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Urteil Kantonsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils BO.2015.15: Kantonsgericht

Die Klägerin K. behauptet, dass der Verstorbene ihr eine Schenkung über 1 Mio. Franken versprochen habe und die Bank B. angewiesen habe, dies zu überweisen. Die Bank verlangte jedoch einen Totenschein und eine Erbenbescheinigung. Der Bruder des Verstorbenen bestritt die Schenkung und forderte eine Rückzahlung. Es wird diskutiert, ob die vorgelegten Dokumente echt sind und ob die Schenkung gültig war. Es gibt Zweifel an der Echtheit der Dokumente aufgrund von Inkonsistenzen. Die Klage wird abgewiesen, da nicht nachgewiesen werden konnte, dass ein gültiger Schenkungsvertrag zustande gekommen ist.

Urteilsdetails des Kantongerichts BO.2015.15

Kanton:SG
Fallnummer:BO.2015.15
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Zivilkammern (inkl. Einzelrichter)
Kantonsgericht Entscheid BO.2015.15 vom 15.06.2016 (SG)
Datum:15.06.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 178 ZPO (SR 272): Die Beweislast für die Echtheit einer Urkunde trägt jene Partei, die sich auf das Dokument beruft. Indes ist die Echtheit nur zu beweisen, wenn sie von der anderen Partei ausreichend begründet bestritten wird. Die Bestreitung hat substantiiert zu erfolgen und beim Gericht ernsthafte Zweifel an der Authentizität des Dokumentes zu wecken. Der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck von Art. 178 ZPO, nämlich rein vorsorgliche, pauschale oder gar schikanöse Echtheitsbestreitungen zu verhindern, spricht jedoch gegen allzu hohe Anforderungen an die Bestreitung.Art. 6, Art. 243 Abs. 1 und Art. 244 OR (SR 220): Der Schenkungsvertrag kommt nur und erst mit Annahme der Schenkungsofferte durch den Beschenkten zustande. Sind mit der Schenkung keine Auflagen oder Bedingungen verbunden, gilt sie in der Regel als angenommen, wenn sie nicht binnen angemessener Frist abgelehnt wird. Der Schenker kann die Zuwendung bis zum Eintreffen der Annahmeerklärung des Beschenkten bzw. bis zum Ablauf der angemessenen Frist jederzeit zurückziehen. Stirbt der Schenker vor Ablauf dieser Frist, kommt kein gültiger Schenkungsvertrag zustande (Kantonsgericht, III. Zivilkammer, 15. Juni 2016, BO.2015.15).
Schlagwörter : Schenkung; Echtheit; Schenkungsversprechen; Annahme; Dokument; Beweis; Dokumente; Franken; Urkunde; Schweizer; Schenker; Frist; Verstorbene; Bestreitung; Glaubhaftmachung; Begleitschreiben; Schenkungsvertrag; Recht; Sinne; Urkunden; Zweifel; Beweismass; Zahlungsauftrag; Verstorbenen; Forderung; Regel; Unterschrift; Schweizerisches
Rechtsnorm:Art. 178 ZPO ;Art. 239 OR ;Art. 243 OR ;Art. 244 OR ;Art. 6 OR ;Art. 8 ZGB ;Art. 82 KG ;Art. 83 KG ;
Referenz BGE:114 II 36; 130 III 321; 132 III 140; 136 III 142; 138 III 232; 96 II 79;
Kommentar:
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Entscheid des Kantongerichts BO.2015.15

Sachverhalt (Zusammenfassung):

V. verstarb am 13. Mai 20.. in G. Die Klägerin K. macht geltend, der Verstorbene habe ihr wenige Tage vor seinem Ableben, am 5. Mai 20.., eine Schenkung über 1 Mio. Franken versprochen und der Bank B. eine entsprechende Zahlungsanweisung gegeben. Mit Schreiben vom 17. und 26. Mai 20.. forderte K. die Bank B. auf, den Zahlungsauftrag auszuführen. Dem kam die Bank B. nicht nach und verlangte unter Berufung auf das Bankgeheimnis einen Totenschein und eine Erbenbescheinigung, bevor Auskunft über das Bestehen eines allfälligen Kundenverhältnisses zu V. bzw.

allfällig bei ihnen deponierte Vermögenswerte des Verstorbenen gegeben werden könne. Mit Eingabe vom 14. Juli 20.. meldete der damalige Rechtsvertreter von K. die Forderung bei der Gemeindekanzlei G. an, beantragte die Aufnahme ins Nachlassinventar und informierte den testamentarisch als Alleinerben eingesetzten Bruder des Verstorbenen, B., entsprechend. Dieser bestritt mit Schreiben vom 20. Juli 20.. den geltend gemachten Anspruch und forderte die Rückzahlung von Fr. 10'000.00, welche K. vom Konto des Verstorbenen abgehoben habe.

Aus den Erwägungen: III.

[ ]

  1. Die Klägerin bringt ferner vor, die Vorinstanz habe verschiedentlich das Recht unrichtig angewendet sowie den Sachverhalt fehlerhaft festgestellt. So habe sie fälschlicherweise angenommen, der Beklagte habe seine Bestreitungen der Echtheit der eingereichten Dokumente ausreichend im Sinne von Art. 178 ZPO begründet, und ihr, der Klägerin, deshalb zu Unrecht den Regelbeweis für die Echtheit der massgeblichen Urkunden auferlegt. Vielmehr könne sie als Klägerin die Vermutung der Echtheit von Art. 178 ZPO in Anspruch nehmen, da anderes vom Beklagten nicht rechtsgenüglich glaubhaft gemacht worden sei, also nicht dargetan sei, dass die Echtheit der Dokumente weniger wahrscheinlich sei als deren Fälschung.

    1. Die Beweislast für die Echtheit einer Urkunde trägt nach allgemeiner Regel ( Art. 8 ZGB) jene Partei, die sich auf das Dokument beruft (Art. 178 ZPO). Indes ist die Echtheit nur zu beweisen, wenn sie von der anderen Partei ausreichend begründet bestritten wird. Die Bestreitung kann nicht bloss pauschal, sondern muss substantiiert erfolgen und beim Gericht ernsthafte Zweifel an der Authentizität des Dokumentes (Inhalt Unterschrift) wecken (Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006, 7322; BK-Rüetschi, N 2 f. zu Art. 178 ZPO; Staehelin/Staehelin/ Grolimund,

      Zivilprozessrecht, § 18 N 99; BSK ZPO-Dolge, Art. 178 N 2; Leuenberger/Uffer-Tobler, Schweizerisches Zivilprozessrecht, N 9.97; Gasser/ Rickli, ZPO Kurzkommentar, Art. 178 N 2 f.; KUKO ZPO-Schmid, Art. 178 N 2). In der Lehre wird in diesem

      Zusammenhang teilweise der Begriff "Glaubhaftmachung" genannt, wobei jeweils nicht die Unechtheit der Urkunden, sondern die Umstände Indizien, welche beim Gericht ernsthafte Zweifel an der Echtheit erwecken (Schönmann, OFK-ZPO, Art. 178

      N 1; KUKO ZPO-Schmid, Art. 178 N 2), die Zweifel selbst glaubhaft gemacht

      werden sollen (Weibel, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO Komm.,

      Art. 178 N 6). Einzig Rüetschi scheint für die "Bestreitung der Echtheit der Urkunde [ ] das Beweismass der Glaubhaftmachung als genügend" und möglicherweise auch erforderlich zu erachten (BK-Rüetschi, N 2 f. zu Art. 178 ZPO), wobei er sich auf die soeben erwähnten Stellen bei Weibel und Schmid bezieht, welche diese Aussage gerade nicht enthalten, und ausserdem die Festlegung eines Beweismasses für die Bestreitung unüblich ist. Indessen verweisen alle drei Autoren auf BGE 132 III 140, wonach der Richter gestützt auf die vom Gläubiger vorgelegten Urkunden die provisorische Rechtsöffnung ausspricht, wenn die Fälschung nicht sofort glaubhaft gemacht wird (E. 4.1.2). Allerdings ergibt sich beim Rechtsöffnungsverfahren die Erforderlichkeit des Glaubhaftmachens nicht aus Art. 178 ZPO, sondern ist in Art. 82 Abs. 2 SchKG festgeschrieben. Ein strengerer Massstab scheint hier durchaus angebracht, steht es dem Betriebenen doch weiterhin offen, in einem ordentlichen Prozess auf Aberkennung der Forderung zu klagen (Art. 83 Abs. 2 SchKG). Dagegen spricht der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck von Art. 178 ZPO, nämlich rein vorsorgliche, pauschale gar schikanöse Echtheitsbestreitungen zu verhindern (Schönmann, OFK-ZPO, Art. 179 N 1; Müller, DIKE-Komm-ZPO, Art. 178 N 5; Weibel, a.a.O., Art. 178 N 6), gegen allzu hohe Anforderungen an die Bestreitung (so auch Müller, mit dem Hinweis auf die nach wie vor massgebliche Grundregel von Art. 8 ZGB [a.a.O., Art. 178 N 5] sowie Schweizer, welcher von einem variablen Beweismass der Glaubhaftmachung in Abhängigkeit der relativen Kosten einer fehlerhaften Gewährung Verweigerung des Antrags ausgeht [Das Beweismass der Glaubhaftmachung, in: ZZZ, 2014/2015, S. 3 ff.] und Leuenberger, für den sich bei der Glaubhaftmachung der Grad des Beweismasses aufgrund des gesetzgeberischen Zwecks der betreffenden Norm ergebe [Glaubhaftmachen, in: Leuenberger {Hrsg.}, Der Beweis im Zivilprozess, La preuve dans le procès civil, S. 118 ff.]). In BGer 5A_586/2011 hat das Bundesgericht jedenfalls offen gelassen, ob und in welchem Umfang die Glaubhaftmachung ein strengerer Massstab ist als die "ausreichend begründete Bestreitung" im Sinne von Art. 178 ZPO (E. 2.4.2). Letztlich kann diese Frage wie die folgenden Erwägungen zeigen

      auch hier offen bleiben; denn glaubhaft gemacht ist eine Tatsache schon dann, wenn für deren Vorhandensein gewisse Elemente sprechen, selbst wenn das Gericht mit der Möglichkeit rechnet, dass sie sich nicht verwirklicht haben könnte (BGE 138 III 232 E. 4.1.1; BGE 130 III 321 E. 3.3).

    2. Um die eingeklagte Forderung zu beweisen, legt die Klägerin unter anderem die Kopie eines Zahlungsauftrags von V. an die Bank B. mit teilweise abgedecktem Begleitschreiben, das Doppel des Begleitschreibens sowie ein Schreiben von V. an sie, die Klägerin, ins Recht. Sie habe diese Dokumente am 5. Mai 20.. gemäss den Instruktionen von V. abgefasst und dieser habe sie dann eigenhändig unterzeichnet. Der Beklagte bestreitet die Echtheit der Unterschriften auf diesen Dokumenten sowie dass der Inhalt dieser Dokumente, also im Wesentlichen die Überweisung von 1 Mio. Franken als Schenkung an die Klägerin, dem Willen von V. entspreche. Dabei verweist er auf verschiedene Umstände und Indizien, welche gegen die behauptete Schenkung sprechen würden. Im Folgenden ist im Einzelnen zu prüfen, ob diese Vorbringen ausreichen, um ernsthafte Zweifel an der Authentizität der Dokumente zu wecken.

    3. Indizien, die gegen die Echtheit der fraglichen Urkunden sprechen, ergeben sich bereits aus diesen selbst. So unterscheiden sich die angeblich von V. stammenden Unterschriften auf den verschiedenen Dokumenten (Zahlungsauftrag, Begleitschreiben, Schreiben an die Klägerin), welche alle am gleichen Abend entstanden sein sollen, erheblich. Weiter hat O. auf den Begleitschreiben die "handschriftliche Ausführung dieser Verfügung durch Herrn V." bestätigt, obwohl dies unbestrittenermassen nicht zutrifft. Hinzu kommt, dass die Unterschrift des Verstorbenen völlig ohne jeglichen Zusammenhang zum Text zur Grussformel an den unteren Rand des Blattes gesetzt wirkt. Unerklärlich ist zudem, weshalb die Klägerin diese Schreiben zweimal in identischer Form handschriftlich verfasst hat, wenn es offensichtlich auch möglich war, vor dem Versenden an die Bank B. eine Fotokopie davon zu erstellen. Weiter ist es ziemlich unglaubwürdig, dass jemand eine Vergütung über 1 Mio. Franken zulasten seines Bankkontos in Auftrag gibt, wenn dieses Konto gerade einmal ein Guthaben von rund Fr. 10'000.00 aufweist, welches er dann auch noch bevor die Bank B. Kenntnis vom Zahlungsauftrag erlangte am Bankomaten in bar bezieht. Der Verstorbene hatte zwar durchaus ein Vermögen von mehr als 1 Mio. Franken, dieses war jedoch im Wesentlichen in Wertschriften (und einer Immobilie) angelegt. Es ist schwer vorstellbar,

    dass er in dieser Situation seine Bank B. beauftragte, 1 Mio. Franken "per sofort!" an eine Drittperson auszuhändigen, ohne nähere Angaben über die Modalitäten zu machen um Kontaktaufnahme (mit ihm) zu bitten. Allein diese Umstände und Anhaltspunkte lassen ernsthafte Zweifel an der Echtheit der Urkunden aufkommen.

    [ ]

  2. Die Klägerin begründet ihre Forderung damit, dass V. ihr vor seinem Tod 1 Mio. Franken geschenkt habe. Somit gilt es im Folgenden zu prüfen, ob ihr der Beweis für die behauptete Schenkung gelingt. Dabei ist mit der Vorinstanz davon auszugehen auf die entsprechenden Erwägungen kann verwiesen werden - dass nur ein Schenkungsvertrag (unter Lebenden) in Betracht fällt, der Schenker handlungsfähig war, trotz Anweisung keine Schenkung von Hand zu Hand vorliegt und einzig das persönliche Schreiben an die Klägerin, zumindest im Zusammenhang mit dem Begleitschreiben an die Bank B., als formgültiges schriftliches Schenkungsversprechen angesehen werden könnte.

  1. Das Schenkungsversprechen bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form (Art. 243 Abs. 1 OR). Als rechtsgeschäftliche Erklärung muss es an den Empfänger gerichtet sein und ihm zukommen (BK-Becker, N 2 zu Art. 243 OR). Das nicht formgerechte Schenkungsversprechen ist grundsätzlich nichtig (Schönenberger, Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, N 5 zu Art. 243 OR; Huguenin, Obligationenrecht - Allgemeiner und Besonderer Teil, N 369; BK-Becker, N 4 zu Art. 243 OR). Der Schenkungsvertrag kommt nur und erst mit Annahme der

    Schenkungsofferte durch den Beschenkten zustande (BGE 136 III 142 E. 3.3; BGE 114 II 36 E. 2.b; BSK OR-Vogt/ Vogt, Art. 239 N 3). Die Annahme muss zu Lebzeiten des Schenkers erfolgen (BGE 96 II 79 E. 8.c; BSK OR-Vogt/Vogt, Art. 244 N 1; Schönenberger, a.a.O., N 2 zu Art. 239 OR; Cavin, Schweizerisches Privatrecht VII/1, S. 184). Sind mit der Schenkung keine Auflagen Bedingungen verbunden, gilt sie in der Regel als angenommen, wenn sie nicht binnen angemessener Frist abgelehnt wird (Art. 6 OR; BSK OR-Vogt/Vogt, Art. 244 N 1; Huguenin, a.a.O., N 2870; Koller, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, Band I, Die einzelnen Vertragsverhältnisse Art. 184-318 OR, § 7 N 33). In Abänderung der allgemeinen Grundsätze über Offerte und Annahme (Art. 3 ff. OR) kann der Schenker die

    Zuwendung bis zum Eintreffen der Annahmeerklärung des Beschenkten bzw. bis zum Ablauf der angemessenen Frist jederzeit zurückziehen (Art. 244 OR; Koller, a.a.O., § 7 N 35; BK-Becker, N 1 zu Art. 244 OR; BSK OR-Vogt/Vogt, Art. 244 N 1; Schönenberger, a.a.O., N 2 zu Art. 244 OR; Cavin, a.a.O., S. 183). Stirbt der Schenker vor Ablauf dieser Frist, kommt kein gültiger Schenkungsvertrag zustande, weshalb der Beschenkte keinen klagbaren Anspruch gegen die Erben des Schenkers hat (BSK ORVogt/Vogt, Art. 244 N 1).

  2. Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass es sich beim Schreiben an die Klägerin, sollte es echt sein, zumindest im Zusammenhang mit dem Begleitschreiben an die Bank B., um ein schriftliches Schenkungsversprechen handelt. Gemäss den Behauptungen der Klägerin wurde dieses Schriftstück am 5. Mai 20.. erstellt und von V. unterzeichnet, ihr jedoch nicht direkt persönlich übergeben, sondern per Einschreiben zugestellt, wobei V. das fragliche Kuvert erst am Freitag den 7. Mai 20.. zur Post gebracht habe. Die Klägerin legt nicht dar, wann sie das Schreiben erhalten hat. Berücksichtigt man, dass die schweizerische Post eingeschriebene Sendungen, die an einem Freitag aufgegeben werden, in der Regel am darauffolgenden Montag zustellt bzw., wenn die Zustellung nicht möglich war, gemäss der Empfangstheorie gemeinhin jener Tag, welcher auf den Tag des vergeblichen Zustellungsversuchs folgt, als Zugangstag gilt (Huguenin, a.a.O., N 184 ff.), ist es denkbar, wenn auch nicht bewiesen, dass der Klägerin das Schenkungsversprechen noch vor dem Tod des (mutmasslichen) Schenkers zugekommen ist. Dass sie die Schenkung nach Eingang des schriftlichen Schenkungsversprechens ausdrücklich angenommen hat, behauptet sie nicht. Somit kommt nur eine stillschweigende Annahme mit Ablauf einer angemessenen Frist im Sinne von Art. 6 OR in Betracht. Daran würde auch nichts ändern, wenn die Klägerin V. am 5. Mai 20.. mitgeteilt hätte, sie nehme die Schenkung an (bzw. wenn der Klägerin der Beweis für diese Behauptung gelingen würde, was jedoch ohnehin nicht der Fall ist, wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen). Zum Zeitpunkt der behaupteten Annahme war ihr noch kein gültiges Schenkungsversprechen zugegangen, womit auch kein Schenkungsvertrag entstehen konnte. Auch die Klägerin geht davon aus, dass V. ihr das Schenkungsversprechen vielleicht deshalb nicht direkt nach dem Erstellen übergeben hatte, weil er sich die Zeit habe nehmen wollen, um nochmals darüber nachzudenken. Von einer antizipierten Annahme, wie sie allenfalls für andere Vertragsverhältnisse in Frage kommt, ist bei

einem Schenkungsvertrag grundsätzlich nicht auszugehen, da andernfalls die Schutzwirkung von Art. 244 OR (Widerrufsrecht des Schenkers) umgangen werden könnte. Die vorab erklärte Annahme eines in Aussicht gestellten konkreten Schenkungsversprechens wäre aber immerhin bei der Bemessung der angemessenen Frist im Sinne von Art. 6 OR verkürzend zu berücksichtigen. Grundsätzlich ist dem Oblaten bei einer offerierten Schenkung von 1 Mio. Franken eine Bedenkund Übermittlungsfrist (vgl. BK-Schmidlin, N 59 zu Art. 6 OR; Schwenzer, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, N 28.40) von mindestens einigen Tagen zuzugestehen, sind doch durchaus auch Gründe abzuwägen, die gegen die Annahme eines so hohen Betrags sprechen. So überlegt sich jemand vielleicht, eine solche Summe nicht anzunehmen, weil er die Herkunft des Geldes nicht genau kennt, Auseinandersetzungen mit (vermeintlich) anderen Berechtigten (Steuer-)Behörden fürchtet, die Verantwortung Verwaltung nicht übernehmen will insbesondere wenn es sich anstelle von Bargeld auch um Wertschriften handeln könnte andere (allenfalls moralische) Bedenken hat. Hier wäre aufgrund der konkreten Umstände, selbst wenn man die (allerdings ohnehin nicht bewiesene) antizipierte Annahme berücksichtigen würde, von einer angemessenen Frist von mindestens drei Tagen auszugehen. Die Klägerin hat das Schreiben wohl am 10. 11. Mai 20.. eventuell auch später, entsprechende Parteibehauptungen fehlen erhalten. V. ist am

13. Mai 20.. verstorben, also möglicherweise noch vor Ablauf einer angemessenen Frist im Sinne von Art. 6 OR, allenfalls gar bevor der Klägerin das Schenkungsversprechen zugegangen ist, womit sie nicht nachgewiesen hat, dass ein gültiger Schenkungsvertrag zustande gekommen ist. Folglich ist die Klage und damit auch die Berufung abzuweisen. [ ]

Quelle: https://www.findinfo-tc.vd.ch

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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