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Urteil Kantonsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils BZ.2004.24: Kantonsgericht

Der Kläger forderte eine Entschädigung für Überstunden, die er zwischen Juli 1995 und Dezember 1998 geleistet hatte, sowie einen Bonus für das Jahr 1998 von seinem ehemaligen Arbeitgeber. Nachdem keine Einigung erzielt wurde, reichte er Klage ein. Das Kreisgericht entschied zugunsten des Klägers und sprach ihm eine Überstundenentschädigung von CHF 58'134.40 brutto zu. Die Beklagte erhob Berufung, argumentierte jedoch erfolglos, da das Gericht feststellte, dass die Überstundenentschädigung gerechtfertigt war. Die Beklagte konnte nicht nachweisen, dass die Überstunden vorab vereinbart oder angeordnet worden waren. Der Kläger hatte seine Arbeitszeiten regelmässig erfasst, was darauf hindeutete, dass die Beklagte über die Überstunden informiert war. Das Gericht wies die Berufung ab und bestätigte die Überstundenentschädigung in Höhe von CHF 58'134.40.

Urteilsdetails des Kantongerichts BZ.2004.24

Kanton:SG
Fallnummer:BZ.2004.24
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Kantonsgericht
Kantonsgericht Entscheid BZ.2004.24 vom 18.11.2004 (SG)
Datum:18.11.2004
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 321c Abs. 1-3 OR. Zusprechung von Überstundenentsschädigung nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Frage offengelassen, ob der Arbeitnehmer höher leitender Angestellter war, da eine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart und Art. 321c OR aus diesem Grund ohnehin anwendbar war. Rechtsgültige Wegbedingung der Überstundenentschädigung verneint. Nachträchliche Genehmigung der geleisteten Überstunden bejaht, da der Arbeitnehmer seine Arbeitszeiten mit dem im Betrieb üblichen Kontrollsystem regelmässig erfasst hatte und die Arbeitgeberin gegen die Leistung von Überstunden nicht eingeschritten war. Rechtsmissbräuchliche Geltendmachung der Überstundenentschädigung verneint (Kantonsgericht, III. Zivilkammer, 18. November 2004, BZ.2004.24).
Schlagwörter : Arbeit; Überstunden; Arbeitszeit; Quot; Klage; Überstundenentschädigung; Entscheid; Beklagten; Personal; Recht; Arbeitsverhältnis; Klägers; Stunden; Klageantwort; Arbeitnehmer; Berufung; Ziffer; Stellung; Geschäftsleitung; Arbeitsverhältnisses; Betrieb; Geltendmachung; BRÜHWILER; Angestellte; Zusammenhang; Akten
Rechtsnorm:Art. 164 ZPO ;Art. 2 ZGB ;Art. 3 ArG ;Art. 321c OR ;Art. 323 OR ;Art. 339 OR ;Art. 341 OR ;Art. 7 ArG ;Art. 9 ArG ;
Referenz BGE:105 II 39; 105 II 41; 110 II 273; 124 III 469; 126 III 337; 126 III 340; 126 III 341; 129 III 171; 129 III 173; 98 Ib 344;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts BZ.2004.24

Art. 321c Abs. 1-3 OR. Zusprechung von Überstundenentsschädigung nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Frage offengelassen, ob der Arbeitnehmer höher leitender Angestellter war, da eine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart und Art. 321c OR aus diesem Grund ohnehin anwendbar war. Rechtsgültige Wegbedingung der Überstundenentschädigung verneint. Nachträchliche Genehmigung der geleisteten Überstunden bejaht, da der Arbeitnehmer seine Arbeitszeiten mit dem im Betrieb üblichen Kontrollsystem regelmässig erfasst hatte und die Arbeitgeberin gegen die Leistung von Überstunden nicht eingeschritten war. Rechtsmissbräuchliche Geltendmachung der Überstundenentschädigung verneint (Kantonsgericht, III. Zivilkammer, 18. November 2004, BZ.2004.24).

Erwägungen

I.

  1. Der Kläger trat im März 1974 als "Chef-Konstrukteur" in den Betrieb der Beklagten ein (Klage, 2; kläg. act. 1). Mit Schreiben vom 11. November 1998 kündigte er das Arbeitsverhältnis fristgerecht per Ende Februar 1999 (Klage, 2; kläg. act. 2). Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses war er noch bis Ende 1999 im Auftragsverhältnis für die Beklagte tätig (vgl. bekl. act. 49).

  2. Mit Schreiben vom 21. Juni 2000 gelangte der Kläger an die Beklagte und forderte sie auf, ihn für 715,5 Überstunden zu entschädigen, die er vom 1. Juli 1995 bis zum 31. Dezember 1998 geleistet habe, sowie ihm für das Jahr 1998 einen Bonus auszurichten (kläg. act. 5). Mit Antwortschreiben vom 21. Juli 2000 wies die Beklagte entsprechende Ansprüche des Klägers vollumfänglich zurück (kläg. act. 15). Eine Einigung kam nicht zustande, worauf der Kläger nach erfolglosem Vermittlungsverfahren (vi-act. 2) am 25. September 2002 an das Bezirksgericht C gelangte mit dem Begehren, die Beklagte sei zu verpflichten, ihm eine Überstundenentschädigung von Fr. 58'134.40 (715,5 Stunden à Fr. 65.-- = Fr. 46'507.50, zuzüglich 25% Überstundenzuschlag von Fr. 11'626.90) sowie für das Jahr 1998 einen Bonus von Fr. 10'000.-zu bezahlen, abzüglich Sozialabgaben sowie zuzüglich Zins seit 11. April 2001 (vi-act. 1 = Klage). Die Beklagte liess mit Klageantwort vom 17. Januar 2003 beantragen, die Klage sei abzuweisen (viact. 12 = Klageantwort). Mit Entscheid vom 8. Januar 2004 hiess das Kreisgericht C die Klage im Umfang von Fr. 58'134.40 brutto (Überstundenentschädigung) zuzüglich 5% Zins seit 11. April 2001 gut und wies sie im Restbetrag (Bonus nebst Zins) ab (vi-act. 43

    = Urteil, 21). Die Gerichtskosten von Fr. 8'000.-auferlegte sie zu 85% der Beklagten und im übrigen unter Anrechnung der Einschreibgebühr dem Kläger. Zudem verpflichtete sie die Beklagte, den Kläger für seine Parteikosten mit Fr. 7'833.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.

  3. Gegen diesen Entscheid erhob die Beklagte am 10. März 2004 die vorliegende Berufung mit dem sinngemässen Antrag, die Klage sei vollumfänglich abzuweisen (B/1

= Berufung). Der Kläger liess in der Berufungsantwort vom 7. Mai 2004 die Abweisung der Berufung beantragen (B/8 = Berufungsantwort). Am 19. Mai bzw. 4. Juni 2004

reichten die Parteien je eine nachträgliche Eingabe ein (B/12; B/15). Anstelle der mündlichen Verhandlung wurde ein zweiter Schriftenwechsel durchgeführt (B/22; Eingabe Beklagte vom 21. September 2004 = B/23; Eingabe Kläger vom 20. Oktober 2004 = B/29).

II.

Die nachträglichen Eingaben vom 19. Mai bzw. 4. Juni 2004 sind nur insoweit zulässig, als sich die Parteien darin zu ihrerseits zulässigen - neuen Tatsachenbehauptungen und Beweisanträgen der Gegenseite äussern (Art. 164 Abs. 1 lit. b ZPO; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons C, N 2 zu Art. 164 ZPO). Soweit sie hingegen Erörterungen und Beweisanträge enthalten, welche die Parteien bei zumutbarer Sorgfalt schon mit der Berufungsschrift bzw. Berufungsantwort hätten vorbringen können, sind sie im folgenden unbeachtlich (vgl. Art. 164 Abs. 1 lit. a ZPO).

III.

  1. Im Berufungsverfahren ist nur noch die dem Kläger von der Vorinstanz zugesprochene Überstundenentschädigung umstritten. Dabei sind sich die Parteien in erster Linie uneinig, ob der Kläger im Betrieb der Beklagten eine höhere leitende Stellung innehatte und unter diesem Blickwinkel überhaupt Anspruch auf Entschädigung für geleistete Überstunden hat (B/1, 2 ff.; B/8, 2 ff.).

  2. a) Wird über die verabredete, übliche durch Normaloder Gesamtarbeitsvertrag bestimmte Arbeitszeit hinaus Mehrarbeit notwendig, ist der Arbeitnehmer gemäss Art. 321c Abs. 1 OR zur Leistung von Überstundenarbeit verpflichtet, soweit er sie zu erbringen vermag und sie ihm nach Treu und Glauben zugemutet werden kann. Überstundenarbeit ist gemäss Art. 321c Abs. 3 OR mit dem Normallohn und einem Zuschlag von mindestens 25% zu entgelten, wenn sie nicht innert angemessener Zeit

    durch Freizeit ausgeglichen wird (vgl. Art. 321c Abs. 2 OR) und nichts anderes schriftlich verabredet durch Normaloder Gesamtarbeitsvertrag bestimmt ist.

    b) Bei Angestellten, die eine höhere leitende Tätigkeit ausüben, ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung in der Regel davon auszugehen, dass für sie mangels anderweitiger Abrede - die im Betrieb übliche Arbeitszeit nicht gilt (CHRISTOPH SENTI, Überstunden, AJP 2003, 382; STAEHELIN, Zürcher Kommentar, N 3 zu Art. 321c OR; STREIFF/VON KAENEL, Arbeitsvertrag, 5. Aufl., N 6 zu Art. 321c OR; JÜRG BRÜHWILER, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 2. Aufl., N 2e zu Art. 321c OR; REHBINDER/PORTMANN, Basler Kommentar, N 5 zu Art. 321c OR; BGE 129 III 173).

    Wegleitend ist dabei - nach der Formulierung des Bundesgerichts in seinem jüngsten veröffentlichten Entscheid zu dieser Frage - "die Überlegung, dass mit der Übernahme einer leitenden Funktion der Umfang und das Gewicht der vom Arbeitnehmer zu erfüllenden Aufgaben die Gegenleistung des Arbeitgebers in bedeutenderem Masse bestimmen als die wöchentliche Arbeitszeit und leitende Angestellte ihrer verantwortungsvollen und selbständigen Stellung entsprechend die Arbeitszeit weitgehend frei einteilen können" (BGE 129 III 173). Höhere leitende Angestellte sind daher für Überstunden grundsätzlich nicht zusätzlich zu entschädigen; vielmehr ist davon auszugehen, dass allfällige Überstundenarbeit bereits bei der Bemessung ihres Salärs berücksichtigt wurde und somit durch den üblichen Lohn abgegolten ist (vgl. REHBINDER/PORTMANN, a.a.O.). Demgemäss haben sie in der Regel nur dann Anspruch auf Überstundenentschädigung, wenn sie über die vertraglich vereinbarten Pflichten hinaus mit zusätzlichen Aufgaben betraut wurden, wenn die ganze Belegschaft während längerer Zeit in wesentlichem Umfang Überstunden geleistet hat (BGE 129 III 173; JAR 1998, 145 f.; SENTI, a.a.O., 383). Indessen gilt nach

    herrschender Auffassung - und namentlich auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts - Art. 321c OR dann auch für Angestellte in höherer leitender Funktion, wenn mit ihnen vertraglich ausdrücklich eine bestimmte Normalarbeitszeit vereinbart worden ist (BGE 129 III 173; BRÜHWILER, a.a.O.; SENTI, a.a.O., 382; SJZ 100 (2004)

    Nr. 15, 363).

  3. a) Im Hinblick auf die Frage, wer als höherer leitender Angestellter gilt, verweist die Lehre auf Art. 3 lit d. ArG, die entsprechende Definition in der ArGV 1 sowie die Rechtsprechung zu diesen Bestimmungen (vgl. BRÜHWILER, a.a.O., N 2e zu Art. 321c

    OR; REHBINDER/PORTMANN, a.a.O., N 5 zu Art. 321c OR; STREIFF/VON KAENEL,

    a.a.O., N 6 zu Art. 321c OR). Danach übt eine höhere leitende Tätigkeit aus, wer aufgrund seiner Stellung in einem Betrieb Betriebsteil über weitreichende Entscheidungsbefugnisse verfügt Entscheide von erheblicher Tragweite beeinflussen kann und auch eine entsprechende Verantwortung trägt (Art. 7 aArGV 1; Art. 9 ArGV 1; BRÜHWILER, a.a.O., N 2e zu Art. 321c OR; REHBINDER/PORTMANN,

    a.a.O., N 5 zu Art. 321c OR; ROLAND A. MÜLLER, Kommentar zum Arbeitsgesetz, 6. Aufl., zu Art. 3 lit. d ArG; F. WALTER BIGLER, Kommentar zum Arbeitsgesetz, N 7 zu Art. 3 ArG; BGE 126 III 340 = Pra 2001 Nr. 47 Erw. 5a). Dabei reicht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts der Umstand allein, dass ein Arbeitnehmer eine Vertrauensstellung im Unternehmen innehat, für die Annahme einer höheren leitenden Tätigkeit nicht aus. Ebensowenig sind die Unterschriftsbefugnis, Weisungsbefugnisse, die Verantwortung für eine Einheit Abteilung und deren Budget, die Höhe des Lohnes die verwendete Funktionsbezeichnung für sich allein entscheidende Kriterien. Wesentlich ist vielmehr, ob dem Betroffenen im Rahmen der tatsächlich ausgeübten Funktion Entscheidungsbefugnisse zustehen, die geeignet sind, das Unternehmen als Ganzes einen bedeutenden Teil davon in seiner Entwicklung seiner Struktur nachhaltig zu beeinflussen, wobei namentlich auch die Grösse des Betriebes von Bedeutung ist (BGE 126 III 340 Erw. 5a+b = Pra 2001 Nr. 47 Erw. 5a+b; BGE 98 Ib 344 Erw. 2 = Pra 1973 Nr. 44 Erw. 2; vgl. hiezu auch ROLAND A. MÜLLER, a.a.O., zu Art. 3 lit. b ArG; F. WALTER BIGLER, a.a.O., N 7 zu Art. 3 ArG; Art. 9 ArGV 1).

    b) Vorliegend spricht soweit die massgebende Zeit ab 1995 betroffen ist - die Tatsache, dass der Kläger in der ab Anfang 1995 geltenden Matrix-Organisation der Beklagten als Leiter des Funktionsbereiches "Entwicklung Mechanik" direkt dem Geschäftsführer unterstellt war (kläg. act. 4; bekl. act. 13; Klage, 4; Klageantwort, 3), wie auch der Umstand, dass er ab diesem Zeitpunkt regelmässig an den Bereichsleiterbzw. Geschäftsleitungssitzungen teilnahm (Klage, 4; Klageantwort, 3; vgl. auch bekl. act. 9 ff.), auf den ersten Blick für eine höhere leitende Stellung im erwähnten Sinn sowie insbesondere auch dafür, dass der Kläger der Geschäftsleitung der Beklagten angehörte. Der Kläger hält dem allerdings entgegen, die Direktunterstellung sei lediglich deshalb erfolgt, weil die Verständigung mit dem eigentlichen Vorgesetzten und namentlich der Informationsfluss über diesen nicht funktioniert habe, und an den Geschäftsleitungssitzungen habe er demgemäss auch

    nur zu Informationszwecken und rapportierend teilgenommen, ohne dass er zur Geschäftsleitung gehört hätte und ihm massgebende Entscheidungskompetenzen zugekommen wären (Klage, 4; Replik, 4). In diesem Zusammenhang fällt zunächst in Betracht, dass die Beklagte den Kläger anerkanntermassen nie formell zum Mitglied der Geschäftsleitung ernannt hat (Replik, 4; Duplik, 7). Zudem ergibt sich jedenfalls aus den von der Beklagten zu den Akten gereichten Sitzungsprotokollen (bekl. act. 9 ff.) nur eine informative/rapportierende Teilnahme des Klägers an den Geschäftsleitungssitzungen, nicht aber, dass er auch an wesentlichen geschäftspolitischen Entscheiden mitgewirkt hätte. Die Beklagte liess zwar in diesem Zusammenhang vor erster Instanz ausführen, der Kläger habe "an absolut entscheidender Stelle Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens" gehabt (Klageantwort, 4) sowie über "weitreichende Entscheidungskompetenzen" verfügt (Duplik, 5), und er sei namentlich auch "an Projektentscheiden massgeblich beteiligt" gewesen (a.a.O.). Sie hat es jedoch bei diesen pauschalen Behauptungen bewenden lassen und es versäumt, zumindest einzelne betroffene Entscheide bzw. Projekte näher zu spezifizieren und entsprechende Unterlagen einzureichen. Auch den übrigen Akten lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger im Hinblick auf die Geschäftsstruktur und/ den eigentlichen Geschäftsverlauf über massgebende Entscheidungskompetenzen im dargelegten Sinn verfügt und eine entsprechende Verantwortung getragen hätte. Dies lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten insbesondere auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass der Kläger mit seiner Arbeitsleistung als solcher zum Unternehmenserfolg beigetragen hat (vgl. Klageantwort, 3); denn das kann je nach Funktionsbereich auch auf Angestellte zutreffen, die keine höhere leitende Stellung innehaben, und lässt nicht ohne weiteres auf wesentliche Entscheidungsbefugnisse und Verantwortungsbereiche schliessen. Soweit die Stellung des Klägers als Vorgesetzter betroffen ist, ist zwar unbestritten, dass ihm in der massgebenden Zeit bis zu fünf teilweise auch höher qualifizierte - Mitarbeiter unterstanden (Duplik, 2); zudem liegen drei Arbeitsverträge vor, die er neben dem jeweiligen Geschäftsführer mitunterzeichnet hat (bekl. act. 31 ff.). Eine "weitestgehende Entscheidungsfreiheit" bei der Einstellung seiner Mitarbeiter, wie sie die Beklagte behauptet (Klageantwort, 4), lässt sich daraus jedoch nicht herleiten, und zusätzliche Beweismittel, welche diese Darstellung stützen könnten, hat die Beklagte nicht genannt. Im übrigen fällt in diesem Zusammenhang in Betracht, dass die Beklagte

    rund 200 Mitarbeiter beschäftigt (vgl. bekl. act. 48), was die Bedeutung der Führungsfunktion des Klägers relativiert. Nicht ersichtlich ist, inwiefern der Umstand, dass der Kläger Kundenkontakt sowie Einblick in die Kalkulation hatte und teilweise auch Offerten erstellte, auf eine höhere leitende Position hinweisen soll (vgl. Klageantwort, 7, bekl. act. 19 ff.). Ebensowenig lässt die Tatsache, dass er gelegentlich als Projektleiter eingesetzt wurde (vgl. Klageantwort, 7, bekl. act. 15 f.), auf eine leitende Stellung im erwähnten Sinn schliessen. Nicht von ausschlaggebender Bedeutung wäre im übrigen auch, wenn der Kläger was allerdings umstritten ist für seinen Bereich über eine gewisse Budgetautonomie verfügt hätte (vgl. Klageantwort, 2, Klage, 3; Replik, 3; BGE 126 III 341 Erw. 5b = Pra 2001 Nr. 47 Erw. 5b). Das Salär des Klägers mag zwar im innerbetrieblichen Vergleich verhältnismässig hoch gewesen sein; mit Fr. 10'000.-brutto zuzüglich Gratifikation (ab 1992; vgl. kläg. act. 28 i.V.m. kläg. act. 1) vermag es jedoch - namentlich auch vor dem Hintergrund des langjährigen Arbeitsverhältnisses sowie der Qualifikation und Erfahrung des Klägers - nicht ohne weiteres zu indizieren, dass dieser eine höhere leitende Stellung innehatte.

    Trotz der Direktunterstellung unter den Geschäftsführer und der Teilnahme an den Geschäftsleitungssitzungen ergeben sich damit aufgrund der vorliegenden Akten und Parteivorbringen einige Zweifel, ob der Kläger zur massgebenden Zeit in höherer leitender Stellung für die Beklagte tätig war. Solche Zweifel sind umso eher angebracht, als er ab November 1998 wiederum nicht mehr im Organigramm der Beklagten aufgeführt war (Replik, 8; nicht substanziiert bestritten, Duplik 7), sich aber weder aus den Parteivorbringen noch den übrigen Akten ergibt, dass ihn die Beklagte in diesem Zusammenhang formell zurückgestuft hätte. Letztlich muss indes vorliegend die Frage, ob der Kläger als höherer leitender Angestellter zu qualifizieren ist, ohnehin nicht abschliessend beurteilt werden und erübrigen sich in diesem Zusammenhang auch allfällige Beweiserhebungen; denn wie im folgenden zu zeigen ist (Erw. 4), war mit ihm ausdrücklich eine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart, womit Art. 321c OR schon aus diesem Grund auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar ist.

  4. Im Arbeitsvertrag vom 14. Dezember 1973 haben die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 44 Stunden vereinbart (kläg. act. 1). Gemäss dem von beiden Parteien eingereichten Personalreglement vom 1. Januar 1994 betrug die wöchentliche Arbeitszeit ab diesem Zeitpunkt 40 Stunden (bekl. act. 26; kläg. act. 8, Auszug). Im

    Personalreglement, welches ab 1. Juni 1997 Geltung hatte, wurde bezüglich der Arbeitszeit auf ein "Arbeitszeitreglement" verwiesen (bekl. act. 29 Ziffer 1.1.). Dieses wiederum legte eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden fest (kläg. act. 9 Ziffer 1). Den Erhalt des per 1. Juni 1997 gültigen Personalreglementes und des entsprechenden Arbeitszeitreglementes liess sich die Beklagte vom Kläger schriftlich quittieren, wobei der entsprechende Beleg den Passus enthielt: "Mit den neuen Reglementen und den darin getroffenen Änderungen erkläre ich mich einverstanden" (bekl. act. 30). Damit - und nachdem sich weder aus den Parteivorbringen noch aus den übrigen Akten ergibt, dass das Personalreglement vom 1. Juni 1997 und das dazugehörige Arbeitszeitreglement bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch ersetzt geändert worden wären legen die Akten insoweit den Schluss nahe, dass mit dem Kläger eine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart war und diese in der hier massgebenden Zeit 40 Stunden betrug.

    Die Beklagte wendet nun allerdings ein, der Arbeitsvertrag mit dem Kläger sei im Verlauf der Zeit stillschweigend dahingehend abgeändert worden, dass für ihn keine feste Arbeitszeit mehr gegolten habe (B/1, 4 und 5). Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der Kläger seine Präsenzzeiten unumstrittenermassen stets - und namentlich auch in der hier massgebenden Zeit regelmässig im jeweils üblichen Kontrollsystem der Beklagten erfasste (B/1, 6; vgl. auch kläg. act. 6). Dies ist als klares Indiz für eine vorgegebene feste Arbeitszeit zu werten. Soweit die Beklagte einwendet, beim Kläger habe die Zeiterfassung nur der "Präsenzkontrolle" gedient und namentlich bezweckt, die Arbeit der Telefonistin zu erleichtern (B/1, 5 und 6), ist ihr entgegenzusetzen, dass in diesem Fall nicht ersichtlich wäre, aus welchen Gründen gestützt darauf regelmässig monatliche „Zeitausweise“ für den Kläger erstellt wurden (B/1, 6; kläg. act. 6) und diese was unbestritten ist vom Geschäftsführer auch sporadisch kontrolliert wurden (Klage, 5; Klageantwort, 10). Keine stillschweigende Aufhebung der Vereinbarung einer festen Arbeitszeit ergibt sich im weiteren aus dem Umstand, dass der Kläger während des Arbeitsverhältnisses keine Überstundenentschädigung geltend gemacht hat; vielmehr musste die Beklagte aus der Tatsache, dass er seine Arbeitszeiten dennoch konsequent im Kontrollsystem erfasste, nach Treu und Glauben schliessen, dass er sich weiterhin an die jeweils gültige, feste Arbeitszeit gebunden fühlte, und durfte sie die fehlende Geltendmachung der Überstundenentschädigung vor diesem Hintergrund nicht als stillschweigendes

    Einverständnis mit einer entsprechenden Vertragsänderung werten (zur Frage des Verzichts vgl. unten Erw. 7). Nichts zu ihren Gunsten herleiten kann die Beklagte im vorliegenden Zusammenhang aus Ziffer 2 der Ergänzugen / Präzisierungen zum Personalund Gleitzeitreglement vom Juni 1994 (bekl. act. 27), mit welcher die Rahmenzeit für das Kader aufgehoben wurde (vgl. B/1, 4). Denn damit wurde dem Kader lediglich die Möglichkeit geboten, die Arbeitsleistung auch ausserhalb der für das übrige Personal geltenden Rahmenzeit zu erbringen; hingegen lässt sich daraus nicht auf die Aufhebung der festen Arbeitszeit - und im übrigen auch nicht auf die Wegbedingung der Überstundenentschädigung (vgl. unten Erw. 5) schliessen. Im vorliegenden Kontext unerheblich ist im übrigen auch die im Arbeitszeitreglement vom Sommer 1997 enthaltene Klausel, wonach es "in speziellen Bereichen und beim Kader ... infolge der ständig steigenden Ausrichtung der persönlichen Präsenz auf die

    zu erfüllende Aufgabe dazu führen" könne, "dass die Nachführung der Sollzeit und des Saldos inklusive des damit verbundenen Stempelns" entfalle (kläg. act. 9 und 10, Ziffer 10). Denn abgesehen davon, dass auch diese Klausel nicht ohne weiteres auf eine Wegbedingung der ursprünglich vereinbarten festen Arbeitszeit schliessen lässt, behält sie eine entsprechende Regelung durch die Geschäftsleitung explizit vor (wörtlich: "Entsprechende Regelungen werden von der Geschäftsleitung in Kraft gesetzt"), wobei sich vorliegend weder aus den Parteivorbringen noch aus den übrigen Akten ergibt, dass eine dahingehende, für den Kläger relevante Sonderregelung auch tatsächlich erlassen worden wäre. Zumindest seine Arbeitszeiten erfasst („gestempelt“) hat der Kläger denn auch nach Mitte 1997 weiterhin (vgl. kläg. act. 6). Dass dem Kläger je persönlich erklärt worden wäre, er sei fortan von der Zeiterfassung entbunden, macht die Beklagte schliesslich nicht geltend.

    Demnach ist davon auszugehen, dass mit dem Kläger in der massgebenden Zeit eine feste wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart war, womit Art. 321c OR jedenfalls aus diesem Grund auf das vorliegende Arbeitsverhältnis anwendbar ist (BGE 129 III 173). An diesem auf objektiven Anhaltspunkten beruhenden - Schluss könnten auch abweichende Beurteilungen durch verschiedene Kadermitarbeiter der Beklagten (vgl. Beweisanträge B/1, 4 und 5; B/23, 2) nichts ändern.

  5. Im Sinne eines Eventualstandpunktes wendet die Beklagte im weiteren ein, im Falle des Klägers sei die Entschädigung für Überstunden wegbedungen worden (B/1, 3 ff.).

    Zum vornherein unerheblich ist in diesem Zusammenhang ihr erneuter Hinweis auf die oben zitierten Passagen aus Ziffer 2 der Ergänzungen/Präzisierungen zum Personalund Gleitzeitreglement vom Juni 1994 (bekl. act. 27) und Ziffer 10 des Arbeitszeitreglements vom Sommer 1997 (kläg. act. 9 und 10); es kann in diesem Zusammenhang sinngemäss auf das bereits unter Erw. 4 Gesagte verwiesen werden. Soweit die Ergänzungen/Präzisierungen zum Personalund Gleitzeitreglement von 1994 betroffen sind, fällt zudem in Betracht, dass die Entschädigungspflicht für Überstunden gemäss Art. 321c Abs. 3 OR nur durch schriftliche Vereinbarung ausgeschlossen werden kann; die fraglichen Ergänzungen/Präzisierungen hat die Beklagte jedoch einseitig erlassen, wobei sich weder aus den Akten noch den Parteivorbringen ergibt, dass sie in der Folge von den Parteien durch schriftliche Abrede zum Vertragsbestandteil erhoben worden wären (entsprechendes ist nur für das Personalund Arbeitszeitreglement vom Sommer 1997 dargetan, vgl. bekl. act. 30).

    Keine Wegbedingung der Überstundenentschädigung lässt sich im weiteren auch aus dem Umstand herleiten, dass der Gleitzeitsaldo Ende Monat jeweils auf zehn Stunden reduziert wurde (B/1, 5 und 6 f.; B/12, 4 i.V.m. kläg. act. 6 und bekl. act. 40 ff.): Reglementarisch war diese Reduktion ohnehin nur in Ziffer 10 der Ergänzungen/ Präzisierungen zum Personalund Gleitzeitreglement von 1994 explizit vorgesehen, welche wie dargelegt nicht schriftlich zum Vertragsbestandteil erhoben wurden und daher den Anforderungen von Art. 321c Abs. 3 OR nicht genügen (das damalige Gleitzeitreglement von welchem im übrigen ebenfalls nicht dargetan ist, dass es aufgrund schriftlicher Abrede zum Vertragsbestandteil wurde enthält insoweit nur eine Ordnungsvorschrift und schreibt keine Reduktion vor, vgl. Anhang zu bekl. act. 26 Ziffer 6). Nur der Vollständigkeit halber sei im übrigen angemerkt, dass Ziffer 10 der Ergänzungen/Präzisierungen zum Personalund Gleitzeitreglement die monatliche Reduktion des Gleitzeitsaldos auf 10 Stunden ohnehin für sämtliche Mitarbeiter - und nicht etwa, wie die Beklagte behauptet, nur für das Kader (B/1, 5, 6 f., B/12, 4) vorsieht (bekl. act. 27 Ziffer 2); es ist daher offenkundig, dass die Regelung nicht auf eine Wegbedingung der Entschädigung für geleistete Überstunden abzielt, sondern andere wohl in erster Linie praktische - Gründe hat. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass sie allenfalls nicht konsequent umgesetzt wurde (vgl. B/12, 4 und bekl. act. 51-53).

  6. Die Beklagte bringt im Sinne eines weiteren Eventualstandpunktes vor, gemäss den Ergänzungen/Präzisierungen zum Personalreglement und Gleitzeitreglement vom Juni 1994 (bekl. act. 27) seien Überstunden nur zu entschädigen, wenn sie mit dem Vorgesetzten im voraus abgesprochen bzw. von ihm angeordnet worden seien; im Falle des Klägers seien solche vorgängigen Absprachen bzw. Anordnungen aber nicht erfolgt (B/1, 6). Dem ist entgegenzuhalten, dass auch dann, wenn eine Vereinbarung Weisung vorliegt, wonach nur angeordnete Überstunden entschädigungspflichtig sind - nach einhelliger Auffassung und insbesondere auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts im voraus angeordneten Überstunden jene Überstunden gleichgestellt sind, die der Arbeitgeber nachträglich genehmigt hat, wobei eine solche Genehmigung auch stillschweigend erfolgen kann, indem der Arbeitgeber gegen die Meldung von Überstunden keinen Einspruch erhebt (Entscheid des Bundesgerichts vom 15. September 1992, in: JAR 1994, 140; SENTI, a.a.O., 378, BRÜHWILER, a.a.O., N 12b zu Art. 321c OR, STREIFF/VON KAENEL, a.a.O. , N 10 zu Art. 321c OR und

    REHBINDER/PORTMANN, a.a.O., N 1 zu Art. 321c OR, je mit Hinweisen auf die Praxis). Vorliegend hat der Kläger wie dargelegt seine Arbeitszeit mit dem im Betrieb üblichen Kontrollsystem regelmässig erfasst, womit ohne weiteres davon auszugehen ist, dass die Beklagte über die von ihm geleisteten Überstunden fortlaufend im Bilde war. Dass sie gegen die erfassten Überstunden protestiert hätte, ist nicht ersichtlich. Entsprechendes ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem Umstand, dass der Gleitzeitsaldo am Monatsende jeweils auf 10 Stunden reduziert wurde (B/1, 8); denn wie dargelegt (Erw. 5) war diese Reduktion jedenfalls im Personalund Gleitzeitreglement von 1994 für sämtliche Mitarbeiter vorgeschrieben, weshalb sie im Einzelfall und für sich allein nicht als nachträgliches Einschreiten gegen nicht angeordnete Überstunden gewertet werden kann.

    Auch dieser Einwand ändert somit nichts daran, dass die Beklagte für die vom Kläger geleisteten Überstunden grundsätzlich enschädigungspflichtig ist.

  7. Zu prüfen bleibt der Einwand der Beklagten, die Forderung des Klägers auf Überstundenentschädigung sei rechtsmissbräuchlich (B/1, 3 und 8 f.).

    1. Gemäss Art. 341 Abs. 1 OR kann der Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monats danach auf Forderungen, die sich aus

      unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes ergeben, nicht verzichten. Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts fällt unter diese Bestimmung auch die Entschädigung für bereits geleistete Überstunden (BGE 105 II 39; BGE 124 III 469 = Pra. 1999 Nr. 37; BGE 126 III 337 Erw. 7b; BGE 129 III 171 Erw. 2.4). Etwas anderes

      ergibt sich auch nicht aus Art. 321c Abs. 3 OR; denn dieser hat nur den Verzicht auf die Bezahlung von zukünftigen Überstunden, nicht aber den Verzicht auf einen schon erworbenen Entschädigungsanspruch für bereits geleistete Überstunden zum Gegenstand (BGE 124 III 469 Erw. 3a = Pra. 1999 Nr. 37 Erw. 3a; BBl 1967 II 241 ff.). Vorliegend kann dem Kläger daher nicht vorgeworfen werden, mit der fehlenden Geltendmachung seiner Ansprüche für Überstundenarbeit während des Arbeitsverhältnisses spätestens im Zeitpunkt seiner Beendigung habe er stillschweigend auf diese verzichtet.

    2. Soweit die Beklagte geltend macht, die Forderung des Klägers auf Überstundenentschädigung sei rechtsmissbräuchlich (B/1, 3 und 8 f.), ist ihr entgegenzuhalten, dass die Schutzbestimmung Art. 341 Abs. 1 OR in konstanter Rechtsprechung gegen die Einrede des Rechtsmissbrauchs geschützt wird. Denn nach einhelliger Auffassung kann es nicht Sinn des Gesetzes sein, dass die Schutzfunktion dieser Bestimmung im Einzelfall auf dem Umweg über Art. 2 Abs. 2 ZGB vereitelt wird. Insbesondere genügt nach herrschender Lehre und Praxis ein bloss widersprüchliches Verhalten des Arbeitnehmers nicht, um ihm gestützt auf Art. 2 Abs. 2 ZGB den von Art. 341 Abs. 1 OR gewährten Schutz zu verweigern. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzukommen, welche die Berufung auf diese Schutznorm als missbräuchlich erscheinen lassen (BGE 105 II 39 E. 1b, 110 II 168 E. 3c, 126 III 337 Erw. 7b = Pra 2001 Nr. 47 E. 7b; REHBINDER, Berner Kommentar, N 24 zu Art. 341 OR, STREIFF/VON KAENEL, a.a.O., N 4 zu Art. 341 OR und BRÜHWILER, a.a.O., N 8

    zu Art. 341 OR, je mit weiteren Hinweisen auf die Praxis). Auch wegen Zeitablaufs nimmt die Praxis eine Verwirkung von unabdingbaren arbeitsrechtlichen Ansprüchen selbst ausserhalb der Schutzfrist von Art. 341 Abs. 1 OR - nur mit äusserster Zurückhaltung an. Namentlich bei Lohnansprüchen, wie sie hier in Frage stehen, kann nach herrschender Auffassung allein aus dem Zuwarten mit der Geltendmachung weder ein Verzicht noch Rechtsmissbrauch hergeleitet werden, da andernfalls das Institut der Verjährung ausgehöhlt würde; eine Verwirkung wird hier in der Regel nur unter den strengen, kumulativ geforderten Voraussetzungen angenommen, dass der

    Arbeitgeber den fraglichen Anspruch nicht gekannt hat, dass ihm durch den späten Zeitpunkt seiner Geltendmachung ein unbilliger und gegenüber den Interessen des Arbeitnehmers überwiegender Nachteil erwächst sowie dass es für den Arbeitnehmer zumutbar und nach Treu und Glauben geboten gewesen wäre, die Forderung früher zu stellen (REHBINDER, a.a.O., N 25 zu Art. 341 OR und BRÜHWILER, a.a.O., N 8 zu Art. 341 OR, mit Hinweisen; BGE 110 II 273 E. 2).

    Vorliegend ist nach dem Gesagten davon auszugehen, dass die Beklagte über die vom Kläger geleisteten Überstunden fortlaufend im Bilde war und grundsätzlich mit der Geltendmachung einer entsprechenden Entschädigung rechnen musste. Auch kann ihr nicht zugestanden werden, durch deren Bezahlung entstehe ihr ein unbilliger Nachteil, der die entsprechenden Interessen des Klägers überwiegen würde. Schon aus diesem Grund kann dem Kläger die eingeklagte Überstundenentschädigung nicht mit Hinweis auf Art. 2 Abs. 2 ZGB verweigert werden. Ob die frühere Geltendmachung der Forderung für den Kläger zumutbar und nach Treu und Glauben geboten gewesen wäre, kann - nachdem die erwähnten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen grundsätzlich offen bleiben. Immerhin sei aber angemerkt, dass soweit die Geltendmachung von Ansprüchen während des Arbeitsverhältnisses betroffen ist ein solcher Vorhalt nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt ist, da der Arbeitnehmer in dieser Zeit in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber steht und ihm daher in der Regel zuzugestehen ist, dass er an sich berechtigte Ansprüche deshalb nicht geltend macht, weil er aus Sorge um seine Arbeitsstelle das Arbeitsklima nicht negativ belasten will (vgl. BGE 105 II 41). Hier kommt hinzu, dass der Kläger - der die Überstundenentschädigung wie dargelegt im Juni 2000 erstmals schriftlich vorgebracht hat - noch bis Ende 1999 im Auftragsverhältnis für die Beklagte tätig gewesen war (bekl. act. 49).

    Im Ergebnis bleibt es somit auch unter dem Blickwinkel von Art. 2 Abs. 2 ZGB dabei, dass die Beklagte den Kläger für die geleisteten Überstunden zu entschädigen hat. Beizufügen bleibt, dass sich allenfalls eine andere Beurteilung rechtfertigen würde, wenn und soweit die umstrittene Überstundenentschädigung im Zeitpunkt, als sie der Kläger erstmals geltend machte, bereits verjährt gewesen wäre. Dies war jedoch offensichtlich nicht der Fall (Art. 341 Abs. 2, 128 lit. 3 OR; kläg. act. 5) und wird von der Beklagten zu Recht auch nicht behauptet. Eine andere Frage ist, ob ein Teil der geltend

    gemachten Überstundenentschädigung bei Einleitung des Vermittlungsverfahrens bereits verjährt war; dies kann hier offenbleiben, nachdem die Beklagte keine Verjährungseinrede erhoben hat.

  8. In quantitativer Hinsicht hat die Beklagte die vom Kläger unter Vorlage entsprechender Zeitausweise geltend gemachten 715,5 Überstunden (Klage, 4; kläg. act. 5 und 6) nicht substanziiert bestritten. Unumstritten ist auch der geltend gemachte Stundenansatz von Fr. 65.-brutto (a.a.O.). Die massgebenden Reglemente der Beklagten sehen im Hinblick auf die Überstundenentschädigung in Übereinstimmung mit Art. 321c Abs. 3 OR einen Zuschlag von 25% zum Normallohn vor (bekl. act. 26 ff.; kläg. act. 8 ff.). Damit steht dem Kläger eine Überstundenentschädigung von brutto Fr. 58'134.40 zu (715,5 Stunden x Fr. 65.--, davon 125%). Auf dem nach Abzug der Sozialleistungen verbleibenden Betrag ist, da das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet wurde, der vom Kläger verlangte Zins von 5% seit 11. April 2001 ohne weiteres ausgewiesen (Art. 102 Abs. 2, 104 Abs. 1 OR; STREIFF/VON KAENEL., a.a.O., N 3 zu Art. 323 und N 1 zu Art. 339 OR; BRÜHWILER, a.a.O., N 4 zu Art. 323 OR und N1 zu Art. 339 OR).

  9. Das führt im Ergebnis zur Abweisung der Berufung.

Quelle: https://www.findinfo-tc.vd.ch

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