E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:EL 2017/41
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:EL - Ergänzungsleistungen
Versicherungsgericht Entscheid EL 2017/41 vom 18.01.2019 (SG)
Datum:18.01.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG; Art. 16 Abs. 1 FZV, Art. 3 Abs. 1 BVV3. Anrechnung eines hypothetischen Vorsorgevermögens.In Art. 16 Abs. 1 FZV bzw. Art. 3 Abs. 1 BVV3 ist ein zeitlicher Rahmen für einen möglichen Vorbezug von Vorsorgeguthaben bzw. dem Guthaben der Säule 3a vorgesehen. Innerhalb dieses Rahmens sind die Vorsorgeeinrichtungen bzw. die Anbieter der Säule 3a-Lösungen in ihren Reglementen jedoch bei der Bestimmung des frühestmöglichen Vorbezugszeitpunkts frei. Es liegen keine Reglemente vor. Rückweisung zur weiteren Sachverhaltsabklärung (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 18. Januar 2019, EL 2017/41).
Schlagwörter : Vorsorge; Beschwerde; Freizügigkeit; Freizügigkeits; Bezug; Rente; Beschwerdeführerin; Beschwerdegegnerin; Säule; Bezüger; Reglement; Vorzeitig; Hypothetische; Renten; Beziehe; Vorzeitige; Vorsorgeleistung; Freizügigkeitsguthaben; Beziehen; Möglichkeit; Vorsorgeleistungen; Vorsorgevermögen; Reglemente; Vorsorgestiftung; Angerechnet; EL-Bezüger; Verordnung; Ergänzung; Vermögens; Ergänzungsleistung
Rechtsnorm: Art. 21 ATSG ; Art. 3 BV ; Art. 43 ATSG ; Art. 84 BV ;
Referenz BGE:122 V 220;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
Entscheid vom 18. Januar 2019

Besetzung

Präsident Ralph Jöhl, Versicherungsrichterinnen Monika Gehrer-Hug und Karin Huber- Studerus; Gerichtsschreiberin Annemarie Haase

Geschäftsnr.

EL 2017/41

Parteien

  1. ,

    Beschwerdeführerin,

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Hans Frei, Kriessernstrasse 40, 9450 Altstätten,

    gegen

    Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Ausgleichskasse, Brauerstrasse 54, Postfach, 9016 St. Gallen,

    Beschwerdegegnerin,

    Gegenstand

    Ergänzungsleistung zur IV

    Sachverhalt

    A.

    1. A. bezog seit September 2014 Ergänzungsleistungen zu ihrer IV-Rente (act. G 3.2/46). Gemäss den im Rahmen ihrer Anmeldung eingereichten Akten hatte sie im Jahr 2011 ein Freizügigkeitskonto bei der Bank B. eröffnet (act. G 3.2/91-2). Zudem

      verfügte sie über ein Vorsorgekonto bei der Vorsorgestiftung C. (act. G 3.2/61-10). Auf Nachfrage der EL-Durchführungsstelle reichte die Versicherte am 13. Januar 2017 Unterlagen ein, laut denen sie per 31. Dezember 2016 über ein Freizügigkeitsguthaben bei der Bank B. in Höhe von Fr. 61'845.80 und bei der Vorsorgestiftung C. über ein Vorsorgeguthaben in Höhe von Fr. 9'918.05 verfügt (act. G 3.2/3 f.). Daraufhin passte die EL-Durchführungsstelle den EL-Anspruch der Versicherten am 2. Februar 2017 per März 2017 an, indem sie neu ein Freizügigkeitsguthaben der Versicherten in Höhe von Fr. 71'763.-- in der EL-Anspruchsberechnung berücksichtigte. Zur Begründung führte sie aus, dass die Versicherte im Dezember 2016 59 Jahre alt geworden sei und das Guthaben bereits fünf Jahre vor Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters beziehen könne (act. G 3.2/1).

    2. Am 28. Februar bzw. 21. März 2017 liess die Versicherte Einsprache erheben und die Aufhebung der Verfügung vom 2. Februar 2017 sowie die Neuberechnung des EL- Anspruchs ohne Berücksichtigung des Freizügigkeitsguthabens beantragen. Sie liess sinngemäss geltend machen, dass sie nur als Bezügerin einer ganzen IV-Rente die Möglichkeit hätte, ihr Freizügigkeitsguthaben früher zu beziehen. Als Bezügerin einer halben IV-Rente bleibe ihr ein vorzeitiger Bezug jedoch verwehrt. Weil davon auszugehen sei, dass eine (Teil-)Invalidität nicht zwingend lebenslänglich bestehe und deshalb der Wiedereinstieg ins Erwerbsleben angestrebt werde, müsse der berufliche Vorsorgeschutz bei Teilinvaliden erhalten bleiben. Sie bewerbe sich regelmässig um eine Erwerbstätigkeit und finde immer wieder eine Stelle. Es ergebe sich somit, dass sie ihre Freizügigkeitsleistung in eine neue Vorsorgeeinrichtung einbringen müsse, wenn sie wieder eine Stelle gefunden habe. Ein Bezug der Freizügigkeitsleistung vor der ordentlichen Pensionierung bei gleichem Invaliditätsgrad sei ihr deshalb nicht möglich (act. G 3.1/15, 18).

    3. Am 8. August 2017 wies die EL-Durchführungsstelle die Einsprache der Versicherten ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Versicherte die Möglichkeit habe, sich ihr Kapital auf dem Freizügigkeitskonto fünf Jahre vor dem Erreichen des

Rentenalters von 64 Jahren auszahlen zu lassen. Hätte sie einen Anspruch auf eine ganze IV-Rente, könnte sie sich das Freizügigkeitsguthaben ab Beginn der ganzen IV- Rente auszahlen lassen. Da die Versicherte am 24. Dezember 2021 das erwähnte Rentenalter erreichen werde, hätte sie ihr Freizügigkeitsguthaben bereits im Dezember 2016 beziehen können. Da es nicht der Zwecksetzung der EL entspreche, das Vermögen der Bezüger zu schonen, sei das Guthaben in Höhe von Fr. 71'673.-- zu Recht als Vermögen angerechnet worden (act. G 3.1/12).

B.

    1. Gegen diesen Einspracheentscheid richtete sich die Beschwerde der Versicherten (nachfolgend Beschwerdeführerin) vom 11. September 2017. Darin liess sie die Aufhebung der Verfügung vom 2. Februar 2017 sowie des Einspracheentscheides vom

      8. August 2017 und die Rückweisung der Sache zur Neuberechnung des EL- Anspruchs ohne Berücksichtigung der Freizügigkeitsleistungen beantragen. Zudem ersuchte sie um den Beizug der Akten der Unia Arbeitslosenkasse. Ihre Ausführungen in der Einsprache liess sie dahingehend ergänzen, dass bei einem möglichen Bezug des Freizügigkeitsguthabens die Steuern, die ein solcher Bezug - fiktiv - auslösen würde und die den zufliessenden Betrag entsprechend mindern würden, in der EL- Berechnung zu berücksichtigen seien. Weil einem das Freizügigkeitskonto beziehenden EL-Bezüger die angefallenen Steuern abgezogen würden, würde ein auf einen Bezug des Freizügigkeitseinkommens verzichtender EL-Bezüger schlechter gestellt, wenn ihm der Bruttobetrag angerechnet würde. Deshalb dürfe nur der Nettobetrag als hypothetisches Vermögen angerechnet werden. Vorliegend sei allerdings nicht ersichtlich, ob es sich beim angerechneten hypothetischen Vermögen um einen Brutto- oder Nettobetrag handle (act. G 1). Mit der Beschwerde liess die Beschwerdeführerin u.a. Nachweise ihrer persönlichen Arbeitsbemühungen von Februar bis August 2017 einreichen (act. G 1.2.1).

    2. Am 27. September 2017 beantragte die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung verwies sie auf ihre Ausführungen im Einspracheentscheid (act. G 3).

Erwägungen

1.

    1. Im Rahmen einer Revision nach Art. 17 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (SR 830.1; ATSG) hat die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin mit einer Verfügung vom 2. Februar 2017 per März 2017 (vgl. Art. 25 Abs. 2 lit. c der Verordnung über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung [SR 831.301; ELV]) das Freizügigkeitsguthaben sowie das Guthaben auf dem Vorsorgekonto der Säule 3a in Höhe von insgesamt Fr. 71'763.-- angerechnet, weil sie der Ansicht gewesen ist, dass die Beschwerdeführerin ab Erreichen des 59. Altersjahres die Möglichkeit habe, ihre Vorsorgeleistungen zu beziehen (act. G 3.2/2). Die Beschwerdeführerin hat geltend machen lassen, dass die Möglichkeit des vorzeitigen Bezugs der Vorsorgeleistungen nur Bezügern einer ganzen Invalidenrente offenstehe. Sie hingegen beziehe lediglich eine halbe IV-Rente und bemühe sich nach wie vor um die Ausschöpfung ihrer Erwerbstätigkeit, weshalb sie noch keine Vorsorgeleistungen beziehen könne. Zudem sei der angerechnete Betrag zu hoch (act. G 1). Strittig sind im vorliegenden Beschwerdeverfahren also die Fragen, ob und wenn ja, in welcher Höhe das Freizügigkeits- und das private Vorsorgevermögen der Beschwerdeführerin als (hypothetisches) Vermögen angerechnet werden kann.

    2. Die jährliche Ergänzungsleistung entspricht dem Betrag, um den die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen übersteigen (Art. 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und

      Invalidenversicherung [SR 831.30; ELG]). Sinn und Zweck der Ergänzungsleistungen ist es, die Ausgaben unter der Berücksichtigung der Einnahmen zu decken, um die EL- Bezüger vor der Sozialhilfeabhängigkeit zu bewahren. Als Einnahmen sind unter anderem gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG ein Zehntel des Reinvermögens sowie gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. g Einkünfte und Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist, anzurechnen. Im Rahmen der EL-spezifischen Schadenminderungspflicht wird von den EL-Bezügern verlangt, dass sie ihren Lebensunterhalt so weit wie möglich selbst bestreiten und dafür auch auf ihr vorhandenes Vermögen im in Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG vorgesehenen Umfang zurückgreifen (vgl. RALPH JÖHL, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, in: Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Band XIV Soziale Sicherheit, 3. Aufl. 2016, Rz 205). Besteht also die Möglichkeit, angespartes Vorsorgevermögen zu beziehen, wird von EL-Bezügern verlangt, dieses zur Entlastung der EL zu verzehren (vgl. Rz 3223.06 der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV [WEL] e contrario sowie auch das Urteil des Bundesgerichts vom 20. Juli 2012, 9C_390/2012). Beziehbares Vorsorgeguthaben ist deshalb bei der Ermittlung des EL-Anspruchs einnahmenseitig gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG als sogenannter Vermögensverzehr zu berücksichtigen. Wäre der Vorbezug und damit die Anrechenbarkeit der Willkür des EL-Bezügers überlassen, der sein Vermögen "schonen" wollte, käme es zu einer stossenden Ungleichbehandlung gegenüber den effektiven (Vor-) Bezügern solcher Guthaben. Deshalb ist in einem solchen Fall ein Vorbezug der Vorsorgeleistungen zu fingieren (URS MÜLLER, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum ELG, 3. Auflage 2015, Rz 435 zu Art. 11).

    3. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nur das Vermögen als Einnahme anrechenbar ist, das auch tatsächlich verzehrt werden kann. Nicht verzehrbar sind Vermögenswerte, die zwar liquid sind oder in liquide Mittel umgewandelt werden könnten, deren Verzehr aber ausgeschlossen ist, weil dem EL-Bezüger der Zugriff verwehrt ist. So darf beispielsweise Vermögen, das gestützt auf Art. 3 der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (SR 831.441.1; BVV) angelegt ist, nicht als Einnahme angerechnet werden, solange die Ausrichtung der Vorsorgeleistung an sich gar nicht möglich ist (vgl. Rz 3443.06 WEL sowie JÖHL, a.a.O., Rz 161 mit Hinweisen). Dabei ist zu beachten, dass die Leistungen der beruflichen Vorsorge nicht

bereits fällig i.S.v. Art. 75 ff. des Bundesgesetzes betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht; SR 220; OR) sind, wenn der Vorsorgenehmer sie verlangt, sondern erst ab dem Zeitpunkt, in welchem die Leistungen überhaupt gefordert werden können. Gemäss Art. 16 Abs. 1 der Verordnung über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (SR 831.425; FZV) dürfen Altersleistungen von Freizügigkeitspolicen und Freizügigkeitskonten frühestens fünf Jahre vor und spätestens fünf Jahre nach Erreichen des Rentenalters, welches bei Frauen gemäss Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (SR 831.40; BVG) bei 64 liegt, ausbezahlt werden. Gemäss Art. 16 Abs. 2 FZV wird, sofern die versicherte Person eine volle Invalidenrente bezieht, die Altersleistung auf Begehren des Versicherten vorzeitig ausbezahlt. Auch Guthaben der Säule 3a können gemäss Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 3 der Verordnung über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (SR 831.461.3; BVV3) frühestens fünf Jahre vor dem ordentlichen Rentenalter ausgerichtet werden. Sie werden normalerweise bei Erreichen des ordentlichen Rentenalters fällig. Gemäss Art. 3 Abs. 2 BVV3 ist eine vorzeitige Ausrichtung der Altersleistungen zulässig bei der Auflösung des Vorsorgeverhältnisses, wenn der Vorsorgenehmer eine ganze Invalidenrente bezieht und das Invaliditätsrisiko nicht versichert ist, wenn der Vorsorgenehmer die ausgerichtete Leistung für den Einkauf in eine steuerbefreite Vorsorgeeinrichtung oder für eine andere anerkannte Vorsorgeform verwendet, wenn der Vorsorgenehmer seine bisherige selbstständige Erwerbstätigkeit aufgibt und eine andersartige selbstständige Erwerbstätigkeit aufnimmt oder wenn die Vorsorgeeinrichtung nach Art. 5 FZG zur Barauszahlung verpflichtet ist. Art. 3 Abs. 3 BVV3 lässt eine vorzeitige Ausrichtung der Altersleistungen ferner für den Erwerb und die Erstellung von Wohneigentum zum Eigenbedarf, die Beteiligungen am Wohneigentum zum Eigenbedarf und die Rückzahlung von Hypothekardarlehen zu.

2.

    1. Bei der Anrechnung des Vermögens hat sich die Beschwerdegegnerin auf Art. 16

      Abs. 1 FZV (bzw. in Bezug auf die Anrechnung des Vermögens aus der Säule 3a wohl

      auch auf Art. 3 Abs. 1 BVV3) gestützt. Die Beschwerdeführerin hat dagegen eingewendet, dass eine versicherte Person gemäss Art. 16 Abs. 2 FZV nur dann eine vorzeitige Auszahlung von Freizügigkeitspolicen und Freizügigkeitskonten verlangen könne, wenn sie eine ganze Rente der IV beziehe. Teilinvaliden Versicherten wie ihr sei der vorzeitige Bezug der Guthaben somit aufgrund des Art. 16 Abs. 2 FZV verwehrt. Die Ansicht der Beschwerdegegnerin, dass ein Bezug der Freizügigkeitspolicen und Freizügigkeitskonten gemäss Art. 16 Abs. 1 FZV allen Versicherten fünf Jahre vor Erreichen des Rentenalters möglich sei, sei daher rechtswidrig (act. G 1). Zusammenfassend ist die Beschwerdeführerin also davon ausgegangen, dass Art. 16 Abs. 2 FZV die in Art. 16 Abs. 1 FZV vorgesehene Möglichkeit eines vorzeitigen Bezugs auf Vollinvalide beschränke. In einem ersten Schritt ist deshalb zu überprüfen, was genau Art. 16 Abs. 1 und 2 FZV bzw. Art. 3 Abs. 1 und 2 BVV3 regeln und in welchem Verhältnis die jeweiligen Absätze zueinander stehen.

    2. Der Verordnungsgeber hat in Art. 16 Abs. 2 FZV ebenso wie in Art. 3 Abs. 2 lit. a BVV3 nicht nur den Umstand geregelt, dass Vollinvalide grundsätzlich einen Anspruch auf einen Vorbezug des angesammelten Kapitals der 2. Säule bzw. der Säule 3a haben. Er hat in diesen Normen auch den Zeitpunkt bestimmt, ab dem dieser Vorbezug möglich ist. Indem der Verordnungsgeber nämlich vorgesehen hat, dass einem Bezüger einer ganzen Invalidenrente auf dessen Begehren dessen Guthaben auf den Freizügigkeitspolicen und den Freizügigkeitskonten bzw. dessen Guthaben der Säule 3a auszubezahlen sind, sofern das Invaliditätsrisiko nicht versichert ist, hat er ab dem Zeitpunkt der Zusprache einer ganzen Invalidenrente die Möglichkeit eines vorzeitigen Bezugs eingeräumt. Weil auch in Art. 16 Abs. 1 FZV und Art. 3 Abs. 1 BVV3 für einen Vorbezug geltende Zeiträume geregelt werden (frühestens fünf Jahre vor und spätestens fünf Jahre nach Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters), können diese nicht ebenfalls für vollinvalide Versicherte gelten. Andernfalls würde ein unerträglicher und unlösbarer Widerspruch zwischen dem Art. 16 Abs. 1 und Art. 16 Abs. 2 FZV sowie zwischen dem Art. 3 Abs. 1 und dem Art. 3 Abs. 2 und 3 BVV3 entstehen. Bei korrekter Betrachtungsweise muss daher davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber in Art. 16 Abs. 1 FZV bzw. Art. 3 Abs. 1 BVV3 jeweils den Grundsatz aufgestellt hat, gemäss welchem jede versicherte Person, deren

      Vorsorgekapital auf einem Freizügigkeitskonto bzw. einem Konto eines Anbieters von Säule 3a-Lösungen liegt, frühestens fünf Jahre vor und bis spätestens fünf Jahre nach Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters ihre Vorsorgeleistungen beziehen darf. Demgegenüber hat er in Art. 16 Abs. 2 FZV einen Sonderfall bzw. in Art. 3 Abs. 2 und 3 BVV3 mehrere Sonderfälle vorgesehen, die zur Abweichung vom im jeweiligen Abs. 1 vorgesehenen Grundsatz berechtigen. So muss eben eine versicherte Person, die vollinvalid ist und deren Invaliditätsrisiko nicht versichert ist, ab dem Zeitpunkt der Zusprache ihrer ganzen IV-Rente ihre Vorsorgeleistungen beziehen können, selbst wenn sie sich dabei nicht im in Art. 16 Abs. 1 FZV bzw. Art. 3 Abs. 1 BVV3 vorgesehenen Zeitrahmen fünf Jahre vor und nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters bewegt.

    3. Die Beschwerdeführerin hat zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Einspracheentscheides eine halbe Invalidenrente bezogen (vgl. act. G 3.1/15) und ist nicht erwerbstätig gewesen (vgl. act. G 1.2.1, act. G 3.2/2). Ihr Vorsorgeguthaben hat also nach wie vor auf einem Freizügigkeitskonto der Bank B. und auf einem Säule 3a-Konto der Vorsorgestiftung C. gelegen (act. G 1.2.2). Weil die Beschwerdeführerin weder vollinvalid gewesen noch unter die anderen in Art. 3 Abs. 2 und 3 BVV3 aufgezählten Ausnahmen gefallen ist, sind grundsätzlich der Art. 16 Abs. 1 FZV sowie der Art. 3 Abs. 1 BVV3 auf sie anwendbar gewesen. Diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin jedoch geltend machen lassen, dass sie sich regelmässig um Arbeitsstellen bemühe und der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice bzw. ein Freizügigkeitskonto deshalb erhalten bleiben müsse. Sie müsse nämlich, sobald sie eine neue Erwerbstätigkeit aufnehme, ihr Freizügigkeitsguthaben in die entsprechende neue Vorsorgeeinrichtung einbringen (act. G 3.1/15). Tatsächlich ist es so, dass Teilinvalide weiterhin im Rahmen der beruflichen Vorsorge versichert bleiben, während dafür bei Vollinvaliden kein Anlass mehr besteht (MÜLLER, a.a.O., Rz 435 zu Art. 11). Allerdings bedeuten weder der Bezug des Freizügigkeitsguthabens gemäss Art. 16 Abs. 1 FZV noch der Bezug des Vorsorgeguthabens der Säule 3a gemäss Art. 3 Abs. 1 BVV3 die vorzeitige Pensionierung einer versicherten Person. Diese ist vielmehr trotz eines Vorbezugs der genannten Vorsorgeleistungen weiterhin im Rahmen der beruflichen Vorsorge versichert. Sie kann somit auch nach einem Vorbezug ihrer

      Vorsorgeleistungen weiterhin ein Vorsorgevermögen aufbauen, indem sie neue Arbeitsstellen antritt und wieder Prämien an eine Vorsorgeeinrichtung der zweiten Säule abführt bzw. in die Säule 3a einbezahlt.

    4. In Bezug auf die Anrechnung des Freizügigkeitsvermögens bzw. des durch dieSäule 3a angesparten Vermögens der Beschwerdeführerin ist zu berücksichtigen, dass sich der Verordnungsgeber sowohl in Art. 16 Abs. 1 FZV als auch Art. 3 Abs. 1 BVV3 nicht an die versicherten Personen, sondern an die Vorsorgeeinrichtungen bzw. die Anbieter von Säule 3a-Lösungen gerichtet hat. Dabei hat er der Möglichkeit der Vorsorgeeinrichtungen bzw. der Anbieter von Säule 3a-Lösungen, Vorsorgeleistungen auszuzahlen, sowohl in Hinblick auf eine vorzeitige als auch auf eine nachträgliche Auszahlung zeitliche Grenzen gesetzt. Innerhalb dieser Grenzen ist es den Vorsorgeeinrichtungen bzw. den Anbietern von Säule 3a-Lösungen gestattet, die Laufzeit der Konten und Policen in ihren Reglementen frei zu bestimmen. Deswegen kann im Einzelfall nicht einzig gestützt auf die Verordnungsnormen davon ausgegangen werden, dass der Bezug der Vorsorgeleistungen tatsächlich bereits fünf Jahre vor Erreichen des Rentenalters möglich gewesen sei. Hier kommt es vielmehr darauf an, ob die Bank B. und die Vorsorgestiftung C. den in den Verordnungen vorgesehenen Zeitrahmen in ihre Reglemente übernommen haben oder ob sie allenfalls einen späteren Zeitpunkt für einen Vorbezug gewählt haben. Weiter besteht auch die Möglichkeit, dass eine Vorsorgeeinrichtung bzw. ein Anbieter einer Säule 3a-Lösung in seinem Reglement anstelle einer Kapitalauszahlung die Auszahlung des Vorsorgevermögens als Rente vorsieht. Im Falle eines Verzichts wäre dann nicht etwa ein hypothetisches Vermögen, sondern eine hypothetische Rente als Einnahme anzurechnen. Die Akten enthalten weder die Reglemente der Bank B. und der Vorsorgestiftung C. noch konkrete Auskünfte dieser beiden Institute. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Beschwerdegegnerin es unterlassen hat, Abklärungen betreffend den jeweiligen frühestmöglichen Vorbezugszeitpunkt und betreffend die Ausgestaltung der Ausbezahlung zu tätigen. Zwar sind die aktuellen Reglemente der Bank B. (gültig ab 20. Juni 2017) und der Vorsorgestiftung C. (gültig ab 1. Januar 2019) im Internet auf den Websites der Bank C. bzw. der Bank B. abrufbar, doch sind für den vorliegenden Fall vielmehr das alte Reglement der Bank B. vom 1. Juli

2013 und das alte Reglement der Vorsorgestiftung C. vom 29. Mai 2013 relevant. Diese notwendigen Dokumente lassen sich nicht ohne Weiteres auf den Websites der beiden Anbieter der Vorsorgekonten finden. Weil es durchaus möglich ist, dass sich die aktuellen Reglemente von den im Jahr 2016 gültigen Reglementen insbesondere hinsichtlich die Ausgestaltung der Möglichkeiten des vorzeitigen Bezugs oder hinsichtlich die Ausgestaltung der Ausbezahlung unterscheiden, steht der massgebliche Sachverhalt nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit fest. Weil es nicht die Aufgabe des Versicherungsgerichtes sein kann, ein Versäumnis hinsichtlich der ureigensten Aufgabe der Beschwerdegegnerin, nämlich der Sachverhaltsabklärung, nachzuholen, wird die Beschwerdegegnerin sich bei der Bank B. und bei der Vorsorgestiftung C. mittels direkter Anfragen und Einholung des entsprechenden Reglements mit Blick auf die Möglichkeit und die Ausgestaltung eines vorzeitigen Bezugs zu informieren haben. Dazu ist die Sache an sie zurückzuweisen.

3.

    1. Im Sinne eines obiter dictum ist festzuhalten, dass die Beschwerdegegnerin sich, wenn ihre Sachverhaltsabklärungen ergeben sollten, dass die Reglemente der beiden Banken tatsächlich die Möglichkeit eines vorzeitigen Bezugs der Vorsorgeleistungen vorsehen, die Frage wird stellen müssen, unter welchen Umständen der Beschwerdeführerin überhaupt ein hypothetisches Vermögen bzw. eine hypothetische Rente angerechnet werden darf.

    2. Weil jeder EL-Bezüger im Rahmen der Schadenminderungspflicht verfügbares Vermögen im in Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG bzw. im in Art. 11 Abs. 1 lit. d ELG vorgesehenen Umfang zur Finanzierung seines Existenzbedarfs und damit zur Entlastung der EL verzehren muss, ist es im konkreten Fall - sofern ein vorzeitiger Bezug gemäss den massgeblichen Reglementen möglich ist - grundsätzlich erforderlich, entweder das tatsächlich (periodisch) bezogene Vorsorgevermögen

      anzurechnen oder einen entsprechenden Bezug zu fingieren (vgl. E 1.2). Eine gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG vorgenommene hypothetische Anrechnung einer in Wirklichkeit gar nicht erfolgten Kapitalauszahlung bzw. Rente hat eine Kürzung bzw. je nachdem sogar eine Verweigerung der Ergänzungsleistungen zur Folge und kann somit auch als materielle Sanktion dafür betrachtet werden, dass entgegen der EL-spezifischen Schadenminderungspflicht eben nicht das volle Einnahmenpotenzial ausgeschöpft worden ist. Für derartige Fälle sieht Art. 21 Abs. 4 ATSG - entgegen seinem allzu engen, auf die Invalidität beschränkten Wortlaut - die Notwendigkeit einer vorgängigen Durchführung eines Mahn- und Bedenkzeitverfahrens vor. Sinn und Zweck dieses Verfahrens ist es, die versicherte Person auf die möglichen nachteiligen Folgen ihres unerwünschten Verhaltens aufmerksam zu machen und sie so in die Lage zu versetzen, ihre Entscheidung in Kenntnis aller wesentlichen Faktoren zu treffen (vgl. BGE 122 V 220). Da eine Kürzung oder Verweigerung einer Leistung wie dargelegt auch im Bereich der Ergänzungsleistungen möglich ist, muss diese Norm so ausgelegt werden, dass sie auch im Zusammenhang mit dem Verzichtstatbestand in Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG anwendbar ist (vgl. beispielsweise im Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 27. September 2010, EL 2010/16, E 2.4 und 3.2 sowie Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 26. Februar 2018, EL 2017/8, E 2.4). Der Anwendungsbereich wird dabei dadurch begrenzt, dass ein Mahn- und Bedenkzeitverfahren im Bereich der Ergänzungsleistungen nur dann nötig ist, wenn die Schadenminderungs- bzw. die EL-spezifische Sorgfaltspflicht für den EL- Bezüger nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Ist der Schaden bereits eingetreten (was beim bereits erfolgten Vermögensverzicht offensichtlich der Fall ist), besteht natürlich kein Bedarf nach einem Mahn- und Bedenkzeitverfahren.

    3. Von einem EL-Bezüger wird grundsätzlich erwartet, dass er die ihn betreffenden Gesetzesbestimmungen kennt. Bei Art. 16 FZV bzw. Art. 3 BVV3 handelt es sich jedoch um Verordnungsbestimmungen, die zudem lediglich einen Rahmen setzen, innerhalb dessen die Vorsorgeeinrichtungen bzw. die Anbieter der Säule 3a-Lösungen bei der Ausgestaltung ihrer Reglemente frei sind. Von der Beschwerdeführerin hat nicht verlangt werden können, dass sie die Verordnungsbestimmungen kennen müsse und somit vor ihrem 59. Geburtstag einen Vorbezug ihrer Vorsorgeleistungen einleite.

      Ausserdem hat die Beschwerdeführerin den EL-Verfügungen oder anderen Schreiben der Beschwerdegegnerin nicht entnehmen können, dass in Bezug auf ihr Vorsorgeguthaben auf dem Freizügigkeitskonto bzw. dem Konto der Säule 3a frühzeitig und ohne eine vorgängige Anweisung durch die Beschwerdegegnerin ein Handeln nötig werden könnte. Die Beschwerdegegnerin hat sich zwar mehrmals nach dem Stand des jeweiligen Vermögens erkundigt, doch diesbezüglich nie irgendwelche weiteren Ausführungen gemacht (vgl. act. G 3.2/4, 57). Ausserdem ist das Vorsorgevermögen (korrekterweise) in der Vergangenheit nie angerechnet worden, weshalb die Beschwerdeführerin nicht davon hat ausgehen müssen, dass es, obwohl es nach wie vor bei der Bank B. bzw. der Vorsorgestiftung C. lag, stattdessen ab ihrem 59. Geburtstag hätte bezogen werden müssen bzw. ab diesem Zeitpunkt als hypothetische Einnahme anzurechnen gewesen wäre. Es gibt somit keinen Grund zur Annahme, dass die Beschwerdeführerin als EL-Bezügerin im Rahmen ihrer EL- spezifischen Sorgfaltspflicht hätte wissen müssen, dass sie ihr Vorsorgevermögen ab den in den Reglementen der Bank B. und der Vorsorgestiftung C. vorgesehenen frühestmöglichen Zeitpunkten hätte beziehen müssen.

    4. Deshalb hat die Beschwerdegegnerin, sofern auch die im Jahr 2016 gültigen Reglemente der Bank B. und der Vorsorgestiftung C. tatsächlich die Möglichkeit eines vorzeitigen Bezugs der Vorsorgeleistungen ab dem 59. Altersjahr vorsehen, die Beschwerdeführerin im Rahmen eines Mahn- und Bedenkzeitverfahrens gemäss Art. 21 Abs. 4 ATSG dazu anhalten müssen, ihr Freizügigkeitsguthaben sowie ihr Guthaben der Säule 3a freiwillig zu beziehen, um das damit freigewordene Vermögen bzw. die daraus ausbezahlten Renten im gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. c bzw. lit. d ELG vorgesehenen jährlichen Rahmen zur Bestreitung ihres Existenzbedarfs und zur Entlastung der EL zu verwenden. Erst wenn sich die Beschwerdeführerin weigern sollte, ihrer entsprechenden Schadenminderungspflicht nachzukommen, hat die Beschwerdegegnerin ihr unter der Berücksichtigung von Art. 25 Abs. 2 lit c ELV gemäss Art. 21 Abs. 4 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG ein hypothetisches Vermögen bzw. ein hypothetisches Renteneinkommen in Höhe des nicht bezogenen Vorsorgevermögens anzurechnen. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass die Ausbezahlung des Vorsorgevermögens bzw. einer Rente dann fingiert werden muss.

Kapitalauszahlungen entsprechen regelmässig nicht den den Konten zu entnehmenden Saldi. Sowohl die Bank B. als auch die Vorsorgestiftung C. würden auch im vorliegenden Fall nämlich aller Voraussicht nach beispielsweise Kosten für den Verwaltungsaufwand abziehen. Die Beschwerdegegnerin hätte deshalb abzuklären, welche Abzüge die Anbieter der Vorsorgekonten der Beschwerdeführerin in welcher Höhe vornehmen. Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG ordnet die Anrechnung eines Teils des Reinvermögens als Einnahme an. Vom rohen Vermögen sind somit die Schulden des EL-Bezügers abzuziehen, bevor der Bruchteil des Vermögens berechnet wird, der als Vermögensverzehr als Einnahme berücksichtigt wird (JÖHL, a.a.O., Rz 166). Als Schulden fallen u.a. auch Steuerschulden in Betracht (MÜLLER, a.a.O., Rz 337 zu Art. 11). Gemäss Art. 84 BVG sind Ansprüche aus Vorsorgeeinrichtungen und Vorsorgeformen vor ihrer Fälligkeit von den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinde befreit (dies gilt jedoch nicht für Vorsorgeguthaben der Säule 3a). Wenn im konkreten Fall ein Bezug des Freizügigkeitsguthabens möglich ist, die Beschwerdeführerin trotzdem nicht dahingehend tätig wird und der Bezug deshalb mit der Anrechnung des Vorsorgevermögens fingiert werden muss, gilt diese Fiktion auch für das Eintreten der Fälligkeit. Der fiktive Bezug des Freizügigkeitsguthabens löst also eine entsprechende fiktive Steuerpflicht aus. Es darf also nur der fiktive Nettobetrag des Vorsorgevermögens als Einnahme berücksichtigt werden, da nur dieser als Reinvermögen gilt. Würde stattdessen - wie im vorliegenden Fall - der Bruttobetrag angerechnet, so würde ein EL-Bezüger, der auf den Bezug seiner Vorsorgeleistungen (zunächst) verzichtet, schlechter gestellt als ein EL-Bezüger, der sein Vorsorgeguthaben bezieht. Letzterem würden nämlich die Steuern, da sie zum Zeitpunkt der Anrechnung bereits angefallen wären, vom Vorsorgevermögen abgezogen, während bei ersterem aufgrund der tatsächlich noch nicht eingetretenen Fälligkeit der Steuerschulden der volle Betrag auf den Vorsorgekonten angerechnet würde, obwohl er diesen infolge der bei einem späteren Bezug entstehenden Steuerschuld effektiv gar nich tim vollen Bruttobetrag verzehren könnte (vgl. MÜLLER, a.a.O., Rz 342 zu Art. 11). Die Beschwerdegegnerin müsste deshalb abklären, in welchem Umfang die hypothetischen Kapitalauszahlungen versteuert werden müssten. Erst im Anschluss daran könnte sie das anzurechnende hypothetische Nettovermögen sowie den sich daraus ergebenen hypothetischen Vermögensertrag bestimmen und einnahmenseitig anrechnen. Sollte hingegen in einem der Reglemente anstelle der

Kapitalauszahlung eine Rentenauszahlung vorgesehen sein, hat die Beschwerdegegnerin abzuklären, wie hoch eine solche monatlich wäre.

4.

Der Antrag der Beschwerdeführerin, die Akten der Unia-Arbeitslosenkasse beizuziehen, wird abgewiesen, da die Arbeitsbemühungen der Beschwerdeführerin im konkreten Fall nicht zur Debatte stehen und auch nichts an der Tatsache ändern, dass sie ihr Vorsorgevermögen möglicherweise ab dem 59. Altersjahr beziehen kann (vgl. E 2.2).

5.

    1. Zusammenfassend ist nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt, ob die Bank B. sowie Vorsorgestiftung C. in ihren im Jahr 2016 gültigen Reglementen die Möglichkeit vorgesehen haben, das Freizügigkeitsguthaben und das Guthaben auf dem Vorsorgekonto der Säule 3a bereits ab dem Erreichen des 59. Altersjahres zu beziehen. Der angefochtene Einspracheentscheid vom 8. August 2017 ist somit in Verletzung der Untersuchungspflicht (Art. 43 Abs. 1 ATSG) ergangen und deshalb als rechtswidrig aufzuheben. Die Sache ist zur weiteren Abklärung im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Dazu wird sie ermitteln, ob und wann ein vorzeitiger Bezug der Vorsorgegelder gemäss den massgebenden Reglementen zulässig ist. Zudem wird sie abklären, ob eine Kapitalauszahlung oder eine Rentenauszahlung vorgesehen ist. Im Anschluss daran wird sie, sofern ein Bezug

      tatsächlich bereits möglich sein sollte, die Beschwerdeführerin im Rahmen eines Mahn- und Bedenkzeitverfahrens über ihre EL-spezifische Pflicht betreffend den Bezug ihres Vorsorgevermögens sowie über die Folgen der Verletzung dieser Pflicht aufklären. Sollte sich die Beschwerdeführerin daraufhin weigern, ihrer Schadenminderungspflicht nachzukommen und ihr Vorsorgeguthaben zu beziehen, wird die Beschwerdegegnerin die Höhe der fiktiven Netto-Kapitalauszahlungen bzw. die Höhe der fiktiven Rentenauszahlungen zu ermitteln haben und anschliessend die EL-Berechnung unter

      Anrechnung des hypothetischen Nettovermögens sowie des hypothetischen Vermögensertrages bzw. der hypothetischen Renteneinnahmen korrigieren.

    2. Gemäss Art. 61 lit. g ATSG hat die obsiegende beschwerdeführende Partei Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Die Parteientschädigung wird vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen. In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach Art. 22 Abs. 1 lit. b HonO (sGS 963.75) pauschal Fr. 1'500.-- bis Fr. 15'000.--. Der Rechtsvertreter hat keine Honorarnote eingereicht. Praxisgemäss wird in einem durchschnittlich aufwändigen EL-Fall eine pauschale Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) zugesprochen. Im vorliegenden Fall hat nur ein einfacher Schriftenwechsel stattgefunden und der Umfang der massgeblichen Akten war unterdurchschnittlich, weshalb eine pauschale Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) als angemessen erscheint. Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird der Einspracheentscheid vom 8. August 2017 aufgehoben; die Sache wird zur weiteren Abklärung und zur anschliessenden Neuberechnung und Neuverfügung im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

2.

Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

3.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.
www.swissactiv.ch
Menschen zusammenbringen, die gemeinsame Interessen teilen
Die Freude an Bewegung, Natur und gutem Essen fördern
Neue Leute treffen und Unternehmungen machen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz