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Urteil Kantonsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:BZ.2010.53
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Kantonsgericht
Kantonsgericht Entscheid BZ.2010.53 vom 28.04.2011 (SG)
Datum:28.04.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 321a Abs. 1 und Abs. 3, 321b Abs. 1, 423 und 464 OR (SR 220). Der Arbeitgeber klagte auf Herausgabe der Einnahmen, die der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses durch eine konkurrenzierende Nebentätigkeit erlangt hatte. Das Kreisgericht hiess die Klage teilweise gut; die vom Arbeitnehmer dagegen erhobene Berufung wurde abgewiesen: Der Arbeitnehmer hatte mit der Nebentätigkeit gegen das gesetzliche Verbot der Schwarzarbeit (Art. 321a Abs. 3 OR) verstossen. Es konnte offen gelassen werden, ob Art. 321b OR direkt oder in Verbindung mit Art. 423 OR als Grundlage für einen Herausgabeanspruch der Arbeitgeberin herangezogen werden könnte, da der Arbeitnehmer handlungsbevollmächtigt gewesen war und sich daher ein solcher Anspruch schon aus Art. 464 Abs. 2 OR ergab (Kantonsgericht St. Gallen, III. Zivilkammer, 28. April 2011, BZ. 2010.53).
Schlagwörter : Arbeit; Arbeitgeber; Klagte; Beklagten; Arbeitnehmer; Bekl; Klage; Nebentätigkeit; Berufung; Treuepflicht; Herausgabe; Rechnung; Arbeitsverhältnis; Entscheid; Arbeitnehmers; Staehelin; Vertragliche; Kommentar; Arbeitsvertrag; Verfahren; Berufungsantwort; Kaenel; Kommentar; Streiff/; Schaden; Berufungsantwort; Arbeitsverhältnisses; Vorinstanz; Teilweise; Arbeitgebers
Rechtsnorm: Art. 20 OR ; Art. 27 ZGB ; Art. 321a OR ; Art. 321b OR ; Art. 321e OR ; Art. 337 OR ; Art. 404 ZPO ; Art. 423 OR ; Art. 464 OR ;
Referenz BGE:34 II 694;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:Jörg Schmid; Adrian Staehelin; Georg Gautschi; Wolfgang Portmann;
Entscheid
Erwägungen

I.

  1. Der Beklagte arbeitete ab 1. Juli 2000 als Leiter der Abteilung Heizung im Betrieb der Klägerin. Nach unbestrittener Darstellung der Klägerin gehörte er der Geschäftsleitung an, war handlungsbevollmächtigt und führte selbständig eine Zweigstelle, wobei er in dieser Funktion u.a. für den Abschluss von Verträgen sowie das Erstellen und Visieren von Rechnungen zuständig war (Klage, 3 und Berufungsantwort, 3; vgl. auch Arbeitsvertrag vom 6./8. Juli 2000 [bekl. act. 8 ] sowie Protokoll der untersuchungsrichterlichen Einvernahme des Beklagten vom 19. August 2008 [kläg. act. 2 = bekl. act. 11], 2 f.). Im schriftlichen Arbeitsvertrag (bekl. act. 8) vereinbarten die Parteien unter anderem, dem Beklagten sei "jegliche private

    Erwerbstätigkeit ohne schriftliche Einwilligung der Geschäftsleitung oder des Verwaltungsrates untersagt" (Ziffer 4.3). Ende Mai 2002 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis per Ende November 2002 (bekl. act. 9). Am 30. Juli 2002 stellte ihm die Klägerin ein in jeder Hinsicht gutes Arbeitszeugnis aus (bekl. act. 10).

    Nach dem Austritt des Beklagten stiess die Klägerin bei Räumungsarbeiten auf Hinweise, dass dieser während des Arbeitsverhältnisses unter Verwendung ihrer Infrastruktur auf privater Basis Aufträge im Heizungsbereich gegen Entgelt für Dritte ausgeführt hatte (vi-Urteil, 4). Die Klägerin erstattete Strafanzeige, worauf in den Jahren 2007 bis 2009 gegen den Beklagten ein Strafverfahren wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung und mehrfacher Urkundenfälschung durchgeführt wurde, wobei die Klägerin adhäsionsweise eine Schadenersatzforderung von Fr. 23'595.- nebst Zins geltend machte (Klage, 2; bekl. act. 1 ff.). Am 10. Februar 2009 wurde der Beklagte erstinstanzlich der ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig gesprochen, von der Anklage der mehrfachen Urkundenfälschung hingegen freigesprochen (bekl. act. 6). Mit Entscheid vom 5. November 2009 sprach das Kantonsgericht den Beklagten mangels eines Vermögensschadens auch von der Anklage der ungetreuen Geschäftsbesorgung frei (bekl. act. 7). Die Schadenersatzforderung der Klägerin hatte bereits das Kreisgericht auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen, was unangefochten blieb (bekl. act. 6, 18 und bekl. act. 7, 3).

  2. Nach erfolglosem Vermittlungsverfahren (vi-act. 1) machte die Klägerin am 21. Juni 2010 beim Kreisgericht eine Klage anhängig mit dem Begehren, der Beklage sei zu verpflichten, ihr Fr. 23'595.- nebst 5% Zins seit 1. Dezember 2002 zu bezahlen (vi-act. 2). Der eingeklagte Betrag entsprach den Einnahmen des Beklagten aus der während des Arbeitsverhältnisses ausgeübten Nebentätigkeit. In seiner Klageantwort vom 6. Juli 2010 ersuchte der Beklagte um Abweisung der Klage (vi-act. 4). Mit Entscheid vom 21. Oktober 2010 (begründet versandt am 6. Dezember 2010) hiess die Vorinstanz die Klage im Umfang von Fr. 15'000.- (Einnahmen des Beklagten aus der Nebentätigkeit abzüglich einer Entschädigung für die eigene Arbeit) nebst 5% Zins seit 14. März 2008 gut. Im übrigen wies sie die Klage ab. Zudem verpflichtete sie den Beklagten, die Klägerin für deren Parteikosten mit Fr. 1'772.60 zu entschädigen (vi-act. 16).

  3. Dagegen erhob der Beklagte am 21. Dezember 2010 beim Kantonsgericht Berufung mit dem Antrag, die Ziffern 1, 2 und 4 des erstinstanzlichen Entscheides seien aufzuheben und die Klage sei unter Entschädigungsfolgen zulasten der Klägerin vollumfänglich abzuweisen (B/1, B/3 und B/7). Mit Berufungsantwort vom 31. Januar 2011 ersuchte die Klägerin um Abweisung der Berufung (B/10).

II.

Die von Amtes wegen vorzunehmende Prüfung der Prozessvoraussetzungen ergibt, dass diese erfüllt sind (Art. 79, 224, 225 und 229 ZPO/SG). Auf die Berufung ist einzutreten. Bei Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung (1. Januar 2011) war das Verfahren vor zweiter Instanz hängig; es ist daher das bisherige st. gallische Verfahrensrecht anwendbar (Art. 404 Abs. 1 ZPO/CH).

III.

1. Der im Strafverfahren gegen den Beklagten ermittelte Sachverhalt ist - wenn auch letztlich keine Verurteilung erfolgte - doch insoweit unumstritten, als dieser während des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin auf privater Basis Arbeiten im Heizungsbereich (Planungsarbeiten, Ausarbeiten von Kostenvoranschlägen und Offerten, Rechnungsstellungen und dergleichen) gegen Entgelt für Dritte erledigte und dadurch Einnahmen von Fr. 23'595.- erzielte, wobei er diese Nebentätigkeit weitgehend in den Büroräumen der Klägerin und zum Teil unter Beanspruchung der dort vorhandenen Infrastruktur ausführte, teilweise auch während der regulären Arbeitszeit (Klage, 3 ff., 7 f., Klageantwort, 2 ff., Berufung, 4 f. und 8, vi-Urteil, 4 f.; vgl. auch Protokoll der untersuchungsrichterlichen Einvernahme des Beklagten vom

19. August 2008 [kläg. act. 2 = bekl. act. 11], 4 ff.).

  1. Gemäss Art. 321a Abs. 1 zweiter Halbsatz OR trifft den Arbeitnehmer eine allgemeine Treuepflicht, indem er "die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren" hat. Der Umfang der Treuepflicht hängt von der Funktion, der

    Stellung und den Aufgaben des Arbeitnehmers sowie den betrieblichen Verhältnissen ab und ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der besonderen Umstände und in Abwägung der beidseitigen Interessen zu bestimmen. Mit einer erhöhten Verantwortung und Vertrauensstellung des Arbeitnehmers geht in der Regel auch eine erhöhte Treuepflicht einher (Streiff/von Kaenel, Arbeitsvertrag, 6. Aufl., N 2 zu Art. 321a OR; Adrian Staehelin, Zürcher Kommentar, N 7 f. zu Art. 321a OR, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

    Die Treuepflicht des Arbeitnehmers wird in verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen konkretisiert. Zu ihnen gehört auch Art. 321a Abs. 3 OR, wonach der Arbeitnehmer "während der Dauer des Arbeitsverhältnisses keine Arbeit gegen Entgelt für einen Dritten leisten" darf, "soweit er dadurch seine Treuepflicht verletzt, insbesondere den Arbeitgeber konkurrenziert" (sogenanntes "Verbot der Schwarzarbeit"). Konkurrenzierend im Sinne dieser Bestimmung ist unter anderem jede Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen, welches gleichartige Leistungen für ein gleichgelagertes Kundenbedürfnis einem zumindest teilweise überschneidenden Kundenkreis anbietet, wobei eine konkrete Schädigung des Arbeitgebers nicht begriffsnotwendig ist (Streiff/ von Kaenel, a.a.O., N 10 zu Art. 321a OR und Staehelin, a.a.O., N 39 zu Art. 321a OR, je mit Hinweisen). Aber auch ohne Konkurrenzierung kann Schwarzarbeit im Sinne von Art. 321a Abs. 3 OR vorliegen, etwa dann, wenn der Arbeitnehmer wegen der Nebentätigkeit die Leistung für den (primären) Arbeitgeber nicht mehr ordnungs- und/ oder vorschriftsgemäss erbringen kann, weil sie beispielsweise zu einer Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit oder einer Verletzung von Ruhezeitvorschriften führt (Streiff/von Kaenel, a.a.O.; Staehelin, a.a.O., N 40 zu Art. 321a OR; Rehbinder/Stöckli, Berner Kommentar, N 12 zu Art. 321a OR). Art. 321a Abs. 3 OR ist dispositiver Natur; in den Schranken von Art. 27 ZGB und Art. 20 OR ist daher eine vertragliche Verschärfung zulasten des Arbeitnehmers möglich (vgl. Streiff/von Kaenel, a.a.O., N 17 zu Art. 321a OR).

    1. Im vorliegenden Fall bestehen keine Hinweise, dass die Nebentätigkeit des Beklagten dessen Arbeit für die Klägerin spürbar beeinträchtigte. Aufgrund des bei den Akten liegenden Arbeitszeugnisses ist vielmehr davon auszugehen, dass dieser die ihm von der Klägerin übertragenen Aufgaben stets umfassend, ordnungsgemäss und termingerecht erledigte (bekl. act. 10). Hingegen ist der Vorinstanz beizupflichten, dass

      die vom Beklagten ausgeübte Nebentätigkeit konkurrenzierend und schon aus diesem Grund treuwidrig war: Wohl gab der Geschäftsführer der Klägerin, X, in der polizeilichen Befragung vom 12. September 2007 an, die Kleinbetriebe, für welche der Beklagte nebenbei tätig gewesen sei, hätten die fraglichen Arbeiten ohnehin nicht an die Klägerin vergeben (bekl. act. 14, 3); dass der Beklagte die Klägerin unmittelbar selbst konkurrenzierte, ist daher nicht anzunehmen. Der Beklagte räumte in seiner untersuchungsrichterlichen Einvernahme vom 19. August 2008 aber selbst wörtlich ein, seine Auftraggeber - die ihn jeweils beigezogen hätten, wenn sie selbst überlastet gewesen seien - seien ihrerseits "in einem direkten Konkurrenzverhältnis" zur Klägerin gestanden (kläg. act. 2 [= bekl. act. 11], 4), woraus sich ohne weiteres ergibt, dass diese einem zumindest teilweise überschneidenden potentiellen Kundenkreis gleichartige Leistungen wie die Klägerin anboten; die Nebentätigkeit des Beklagten ist daher als Tätigkeit für einen Konkurrenzbetrieb und damit durchaus als konkurrenzierend im Sinne von Art. 321a Abs. 3 OR zu qualifizieren, woran nach dem Gesagten auch nichts zu ändern vermag, dass der Klägerin - wie sie inzwischen selbst implizit anerkennt (Berufungsantwort, 7) - kein Schaden entstanden ist. Erschwerend kommt hinzu, dass der Beklagte die konkurrenzierende Tätigkeit überwiegend in den Geschäftsräumen der Klägerin und zum Teil unter Verwendung ihrer Infrastruktur sowie teilweise während der regulären Arbeitszeit ausübte, womit er das ihm von der Arbeitgeberin entgegengebrachte Vertrauen sowie namentlich den Umstand, dass er seine Arbeit weitgehend frei einteilen konnte und an seinem ausgelagerten Arbeitsort keiner direkten Kontrolle unterstand, missbrauchte.

    2. Da dem Beklagten somit schon ein klarer Verstoss gegen das gesetzliche Verbot der Schwarzarbeit vorzuwerfen ist, kann die umstrittene Frage nach der Zulässigkeit von Ziffer 4.4 des Arbeitsvertrages, der dem Arbeitnehmer ohne schriftliche Einwilligung der Arbeitgeberin jede Nebentätigkeit untersagt und damit deutlich über die gesetzliche Regelung hinausgeht, offen bleiben (vgl. Klageantwort, 5).

  2. Verletzt der Arbeitnehmer die arbeitsvertragliche Treuepflicht, kann der Arbeitgeber die Unterlassung der Pflichtverletzung sowie bei Verschulden des Arbeitnehmers gestützt auf Art. 321e OR Schadenersatz verlangen. Daneben kommen betriebliche Disziplinarmassnahmen (Verweis, Verwarnung, Versetzung, Kürzung der Gratifikation und dergleichen) in Frage und kann der Arbeitgeber dann, wenn eine entsprechende

    vertragliche Grundlage vorliegt, gegebenenfalls eine Konventionalstrafe geltend machen. Liegt ein schwerer Verstoss gegen die Treuepflicht vor, der dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht, steht es diesem zudem offen, das Arbeitsverhältnis gestützt auf Art. 337 OR fristlos zu kündigen (Rehbinder/ Stöckli, a.a.O., N 16 zu Art. 321a OR; Staehelin, a.a.O., N 4 zu Art. 321a OR; Jürg Brühwiler, Kommentar zu Einzelarbeitsvertrag, 2. Aufl., Vorbem. zu Art. 321a OR).

    1. Eine Unterlassung, Disziplinarmassnahmen, eine Kündigung oder eine Konventionalstrafe stehen hier zum vornherein nicht zur Diskussion, und eine Schadenersatzforderung macht die Klägerin im vorliegenden Zivilverfahren - anders als noch im Strafverfahren - nicht mehr geltend (Klage, 7 f. und Berufungsantwort, insbes. N 16 und N 26). Hingegen verlangt sie die Herausgabe der vom Beklagten aus der Nebentätigkeit erzielten Einkünfte, wobei sie sich in rechtlicher Hinsicht auf die Herausgabepflicht nach Art. 321b Abs. 1 OR sowie die Pflicht zur Vorteilsherausgabe bei der Geschäftsanmassung (Art. 423 OR) beruft. Dazu fällt folgendes in Betracht:

    2. Gemäss Art. 321b Abs. 1 OR hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber über alles, was er bei seiner vertraglichen Tätigkeit für diesen von Dritten erhält, wie namentlich Geldbeträge, Rechenschaft abzulegen und ihm alles sofort herauszugeben. Die sich aus dieser Bestimmung ergebende Herausgabepflicht bezieht sich nach dem Wortlaut auf Gegenstände und Gelder, die für den Arbeitgeber bestimmt sind. Trinkgelder und übliche Gelegenheitsgeschenke fallen daher nicht darunter. Eine Ausnahme macht die Lehre und Rechtsprechung bei in Verletzung der Treuepflicht erlangten Schmiergeldern, die nach einhelliger Auffassung trotz ihrer vordergründigen Bestimmung für den Arbeitnehmer gestützt auf Art. 321b Abs. 1 OR an den Arbeitgeber herauszugeben sind (Rehbinder/ Stöckli, a.a.O., N 4 zu Art. 321a OR, N 3 zu Art. 321b OR; Staehelin, a.a.O., N 2 f. zu Art. 321b OR; Jürg Brühwiler, a.a.O., N 1 zu Art. 321b OR; Wolfgang Portmann, Basler Kommentar, N 1 zu Art. 321b OR). Soweit einzelne Autoren darüber hinaus den Standpunkt vertreten, der Arbeitnehmer müsse dem Arbeitgeber herausgeben, was er durch unbefugte Verwendung von Produktionsmitteln erlange, wobei er eigene Aufwendungen und einen Arbeitslohn in Abzug bringen könne (Rehbinder/Stöckli, a.a.O. N 3 zu Art. 321b OR und Staehelin, a.a.O., N 3 Absatz 2 zu Art. 321b OR), stützen sie sich auf einen Entscheid des Bundesgerichts aus dem Jahre 1908 (BGE 34 II 694 ff.). Auf die damals vom Bundesgericht vertretene Ansicht kann

    indes entgegen der Auffassung der Vorinstanz und der Klägerin (vi-Urteil, 8 f. und Berufungsantwort, 4 f.) nicht unbesehen abgestellt werden, da der fragliche Entscheid vor Inkrafttreten sowohl der heute geltenden Bestimmungen des Obligationenrechts zum Arbeitsvertrag wie auch des davor geltenden Dienstvertragsrechts aus dem Jahre 1911 erging, mithin zu einer Zeit, als der Dienstvertrag im OR von 1881 noch in bloss zwölf Artikeln äusserst rudimentär geregelt war und weitgehend der Vertragsfreiheit unterstand (vgl. Streiff/von Kaenel, a.a.O., Einführung S. 57 f.; Guhl/Koller/Schnyder/ Druey, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., 468). Die heutigen Bestimmungen des Obligationenrechts zum Einzelarbeitsvertrag regeln diesen umfassend und sind in weiten Teilen dem Schutz des Arbeitnehmers verpflichtet. Der Umstand, dass sich Art. 321b OR - der im Dienstvertragsrecht der Jahre 1881 und 1911 kein Vorbild hatte (vgl. Streiff/von Kaenel, a.a.O., N 1 zu Art. 321b OR) - darauf beschränkt, einen Herausgabeanspruch des Arbeitgebers für das bei der vertraglichen Tätigkeit für diesen Erhaltene zu statuieren, legt daher nahe, dass in Bezug auf denkbare weitergehende Herausgabeansprüche ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers vorliegt (in diesem Sinne auch: Lukas Cotti, Das vertragliche Konkurrenzverbot, Diss. Freiburg 2001, N 583, mit Hinweisen). Es ist deshalb fraglich, ob aus Art. 321b OR ein Herausgabeanspruch des Arbeitgebers für Einkünfte des Arbeitnehmers aus vertragswidrig ausgeübter Nebentätigkeit auf eigene Rechnung oder auf Rechnung Dritter hergeleitet werden kann, indem man ergänzend arbeitsvertragsfremde Bestimmungen (Art. 423 OR) heranzieht oder sich auf einen unter anderen rechtlichen Vorgaben ergangenen und insofern veralteten Bundesgerichtsentscheid stützt. Entgegen dem von der Vorinstanz und der Klägerin implizit vertretenen Standpunkt (vi-Urteil, 8 und Berufungsantwort, 5) können solche Nebeneinkünfte im übrigen auch nicht ohne weiteres Schmiergeldern gleichgesetzt werden, da sie anders als diese gerade nicht in Ausübung der vertraglichen Tätigkeit für den Arbeitgeber, sondern in Ausübung vertragswidriger Tätigkeit auf eigene Rechnung oder für Dritte erwirtschaftet werden (vgl. Rehbinder/Stöckli, a.a.O., N 3 zu Art. 321b OR; Staehelin, a.a.O., N 3 Absatz 2 zu Art. 321b OR; Entscheid CAPH GE vom 17. Juni 1986 = JAR 1987, 115 ff.). Letztlich kann indes hier die Frage, ob Art. 321b OR direkt oder indirekt als Rechtsgrundlage für einen (Gewinn-) Herausgabeanspruch der Klägerin herangezogen werden kann, offenbleiben, da sich

    ein solcher Anspruch - wie sogleich zu zeigen ist (Erw. III. 4) - im vorliegenden Fall ohnehin aus einer anderen Bestimmung ergibt.

  3. Nach unbestrittener Darstellung der Klägerin - und wie sich im übrigen auch aus dem Arbeitsvertrag ergibt (kläg. act. 1 Ziffer. 1.3) - war der Beklagte in seiner Funktion als Zweigstellenleiter handlungsbevollmächtigt (Erw. I.1). Er unterstand daher nicht nur dem in Art. 321a Abs. 3 OR geregelten Verbot der Schwarzarbeit, sondern auch dem gesetzlichen Konkurrenzverbot von Art. 464 OR. Nach dieser Bestimmung darf der Arbeitnehmer, der über die Handlungsvollmacht verfügt, im Geschäftsbereich des Arbeitgebers ohne dessen Einwilligung weder auf eigene Rechnung noch auf Rechnung eines Dritten Geschäfte machen (Art. 464 Abs. 1 OR). Verstösst er gegen diese Bestimmung, kann der Arbeitgeber Ersatz des verursachten Schadens fordern sowie die betreffenden Geschäfte auf eigene Rechnung übernehmen (Art. 464 Abs. 2 OR), wobei letzteres auch einen Anspruch auf Abschöpfung der vom Handlungsbevollmächtigten aus diesen Geschäften erlangten Vorteile umfasst (Rolf Watter, Basler Kommentar, N 8 zu Art. 464 OR und Georg Gautschi, Berner Kommentar, N 7b zu Art. 464 OR, beide mit Verweis auf Art. 423 Abs. 1 OR; Jörg Schmid, Zürcher Kommentar, N 75 zu Art. 423 OR; vgl. auch Cotti, a.a.O., N 584). Ein Herausgabeanspruch der Klägerin für die Einnahmen des Beklagten aus der konkurrenzierenden Nebentätigkeit ergibt sich damit wenn auch möglicherweise nicht aus Art. 321b OR so doch jedenfalls aus Art. 464 Abs. 2 OR. Dabei kann - mangels Anschlussberufung - offen bleiben, ob der von der Vorinstanz in Anlehnung an BGE 34 II 694 ff. vorgenommene Abzug für die eigene Arbeitsleistung zu Recht erfolgte und umfangmässig ausgewiesen ist. Ausser Betracht fällt im übrigen eine Erhöhung dieses Abzugs: Zum einen übte der Beklagte die konkurrenzierende Tätigkeit wie erwähnt weitgehend in den Geschäftsräumen der Klägerin und zum Teil während der regulären Arbeitszeit aus (vgl. oben Erw. III.1); und zum andern benötigte und nutzte er seinen eigenen Angaben im Strafverfahren zufolge zumindest teilweise die dort vorhandene Spezialinfrastruktur (insbes. kläg. act. 11, 6), weshalb kein Grund zur Annahme besteht, seine eigene Arbeitsleistung habe im Vordergrund gestanden, sondern im Gegenteil davon auszugehen ist, dass ihm der spezifisch ausgestattete Arbeitsplatz die Nebentätigkeit überhaupt erst umfassend ermöglichte. Ein weitergehender Abzug als jener, der sich aus dem erstinstanzlichen Entscheid ergibt, wäre vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt.

  4. Demnach bleibt es dabei, dass der Beklagte der Klägerin Fr. 15'000.- nebst 5% Zins seit dem 14. März 2008 (vgl. dazu bekl. act. 5) zu bezahlen hat, womit die Berufung abzuweisen ist.

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