Zusammenfassung des Urteils BO.2013.42: Kantonsgericht
Es geht um die Zuständigkeit des Kreisgerichts St. Gallen in einem internationalen Rechtsstreit, bei dem keine der Parteien in einem LugÜ-Staat wohnt. Es wird diskutiert, ob Art. 18 aLugÜ oder das Schweizerische IPRG die Zuständigkeit regeln. Laut Art. 18 aLugÜ ist das Kreisgericht zuständig, wenn ein Gericht eines LugÜ-Staates angerufen wird, unabhängig vom Wohnsitz der Parteien. Nach dem IPRG kann das schweizerische Gericht zuständig sein, wenn keine Partei in der Schweiz wohnt, aber schweizerisches Recht angewendet werden soll. In diesem Fall darf das Kreisgericht St. Gallen seine Zuständigkeit nicht ablehnen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | BO.2013.42 |
Instanz: | Kantonsgericht |
Abteilung: | Kantonsgericht |
Datum: | 26.03.2014 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 18 aLugÜ (SR 0.275.11) und Art. 6 IPRG (SR 291). Einlassung unter dem LugÜ bzw. IPRG, wenn in einer vermögensrechtlichen Streitigkeit keine der Parteien in einem LugÜ-Staat Wohnsitz hat (Kantonsgericht St. Gallen, |
Schlagwörter : | LugÜ; Wohnsitz; Zuständigkeit; Parteien; LugÜ-Staat; Klage; Kreisgericht; Gallen; Einlassung; Gericht; Aufenthalt; Recht; Titeln; Handlung; Bereicherung; Kreisgerichts; Wortlaut; Lehre; Schweiz; Arrestprosequierung; Zivilkammer; Erwägungen; Gebrauchsleihe; Ausführungen; Vorinstanz |
Rechtsnorm: | Art. 116 IPRG ;Art. 128 IPRG ;Art. 132 IPRG ;Art. 4 IPRG ;Art. 5 IPRG ;Art. 6 IPRG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Aus den Erwägungen
III.
5. Auch unter den Titeln Gebrauchsleihe, unerlaubte Handlung ungerechtfertigte
Bereicherung könnte sich unter dem aLugÜ die Zuständigkeit des Kreisgerichts
St. Gallen einzig aus Art. 18 aLugÜ (rügelose Einlassung) ergeben, da keine der
Parteien in einem LugÜ-Staat Wohnsitz hat (sh. die nicht bestrittenen Ausführungen der Vorinstanz, vi-Entscheid, S. 4, wonach der Kläger Wohnsitz in Costa Rica hat, die Beklagte gemäss Angaben des Klägers im Zeitpunkt der Stellung des Vermittlungsbegehrens unbekannten Aufenthalts, aber ohne schweizerischen Wohnsitz war, mittlerweile ihren Wohnsitz jedoch in den USA angegeben hat).
Nach seinem Wortlaut findet Art. 18 aLugÜ (entspricht Art. 24 im revidierten LugÜ) Anwendung, wenn ein Gericht eines LugÜ-Staates angerufen wird, ohne dass es auf den Wohnsitz/Sitz der Parteien ankommt. In der Lehre wird hingegen vorausgesetzt, dass der Beklagte in einem Vertragsstaat zu wohnen hat, um sich gestützt auf Art. 18 aLugÜ auf eine Klage einlassen zu können. Ein anderer Teil der Lehre ist der Auffassung, dass in Analogie zu Art. 17 aLugÜ (entspricht Art. 23 im revidierten LugÜ)
zumindest eine der Parteien in einem LugÜ-Staat ihren Wohnsitz haben muss. Der
EuGH hat sich zur Frage des räumlichen-persönlichen Anwendungsbereichs bisher noch nicht mit der erforderlichen Klarheit geäussert (Schnyder, LugÜ-Grolimund/ Bachofner, N 7 ff. zu Art. 24 LugÜ; BSK IPRG-Vasella, N 17 zu Art. 6 IPRG; vgl. auch EuGH-Urteil, C-111/09, wonach die Einlassung als eine stillschweigende Prorogation zu verstehen sei und damit zumindest eine der Parteien Wohnsitz in einem LugÜ-Staat haben müsste).
Ist Art. 18 aLugÜ, nach dessen Wortlaut das Kreisgericht St. Gallen, vor welchem sich die Beklagte auf die Klage eingelassen hat, zuständig wäre, nicht anwendbar, so ergibt sich die Zuständigkeit des Kreisgerichts aus dem IPRG, wie im Folgenden auszuführen ist.
Gemäss Art. 6 IPRG begründet in vermögensrechtlichen Angelegenheiten die vorbehaltlose Einlassung die Zuständigkeit des angerufenen schweizerischen Gerichts. Indessen darf aufgrund des klaren Gesetzestextes das Gericht seine Zuständigkeit ablehnen, wenn keine Partei ihren Wohnsitz ihren gewöhnlichen Aufenthalt im entsprechenden Kanton hat und wenn nicht schweizerisches Recht anwendbar ist
(Art. 5 Abs. 3 IPRG), wobei beide Voraussetzungen erfüllt sein müssen (BSK IPRGVasella, N 13 zu Art. 6 IPRG).
Vorliegend hat zwar keine der Parteien Wohnsitz ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz, doch ergibt sich aus ihrem prozessualen Verhalten unmissverständlich (vgl. Art. 116 Abs. 2 IPRG), dass sie schweizerisches Recht anwenden wollen. Eine solche Rechtswahl ist unter den Titeln ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 128 Abs. 2 IPRG) und unerlaubte Handlung (Art. 132 IPRG) nicht ausgeschlossen, weshalb das Kreisgericht St. Gallen seine Zuständigkeit gestützt auf Art. 6 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 IPRG nicht ablehnen darf, zumal ohnehin auch die Arrestprosequierungsklage in international gelagerten, aber nicht unter das LugÜ subsumierbaren Fällen am Arrestort erhoben werden kann, sofern das IPRG keinen anderen Gerichtsstand in der Schweiz vorsieht (Art. 4 IPRG, Kren Kostkiewicz/Penon, Zur Arrestprosequierung im nationalen und internationalen Kontext, BlSchK 2012, S. 213). Die Beklagte hat sich indem sie die Einrede der Unzuständigkeit nicht erhoben, sondern im Gegenteil sogar die materielle
Durchführung beantragt hat gültig und zuständigkeitsbegründend auf die Klage
eingelassen (Klageantwort, S. 2; vi-act. 42, S. 2; B/16).
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