Zusammenfassung des Urteils BO.2011.49: Kantonsgericht
Das Kantonsgericht St. Gallen und das Bundesgericht haben entschieden, dass bei der Auflösung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Regeln der einfachen Gesellschaft anwendbar sind. Es wird festgestellt, dass eine umfassende einfache Gesellschaft nur dann vorliegt, wenn die Partner sich auf einen gemeinsamen Zweck einigen und ihre Vermögenssphären diesem Zweck unterordnen. Eine rein faktische Lebensgemeinschaft reicht nicht aus, um automatisch eine einfache Gesellschaft anzunehmen. Im konkreten Fall konnte die Klägerin nicht nachweisen, dass eine umfassende einfache Gesellschaft bestand, und daher wurde die Klage abgewiesen. Die Gerichtskosten wurden der Klägerin auferlegt.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | BO.2011.49 |
Instanz: | Kantonsgericht |
Abteilung: | Kantonsgericht |
Datum: | 08.10.2012 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 160 ff. i.V.m. Art. 150 Abs. 2 IPRG (SR 291). Art. 530 ff. OR (SR 220). |
Schlagwörter : | Gesellschaft; Lebens; Recht; Müller; Lebensgemeinschaft; Partner; Zweck; Parteien; Regel; Quot; Regelung; Liquidation; Fellmann/; Klage; Aebi-Müller; Büchler; Wille; Einigung; Vertrag; Vereinbarung; Konkubinats; Gemeinschaft; Verhalten; Familie; Regelungen; Rumo-Jungo; Widmer |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 116 IPRG ;Art. 117 IPRG ;Art. 150 IPRG ;Art. 276 ZGB ;Art. 530 OR ;Art. 531 OR ;Art. 536 OR ;Art. 8 ZGB ; |
Referenz BGE: | 108 II 204; 133 III 675; |
Kommentar: | Handschin, Vonzun, Zürcher , Art. 530 OR, 2009 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
2011.49). Das Bundesgericht hat eine gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde abgewiesen, soweit es darauf eingetreten ist (BGer 4A_684/2012 vom 6. Mai 2013)
I.
1. A und B lernten sich Ende der 1980er Jahre in München kennen. Sie führten eine Paarbeziehung, ohne zu heiraten. Es wurde ihnen im Jahr 1994 die gemeinsame Tochter C geboren. Sie hatten verschiedene Wohnsitze in Deutschland, Österreich und zuletzt in X. Der Zeitpunkt, zu welchem eine engere Lebenspartnerschaft verstanden auch als Wohngemeinschaft aufgenommen wurde, ist umstritten, unstreitig indessen spätestens im Jahr 1996. Uneins sind sich die Parteien bezüglich der inneren Stabilität der Beziehung, gemeinsamer Ziele und insbesondere auch der Intensität der wirtschaftlichen Verbindungen. Die Beziehung wurde im Mai 2006 aufgelöst.
[Prozessgeschichte]
II.
[Eintretensvoraussetzungen]
3. Die Parteien sind nicht schweizerischer Nationalität (nahmen jedenfalls unter fremdenpolizeilichem Titel Wohnsitz in der Schweiz, vgl. Replik, S. 8; kläg.act. 40), lernten sich in Deutschland kennen, lebten während der behaupteten Dauer des Konkubinats teils in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Parteien erkennen zu Recht, dass es sich um einen internationalen Sachverhalt handelt, unterlassen indessen Ausführungen zum anwendbaren Recht respektive gehen stillschweigend von der Anwendbarkeit schweizerischen Rechts aus (Berufung, S. 5; Berufungsantwort, S. 6).
Wie sich zeigen wird, ist vorliegend ein Innominatkontrakt respektive die Anwendung des Rechts der einfachen Gesellschaft zu prüfen. Als einfache Gesellschaft erfüllte die vorliegende Gemeinschaft das Kriterium des organisierten Personenzusammenschlusses i.S.v. Art. 150 Abs. 1 IPRG nicht, so dass in jedem Fall die Verweisungsnormen zum Vertragsrecht (Art. 116 ff. IPRG) Anwendung finden (Art. 150 Abs. 2 IPRG, vgl. Vischer, Zürcher Kommentar, N 3, 9 [sinngemäss], 25 zu Art. 150 IPRG; Fellmann/ Müller, Berner Kommentar, N 181 der Vorbemerkungen zu den Art. 530-551 OR). Gemäss diesen kommt primär das Recht zur Anwendung, welches die Parteien wählen (Art. 116 IPRG), bei Fehlen einer Rechtswahl das Recht des engsten Zusammenhangs (Art. 117 IPRG). Eine (späte) Rechtswahl der Parteien kann in ihrem prozessualen Verhalten gesehen werden (vgl. Keller/ Kren-Kostkiewicz, Zürcher Kommentar, N 62 ff. zu Art. 116 IPRG; BK-Fellmann/ Müller, N 185 Vorbemerkungen). Die Frage nach dem engsten Zusammenhang kann mit dem Ort der zuletzt gemeinsam und mit der gemeinsamen Tochter geführten Wohngemeinschaft als Lebensmittelpunkt der Familie auch "Sitz" der behaupteten einfachen Gesellschaft angeknüpft werden (BK-Fellmann/ Müller, N 190 Vorbemerkungen); dies führt zur Anwendung schweizerischen Rechts, womit eine im prozessualen
Verhalten verkörperte Rechtswahlvereinbarung übereinstimmen würde. Angesichts
dieser Übereinstimmung kann offen bleiben, ob der engste Zusammenhang für sich
nicht vielmehr zur Anwendung österreichischen Rechts führen müsste, wurde die Wohngemeinschaft doch während der längsten Periode (1996 bis 2005) in Feldkirch geführt und folgte dem Umzug in die Schweiz schon bald die Trennung (Klage, S. 5).
III.
1. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist im schweizerischen Recht nicht als eigenes Institut geregelt. Eine umfassende Regelung der gegenseitigen Rechte und Pflichten fehlt ebenso wie Regelungen zu Absicherungen, die einem Ehepartner das Güter-, Erboder Sozialversicherungsrecht unter Umständen böte. Dies liegt in einem bewussten Entscheid des Gesetzgebers begründet, jedoch hatte er nicht die Absicht, die Anwendung einzelner jeglicher gesetzlicher Bestimmungen auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft auszuschliessen (Liatowitsch/ Rumo-Jungo, Nichteheliche Lebensgemeinschaft: vermögensund kindesrechtliche Belange, FamPra 2004, 895 ff., 900; Cottier/ Crevoisier, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft als einfache Gesellschaft, AJP 2012, 33 ff., insb. 34 u. 35; Büchler/ Vetterli, Ehe Partnerschaft Kinder, Basel 2007, S. 170 f., Hausheer/ Geiser/ Aebi-Müller, Das Familienrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 3. A., 2006, N 3.14). Gleichzeitig kann aus dem Verzicht der Parteien auf den Eheschluss (und damit auf die entsprechenden Regelungen zur Klärung von vermögensrechtlichen Fragen) nicht geschlossen werden, die Partner würden ihr Zusammenleben allen rechtlichen Regelungen entziehen wollen (BGE 108 II 204 E. 3.a; AebiMüller/ Widmer, Die nichteheliche Gemeinschaft im schweizerischen Recht, Jusletter 12. Januar 2009, N 5; Hausheer/ Geiser/ Aebi-Müller, a.a.O., N 03.21; Liatowitsch/ Rumo-Jungo, a.a.O., S. 900). Weitgehende Einigkeit besteht in Lehre und Rechtsprechung indes, dass zur Regelung der sich stellenden Fragen eine analoge Anwendung der Regelungen des Eherechts ausser Frage steht (Büchler, Vermögensrechtliche Probleme in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, in: Rumo-Jungo/ Pichonnaz, Familienvermögensrecht, Bern, 2003; Aebi-Müller/ Widmer, a.a.O., N 7 bis 9; Liatowitsch/ Rumo-Jungo, a.a.O., S. 901, je m.w.H.).
Im statistischen Regelfall sehen nicht verheiratete Partner von ausdrücklichen Vereinbarungen ab, es ist in solchen Fällen über konkludente Abmachungen zu urteilen. Auch bei Fehlen eines schriftlichen Partnerschaftsvertrages ist in aller Regel das Vorhandensein eines Innominatkontraktes auf Dauer anzunehmen. Welche Regelungen im Einzelfall anzuwenden sind, ist von Fall zu Fall zu entscheiden. Fehlt zu einem bestimmten Problem eine vertragliche Regelung, so wird auf den hypothetischen Willen der Lebenspartner abgestellt. Dieser entspricht vermutungsweise dem dispositiven Gesetzesrecht. Auf den nur konkludent geschlossenen Lebenspartnerschaftsvertrag ist im Einzelfall die jeweils auf die Problemlage passende (dispositive) Regelung anzuwenden, in Frage kommen diverse mögliche Regeln, z.B. das Recht der einfachen Gesellschaft, das des Arbeitsvertrags-, Sachen-, Auftrags-, Schenkungs-, Darlehens-, Bereicherungsrechts etc. (Büchler/ Vetterli, a.a.O., S. 173; Liatowitsch/ Rumo-Jungo, a.a.O., S. 901; Cottier/ Crevoisier, a.a.O., S. 36).
Einigkeit besteht darüber, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft als solche jederzeit einvernehmlich einseitig und formlos aufgelöst werden kann (Büchler, a.a.O., S. 77, Aebi-Müller/ Widmer, a.a.O., N 54 f.). Es fragt sich dann, welche Regelungen bei der vermögensrechtlichen Liquidation der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ohne ausdrückliche vertragliche Grundlage anzuwenden sind. Die Grundsätze des Eheund damit auch des Ehegüterrechts sind wie erwähnt nicht auch nicht analog beizuziehen. Als subsidiäre Lösung ist von einer schlichten Anwendung des Sachenrechts auszugehen, d.h. die ehemaligen Partner nehmen je die Dinge zurück, welche in ihrem Eigentum stehen, Miteigentum wird aufgelöst (AebiMüller/ Widmer, a.a.O., N 58; Büchler, a.a.O., S. 77).
Ob und inwieweit darüber hinaus die konkreten Umstände die Anwendung der Liquidationsregeln über die einfache Gesellschaft erlauben, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Es sind Konkubinatsverhältnisse denkbar, in denen die Partner sich in jeder Beziehung eine so starke Selbständigkeit bewahren, dass für die Annahme einer einfachen Gesellschaft kein Raum bleibt. Von der Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften Mitteln kann nur dort gesprochen werden, wo ein (Bindungs-)Wille besteht, die eigene Rechtsstellung einem gemeinsamen Zweck unterzuordnen, um auf diese Weise einen Beitrag an die Gemeinschaft zu leisten. Auf die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Partnern einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft ist Gesellschaftsrecht stets nur insoweit anwendbar, als ein Bezug zur Gemeinschaft gegeben ist. Daher ist nicht ausgeschlossen, dass zwischen den Partnern nebst der einfachen Gesellschaft noch besondere Auftragsoder sonstige Vertragsverhältnisse bestehen (BGer 4A_482/2007; BGE 108 II 204 E. 4.a; 109 II 228 E. 2.b; Cottier/ Crevoisier, a.a.O., S 36 f.; Fellmann/ Müller, Berner Kommentar, N 157 zu Art. 530 OR).
Die nichteheliche Lebensgemeinschaft kann also eine einfache Gesellschaft sein. Darunter versteht sich die "vertragsmässige Verbindung von zwei [ ] Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder
Mitteln" (Art. 530 Abs. 1 OR). Die Einigung auf bestimmte, gemeinsam zu verfolgende Interessen ist notwendiges, nicht aber hinreichendes Merkmal der einfachen Gesellschaft. Wesentlich ist vielmehr, dass die Gesellschafter ihr künftiges Verhalten auf die Verfolgung des vereinbarten Zwecks ausrichten und die Verwirklichung der zum gemeinsamen Zweck verschmolzenen Interessen aller Gesellschafter fördern (BKFellmann/ Müller, N 65 zu Art. 530 OR). Jeder Gesellschafter hat dazu seinen Beitrag zu leisten (Art. 531 OR). Die einfache Gesellschaft schliesst eine Zweckförderungspflicht mit ein fehlt es an dieser, so liegt keine einfache Gesellschaft vor, ebenso wenig, wenn die Beteiligten zwar einen gemeinsamen Zweck verfolgen, aber sich nicht der Pflicht unterworfen haben, dies als Folge einer gemeinsamen Pflicht zu tun, wenn sich die entsprechenden Zweckverfolgungspflichten unabhängig von einem Gesellschaftsvertrag aus einer bereits bei den Beteiligten bestehenden Gemeinschaft ergeben (Handschin/ Vonzun, Zürcher Kommentar, 2009, N 27 und 29 zu Art. 530 OR). Gleichzeitig ergibt sich aus Art. 536 OR eine besondere Treuepflicht der Gesellschafter (ZK-Handschin/ Vonzun, N 187 zu Art. 530 OR, dazu auch N 1 zu Art. 536 OR; und BKFellmann/ Müller, N 7 zu Art. 536 OR). Die Einigung über den Zweck, dessen gemeinsame Verfolgung als Gegenstand einer vertraglichen Pflicht und die Beitragspflicht sind objektiv wesentliche Vertragsbestandteile (BK-Fellmann/ Müller,
N 459 zu Art. 530 OR; ZK-Handschin/ Vonzun, N 170 zu Art. 530 OR)
(Nur) wenn eine einfache Gesellschaft in diesem Sinne vorliegt, gelangen bei der Auflösung die entsprechenden Liquidationsregeln (Art. 548 ff. OR) zur Anwendung. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist aber nicht nur als umfassende einfache Gesellschaft (Büchler, a.a.O., S. 77; Aebi-Müller, a.a.O., N 59) möglich. Es können
vielmehr auch nur punktuelle gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen getroffen werden. Auch nur einzelne Lebensbereiche können einer gemeinsame Zweckverfolgung untergeordnet sein; in diesem Falle käme das Institut der einfachen Gesellschaft als beschränkte Liquidationsgesellschaft zur Anwendung, ggf. verbunden mit den differenzierteren Regeln für einzelne Bereiche z.B. des Auftragsoder Arbeitsrechts (Büchler, a.a.O., S. 80 ff.; Aebi-Müller/ Widmer, a.a.O., N 60). Aus der Bejahung eines auch konkludenten - Vertragsschlusses ergibt sich noch kein zwingender Aufschluss über den Umfang des Gesellschaftsverhältnisses, vielmehr ist dessen Umfang in einem zweiten Schritt erst zu klären, also aufgrund der konkreten Umstände festzulegen, welche Lebensund Vermögensbereiche dem Gesellschaftsverhältnis unterstellt sein sollen (Cottier/ Crevoisier, a.a.O., S. 37).
Ob die Trennung zu vermögensrechtlichen Ansprüchen zwischen den Partnern führt, ist darüber hinaus davon abhängig, ob und in welchem Umfang die Partner Leistungen erbracht haben, die vom konkludent vereinbarten Zweck der Gesellschaft her als Gesellschaftsbeiträge qualifiziert werden können, die ins Gesellschaftsvermögen eingeflossen sind. Abzugrenzen sind Beiträge von Leistungen, die aus einem anderen Rechtsgrund erfolgt sind; ferner ist zwischen Einlagen und Beiträgen i.e.S. zu unterscheiden (Cottier/ Crevoisier, a.a.O., S. 38 ff.). Umfasst die einfache Gesellschaft die Vermögenssphäre nicht nicht massgeblich, so kann die Anwendung von gesellschaftsrechtlichen Normen im äussersten Fall dazu führen, dass ein Partner nach der sachenrechtlichen Liquidation ohne eigenes Vermögen dasteht, wenn er selbst keines zu bilden vermochte (weil sein Beitrag z.B. in der Haushaltsführung bestanden hatte); eine Korrektur beispielsweise über das Bereicherungsrecht wird abgelehnt
(Aebi-Müller/ Widmer, a.a.O., N 61). Mischformen sind, je nach Mass der Integration
der Vermögenssphären und nach Art der Beiträge, in zahlreichen Formen möglich.
Liegt wie hier kein ausdrücklicher (schriftlicher mündlicher) Vertrag vor (vgl. Klage; S. 3, Klageantwort, S. 4) und wird auch kein tatsächlich übereinstimmender Wille (natürlicher Konsens) der Parteien behauptet bleibt er unbewiesen, so ist nach einem objektiven Massstab zu klären, ob die Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips unter Berücksichtigung der gesamten Umstände davon ausgehen durften und mussten, zwischen ihnen liege eine einfache Gesellschaft vor (normativer Konsens). Dabei ist zu untersuchen, wie eine Erklärung ein Verhalten nach Treu
und Glauben sowie unter Würdigung sämtlicher Umstände zu verstehen ist, die ihnen vorausgegangen sind und unter denen sie abgegeben worden ist. Auszugehen ist vom Wortlaut der Erklärungen, welche jedoch nicht isoliert, sondern aus ihrem konkreten Sinngefüge heraus zu beurteilen sind. Selbst wenn der Wortlaut einer Vereinbarung auf den ersten Blick als klar erscheint, kann nicht darauf abgestellt werden, wenn sich aus dem Zweck des Vertrages und den Umständen, unter denen er geschlossen wurde, ergibt, dass er den Sinn der Vereinbarung nicht richtig wiedergibt. Demnach ist der vom Erklärenden verfolgte Regelungszweck, wie ihn der Erklärungsempfänger in guten Treuen verstehen durfte und musste, massgebend. Gestützt auf das Vertrauensprinzip ist einer Partei der objektive Sinn ihrer Erklärung ihres Verhaltens zuzurechnen, selbst wenn dieser nicht ihrem wirklichen Willen entspricht. Dabei hat das Gericht zu berücksichtigen, was sachgerecht ist, weil nicht anzunehmen ist, dass die Parteien eine unangemessene Lösung gewollt haben (zum Ganzen BGE 133 III 675 E. 3; 133 III 61 E.
2.2.1; 132 III 24 E. 4; 124 III 155 E. 1b; 123 III 165 E. 3a; 122 III 420 E. 3a). Kann ein
konkludenter Vertragsschluss bejaht werden, so stellt sich im Weiteren die Frage, wie weit die Vereinbarung reicht, wie gross also der Umfang der einfachen Gesellschaft ist.
Beweispflichtig für eine tatsächliche Willensübereinstimmung und für jene Tatsachen, aus welchen auf das Zustandekommen eines normativen Konsenses im Sinne einer einfachen Gesellschaft geschlossen werden soll, ist die Klägerin, welche ihre Forderung daraus ableitet (Art. 8 ZGB).
2.a) [ ]
c) Die Darstellungen über die Dauer und Gestaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft divergieren. Die Klägerin betont, man habe gewirtschaftet wie eine Familie, u.a. habe sich das dahingehend ausgewirkt, dass sie selbst nach der Geburt der gemeinsamen Tochter gar nicht und später nur teilzeitlich gearbeitet habe und dass die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber der Tochter nicht durch separate Unterhaltszahlungen wahrgenommen worden sei; auch sei eine Heirat beabsichtigt gewesen (Klage, S. 3; Replik, S. 8 f., 17 f.). Der Beklagte demgegenüber bezeichnet die Beziehung als stets nicht stabil, eine Heirat sei von seiner Seite her mangels Vertrauens und aus Angst vor finanziellen Risiken nicht geplant gewesen; dass die Klägerin ihren Beschäftigungsgrad aus Rücksicht auf das Kind reduziert
haben solle, sei "wohl falsch", sie sei immer mit unterschiedlichen Beschäftigungsgraden im Arbeitsprozess integriert gewesen, der Haushalt sei arbeitsteilig verrichtet worden (Klageantwort, S. 3 f.; Duplik, S. 3 ff.).
Eine abschliessende Klärung der Lebensführung der Parteien während ihrer Partnerschaft kann vorliegend unterbleiben. Massgeblich für die Anwendung der Liquidationsregeln der einfachen Gesellschaft ist jedenfalls, wieweit die einfache Gesellschaft die Vermögenssphäre erfasste. Selbst wenn die Klägerin ihren Erwerb vollständig zugunsten der Interessen der Gemeinschaft aufgegeben hätte, so folgte daraus nicht zwingend ein Ausgleich über die Vermögensaufteilung (vgl. vorne, E. 1.c a.E.). Insofern ist nicht relevant, ob man "wie eine Familie" zusammengelebt gewirtschaftet hat würde diese Lebensrealität ausschlaggebendes Gewicht für die Annahme eines "umfassenden Konkubinates" erhalten, wie es die Klägerin verstanden wissen will, dann würden für Paare in nichtehelicher Lebensgemeinschaft durch rein faktisches Verhalten Regeln gelten, welche durch die Eigentumsform des Gesamteigentums dem Güterstand der Gütergemeinschaft angenähert wären. Selbst bei verheirateten Paaren ergäbe sich ein solches Resultat nicht ohne Weiteres, sondern bedürfte, zusätzlich zum behördlichen Akt des Eheschlusses, der Begründung in einem öffentlich beurkundeten Ehevertrag (Art. 181 und 184 ZGB; Liatowitsch/ Rumo-Jungo, a.a.O., S. 902). Die blosse Lebensrealität im Falle von formlos gebildeten Partnerschaften kann nicht dasselbe Resultat zeitigen wie die (nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit) hoch formalisierte Begründung eines vertraglichen Güterstandes; eine über das rein Faktische hinausgehende Willensbildung zur Unterwerfung der Vermögenssphäre unter den Gesellschaftszweck ist bereits aus diesem Grund zwingend erforderlich.
Die Finanzierung der Ausbildung eines Kindes ist Teil der Unterhaltspflicht der Eltern (Art. 276 ZGB). Sofern nicht eine darüber hinausgehende Einigung über eine gemeinschaftlich geförderte Fondsäufnung Ähnliches nachgewiesen ist, ist der gemeinsame Zweck der Ausbildungsfinanzierung eine gesetzlich vorgesehene Pflicht. Der Umstand allein, dass dieser Pflicht nachgelebt wird, kann keine Gesellschaft begründen. Im Übrigen entspricht es der gängigen Praxis bei der Vereinbarung und Genehmigung von Unterhaltsverträgen, Klauseln vorzusehen, gemäss welchen der Kinderunterhalt als getilgt angesehen wird, wenn und solange der
Unterhaltsverpflichtete mit dem Kind und der Kindsmutter zusammen lebt und angemessene Beiträge an den gemeinsamen Haushalt entrichtet (vgl. Hausheer/ Spycher [Hrsg.], Handbuch des Unterhaltsrechts, 2. A., 2010, S. 850; http:// www.lotse.zh.ch/documents/ajb/fj/ambu/jfb/ a_Unterhaltsvertrag.doc). Solche Vereinbarungen werden getroffen und es wird ihnen nachgelebt, um Anliegen des Kindesunterhalts und des laufenden Haushaltbedarfes praktisch und lebensnah zu lösen. Eine gesellschaftsrechtliche Komponente enthalten sie nicht.
[Beurteilung, ob ein gemeinsamer Parteiwille nachweisbar sei, die
Vermögenssphären zu einem Gesamthandsvermögen zu vereinigen und umfassend die je den Parteien zugehörigen Vermögenspositionen einem gemeinsamen Gesellschaftszweck zu widmen. Nach ausführlicher Prüfung verneint.]
Zusammengefasst ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft dem Recht der einfachen Gesellschaft - umfassend in Teilbereichen des Zusammenlebens zugänglich. Voraussetzung ist dabei die Einigung über einen Gesellschaftszweck und die Unterwerfung der betroffenen Sphären unter die gemeinsame Zweckverfolgung. Eine allumfassende einfache Gesellschaft, welche lückenlos jede wirtschaftiche Begebenheit des Zusammenlebens erfasst, kommt in ihrer Tragweite dem vertraglichen ehelichen Güterstand der Gütergemeinschaft nahe, welcher bei verheirateten Paaren nicht durch einfache Willenseinigung, sondern nur durch formalisierte Akte (Eheschluss, öffentlich beurkundeter Ehevertrag) Anwendbarkeit erlangt. Es ist für eine solche umfassende Gesellschaftsgründung resp. Vermögenswidmung eine entsprechend klare Einigung über den Gesellschaftszweck zu fordern, denn es geht nicht an, zu vermuten, Paare, welche sich gegen den Eheschluss entscheiden, wollten ihr Zusammenleben Regeln unterwerfen, welche einem qualifizierten eherechtlichen Regime entsprechen. Aus dem schlichten (hier im Übrigen nicht unbestrittenen) Faktum, dass die Partner "wie eine Familie" zusammenlebten und eine sogenannt klassische Rollenverteilung gepflegt haben sollen, kann auf eine solche Einigung somit nicht geschlossen werden. Der Klägerin gelingt mit den von ihr ins Feld geführten Beweismitteln, insbesondere [ ] der Nachweis einer Einigung auf eine umfassende einfache Gesellschaft weder im Sinne eines natürlichen noch eines normativen Konsenses. [ ]
[Beurteilung und Abweisung weiterer Beweisanträge.]
Mithin gelingt der Klägerin weder der Nachweis, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Parteien eine allumfassende, die gesamten Vermögenssphären erfassende einfache Gesellschaft war, noch dass die Parteien eine einfache Gesellschaft zum Zwecke des gemeinschaftlichen, gesamthänderischen Liegenschaftserwerbs gegründet hatten.
Damit fehlt der Klage, die auf der Anwendung der Liquidationsregeln der einfachen Gesellschaft beruht, die rechtliche Grundlage. Die Vorinstanz hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung ist demnach ebenfalls abzuweisen.
IV.
Bei diesem Ausgang sind die Prozesskosten des Berufungsverfahrens der Klägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
[ ]
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