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Urteil Kantonsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils BZ.2006.68: Kantonsgericht

Die Parteien schlossen am 29. Mai 2000 eine Vereinbarung, in der es um den Erwerb von Aktien der E-AG ging. Der Kläger verlangte später die Rückzahlung des Betrags von Fr. 25'000.-, den er dem Beklagten übergeben hatte. Es kam zu rechtlichen Auseinandersetzungen, bei denen es um die Auslegung des Vertrags und die Erfüllung der vertraglichen Pflichten ging. Letztendlich entschied das Gericht, dass der Beklagte die Pflichten gemäss der Vereinbarung erfüllt hatte und wies die Klage ab. Der Kläger erhob Berufung, die jedoch ebenfalls abgewiesen wurde. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Beklagte die ihm übergebenen Gelder ordnungsgemäss verwendet hatte und die vertraglichen Verpflichtungen erfüllt hatte. Der Kläger konnte somit den Betrag nicht zurückfordern.

Urteilsdetails des Kantongerichts BZ.2006.68

Kanton:SG
Fallnummer:BZ.2006.68
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Zivilkammern (inkl. Einzelrichter)
Kantonsgericht Entscheid BZ.2006.68 vom 30.10.2007 (SG)
Datum:30.10.2007
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 18 Abs. 1, 400 Abs. 1 und 401 Abs. 1 OR (SR 220). Bei der subjektiven Vertragsauslegung ist der übereinstimmende tatsächliche Parteiwille gestützt auf den Vertragstext sowie gestützt auf weitere Indizien, namentlich gestützt das Verhalten der Parteien nach Vertragsabschluss und gestützt auf den Vertragszweck zu ermitteln. Erwirbt der Beauftragte Aktien als indirekter Stellvertreter für Rechnung des Auftraggebers, so gehen die Rechte aus den Aktien, und zwar sowohl die Vermögensrechte als auch die Mitgliedschaftsrechte, durch Legalzession auf den Auftraggeber über (Kantonsgericht St. Gallen, III. Zivilkammer, 30. Oktober 2007, BZ.2006.68).
Schlagwörter : Aktien; Vereinbarung; Beklagten; Vertrag; Auftrag; Recht; Verwaltungsrat; Geschäfts; Ziffer; Aktionär; Zeitpunkt; Verkäufer; Handel; Erwerb; Handelsregister; Rückverkauf; Berufung; Urteil; Parteien; Mitglied; Widerruf; Urteils; Schaden; Rücktritt; Parteiwille; Unterschrift
Rechtsnorm:Art. 18 OR ;Art. 18 ZGB ;Art. 400 OR ;Art. 401 OR ;Art. 404 OR ;Art. 707 OR ;Art. 711 OR ;
Referenz BGE:115 II 401; 124 III 350; 125 III 308;
Kommentar:
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Entscheid des Kantongerichts BZ.2006.68

Art. 18 Abs. 1, 400 Abs. 1 und 401 Abs. 1 OR (SR 220). Bei der subjektiven Vertragsauslegung ist der übereinstimmende tatsächliche Parteiwille gestützt auf den Vertragstext sowie gestützt auf weitere Indizien, namentlich gestützt das Verhalten der Parteien nach Vertragsabschluss und gestützt auf den Vertragszweck zu ermitteln. Erwirbt der Beauftragte Aktien als indirekter Stellvertreter für Rechnung des Auftraggebers, so gehen die Rechte aus den Aktien, und zwar sowohl die Vermögensrechte als auch die Mitgliedschaftsrechte, durch Legalzession auf den Auftraggeber über (Kantonsgericht St. Gallen, III. Zivilkammer, 30. Oktober 2007, BZ.2006.68).

Erwägungen

I.

  1. Am 29. Mai 2000 schlossen die Parteien die folgende Vereinbarung:

    " 1. A überlasst B den Barbetrag von Fr. 25'000.- (fünfundzwanzigtausend/00) zwecks

    Erwerb von 25 Aktien der E-AG.

  2. Nach Übergabe zum käuflichen Erwerb der Aktien überlässt B A die 25 Aktien zu

    Eigentum.

  3. A erhält nach dem Erwerb der Aktien durch B die Unterschrift für die E-AG und wird in sämtlichen Geschäftstransaktionen gemeinsam entweder mit G B mitunterzeichnen.

  4. B wird für die handelsregisteramtliche Eintragung in diesem Sinne bis spätestens 5.

    Juni 2000 besorgt sein.

  5. A erhält das Recht, die Aktien während eines Jahres ab Vereinbarungsunterzeichnung an B zum Kaufpreis von Fr. 25'000.zurückzuverkaufen, wenn er aus der E-AG aussteigen will."

Die 1987 gegründete E-AG hatte ein Grundkapital von Fr. 100'000.-, wovon Fr. 50'000.liberiert waren, und war eingeteilt in 100 Namenaktien zu je Fr. 1000.-. Sie bezweckte den Betrieb einer weltweiten Kreditkarten-Schutzorganisation sowie das

Erbringen von Dienstleistungen. Im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung waren H und L Aktionäre und im Handelsregister mit Einzelunterschrift als Präsident bzw. Mitglied des Verwaltungsrates eingetragen.

Am 30. Mai 2000 schloss B je einen (gleichlautenden) Vertrag mit H und L, wonach er auf der Basis der Jahresrechnungen von 1997, 1998 und der provisorischen Rechnung von 1999 von jedem der Verkäufer 50 Namenaktien (von denen 25 liberiert seien) für Fr. 100'000.kaufte und die Verkäufer sich verpflichteten, per Datum der Vertragsunterzeichnung als Verwaltungsratspräsident bzw. als Mitglied des Verwaltungsrates und als Mitglied der Geschäftsleitung zurückzutreten sowie dem Käufer sämtliche relevanten Geschäftsunterlagen zu übergeben. An der ausserordentlichen Generalversammlung vom 15. August 2000, die als Universalversammlung abgehalten wurde, nahmen auch A und B teil. A wurde

anlässlich dieser Versammlung zum Verwaltungsratspräsidenten gewählt; H und L traten aus dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung aus. Die Mutationen wurden in der Folge im Handelsregister vorgenommen; neu zeichneten für die E-AG A (Verwaltungsratspräsident), M (Verwaltungsrätin) und B (Geschäftsführer) je kollektiv zu zweien. Der Fanartikelverkauf lief damals über die E-AG (bekl. act. 10-12).

Nach dem Protokoll einer Sitzung vom 12. März 2001 in Anwesenheit von A, B, O (Buchhaltung) und P (Gast) hatte die E-AG damals mit akuten Liquiditätsproblemen zu kämpfen. Das Call Center war mehr weniger inaktiv und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren per Ende Februar 2001 ausgetreten. Es wurden Sanierungsvarianten besprochen. Seit dem 12. März 2001 figurierte A im Handelsregister als Verwaltungsratsmitglied mit Einzelunterschrift; am 30. April 2001 wurde auch die Kollektivunterschrift von B gelöscht (vgl. kläg. act. 2, Handelsregisterauszug). Am 28. Mai 2001 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er von der in Ziffer 5 der Vereinbarung vom 29. Mai 2000 vorgesehenen Rücktrittsmöglichkeit Gebrauch mache. Er steige aus der E-AG per sofort aus bzw. sei ausgestiegen und er übe das Recht zum Rückverkauf der Aktien der E-AG für Fr. 25'000.an den Beklagten förmlich aus. Am

18. Juni 2001 wurde der Konkurs über die E-AG eröffnet und am 22. Mai 2002 als geschlossen erklärt.

2. Mit Zahlungsbefehl vom 17. September 2001 betrieb der Kläger den Beklagten über die Fr. 25'000.-. Im auf den Rechtsvorschlag von B folgenden Rechtsöffnungsverfahren drang er nicht durch. Mit Schreiben vom 30. September 2003 berief sich der Kläger auf die Vereinbarung vom 29. Mai 2000, widerrief den dort erteilten Auftrag zum Erwerb von 25 Aktien der E-AG per sofort und verwies auf die gesetzlichen Bestimmungen zum Widerruf eines einfachen Auftrags. Am 2. Oktober 2003 stellte er ein erstes und am 29. September 2004 ein zweites Vermittlungsbegehren beim Vermittleramt . Mit Leitschein vom 14. Oktober 2004 reichte er schliesslich am 13. Dezember 2004 Klage ein beim Kreisgericht. Er berief sich auf den Widerruf des erteilten Auftrages und verlangte die Rückerstattung der dem Beklagten zum Kauf von 25 Aktien der E-AG übergebenen Fr. 25'000.-. Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Mit Entscheid vom 27. April 2006 wies das Kreisgericht die Klage ab und auferlegte die Kosten dem Kläger.

Gegen diesen Entscheid erhob der Kläger mit Eingabe vom 5. September 2006 Berufung und verlangt erneut Schutz seines Rechtsbegehrens. In der Folge beschränkte der Kammerpräsident das Verfahren vorerst auf die Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung. Nach Anhörung einer Zeugin entschied das Kantonsgericht am 27. Januar 2007, dass auf die Berufung eingetreten werde. In seiner Berufungsantwort vom 23. April 2007 verlangt der Beklagte Abweisung der Berufung und Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

II.

1.a) Zwischen den Parteien ist unbestritten, dass der Kläger dem Beklagten die in der Vereinbarung vom 29. Mai 2000 genannten Fr. 25'000.- übergeben hat. Nun fordert der Kläger Fr. 25'000.zurück, während der Beklagte einen Rechtsgrund für die Rückerstattung verneint.

  1. Der Kläger beruft sich auf den mit identischen Schreiben vom 27. Mai 2003 (bekl. act. 9) bzw. 30. September 2003 (kläg. act. 6) erklärten Widerruf des Auftrags zum Kauf von 25 Aktien der E-AG durch den Beklagten. Zudem sei bereits das

    Schreiben vom 28. Mai 2001, worin der Kläger seinen Willen ausdrückte, die Aktien der E-AG dem Beklagten zurückzuverkaufen, als Widerruf des Auftrags zum Kauf der Aktien zu verstehen. Mit dem Widerruf sei der Beauftragte zur Rückabwicklung des Geschäfts und damit zur Rückzahlung dessen, was er zur Erfüllung des Auftrages erhalten habe, verpflichtet gewesen. Der Wert der Aktien im Zeitpunkt des Widerrufs des Auftrags spiele keine Rolle. Denn der Beklagte habe das anvertraute Geld nicht weisungsgemäss verwendet. Er sei lediglich beauftragt gewesen, 25 Aktien der E-AG für Fr. 25'000.zu kaufen, habe sich jedoch in zwei Verträgen verpflichtet, je 25 Aktien für total Fr. 200'000.zu erwerben und die Fr. 25'000.als Anzahlung verwendet. Damit habe der Beklagte keine Chance gehabt, dem Kläger das Eigentum an der gewünschten Anzahl Aktien zu verschaffen. Weil er das anvertraute Geld nicht weisungsgemäss verwendet habe, müsse der Beklagte die Summe nach dem Widerruf des Auftrags zurückerstatten. Sollte es notwendig sein, einen Schaden des Klägers zu belegen (wie es die Vorinstanz verlange), so beliefe sich dieser auf Fr. 25’000.-. Denn

    der Kläger habe sich in der Vereinbarung vom 29. Mai 2000 das Recht einräumen lassen, dem Beklagten innert eines Jahres die 25 Aktien zum Preis von Fr. 25'000.zurückzuverkaufen und sich damit für den schlechtesten Fall das negative Interesse gesichert. Mit seinem vertragswidrigen Verhalten habe der Beklagte verhindert, dass der Kläger von seinem Rückverkaufsrecht habe Gebrauch machen können. Der Schaden belaufe sich daher auf die Fr. 25'000.-. Eine Sorgfaltswidrigkeit des Beklagten liege darin, dass er aufgrund eines ungültigen Kaufvertrages mit der Verkäuferschaft der Aktien aufgrund des nur anbezahlten Kaufpreises die Aktien nicht habe erwerben und damit auch nicht auf den Kläger übertragen können. Die Fr. 25000.seien grundlos geleistet und vom Beklagten bei der Verkäuferschaft nie zurückgefordert worden. Die Ansicht der Vorinstanz, der Kausalzusammenhang sei unterbrochen, weil der Kläger in den Verwaltungsrat der E-AG eingetreten sei, sei abwegig. Der ausgewiesene vermögensrechtliche Schaden verändere sich dadurch nicht. Der Beklagte habe die ihm zum Kauf von bestimmten Aktien übergebenen Fr. 25'000.ohne Gegenleistung weggegeben.

  2. Der Beklagte hält an seiner bereits vor Vorinstanz geltend gemachten Handlungsunfähigkeit im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 29. Mai 2000 und damit an deren Ungültigkeit fest. Im Übrigen verweist er auf die verkürzende und in wesentlichen Punkten falsche Sachverhaltsdarstellung des Klägers und betont, dass es bei richtiger Auslegung der Vereinbarung vom 29. Mai 2000 dem Kläger nicht um den Besitz der 25 Aktientitel gegangen sei. Wesentlich und dem wahren Interesse des Klägers entsprechend sei es vielmehr gewesen, nach dem Erwerb der Aktien die Unterschrift für die E-AG zu erhalten (Ziff. 3 der Vereinbarung). Der Kauf der Aktien bzw. die Bezahlung der Fr. 25'000.sei nach der damaligen Vorstellung der Parteien, jedenfalls des Klägers, bloss die Voraussetzung dafür gewesen, die Unterschrift für die E-AG zu erhalten. Dies sei auch erreicht worden. Wenn die Vereinbarung vom 29. Mai 2000 so richtig interpretiert werde, habe der Beklagte den zentralen Inhalt des Zusammenarbeitsvertrags bzw. den wirklichen Auftrag erfüllt, indem er dem Kläger die rechtliche und faktische Kontrolle über die E-AG verschafft habe. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei dem Beklagten keine Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen und damit seien weitere Haftungsvoraussetzungen nicht zu prüfen. Folgte man der Sichtweise der Vorinstanz, so wäre ihr zuzustimmen, dass der Kausalzusammenhang wegen überwiegenden Selbstverschuldens aufgrund der

Übernahme der vollen Verantwortung für die E-AG - unterbrochen wäre. Das klägerische Verhalten sei zudem in verschiedener Hinsicht widersprüchlich; u.a. auch deshalb, weil das Ausüben des Rücktrittsrechts nach Ziffer 5 der Vereinbarung vorausgesetzt hätte, dass der Kläger gesamthaft vom Projekt hätte zurücktreten wollen. Dies habe er aber gerade nicht getan, indem er weiterhin in der E-AG geblieben sei und auf die Geschäftstätigkeit aktiv Einfluss genommen habe.

2. Der Beklagte macht Urteilsunfähigkeit im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 29. Mai 2000 geltend, beruft sich auf bei den Akten liegende ärztliche Bescheinigungen (bekl. act. 15 und 16) und verlangt, es seien Zeugnisse von Ärzten der Klinik X sowie eine medizinische Expertise einzuholen. Bereits die bei den Akten liegende ärztliche Bescheinigung vom 14. Juli 2005 spricht lediglich davon, dass der Patient seit ca. 10 Jahren unter einer manisch-depressiven Krankheit leide und insbesondere in den manischen Phasen in der Urteilsund Zurechnungsfähigkeit deutlich reduziert gewesen sei, was mit verschwenderischem Umgang mit Geld und unkontrolliertem Kaufdrang verbunden gewesen sei. Von einer dauerhaft bzw. im Zeitpunkt des Vertragsschlusses völlig fehlenden Urteilsund Handlungsfähigkeit ist damit keine Rede. In der Praxis werden wegen der einschneidenden Nichtigkeitsfolgen für die Bejahung der Urteilsunfähigkeit strenge Anforderungen gestellt (BiglerEggenberger, Basler Kommentar, N 7 zu Art. 18 ZGB). Auch durch weitere ärztliche Zeugnisse eine medizinische Expertise kann der Nachweis der völligen Urteilsunfähigkeit im Hinblick auf den Abschluss der Vereinbarung für den genauen Zeitpunkt des Vertragsschlusses, der über sieben Jahre zurückliegt, nicht erbracht werden. Auf die Einholung der beantragten Beweise kann daher verzichtet werden. Es ist somit davon auszugehen, dass die Vereinbarung zwischen den Parteien gültig zustandegekommen ist.

3.a) Was die Qualifikation der Vereinbarung vom 29. Mai 2000 betrifft, ist nicht von einem reinen Auftrag, sondern von einem Innominatkontrakt auszugehen, der aber, gerade was die im vorliegenden Prozess umstrittenen Fragen angeht, klar auftragsrechtliche Elemente enthält (vgl. auch Urteil, 6). Der Beklagte sollte als indirekter Stellvertreter für den Kläger Aktien der E-AG bzw. eine Beteiligung an der AG beschaffen (dazu im Einzelnen Ziff. 3.b). Die Bestimmungen über die (Einkaufs)Kommission (Art. 425 ff. OR) kommen deshalb nicht zur Anwendung, weil

keine Provision vorgesehen ist. Zur Beantwortung der hier zur Diskussion stehenden Fragen sind daher grundsätzlich auch die folgenden auftragsrechtlichen Bestimmungen zu beachten: Nach Art. 404 OR kann ein Auftrag jederzeit widerrufen werden. Gemäss Art. 400 OR trifft den Beauftragten eine Ablieferungspflicht: er muss u.a. dem Auftraggeber alles abliefern, was ihm bei der Ausführung des Auftrags von diesem zugekommen, solange es nicht bestimmungsgemäss verbraucht ist (Rolf H. Weber, Basler Kommentar, N 12 zu Art. 400 OR; Walter Fellmann, Berner Kommentar, N 123 zu Art. 400 OR). Art. 401 Abs. 1 OR sieht für den Fall der indirekten Stellvertretung eine Legalzession der vom Beauftragten gegenüber Dritten erworbenen Forderungsrechte vor, sobald der Auftraggeber seinerseits den Verbindlichkeiten aus dem Auftrag nachgekommen ist. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung umfasst diese Legalzession gemäss Art. 401 Abs. 1 OR beim Kauf von - u. U. nicht verbrieften - Aktien nicht nur die damit verbundenen Vermögensrechte, sondern auch die gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte (BGE 124 III 350; vgl. auch Guhl/Schnyder, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., § 49 N 21 und Rolf Bär, ZBJV 1991 S. 271 zu BGE 115 II 401). Eine Gesellschaft ist nicht gezwungen, die Ausgabe von Wertpapieren vorzusehen. Unverbriefte Aktien sind zulässig und in kleinen Gesellschaften mit wenigen Aktionären auch verbreitet (vgl. Peter Böckli, Schweizer Aktienrecht, § 4, N 122 ff.). Die Übertragung erfolgt in diesen Fällen durch schriftliche Abtretungserklärung, sofern es sich nicht um einen Fall der Legalzession gemäss Art. 401 OR handelt.

  1. Unbestritten ist, dass der Kläger dem Beklagten gestützt auf die Vereinbarung vom

    29. Mai 2000 Fr. 25'000.- übergeben hat. Es fragt sich nun, ob der Beklagte diese Mittel bestimmungsgemäss eingesetzt und ob er seine vertraglichen Verpflichtungen richtig erfüllt aber dem Kläger durch nicht richtige Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten einen Schaden in der Höhe von Fr. 25'000.zugefügt hat, den er ihm jetzt ersetzen muss. In diesem Zusammenhang ist in erster Linie zu prüfen, ob sich für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein übereinstimmender Parteiwille bezüglich der vertraglichen Verpflichtungen des Beklagten, im konkreten Fall ausgehend vom Vertragstext und gestützt auf weitere Indizien, ermitteln lässt (subjektive Auslegung, Art. 18 Abs. 1 OR, BGE 125 III 308). Insbesondere sind die einzelnen Vertragselemente nicht isoliert, sondern in ihrem systematischen Zusammenhang zu interpretieren, und auch das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss und der Vertragszweck sind als

    wichtige Indizien für deren Willen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu betrachten (vgl. ernst Kramer, Berner Kommentar, N 22 ff. zu Art. 18 OR).

    Vom Wortlaut in Ziffer 2 der Vereinbarung her hätte der Beklagte 25 Aktien der E-AG kaufen und diese dem Kläger zu Eigentum übergeben sollen (kläg. act. 1). Stattdessen kaufte er von H und von L je 50 Namenaktien zum Preis von Fr. 100'000.-, Gesamtkaufpreis Fr. 200'000.-, und leistete den Verkäufern eine Anzahlung von je

    Fr. 12'500.-, d.h. insgesamt von Fr. 25'000.- (bekl. act. 4 und 13 jeZiff. II und V). Würde lediglich auf den Wortlaut dieser Vertragsbestimmung abgestellt, so hätte der Beklagte den ihm vom Kläger übergebenen Betrag nicht weisungsgemäss verwendet.

    Vorliegend war jedoch die Übergabe von 25 (vollständig bezahlten) Aktientiteln nicht der zentrale Punkt des Vertrages. Es ist nämlich auszuschliessen, dass es dem Kläger lediglich um eine passive Kapitalanlage ging: Einerseits ist nicht bekannt, ob überhaupt Wertpapiere bestanden. In kleinen (personalisierten) Aktiengesellschaften sind Titel eher unüblich. Auch die gelebte Vertragswirklichkeit zeigt, dass es nicht auf eine Titelübergabe (Wertschriften Zertifikate) ankam. Der Kläger behauptet nämlich nicht, er habe einmal verlangt, dass ihm verbriefte Aktien übergeben würden. Dazu kommt, dass sich die Aktien der E-AG, welche in Händen von zwei Personen (H und L) waren und keinen bestimmten Marktwert hatten, nicht für den Handel eigneten.

    Die Frage stellt sich damit, welches der eigentliche Vertragszweck war. Aus den Ziffern 3 und 4 der Vereinbarung ergibt sich, dass für die Parteien wesentlich war, dem Kläger die Kontrolle über die E-AG einzuräumen. So ist in Ziffer 3 vorgesehen, dass der Kläger nach dem Erwerb der Aktien die Unterschriftsberechtigung für die E-AG erhalte und bei sämtlichen Geschäftstransaktionen mitunterzeichne. Gemäss Ziffer 4 hatte der Beklagte die entsprechende Eintragung im Handelsregister vorzunehmen. Diese vertraglichen Verpflichtungen wurden erfüllt, indem sich die früheren Eigentümer der Aktien H und L aus dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung der E-AG zurückzogen und ihre Unterschriften erloschen, während sowohl der Kläger als auch der Beklagte vorerst mit Kollektivunterschrift zu zweien, später der Kläger allein mit Einzelunterschrift für die E-AG zeichnungsberechtigt waren (kläg act. 2). Der Vertragszweck, dem Kläger eine die AG beherrschende Stellung einzuräumen, um sie für eigene Zwecke nutzbar zu machen, wurde damit erreicht. Der Kläger nutzte denn

    auch die ihm gewährte Kontrolle über die AG, namentlich im Zusammenhang mit dem Marketing. So trat der Kläger damals als Mitglied der Geschäftsleitung Y als Zuständiger für das strategische Marketing auf, der Beklagte unter der Bezeichnung "Operatives Marketing Y“. Artikel aus dem Sortiment des Y und dessen Partnern konnten über die E-AG bestellt werden (vgl. Broschüren, bekl. act. 10 bis 12) und es sollten verschiedene Projekte über die E-AG abgewickelt werden (vgl. bekl. act. 8). Vor diesem Hintergrund ist der Standpunkt des Beklagten, wonach es nach dem damaligen Parteiwillen um die Kontrolle über der E-AG und nicht um die lediglich als Mittel zum Zweck erwähnte - Übergabe von Wertpapieren ging, überzeugend dargetan.

    Zudem ist davon auszugehen, dass der Kläger Aktionär der E-AG geworden ist. Wie erwähnt, ist offen, ob die Aktionärsrechte in Wertpapieren verkörpert waren. Falls keine verbrieften Aktientitel bestanden, war für den Übergang der Rechte aus den Aktien, und zwar sowohl für deren Übergang von den Verkäufern auf den Beklagten wie auch für deren Übergang vom Beklagten auf den Kläger eine Zession erforderlich. Gemäss den Kaufverträgen vom 30. Mai 2000 zwischen dem Beklagten und H (bekl. act. 4) bzw. L (bekl. act. 13) erwarb der Beklagte die Aktien "rückwirkend per 01. April 2000"; für die Bezahlung des Kaufpreises waren indessen Ratenzahlungen vereinbart. Der Passus betreffend den rückwirkenden Erwerb der Aktien würde keinen Sinn machen, wenn damit nicht gemeint wäre, dass die Aktionärsrechte per 1. April 2000 bereits von den Verkäufern auf den Beklagten übergegangen sind. Der Passus ist daher eine Zession. Die Verträge vom 30. Mai 2000 beinhalten damit sowohl ein Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag) als auch ein Verfügungsgeschäft (Zession). Da der Beklagte die Aktien als indirekter Stellvertreter für Rechnung des Klägers erworben hatte, gingen die Rechte aus den Aktien, und zwar sowohl die Vermögensrechte als auch die Mitgliedschaftsrechte, durch Legalzession (Art. 401 Abs. 1 OR) auf den Kläger über. In Bezug auf den restlichen Kaufpreis aus den Verträgen vom 30. Mai 2000 ist davon auszugehen, dass sich der Beklagte mit den Verkäufern auseinandergesetzt hat (vgl. bekl. act. 3). Die Aktionärsrechte wurden dem Kläger von den Verkäufern, H und L, im Übrigen auch nie streitig gemacht. Wie sein Schreiben vom 28. Mai 2001 zeigt (kläg. act. 4), ging der Kläger damals selber davon aus, er habe „die Aktien“ erhalten, da er sich gestützt auf die Vereinbarung gegenüber dem Beklagten auf sein Recht zum Rückverkauf der Aktien berief. Damit kann der strittige Vertrag auch betreffend den Erwerb der Rechte aus den Aktien der E-AG als erfüllt betrachtet werden.

    Zusammenfassend ergibt sich, dass der Beklagte die ihm übergebenen Fr. 25'000.bestimmungsgemäss eingesetzt und insgesamt die eingegangenen Pflichten erfüllt hat. Nur die in Ziffer 4 der Vereinbarung vorgesehene Eintragung der neuen Unterschriftsberechtigung im Handelsregister erfolgte später als in der Vereinbarung vorgegeben; daraus leitet aber der Kläger seine Forderung nicht ab. Der Kläger erhielt das, was er nach dem richtig verstandenen Parteiwillen erhalten sollte. Der Beklagte hat die ihm übergebenen Mittel (die Fr. 25'000.-) bestimmungsgemäss eingesetzt, und der Kläger kann sie nicht unter Berufung auf den Herausgabeanspruch gemäss Art. 400 OR zurückfordern.

  2. Der Kläger behauptet und beweist auch nicht, dass weitere Verpflichtungen des Beklagten bestanden hätten, die dieser nicht schlecht erfüllt hätte, sei es vor dem Kauf der Aktien (z. B. Prüfung der Ertragskraft und Substanz der AG), sei es nachher als Geschäftsführer. Den Auftrag auf Verschaffung der Kontrolle über die E-AG, wie er in Auslegung des Parteiwillens der Vereinbarung vom 29. Mai 2000 zu entnehmen ist, hat der Beklagte erfüllt. Deshalb ist auch keine Grundlage für Schadenersatz dargetan, sei es wegen Verletzung der Pflichten aus der Vereinbarung vom 29. Mai 2000, sei es wegen Verletzung weiterer vertraglicher Pflichten.

  3. Der Kläger begründet einen Schaden in der Höhe von Fr. 25'000.- noch damit, dass der Beklagte durch vertragswidriges Verhalten den in Ziffer 5 der Vereinbarung geregelten Rückverkauf der Aktien gegen Bezahlung der Fr. 25'000.vereitelt habe, da sie beide nie Aktionäre geworden seien. Es wurde bereits dargelegt, dass dem Kläger die Aktionärsrechte durchaus übertragen wurden und lediglich keine Titel vorlagen. In diesem Zusammenhang ist die Tragweite des mit Schreiben vom 28. Mai 2001 innert Jahresfrist erklärten Rückverkaufs der Aktien gestützt auf Ziffer 5 der Vereinbarung näher zu betrachten. Wenn nun in Auslegung des Parteiwillens die Übergabe von Titeln nicht entscheidend war, so ist die Rückverkaufsklausel so zu verstehen, dass der Kläger innert Jahresfrist die Möglichkeit gehabt hätte, die von ihm tatsächlich erworbenen (unverbrieften) Vermögensrechte sowie die gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte als Aktionär auf den Beklagten zu übertragen gegen Rückerstattung der ursprünglich bezahlten Fr. 25'000.-. Der Kläger hat daher nicht, weil ihm keine Titel übergeben wurden, sein in Ziffer 5 der Vereinbarung vorgesehenes Rücktrittsrecht verloren und deshalb einen Schaden erlitten. Hingegen hat er sich widersprüchlich

verhalten und deshalb das vereinbarte Rücktrittsrecht nicht gültig ausgeübt. Er hätte sich unter den gegebenen Umständen nicht damit begnügen dürfen, verbal den Rückverkauf zu erklären zu einem Zeitpunkt, in dem er noch einziges einzelzeichnungsberechtigtes Mitglied des Verwaltungsrates war. Im Widerspruch zur verbalen Rücktrittserklärung blieb er auch weiterhin Verwaltungsrat mit Einzelunterschrift. Damit nahm er seine Rechte als Aktionär weiter wahr (u.a. auch das Recht, Verwaltungsrat zu sein, vgl. Art. 707 OR). Formell hatte er allein es damals in der Hand, dem Handelsregister im Namen der Gesellschaft seinen Rücktritt zu melden (vgl. Art. 711 OR); der Beklagte war bereits Ende April 2001 als Geschäftsführer mit Kollektivunterschrift im Handelsregister gelöscht worden. Der Kläger hätte, um das vertraglich vereinbarte Rücktrittsrecht gültig auszuüben, vor Ablauf der im Vertrag vorgesehenen Jahresfrist tatsächlich konsequent sein Mandat niederlegen und ausscheiden sollen. Dass dies wohl wegen der absolut zentralen, beherrschenden Position des Klägers in der E-AG damals nicht mehr problemlos möglich war, kann nicht dem Beklagten angelastet werden. Der Kläger ist nicht innert Jahresfrist aus der Gesellschaft ausgeschieden; der Rückverkauf ist damit nicht erfolgt. Der Kläger kann daher auch unter Berufung auf Ziffer 5 der Vereinbarung die Fr. 25’000.- nicht zurückfordern.

4. Dies führt zur Abweisung der Berufung und damit zur Bestätigung des

angefochtenen Urteils.

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Quelle: https://www.findinfo-tc.vd.ch

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