich gemacht, dass mit diesem Stück Pakete und nicht einzelne Kissen gemeint sind. Bereits dies erscheint verdächtig. (...). Bezeichnenderweise ist in dem vorliegenen Auftragsformular auch nicht der Gesamtbetrag vermerkt - ein altbekannter Trick, um Kunden, die bekanntlich oft nicht gerne nachrechnen, nicht zu erschrecken. Der Angeklagte gibt diese Art von Täuschungsabsicht auch ganz offen zu, was, wie schon der Erstrichter zutreffend bemerkt hat, mit Sicherheit kein Beleg für Offenheit und Lauterkeit gegenüber dem Vertragspartner ist. (...)."

      Unklarheiten über die Gesamtverpflichtungen sind aufgrund des Nichteintrags der Totalsumme auch deshalb möglich, weil auf dem "Auftrag"-Formular die Spalten, welche über die finanzielle Verpflichtung Auskunft geben, mit "Nettostückpreis" (wurde ausgefüllt) und mit "Netto-Betrag" (wurde nicht ausgefüllt) bezeichnet sind. Denn bei nur schneller Durchsicht des ausgefüllten "Auftrag"-Formulars ist der Bedeutungsunterschied zwischen diesen zwei Tabellenspalten "Nettostückpreis" und Netto-Betrag (nicht z.B. "Total netto") nicht ohne Weiteres erkennbar, weshalb die Art der Formulargestaltung ohne entsprechende Erklärung seitens des A. AG-Verkäufers dazu geeignet ist, beim A. AG-Kunden - im Vertrauen auf das Besprochene - nicht nur einen Irrtum über die abzunehmende Menge an sich, sondern die seinerseits einzugehende Gesamtverpflichtung (als Relation zwischen Menge und Totalpreis) hervorzurufen. Der Beklagte 4 behauptet nicht, er habe die Kläger hierüber explizit aufgeklärt, aus dem vorzitierten Urteil geht vielmehr das diesbezügliche absichtliche Verschweigen hervor. Damit ist aber hinreichend bewiesen, dass der Beklagte 4 im Verkaufsgespräch die abzunehmende Menge bzw. die einzugehende

      Gesamtverpflichtung gegenüber den Klägern 5, 10 und 15 absichtlich verschleiert und die Kläger 5, 10 und 15 damit über die abzunehmende Menge getäuscht hat.

      Betreffend dem Vorwurf der Verschleierung des Verwendungszwecks von Sorbarix A20 wird auf die Ausführungen unter Erw. 13.1.3.5 hiervor verwiesen. Insofern eine Täuschung über den Verwendungszweck unter dem Tatbestand von Art. 3 lit. b UWG bejaht worden ist, ist vorliegend auch der Verschleierungstatbestand von Art. 3 lit. i UWG erfüllt. Eine separate Beurteilung in tatsächlicher Hinsicht erübrigt sich deshalb.

    2. Zum Vorwurf besonders aggressiver Verkaufsmethoden i.S.v. Art. 3 lit. h UWG

      1. Kläger

        Verschiedene Verhaltensweisen der A. AG-Verkäufer seien als unzulässige Beeinträchtigungen der Entscheidungsfreiheit des Adressaten zu bezeichnen, so die Erzeugung eines bewussten Zeitdruckes sowie eines psychischen Druckes (BO: kläg. act. 222). Diese Druckerzeugung sei im Zusammenhang mit der Suggestion erfolgt, es gehe um einen Abgabeservice als autorisierte Servicestelle mit Exklusivrechten (BO:

        u.a. kläg. act. 727, 333, 223). Den Kunden sei weiter vorgegaukelt worden, es handle sich bei ihrem Engagement um einen blossen Dienstleistungsstützpunkt mit Gebietsschutz (BO: kläg. act. 731.1, 731.2, 122.2). Das konkrete Vorgehen bei der eigentlichen Unterschrift, bei welchem das Basisreglement als Ablenkung eingesetzt und danach das eigentliche Vertragsdokument nur noch beiläufig zur sogenannten Abzeichnung unterbreitet worden sei, sei nicht nur eine raffinierte Täuschung, sondern auch eine besonders aggressive Verkaufsmethode. Auch die Phase der nachträglichen Vertragsbestätigung - welche in den meisten Fällen vorgekommen sei - sei durch ihre besondere Aggressivität gekennzeichnet gewesen (BO: u.a. Wass. act. 34). Insbesondere seien ein rüder Ton und Einschüchterungsversuche oder gerichtliche Drohungen eingesetzt worden (HG.1999.54-HGK: Replik, S. 44 ff.; HG.1999.55-HGK: Replik, S. 52 ff.; BO: kläg. act. 738, S. 3 und 4).

      2. Beklagter 4

        Entgegen der Darstellung der Kläger seien die Verkaufsmethoden der A. AG nicht unlauter gewesen (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 34, N 143; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 33,

        N 143). Es werde der Vorwurf der Verwendung besonders aggressiver Verkaufsmethoden bestritten. Die Kläger behaupteten denn auch nicht, dass diese bestrittenen besonders aggressiven Verkaufsmethoden einem der Beklagten zuzurechnen sei. Die Vorwürfe bezüglich der unzulässigen Beeinträchtigungen in der Entscheidungsfreiheit bezüglich der Erzeugung eines bewussten Zeitdruckes sowie eines psychischen Druckes würden bestritten. Sollten solche Verhaltensweisen einzelner Verkäufer entgegen der hier vertretenen Auffassungen vorgekommen sein, so hätten diese nicht den Vorgaben des Verwaltungsrates entsprochen (HG.1999.54/55- HGK: Duplik, S. 17, Ziff. 50). Solche Handlungen von Einzelnen begründeten jedoch keinen rechtlichen Anspruch für das Geltendmachen von Forderungen aus Verantwortlichkeit der Mitglieder des Verwaltungsrates (HG.1999.54/55-HGK: Duplik, S. 22, Ziff. 70).

      3. Beurteilung der Vorbringen und Beweisanträge der Parteien

      Nach Art. 3 lit. h UWG handelt unlauter, wer den Kunden durch besonders aggressive Verkaufsmethoden in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt. Von einer Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit kann dann gesprochen werden, wenn sich der Adressat - bei welchem eine durchschnittliche Resistenz vorausgesetzt wird - nicht primär vom Interesse an der versprochenen Leistung zum Vertrag motivieren lässt, sondern er sich vielmehr durch die spezifische Art und Weise der auf ihn angewandten Verkaufsmethode zur vertraglichen Bindung gedrängt fühlt. Massgeblich sind damit also nicht irgendwelche Aussagen oder Anpreisungen des Anbietenden, sondern vielmehr das Auftreten desselben, welches zu einer psychologischen Drucksituation für den Adressaten führen soll (Mario M. Pedrazzini / Frederico A. Pedrazzini, a.a.O., S. 154 ff., N 7.07 ff.).

      Weil die Widerrechtlichkeit bereits auf der Basis von Art. 3 lit. b und i UWG als gegeben erachtet wurde, lässt das Handelsgericht die Erfüllung dieses Tatbestandes für den Sachverhalt bezüglich Kläger 5, 10 und 15 offen.

    3. Zum Betrugsvorwurf (Art. 146 StGB)

Nach Art. 146 Abs. 1 StGB wird bestraft, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt.

  1. Das erste objektive Tatbestandsmerkmal "Irreführung durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen" entspricht dem Erfordernis der Täuschung (i.S.v. Art. 3 lit. b und i UWG). Obwohl sich die mündlichen Aussagen des Beklagten 4 anlässlich der mit den Klägern 5, 10 und 15 geführten Verkaufsverhandlungen naturgemäss nicht belegen lassen, ist aufgrund der im Recht liegenden Beweismittel - insbesondere auch aufgrund der Beurteilung des Verhaltens des Beklagten 4 anlässlich von Verkaufsgesprächen durch ehemalige Mitarbeiter der A. AG (H. und K.), welche im Rahmen der Verkaufsschulung u.a. an Verkaufsgesprächen des Beklagten 4 teilgenommen haben - davon auszugehen, dass der Beklagte 4 im Verkaufsgespräch den Klägern 5, 10 und 15

    1. ein nicht vorhandenes Vertriebssystem der A. AG für Sorbarix A20 (über die Versicherungsschiene) vorgespiegelt hat bzw. deren auf falscher Vorinformation beruhenden Irrtum hierüber nicht durch Information über die tatsächliche Qualität der Beziehungen der A. AG zu den Versicherungen ausgeräumt hat;

    2. sodann absichtlich die abgenommene Menge bzw. die eingegangene (insbes. finanzielle) Gesamtverpflichtung verschwiegen hat und deshalb auf den betreffenden Auftragsformularen auch das Total nicht eingetragen hat;

    3. sowie teilweise nicht den Tatsachen entsprechende Angaben über den Verwendungszweck des Produktes und die damit zusammenhängende Nachfrage nach dem Produkt zu A. AG-Preisen auf dem Endverbrauchermarkt gemacht hat bzw. die u.a. aus den Werbemailings und den Verkaufsprospekten gewonnenen, nicht den Tatsachen entsprechenden Eindrücke der Kläger nicht korrigiert hat.

    Damit ist dieses objektive Tatbestandsmerkmal vorliegend erfüllt. Die Täuschung an sich genügt jedoch nicht für die Erfüllung des Betrugstatbestandes. Vielmehr verlangt das Gesetz, dass der Täter "arglistig" irreführen muss.

  2. Dieses objektive Tatbestandsmerkmal der "Arglist" wird vom Bundesgericht dahingehend interpretiert, dass strafrechtlich nicht geschützt werden soll, wer "den Irrtum durch ein Minimum zumutbarer Vorsicht hätte vermeiden können" (BGE 72 IV 128; 99 IV 78; 100 IV 274; 119 IV 35, 288; 120 IV 187; 122 IV 248; 126 IV 171; 128 IV

    20). Arglistig in diesem Sinne sind zunächst falsche Angaben, deren Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich ist. Aber auch wenn der Überprüfung objektiv nichts im Wege steht, kann Arglist gegeben sein. Das wird einerseits dort angenommen, wo der Täter die Überprüfung durch zusätzliche Massnahmen zu verhindern sucht, oder andererseits, wenn dem Betroffenen die Überprüfung nach den Umständen nicht zuzumuten ist oder der Täter ein besonderen Vertrauensverhältnis zum Opfer ausnützt, weil er davon ausgehen muss, dass letzteres aufgrund dieses Vertrauensverhältnisses seine irreführenden Angaben nicht überprüfen wird (BGE 128 IV 20). Nach neuerer Praxis des Bundesgerichts erlangt das Kriterium der Überprüfbarkeit auch bei der Errichtung eines Lügengebäudes und bei besonderen betrügerischen Machenschaften Bedeutung; ist gar massgebliches Entscheidkriterium betreffend Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall (Urteil des Kassationshofs vom 25. Februar 2005, 6P.124/2004, Erw.6.3 und 6.4.3; BGE 126 IV 171 f.). Allerdings erfordert die Erfüllung des Tatbestandes nicht, dass das Täuschungsopfer die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle erdenklichen Vorkehren trifft. Arglist scheidet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts lediglich aus, wenn das Opfer die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet. Entsprechend entfällt der strafrechtliche Schutz nicht bei jeder Fahrlässigkeit des Opfers, sondern nur bei Leichtfertigkeit (vgl. auch Urteil des Kassationsgerichtshofs vom 7. Juli 2004, 6S. 116/2004 / kra, Erw. 2.4.1; m.w.H.). Von der Errichtung eines Lügengebäudes spricht man dann, wenn das Vorgehen von besonderer Hinterhältigkeit zeugt, wobei es nicht auf die blosse Summierung mehrerer Lügen, sondern allein darauf ankommt, ob sie derart raffiniert aufeinander abgestimmt sind, dass sich auch ein kritisches Opfer täuschen lässt (BGE 119 IV 35 f.; 122 IV 205; 126 IV 171; auch Günter Stratenwerth / Guido Jenny, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I: Straftaten gegen Individualinteressen, 6. ergänzte und überarb. Aufl., Bern 2003, § 15 N 17). Als besondere Machenschaften gelten eigentliche Inszenierungen; sie bestehen aus einem ganzen System von Lügen und setzen damit gegenüber einer blossen Summierung von Lügen höhere Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Wirkung der

    Täuschungshandlungen voraus. Sie kennzeichnen sich durch intensive, planmässige und systematische Vorkehren, nicht aber notwendigerweise durch eine besondere tatsächliche oder intellektuelle Komplexität (BGE 126 IV 171; m.w.H.).

    Die Kläger machen geltend, es habe sich bei der Geschäftspraxis der A. AG um ein raffiniertes betrügerisches Gesamtsystem gehandelt, welches durch eine Vielzahl von einzelnen Lügen, Falschinformationen, Unterdrückung von Tatsachen, Anwendung von Tricks und Verschleierungsmethoden bestanden habe. Die unmittelbare Schädigung sei das eigentliche Ziel der Geschäftsleitung gewesen (HG.1999.54-HGK: Replik, S. 92; HG.1999.55-HGK: Replik, S. 89). Die Betrugsvorwürfe werden vom Beklagten 4 bestritten (HG.1999.54-HGK: KA4, S. 40, N 182; HG.1999.55-HGK: KA4, S. 37, N 172 f. u. 176; HG.1999.54/55-HGK: Duplik, S. 20, Ziff. 62 f.).

    In der Tat lassen sich bei der Analyse der verschiedenen Stufen im Rahmen der Vertragsanbahnung, im Rahmen des eigentlichen Verkaufsgesprächs, sowie in der Nachbetreuung der A. AG-Kunden aber verschiedene aufeinander abgestimmte Aussagen und Massnahmen (z.B. Pulvertrick; Checkheft) feststellen, so insbesondere bezüglich der gegenüber den A. AG-Kunden verwendeten Begriffe und Wendungen zum Vertriebssystem der A. AG (im Betreff der Werbemailings: "Zusammenarbeit mit Versicherungen"; Unterzeichnung der Werbemailings der A. AG mit "Versicherungsservice"; Suche in den Werbemailings nach Interessenten für eine "permanente", "autorisierte" "Servicestelle"; vgl. z.B. Köb. act. 1). Die Angaben in den Produkteprospekten der A. AG zum vielfältigen Verwendungszweck sowie zur Vielfalt angeblicher Endabnehmer haben ihrerseits Einfluss auf den Eindruck des unvoreingenommenen Adressaten bezüglich der Grösse des Absatzmarktes (vgl. kläg. act. 100, 122.11). Wohlgemerkt sind diese verschiedenen Verwendungsarten (allerdings sinnvollerweise nur für kleine Wassermengen) zumindest theoretisch mehrheitlich gegeben, die tatsächliche Nachfrage hängt jedoch nicht nur von den Einsatzmöglichkeiten des Produktes ab, sondern massgeblich vom Preis- / Leistungsverhältnis und vom Vorhandensein anderer konkurrierender Anbieter auf dem Markt und anderer alternativer Mittel zur Wasserschadenbekämpfung (wie Absaugpumpen etc.). Der Beklagte 4 bestreitet nicht, dass es auf dem Endverbrauchermarkt andere Anbieter mit viel tieferen Preisen als denjenigen der A. AG-Depositäre gegeben hat bzw. gibt. Gerade für den einzelnen A. AG-Verkäufer sind

    dies aber entscheidene Faktoren für die bei ihm zu erwartende Nachfrage nach Sorbarix A20. Es ist jedenfalls nicht anzunehmen, ein Endverbraucher werde das Sorbarix A20 Kissen zu von der A. AG kalkulierten Preisen kaufen, wenn er dasselbe Produkt zu einem Bruchteil dieses Preises bei einem anderen Anbieter beziehen kann.

    Dasselbe gilt auch für die "Übung" mit den Checkheften sowie die Aufforderung an die potentiellen A. AG-Depositäre anlässlich des Verkaufsgesprächs, das Telefon sei wegen der Nachfrage ständig besetzt zu halten. Diese Angaben konnten keinen anderen Zweck haben, als den Irrtum der A. AG-Depositäre zu bestärken, die Versicherungen würden ihnen zahlreich Versicherungs-Kunden vermitteln bzw. es bestehe eine rege Nachfrage nach dem Produkt, ansonsten ja eine Zusammenarbeit mit den Versicherungen für den A. AG-Kunden keinen Sinn machen würde. Zudem erweckt der Hinweis auf die Zusammenarbeit mit Versicherungen beim unvoreingenommenen Adressaten nicht nur den Eindruck der Seriosität des Produktes, sondern auch des Verhandlungspartners. All diese Angaben zusammen mussten beim unvoreingenommenen Adressaten geradezu den Eindruck erwecken, er werde als "Depositär" in ein bereits gut funktionierendes Vertriebssystem integriert und könne dann mit den Versicherungen zusammenarbeiten. Die Tatsache, inwiefern und in welcher Qualität eine solche Zusammenarbeit mit den Versicherungen bereits praktiziert wird, konnte vom potentiellen Vetragspartner dabei nicht überprüft werden bzw. es war ihm eine entsprechende Überprüfung nicht zumutbar, zumal ihm keine Bedenkzeit eingeräumt wurde. Dass der Beklagte 4 im Verkaufsgespräch mit den Klägern 5, 10 und 15 einerseits das Argument des Vertriebs der Kissen über die "Versicherungsschiene" verwendet hat, wird von den Klägern 5, 10 und 15 behauptet. Die diesbezüglichen Bestreitungen des Beklagten 4 erscheinen dahingegen nicht glaubhaft. Insofern der Beklagte 4 mit den Klägern 5, 10 und 15 die Verkaufsgespräche selbst geführt hat, trägt er zumindest an der Aufrechterhaltung des diesbezüglichen Irrtums genannter Kläger massgeblichen Anteil. Da dieses Vorgehen - wie ebenfalls bereits festgestellt wurde - gegen sein besseres Wissen erfolgt sein musste, und der Beklagte 4 im Verhandlungszeitpunkt bereits wusste, dass kaum eine Versicherung je einen Kunden an den betreffenden potentiellen Depositär verweisen würde, schon alleine deshalb, weil es sich bei Sorbarix A20 um ein Nischenprodukt mit beschränktem Einsatzmöglichkeiten und mit einem speziell zu A. AG-Einstandspreisen schlechten Preis-/ Leistungsverhältnis handelte und weil ausser unverbindlichen Kontakten zu

    Versicherungen gar keine und schon gar nicht enge bzw. für die Depositäre nützliche Beziehungen zu Versicherungen bestanden, ist dieses Vorgehen des Beklagten 4 anlässlich der Verkaufsgespräche im Zusammenhang mit dem Verkaufsargument des vorhandenen Vertriebssystems als arglistig zu qualifizieren. Eine Opfermitverantwortung ist dahingegen zumindest unter diesem Gesichtspunkt - mangels Überprüfbarkeit genannter Angaben - zu verneinen.

    Sodann behaupten die Kläger 5, 10 und 15, über die abzunehmende Menge vom Beklagten 4 getäuscht worden zu sein. Eine entsprechende Täuschung wurde in Erw.

    13.2.c. hiervor bereits bejaht und festgestellt, das Auftragsformular sei aufgrund seiner Gestaltung erklärungsbedürftig gewesen. Nachdem auch der Zeuge K. ausgesagt hat, es sei mündlich auf eine geringe Einstiegsmenge hin verhandelt worden, wohingegen die Absicht bestanden habe, ein ansprechendes Auftragsvolumen zu verkaufen, ist davon auszugehen, dass die Art und Weise der Gestaltung des Auftragsformulars dazu diente, die Verhandlungstaktik des A. AG-Verkäufers dahingehend zu unterstützen, dass der potentielle Vertragspartner - im Vertrauen auf das mündlich Besprochene (Einstieg klein, mit Möglichkeit der Nachbestellung bei Bedarf; vgl. auch Basisreglement, z.B. Rum. act. 4) das "Auftrags"-Formular anders interpretierte, als es eigentlich gemeint war; so z.B. dass er die Stückzahl nicht auf Packages, sondern auf Kissen bezog, und den eingetragenen Betrag für seine Gesamtverpflichtung hielt. Das Zusammenspiel der vom Beklagten 4 zugegebenen Täuschungstaktik (vgl. hiervor unter Erw. 13.2.c) mit der Gestaltung des Auftragsformulars kann deshalb ebenfalls als arglistig bezeichnet werden.

  3. Als zweites objektives Tatbestandsmerkmal muss das Opfer als Erfolg der Täuschung einem Irrtum erliegen und aufgrund dieses Irrtums zu seinem Verhalten bestimmt werden. Zwischen Täuschung, Irrtum und Vermögensverfügung muss also nicht nur ein Kausalzusammenhang, sondern ein Motivationszusammenhang bestehen. Als Irrtum ist dabei jede Diskrepanz zwischen Vorstellung und Wirklichkeit anzusehen. Es kann ausgeschlossen werden, dass die Kläger 5, 10 und 15 die Kaufverträge auch in Kenntnis der tatsächlichen Nachfragesituation nach Sorbarix A20 bei den End- abnehmern, in Kenntnis der tatsächlichen Qualität des Vetriebssystems bzw. der Zusammenarbeit mit den Versicherungen sowie der tatsächlichen Konkurrenzsituation mit anderen Anbietern auf dem Endverbrauchermarkt abgeschlossen hätten. Hinzu

    kommt, dass sie - hätten Sie im Zeitpunkt ihrer Unterschrift tatsächlich über den Umfang der ihrerseits eingegangenen Verpflichtungen Bescheid gewusst - nie einen Vertrag in dem mit dem Beklagten 4 ausgehandelten Umfang unterzeichnet hätten. Dies beweisen u.a. die dem Abschluss des Kaufvertrages nachfolgenden Korrespondenzen der Kläger 5, 10 und 15 mit der A. AG und auch die nachträglich vereinbarten Mengenreduktionen (vgl. auch Wie act. 9; Rum. act. 7, 8 und 15; Köb. act. 9). Damit ist aber sowohl der diesbezügliche Irrtum der genannten Kläger sowie der Motivationszusammenhang zwischen dem täuschenden Verhalten des Beklagten 4 und dem Irrtum der Kläger 5, 10 und 15 sowie dem deshalb erfolgten Vertragsschluss mit der A. AG erstellt.

  4. Drittes objektives Erfordernis des Betrugstatbestandes ist eine Vermögensverfügung des Irrenden. Die Kläger 5, 10 und 15 haben im Anschluss an das Verkaufsgespräch mit dem Beklagten 4 mit der A. AG einen Kaufvertrag abgeschlossen und den schlussendlich z.T. (zufolge Mengenreduktion reduzierten) vereinbarten Kaufpreis bezahlt (vgl. Wie act. 6; Rum act. 17 und 21; köb. act. 19). Damit haben sie eine tatbeständliche Vermögensverfügung getätigt.

  5. Viertes objektivesTatbestandsmerkmal ist der durch die Vermögensverfügung herbeigefügte Vermögensschaden. Nach dem strengeren objektiv-individuellen Massstab wird verlangt, dass die Gegenleistung nicht nur vom vorgespiegelten Sachverhalt abweicht, sondern überdies die Gegenleistung für die besonderen Zwecke der Betroffenen unbrauchbar ist (vgl. Stratenwerth / Jenny, a.a.O., § 15, N 51).

    Die Kläger machen allesamt geltend, die Kissen seien unverkäuflich und heute auch nicht mehr funktionstüchtig und damit wertlos, weshalb ihr Vermögensschaden hauptsächlich dem bezahlten Kaufpreis entspreche. Unabhängig wie hoch der Schaden der Kläger 5, 10 und 15 zu beziffern ist, kann jedenfalls festgehalten werden, dass aufgrund der Marktsituation die Kissen, sofern noch funktionstüchtig, zumindest zu A. AG-Einstands-preisen mit verhältnismässigem Aufwand seitens der Kläger 5, 10 und 15 kaum abzusetzen waren / sind und damit für die Kläger 5, 10 und 15 - speziell im Hinblick darauf, dass der Vertrag von ihnen geschlossen wurde, um sich mit dem Verkauf dieser Kissen ein zweites gewerbliches Standbein aufzubauen - unbrauchbar

    sind. Damit ist aber ein durch die Vermögensverfügung verursachter Vermögensschaden an sich bewiesen.

  6. Der subjektive Tatbestand erfordert beim Betrug einerseits den Vorsatz des Täters und andererseits die Bereicherungsabsicht. Der Vorsatz muss sich auf sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale richten, also sowohl das motivierende Verhalten, das Setzen eines Motivs beim Betroffenen, wie dessen Verfügung und die Vermögensschädigung einschiesslich des Motivationszusammenhangs umfassen. Eventualdolus genügt (vgl. hierzu Stratenwerth / Jenny, a.a.O., §15, N 57).

    Vorliegend ist aufgrund der Umstände davon auszugehen, dass der Beklagte 4 im Verkaufsgespräch mit den Klägern 5, 10 und 15 mit Vorsatz getäuscht hat, bzw. unter Ausnützung der bereits irreführenden Information in den an die genannten Kläger adressierten Werbemailings, sie mit weiteren Angaben hierzu in ihrem Irrtum u.a. über die Qualität des Vertriebssystems bestärkt hat. Dieses Verhalten des Beklagten 4 konnte nur dem Zweck dienen, die Kläger zur Unterzeichnung eines Vertrags zu bewegen, im Wissen darum, dass diese in Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse und der tatsächlich abgenommenen Mengen nie einem Abschluss zugestimmt hätten. Aus Sicht der genannten Kläger ist erstellt, dass der Irrtum über das Vertriebssystem über die abzunehmenden Mengen und über die tatsächliche Nachfrage nach dem Produkt zu A. AG-Preisen auf dem Endverbrauchermarkt Ursache und Motiv für die Unterzeichnung des Auftragsformulars war. Im Wissen darum, dass die effektive Wahrscheinlichkeit gegen Null tendierte, dass die genannten Kläger ihre Sorbarix A20 Kissen zu A. AG-Preisen auf dem Endverbrauchermarkt absetzen konnten, muss sich der Beklagte 4 deshalb den Vorwurf der zumindest eventualvorsätzlichen Vermögensschädigung gefallen lassen. Damit ist gleichzeitig auch der Vorsatz bezüglich des Motivationszusammenhangs zwischen täuschendem Verhalten, Irrtum der genannten Kläger und deren Vermögensschädigung hinreichend belegt.

    Sodann muss der Täter die Absicht haben, "sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern", d.h. der Täter muss einen Vermögensvorteil für sich oder einen anderen erstreben. Dabei muss der Vermögensvorteil dem Schaden entsprechen, der dem Betroffenen zugefügt wird (sog. Grundsatz der Stoffgleichheit). Die Unrechtmässigkeit der erstrebten Bereicherung bedarf selbständiger Begründung, d.h. die beabsichtigte

    Vermögensverschiebung muss der Rechtsordnung zuwiderlaufen (positiv missbilligte Vermögensverschiebung). Die Vermögensverschiebung muss zwar beabsichtigt sein, sie braucht jedoch für die Vollendung des Betrugs nicht eingetreten zu sein (vgl. hierzu Stratenwerth / Jenny, a.a.O., §15 N 58 ff.). Unabhängig davon, ob der Beklagte 4 prozentual am Bestellvolumen provisionsberechtigt war, und sich damit durch Abschluss der Kaufverträge mit den genannten Klägern auch selbst bereichert hat, hat er jedenfalls die A. AG, für welche er in seiner Eigenschaft als A. AG-Verkäufer handelte dadurch bereichert, dass er (bzw. die A. AG) für die verkauften Sorbarix A20 Kissen von den genannten Klägern einen Kaufpreis löste, der aufgrund der Konkurrenzsituation mit anderen Anbietern auf dem Markt und aufgrund des Preis-/Leistungsverhältnisses zu

    A. AG-Preisen weit über demjenigen Strückpreis lag, welcher er (bzw. die A. AG) beim Direktverkauf auf dem Endverbrauchermarkt mit verhältnismässigem Aufwand hätte erreichen können. In Anbetracht dessen, dass es sich beim Sorbarix A20 um ein Nischenprodukt mit nur sehr beschränkter effektiver Nachfrage auf dem Markt handelt, hat er durch den Vertragsabschluss mit den Klägern 5, 10 und 15 die Kissen zudem in Stückzahlen verkauft, die - gemessen am realistisch zu erwartenden Bedarf - weit über einer Einstiegsmenge für die genannten Kläger lag; deren Bedarf vielmehr (ohne Ansicht des extrem überteuerten Einstiegspreises) über Jahre hinaus deckte. Nachdem der Beklagte 4 wissen musste, dass die genannten Kläger die Kissen wohl nur mit unverhältnismässigem Aufwand zum kleinsten Teil mit Verlust würden an Endverbraucher weiterverkaufen können und zumindest auf dem grossen Rest der Kissen sitzen bleiben würden, ist auch die Absicht hinreichend belegt, dass der Beklagte 4 durch sein Vorgehen die A. AG (und u.U. auch sich selbst) in gleichem Umfang des Verkaufserlöses unrechtmässig zu bereichern beabsichtigte.

  7. Fazit: Damit hat sich der Beklagte 4 im Rahmen des Verkaufsgesprächs mit den Klägern 5, 10 und 15 des Betruges i.S.v. Art. 146 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Im Rahmen von Art. 41 OR ist demzufolge die Widerrechtlichkeit für genannte Fälle auch diesbezüglich zu bejahen.

(...).

16. Fazit

  1. Das Handelsgericht hat aufgrund der Parteivorbringen und der im Recht liegenden Beweise festgestellt, dass der Beklagte 4 während dem ganzen in vorliegenden Verfahren interessierenden Zeitraum wenn nicht formelles, so faktisches Organ der A. AG gewesen war (vgl. Erw. 8).

  2. Sodann hat das Handelsgericht aufgrund der Parteivorbringen und der im Recht liegenden Beweise entschieden, dass die Kläger im Rahmen vorliegender Klagen nur Ansprüche aus unerlaubter Handlung i.S.v. Art. 41 OR geltend machen können (vgl. Erw. 9 - 9.2.5. und Erw. 11.2 - 11.3).

  3. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts haftet ein Organ einer Aktiengesellschaft im Rahmen einer Klage aus unmittelbarem Gläubigerschaden bei einem widerrechlichten Verhalten i.S.v. Art. 41 OR nur dann, wenn sein Verhalten Pflichten verletzt, welche ihm gegenüber dem Geschädigten persönlich obliegen, ihm

    m.a.W. ein pflichtwidriges Handeln oder Unterlassen in der direkten Beziehung zum Geschädigten vorgeworfen werden kann. Da vorliegend keiner der Kläger 1 bis 39 bis zum Vertragsschluss in einer solchen direkter Beziehung zu den Beklagten 1, 2, 3 und 5 gestanden haben, sind sämtliche Klagen aus unmittelbarem Gläubigerschaden gegen die Beklagten 1, 3 und 5 abzuweisen (vgl. Erw. 9.2.4., 10.1 und 10.2). Insofern die Klagen der Kläger 1 - 39 gegen den Beklagten 2 gerichtet sind, so sind diese als gegenstandslos abzuschreiben, da der Beklagte 2 verstorben ist und die von ihm hinterlassene Erbschaft mittlerweile amtlich liquidiert worden ist; ohne dass die Kläger im Rahmen dieser amtlichen Liquidation - gemäss Amtsauskunft des zuständigen Liquidators - irgendwelche Ansprüche geltend gemacht hätten.

  4. Sodann hat das Handelsgericht entschieden, dass aufgrund der Parteivorbringen und der im Recht liegenden Beweismittel nur die Kläger 5, 10 und 15 bewiesenermassen in direkter Beziehung zum Beklagten 4 gestanden haben, da der Beklagte 4 die Verkaufsverhandlungen mit genannten Klägern selbst geführt hat. Dahingegen ist für das Handelsgericht durch die vom Kläger 36 selbst ins Recht gelegten Unterlagen eine direkte Beziehung des Klägers 36 zum Beklagten 4 nicht hinreichend bewiesen (Erw. 10.3).

  5. Die Forderungen der Kläger 5, 10 und 15 aus Art. 41 OR sind nicht verjährt, zumal vorliegend die längeren strafrechtlichen Verjährungsfristen sowie die längeren Verjährungsfristen für vorsätzlich begangenen unlauteren Wettbewerb zur Anwendung kommen (vgl. Erw. 11).

  6. Das Handelsgericht hat für die Kläger 5, 10 und 15 einen Schaden in der Höhe der Gestehungskosten (Kaufpreis) zuzüglich Zinsen bejaht. Dahingegen hat es die Position "Schadenersatz" (Fr. 19759.00) des Klägers 15 zuzüglich des hierfür verlangten Zinses (Fr. 2'014.30) mangels hinreichender Substantiierung und mangels rechtsgenüglichem Beweis abgewiesen (Erw. 12).

  7. Das Handelsgericht hat aufgrund der Parteivorbringen und der im Recht liegenden Beweismittel entschieden, dass dem Beklagten 4 im Verhalten zu den Klägern 5, 10 und 15 ein widerrechtliches Verhalten i.S. von Art. 41 OR, d.h. ein vorsätzliches unlauteres Verhalten i.S.v. Art. 3 lit. b und i UWG sowie Betrug i.S. von Art. 146 Abs. 1 OR vorgeworfen werden muss (vgl. Erw. 13).

  8. Auch der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem widerrechtlichen Verhalten des Beklagten 4 und dem Schaden der Kläger 5, 10 und 15 wurde bejaht (Erw. 14).

  9. Aufgrund der Parteivorbringen und der im Recht liegenden Beweise kommt das Handelsgericht sodann zum Schluss, dass der Beklagten 4 mit Wissen um die tatsächlichen Umstände (insbesondere bezüglich Qualität des Vertriebssystems der A. AG und über die irreführende Vorinformation der Kläger 5, 10 und 15 mittels Werbemailing) vorsätzlich arglistig getäuscht hat, ihm demnach ein schweres Verschulden am Schaden der Kläger 5, 10 und 15 anzulasten ist. Gleichzeitig erkennt das Handelsgericht aber auch auf ein Selbstverschulden genannter Kläger im Umfang von zehn Prozent der gutgeheissenen Schadenssumme, da sie sich vom Beklagten 4 haben unter Druck setzen lassen und nicht - wie man dies von einem Kaufmann erwarten darf - die Vertragsunterlagen hinreichend sorgfältig geprüft haben (Erw. 15).

h) Demnach sind alle Schadenersatzvoraussetzungen von Art. 41 OR im Bezug auf die Klage der Kläger 5, 10 und 15 gegen den Beklagten 4 erfüllt. Der Beklagte 4 wird deshalb verpflichtet, dem Kläger 5 Fr. 40'086.35, dem Kläger 10 Fr. 17'626.40 und dem

Kläger 15 Fr. 12'415.60 zu bezahlen; je zuzüglich 5 % Zins ab dem 29. September 1997. Im Übrigen werden die Klagen gegen den Beklagten 4 abgewiesen.

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