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Urteil Kantonsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:BO.2017.44
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Zivilkammern (inkl. Einzelrichter)
Kantonsgericht Entscheid BO.2017.44 vom 04.03.2019 (SG)
Datum:04.03.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 59 Abs. 1, Art. 227 Abs. 1, Art. 317 Abs. 2 ZPO (SR 272): Wird bei einer Klage lautend auf Abgabe mehrerer Willenserklärungen im Austausch gegen die bindende Zusicherung einer Gegenleistung nachträglich die Gegenleistung der klagenden Partei erweitert, liegt darin nicht eine Einschränkung der Klage, sondern eine Klageänderung. Vorliegen der Vo- raussetzungen von Art. 317 Abs. 2 ZPO für eine Klageänderung im Berufungsverfahren verneint. Nichteintreten auf die Berufung, nachdem der (Berufungs-)Kläger seine ur-sprüngliche Klage im Berufungsverfahren fallen gelassen hat. Art. 742 Abs. 1 ZGB (SR 210): Die Notwendigkeit einer grösseren baulichen Umgestaltung des berechtigten Grundstücks stellt einen erheblichen Nachteil dar, den auch kein noch so grosses Verlegungsinteresse des Belasteten zu rechtfertigen vermöchte (Kantonsgericht, I. Zivilkammer, 4. März 2019, BO.2017.44).
Schlagwörter : Klage; Stück; Grundstück; Recht; Klageänderung; Verlegung; Berufung; Recht; Beklagten; Rechtsbegehren; Vorinstanz; Grundstücks; Aufl; Entscheid; Berufungsverfahren; Ursprüngliche; Liver; Voraussetzung; Eigentümer; Fahrwegrecht; Wäre; ZK-Liver; Leistungen; Gutheissung; Voraussetzungen; Fixbetrag; Klägers; Begründung; Zusicherung
Rechtsnorm: Art. 227 ZPO ; Art. 310 ZPO ; Art. 317 ZPO ; Art. 4 ZGB ; Art. 58 ZPO ; Art. 60 ZPO ; Art. 65 ZPO ; Art. 694 ZGB ; Art. 737 ZGB ; Art. 742 ZGB ;
Referenz BGE:113 II 151; 142 III 48; 88 II 150;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
Sachverhalt (Zusammenfassung)

Der Kläger ist Eigentümer der in der Wohnzone befindlichen und aktuell unbebauten Parzelle Nr. 1, Grundbuch G., auf welcher ein Fuss- und Fahrwegrecht sowie ein Fusswegrecht zugunsten der südwestlich angrenzenden und mit einem Einfamilienhaus überbauten Parzelle Nr. 2 der Beklagten lasten. Der Kläger plant seit einigen Jahren, sein Grundstück zu überbauen, wofür die vorgenannten Grunddienstbarkeiten (das Fuss- und Fahrwegrecht teilt die klägerische Liegenschaft in zwei flächenmässig ungefähr gleich grosse Hälften) einem mehrgeschossigen Gebäude sowie einer Tiefgarageneinfahrt weichen müssten. Als Ersatz schlug der Kläger den Beklagten die Errichtung eines neuen Fuss- und Fahrwegrechts sowie eines Grenzbaurechts zulasten der nordwestlich an das klägerische Grundstück angrenzenden und im Eigentum der Z.

Genossenschaft befindlichen Parzelle Nr. 3 vor. Bei dieser Lösung, mit der die Z. Genossenschaft den Behauptungen des Klägers zufolge einverstanden sein soll, würden der Zugang und die Zufahrt zum Grundstück der Beklagten neu über einen teilweise bereits vorhandenen und teilweise noch zu erstellenden Weg auf Parzelle Nr. 3 in eine im bisher unbebauten Bereich des beklagtischen Gründstücks neu zu errichtende Doppelgarage (inkl. [Lift], Treppe und Fussweg) realisiert werden. Der Kläger erklärte sich aussergerichtlich bereit, die hierfür notwendigen Kosten zu

übernehmen. Eine Einigung scheiterte, weshalb er mit Klage vom 19. Juli 2016 von den Beklagten die Zustimmung zur vorgeschlagenen Ersatzlösung (Löschung der bisherigen und Begründung der neuen Grunddienstbarkeiten gegen Zusicherung bestimmter Gegenleistungen seinerseits [u.a. Erstellung Doppelgarage ohne Lift oder Zahlung eines Fixbetrages von Fr. 100'000.00]) verlangte. Das Kreisgericht K. wies seine analog auf Art. 742 Abs. 1 ZGB ("III. Verlegung der Belastung") gestützte Klage mit Entscheid 15. Juni 2017 ab. Dagegen erhob der Kläger Berufung, wobei er die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Gutheissung seiner neu um die Zusicherung der Erstellung auch eines Personenlifts oder Zahlung eines Fixbetrages von Fr. 200'000.00 modifizierten Klage verlangte.

Erwägungen (Auszug)

[ ]

II.

[ ]

2.a) Mit seiner Berufung vom 9. Oktober 2017 verlangt der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Entscheids (Rechtsbegehren Ziff. 1) sowie die Gutheissung seiner gegenüber der Klage modifizierten Rechtsbegehren Ziff. 2-4, eventualiter die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz (Rechtsbegehren Ziff. 5). Die Zulässigkeit seines reformatorischen Hauptbegehrens begründet der Kläger damit, dass es ihm in jedem Stadium des Prozesses unbenommen sei, den eigenen Anspruch einzuschränken, in concreto das gestellte Rechtsbegehren mit einem höheren Entschädigungsangebot zu versehen. Die Modifikation seiner Klagebegehren komme de facto einer Einschränkung bzw. Reduktion seiner Rechtsbegehren gleich und stelle keine Klageänderung dar. Die Beklagten sind demgegenüber der Auffassung, dass mit den im Vergleich zur Klage veränderten Begehren Ziff. 2-4 der Berufung keine Klagebeschränkung, sondern eine Klageänderung i.S.v. Art. 317 Abs. 2 ZPO erfolge. Der Kläger führe zur Begründung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen eine neue Tatsache (Kostenübernahme für Lift und Fr. 100'000.00 mehr) in den Prozess ein. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Klageänderung trotz zumutbarer Sorgfalt nicht bereits vor Vorinstanz hätte erfolgen können. Spätestens nach ihren Bestreitungen in der Klageantwort hätte der Kläger dazu Anlass gehabt. Weil sie, die Beklagten, dieser unzulässigen Klageänderung auch nicht zustimmen würden, sei die Berufung "abzuweisen".

b/aa) Eine Klageänderung bedeutet eine inhaltliche Änderung der Klage, wie etwa die Erweiterung des Rechtsbegehrens oder die Zugrundelegung eines anderen Lebensvorganges (Reetz/Hilber, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO Komm., 3. Aufl., Art. 317 N 71; Seiler, Die Berufung nach ZPO, N 1374). Sie liegt stets vor, wenn mit dem neuen Rechtsbegehren mehr, Zusätzliches oder etwas anderes verlangt wird als bisher (BK-Killias, 2012, Art. 227 ZPO N 7). Im Berufungsverfahren ist eine Klageänderung nur noch zulässig, wenn die Voraussetzungen nach Art. 227

Abs. 1 ZPO (gleiche Verfahrensart; sachlicher Zusammenhang oder Zustimmung der Gegenpartei) gegeben sind und sie zudem auf (ihrerseits zulässigen) neuen Tatsachen und Beweismitteln beruht (Art. 317 Abs. 2 ZPO; Reetz/Hilber, ZPO Komm., Art. 317

N 86; BK-Sterchi, 2012, Art. 317 ZPO N 11; Steininger, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl., Art. 317 N 8). Mit dem zweiten Kriterium wird zum Ausdruck gebracht, dass sich die

Klageänderung aufgrund neuer Tatsachen und/oder Beweismitteln ergeben haben und mit diesen begründet werden muss. Zulässigkeitsvoraussetzung ist mithin, dass zwischen den nach Massgabe von Art. 317 Abs. 1 ZPO zulässigen Noven und der Klageänderung ein Kausalzusammenhang besteht (Reetz/Hilber, ZPO Komm., Art. 317 N 86). Das Vorliegen der erwähnten Voraussetzungen hat die Berufungsinstanz von Amtes wegen zu prüfen (Art. 60 ZPO; BGE 142 III 48 E. 4.1.2).

bb) Keine Klageänderung i.S.v. Art. 317 Abs. 2 ZPO stellt demgegenüber die blosse Beschränkung des bisherigen (erstinstanzlichen) Rechtsbegehrens dar (BGer 5A_456/2016 E. 4.2.1; BGer 5A_184/2013 E. 3.2). Werden einzelne Begehren im Berufungsverfahren fallen gelassen oder Leistungsbegehren in quantitativer oder zeitlicher Hinsicht reduziert, liegt darin ein teilweiser Klagerückzug (wegen seiner Wirkung auch Klageabstand genannt [vgl. Art. 65 ZPO]), welcher bis zur Urteilsberatung jederzeit und voraussetzungslos zulässig ist (BK-Sterchi, Art. 317 ZPO N 13; Reetz/

Hilber, ZPO Komm., Art. 317 N 17; Steininger, DIKE-Komm-ZPO, Art. 317 N 8; Seiler, a.a.O., 1375; vgl. auch Art. 227 Abs. 3 ZPO). Derjenige Teil, auf welchen die Klage beschränkt wird, ist nämlich bereits im ursprünglichen Begehren mitenthalten, weshalb mit dem Teilrückzug nichts in den Prozess eingeführt wird, was nicht schon rechtshängig wäre (Seiler, a.a.O., N 1375).

c/aa) Unbestrittenermassen haben die ursprünglichen Klagebegehren Ziff. 1-3 in den Rechtsbegehren Ziff. 2-4 der Berufung insofern eine inhaltliche Änderung erfahren, als zwar das, was der Kläger von den Beklagten als Eigentümer des berechtigten Grundstücks verlangt, im Wesentlichen gleich bleibt, nämlich die Zustimmung zur (Teil-)Löschung der zulasten seines Grundstücks bestehenden Fuss- und Fahrwegrechte und zur Neubegründung eines Fuss- und Fahrwegrechts sowie eines Grenzbaurechts zulasten des Grundstücks der Z. Genossenschaft. Allerdings wird die Zusicherung resp. - wenn man so will - die Gegenleistung, an die er, der Kläger, bei

Gutheissung der Klage gebunden sein soll [ ], neu insofern erweitert, als diese nach Wahl der Beklagten - und zur Überwindung des Höhenunterschieds zwischen dem Wohnhaus und der angedachten Doppelgarage - nunmehr auch die Erstellung eines Personenlifts auf seine, des Klägers, Kosten oder aber die Bezahlung eines (doppelt so hohen) Fixbetrages von Fr. 200'000.00 umfasst.

bb) Entgegen der Auffassung des Klägers liegt darin nicht bloss eine Einschränkung bzw. Reduktion seines bisherigen Begehrens. Wohl mag es bezogen auf eine Verhandlungssituation ein minus bedeuten, wenn von der Gegenpartei Gleiches verlangt, dieser im Gegenzug aber mehr zugestanden wird. Darauf kommt es indessen bei der Beurteilung der Klageänderung im gerichtlichen Verfahren nicht an: Massgebend ist einzig, ob die ursprüngliche Leistungsklage durch die inhaltliche Änderung eine Einschränkung erfährt. Diese lautete hier auf Abgabe mehrerer Willenserklärungen im Austausch gegen die bindende Zusicherung von zwei alternativen Gegenleistungen. In diesen Gegenleistungen war die Erstellung eines Personenlifts oder die Zahlung eines Fixbetrages von Fr. 200'000.00 offenkundig nicht mitenthalten. Mit der Formulierung seiner Klagebegehren Ziff. 1-3 sowie in der dazu gegebenen Begründung brachte der Kläger im Gegenteil klar und deutlich zum Ausdruck, dass er die "Luxuslösung" (gemeint mit Personenaufzug), wie er sie den Beklagten in den vorprozessualen Verhandlungen noch angeboten hatte, im vorliegenden Gerichtsverfahren nicht zum Streitgegenstand machen wollte. Demzufolge brauchten sich die Beklagten weder dazu zu äussern noch dagegen zu verteidigen und brauchte die Vorinstanz ebenso wenig zu prüfen, ob der behauptete Anspruch auf Verlegung allenfalls bestünde, wenn die Beklagten im Gegenzug auch einen Personenlift oder einen höheren Fixbetrag von beispielsweise Fr. 200'000.00 erhalten würden. Es wäre daher mit dem hier geltenden Dispositionsgrundsatz

(Art. 58 ZPO; vgl. auch Leuenberger/Uffer-Tobler, Schweizerisches Zivilprozessrecht,

2. Aufl., N 4.1 ff.) nicht vereinbar gewesen, wenn die Vorinstanz die Klage in Form der jetzigen Berufungsbegehren Ziff. 2-4 gutgeheissen hätte. Im Rahmen dieses Grundsatzes - der das prozessuale Gegenstück zur Privatautonomie bildet - ist es Sache des Klägers zu entscheiden, in welchem Umfang er seine Rechte vor Gericht geltend machen will (Sutter-Somm/Seiler, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger,

ZPO Komm., 3. Aufl., Art. 58 N 8 ff.). Das Gericht darf ihm deshalb nicht mehr und vor allem auch nichts anderes zusprechen, als er basierend auf seiner diesbezüglichen Entscheidung in seinem Rechtsbegehren verlangt (Art. 58 Abs. 1 ZPO). In seiner Klage legte sich der Kläger auf bestimmte Gegenleistungen seinerseits fest. Indem er diese im Berufungsverfahren gegen neue, erweiterte Gegenleistungen austauscht, verlangt er nunmehr aber gerade etwas anderes als noch vor erster Instanz. Er nimmt von seiner Klage nicht teilweise Abstand, sondern fügt dieser neue Elemente hinzu. Dadurch macht er im Berufungsverfahren einen anderen Rechtsschutzanspruch geltend und vollzieht dementsprechend eine Klageänderung i.S.v. Art. 317 Abs. 2 ZPO.

cc) Dass von einer Klageänderung auszugehen ist, ergibt sich auch noch unter einem anderen Aspekt, nämlich demjenigen der Aufgabe der Berufungsinstanz: Diese besteht darin, den angefochtenen Entscheid daraufhin zu prüfen, ob die Vorinstanz auf der Basis des ihr im Rahmen der prozessualen Bestimmungen gehörig Vorgebrachten den Sachverhalt richtig festgestellt und ob sie das Recht richtig angewendet hat (vgl. Art. 310 ZPO). Nicht mehr diese (Kontroll-)Aufgabe käme dem Berufungsgericht aber zu, wenn man der klagenden Partei ungeachtet der Voraussetzungen der Klageänderung gemäss Art. 317 Abs. 2 ZPO ermöglichen würde, vom Gericht durch eine Anpassung der "Gegenleistung" als Grundlage des angefochtenen Entscheids eine Korrektur des an sich fehlerfreien Entscheids zu verlangen.

dd) Der anwaltlich vertretene Kläger äussert sich nicht dazu, inwiefern die Voraussetzungen für eine Klageänderung im Berufungsverfahren gegeben seien, falls sein Vorgehen wider Erwarten als eine solche zu qualifizieren wäre. Dies ist denn auch nicht ersichtlich. Der Zweck der Klageänderung liegt darin, die Klage an geänderte Umstände und Bedürfnisse anzupassen, und nicht etwa darin, Verpasstes nachzuholen (BGer 5A_793/2014 E. 3.2.6). Hier beabsichtigt der Kläger aber gerade Letzteres,

indem er sich durch die Klageänderung ein zusätzliches Mittel zu verschaffen versucht, um den Entscheid der Vorinstanz angreifen zu können. Vor erster Instanz hatte er es noch für unnötig erachtet, die Verlegung der fraglichen Grunddienstbarkeiten gegen

Zusicherung entweder der Erstellung eines Personenlifts oder der Zahlung eines höheren Fixbetrages als Fr. 100'000.00 zu verlangen, weil er der Ansicht war, dass die in seinem Rechtsbegehren enthaltenen Gegenleistungen genügen würden, um die Anspruchsvoraussetzungen von Art. 742 ZGB zu erfüllen. Dass sich diese Erwartungen an die gerichtliche Sachbeurteilung nicht erfüllte, rechtfertigt für sich allein keine Klageänderung in zweiter Instanz. Vielmehr musste der Kläger damit rechnen und hätte er bereits wesentlich früher Anlass dazu gehabt, eine Klageänderung vorzunehmen und sein Hauptbegehren etwa um einen entsprechenden Eventualantrag zu ergänzen, und dies erst recht, nachdem die Beklagten in ihrer Klageantwort die Vorteile der angedachten Verlegung, das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen hierfür wie auch das Ausreichen der für die Verlegung offerierten Fr. 100'000.00 bestritten hatten. Die Klageänderung im Berufungsverfahren erweist sich folglich als unzulässig.

3. Sind die Voraussetzungen der Klageänderung nicht gegeben, tritt das Gericht auf die geänderten Teile der Klage nicht ein und beurteilt die ursprüngliche Klage, soweit diese nicht zurückgezogen wurde (Leuenberger, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO Komm., 3. Aufl., Art. 227 N 12; Pahud, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl., Art. 227 N 21;

BSK ZPO-Willisegger, 3. Aufl., Art. 227 N 55; BK-Killias, Art. 227 ZPO N 24). Vorliegend lauten die reformatorischen Berufungsbegehren Ziff. 2-4 bloss auf Gutheissung der geänderten Klage. Ein Eventualantrag auf Beurteilung und Gutheissung der Klage in ihrer ursprünglichen Form fehlt. Auch in der dazugehörigen Begründung argumentiert der Kläger stets mit dem neuen Rechtsschutzanspruch, womit sich daraus ebenfalls kein solcher (impliziter) Antrag ergibt. Gleich verhält es sich mit seinem kassatorischen Eventualbegehren auf Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz. Dieses erfolgt ebenso aus der unzutreffenden Überlegung heraus, dass das höhere "Entschädigungsangebot" der Vorinstanz bereits mitunterbreitet worden sei. Jedenfalls wird es aus diesem Grund nicht weiter begründet und verliert der Kläger letztlich kein Wort dazu, inwiefern die Voraussetzungen von Art. 318 Abs. 1 lit. c ZPO (in Bezug auf die ursprüngliche Klage) gegeben sein sollten. Demzufolge lässt sich auch daraus nicht ableiten, dass der Kläger im Falle eines Nichteintretens auf die Klageänderung an seiner ursprünglichen Klage festhalte. Er hat Letztere im Berufungsverfahren vielmehr fallen gelassen. Auf die Berufung ist daher insgesamt nicht einzutreten (Art. 59 Abs. 1

ZPO e contrario). Aus prozessökonomischen Gründen folgen Ausführungen dazu, weshalb der Berufung selbst bei Zulässigkeit der Klageänderung [ ] kein Erfolg beschieden wäre.

III.

1. Vor Vorinstanz berief sich der Kläger zur Begründung seiner Rechtsbegehren einzig

auf Art. 742 ZGB ("III. Verlegung der Belastung"). [...]

2.a) Die Vorinstanz liess zunächst offen, ob die Verlegung von Grunddienstbarkeiten auf das Grundstück eines Dritten in analoger Anwendung von Art. 742 Abs. 1 ZGB überhaupt möglich sei. Der Wortlaut von Art. 742 Abs. 1 ZGB spricht für sich genommen bloss von einer Verlegung auf eine andere, für den Berechtigten nicht weniger geeignete Stelle des belasteten Grundstücks (vgl. BGE 88 II 150 E. 3). Gleichwohl sind sich Lehre und Rechtsprechung darin einig, dass in extensiver Auslegung und analoger Anwendung dieser Norm auch eine Verlegung auf ein anderes Grundstück des belasteten Eigentümers möglich sein soll (BGE 88 II 150 E. 4; ZK-Liver, Art. 742 ZGB N 37; BSK ZGB II-Petitpierre, Art. 742 N 4; BK-Leemann, 1925, Art. 742

ZGB N 10; Pellascio, OFK-ZGB, 3. Aufl., Art. 742 N 13; CHK-Göksu, 3. Aufl., Art. 742 ZGB N 7; Riemer, Die beschränkten dinglichen Rechte, 2. Aufl., § 12 N 15; Piotet, SPR V/1, S. 589; Steinauer, Les droits réels,

Tome II, 4. éd.,, N 2309g). Darüber hinaus wollen der vom Kläger mehrfach zitierte Peter Liver (Zürcher Kommentar, Art. 742 ZGB N 44 ff.) und mit ihm weitere Autorinnen und Autoren (Pellascio, OFK-ZGB, Art. 742 N 5 und 13; Riemer, a.a.O., § 12 N 15;

KUKO ZGB-Schmid-Tschirren, 2. Aufl., Art. 742 N 8; a.A. BK-Leemann, Art. 742 ZGB

N 10) auch eine Verlegung auf das Grundstück eines Dritten zulassen, sofern dieser die Zustimmung dazu erteilt. Das Bundesgericht hat eine Ausdehnung des Art. 742 ZGB

per analogiam auf diesen Tatbestand anfänglich abgelehnt (Urteil vom 16. Februar 1950 i.S. Renfer gegen Zesiger [erwähnt in: BGE 88 II 150 E. 3]), dies in der Folge allerdings nicht bestätigt. Entgegen der Auffassung des Klägers hat es die Möglichkeit einer Verlegung der Dienstbarkeit auf das Grundstück eines Dritten seither aber auch nicht implizit bejaht, sondern in BGer 5C.199/2002 E. 4 vielmehr im klassischen Sinne offengelassen, weil es im damals zu beurteilenden Fall ohnehin an einer anderen Voraussetzung fehlte (vgl. schon BGE 88 II 150 E. 3). Gleich (im Sinne der Nichtbeantwortung der Frage der Verlegung auf ein Drittgrundstück) verhält es sich auch vorliegend:

b) Die Verlegung einer Dienstbarkeit auf das Grundstück eines Dritten kommt jedenfalls nur dann in Frage, wenn die neue Stelle für den Berechtigten (bzw. für die Dienstbarkeitsausübung) "nicht weniger geeignet" ist als die bisherige (Art. 742

Abs. 1 ZGB; vgl. auch den französischen Text: "où elle ne s'exercerait pas moins commodément"). In Art. 742 Abs. 1 ZGB liegt ein besonderer (und erweiterter) Anwendungsfall des Grundsatzes, dass der Dienstbarkeitsberechtigte sein Recht in möglichst schonender Weise auszuüben hat (vgl. Art. 737 Abs. 2 ZGB; BGE 88 II 150

E. 4; Piotet, SPR V/1, S. 587; BSK ZGB II-Petitpierre, Art. 742 N 1; BK-Leemann, Art. 742 ZGB N 2). Der Eigentümer des belasteten Grundstücks soll in dessen

Gebrauch, Nutzung und Verbesserung nur soweit eingeschränkt werden, als dies für eine dem Inhalt und Zweck der Dienstbarkeit entsprechende Anwendung des Rechts nötig ist (ZK-Liver, Art. 742 ZGB N 1; BGer 5C.275/2000 E. 3.a.; BGer 5C.91/2004

E. 5.1). Dieses Gebot würde der Berechtigte missachten, wenn er die Ausübung, die für den Belasteten weniger beschwerlich, für ihn aber nicht weniger günstig wäre, ablehnte (ZK-Liver, Art. 742 ZGB N 10 m.w.H.). Entsprechend soll er sich einer für den Eigentümer des belasteten Grundstücks vorteilhaften Verlegung nicht widersetzen können, wenn ihm daraus selbst kein nennenswerter Nachteil erwächst. Trotz der gesetzlichen Formulierung ("nicht weniger geeignet" bzw. "nicht weniger bequem") sind die entgegenstehenden Interessen insofern gegeneinander abzuwägen

(Art. 4 ZGB), als abhängig vom Interesse des Belasteten kleinere Verschlechterungen zu Lasten des Dienstbarkeitsberechtigten in Kauf zu nehmen sind, namentlich, wenn sie durch anderweitige Vorteile kompensiert werden (vgl. BGer 5C.275/2000 E. 3.a;

BGer 5C.91/2004 E. 5.1; ZK-Liver, Art. 742 ZGB N 32; BSK ZGB II-Petitpierre, Art. 742

N 10; CHK-Göksu, Art. 742 ZGB N 4). Erhebliche Nachteile braucht der Berechtigte hingegen selbst dann nicht hinzunehmen, wenn die Verlegung für den Belasteten von sehr grossem, ja sogar weit überwiegendem Interesse ist, weil sie ihm etwa die Überbauung seines Grundstücks ermöglichen würde (ZK-Liver, Art. 742 N 33; BSK ZGB II-Petitpierre, Art. 742 N 10; CHK-Göksu, Art. 742 ZGB N 4; KUKO ZGB-Schmid- Tschirren, Art. 742 N 5).

3.

[ ]

b) Dass es, wie die Vorinstanz befand, einen erheblichen Nachteil darstelle, wenn die Beklagten zu Fuss und mit dem Auto nicht mehr direkt (d.h. ebenerdig) zu ihrem Wohnhaus und der eingebauten Garage gelangen könnten, kritisiert der Kläger nicht, versucht er diesen Nachteil doch gerade dadurch abzufedern, dass er den Beklagten zur Überwindung des Höhenunterschieds von im Minimum vier bis fünf Metern nunmehr wiederum einen Personenaufzug zugestehen will. Die Vorinstanz hätte betreffend den Grund, weshalb hier von unerheblichen Nachteilen oder kleineren Verschlechterungen keine Rede sein kann, allerdings bereits früher ansetzen können, sodass es auf den vorerwähnten Gesichtspunkt gar nicht mehr angekommen wäre:

aa) Die Verlegung der streitigen Fuss- und Fahrwegrechte, d.h. der Flächen, auf denen sie gegenwärtig ausgeübt werden, auf die gemäss dem Vertragsentwurf vom

21. Oktober 2015 vorgesehene Stelle auf dem Grundstück der Z. Genossenschaft bietet den Beklagten für sich genommen nämlich noch keinen und erst recht keinen gleichwertigen Ersatz. Dadurch werden ihnen bloss die Zufahrt und der Zugang bis an

ihre nordwestliche Grundstücksgrenze ermöglicht, nicht aber auf ihr Grundstück selber, da sich im anliegenden Bereich desselben ein steiler Hang befindet, der aktuell weder

befahr- noch begehbar ist. Isoliert betrachtet hätte die Verlegung daher sogar zur Folge, dass die Beklagten nicht mehr über einen hinreichenden Weg von ihrem Grundstück auf eine öffentliche Strasse verfügten (vgl. Art. 694 Abs. 1 und 2 ZGB). Um im Rahmen der vom Kläger angestrebten Verlegung überhaupt von einem genügenden

- und gleichwertigen oder, wie dieser meint, sogar besseren - Ersatz sprechen zu können, müssten im unbebauten nordwestlichen Bereich des beklagtischen Grundstücks zumindest eine (Doppel-)Garage und ein Fussweg mit Treppe (sowie allenfalls ein Personenaufzug) erstellt werden. Voraussetzung für die Durchführbarkeit der Verlegung wäre mithin eine grössere bauliche Umgestaltung des berechtigten Grundstücks. Eine solche lässt sich nicht ohne oder gegen den Willen der betroffenen Grundstückeigentümer auf dem Wege der Verlegung durchsetzen (ZK-Liver, Art. 742 ZGB N 5 und 35; vgl. auch KUKO ZGB-Schmid-Tschirren, Art. 742 N 9; BK-Leemann, Art. 742 ZGB N 7). Vielmehr stellt bereits ihre Notwendigkeit für die Berechtigten einen erheblichen Nachteil dar, den auch kein noch so grosses Verlegungsinteresse des Belasteten zu rechtfertigen vermöchte; dies umso mehr als Letzterer sein Grundstück hier wohlwissend um die Belastungen und deren Auswirkungen auf die Überbaubarkeit erwarb.

bb) Die zweitinstanzliche Beurteilung der ursprünglichen Klage hätte daher ebenso

wenig zu

deren Gutheissung geführt wie die Zulassung der Klageänderung im Berufungsverfahren. So oder anders kann der Kläger die Verlegung der Fuss- und Fahrwegrechte auf die von ihm beabsichtigte Stelle nicht in analoger Anwendung von Art. 742 ZGB erzwingen. Als Ausfluss des Gebots schonender Rechtsausübung

(Art. 737 Abs. 2 ZGB) haben die Beklagten als Eigentümer des berechtigten Grundstücks die Dienstbarkeiten an denjenigen Stellen des belasteten Grundstücks auszuüben, welche dessen Eigentümer am wenigsten stören, nicht aber ihr eigenes Grundstück derart umzugestalten, dass die Dienstbarkeiten obsolet werden (vgl. BGE 113 II 151 E. 4; Pellascio, OFK-ZGB, Art. 737 N 11 f.; KUKO ZGB-Schmid-Tschirren, Art. 737 N 8 f.; ZK-Liver, Art. 737 ZGB N 45). Daran ändert nichts, dass sich der Kläger in etwas umständlicher Art und Weise bereit erklärt(e), die hierfür notwendigen Kosten zu übernehmen.

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